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Die Evaluation untersucht durch inhaltliche Rekonstruktion der Konzeptionen der Fortbildungsformate deren Leitvorstellungen und didaktische Grundideen, welche Zielgruppen sie adressieren, welchen gestalterischen Ablauf sie in der Regel haben sowie, ausgewählt und beispielhaft, welche Resonanz sie bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auslösen. Die Grundfragestellung des Hessischen Kultusministeriums an die Evaluation richtet sich auf den Beitrag, den die jeweiligen Formate zur Etablierung einer ästhetischen und kulturellen Praxis und damit zum Programm KulturSchule leisten.

In struktureller Hinsicht sind die vier in dieser Studie ausführlich dargestellten und näher betrachteten Qualifizierungsformate der Lehrkräftefortbildung im Rahmen des KulturSchul-Programms als Reihe eigenständig, sie weisen eine spezifische Genese auf und nehmen jeweils bestimmte Funktionen wahr.

Bei den Workshops Kreative Unterrichtspraxis handelt es sich um eine Inhouse-Schulung, an der ein gesamtes Kollegium oder ein Teil von diesem teilnimmt. Diese Fortbildungsreihe, die allen hessischen Schulen unabhängig vom KulturSchulprogramm zur Verfügung steht, weist eine große inhaltliche Bandbreite unter ästhetischem Schwerpunkt auf. Die Fortbildenden werden wegen ihrer Professionalität von den Lehrkräften sehr geschätzt.

Die Dauer der Workshops ist regelhaft ein Tag, das Angebot kann auch in halbe Tage gesplittet werden beziehungsweise eine Fortsetzung über den nächsten Tag erfolgen. Insofern ist das Format ‚handlich‘ und kompakt, allerdings ohne routinisierende Vertiefungs- und Trainingsmöglichkeiten konzipiert.Footnote 1 Dies ist hinsichtlich der Wirkungstiefe zu bedenken.

Im Idealfall können alle Lehrkräfte einer KulturSchule gemeinsam die Umsetzung kreativer Zugänge und Methoden kennenlernen, miteinander fachspezifisch und fachübergreifend arbeiten, Unterrichtssituationen ko-konstruieren, sich austauschen und den Ertrag reflektieren. Aufgrund dieser Möglichkeit, alle Lehrkräfte einer Schule einzubinden, werden mit dem Konzept schulinterner Fortbildung (SchiLf) Erwartungen verbunden, hierüber die Unterrichtspraxis einer Schule nachhaltig zu verändern. Da in KulturSchulen sich das Kollegium bereits dezidiert für eine Profilierung hinsichtlich Kultureller Bildung und damit für eine größere Berücksichtigung von ästhetischen Angeboten für die Lernenden ausgesprochen hat, erscheinen die fachverbindenden und überfachlichen Workshop-Angebote sehr geeignet, um alle Fachdomänen miteinander in produktive Handlungen zu verstricken und sie gezielt über ihre Erfahrungen mit ästhetischen Zugängen ins Gespräch zu bringen. Aus schulinternen Fortbildungen ist jedoch auch bekannt, dass nicht jede Lehrperson bereit ist, sich in der Gegenwart der Kolleginnen und Kollegen auf neue und ungewohnte Arbeitsweisen einzulassen. Da man sich auf diese Reserviertheit einer geringen Anzahl von Lehrkräften vorbereiten kann, können Ansätze, die ‚das Eis brechen‘, dem entgegenwirken. Infolge der Heterogenität von Kollegien, die per se unterschiedliche Werte, Überzeugungen und pädagogische Vorstellungen aufweisen, sind schulinterne Fortbildungen also nicht voraussetzungslos. Es besteht die Möglichkeit, dass schulinterne Konfliktlinien zutage treten, zumal der Schulkontext der Fortbildung habitualisierte Verhaltensmuster hervorrufen könnte. Dies kann Anlass sein, einen anderen Ort, der sich auch wegen der Ausstattung besonders eignet, für die Fortbildung zu wählen. Der Erziehungswissenschaftler Hartmut Wenzel spricht dann von schulinterner Lehrerfortbildung, „wenn sich das gesamte oder größere Teile des Kollegiums einer Schule bewusst in auf Lernprozesse zielende Handlungssituationen begeben“ (Wenzel, 2010, S. 295). Das bedeutet, dass im Vorfeld für diese Fortbildung zu werben ist, auch damit neue Erfahrungen zugelassen werden und sich ein „gemeinsame[r] Standpunkt sowie gemeinsame Verfahrensweisen“ erarbeitet werden (ebd.). Jedoch ist nicht auszuschließen, dass dennoch unterschwellige Konflikte zutage treten, die dann vorrangig bearbeitet werden müssen.

