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Wege aus der Unterrepräsentation: Resümee und gesellschaftspolitische Handlungsempfehlungen

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Ferne Eliten

Zusammenfassung

Das finale Kap. 9 beinhaltet ein Resümee und gesellschaftspolitisch orientierte Handlungsempfehlungen zur Unterrepräsentation von Ostdeutschen und Menschen mit Migrationshintergrund in den bundesdeutschen Eliten, die in insgesamt acht Thesen entfaltet werden. Die Thesen reichen von der Relevanz des Themas (1) und Befunden zur Unterrepräsentation (2, 3), deren Folgen (4, 6) sowie Ursachen (5) bis zu Vorschläge zum Abbau der Unterrepräsentation (7) und Forschungsbedarfen (8).

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Notes

  1. 1.

    Unter Eliten verstehen wir zunächst und grundsätzlich Personen und Gruppen, die aufgrund einer formellen Position (Positionselite) oder informellen Einflusses (Reputationselite) in der Lage sind, in ihren Handlungsfeldern (Sektoren) Orientierungs-, Normsetzungs-, Entscheidungs- und Handlungsmacht mit gesamtgesellschaftlicher Wirkungsreichweite auszuüben (detaillierter siehe in Abschn. 1.2.1).

  2. 2.

    Unter Ostdeutschen sollen mit Blick auf die hier behandelte gesellschaftspolitische Problemlage diejenigen Bürger*innen begriffen werden, die in der DDR oder nach dem 3. Oktober 1990 in den fünf neuen Bundesländern und Ostberlin geboren und/oder wesentlich dort aufgewachsen sind – und im Regelfall auch in den östlichen Bundesländern leben. Es geht – wie im Falle der Menschen mit Migrationshintergrund (siehe Fußnote 3) – in erster Linie um die sozial-geographische Herkunft, die sich im Kern über die Eltern sowie die Lebensphase von Kindheit und Jugend vermittelt, und weniger um den je aktuellen Wohnort. Menschen, die in der alten Bundesrepublik geboren wurden und dort aufwuchsen, werden – im Sinne der gesellschaftspolitischen Problemlage einer (möglichen) Benachteiligung und sozialen Ungleichheitsdimension – als 40-jährige Erwachsene nicht durch einen Umzug in die ostdeutschen Länder, auch wenn der bereits vor 10 oder 20 Jahren erfolgte, zu Ostdeutschen, auch wenn sie ostdeutsche Erfahrungen besitzen. Dass diese Definition und Klassifikation mit der anhaltenden ost-westdeutschen Binnenmigration nach 1989 und neuen Generationen mit ost-westdeutschen Elternschaften zunehmend problematisch wird, ist ebenso evident. Das gilt, obgleich wir zeigen konnten, dass es derzeit noch generell, aber auch insbesondere für die Eliten eine große Kongruenz zwischen Geburts- und Wohnregion sowie regionaler Identifikation gibt (s. Kap. 3). Unsere Studie hat versucht, dem mit unterschiedlichen Fassungen und Operationalisierungen des Status „Ostdeutsche/r“ gerecht zu werden, wobei die Datenlage nicht in allen Fällen eine befriedigende Differenzierung erlaubt (siehe Kap. 1 sowie Abschn. 3.2.1).

  3. 3.

    Nach der Definition des Statistischen Bundesamtes (2018) besitzt „eine Person [einen Migrationshintergrund], wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt. Der Begriff des „Migrationshintergrundes“ bezieht also nicht allein Ausländer*innen ein, die keinen deutschen Pass besitzen, sondern auch Personen mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte, die die deutsche Staatbürgerschaft besitzen. Auch hier gilt, dass in der Studie aus empirischen oder konzeptuellen Gründen teilweise veränderte Begriffsdefinitionen verwendet werden. So zählen in der Erhebung (Kap. 3) auch Personen in die Kategorie Migrationshintergrund, die nach der Definition des Statistischen Bundesamtes keinen Migrationshintergrund haben: 1) deutsche Staatsbürger*innen per Geburt mit Eltern mit deutscher Staatsbürger*innenschaft, die im Ausland geboren wurden, weil ihre Eltern dort gelebt haben und 2) Nachkommen von vertriebenen/umgesiedelten Deutschen, deren Eltern auf dem Gebiet des heutigen Polen, Tschechien, etc. geboren wurden und die vor 1950 in das Gebiet des heutigen Deutschland zugewandert sind (Details siehe Kap. 3).

  4. 4.

