Zusammenfassung
Das Kap. 8 untersucht, wie Ostdeutsche das Phänomen einer gesellschaftlichen Elite wahrnehmen, bewerten und welche Assoziationen damit verbunden sind. Zu Beginn des Beitrages steht eine kurze semantisch-historische Einordnung des Elitenbegriffs, der auf die besondere Verwendung des Begriffs in der ehemaligen DDR eingeht. In der Folge fragt der Beitrag zuerst nach Assoziationen und Bewertungen des Elitenbegriffs durch die Befragten. Sodann werden Ansprüche an die Eliten bzw. Konzeptionen einer Idealelite seitens der Befragten vorgestellt, wobei u. a. deutlich wird, dass es eine pauschale Elitenablehnung nicht gibt. Die Bewertungen sind vielfältig, ambivalent und unterscheiden sich auch stark zwischen den Befragten. Als eine wichtige Ursache für diese Ambivalenzen werden hohe Ansprüche seitens der Befragten an eine Idealelite bei gleichzeitig wahrgenommenen Mängeln hinsichtlich Responsivität und Legitimation angeführt.
Dieser Beitrag erscheint in überarbeiteter Fassung auch in Vogel/Lorenz/Pates. 2023. Ostdeutschland: Identität, Lebenswelt oder politische Erfindung? Hervorgehoben werden soll die wertvolle Mitarbeit von Kathleen Heft in Bezug auf Konzeption und Datenerhebung.
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Notes
- 1.
Durchgeführt vom IPSOS-Institut im Jahr 2019 (n = 1766).
- 2.
Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass der Elitenbegriff auch in der DDR in spezifischen Bereichen durchaus positiv konnotiert war, so gilt das etwa für die Förderung im Leistungssport, was auch durch Teilnehmer*innen einer ostdeutsche Fokusgruppe stark betont wurde.
- 3.
Es handelt sich hierbei um Wahrnehmungs- und Bewertungsunterschiede, die sich vor allem auf die zugeschriebene Legitimität von Eliten auswirken.
- 4.
Als Parameter für die Definition einer Zugehörigkeit zu Ost- bzw. Westdeutschland wurde der Geburtsort der Befragten zugrunde gelegt. Das ist unbestrittenermaßen eine Hilfskonstruktion, die die Binnenmigration und andere sozialisatorische Einflussfaktoren vernachlässigt und zunehmend Unschärfen produziert. Dennoch können zum jetzigen Zeitpunkt auch mit diesem Maßstab noch quantitative Unterschiede nachgewiesen werden.
- 5.
Die zugeschriebene demokratische Legitimität (welche gleichermaßen als Bewertungskriterium wie auch Integrationsressource fungiert) definieren die Autor*innen hier als den „Unterschied zwischen der Vorstellung darüber, wie die Demokratie idealerweise sein sollte und der Bewertung wie sie tatsächlich ist“ (Giebler et al. 2020, S. 4).
- 6.
Teilnehmer*innen alle älter als 47 Jahre.
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Lerche, S., Schaller, J. (2024). Elitenskepsis im Osten? Befunde einer Distanz. In: Kollmorgen, R., Vogel, L., Zajak, S. (eds) Ferne Eliten. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-42492-3_8
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