Die empirischen Befunde der vorliegenden Arbeit belegen, dass in den vergangenen drei Dekaden unter NPM eine fundamentale Reorganisation der deutschen Hochschullandschaft stattgefunden hat. Während dieser Transformation beziehen sich herrschende Subjekte des Managementdiskurses auf eine neoliberale Wissens- und Identitätspolitik, auch wenn im alltagspraktischen Handeln teilweise eine neoliberale Regierungsweise, Technologien der Menschenführung und Subjektivierungsformen erodieren. Sei es bei der Machtausübung von privilegierten akademischen Subjekten über feudale Strukturen an deutschen Hochschulen im 21. Jahrhundert oder bei Hochschulverträgen, in denen der Staat über sein Nachfragemonopol konkrete Kennzahlen festlegt (vgl. Land Berlin 2010: 5 ff.; Rogge 2015: 688). Dahingehend erinnern wohlfahrtsstaatliche Interventionen über manageriale Herrschaftstechnologien an eine pastorale Regierungsweise, weil in wohltätiger Absicht Macht ausgeübt wird, um das „Heil der Herde“ (Foucault 2004a: 189) zu sichern. Im akademischen Feudalwesen dagegen werden privilegierte Positionen und persönliche Abhängigkeitsverhältnisse von herrschenden akademischen Subjekten genutzt, um ihre Interessen zu verwirklichen (vgl. Reitz 2021: 68 ff.). Dessen ungeachtet gelingt es Vertreter*innen des NPM-Diskurses, feudale Strukturen und wohlfahrtsstaatliche Interessen in einen akademischen Quasi-Markt zu integrieren. Durch diese eigenartige Komplizenschaft zwischen einem akademischen Feudalwesen, Wohlfahrtsstaat und Neoliberalismus entsteht unter NPM in der deutschen Hochschullandschaft eine Intergouvernementalität.

Mit dem Konzept der Intergouvernementalität wird die Fusion zwischen verschiedenen Regierungsweisen, Herrschaftstechnologien und Subjektivierungsformen beleuchtet. Ferner werden die klassischen Analysen der Gouvernementalitätsstudien kritisch hinterfragt, da nicht von einer dominanten Regierungsweise und einer vorherrschenden Subjektivierungsform ausgegangen wird, sondern die soziale Wirklichkeit als Effekt mehrerer Gouvernementalitäten betrachtet wird (vgl. Bröckling 2007; Fach 2015; Foucault 2004b: 115). Damit (re-)produziert der NPM-Diskurs zwar eine neoliberale Wissenspolitik, Regierungsweise und Technologien der Menschenführung im universitären Feld, es entsteht aber keineswegs eine Kopie von einem neoliberalen Diskurs. Deutlich wird die manageriale Umdeutung einer neoliberalen Wissenspolitik an der Philosophie des Wettbewerbs. Denn anders als bei neoliberalen Klassikern wird Wettbewerb von herrschenden Subjekten des Managementdiskurses nicht in das Zentrum der sozialen Ordnung gerückt, sondern als strategisches Steuerungsinstrument genutzt, um Herrschaftsinteressen durchzusetzen (vgl. Röpke 1997: 40; WR 2018a: 39). Der Staat inszeniert zwar einen Wettbewerb, ganz nach dem Geschmack neoliberaler Klassiker, aber er fügt sich nicht in eine Wettbewerbsordnung ein, sondern nutzt diese als Vehikel für eigene Interessen (vgl. Foucault 2004b: 188 ff.). Insofern wird von Subjekten des Managementdiskurses die Preisbildung durch ein staatliches Nachfragemonopol auch nicht zum Problem erklärt, sondern sie stellt ein legitimes Mittel der Machtausübung dar (vgl. Eucken 1949: 49; Rogge 2015: 688). Zudem kann die Transformation von akademischen Subjektivierungsformen und -weisen nicht auf eine „Verdrängung des Homo academicus durch den Homo oeconomicus“ (Münch 2011: 94) reduziert werden. Vielmehr erzeugen die Effekte der Intergouvernementalität des Managementdiskurses eine mehrdeutige, umkämpfte und konfliktreiche soziale Wirklichkeit in der deutschen Hochschullandschaft, die insbesondere in Form von unterschiedlichen Deutungsmustern und akademischen Subjektivierungsweisen sichtbar wird. Denn mit managerialen Herrschaftstechnologien und Subjektivierungsformen werden akademische Subjekte als Dienstleister*innen, Unternehmer*innen und Manager*innen adressiert, obwohl sie keine sind (vgl. Deutungsmuster „Wissenschaftler*innen als Unternehmer*innen und Manager*innen“; Abschnitt 6.2 Die balancierende akademische Persönlichkeit als moderne Subjektivierungsweise). Es besteht somit ein eklatantes Spannungsverhältnis zwischen subjektiven Soll-Zuständen und persönlichen Ist-Zuständen von Wissenschaftler*innen im universitären Feld der BRD.

