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Die Fachforen gelten als „Herzstück“ (HKM, 2017) der KulturSchul-Fortbildungen. Es ist das Fortbildungsformat mit der größten Reichweite im KulturSchul-Programm – zum einen, weil es in seiner zweieinhalbtägigen Dauer ein für die Wirksamkeit von Fortbildung zeitlich notwendiges Kontingent erfüllt (Lipowsky, 2011, S. 402)Footnote 1 und zum anderen, weil das Konzept den Austausch unter den Teilnehmenden fördert.Footnote 2 Etabliert wurden Fachforen im Zusammenhang mit der zweiten KulturSchul-Staffel; ein Differenzmerkmal gegenüber den Workshops der Kreativen Unterrichtspraxis ist, dass in den Fachforen die Teamer auch mit Kunstschaffenden zusammenarbeiten.

Ästhetisches Forschen hieß das Thema, das zum Auftakt der Reihe im Jahr 2014 für die Lehrkräfte und weiteres pädagogisches Personal an KulturSchulen der ersten und zweiten Staffel ausgeschrieben war; es offenbart ein zentrales Schlüsselelement des Konzepts. Ebenso konveniert, dass seit der dritten Staffel 2015 die Fachforen in einer auf Kulturvermittlung ausgerichteten erwachsenenpädagogischen Begegnungs- und Tagungsstätte stattfinden, der Akademie Burg Fürsteneck, unter Beteiligung der dortigen Mitarbeitenden.Footnote 3 Es erscheint nicht übertrieben, die Fachforen mit ihrer Konzeption innerhalb der Lehrkräftefortbildungsszene als ein besonderes Qualifizierungsangebot anzusehen. Die Fortbildungsverantwortlichen formulieren akzentuierend:

„Im Unterschied zu Fortbildungen, bei denen es um die Vermittlung von Methoden oder ‚Unterrichtsrezepten‘ geht, liegt der Schwerpunkt von KulturSchul-Fachforen als Impulsworkshop immer auf dem eigenen gestaltenden Schaffen in einer Laborsituation“ (HKM, 2017).

Als Konkretisierung teilen sie darüberhinaus mit: Die Lehrkräfte „[erhalten] die Möglichkeit […], kreativ zu arbeiten, […] was das „eigene Potenzial erfahrbar“ (IS2, 20) werden lässt. „Kreativität steht in diesem Kontext als Synonym für die Entwicklung von Neuem“ (Langenfeld & Twiehaus, 2018, S. 341). Dies sind Hinweise auf die Personzentriertheit des Konzepts.

In den thematisch differenzierten Workshops eines Fachforums, die nach verschiedenen künstlerischen bzw. ästhetischen Arbeitsweisen arbeiten, ergeben sich im Verlauf des kreativen Prozesses „Perspektivenwechsel, Offenheit und neue[.] Ideen“ (Einladungsschreiben). Gelingt das Involvement in eine „künstlerische Dimension“ (IS6a, 08) wird das Erleben des eigenen Selbst in einer als Freiraum angelegten „Laborsituation“ möglich. Dabei befinden sich die Werkstattteilnehmer ebenso wie andere in einer Situation, in der ohne fertigen Lösungsansatz gearbeitet wird. Die Künste haben die Rolle, das in seinen Alltag verstrickte Individuum herauszufordern und im Geschehen aus diesem zu lösen, sodass es den Blick auf sich und das ästhetische Objekt und dessen Gestaltung richtet. Es stehen „eigene ästhetische Erfahrungen im Zentrum, die von einer primären Bindung an äußere Aufgaben, Funktionen und Ziele abgekoppelt sind“ (Langenfeld & Twiehaus, 2018, S. 341).

1 Anliegen und Zielgruppen des Formats

Die Einladungsschreiben adressieren als Zielgruppe „Lehrerinnen und Lehrer aller Fächer“ in den KulturSchulen der verschiedenen Staffeln und darüber hinaus weitere Professionen, die an diesen Schulen tätig sind wie pädagogisch-therapeutisches Personal. Je Fachforum sollen möglichst vier Personen aus einer KulturSchule gemeinsam teilnehmen; das berührt eine grundsätzliche Vereinbarung im KulturSchul-Programm und ist als Erwartung mit den Schulleitungen geklärt. Den Teilnehmern steht eine mehrtägige „Auszeit vom Alltag“ (Einladungsschreiben) in Aussicht, in der sie selbst kreativ tätig werden.

Im Gestaltungsprozes sind Irritationen und Verunsicherungen angelegt, diese sind keine Störfaktoren, vielmehr Bestandteil des Lernprozesses; in der Fortbildungssituation erleben die Lehrkräfte künstlerische Prozesse aus der eigenen Anschauung und finden sich dabei in der Rolle eines Lernenden wieder. Annähernd soll der sich in dieser Rolle Befindliche erfahren, „wie sich das anfühlt, Kulturelle Bildung in den Unterrichtsfächern zu erleben“ (IS1, 17).

Der Kern des Fachforum-Ansatzes ist die Förderung und Stärkung der Lehrerpersönlichkeit.Footnote 4 Die Fortbildung soll „Impulse“ (HKM, 2017) zur Vergegenwärtigung und Reflexion individueller Interessen ebenso wie zur Reflexion des eigenen Unterrichts geben. Anstöße bestehen in der Auseinandersetzung mit der kreativen Arbeit. Dabei gehe es um die Erweiterung der eigenen „Fähigkeit […], Veränderungen einzuleiten und Formen zu entwickeln, die potenziell eine neue Qualität in einem Kontext entfalten können, als z. B. neuer Gedanke, neue Formel, neue Konstruktion, neuer musikalischer Klang …“ (Langenfeld & Twiehaus, 2018, S. 341). Solche Konstruktionen beinhalteten Transferpotenzial für die schulische Praxis, die stetig neue Ideen und Anschlüsse benötige. Die Fachforen werben für sich mit einer Trias: „Ermöglichung eigener künstlerischer Praxis (Erfahrungslernen), [eine] Reflexion über Kompetenzerwerb [und] Transferplanung für die Umsetzung in der Schule“ (HKM, 2013, S. 2). Die Transformation der schulischen Praxis wird in einer Veränderung gesehen, die eine Lehrperson infolge des Prozessgeschehens selbst erfährt in der Annahme, Persönlichkeits- und Schulentwicklung bedingen einander. Die Persönlichkeitsentwicklung wird durch den kreativen Prozess, in den die Lehrperson sich begibt – vermittelt durch das Fachforum – angestoßen. Dies ist der hypothetische Zirkel, in dem sich die konzeptionellen Annahmen bewegen. Grundlegend ist Erfahrungslernen, um in einem „Freiraum, [etwas] selbst auszuprobier[en]“ (IS5, 20). Die angedachten nachfolgenden Stufen sind Kompetenzreflexion und Transferplanung. Zuvor steht die prospektive Erkenntnisgewinnung über den Zugewinn an, den ergebnisoffene Prozesse, so man sich auf sie einlässt, haben können. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer

„erkennen im Prozess, dass diese Freiheit sie zu ganz anderen Möglichkeiten gebracht hat, die sie vielleicht, wenn sie sehr einschränkend ihre Aufgaben bekommen hätten, gar nicht erreicht hätten. Und daraus dann den Wert zu erkennen, der in diesen Freiheiten steckt. Dass man auch da seinen eigenen Unterricht noch mal überdenkt: Wie frei gehe ich an bestimmte Themen heran, was für Freiheiten lasse ich meinen Schülern in den Aufgabenstellungen. Je nach Workshopleiter oder -leiterin sind diese auch provokativ, um die Leute bewusst da auch mal zu fordern. Und das fällt auch nicht jedem Lehrer leicht, sich dann auf diese Freiheit einzulassen, weil ja das Gewohnte dann wegbricht“ (IS2, 28).