In der moderatorengestützten Variante schulinterner Fortbildung am Beispiel der Workshops Kreative Unterrichtspraxis können prinzipiell eineinhalb Tage als Ausgangspunkt der KulturSchul-Entwicklung genutzt werden, um dem gesamten Kollegium die fachbezogenen und fachübergreifenden Potenziale ästhetischen und forschenden Lernens erfahrbar zu machen und sie in konkrete Gestaltungsprozesse zu involvieren. Das fachverbindende und überfachliche Arbeiten ist besonders innovativ (vgl. Herzmann, 2001) und bietet nebenbei auch dazu Gelegenheit, dass weniger erfahrene Lehrkräfte mit erfahrenen und sicheren Lehrkräften zusammenarbeiten. „Peer-Learning“ käme hier zur Anwendung.

Es wäre hilfreich, wenn die Besonderheit des Disziplin überschreitenden Lehrens und Lernens einleitend und/oder resümierend thematisiert wird, damit Lehrkräfte, die in ihre Fächer einsozialisiert sind, sich auch dieses Aspektes und nicht ausschließlich der kreativen Zugänge bewusst werden. Fächerübergreifendes ArbeitenFootnote 2 versucht, die Perspektive einer Fachdisziplin zu weiten und „vernetztes Denken, Denken in Zusammenhängen und die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel zu fördern“ (Stübig, 2009, S. 315). Dies verdankt sich der Erkenntnis, dass einzelfachlicher Unterricht „nicht das leistete, was er selbst als seine ureigenste Aufgabe ansah – die Vermittlung umfassender Kenntnisse und Einsichten in den jeweiligen Disziplinen“ (Reinhold & Bünder, 2001, S. 351). Daraus leitet sich die Erprobung ab, „verschiedene Arten und Weisen [zu nutzen], wie die Schüler zu Erkenntnissen gelangen können“ (ebd., S. 344).

Im Prinzip ergibt dies einen reizvollen Dialog der Fachkulturen, der in den Workshops der Kreativen Unterrichtspraxis erlebbar wird. Außerdem bieten diese Workshops gute Auflösungsmöglichkeiten eines verengenden und die Lernmöglichkeiten limitierenden Schulartenbezugs. Dies erlaubt, dass in den Workshops Lehrkräfte aus unterschiedlichen Schularten gemeinsam miteinander arbeiten und sich fortbilden.

Die Fachforen wollen den Alltag einer Lehrkraft bewusst unterbrechen und initiieren für die Fortbildung einen Ortswechsel für ihr zweieinhalbtägiges Workshopangebot.Footnote 3 Mit dem Hintergrund der professionellen Ausstattung der Akademie Burg Fürsteneck, komfortabler Übernachtungsmöglichkeit und Versorgung ist für ein entspanntes und lernförderliches Ambiente gesorgt. Gemeinsam mit den Fortbildnern aus dem Büro Kulturelle Bildung leiten Dozenten aus dem künstlerischen Feld einige der Workshops an.