Um das Spannungsverhältnis zwischen Subjektivierungsformen des NPM-Diskurses, des wissenschaftlichen Spezialdiskurses und jenen eines neoliberalen Diskurses sowie den Deutungsmustern und Subjektivierungsweisen der Befragten ins Blickfeld zu rücken, wurde die Perspektive der Soziologie des individuellen Widerstands entwickelt. Den Ausgangspunkt dieser Perspektive bildet die Annahme, dass es ohne Widerstand keine Macht gibt (vgl. Foucault 1987: 116). Gleichwohl werden mit der Soziologie des individuellen Widerstands zentrale Kritikpunkte am Konzept der Gouvernementalität berücksichtigt, da weder Wissen und Aussagesinn auf Macht reduziert werden noch eine Reduktion der sozialen Wirklichkeit auf „Als-ob-Anthropologien“ (Lessenich 2003: 91) stattfindet (vgl. Waldenfels 1991: 281). Stattdessen werden diskursiv konstruierte Wirklichkeiten, verschiedene Regierungsweisen, Herrschaftstechnologien und Subjektivierungsformen mit dem persönlichen Widerstand handelnder Menschen kontrastiert. Deswegen bietet es sich an, Machtverhältnisse im universitären Feld durch den persönlichen Widerstand von Wissenschaftler*innen zu untersuchen sowie die von Reitz (2021: 62) vorgeschlagenen systemtheoretischen und prozesssoziologischen Perspektiven auf das Transformationsgeschehen an Hochschulen mit einer von wissenssoziologischen und gouvernementalitätstheoretischen Paradigmen inspirierten Soziologie des individuellen Widerstands anzureichern. Denn möchten „wir wissen […], was Machtbeziehungen sind, müssen wir vielleicht die Widerstände dagegen untersuchen und die Bemühungen, diese Beziehungen aufzulösen“ (Foucault 2017: 84). Der persönliche Widerstand von Wissenschaftler*innen wird an Bruchstellen eines akademischen Subjektivierungsregimes sichtbar (vgl. Deleuze 1991: 155 f.). Demnach bilden die Übergänge von Subjektivierungsformen zu Deutungsmustern, aus denen akademische Subjektivierungsweisen mit (nicht-)diskursiven Praktiken entstehen, den Dreh- und Angelpunkt des persönlichen Widerstands von Wissenschaftler*innen in einem Dispositiv neoliberaler Gouvernementalität (vgl. Abbildung 7.2: Akademische Subjektivierung im Dispositiv neoliberaler Gouvernementalität). Entgegen einem klassischen Verständnis der Protest- und Bewegungsforschung wird Widerstand hier nicht auf politischen Protest reduziert, sondern am individuellen Widerstand festgemacht, der bei der Konfrontation des Einzelnen mit Wissensordnungen, Herrschaftstechnologien und Subjektivierungsformen entsteht. Weiterhin grenzt sich die Soziologie des individuellen Widerstands von der Entweder-oder-Entscheidung zwischen den Maximen „Das-Subjekt-ist-tot-es-lebe-das-Subjekt“ (Angermuller 2015: 101) ab und nimmt stattdessen eine Subjekt-Akteurs-Perspektive ein. Zum einen erlaubt die doppelte Perspektive, ein Subjekt als Kontaktfläche und Effekt von Diskursen, Herrschaftstechnologien und Subjektivierungsformen zu betrachten. Zum anderen wird die interpretative Kompetenz des Individuums betont, wodurch Akteur*innen in der Lage sind eine diskursive Wirklichkeit umzudeuten, zu unterlaufen und zu transformieren (vgl. Keller 2011: 228).

Mit dieser Heuristik ist es gelungen, eine Wechselwirkung zwischen Sozialstruktur und Individuum in einem Regime aus Wissen, Macht und Subjektivierung in der deutschen Hochschullandschaft zu rekonstruieren. Denn die empirischen Erkenntnisse zeigen, dass sich akademische Subjekte die Wissens- und Identitätspolitik des NPM-Diskurses aneignen, wodurch einerseits ein Anpassungsverhalten entsteht und Wissenschaftler*innen so lehren und forschen, dass manageriale Kennzahlen erfüllt werden. Infolge dieser Transformation von akademischen Subjektivierungsweisen avanciert unternehmerisches und manageriales Handeln für die Befragten zu einem irreduziblen Teil der Wirklichkeit. Andererseits erzeugen die Herrschaftstechnologien und Subjektivierungsformen des Managementdiskurses bei den Interviewteilnehmer*innen einen persönlichen Widerstand, der mitunter zu Selbstzweifeln, Handlungsambivalenzen, (Selbst-)Ausbeutung und einer temporären Ent-Subjektivierung führt. Sichtbar werden Momente des Entziehens an nicht-diskursiven Praktiken, die weder das Skript des Managementdiskurses erfüllen noch in die Diskursformation rund um den NPM-Diskurs eingehegt werden können. Diese subversiven Verhaltensweisen lassen sich insbesondere bei Befragten mit unbefristeten Arbeitsverträgen und anderen beruflichen Sicherheiten beobachten. Aus diesem Grund strukturieren die Produktions- und Beschäftigungsverhältnisse sowie soziodemografische Merkmale die Denk- und Handlungsweisen von Wissenschaftler*innen (vgl. Bourdieu 1992: 10; Mannheim 1985 [1929]: 233). Deswegen können subversive Verhaltensweisen bei prekär beschäftigten Befragten weitaus seltener beobachtet werden als bei Studienteilnehmer*innen mit beruflichen Sicherheiten. Damit gewährleistet die akademische Prekarität einen gouvernementalen Zugriff auf akademische Subjektivierungsweisen und stellt gleichzeitig sicher, dass sich Wissenschaftler*innen – trotz individuellen Widerstands – nicht gegen ein Subjektivierungs- und Ausbeutungsregime in der deutschen Hochschullandschaft erheben.