Dieser Akt einer ‚positiven Provokation‘ trifft auf die Einstellungen und Haltungen, Orientierung und Handlungsroutinen die Fortbildungsteilnehmenden. Die Irritation soll zu einer Infragestellung des bisher Selbstverständlichen führen. Auch das ästhetische Erleben hat hierfür eine bedeutsame Rolle. Zum einen soll die Wahrnehmungsfähigkeit und die Empfindungsfähigkeit der Teilnehmenden angesprochen werden; in der Literatur wird diesbezüglich von „Räume[n] der Selbstaufmerksamkeit“ (Dietrich et al., 2012, S. 163) gesprochen. Eine Voraussetzung dafür ist die räumliche und zeitliche Herauslösung aus dem gewohnten Umfeld, um sich „abgehoben vom schulischen Alltag“ (IS5, 20) in einem andersartigen Horizont zu bewegen. Die kreative Arbeit schaffe die Bedingung, um „in einen Modus der Selbstaufmerksamkeit oder Selbstbegegnung“ (Dietrich, 2012, S. 126) zu geraten, um in selbstreflexiven Prozessen eine „Ahnung davon [zu entwickeln], dass dieses Geschehen nicht nur den Moment, sondern mehr betreffen könnte“ (ebd., S. 126). Gemeint ist damit eine „Ergriffenheit“ (ebd.), die in dem unmittelbaren Erleben frei ist von Reflexion und Analyse oder einer instrumentellen Intention. Man kann „ein Stück mehr von sich kennengelernt haben, […] etwas Neues erfahren haben über sich selbst“ (IS2, 24). Außerdem soll sich für den Einzelnen abzeichnen, was ist „meine Qualität“ (IS2, 38). Dies schließe ein, sich „mit seinen eigenen Möglichkeiten und seine[n] eigenen Grenzen“ (IS2, 46) auseinanderzusetzen und eine „Möglichkeit des Wachsens“ (IS1, 21) zu sehen. Durch eine vertrauensvolle Begleitung in diesem Prozess wolle man das Selbstvertrauen wecken, sodass der Einzelne „in neue Bereiche [vordringen] könn[e], ohne dass man sich eine Blöße gibt, ohne dass man sich blamiert, […] weil man Ängste entwickelt, dem Ganzen nicht gerecht zu werden oder sich nicht künstlerisch genug zu fühlen“ (IS2, 46). Als Resultat werde „die Kreativität der Einzelnen wieder [ge]weck[t]“ (IS2, 20). Diese Selbsterfahrung stärke die Lehrperson in ihrer eigenen Persönlichkeit – vergleichbar etwa Annahmen der Transferforschung, welche die Auswirkungen kreativen Arbeitens auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unter der Prämisse untersucht, „dass im künstlerischen Tun Kreativität, Imaginationsfähigkeit und Authentizität eingeübt werden, über die sich das Individuum selbst finden und anderen gegenüber ausdrücken kann“ (Rittelmeyer, 2017, S. 11).

Daneben tritt das Entdecken alternativer Möglichkeiten und Formen der Wissensaneignung. Die Teilnehmenden sollen „Strategien [entwickeln] in dem Prozess der Aneignung, der Vermittlung“ (IS6, 19). Auf praktisch erprobende Weise sollen sie sich selbst andere Erkenntniszugänge erschließen. Um alternative und nicht allein sprachlich-kognitive Lernzugänge in der Schule zu initiieren, „[muss] man selbst eben solche Prozesse mal erlebt haben“ (IS5, 20). Nur ein Sich-Hineinversetzen in die Rolle eines Lernenden („wenn dann die Lehrerinnen und Lehrer so eine Art Schülerperspektive einnehmen“ (IS2, 28)), lasse die Lehrkräfte nachvollziehen, worauf es bei (nicht nur) ästhetischen Prozessen ankomme.

Die Impulse zur Weiterentwicklung des Unterrichts, die sich die Programmverantwortlichen von den Fachforen erwarten, sind mentaler Natur. Hinsichtlich didaktischer Fähigkeiten wird die Erweiterung des Repertoires angestrebt – aber nicht in der Tätigkeit als „Sammler und Jäger“, die „typisch“ sei für Lehrerinnen und Lehrer: „auf eine Fortbildung zu gehen und mit einem ganzen Stapel Unterrichtsmaterial wieder zurückzukommen“ (IS2, 20). Es gehe nicht um „[konkrete] Verwertbarkeit, sondern eine Ebene der Inspiration“ (IS6, 25). Die Teilnehmenden sollen mit einem „Impuls an die Schule zurückkehren und dann die eigenen Unterrichtskonzepte […] entwickeln, […] ohne dass man vorgefertigtes Material bekommt, was vielleicht gar nicht so zu einem passt“ (IS2, 20).

«Fachforen» laden zur Kreativität ein und schaffen Erfahrungsgrundlagen. Das heißt für die Gestalter, den Lehrkräften „ihre eigenen kreativen Impulse zu zeigen“ (IS2, 40). Kreatives Arbeiten kann sich dabei sowohl auf ein „Produkt“ (IS6, 31) oder auf „die Produktionsweise“ (ebd.) beziehen. Prioritär ist dabei, dass „es um etwas Neues [geht]“ (ebd.). Denn die selbsttätige Aktivität des Entwickelns in einem freien Gestaltungsprozess soll den Wunsch nach einer Transformation der Schulpraxis wecken oder bestärken. In der konkreten Form ist dies noch unbestimmt und bekommt erst dort Gestalt:

„Es sollte […] der Kollege, wie gesagt, beglückt nach Hause gehen und inspiriert mit Ideen, und es soll ein Prozess innerlich in Gang gesetzt werden, der noch mehr entwickelt, also nicht nur diese Ideen, die jetzt mal gerade eben da sind, sondern es soll innen drin was in Bewegung gesetzt werden, was noch mehr generiert, was sich potenziert, was durch Gespräche mit Kollegen, aber auch vielleicht in einem selber wie eine Lawine noch mehr hervorbringt“ (IS3, 29).

Neben diesem inspirierenden Mehr, das im Gefolge eines Fachforums entstehen soll, sollen sich die Teilnehmenden „Impulse in verschiedenen Bereichen“ holen, „explizit nicht nur mit ihrem Fach“ (IS2, 22). Auch die Qualität und die Möglichkeiten der anderen Künste und anderer Fächer sollen entdeckt werden. Dieses Überschreiten der studierten FachkulturenFootnote 5 liegt in didaktischen Impulsen, die als „kreative Zugänge in allen Fächern“ (IS2, 88) klassifiziert werden. Bei den angesprochenen Dömänen handelt es sich in erster Linie um Praktiken, die mit den ästhetischen Kunstsparten Kunst, Musik, Darstellendes Spiel, Tanz und Bewegung in Beziehung stehen. Deren Arbeitsweisen werden in den Workshops genutzt, um einen ästhetischen Zugriff auf nicht-ästhetische Unterrichtsfächer anzubahnen.

Die Organisatoren der «Fachforen» sind sich zugleich bewusst, dass das Ausprobieren neuartiger Arbeitsweisen in der Schule Kommentare und eine gewisse Skepsis hervorrufen können; deshalb wollen die Workshops zugleich darin bestärken, diesen Ansatz selbstbewusst zu vertreten. Die Wirkung der Workshops soll dazu ermutigen, dass „wenn man im Unterricht was anderes macht als die Kolleginnen und Kollegen im Fach, im Jahrgang, zu sagen, nein, das ist jetzt aber mein Weg, den ich so beschreite […] und das setze ich jetzt auch durch, auch gegen […] die kritischen Blicke von den Kolleginnen und Kollegen“ (IS5, 46). Die Fortbildner hoffen, dass „die Lehrerinnen und Lehrer motiviert zurückkommen und ein Paket dabei haben an neuen Ansätzen und neuen Ideen“ (IS2, 36). Die Fortbildung soll „Leidenschaft und Begeisterung“ (IS1, 23) für das eigene Fach erneuern und Offenheit und Experimentierfreude schaffen, „frei an etwas heranzugehen ohne Vorurteile“ (IS2, 26). Die Lehrkräfte sollen merken, „dass es mit kreativen Zugängen keine Qualitätsminderung gibt“ (IS2, 48), dass diese Methoden ebenfalls wie die bekannten Unterrichtsmethoden zur Erkenntnisgewinnung beitragen. Diese Gewissheit sollen sie in die Schule mitnehmen. „Loslassen im Unterricht, sich ganz kreativ einem Inhalt nähern, verschiedene Lernwege zulassen, den Kindern Zeit geben“ (IS1, 37) und ein Gespür dafür zu entwickeln, „dass man eine Offenheit hat für den Prozess des Arbeitens“ (IS5, 22). Sei das Verständnis für künstlerische Prozesse erst entwickelt, dann fielen Schranken, um Kunstschaffende in die Schule zu holen (ebd.). Aus einer eigenen Kenntnis heraus ließe sich die interprofessionelle Kooperation besser gestalten und würden mögliche „Problemfelder […] in der Zusammenarbeit“ (IS1, 37) eher erkannt.