Die Teilnehmer können sich in dem gewählten Workshop frei von Zeitdruck auf ein handlungsintensives produktives Geschehen einlassen; es gibt auch Phasen für Nachbetrachtungen und Gespräche. Natur und Landschaft im Umfeld der Burg bieten sich an, das Aktionsfeld räumlich zu erweitern oder zur Erholung und Kontemplation zu nutzen. Rückblickend sehen die Teilnehmenden ihre knappe Zeit als gut in diese Fortbildung investiert an. Die zeitliche Struktur von Montag bis Mittwoch oder von Mittwoch bis Freitag vermeidet eine anschließende Überlastung der Lehrkräfte mit liegengebliebener Arbeit. Zwischen vier und mindestens zwei Lehrkräften aus einer Schule nehmen gleichzeitig teil, auch das weitere pädagogische Personal ist dazu eingeladen. Zwar wird ein Workshop ganz nach eigenem Interesse gewählt. Der gemeinsame Besuch der Veranstaltung kann dazu führen, neue Seiten bei einer Kollegin oder dem Kollegen zu entdecken. Auch die Perspektive, KulturSchule gemeinsam zu gestalten wird konkreter, sollte eine gemeinsame Leidenschaft für das in der Fortbildung Erfahrene erkennbar werden. Die befragten Teilnehmenden schätzen das Angebot in diesem Rahmen sehr und bewerten den besuchten Workshop in seinem Inhalt und der Gestaltung als attraktiv, gelungen gestaltet und persönlich bereichernd. Ihre Vorstellungen und ihr Empfinden, was KulturSchule ausmachen kann, werden durch die hier gemachten Erfahrungen angeregt.

Die Programmverantwortlichen sehen eine ‚Brücke‘ zwischen einer ästhetischen Erfahrung hin zur Umgestaltung der schulischen Lernwelt. In dieser Fortbildung ist man entfernt davon, „Unterrichtsrezepte“ (IS3) anzubieten, vielmehr will man „Türen aufmachen“, dazu motivieren, „Dinge auszuprobieren“ und „bestimmte Pfade einfach mal zu verlassen“. Bei aller Unterschiedlichkeit der Individuen lassen die Teilnehmeräußerungen auf eine Anregung von Ideen schließen wie, dass „man aus kleinen Sachen was macht“. Die können noch wachsen und weitergetrieben werden. In einer Reflexion der Wirkung der erlebten Fortbildung wird konstatiert: „Ich habe jetzt einfach einen größeren Spielraum in meinem Handeln und auch in meinem Denken“. Mehr als nur ein Einzelner fühlen sich nach der Fortbildung befreit davon, Unterricht kleinschrittig zu planen. Außerdem möchte man Arbeitsprozesse bei den Schülern mehr laufen lassen und offen für die Ergebnisse sein.

Auch eine Sensibilisierung für das Befinden der Kinder und Jugendlichen ruft diese Fortbildung hervor. Lehrkräfte äußern, dass sie neue Möglichkeiten schaffen wollen für die im Unterricht erlebten Kinder, „die so angepasst sind, die so einen Leistungsdruck haben, die zuhause funktionieren, die in der Schule funktionieren“ (IFT1, 21).

Gelingt es also, dass die Künste den Lehrpersonen Anstöße geben, um später im Unterricht zur Improvisation zu ermuntern, sich auf ergebnisoffene Prozesse und forschendes Lernen einzulassen (vgl. Engel & Böhme, 2015; Sack, 2011; Bilstein & Kneip, 2020), in ihrem Unterricht die sinnliche Wahrnehmung ihrer Schüler zu schulen und diesen Gelegenheiten für die Erfahrung von Selbstwirksamkeit zu geben?

Es braucht dazu weitere Untersuchungen, wie sich die Fachforen-Fortbildung auf den Unterricht und das Schulleben auswirken. Positiv kann bereits festgehalten werden, dass Lehrkräfte lernen, mit ihrer eigenen Unsicherheit umzugehen. Der Impuls dazu geschieht abseits einer Lehrer-Schüler-Interaktion im Rahmen einer herausfordernden Gestaltungsaufgabe. Die erlebte Irritation wird bewältigt in einem Kontext, der kein richtig oder falsch für eine Lösung kennt; ein Zutrauen zur eigenen Coping-Fähigkeit kann entstehen. Dennoch ist auch mit möglicher Anwendungsunsicherheit, je nach Komplexität der Aufgabenstellungen in den Workshops, umzugehen. Follow-up-Treffen von einem halben Tag vier bis sechs Wochen nach dem Ende könnten dieser entgegenwirken. Ersten Unterrichtserprobungen von kreativen Zugängen, die aus der Fortbildung erwachsen sind, könnte dabei Raum gegeben werden, komplexere Prozesse aufgefrischt und variiert, der Austausch wiederbelebt werden. Dies wäre eine Form, wie bereits bei der Planung der Fortbildung der Lerntransfer fachübergreifend gestärkt werden kann.

