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Die «Workshops Kreative Unterrichtspraxis» (KU) sind als konzeptionelle Keimzelle ästhetischer Zugangsweisen im (Fach)Unterricht anzusehen. Das Angebot lässt sich bis ins Jahr 1995 zurückverfolgen, es hat gleichsam eine lange Tradition in der hessischen Fortbildungslandschaft, und der Ansatz hat sich seither auch in seiner fachlichen Breite weiterentwickelt. Für das KulturSchul-Programm haben die Workshops eine Scharnierfunktion – diese Veranstaltungsreihe ist für Lehrkräfte aller Schulen in Hessen offen und nicht an das KulturSchul-Programm gebunden. Aus einem Katalog beziehungsweise im Internet sind mehr als 60 verschiedene Einzelangebote anwählbar, die eine disziplinäre Breite und thematische Vielfalt zeigen, die bis in die Medienpädagogik ausgreift. Sie tragen fachüberschreitendes kreatives und – niederschwellig – künstlerisches Arbeiten in die hessische Schullandschaft. Neben neuen Unterrichtsimpulsen ist es das postulierte Anliegen, die sinnliche WahrnehmungFootnote 1 der Lehrkräfte zu schulen, da ihre Verfeinerung als Fundament einer Ästhetischen Bildung gilt (vgl. HKM, 2013, S. 25 f.). Didaktisch wird ein handlungsorientiertes Vorgehen bevorzugt, das manchmal durch Bewegungs- oder musikalische Akzente unterstützt wird. Man könnte auch eine Erlebnisorientierung ausmachen, ohne dies mit Oberflächlichkeit zu assozieren.

Die vom HKM Büro Kulturelle Bildung angebotenen ein- oder halbtägigen Workshops gelten mit ihrem ästhetischen Ansatz als Vorläufer der Fachforen. Aus diesem Konzept hervorgehend hat sich das für das KulturSchul-Programm maßgebliche Verständnis von kultureller Unterrichtsentwicklung durch ästhetische und ungewohnte Zugänge entwickelt.

Die Teamerinnen und Dozenten der Fortbildungsreihe sind teilweise seit vielen Jahren in der Lehrkräftefortbildung tätig und für ihre Tätigkeit in das Büro Kulturelle Bildung abgeordnet. Inzwischen arbeiten bereits einige der einstigen Teilnehmenden von Workshops der Kreativen Unterrichtspraxis oder Fachforen im Workshop-Team mit. Erwartet wird von ihnen als Fortbildende eine fachliche Expertise, ein Repertoire an ansprechenden eigenen Projekten und pädagogische Erfahrung in der Schulpraxis. Neben dem Angebot im persönlichen Erfahrungsschwerpunkt bildet sich das gesamte Workshop-Team regelmäßig im Verbund fort, beispielsweise in der Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel. Das jährliche Jahresplanungstreffen des Workshop-Teams enthält neben der angebotsentwickelnden Komponente auch eine selbstevaluative. Im Austausch wird geklärt, „wo sind die Schwierigkeiten, wo müssen wir drauf schauen“ (IS3, 47), und welche Themen sollen zukünftig aufgegriffen und in Fortbildungsangebote übersetzt werden. Die Leitung versteht sich in keiner Weise als Anleitung der Teamer. Mit Vorgaben verhalte sie sich „ein bisschen zurückhaltend, weil [die] Teamer ja selbst in einem kreativen Prozess sind, was die Entwicklung ihrer Angebote betrifft“ (IS3, 47). Das Konzept erhält sich eine ihm eigene Dynamik, indem Neues und Bewährtes die Mischung macht. Zunächst waren im Team die mit kreativen Workshops verbundenen Zielsetzungen offen geblieben: Es „stand nie im Vordergrund, zu sagen, so, wir müssen uns jetzt mal darüber verständigen, was wollen wir damit eigentlich erreichen“ (IS3, 47). Diese Gruppe hat sich auf die Intuition und das Können jedes einzelnen Teammitglieds verlassen. Als jedoch die Zahl an Fortbildnern zunahm, wurde die explizierende Klärung von Anliegen und Herangehensweisen erforderlich, in Richtung, wie in den Teilnehmern „die Sehnsucht nach dem großen weiten Meer“ entsteht (Saint Exupery), sprich nach kreativem und inspirierenden Tun.