Um die schulinterne Zusammenarbeit zu stärken, soll die Teilnahme von drei weiteren Lehrkräften einer Schule an den Fachforen eine gemeinsame Zeit sowie geteilte Fortbildungserfahrung bieten und die Herausbildung einer „gemeinsamen Idee von Kultureller Bildung“ (IS1, 17) begünstigen, die in das Kollegium weitergetragen wird. Indem man „mit Kolleginnen und Kollegen hier ist, mit denen man sonst eigentlich gar nicht zusammenarbeitet; und da entwickeln sich natürlich auch Ideen, was man vielleicht machen könnte“ (IS5, 50). Die interdisziplinären Workshops wollen „Synergieeffekte für die Schule“ generieren, sodass man „sich mit anderen Fachkollegen aus anderen Fachbereichen […] zusammensetz[t] und Unterrichtskonzepte entwickel[t]“ (IS2, 22). Unterstrichen wird, dass Kulturelle Bildung nicht an „die damit assoziierten Fachlichkeiten […] wie Kunst und Musik“ (IS1, 39) gebunden sei.

2 Struktur und Inhalte

Die Fachforen werden im HKM Büro Kulturelle Bildung geplant und organisiert. Das Team legt die Themenauswahl, die Auswahl von Workshop-Referenten fest und bespricht Maßnahmen zur Qualitätssicherung. Auf einer jährlichen Tagung des Mitarbeiterteams des Büros mit den Dozentinnen und Mitarbeitern der Akademie Burg Fürsteneck werden Thematiken diskutiert, Zielsetzungen besprochen und festgelegt, Erfahrungen reflektiert und das in Planung befindliche Fachforumskonzept an die Resultate der Beratungen angepasst; darüber hinaus übernehmen auch einige freischaffende Künstlerinnen und Künstler aus dem Referentenpool der Burg die konkrete Ausgestaltung und Durchführung der Workshops. Zum Teil arbeiten die Künstler in Tandems mit denjenigen Fortbildnern des HKM Büros zusammen, die bereits über eine langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Lehrerfortbildung verfügen und auch Angebote der Reihe Kreative Unterrichtspraxis durchführen.

Um einen breiten Interessentenkreis in den KulturSchulen anzusprechen und auch für einen erneuten Veranstaltungsbesuch zu gewinnen, entwickeln das HKM Büro Kulturelle Bildung und das Team der Akademie Burg Fürsteneck bei ihren Treffen weiter gefasste Themen, unter denen sich Workshops aus unterschiedlichen Sparten und interdisziplinäre Projekte fassen lassen. Es wird abgewogen, „welche Themen sind geeignet, um in allen Fächern […] eine Rolle zu spielen“ (IS5, 42). Unter dem Dach einer überspannenden Thematik wie ‚Metamorphosen‘, ‚Visionen‘ oder ‚Erinnern‘ werden parallele Workshops mit unterschiedlichen Ansätzen veranstaltet. Praktisch alle Workshops bieten Einstiegs- und Vertiefungsmöglichkeiten in eine ästhetische Praxis; Hürden durch einen Schwierigkeitsgrad in erforderlichen Fertigkeiten werden vermieden. Interdisziplinäre Angebote sind häufig vertreten. Dementsprechend werden ästhetische Arbeitsweisen mit einer bestimmten fachlichen Thematik verbunden: Zum Beispiel ist in technisch naturwissenschaftlichen Arbeitszusammenhängen (Stromkreislauf, Robotik) eine ästhetische Praxis integriert (durch theatrale Arbeitsweisen, mit kreativem Schreiben oder Videographie), auch mit dem Anspruch, so für unterschiedliche Lerntypen ansprechende Zugänge zu bieten.

Eine eigene Auswertung der inhaltlichen Angebote der Fachforen (vgl. Tab. 1) zeigt dass bisher besonders häufig mit bewegungs- und tanzorientierten Zugängen sowie mit Arbeitsweisen aus dem Bereich der Bildenden Kunst gearbeitet wurde (jeweils 22 Mal im Zeitraum November 2014 bis September 2019). Es folgen der Häufigkeit nach Workshops in den Bereichen kreatives Schreiben/Literatur, Theater und Medien. In einem Mittelfeld befinden sich Musik, Mathematik/Naturwissenschaften und Performance. Seltener sind Angebote in Gesellschaftswissenschaften, Sprachen und Philosophie. Abb. 1 veranschaulicht die Verteilung der Themen der Fachforen auf Bezugspunkte.

Abb. 1
figure 1

Themenspektrum der Fachforen

Die Fortbildner der Fachforen stammen nicht nur aus dem Kreis der langjährigen Experten in der Lehrkräftefortbildung. Hinsichtlich eines Gespürs für „prozesshaftes Arbeiten“ (IS5, 28) werden Kunstschaffende in die Fortbildung eingebunden. Deren Rekrutierung verlangt außerdem eine umfassende pädagogische Erfahrung und didaktische Kompetenz: Neben der „Sachkompetenz“ (IS2, 70) im jeweiligen Themenbereich, die sich nicht nur auf Fachwissen in der jeweiligen Kunstsparte beziehe, sei die Fähigkeit wichtig, ästhetische Prozesse zu initiieren und zu moderieren: „Das ist nicht der klassische Fortbildner, der Material an die Leute bringt und Unterrichtseinheiten mit den Leuten entwickelt. Hier haben wir Fortbildner, die sensibler arbeiten müssen, in einem ganz anderen Bereich arbeiten müssen, ganz viel Empathie auch mitbringen müssen“ (IS2, 70). Die Kompetenz bestehe darin, „dass er/sie [die Lehrkräfte] motivieren kann, kreativ zu arbeiten“ (IS2, 70). In den Workshops sei es elementar, die Teilnehmer aufzuschließen und „Vertrauen zu schaffen“ (IS2, 46) für „Situationen, die sehr ungewohnt sind“ (IS5, 26); es gilt, ihnen zu helfen, sich zu öffnen und sich auf den Prozess einzulassen, „ohne dass man sich blamiert fühlt oder sich abwendet, weil man Ängste entwickelt, dem Ganzen nicht gerecht zu werden oder sich nicht künstlerisch genug zu fühlen“ (IS2, 46). Fortbildner, die als geeignet erscheinen, erzeugen eine Arbeitsumgebung, in der „die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich auch wirklich fallen lassen können“ (IS2, 70). Im Kern meint dies, dass im Arbeitsprozess ein Flow (Csíkszentmihályi, 1985) entsteht sowie ein spontanes Entwurfshandeln angeregt wird.

„Es braucht natürlich auch eine große pädagogische Kompetenz, um zweieinhalb Tage hier zu gestalten. Und wenn man überhaupt keine Erfahrung hat, wie man solche zweieinhalb Tage auch didaktisch-methodisch strukturieren kann, ist das, glaube ich, erst mal schwer. Also ich glaube nicht, dass man jetzt wirklich wer weiß wieviel Erfahrung haben muss mit Schülerinnen und Schülern. Aber dieses grundsätzliche Verständnis, wie kann ich auch so was vermitteln an Menschen, die aus einem anderen Kontext kommen als ich, das ist schon wichtig. Und es kann auch hilfreich sein, dass man eben so schulische Situationen mitdenken kann. Unsere Fortbildnerinnen und Fortbildner machen ja oft diesen Transfer. Und da ist das natürlich auch schon förderlich, wenn man das mitdenken kann. […] Ich denke da an einige Künstlerinnen und Künstler, […] also da hatte ich sehr gute Rückmeldungen, dass sie eben diese Erfahrung auch haben“ (IS5, 32).

Ein pädagogisches Gespür der Kunstschaffenden sei entscheidend, um sich auch in Unterrichtssituationen hineindenken zu können und mit der Perspektive junger Menschen vertraut zu sein. So ist die Grundhaltung mit im Auge zu behalten, „wie ich den Schülern auch begegne und wie ich mit deren Potenzial arbeite, […] wie stark ich unterstütze, […] dass die einzelnen Schülerinnen und Schüler […] sich entfalten können“ (IS3, 43).

In der nachfolgenden Übersicht über die thematischen Workshop-Angebote wird erkennbar, dass diese Fortbildung sich staffelweise an die Lehrkräfte der KulturSchulen richtet. Tab. 1 und 2 geben eine Übersicht über die übergreifenden Themenstellungen der Fachforen und die jeweiligen Adressaten.

Tab. 1 Übersicht über Workshop-Angebote bei Fachforen (Teil 1)

Manchmal werden Lehrkräfte von KulturSchulen aus zwei Staffeln zur Teilnahme aufgefordert, seit 2018 werden Lehrkräfte aller KulturSchulen adressiert.