Bei den Interviewteilnehmer*innen führt persönlicher Widerstand also nicht zu einem flächendeckenden politischen Protest oder gar zur Revolution, sondern zu einer balancierenden akademischen Subjektivierungsweise. Diese Denk- und Handlungsweise ermöglicht es den Befragten, unterschiedlichen Anrufungen von Subjektivierungsformen der Diskursformation eines Dispositivs neoliberaler Gouvernementalität nachzukommen und strukturelle Spannungen verschiedener Wissensordnungen zu nivellieren (vgl. Abschnitt 6.2 Die balancierende akademische Persönlichkeit als moderne Subjektivierungsweise). Ferner nutzen die Befragten eine balancierende Verhaltensweise, um ihre Interessen der Sicherheit und Freiheit in die Infrastrukturen eines Dispositivs neoliberaler Gouvernementalität zu integrieren (vgl. Deutungsmuster „Drittmittel als Rettung“; „Drittmittel als Freiheit“, „Wettbewerb als soziale Selbstvergewisserung“). Ungeachtet des Ausgleichens struktureller und individueller Spannungen können sich einige Interviewteilnehmer*innen temporär ent-subjektivieren. Mithilfe dieser Fluchtpunkte kann eine diskursiv konstruierte Lebenstotalität in der deutschen Hochschullandschaft mit Handlungsalternativen von Wissenschaftler*innen angereichert werden.

Den Ausgangspunkt für die Diskussion über Ent-Subjektivierung in einem Dispositiv neoliberaler Gouvernementalität bildet die Idee des Anderswerdens und Andersseins. Denn

„seit dem 20. Jahrhundert wissen wir, dass man selbst nichts tun kann, wenn man nichts über sich selbst weiß. Die Wahrheit über sich selbst ist eine Voraussetzung für das Dasein, aber es gibt auch Gesellschaften, in denen man sich durchaus vorstellen kann, dass man die Wahrheit über sich selbst einsetzt, um das zu tun, was man tut, und zu sein, was man ist. Eine Kunst seiner selbst, die das genaue Gegenteil des eigenen Selbst wäre. Das eigene Sein zu einem Kunstwerk machen, das ist wirklich der Mühe wert“ (Foucault 2017: 112).

Die Theorie der Ent-Subjektivierung, kann in Rekurs auf ein subversives Kunstverständnis zurückgeführt werden, denn Foucault bewunderte jene Künstler*innen, die sich ästhetischen Normativen der zeitgenössischen Kunstepochen entzogen und gleichzeitig keine neuen Programme der Kunst erschufen (ebd.: 31 f.). So spiegelt sich in Manets Werk „Le Balcon“ eine Ent-Subjektivierung des Malers von der Ästhetik der Kunst wider, denn

„wie Sie wissen, lässt sich die Hässlichkeit nur sehr schwer definieren. Es kann sich um vollständige Zerstörung handeln, um systematische Gleichgültigkeit gegenüber sämtlichen ästhetischen Kanons, und nicht nur denen seiner Epoche. Manet war gleichgültig gegenüber den ästhetischen Kanons, die so sehr in unserer Empfindsamkeit verankert sind, dass man selbst jetzt noch nicht versteht, warum er es gemacht hat, und wie er es gemacht hat“ (ebd.: 31)

Das Malen abseits einer künstlerischen und allgemeingültigen Ästhetik stellt eine Praktik der Ent-Subjektivierung dar, denn Manet konnte sich darüber einer Ästhetik der Kunst entziehen. Mit diesem Verständnis grenzt sich Ent-Subjektivierung auch von nonkonformistischen Verhaltensweisen ab, die andere Subjektnormierungen produzieren. Diesbezüglich lässt sich vielleicht auch die Frage beantworten, warum z. B. religiöse Nonkonformist*innen anders gleich sind (vgl. Kleine 2015). Möchte man Ent-Subjektivierung einer politischen Philosophie zuordnen, entstehen Parallelen zu dem von Stirner (1968 [1845]) geprägten Individualanarchismus (vgl. Degen & Knoblauch 2006: 35–39). Denn wie Foucault entwickelt Stirner kein Konzept der Gesellschaftsveränderung, sondern die

„‚Theorie‘ einer Selbstbefreiung; er wollte die Individuation der Einzelnen. Indem das Individuum sich seinen Abhängigkeiten, seinen eingeschliffenen Normen, seiner Unvollkommenheit, seiner ‚Beziehungen‘ stellt, d.h. sich von ihnen emanzipiert, wird der Einzelne frei. Dann haben die herrschenden Zwangsverhältnisse ihren Mythos der Unabänderlichkeit und damit ihre reale Macht verloren“ (ebd.: 16).