Tag X ist ein Angebotsjoker; die Fortbildung wird eher kurzfristig annonciert und findet ganztägig, manchmal ‚schulverträglich‘ nur am Nachmittag, in einer Schule oder in einer Kultureinrichtung wie einem Ausstellungsort statt. Orte der Kulturvermittlung werden in dieses Fortbildungsformat gezielt eingebunden, sodass das Potenzial außerschulischer Lernorte aufgezeigt sowie dort vorhandene Medien (Exponate) kennengelernt oder Aufgabenstellungen gemeinsam erprobt werden.

Thema und Inhalt können sich auch auf virulente Fragestellungen, die im Entwicklungsprozess von KulturSchule aufkommen, richten (z. B. ‚Zeit und Raum schaffen für kulturelle Aktivitäten‘). Aktuelle Themen, zum Beispiel Fragen von Schulorganisation und Teamarbeit, die viele Schulen betreffen, können hier behandelt werden. Ästhetische Aspekte werden demonstriert und fächerverbindende Arbeitsmöglichkeiten aufgezeigt (z.B. Soundpainting in allen Fächern’). Das ganztägige Format eignet sich für die Einführung kreativ ästhetischer Methoden und für fächerverbindende Angebote; auch hier können ästhetische Erfahrungen ermöglicht werden. Ein halbtägiges Angebot dient gemäß der Beobachtung stärker der Informationsvermittlung, der Arbeit an konzeptionellen Fragestellungen und Fachgesprächen und dem Erfahrungsaustausch.

Bei Tag X sind oftmals Experten die Impulsgebenden, die auch den weiteren Verlauf mitgestalten. Auch können Schülerinnen und Schüler eingebunden sein (vgl. ‚Kreatives Schreiben mit Weblogs‘). Dies ist eine attraktive Möglichkeit, dass Seiten- und Quereinsteiger in den Lehrberuf fachübergreifende Methoden kennenlernen können und vermittelt bekommen. Da an diesem Angebot ganz nach Interesse einzelne Lehrkräfte von KulturSchulen teilnehmen und das Angebot für Lehrkräfte aller Schulen in Hessen zugänglich ist, trägt dies Anregungen zur ästhetischen Praxis und zum fächerverbindenden Arbeiten in die Breite der Schullandschaft.

In seiner Vielfältigkeit der Themen ist Tag X breit aufgestellt, aber in seiner Zeitstruktur begrenzt geeignet, eine ästhetische Praxis vertieft kennenzulernen und anzuleiten. Neben der Informationsvermittlung ist die Eigenerfahrung ein Bestandteil, allerdings steht infrage, ob an diese produktiv angeknüpft werden kann. Entsprechend problematisieren einzelne Teilnehmer, was bei Tag X für die eigene Schule mitgenommen werden kann. Nicht immer scheint eine Transferhilfe gegeben zu werden. Sie ist nicht nur für die Teilnehmenden wichtig, auch für die Zielerreichung. Dennoch wäre ein Vergleich mit den zeitlich umfangreicheren Formaten sachbezogen verfehlt. Den ein solcher bildete weder die didaktische und ästhetische Erfahrungsqualität ab, wie sie z. B. bei ‚Klingende Wege in die Mathematik‘ feststellbar war. Noch würde dies dem Informationsinput und daran anschließenden kreativen Arbeitsphasen gerecht. Wo bekämen Lehrkräfte ansonsten eine Möglichkeit, Ausstellungsexponate des Senkenberg-Museums zur Mustererkennung zu nutzen? Es hat einen Vorzug, in den verdichteten Lehreralltag einen Fortbildungstag ‚einschieben‘ zu können, der sich nicht digital am Schreibtisch im Angesicht der wartenden Korrekturarbeiten abspielt, sondern dabei unterstützt zu werden, Lernen am außerschulischen Ort vorzubereiten.