Tab. 2 Workshop-Angebote bei Fachforen (Teil 2, jeweils eigene Zusammenstellung)

3 Ablauf

Seit die Fachforen in der Akademie Burg Fürsteneck stattfinden, profitieren sie von einem professionellen Ambiente und der Aura des historischen Gebäudes. Ein Fachforum beginnt mit einer zu dieser passenden Eröffnungspraktik, dem „Fürstenecker Aufzug“. Dieser findet auf dem Burghof statt, mit diesem beginnt auch der zweite Tag und als „Fürstenecker Abzug“ beschließt er den dritten Tag. Vorstellen muss man sich darunter einen Schreittanz, dem sich eine beliebige Zahl an Mitwirkenden anschließen kann. Zu Beginn formiert sich die Teilnehmergruppe im Kreis; unter Anleitung und der Tonfolge und Taktgebung einer mittelalterlichen Musik beginnt ein Reihentanz, der in seinen formalen Aufstellungen modifiziert wird; fortlaufend entstehen neue Verkettungen oder Verschlingungen und mit dem Schlusstakt endet die Formation wiederum im Kreis. Der Tanz generiert eine erste auflockerende bewegungsorientierte Aktivität und initiiert in Neukonstellationen der sich Begegnenden Kontakt unter den Angekommenen. Die Vergegenwärtigung eines historischen Tanz- und Musikschemas repräsentiert diesen besonderen Ort der Burg und ist zugleich eine Anschauung höfischer Geselligkeit und Ausdrucksform.

Nach der Bewegungsaktivität versammeln sich die Teilnehmenden in der Burghalle, dem größten Veranstaltungsraum auf dem Gelände. Hier stellen sich die Workshopleitungen vor und kündigen den Angekommenen den erfahrungsorientierten Charakter der Veranstaltungstage an, die ohne „Methodenkoffer“ auskommen. Stattdessen werden Momente der „Überraschung, Irritation, Infragestellung, Kontakt“ in Aussicht gestellt. In einer Blitzlicht-Runde können die Angereisten ihre Erwartungen artikulieren. Sodann teilen sich die Gruppen auf die von ihnen angewählten Workshops auf.

In den einzelnen Werkstätten folgt der Ablauf einem bestimmten Grundmuster. Zunächst fördern Kennenlern-Aktivitäten das gegenseitige Vorstellen. Die Workshopleitungen verknüpfen diese Warm-up-Phase mit dem Aneignen der räumlichen Umgebung. Es wird gemeinsam umgebaut, und das Arbeitsumfeld ganz nach den Erfordernissen der kommenden Arbeit vorbereitet, einzelne Arbeitstechniken ausprobiert, und neue Paarungen oder Gruppen werden gebildet. Im Prinzip geht es darum, in die besondere Arbeitstechnik des Workshops einzuführen. So bietet zum Beispiel das Material Pappe, die zum Transport und zur Lagerung von Waren in diversen Größen genutzt wird, eine unterschiedliche Haptik und vielfältige Formen, die in einer Zeichenwerkstatt oder in einer „Papp UP Verbindungswerkstatt“ bearbeitet werden oder der „Welten“-Darstellung in einer Tanzperformance dienen. In der zweiten Phase werden diverse ästhetische Ausdrucksformen erprobt, die das Thema des Workshops vorstellig machen; die Teilnehmenden setzen sich mit den Arbeitsaufträgen auseinander und lassen sich auf musikalische, theatrale, bewegungsorientierte, künstlerisch-gestalterische, literarische, audiovisuelle, mediale performative ProzesseFootnote 6 ein. Diese Phase erstreckt sich über den gesamten ersten Workshop-Tag und wird in der Regel nach dem Abendessen fortgesetzt sowie am Anfang des zweiten Tages. Gleitend schließt sich die dritte Phase an: die Überlegungen zur bzw. die Vorbereitungen auf die Darbietungssituation der Werkstatt-Einblicke, die am Ende stehen. Hierzu werden in Gruppen- oder Einzelarbeit Szenen bzw. Erzeugnisse entwickelt oder weiter vorangebracht, die den Teilnehmenden aus den parallel stattfindenden Workshops zum Abschluss präsentiert werden sollen. Das Hinarbeiten auf diese Präsentation intensiviert die Verwicklung der Teilnehmenden in die ästhetischen Aktivitäten und in kooperative Arbeitsprozesse; der Zeitplan erfordert die Fertigstellung bzw. Auswahlentscheidungen. In der vierten Phase, der Präsentation, werden Ausstellungsmanieren entfaltet: die Workshop-Gruppen besuchen einander in ihren jeweiligen Arbeitsräumen, Gäste werden willkommen geheißen, ein Kurzprogramm wird aufgeführt oder diese durch eine Ausstellung geleitet. In der abschließenden fünften Workshop-Phase, einer Transfer-Phase, werden die Erfahrungen aus dem Werkstatteinblick sowie aus dem gesamten Workshop rekapituliert und reflektiert; dabei rückt die Frage in den Fokus, wie sich Teile der selbst erfahrenen ästhetischen Handlungspraxis in Schule und Unterricht integrieren lassen könnten. Den Abschluss des Fachforums bildet eine kurze Feedback- und Verabschiedungsrunde im Plenum im Burgsaal, gefolgt vom ‚Fürstenecker Abzug‘ und dem gemeinsamen Mittagessen.

„Alles kann Gegenstand und Anlaß ästhtischer Forschung sein“ (Kämpf-Jansen, 2021, S. 274). Die Workshops sind geprägt von einer performativen Prozessgestaltung und trotz des offenen und unbestimmten Wegs gibt es Ziele (ebd., S. 276). Mit Zugängen, die für die Teilnehmer überwiegend neu und ungewohnt sind, bearbeiten diese Fragestellungen der Projekte und müssen sich dabei auf unwägbare Prozesse einlassen. Dies gleicht einem Entwurfsprozess, der sich im Offenen abspielt (Pöhl Buchli, 2022Footnote 7). Im Rahmen der Fachforen lernen die Lehrkräfte, „die Bedeutung des genuinen Wissens der Künste und künstlerische Verfahrensweisen für die Bildung […] einzuschätzen“ (Kußmaul, 2018, S. 124). Die Werkstattarbeit gibt den Lehrpersonen Zeit für ihre produktiven Entwurfstrategien, die einen „Dialog“ darstellen „zwischen Denken und Handeln, wobei das reflexive Moment im Handeln selbst die Suchbewegung unmittelbar beeinflusst“ (Pöhl Buchli, 2022, S. 36).

Diese künstlerischen Arbeitsweisen unterscheiden sich je nach Sparte hinsichtlich der besonderen Lerngelegenheiten, die sie schaffen wollen, und eingesetzten Arbeitsprinzipien. In Workshops, die mit musikalischen ZugängenFootnote 8 arbeiten, ist man vornehmlich an einer Vermittlungssituation interessiert, die partizipativ gestaltbar und offen ist, sodass im gelingenden Fall neue Ideen entstehen, welche nicht im Voraus antizipiert werden können (vgl. Eickelberg & Stiller, 2018, S. 40). In den Angeboten, die auf Verfahren der Darstellenden Künste zurückgreifen (Theater, Tanz und Performance), werden Szenarien erzeugt, die zum Aufbau von Vertrauen und Teamfähigkeit beitragen sollen, Reaktionsvermögen und Spontaneität abverlangen, das eigene Körpergefühl stärken und ein Über-sich-Hinauswachsen anregen können. Eine Orientierung liegt auf dem Aufbau von Kooperation und auf Erweiterung der persönlichen Ausdrucksfähigkeit. Ähnlich wie in anderen Fortbildungen wird daran gearbeitet, sich auf ergebnisoffene Prozesse einzulassen (vgl. Engel & Böhme, 2015; Sack, 2011; Bilstein et al., 2007), die sinnliche Wahrnehmung zu schulen (vgl. Westphal & Bogerts, 2018, S. 55), nach Prinzipien des Zumutens und Unterstützens zu arbeiten, eine inspirierende, motivierende und wertschätzende Atmosphäre zu schaffen, den Wert von Mitbestimmung in Gestaltungsprozessen zu erkennen sowie durch das selbsttätige Schaffen sich mit sich selbst und mit der Welt auseinanderzusetzen (vgl. ebd., S. 55 f.). In solch künstlerisch ausgerichteten Workshops, die an nicht verwandte Domänen wie Physik anknüpfen (Robotik), steht im Vordergrund, die Teilnehmenden dabei zu unterstützen, eigene kunstbezogene Ausdrucksformen als Erweiterung ihrer Handlungsmöglichkeiten zu finden (vgl. Schuh, 2018, S. 75), Räume für „Inspiration und Neuerfahrungen“ (ebd.) zu schaffen, experimentelles Handeln anzuregen (vgl. ebd., S. 81) sowie Präsentationen und Aufführungen als Reflexionsmomente und Dialogangebote an andere zu richten (vgl. ebd., S. 84).

Einige Workshops legen großen Wert auf interaktive Elemente in der künstlerischen Arbeit, betreten das Terrain einer kooperativen Praxis, einer gemeinsamen Entwicklung und Gestaltung, durch die schöpferisches Arbeiten als eine kollektive Anstrengung erlebt wird. Die Gemeinschaftsleistung geht dabei über das hinaus, was eine einzelne Teilnehmerin bzw. ein einzelner Teilnehmer zu leisten imstande wäre.