Im Zentrum der Selbstbefreiung steht die Emanzipation des Einzelnen von Subjektivierungsformen, was Stirner (1968 [1845]: 23) wie folgt zusammenfasst: „das Wissen muß sterben, um als Wille wieder aufzuerstehen, und als freie Person sich täglich neu zu schaffen.“

Weniger radikal, aber mit einer ähnlichen Stoßrichtung äußert sich Foucault (2017: 73) über die Ent-Subjektivierung von Normativen der Homosexualität, indem er konstatiert,

„Programme und Vorschläge sind gefährlich. Programme werden zu Gesetzen, die das Erfinden verbieten. Wir bräuchten aber eine Erfindungsgabe, die unserer gegenwärtigen Situation angemessen wäre und auch etwa dem, was die Amerikaner als Coming-out bezeichnen. Das Programm muss leer sein. Es muss in der Vergangenheit graben und aufzeigen, dass die Dinge aus bestimmten intelligiblen Gründen historisch kontingent, aber nicht notwendig waren. Wir müssen das Intelligible vor dem Hintergrund einer Leere aufscheinen lassen, jede Notwendigkeit bestreiten und zugleich denken, dass die Dinge, die existieren, keineswegs alle möglichen Räume füllen. Wir müssen die Frage, welches Spiel wir spielen und wie wir ein Spiel erfinden können, zu einer echten und unabweisbaren Herausforderung machen.“

Bezieht man die Theorie der Ent-Subjektivierung auf die Wissenschaft, besteht eine emanzipatorische Arbeitsweise darin, wissenschaftlich zu arbeiten, ohne sich an eine akademische Identität zu binden.

Insofern kann auch die vorliegende Arbeit als handlungspraktischer Versuch der Ent-Subjektivierung von etablierten wissenschaftlichen Theorien und Konzepten betrachtet werden. Die Selbstbefreiung besteht im Fall der vorliegenden Arbeit darin, mit Foucaults Konzepten zu arbeiten, ohne zum Foucaultianer zu werden und Räume des Wissens mit ihren Möglichkeiten zu konfrontieren, um neue Erkenntnisse abseits von schulischem Denken zu entwickeln. Gewissermaßen gleicht dieser Ent-Subjektivierungsprozess der Nutzung von Verkehrsmitteln ohne gültigen Fahrschein, da Infrastrukturen des Wissens genutzt werden, ohne dafür mit einer Subjektivierung zu zahlen. Dementsprechend kann auch die einleitend aufgeworfene Fragestellung von Foucault (Gros 2004 zit. n. Foucault 2004c: 637) beantwortet werden: „Es [ist] möglich, zur Wahrheit Zugang zu haben, ohne dafür mit einem Opfer, einer Askese, einer Verwandlung oder einer Läuterung zu bezahlen.“ Wird eine (wissenschaftliche) Wahrheit jedoch zur Ultimo Ratio erklärt, entsteht eine Lebenstotalität mit (akademischen) Subjektivierungsformen. Demnach stellt die Soziologie des individuellen Widerstands kein Forschungsprogramm in Form einer Klaviatur der (wissenschaftlichen) Wahrheit dar, sondern offeriert sowohl eine Perspektive, um Macht vom persönlichen Widerstand handelnder Menschen aus zu untersuchen, als auch eine Praxis der Selbstbefreiung.