Die SLT-Reihe hat exklusiven Charakter. Für Schulleitungsteams und KulturSchul-Beauftragte ist sie als verpflichtendes Format bei Aufnahme in das KulturSchul-Programm konzipiert. Es richtet sich an die Verantwortlichen für die schulinterne Programmumsetzung und Organisationsentwicklung von KulturSchulen. In einem Zeitraum von zwei Jahren sind vier Blockseminartermine anberaumt. Die unter einem thematischen Schwerpunkt stehenden Arbeitstage finden in Lehrkräftefortbildungseinrichtungen des Landes wie zum Beispiel der Reinhardswaldschule statt. Für die Dauer der Fortbildung bestehen feste Gruppen aus Vertretern von drei oder vier Schulen, die von einem konstant bleibenden Referentenpaar (m/w) fortgebildet werden. Die Zusammensetzung der gemischten Schulgruppen, die sich wechselseitig besuchen und beraten, orientiert sich nicht an der Schulform, sondern sie erfolgt unter dem Gesichtspunkt einer hinsichtlich der Fahrzeit unaufwendigen Kooperationsmöglichkeit aufgrund einer möglichst geringen Entfernung der Schulen voneinander. Zugleich werden so die Grenzen zwischen den Schularten aufgebrochen, und in den Partnerschulen werden eventuell andere pädagogische Muster erlebbar. Dieser fremde Blick bietet allen Beteiligten kommunizierbare Reflexionsmomente.

Die KulturSchul-Beauftragten bilden in der SLT-Reihe mit ihrer Schulleitung ein Team. Auf indirekte Weise wird damit deren Beauftragung als Koordinatoren und als Ansprechpartner für kulturelle Belange ‚gewürdigt‘ und diese sind in Erörterungen der Struktur- und Prozessentwicklung ihrer Schule miteinbezogen. Die kompakten Arbeitstage miteinander werden trotz der Anstrengung, sich dafür Freiraum an den Wochenenden verschaffen zu müssen, geschätzt. Individuell werden alle Teilnehmenden in positiver Weise herausgefordert, sich mit bisher theoretisch kaum zur Kenntnis genommenen Management- und Steuerungsfragen der Schulentwicklung in Hinblick auf die Verfasstheit ihrer Schule auseinander zu setzen. Die von der Lehrkräfteakademie vorgenommene Evaluation der SLT-Reihe lässt analog zum Evaluationsmaterial vermuten, dass theoriebezogene Aufmerksamkeitsmomente steigerbar sind. Dass theoretische Erkenntnisse über die Bedingungen von Schulentwicklung ‚griffig‘ werden, zeigen Bemerkungen der Teilnehmenden, die die Erkenntnis als eine für sie besondere betonen, dass das gesamte Kollegium auf dem Weg zur KulturSchule mitzunehmen sei.

Der Gewinn der SLT-Reihe ergibt sich nicht aus der ergänzenden Praktizierung ästhetischer Arbeitsweisen. Das ist eine schöne Zutat, die bereits Früchte trägt, da einige Schulleitungen mittlerweile äußern, Konferenzen anders gestalten zu wollen. (Auch werden Themen und Fragestellungen bei KulturSchul-Tagen durch Graphic Recording protokolliert, wodurch eine Anschauung von Alternativen, besondere Fragestellungen festzuhalten gegeben wird.) Die Nachdenkmöglichkeiten, der Austausch mit den Peers und die Erfahrungen mit den Umstrukturierungen, die gemeinsam reflektiert werden, sind wichtig für den Lernprozess, eine Schule zu leiten, professionelle und interprofessionelle Zusammenarbeit zu initiieren und Kulturelle Bildung zu implementieren. Die Tiefe erreicht das Format durch den wahrnehmbaren Theorie-/Praxis-Bezug, der ständig wechselt, und durch den Input der Prozessbegleiter.