Diese Angebote sind zum Teil interdisziplinär ausgerichtet und mit naturwissenschaftlichen, medialen oder gesellschaftswissenschaftlichen Themenbezügen verknüpft. In der Werkstattarbeit des kreativen Schreibens wird darauf geachtet, dass die Teilnehmenden in ihrem offenen Arbeitsprozess Freiheitsräume wahrnehmen und ausgestalten, zum Beispiel sprachliche Präzision entwickeln, ihre emotionalen Ausdrucksweisen erweitern, sich auf spontane Artikulationene einlassen, sich Zeit zum Nachdenken nehmen und persönliche Erfahrungen miteinfließen lassen.

Die folgende Abbildung (Tab. 3) bietet einen Auszug aus den ästhetischen Praktiken. Gemeinsam ist diesen, einzelne Kunstsparten oder ein Unterrichtsfach mit einer künstlerischen Arbeitsweise zu verknüpfen.

Tab. 3 Beobachtete Arbeitsprinzipien in Fachforen-Workshops

4 Resonanz bei den Teilnehmenden

Um die Wahrnehmung und die Eindrücke der Teilnehmer zu erfassen, sind diese unmittelbar vor Ort interviewt worden. Dies geschah entweder am Abend nach einem Veranstaltungstag oder zum Abschluss der Worshops kurz vor der Abreise, sodass der unmittelbare Fortbildungseindruck der Teilnehmer erfasst wird. Die Fragekomplexe beziehen sich auf die Veranstaltungsbedingungen, das ästhetische Erleben, die möglichen Effekte auf die eigene Persönlichkeit, den Gewinnn für den eigenen Unterricht, den prospektiven Nutzen für die Schülerinnen und Schüler sowie die Transferierungsmöglichkeiten in die eigene Schule.

Wertschätzendes Ambiente

Positiv äußern sich die Lehrkräfte zu den Rahmenbedingungen der «Fachforen». Eine mehrtägige Fortbildung in einem ungewöhnlichen und komfortablen Ambiente, „außerhalb zu sein“ (IFFT1, 8), wird als Abwechslung beschrieben, die eine mentale Herauslösung aus dem Alltag unterstütze: „Das Ambiente ist spitze, bringt einen auch so weg, […] so auf dem Berg in dieser alten mittelalterlichen Burg, mit dem Beginn, mit dem Tanz“ (IFFT2, 8). Die Ausstrahlung des Ortes, ohne „diesen Jugendherbergsstil“ (IFFT1, 8), überträgt sich auch auf die Wahrnehmung der Fortbildung insgesamt: „Ein Schloss zu haben, die Räume sind schön, das ist gleich irgendwie wertig“ (IFFT1, 8). Die Art der Unterbringung und das abgegrenzte Gelände tragen zu einem Gefühl von Exklusivität und Willkommensein bei, sodass die Dankbarkeit für die Auswahl eines solchen Ortes auch als Feedback an die Organisatoren gemeint ist: „Ich fühle mich sehr wertgeschätzt, total, also dass da Leute sind, die sich irgendwie so viel Mühe geben für das Detail, für das Essen, […] man ist nicht so auf so einer Massenveranstaltung“ (IFFT1, 8). Der Komfort ist für das Gelingen der Fortbildung eine wichtige Grundvoraussetzung – eine Teilnehmerin erläutert, sie „brauchte [s]ich um nichts zu kümmern, […], sondern ich bin hierhergefahren und konnte mich eigentlich so, ja, bereichern lassen“ (IFFT4, 7). Erst die Gewissheit, „dass man dann den Berufsalltag hinter sich lässt“ (IFFT9a, 13), gestatte es, „dass man in dieses Thema eintaucht“ (ebd.). Eine Teilnehmerin resümiert die Rahmenbedingungen als „drei Tage Sonne, Vollversorgung, Komfortzone pur“ (IFFT14, 19), die es den Lehrkräften erlauben, den Alltag auszublenden und sich einzulassen.

„Ich glaube, die Atmosphäre trägt viel dazu bei, also auch so die, tatsächlich die Unterbringung, dass man auf so einem Gelände ist erst mal, wo man mit vielen Menschen konzentriert und interessiert arbeiten kann, wo man aber auch sonst einfach nicht diesen strukturierten Tagesablauf, diesen normalen Tagesablauf hat und auch so die Gedanken abschweifen lassen kann. Also ich muss jetzt hier nicht nachdenken, wann gehe ich einkaufen oder muss ich das noch machen oder muss ich das noch irgendwie ausdrucken oder, sodass man sich wirklich zwei Tage, zweieinhalb, intensiv so hineinbegeben kann, auch in so einen Flow so reinkommt“ (IFFT5, 12).

Experimenteller erfahrungsorientierter Ansatz

Die Fachforen werden als kontrastiv zu anderen Fortbildungsansätzen wahrgenommen, bei denen der praktischen Selbsterfahrung Vorrang eingeräumt wird: „Man hat total viel mitgenommen, aber indem man es erlebt und nicht indem man es theoretisch erfasst oder so“ (IFFT1, 8). Die Arbeitsweise wird als handlungs- und prozessorientiert, nicht als produktorientiert umschrieben: Es sei „komplett anders, […] null Theorie, die im Vordergrund steht“ (IFFT1, 8). Das Fortbildungsgeschehen sei geprägt von experimentellem, spielerischem Arbeiten und beinhalte „das Nachspüren, das Experimentieren, das Herausfinden, das Darüber-Nachdenken und auch das Spielen mit verschiedenen Formen und Ausdrücken“ (IFFT3, 8). Die Zugangsweisen in den Workshops werden als „spektakulär“ (IFFT4, 15) beschrieben, sie erlauben selbstständiges Arbeiten und involvieren die Teilnehmenden auf einer persönlichen, biographisch bedeutsamen Ebene.

Bewertungsfreie ästhetische Erfahrungsräume

Das ästhetische Erleben steht im Zentrum der Teilnehmererfahrung, darin wird die besondere Qualität des Fachforums gesehen. Die Lehrkräfte beschreiben, dass sie den kreativen Schaffensprozess als gelöste, positive Aktivität empfinden: „Es ist einfach ein Stück frei sein, ein Stück ungezwungen sein, ein Stück Spaß haben, Spaß erleben und […] es fühlt sich einfach gut an“ (IFFT1, 12). Die Teilnehmenden berichten von ihrer Erfahrung, sich einlassen zu können – so erklärt ein Teilnehmer, „ich habe noch nie mich so lange meinen Bewegungen hingegeben“ (IFFT1, 16). In theoretischen Phasenmodellen kreativer Prozesse wird häufig von einer Inkubationsphase gesprochen, in der eine ästhetische Vertiefung geschieht, ohne bewusst zu denken (vgl. Pfab, 2019, S. 92 ff.; Matussek, 1974, S. 264). Von solchen Phasen fokussierten Gestaltens, in denen man alles andere ausblendet, wird auch in den Interviews berichtet:

„Mich hat das überrascht, dass, wenn man jetzt eine Technik beispielsweise kennenlernt, dass man sich stundenlang damit beschäftigen kann und im Grunde genommen da ja sehr kontemplativ eintauchen kann und man eigentlich nicht merkt, wie schnell dann die Zeit rumgeht. Also dass man eigentlich an irgendeiner Sache stundenlang, ja, weiter ausprobieren und experimentieren kann und es wird einem nicht langweilig, obwohl es nach wie vor eben dasselbe Medium ist, das hat mich tatsächlich doch überrascht, ja, dass das so ist“ (IFFT9a, 23).

Die Vertieftheit erzeuge eine Umgebung, in der man alles um sich herum vergessen könne. Eine Lehrerin konturiert diese Art zu arbeiten als ein intuitives, offenes Schaffen, indem sie „den Kopf so ein bisschen ausstellt, so ein bisschen auch mal nach dem Bauchgefühl geht und sich überlegt, ach, ich probier das jetzt einfach mal“ (IFFT4, 33). Auch ein anderer Lehrer spricht bildhaft davon, dass ein Schalter umgelegt worden sei:

„Auf einmal hat es bei mir auch so Klick gemacht, und dann bin ich nur noch so rumgelaufen und war einfach, ich habe völlig komplett abgeschaltet. Und das ist ja auch so ein Ding, was mir total schwerfällt. […] In meinem Kopf ist einfach so viel drin, so viele Sachen, die ich mache, so viele Dinge, die da sind, Nebenberuf ja auch natürlich, die auf einmal alle weg sind, und man ist einfach nur noch am Fließen. Das war sehr cool“ (IFFT1, 16).