Was die Ent-Subjektivierung der Befragten betrifft, wird deutlich, dass die Möglichkeit, sich unternehmerisch-managerialen Subjektivierungsformen zu entziehen, aufgrund der prekären Beschäftigungsverhältnisse und der Erschließung von „unmarked spaces“ (Heintz 2008: 121) durch Herrschaftstechnologien des NPM-Diskurses eingeschränkt ist. Die Intergouvernementalität des Managementdiskurses erzeugt ein wirkungsvolles Subjektivierungsregime in der deutschen Hochschullandschaft, weil es gelingt, unterschiedliche Interessen von Wissenschaftler*innen zu kanalisieren und zu steuern. Aber selbst in diesem engmaschigen Subjektivierungs- und Ausbeutungsregime entstehen individueller Widerstand und nicht-diskursive Praktiken, die zu einer Ent-Subjektivierung auf Zeit führen. So begegnet ein Befragter managerialen Anrufungen mit Gleichgültigkeit, weil er eine vorgeschriebene Anzahl von zu publizierenden Peer-review-Artikel ignoriert (vgl. Postdok Natur 3). Als Grund für die Gleichgültigkeit gegenüber den Subjektivierungsformen des Managementdiskurses führt der Interviewteilnehmer seine persönliche Freiheit an. Die Gleichgültigkeit gegenüber Subjektnormierungen spiegelt sich auch im Anderspublizieren wider. Deswegen verzichtet eine Professorin (Soz) vorläufig auf englischsprachige Journalartikel und arbeitet stattdessen an einer deutschsprachigen Monografie für eine nicht wissenschaftliche Leser*innenschaft. Weiterhin werden Momente der Ent-Subjektivierung an der Umdeutung von bibliometrischen Kennzahlen sichtbar. Deswegen verweist eine Doktorandin (Natur 1) auf einen „inhaltlichen Impact“ und widersetzt sich zeitweise einer Qualitätsbewertung über bibliometrische Indikatoren, womit eine Herrschaft über Kennzahlen erodiert. Infolge dieser subversiven Denkweise veröffentlicht die Befragte ihre Forschungsergebnisse partiell in kaum sichtbaren Publikationsformaten und entzieht sich auf diese Weise temporär akademischen Subjektivierungsformen des NPM-Diskurses (ebd.). Solche Ent-Subjektivierungsmomente können auch bei den managerialen Evaluierungen von Lehrveranstaltungen beobachtet werden. Eine Befragte bezweifelt die Aussagekraft von standardisierten Evaluierungen über die Qualität der Lehre, weil versucht wird „etwas zu quantifizieren, was etwas Qualitatives ist“ (Jun.prof Wirt 2). Deswegen „ignoriere ich diese Ergebnisse“ (Postdok Natur 2). Ein anderer Befragter holt sich stattdessen eine persönliche Rückmeldung bei den Studierenden ein, indem er eine „andere Form von Evaluierung von Seminaren und anderen Lehrveranstaltungen [macht], die mehr so auf Interaktion beruht und nicht so auf einem Fragebogen“ (PD Human).

Für diese Ent-Subjektivierungsmomente zahlen die Befragten jedoch oft den Preis der Selbstausbeutung. Denn alles, was nicht gemessen wird, bleibt in einem Dispositiv neoliberaler Gouvernementalität unsichtbar und wird von den Befragten teilweise zur Freizeitaktivität deklariert (vgl. Dok Natur 1). Deshalb kann Selbstausbeutung auch als Selbsttechnologie betrachtet werden, weil die Befragten über die Ausbeutung ihrer eigenen Arbeitskraft persönliche Interessen und Subjektivierungsformen verwirklichen. Erschwert wird die Ent-Subjektivierung der Interviewteilnehmer*innen durch Identitätskonflikte. Diese persönlichen Konflikte äußern sich durch Handlungsambivalenzen und zeigen, dass nicht-diskursive Praktiken keineswegs eine Ent-Subjektivierung nach sich ziehen müssen, sondern unter Umständen andere Subjektivierungsformen bedienen. Deswegen ist für eine Postdoktorandin (Wirt) „als Hochschulmitarbeiter […] die Lehre [ein] essenzieller Bestandteil“, auch wenn sie vollständig über Drittmittel finanziert wird und sich deswegen für Lehrtätigkeiten ausbeutet. Die Befragte bindet sich mit ihrer Identität als Hochschulmitarbeiterin an das Humboldt’sche Ideal der Einheit von Lehre und Forschung und entzieht sich dadurch ein Stück weit Subjektivierungsformen des Managementdiskurses. Zur gleichen Zeit bedient sie traditionelle Subjektivierungsformen eines wissenschaftlichen Spezialdiskurses.