Die vier Fortbildungsformate sind unterschiedlich unterrichtsnah. Das von den Akteuren mitgedachte ergänzende Zusammenwirken der Fortbildungsreihen soll die Transformationsleistung zugunsten einer performativen Aufführungspraxis und eine durch Kulturelle Bildung geprägte und durchzogene Schul- und Unterrichtsentwicklung der KulturSchulen stärken. Allerdings erreichen die Fortbildungen nur in der Kreativen Unterrichtspraxis und den Fachforen größere Teilnehmergruppen aus KulturSchulen, mit Tag X oftmals nur einzelne Teilnehmer oder bestimmte Fachgruppen. Das heißt, durch den Besuch der Fortbildungen entsteht erst sukzessive eine verallgemeinernde Wirkung auf die schulische Unterrichtspraxis, zumal die Anwahl der Fortbildungen zumindest im Untersuchungszeitraum nicht von einer Fortbildungsplanung in den Schulen gesteuert wurde und sich zufällig und beliebig gestaltet.

Die SLT-Reihe leistet mit ihrem Mix von theoriebezogenem Input zur Organisationsentwicklung, mit systemischer Beratung und individueller Prozessbegleitung und dem Peer-Lernen einen bedeutsamen Beitrag zur systematischen organisationsbezogenen Vergewisserung und Prozesssteuerung auf der leitenden, koordinierenden und Kooperationsstrukturen schaffenden Ebene. In diesem Kontext steht auch der Unterricht, auf den die Fortbildungsmaßnahmen indirekt oder direkt zielen. Insofern kommt die Frage nach einem innovationsförderlichen Transfermanagement der Einzelschule auf. Es bedarf einer systematischen Fortbildungsplanung und eine Förderung von Umsetzungsversuchen der aus der Fortbildung Rückkehrenden. Seit Längerem wird im Rahmen teilautonomer Schulen die Kompetenzentwicklung der Lehrkräfte im Zusammenhang mit der Schulentwicklung als wichtige Aufgabe erachtet. Im SLT-Konzept hätte dieses Thema seinen Platz. Insofern existiert Weiterentwicklungsbedarf im Konzept, das die Prozesssteuerung fokussiert. Die Personalentwicklung ist im Bündnis mit dem Kulturbeauftragten systemisch stärker mit Unterrichts- und Schulentwicklung zusammenzuführen.

Die Fortbildungsformate unterscheiden sich hinsichtlich ihres jeweiligen Beitrags zu einer ästhetisch kulturellen Praxis: Die Fachforen sind zentraler Baustein zur Initiierung und Etablierung einer ästhetisch-kreativen Unterrichtspraxis der einzelnen Lehrpersonen. Ihre Idee setzt an dem, was mit „[b]ildende Wirkungen ästhetischer Erfahrungen“ (Rittelmeyer, 2016) bezeichnet wird, an. Die Evaluation zeigt als Momentaufnahme, dass Teilnehmer Wirkungen bei sich identifizieren. Die Ausstrahlung der initiierten Prozesse ist derart, dass selbst eine bekundete anfänglich geringe Motivation zur Teilnahme, die aufgrund ihrer Alltagseingebundenheit einige Zögerliche bei sich konstatiert haben, durch das Involvement in kreative Prozesse überwunden wird; am Ende konstatieren die Spät-Angemeldeten mit dem individuellen Ertrag ihres Workshops sehr zufrieden zu sein. Diese Zufriedenheit, die die Interviewpartner äußern und die Weiterempfehlung an ihre Kolleginnen und Kollegen stehen für den gelingenden Ansatz des Konzepts.

Im Unterschied zur Konzeption der Fachforen stellen die Workshops der Kreativen Unterrichtspraxis konkrete und anwendbare Innovationsbeispiele oder -impulse für den Unterricht bereit. Sie können in die Breite der Fachbereiche hineinwirken. Da die Inhouse-Schulung die Möglichkeit beinhaltet, ein gesamtes Kollegium zu erreichen, kann dies für eine Präsentation des Potenzials ästhetischen Lernens und Forschens in KulturSchulen genutzt werden. Alle Fachbereiche können dabei repräsentiert sein und außerdem Schülerinnen und Schüler einbezogen werden. Zur Kompetenzentwicklung der Lehrkräfte bieten die Workshops den KulturSchulen ein einplanbares Angebot.