Solche Öffnungsprozesse werden dadurch erleichtert, dass die Workshops bewertungsfreie ästhetische Erfahrungsräume darstellen – es sei „völlig egal, ob wir jetzt da Fehler gemacht haben; es geht ja nicht um richtig und falsch“ (IFFT1, 12). Es gebe keinen Behauptungsdruck, da „es nicht darum ging, sich zu vergleichen, sondern […] was zu machen. Und das, was du gemacht hast, war gut, […] ohne zu gucken, was macht der andere“ (IFFT13, 11). Ein solches Arbeiten verleiht den Teilnehmenden eine Sicherheit in der Gestalt eines Angenommen-Seins: „Ich kann einfach erst mal so sein, wie ich bin“ (IFFT1, 12).

Durch die von den Workshopleitungen geschaffene stressfreie Arbeitsatmosphäre sind geschützte Momente der kreativen Verunsicherung möglich. Ähnlich wie in einem ästhetischen Experiment (vgl. Seel, 1996, S. 139) wird mit Zumutungserfahrungen gearbeitet, die „ein Spiel mit Hindernissen und Schwierigkeiten“ (Sack, 2011, S. 157) darstellen. Die Teilnehmenden sind aufgefordert, eigene Grenzen zu überwinden und daran mental zu wachsen. Momente des Erstaunens und der Irritation bieten die Gelegenheit, über sich hinauszuwachsen und von sich selbst überrascht zu sein:

„Und ich weiß nicht, wie betrunken ich sein müsste, um mit anderen Leuten irgendwie zu tanzen, weiß ich nicht, wo ich mit meinen besten Kumpels nach 17 Bier so abgehen würde wie jetzt in dieser Fortbildung“ (IFFT1, 22).

Die ästhetische Erfahrung bietet eine Gelegenheit zur Selbsterfahrung, die die Teilnehmenden umschreiben mit Aussagen wie „[ich habe] mich selbst erlebt“ (IFFT1, 10) oder „ich habe mich noch nie so lebendig gefühlt“ (IFFT1, 22). Diese Äußerungen verweisen darauf, dass einige Teilnehmende einen bisher ungekannten Zustand an sich wahrnehmen. Als begünstigender Faktor in diesem Prozess hat sich die Offenheit und eine positive Bestärkung innerhalb der Workshop-Gruppe herausgestellt:

„Dieses Vertrauen, obwohl die Gruppe fremd ist, das zuzulassen, und da habe ich gedacht, ach wie gut, da bist du schon auf einem guten Weg, also auch so persönlich, so der Kontakt mit fremden Menschen, dann auch wiederum zuzulassen und zu vertrauen“ (IFFT4, 15).

Ähnlich dieser Reflexion berichten auch Joachim Ludwig und Sarah Thomsen (2020) von einer derartigen Resonanz in frei gewählten Tanz-, Theater- und Performance-Projekten.

Persönliche Weiterentwicklung

Die Teilnehmenden berichten nicht nur von der unmittelbaren Eindrücklichkeit ihrer ästhetischen Erfahrung, sie betonen zudem den Wert dieser Erfahrung für ihre eigene Persönlichkeitsentwicklung. Man sei „total reich beschenkt worden“ (IFFT13, 15) und habe eigene Sichtweisen und Fähigkeiten erweitern können, verfüge über „einen größeren Spielraum in meinem Handeln und auch in meinem Denken, auch mir selbst gegenüber“ (IFFT13, 15). Eine Weiterentwicklung bei sich selbst beobachtet auch eine Teilnehmerin, die „glaub[t], ich habe mich selbst besser kennengelernt als Person, ich habe meine Grenzen auch ein Stück weit selbst kennengelernt, auch teilweise eigene Grenzen erweitert, mich ein bisschen befreit im Großen und Ganzen“ (IFFT15, 9). Man habe sein eigenes Spektrum vergrößern können, berichtet eine Teilnehmerin, die feststellt, dass sie sich „auf so eingefahrenen Bahnen“ (IFFT16, 16) bewegt habe. Bemerkenswert ist, dass die Vertiefung in einer ästhetischen Praxis bei einer Teilnehmerin schmerzhaft empfundene Erinnerungen an seit Langem überlagerte kreative Potenziale geweckt hat; diese seien sehr lange ungenutzt blieben, was nun jedoch eine bedeutsame biographische Reflexion ausgelöst habe:

„Ich bin [durch den Workshop, H.A.] in eine richtige Krise geraten. […] Ich wollte immer gerne auch künstlerisch arbeiten und habe dann aber mit meiner Familienplanung doch den sicheren Hafen des Beamtentums gesucht. […] Ich habe [zuvor, H.A.] viel Filme mit Kindern gemacht, was nicht dasselbe ist wie selber Filme machen, und habe dann bei dem Fachforum dummerweise entschieden, ich mache mal Filme, ich gucke mal, was passiert. Ich hätte malen sollen, aber ich habe gedacht, filmen kann ich ja. Und ich war so deprimiert wie schon lange nicht mehr. Mich hat es sehr deprimiert, weil ich gemerkt habe, dass da erst mal ein Loch ist, dass da nichts mehr ist, ja, dass ich so immer in meinem Alltag am Funktionieren und Organisieren bin, und das ist auch etwas, was ich gut kann, aber das ist nur ein Teil von mir und der andere ist verkümmert, und das hat mich deprimiert. […] Das war so eine Erkenntnis, die für mich wichtig war, weil ich gemerkt habe, dass die Seite in mir nicht genug Bühne hat in meinem Leben. Also es war für mich eine sehr wichtige Erfahrung“ (IFFT16, 15).

Transfermotivation für offeneren Unterricht und ästhetische Zugänge

Die Lehrkräfte erkennen eine Unterrichtsrelevanz in ihrer Fortbildungsteilnahme – in den Fachforen sehen sie eine Chance, um das eigene Repertoire um interessante Lernzugänge zu erweitern. Mit den Erfahrungen aus den Workshops werde ihr Unterricht „reichhaltiger“ (IFFT10, 21). Das prozessoffene Arbeiten ist für einige Teilnehmende zunächst ungewohnt, da es nicht unbedingt dem ansonsten üblichen Planen entspricht:

„Was auch am Ende der letzten Fortbildung war, dass es gar nicht so darum geht, jetzt konkrete Wege zu eröffnen, sondern dass es eher darum geht, Impulse zu geben, mit denen man sich dann wieder selbst eigene Gedanken macht, um dann zu überlegen, so wie kann ich das jetzt integrieren, nicht darum, jetzt eine Unterrichtseinheit zu bekommen und das dann eins zu eins übertragen zu können. Und das, glaube ich, ist etwas, was mir noch ein bisschen schwerfällt, weil ich gerne strukturiert vorgehe, arbeite oder gern ein Ziel vor Augen habe. Und hier ist es halt sehr offen“ (IFFT12, 9).

Experimentelles, praktisches, haptisch-sinnliches, den Leib involvierendes Arbeiten erscheint vielen Fortgebildeten als eine sinnvolle Ergänzung. Eine Teilnehmerin fasst den Vorsatz, „mehr, also in meinen normalen, herkömmlichen Unterrichtsfächern einfach auch mehr so ästhetische Zugänge einzubinden, mich das auch mal zu trauen“ (IFFT11, 19). Zum einen besteht die Motivation darin, dass die Schülerinnen und Schüler „wesentlich mehr Spaß daran haben […] an praktischen Phasen“ (IFFT8, 19), zum anderen erkennen die Lehrkräfte auch ein besonderes Veranschaulichungspotenzial: „Hier nehme ich mit, dass noch mehr geht eigentlich und dass man dadurch die Theorie doch noch besser versteht“ (IFFT8, 19). Eine Lehrkraft, die über sich aussagt, „Physik ist mein Angstgegner“ (IFFT6, 6), reflektiert über die eigene fachliche Unvertrautheit im diesem Feld, räumt jedoch ein, sich an die zuvor unbekannte Materie „auf eine experimentell spielerische Form annähern zu können“ (ebd.), wenn zur Vermittlung ein niedrigschwelliger ästhetischer Zugang gewählt wird. Die besondere Erkenntnismöglichkeit eines ästhetischen Zugriffs beschreibt diese Lehrkraft dadurch, „dass du einen Experimentcharakter hast und dass du durch das Spielerische zu neuen Erkenntnissen kommst und dass das auch […] für den technischen Bereich gilt, wo ich normalerweise extrem unsicher bin oder gehemmt bin“ (IFFT6, 8). Die Initiierung einer ästhetischen Zugangsweise wird insofern als ein Eisbrecher für komplexe Themen und Phänomene eingeschätzt und ein praktischer Zugang „ermöglicht mir […] für die Schüler so eine Offenheit irgendwie zu schaffen“ (IFFT5, 30). Ein positiver Nebeneffekt besteht in einer Signalwirkung für die Schülerinnen und Schüler: Die Lehrkraft könne durch die Wahl eines spielerischen Zugangs ihr Vermögen zum Ausdruck bringen, im Vermittlungsprozess auf vielfältige Weise für alle Schülerinnen und Schüler einen geeigneten Zugang herzustellen, sodass „die hinterher auch im normalen Unterricht ganz einfach wissen, auf diesen Lehrer können wir uns verlassen“ (IFFT1, 18).