Insofern kann die Praxis der Ent-Subjektivierung – zumindest mit den vorliegenden empirischen Erkenntnissen – unter einem relativen Freiheitsbegriff verhandelt werden (vgl. Gengnagel, Witte & Schmitz 2017: 403). Die Emanzipation des Einzelnen wird also im Verhältnis zu bestimmten Wissens- und Identitätspolitiken betrachtet. Den Bezugsrahmen bildet im vorliegenden Fall der Managementdiskurs, weshalb das Entziehen von unternehmerisch-managerialen Subjektivierungsformen zu mehr persönlicher Freiheit führt, aber zu keiner absoluten persönlichen Autonomie, da die Befragten mitunter von anderen Subjektivierungsformen beeinflusst werden. Aus diesem Grund ist die Praxis der Selbstbefreiung kein idealistisches Projekt, sondern ein empirisch greifbares Spannungsverhältnis zwischen dem Einzelnen und einem Regime aus Wissen, Macht und Subjektivierung. Demgemäß sind die Ent-Subjektivierungsanstrengungen der Befragten mit einem permanenten Aushandlungsprozess zwischen persönlichen Interessen und strukturellen Anforderungen verbunden. Der Grad der persönlichen Autonomie wird von der Abhängigkeit des Einzelnen von geltendem Wissen über die Wirklichkeit bestimmt. Oder anders formuliert: Die Heteronomie von Wahrheiten, Selbstbildern und Selbsterkenntnis determiniert persönliche Freiheitgrade. Dieses Machtverhältnis ist untrennbar mit einem individuellen Widerstand verbunden, da Subjektivierungsformen nicht nahtlos in Subjektivierungsweisen übergehen (Bührmann 2012: 151 ff.). Wie sich der Einzelne jedoch mit seinem persönlichen Widerstand arrangiert, liegt an seiner Seinsverbundenheit, der interpretativen Kompetenz und dem Willen zur Selbstbefreiung. Auf einer persönlichen Ebene wird Ent-Subjektivierung greifbar, wenn man die Frage nach der eigenen Identität nicht beantworten kann. Ist man weder Mann noch Frau noch Unternehmer*in oder Wissenschaftler*in, so hat man sich Subjektivierungsformen entzogen, denn mit all diesen Sozialfiguren sind Programme der Lebensführung verbunden, die Menschen vorschreiben, wie sie sich selbst und andere wahrnehmen, erleben und deuten sollen.

In Hinblick auf das Wechselspiel aus Fremd- und Selbstführung von akademischen Subjekten hinterlässt die vorliegende Arbeit einige Forschungslücken. Es konnte zwar gezeigt werden, dass die Befragten sich selbst ausbeuten, um persönliche Interessen und strukturelle Erwartungen zu erfüllen. Darüber hinaus eignen sich die Interviewteilnehmer*innen manageriale Herrschaftstechnologien zur Selbstvergewisserung und Selbsterkenntnis an (vgl. Deutungsmuster „Wettbewerb als soziale Selbstvergewisserung“). Neben ihrer persönlichen Wettbewerbsposition nutzen die Befragten Berichte für Drittmittelgeber*innen als Selbsttechnologie. So beschreibt eine Postdoktorandin (Soz) ihre Reflexion mittels Berichten als „Koksmomente“, bei denen sie erkennt, was sie tatsächlich geleistet hat und wer sie ist. Auch wenn Plutarch und Seneca beim Schreiben und Reflektieren der HypomnemataFootnote 1 nicht von Koksmomenten sprechen, besteht eine Verbindung zwischen antiken und modernen Selbsttechnologien, die zur Selbsterkenntnis und Prüfung der Selbstwirksamkeit genutzt werden (vgl. Foucault 2017: 140 f.).

Diese Befunde täuschen jedoch nicht darüber hinweg, dass Selbsttechnologien der Achtsamkeit in der Analyse von akademischer Subjektivierung in einem Dispositiv neoliberaler Gouvernementalität unbeleuchtet bleiben (ebd.: 291 f.). Hier gilt zu fragen: Ist der buddhistische Geist des Kapitalismus noch nicht bis in die deutsche Hochschullandschaft vorgedrungen (vgl. Wagner 2015)? Denn in der Privatwirtschaft sind persönliche Arbeitszeitsouveränität und Eigenverantwortung bei gleichzeitig ansteigenden Zahlen der Betroffenen von Erschöpfungskrankheiten mit der Anrufung verbunden, achte auf dich selbst (ebd.: 9–13). Wirft man einen Blick in die akademische Arbeitswelt, können hier ähnliche Phänomene wie in der Wirtschaft beobachtet werden. So problematisieren Krankenkassen, dass Studierende zunehmend durch einen Wandel ihrer Arbeitswelt belastet werden. Im BARMER-Arztreport heißt es:

„Selbst bei den Studierenden, die bislang als weitgehend ,gesunde‘ Gruppe galten, [ist] inzwischen mehr als jeder sechste (17 Prozent) von einer psychischen Diagnose betroffen. Das entspricht rund 470.000 Personen. Vieles spricht dafür, dass es künftig noch deutlich mehr psychisch kranke junge Menschen geben wird. Gerade bei den angehenden Akademikern steigen Zeit- und Leistungsdruck kontinuierlich, hinzukommen finanzielle Sorgen und Zukunftsängste“ (Grobe, Steinmann & Szecsenyi 2018: 8).

