Zusammenfassung
„Wir sprechen in der Zukunftsforschung mehr und mehr nicht mehr von ‚Zukunft‘ in der Einzahl, sondern von ‚Zukünften‘. Damit meinen wir: Es gibt niemals nur eine einzige determinierte als sicher voraussehbare Zukunft […], sondern viele Möglichkeiten“ (Jungk, 1990, S. 70). ‚Zukünfte‘ als Bereich noch unverwirklichter, zeitlich vor uns liegender Möglichkeiten und Alternativen sind Gegenstand der Zukunftsforschung (Zf) (vgl. Helbig, 2013, S. 56; Müller-Friemauth & Kühn, 2017, S. 18). Wie sich die Zf wissenschaftlich fundiert und praxisorientiert mit alternativen Zukunftsbildern auseinandersetzt, ist Inhalt dieses Kapitels. Für ein gemeinsames Begriffsverständnis werden zunächst die Bedeutung und Charakteristika von Zf vorgestellt. Anschließend werden Aufgaben und Ziele beleuchtet, bevor auf die wesentlichen Methoden, Gütekriterien und Limitationen der Zf eingegangen wird.
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Notes
- 1.
Prognosen sind „Aussage[n] über zukünftige Ereignisse […], beruhend auf Beobachtungen aus der Vergangenheit und auf theoretisch wie empirisch fundierten nachvollziehbaren Verfahren und Theorien“ (Wübbenhorst, o. J.). Sie stellen bedingte Vorhersagen dar, weil sie von den jeweils zugrunde gelegten Prämissen, die sich aus der Untersuchung der Situation und Entwicklung des Untersuchungsgegenstandes und seiner Umwelt ergeben, abhängig sind (vgl. Runia & Wahl, 2015, S. 74).
- 2.
Planung versteht Helbig (2013, S. 54) in diesem Kontext „als Antizipation der Zukunft durch die Praxis“.
- 3.
Weiterführende Informationen über Entwicklung und Institutionalisierung der Zf finden sich bei Steinmüller (2013, S. 5–17), Popp (2012b, S. 1–24), Graf (2003, S. 361–362) sowie Kreibich (2006, S. 4–9 & 13–18).
- 4.
„Das Attribut ‚derivativ‘ soll verdeutlichen, dass es Methoden anderer Wissenschaftsdisziplinen als auch Managementbereiche sind, die für die Zukunftsforschung in der Originalgestalt oder in modifizierter Form genutzt werden“ (Göpfert, 2019, S. 32).
- 5.
Für eine Übersicht und Erläuterung von Zf-Methoden, z. B. der Technikfolgenabschätzung, soll auf Göpfert (2019, S. 13–32) sowie Göpfert und Kersting (2017, S. 16–22) verwiesen werden, wobei über die Systematisierung der Methoden in der Literatur bisher kein Konsens herrscht (vgl. auch Popp, 2012b, S. 11 & 21).
- 6.
Vor dem Hintergrund der Zielsetzung wird im Rahmen dieser Arbeit auf eine Beurteilung dieser Methoden anhand wissenschaftlicher Qualitätskriterien und praktischer Vor- und Nachteile verzichtet.
- 7.
Das Delphi-Verfahren kann „als ein Verfahren verstanden werden, bei dem in einem iterativen Vorgehen Expert_innenurteile zu einer bestimmten Fragestellung ermittelt werden, mit dem Ziel, Konsens und/oder Dissens in den Urteilen zu erfassen und zu begründen“ (Cuhls, 2019, S. 9).
- 8.
Die Szenario-Technik generiert Szenarien als mögliche Zukunftsbilder, die auf hypothetischen Sequenzen von Ereignissen beruhen, durch die Identifikation, Projektion und Bündelung von Einflussfaktoren auf das Untersuchungsobjekt und seine Umwelt (vgl. Göpfert, 2019, S. 225; Günther, o. J.).
- 9.
In Zukunftsseminar und Zukunftswerkstatt werden im Rahmen von kleinen Gruppen Szenarien über zukünftige alternative Entwicklungsverläufe des Untersuchungsobjektes und seiner Umwelt entwickelt, analysiert und mit Blick auf ihre Attraktivität beurteilt (vgl. Göpfert, 2019, S. 31). Während Göpfert (2019, S. 32) diese Ansätze den originären Methoden der Zf zuordnet, betrachtet Popp (2012b, S. 11) Zukunftsseminar und Zukunftswerkstatt hingegen als Kreativtechniken, die er neben den wissenschaftlich fundierten Methoden als eigenständige Kategorie betrachtet.
- 10.
Die Ökonometrie, als Feld der Wirtschaftswissenschaften, „untersucht mit Hilfe mathematisch-statistischer Verfahren wirtschafts-theoretische Modelle und Hypothesen auf ihren Realitätsgehalt“ (Göpfert, 2019, S. 16).
- 11.
Bei Trendextrapolationen geht es um die „Fortführung empirisch beobachteter Reihen in die Zukunft aufgrund von Regelmäßigkeiten, die aus den Vergangenheitswerten ermittelt wurden“ (Kamps, o. J.).
- 12.
Der Terminus Nicht-Faktizität bezieht sich darauf, dass der Untersuchungsgegenstand der Zf nur in der Zukunft existiert, also (noch) nicht wirklich existiert (vgl. Neuhaus & Steinmüller, 2015, S. 17).
- 13.
Kontingenz beschreibt „die Möglichkeit, dass etwas eintritt oder eben nicht eintritt, oder dass es ganz grundsätzlich anders sein könnte, als es ist“ (o. V., o. J.), und wird in der Praxis häufig mit dem Begriff „Ungewissheit“ gleichgesetzt.
- 14.
„Überraschungen wie Tsunamis, Aschewolken oder Erdbeben, die schwer oder gar nicht vorhersehbar sind, aber eine enorme Veränderungsdynamik mit sich bringen, werden als Wild Cards bezeichnet“ (Steinmüller & Steinmüller, 2004; zitiert nach Pillkahn, 2013, S. 63).
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Grezella, L. (2023). Konzeptionelle Grundlagen zur Zukunftsforschung. In: Diversity Management 2035: Entwicklung einer Zukunftsutopie für Organisationen in Deutschland. BestMasters. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-42709-2_3
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Publisher Name: Springer Gabler, Wiesbaden
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