Als Ertrag sehen Fortbildungsteilnehmende, sie „möchte jetzt gerne diesen Schwung wieder auch in den Unterricht“ (IFFT10, 19) mitnehmen und die Zusammenarbeit mit den Schülerinnen und Schülern angenehmer gestalten: „Was nehme ich mit, […] ich möchte auch solche Lernatmosphäre schaffen, ich habe Lust darauf“ (IFFT15, 15). Eine Lehrerin hofft, die Lust am Arbeiten auf den Alltag übertragen zu können, „dieses Genussvolle, was wir eben halt hier erleben durften, das mitzunehmen“ (IFFT3, 20). Im Sinne eines Ausbalancierens gehe es um „eben diese Mischung zwischen Spiel und Lernen, also zwischen Erfahren und Lernen. Ich glaube, das ist total toll. Also das würde ich auch gern meinen Schülern beibringen, dass sie beides machen können und haben können“ (IFFT15, 17). Eine Teilnehmerin resümiert, es gehe ihr um, „eine Leichtigkeit im Kopf, was Planen betrifft […], Raum für Experimente, ohne zu wissen, was dabei eigentlich am Ende herauskommt“ (IFFT8, 23). Die Transferlogik des ‚Fachforums‘ wird so resümiert: „eine Erfahrung für sich zu machen und zu sagen, gut, das hat mir so Spaß gemacht, vielleicht könnte das ja auch Spaß machen, das als Lehrer anzuleiten“ (IFFT5, 23).

Stimulus zur Schülerorientierung

Gestärkt, angeregt und revitalisiert in die Schule zurückzukehren, verhelfe dazu, auch den Schülerinnen und Schülern souveräner gegenüberzutreten: „Eine entspannte Lehrerin, inspirierte Lehrerin ist angenehmer für die Kinder als jemand, der verbissen durch den Tag durchheizt“ (IFFT14, 24). Damit wird eine Verbindungslinie gezogen zur Schülerorientierung im eigenen Unterricht.

„Schüler können, wenn sie bestimmte Rahmenbedingungen bekommen, einfach selber sehr kreativ sein. […] Man hat mehr Vertrauen in die Schüler sozusagen, […] die kriegen auf jeden Fall was hin. Also man muss […] vertrauen einfach und auch gespannt sein, was rauskommt, ja. Und sich dann auch die Schülerergebnisse anzugucken, wertschätzend anzugucken und mit diesen Ergebnissen zu arbeiten. Das, finde ich, ist einfach ein anderes Bild […] [als] sich den Lehrplan reinzufressen und zu sagen, das und das und das müssen sie bis dahin gelernt haben. Sondern zu gucken, was bringen die eigentlich mit. […] Ich finde auch einfach, dass Schüler sich dann ernster nehmen gegenseitig und sagen, boah, der hat ja aber irgendwie was total Cooles“ (IFFT5, 32).

Die Workshop-Arbeit in einem kreativen Prozess selbst zu erleben, helfe insgesamt dabei, sich „in die Köpfe der Schüler auch hineinzuversetzen“ (IFTT8, 11), denn „man schlüpft eher auch so ein bisschen in die Rolle der Schüler, wenn man ästhetische Sachen […] ausprobiert, und man lernt so ein bisschen, okay, das war mir jetzt selbst ein bisschen unangenehm oder da musste ich mich erst drauf einlassen“ (IFFT11, 12). Der ‚Seitenwechsel‘ im Workshop von der Lehrkräfte- in die Teilnehmerrolle lasse nachempfinden, welche Schwierigkeiten sich auch den Schülerinnen und Schülern in ähnlichen Prozessen stellen: „Mir ist das ja selbst nicht so leichtgefallen, da was vorzulesen. Das ist aber das, was ich tagtäglich von meinen Schülern in irgendeiner Form erwarte“ (IFFT9b, 3). Sich auch einmal in die Rolle als Lernende und Angeleitete zu begeben, wird als wichtige „Horizonterweiterung“ (IFFT6, 10) aufgefasst. In der Teilnehmerrolle wird einem abverlangt, Hemmungen zu überwinden und das Beobachtet-Werden auszuhalten. Dies nachzuempfinden, versetze in die Lage, entsprechend im eigenen Unterrichtsgeschehen zu verfahren: „Ich glaube, ich würde mich mehr trauen, […] die Schüler auch zu provozieren, sie herauszufordern und sie auch zum Machen zu animieren, also ihnen zuzumuten, etwas zu sein, etwas darzustellen, also dass sie mehr aktiver werden“ (IFFT15, 25). In diesem speziellen Format auf dem Gebiet der Lehrkräftefortbildung sehen sich die Teilnehmenden in ihrer Haltung und Inszenierungskraft herausgefordert – anders als in Fortbildungen, die auf fachliche Wissenserweiterung und weniger handlungsorientiert angelegt sind.

Hinsichtlich der Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler sehen die Fachforum-Besuchenden ebenfalls einen Gewinn, ausgehend von ihren eigenen Erfahrungen in den Workshops, die man auf die Schülerinnen und Schüler überträgt. So wird davon berichtet, man beabsichtige, den Kindern mehr bewegungsorientierte Tätigkeiten anzubieten und „mehr darauf zu achten, dass man eben dieses Bewegen einfach bewusster macht mit den Schülern“ (IFFT1, 18). Ebenso wolle man ermöglichen, dass „schüchterne Menschen […] aus sich herausgehen“ (IFFT1, 20) und über eigenes ästhetisches Erleben ein größeres Selbstbewusstsein aufbauen. Dass man „einen Impuls [setzt], dass man auch über Grenzen gehen kann“ (IFFT4, 33) und „irgendeine Form von Selbsterfahrung“ (IFFT8, 25) initiiert, diese Grundidee wird auch für die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern stärker in Betracht gezogen.

Fortbildungseindrücke sichern: Austausch, Reflexion und Übung

Eine Lehrerin resümiert im Sinne anderer Fachforum-Teilnehmer: „Ich würde jederzeit wiederkommen“ (IFFT11, 23). Was einige allerdings vermissen, ist die Gelegenheit für eine reflektierte „Nachlese“ (IFFT10, 23). Man würde begrüßen, wenn es „die Möglichkeit gibt, das eine oder andere tatsächlich auch im größeren Forum auszutauschen“ (ebd.), insbesondere um zu „schauen, wie hat [der Fortbildungsimpuls] denn weitergewirkt“ (ebd.). Es wird konstatiert, dass Gelegenheiten, die Erfahrungen zu teilen und gemeinsam Transfermöglichkeiten zu reflektieren an der Schule in der Regel fehlen: „Die Gremien, die es gibt an der Schule, sind nicht dafür da, um irgendwie über Unterricht […] zu sprechen“ (IFFT1, 28).

Bei einigen Teilnehmenden besteht auch die Sorge, mehr Übung zu benötigen, um mit den eigenen Klassen so arbeiten zu können, wie sie es soeben in den Workshops kennengelernt haben:

„Alle sind motiviert, begeistert, […] aber du hast eben keine Schülergruppe da. Und da denke ich dann manchmal, […] na ja, Mann, Mann, Mann, wenn ich das jetzt mit meiner Klasse gemacht hätte, die hätten mir den Vogel gezeigt. […] Ich glaube, davon müsste ich jetzt das zwei-, dreimal machen, damit es dann so ein bisschen mehr Routine hat. Also ich könnte jetzt zum Beispiel aus meinem Workshop jetzt viele Dinge aus der Bewegung einbauen. Aber weil ich völlig planlos mit der Musik bin, bräuchte ich da mindestens noch – dreimal müsste ich das noch mal wiederholen, damit sich das irgendwie bei mir manifestiert, ja, und automatisiert“ (IFFT13, 26).

Somit stellt sich die Herausforderung, zur Verinnerlichung ästhetischer Arbeitsweisen aufrechterhaltende Impulse zu setzen, z. B. durch das Angebot von Transfer- oder Vertiefungsmodulen.

Diese konstruktiv-kritische Sicht lässt nach dem Nutzen der Fortbildung für die eigene Unterrichtsgestaltung fragen. Ergänzend kann dazu eine Bewertung von Fortbildungsteilnehmern aus fünf KulturSchulen herangezogen werden (vgl. Kap. 10). Abb. 2 zeigt die Einschätzung der Fortgebildeten zum Nutzen der Fortbildung.