Erschwerend wirkt sich die Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit aus, denn einer Umfrage des fzs (2022: 16) kann entnommen werden, dass 63 % von 5.566 befragten Studierenden im Wintersemester 2021/2022 angaben, unter einer stärkeren Arbeitsbelastung zu leiden. Gleichwohl werden Erschöpfungskrankheiten zum Tabuthema erklärt, womit strukturelle Risiken vom Einzelnen verantwortet werden sollen. Gestützt werden die Imperative der Eigenverantwortung und Selbsthilfe durch die ICD-11-Klassifikation – hier werden zeitdiagnostische Erschöpfungskrankheiten wie Burnout zum Problem der persönlichen Lebensführung deklariert. Als mögliche Ursachen einer problematischen Lebensführung werden „unzulängliche soziale Fähigkeiten“ und „soziale Rollenkonflikte“ (BfArM 2021) angeführt. Es bleibt jedoch offen, ob die Imperative der Eigenverantwortlichkeit und Achtsamkeit tatsächlich Selbsttechnologien hervorbringen und akademische Subjektivierungsweisen beeinflussen. Dahingehend könnte die Untersuchung von Praktiken der Selbsterkenntnis und Achtsamkeit genutzt werden, um zu erklären, wie sich akademische Subjekte mit dem persönlichen Risiko, an Erschöpfung zu erkranken, arrangieren und ihre Arbeitskraft unter prekären Arbeitsbedingungen regenerieren. Es liegt nahe, dass zwischen Arbeitsbelastung und Subjektivierung ein Zusammenhang besteht, da „die Kultur der Selbstzuständigkeit […] ein hohes Maß an Stress [erschafft]“ (Wagner 2015: 9). Zur Erforschung von Selbsttechnologien bietet sich die Soziologie des individuellen Widerstands in mehrfacher Hinsicht an: Erstens „äußert sich individuelles Leiden an der Arbeit und an unbefriedigenden Reproduktionsbedingungen gegenwärtig subjektiv in breitem Ausmaß in psychischen Erschöpfungssymptomatiken und wird auf diese Weise für die Betroffenen wie in der Gesellschaft sprechbar und plausibel“ (Greafe 2015: 15). Damit kann Arbeitsbelastung und die Bearbeitung von problematischen Gesundheitszuständen aus der Perspektive handelnder Menschen erforscht werden. Zweitens empfiehlt sich die Perspektive der Soziologie des persönlichen Widerstands, weil sich Betroffene mit ihrer Arbeit in hohem Ausmaß identifizieren und infolge struktureller Risiken ihre Identität zu einem (gesundheitlichen) Problem wird (ebd.: 16). Eine starke Identifikation mit der wissenschaftlichen Arbeit konnte auch bei einigen Befragten beobachtet werden. Insbesondere die Alternativlosigkeit zur beruflichen Tätigkeit an einer Hochschule sowie die wissenschaftliche Karriere als hochriskantes Wagnis zu betrachten, sprechen für eine starke Identifikation einiger Interviewteilnehmer*innen mit ihrer Arbeit (vgl. Deutungsmuster „Wissenschaftliche Karriere als persönlicher All-in“). Zu klären ist demnach, wie Arbeit und Subjektivierung für den Einzelnen so problematisch werden, dass er ausbrennt. Dazu können die Subjektivierungsformen des „flexiblen Menschen“ (Sennett 2008) und des „erschöpften Selbst“ (Ehrenberg 2008) mit den Subjektivierungsweisen tatsächlich erkrankter akademischer Subjekte kontrastiert werden. Diesbezüglich kann mithilfe der Soziologie des individuellen Widerstands geklärt werden, inwieweit innere Konflikte mit einem Set aus unterschiedlichen Selbsttechnologien bearbeitet werden und möglicherweise zu zeitdiagnostischen Erschöpfungskrankheiten führen (vgl. Graefe 2015: 8).