Tag X thematisiert beispielsweise eine Zusammenarbeit mit Kulturschaffenden und Kulturinstitutionen oder offeriert dem HKM-Büro eine flexible Möglichkeit, Struktur- oder Partizipationsfragen kulturereller Schulentwicklung zu klären, oder er schafft eine größere Öffentlichkeit, um Beispiele guter Praxis vorzustellen. Ästhetische Praxis an konkreten Beispielen ist oftmals in Tag X eingelagert, wie am Beispiel der Faltkunst Origami zu beobachten war; der Anwendungsbezug und Transferanspruch ist bei den diversen Themen unterschiedlich mit im Blick.

Die Parallelität dieser Angebote stellt sich als „subsidiäre Unterstützung“ (Berkemeyer, 2011, S. 117) für eine angestrebte Unterrichtsreform durch Lehrkräftefortbildung dar. Es liegt bei den Lehrkräften, was sie fortan im Unterrichts- und Schulkontext aufgreifen. Vergegenwärtigt man sich das Gesamtspektrum, so ergänzen die Formate einander und bilden insgesamt ein funktionales System im KulturSchulkontext. Konzeptionell und inhaltlich sind die Formate für sich selbständig aufgestellt, dennoch in gewissem Maße aufeinander beziehbar und sie wirken moderat zusammen. Dieses Zusammenwirken ist mit dem Blick von außen deutlicher als für die einzelne Lehrkraft, die nach vorhandenem Zeitbudget mal dieses Angebot, mal jenes abruft, ohne das Gesamtrepertoire zu überschauen. Bei einer stärkeren Personalentwicklung in den KulturSchulen, könnte es auch sein, dass bestimmte Wünsche an die Fortbildungen geäußert würden.

In jedem Format hat das Ziel des Praktizierens beziehungsweise das Überführen des Erlernten in den schulischen Kontext in irgendeiner Weise Bedeutung. Insofern steht der Transfer des Gelernten und Neuen in den schulischen Arbeitskontext auf der Agenda der Fortbildner. Dies belegen auch die Fragen, die sich Programmakteure und Fortbildende regelmäßig in ihren Besprechungen stellen: „Wie und wodurch gehen die in der konkreten Fortbildung ermöglichten Erlebnisse und Erfahrungen nicht verloren? Welche Einstiegsübungen für Unterricht können praktisch angeschlossen und ‚mitgenommen‘ werden? Ist in den Fortbildungen ausreichend Zeit vorhanden für persönliche Aufzeichnungen, Fotodokumentationen, gegebenenfalls sogar Videosequenzen zur Wiedervergegenwärtigung? Welche Form eines Erfahrungsaustauschs der Teilnehmenden vor Ort zur ‚Praktikabilität‘ oder der erzielten Wirkungen in Unterricht und Schule könnte es geben?“ Die reflektierenden Fragen richten sich vergewissernd an die Fortbildungskonzeptionen, wie die Umsetzung in die Schule gefördert werden kann.

Die von Teilnehmern an Fachforen geäußerte Motivation ist ein wichtiger Teilschritt im gesamten Lerntransferprozess. Allerdings ist dieser von weiteren Faktoren, die mit dem Arbeitsfeld zusammenhängen, abhängig. In Aufarbeitung der Diskussion zum Transfergeschehen weist Rico Emmrich darauf hin, dass die „Motivation der Lehrkräfte […] mithin zu den bedeutsamsten individuellen Einflussfaktoren auf Transfererfolge im Rahmen von Schulentwicklungsprozessen [zählt]“ (Emmrich, 2010, S. 23). Daran schließt sich die Frage an, unter welchen konkreten Umständen aus einem Vorhaben, aus ersten Ideen und erstmalig in den Fachforen erprobten Ansätzen ein eigener Unterrichtsversuch wird? Welche Gründe und Faktoren spielen für die Erprobung und die weitere Übernahme in das eigene Unterrichtsskript eine Rolle? Wann kann von einer veränderten Unterrichtsrealität gesprochen werden? Dazu fehlen empirische Studien, was bedeutet, dass das wissenschaftliche und professionelle Wissen über Transferprozesse noch recht begrenzt ist.