Abb. 2
figure 2

Empfundener Nutzen der Fortbildung

Nahezu 80 % der Antwortenden (N = 140) in dem Befragungszeitraum 2016 (Förderschulen) und 2017 (Gesamtschulen) geben an, dass sie durch ihren Fortbildungsbesuch zu neuen Ideen angeregt worden seien. Und jeweils etwa zwei Drittel der Teilnehmenden resümiert im Nachhinein, dass die Fortbildungserfahrungen für die Gestaltung des eigenen Unterrichts (67,9 %) sowie für die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern (67,6 %) hilfreich waren. Durch fortbildungsinduzierte Impulse werde den eigenen Schülern andere als die bisherigen Lernerfahrungen ermöglicht, bestätigen 65 % der an fünf KulturSchulen befragten Lehrkräfte. Was mögliche langfristige Effekte betrifft, ist mehr als die Hälfte der Befragten (64 %) der Ansicht, dass die Schüler in ihrer eigenen Persönlichkeitsentwicklung von den veränderten Lernzugängen profitieren, die die KulturSchul-Lehrkräfte neu einbringen.

Schaut man auf die ablehnenden Stimmen, so wird erkennbar, dass eine Skepsis von Fortgebildeten dahingehend herrscht, ob sich die Fortbildungsimpulse für die Unterrichtsarbeit mit den Schülern eignen und diese auf die Schülerpersönlichkeiten einen Effekt haben. Dennoch sind hier positive Überzeugungen zu vermerken. Gleichwohl lässt sich hier noch ein Handlungsfeld für die Fortbildner identifizieren, um die Adaptierbarkeit der Erfahrungen zu erhöhen.

Auswirkungen der Fortbildungsteilnahme auf die Zusammenarbeit in der Schule

Im Interview sind die Workshopteilnehmer danach gefragt worden, wie sie nach der Fortbildung ihre neuen Erfahrungen und Kenntnisse einbringen möchten. Ihre unmittelbare Motivation ist, „ach, das würde ich jetzt total gerne ausprobieren, […] mit einer Vorfreude jetzt irgendwie auf die Schule wieder“ (IFFT5, 10). Eine Teilnehmerin erläutert, „man kommt zurück und hat immer wieder irgendwas, was man […] unmittelbar umsetzt und mit den Schülern direkt ausprobiert“ (IFFT18, 29). Dieselbe Teilnehmerin greift ihr Gefühl von Sich-erfrischt-Fühlen auf und findet, „es bringt einen aus dem Rhythmus, macht einen flexibler“ (IFFT18, 31) und auch das übrige Kollegium profitiere von einer positiv angeregten Lehrperson: „Es bringt auch eine gewisse Selbstverständlichkeit, Lockerheit und Zusammenarbeit in das Kollegium mit hinein, die ohne diese Fortbildungen sich nicht entwickeln würde“ (IFFT18, 29).

Äußerungen wie diese legen nahe, dass das Arbeitsklima in einem Kollegium sich verbessern könnte. Solange aber eine große Anzahl an Kolleginnen und Kollegen noch kein Fachforum oder Workshops der Kreativen Unterrichtspraxis besucht haben, gestalte sich nach Ansicht der Teilnehmenden die eigentliche Thematisierung der Fortbildungserfahrungen noch etwas schwierig. Die Workshopbesucher nehmen an, dass sich ihre Kolleginnen und Kollgen eher für ästhetische Lernzugänge öffneten, wenn sie diese als Teilnehmer selbst kennengelernt haben.

Einige Fortgebildete hat der Effekt überrascht, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl mit den Kolleginnen und Kollegen der eigenen Schule zugenommen hat: Zwar gelingt es nicht immer, dass mehrere Lehrpersonen aus einer Schule gemeinsam ein Fachforum besuchen, aber wenn man als kleine Gruppe beteiligt war, sei in der Vergangenheit eingetreten, dass man im Workshopkontext „manche Kollegen [der eigenen Schule] ganz anders kennengelernt hat“ (IFFT17, 9). Das hat, infolge eines persönlicheren Austauschs während der Fortbildungstage die Arbeitsbeziehungen in der eigenen Schule gefestigt und Bilder von diesen aufgebrochen:

„Für mich war es eine sehr wichtige Erfahrung auch: Erst mal die Kollegen, die dabei waren, mit denen zusammen sozusagen Kunst zu machen. Und das hat sich auch im Alltag ausgewirkt. Ich sehe die Kollegin, mit der ich so am engsten da zusammen war, ganz anders jetzt und kann viel besser einschätzen, dass da noch ganz viel an Möglichkeiten sind, ja. Das hätte ich vorher nicht so gedacht, dass wir darüber in der Arbeit weiterkommen, sage ich mal. Also dass da Entwicklungspotenzial ist, wo ich vorher dachte, in einem gewissen Alter wird alles so regelmäßig, aber das habe ich als sehr positiv erlebt“ (IFFT17, 9).

5 Fazit und Ausblick

Die Fachforen rücken ästhetisch forschendes, experimentelles, entwerfendes und performatives Arbeiten im Anwenden künstlerischer Arbeitsweisen ins Zentrum. Den Teilnehmern wird die Gelegenheit gegeben, sich in einem geschützten Rahmen bewertungsfrei über einen mehrtägigen Zeitraum hinweg auf eine Werkstattarbeit einzulassen, in deren Verlauf spielerisch besondere Erkenntniszugänge wie vorwissenschaftliche, „an Alltagserfahrungen orientierte[.] Verfahren, künstlerische[.] Strategien und wissenschaftliche[.] Methoden“ (Kämpf-Jansen, 2021, S. 275) erprobt werden. Unter einer bestimmten Themensetzung werden Prozeduren, die etwa für performativ bildnerische, musikalische, literarisch sprachliche oder bewegungsorientierte und improvisierende Verfahren charakteristisch sind, als neue didaktische Herangehensweisen kennengelernt, die die Teilnehmer an ihre eigene Unterrichtspraxis anpassen können. Hierzu zählen auch ein kollektives Aufgabenbewältigen in einem Zumuten wie auch Unterstützen oder die Herausforderung zum spontanen Ausdruck. Charakteristisch für viele Workshops ist das Zustandekommen von Involviertheit und Flow, die künstlerische Verfahrensweisen erzeugen können, was von den Lehrkräften als persönliche Bereicherung und Entfaltung von eigenen Entwicklungsmöglichkeiten erlebt wird.

Die Fachforen bereichern das didaktische Repertoire; wichtiger ist der Konzeption das individuelle sinnliche und prozesshafte Erleben und die ästhetische Erfahrung der Lehrkräfte, um neue Ideen anzustoßen. Das handlungsorientierte und freie Arbeiten in den Workshops stellt eine wichtige Erfahrungsquelle dar, die zu einer explorativen Arbeitshaltung und zu offenem und den Arbeitsstand beachtendem Unterricht anregt. Ohne pädagogischen Lehrsatz wird so die Schülerorientierung unterstützt: Im eigenaktiven kreativen Arbeiten können die Lehrkräfte nachempfinden, welche Emotionen ihre Schülerinnen und Schüler im Unterricht begleiten und was es für viele bedeutet, sich vor anderen auch im Unterricht zu exponieren.

Das Ambiente der Burg Fürsteneck trägt dazu bei, dass die Teilnehmenden sich wie Gäste fühlen und sich wertgeschätzt sehen; befreit von Alltagspflichten können sie sich auf Neues einlassen. Die gemeinsame gruppendynamische Erfahrung mit Kolleginnen und Kollegen aus der eigenen Schule motiviert zu einer Intention des Aufbruchs in die eigene Unterrichtsentwicklung. Der Einzelne fühlt sich nicht vereinzelt und weniger kritisch von außen betrachtet. Vor allem Lehrkräfte aus KulturSchulen, die bereits längere Zeit im Programm sind, sehen in den Fachforen eine Chance, an den Schulen neu angekommene Kolleginnen und Kollegen für ästhetische Lernzugänge zu gewinnen. Die Wiederholung von Erprobungsgelegenheiten wird als wichtig zur Etablierung einer ästhetischen Unterrichtspraxis angesehen – ein einmalig erfahrener Prozess erscheint einigen Teilnehmenden als nicht ausreichend, um eine Sicherheit in der frisch erprobten Praktik auszubilden. Es wird weiterer Bedarf für eine zusätzliche Transfereinheit, z. B. eine Nachbesprechung, gesehen, um die neu kennengelernten Zugänge zu reflektieren und zu diskutieren, nachdem man sie im Unterricht erprobt hat.