Ein weiteres bisher unerschlossenes Forschungsfeld entsteht mit der Subjektivierung von Angehörigen der Hochschulleitung. In den Sozialwissenschaften wurden große Anstrengungen unternommen zu erforschen, welche Effekte manageriale Herrschaftstechnologien auf akademische Subjekte mit sich bringen (vgl. Janßen & Sondermann 2016; Niemann 2019; Schmid & Ullrich 2018). Die Wirkung von managerialen Herrschaftstechnologien auf Hochschulmanager*innen hat hingegen keine Beachtung gefunden. Auch wenn exponierte Vertreter*innen des Managementdiskurses in der Öffentlichkeit „die uneingeschränkte Empfehlung von Wettbewerb und ‚Bestenauslese‘“ (Reitz 2017) aussprechen, kann mit der Soziologie des individuellen Widerstands hinterfragt werden, ob die Selbstdarstellung von Hochschulmanager*innen auch ihrer inneren Haltung zu wissenschaftspolitischen Fragen entspricht. Überdies kann angenommen werden, dass Subjektivierungsweisen von Hochschulmanager*innen erodieren und transformiert werden, weil eine manageriale Beschäftigungspolitik der Unsicherheit in der Öffentlichkeit zunehmend auf Kritik stößt (vgl. van Laak 2022; Wiarda 2022; Weber 2020). Mit der Untersuchung von managerialen Subjektivierungsweisen wird zudem beleuchtet, auf welchen (persönlichen) Widerstand die Wissens- und Identitätspolitik des Managementdiskurses stößt. Gelingt es Hochschulmanager*innen hingegen, die Reformanstregungen in Infrastrukturen des NPM-Diskurses einzuhegen, kann erklärt werden, wie über öffentlichen und wissenschaftspolitischen Widerstand die Macht des Managementdiskurses in der deutschen Hochschullandschaft gesichert wird (vgl. Burchard 2021; Thomalla 2021). Mit der Frage, wie Hochschulmanager*innen tatsächlich denken und handeln, wird auch das Machtverhältnis zwischen managerialen Subjekten und dem NPM-Diskurs beleuchtet. Denn für herrschende manageriale Subjekte scheint das Gleiche wie für beherrschte akademische Subjekte zu gelten: Wer sich nicht an das Transformationsgeschehen in der Diskursformation rund um den Managementdiskurs anpassen kann, wird ausgesondert. Oder sondert sich selbst aus, wie Sabine Kunst, die ihr Amt als Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin aus Protest gegen die Reformen des Berliner Hochschulgesetzes und einer damit verbundenen Ent-Prekarisierung von wissenschaftlicher Arbeit niederlegt hat (vgl. Warnecke & Burchard 2021). Bemerkenswert ist, dass Kunst 2020 noch als „Hochschulmanager*in des Jahres“ ausgezeichnet und von der Jury für ihre „herausragende Veränderungsdynamik“ (Hoffmann-Kobert 2020) gelobt wurde. Hier drängen sich gleich mehrere Fragen auf: Werden der Geltungsanspruch und die Deutungsmacht des Managementdiskurses in der deutschen Hochschullandschaft durch die mangelnde Anpassungsfähigkeit einiger exponierter managerialer Subjekte an das aktuelle Reformgeschehen gefährdet? Darüber hinaus wäre es interessant zu klären, wie sich nachfolgende Managementgenerationen mit den wissenschaftspolitischen Bestrebungen arrangieren, eine ihrer wirkungsvollsten Herrschaftstechnologien zu destabilisieren. Gelingt es ihnen, die Wissens- und Identitätspolitik des NPM-Diskurses in aktualisierter Form in das Reformgeschehen zu integrieren? Oder führt die Problematisierung von akademischer Prekarität zu einer Krise des Hochschulmanagements und einer wissenschaftspolitischen Transformation des NPM-Diskurses?

Letztlich lassen sich mit der Soziologie des individuellen Widerstands und mit einer Praxis der Selbstbefreiung andere Gesellschaftsbereiche untersuchen. Neue Erkenntnisse über Ent-Subjektivierungsprozesse verspricht eine Untersuchung von linkspolitischen Freiräumen.

„Der Anspruch linker und alternativer Freiräume besteht darin, Orte zu schaffen, in denen sich die einzelnen Individuen so frei wie möglich von den Zwängen und Normierungen des Kapitalismus entfalten und verwirklichen können. Diese Räume sollen auch einen Schutzraum gegen rassistische, sexistische, schwulen- und lesbenfeindliche Diskriminierung bieten. Und vor allem: Sie sollen Experimentierfeld sein, um ein anderes Zusammenleben zu erproben“ (Grün & Karlson 2013).

Mit diesem Freiraumverständnis sind mehrere Forschungsfragen verbunden: Erstens sind die Nutzungsbedingungen dieser Räume von Interesse. Dahingehend muss geklärt werden, ob die Nutzung von Freiräumen mit der Aneignung einer linken Wissens- und Identitätspolitik verbunden ist, die dem Einzelnen anders vorschreibt, wie er sich selbst und andere Menschen erleben, wahrnehmen und deuten soll? Falls linke Subjektivierungsformen in Freiräumen auftreten, drängt sich die Frage auf: Wie arrangieren sich Menschen in diesen Freiräumen bei ihren Ent-Subjektivierungsanstrengungen mit linken Subjektnormierungen? Und weiter: Führt der persönliche Widerstand zwischen linken Subjektivierungsformen und -weisen zu einer Selbstbefreiung? Gleichwohl ist damit die Frage verbunden, wie viel persönliche Freiheit lässt die Infrastruktur von linken Freiräumen tatsächlich zu? Angereichert werden kann die Untersuchung von linkspolitischen Freiräumen durch Foucaults (2021) Konzept der Heterotopie. Hierbei handelt es sich um Orte, an denen Normative nicht oder nur teilweise von handelnden Menschen berücksichtigt werden. Dadurch stellen Heterotopien

„alle anderen Räume in Frage, und zwar auf zweierlei Weise: entweder […] indem sie eine Illusion schaffen, welche die gesamte übrige Realität als Illusion entlarvt, oder indem sie ganz real einen anderen realen Raum schaffen, der im Gegensatz zur wirren Unordnung unseres Raumes eine vollkommene Ordnung aufweist“ (ebd.: 19 f.).

Mit dem Konzept der Heterotopien wird der Praxis der Selbstbefreiung eine Heimat gegeben. Dessen ungeachtet ist mit empirischen Erkenntnissen zu hinterfragen, ob Heterotopien und eine Praxis der Selbstbefreiung in der modernen Gesellschaft verwirklicht werden.