    Es ist schon vor einiger Zeit von uns festgestellt worden, dass im Bereich dieser Eliten wegen des fast 30 %igen Anteils der ostdeutschen Bundesländer (5 von 15 – wenn Berlin ausgeklammert wird) die Bezugsgröße des Bevölkerungsanteils (etwa 17 %) nur bedingt verwendet werden kann. Aber selbst, wenn man dies berücksichtigend von 20 % oder selbst 22 % ausgeht, bleibt die proportionale Vertretung Ostdeutscher in diesem Sektor weitgehend gewahrt. Ab wann überhaupt von einer gesellschaftspolitisch relevanten Unterrepräsentation gesprochen werden kann, wie groß also der Korridor einer Angemessenheit zu definieren ist, wird weiter unten thematisiert.

  5. 5.

    Der Aufstieg in diesen Sektoren bis hinauf in die Reputationselite kann sogar als etablierte Alternative zu den klassischen, namentlich staatsnahen Positionseliten verstanden werden. Auch das ist im Übrigen keineswegs neu, sondern ein bekanntes Aufstiegsmuster aus anderen Migrationsgesellschaften.

  6. 6.

    So sind offenkundig die Bildungs- und Qualifikations- wie Erfahrungsvoraussetzungen für eine Spitzenposition in der Judikative (etwa vorsitzende Bundesverfassungsrichter/in) oder in der Ministerialbürokratie (Leiter/in einer wissenschaftlich orientierten Bundesbehörde oder beamtete/r Staatssekretär/in) außerordentlich hoch, so dass hier die Forderung nach einer proportionalen Vertretung etwa sozialer Unterschichten oder selbst der unteren Mittelschicht, die sich eben durch die Absenz eines hohen Bildungsniveaus auszeichnen und konstituieren, für die heutige Gesellschaft der Bundesrepublik realitätsfern bleibt.

  7. 7.

    Ein wichtiges Argument für eine funktionale Relevanz besteht in der Sichtbarkeit und insofern symbolischen Repräsentation minoritärer oder unterprivilegierter Gruppen etwa durch erfolgreiche Sportler*innen oder Künstler*innen (namentlich im pop-kulturellen Feld) mit Folgen für der Vermittlung von Vorbildern, sozialen Rollen oder Selbstvertrauen und individueller Selbstwirksamkeit für Kinder und Jugendliche dieser Gruppen in ihrer Biographiegestaltung.

  8. 8.

    Wir greifen im Folgenden auch auf Studien, Erkenntnisse sowie Formulierungen vorgängiger Forschungsprojekte und Publikationen zurück, die hier nicht im Einzelnen nachgewiesen werden (siehe dafür insbes. Kap. 1 und 3).

  9. 9.

    Das bedeutet natürlich nicht, dass es nicht auch Ostdeutsche und Menschen mit Migrationshintergrund gibt, die über elite-affines kulturelles Kapital verfügen. Auch in diesen Bevölkerungsgruppen sind kraft familiärer Herkunft (obere Mittelschicht, Oberklasse) und eigener Anstrengungen und Biographiegestaltungen Individuen in die Elite aufgestiegen und werden aufsteigen, die über ein hohes kulturelles Kapital verfügen und in keiner Weise hilfe- oder förderbedürftig sind (vgl. Kap. 4).

  10. 10.

    Das Projekt hat hierzu erste wichtige Erkenntnisse gewonnen; diese reichen aber sicher noch nicht aus und bedürfen – teils mit den bereits erhobenen Daten, teils unter Gewinnung weiterer Befunde – der Vertiefung und Verstetigung (siehe auch These 8).

  11. 11.

    So sind beispielsweise generell nicht weiß gelesene Personen besonders benachteiligt und vielfach unterrepräsentiert, unabhängig davon, ob sie einen sozial-statistischen Migrationshintergrund besitzen oder nicht.

  12. 12.

    Diese Empfehlungen sind allgemeiner Art und brauchen für eine politische und wirksame Umsetzung weitere Schärfung und gruppenspezifische Anpassung – das schließt auch sozialstrukturelle, generationale und regionale sowie sektorale Spezifika ein.

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Kollmorgen, R., Vogel, L., Zajak, S. (2024). Wege aus der Unterrepräsentation: Resümee und gesellschaftspolitische Handlungsempfehlungen. In: Kollmorgen, R., Vogel, L., Zajak, S. (eds) Ferne Eliten. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-42492-3_9

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-42492-3_9

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-42491-6

  • Online ISBN: 978-3-658-42492-3

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