1 Anliegen und Zielgruppen des Formats

Die Workshops der Kreativen Unterrichtspraxis werden mit der Grundüberzeugung gestaltet, dass Ästhetische Bildung ein zentrales Element zur Persönlichkeitsentwicklung darstellt. Da Lehrkräfte die Bildungsgelegenheiten der Schülerinnen und Schüler anlegen und moderieren, ist folglich auch deren Wahrnehmung zu sensibilisieren (HKM, 2013, S. 27) Verfolgt werden mit den Workshops gemäß den Fortbildungsverantwortlichen drei pragmatische Ziele: Neue Inspiration, Selbsterfahrung, praktische Erprobung und Umsetzung.

Laut den Fortbildenden sollen die eintägigen Werkstattangebote zu einer „Rückbesinnung auf die eigenen Kräfte“ (IS3, 17) führen und die Teilnehmenden in der „Wiederentdeckung eigener Fähigkeiten und Leidenschaften“ (IS3, 17) unterstützen. Das Gelingen der Fortbildung zeige sich in der Freude am Unterrichten des eigenen Fachs. Im offiziellen Katalog wird der motivationale Aspekt der KU betont: „Sie genießen im Workshop einen Tag mit Zeit zum (Wieder-)Entdecken eigener kreativer Potenziale, tragen den Funken in ihren Unterricht und erfreuen sich an überraschenden Lernerfolgen“ (HKM, 2016, S. 3).

Das Prinzip des ästhetisch-sinnlichen Arbeitens bildet den konzeptionellen Kern: Die Lehrpersonen sollen das kreative Arbeiten mit ihren Schülerinnen und Schülern lernen, was keine Technik ist, sodass die für die Schulpraxis beabsichtigen Arbeitsmodi auch im Fortbildungssetting selbst angelegt sind. Sinnlich gestaltendes Arbeiten mit Zugängen, die den Künsten entstammen, sollen kennengelernt und für den Unterricht adaptiert werden.

„In der Fortbildung ist es sehr wichtig, selbst zu erfahren, was macht […] die kreative Arbeit mit mir und an welchen Stellen stoße ich vielleicht an Grenzen? […] Ich muss eine Erfahrung gemacht haben, um das wiederum auch meinen Schülern zu ermöglichen“ (IS3, 19).

Das ‚kreative Arbeiten‘ in diesen Workshops verstehen die Verantwortlichen als eine prozesssorientierte didaktische Ergänzung zu vorrangig kognitiv rezeptiven und bewegungsarmen Lernmethoden, die nicht alle Lerntypen gleichermaßen ansprechen:

„Schülerinnen und Schüler sitzen doch einen Großteil des Tages auf Stühlen irgendwo in Klassenräumen rum und hören Lehrern zu. Also die Eigenproduktion, egal jetzt in welcher Weise, ist immer noch sehr gering. Und an der Stelle, glaube ich, setzt KulturSchule an, indem gefordert wird, dass Schüler eigenverantwortlich aktiv sich den Unterrichtsgegenstand und Inhalte erarbeiten und das mit Methoden tun, die ganz gezielt die Sinne einsetzen und zwar möglichst viele“ (IS3, 23).

Arbeitsweisen werden dann als ‚kreativ‘ charakterisiert, wenn sie eine ästhetische Erfahrung ermöglichen. Die Verantwortlichen verstehen darunter eine durch künstlerisch ästhetische Prozesse initiierte Selbsterfahrung, die sich nicht als weltabgewandt versteht.

„Ich beschäftige mich auch mit mir selber, ja, natürlich auch mit der Gesellschaft, jetzt insbesondere in unserem Handlungsfeld Schule […] Da steht immer das Subjekt im Vordergrund […] Wenn ich auf jeden einzelnen Schüler und die einzelne Schülerin eingehen möchte, muss ich mich ja immer erst mit mir selbst auch beschäftigt haben und mit meinen Möglichkeiten und Grenzen“ (IS3, 19).

Die Werkstattarbeit ist darauf ausgelegt, für den Fachunterricht konkret verwertbar zu sein. Die Leitung der Fortbildungsreihe beobachtet, dass hauptsächlich drei Zielgruppen auf das Angebot zugreifen: Dies seien zum einen Lehrkräfte, die eine ästhetische Lernkultur etablieren möchten, indem sie „kreative und ästhetische Zugangsweisen“ (IS3, 17) einsetzen. Zum zweiten handelt es sich um „auch tatsächlich fachliche Fortbildungen für Musiklehrer, Kunstlehrer, DS-Lehrer und da speziell […] fächerverbindendes Arbeiten“ (ebd.). Und zum dritten nehmen Lehrkräfte teil, die „Kunst oder Musik fachfremd unterrichten müssen“ (ebd.) und die „ein bisschen Instrumentarium an die Hand kriegen“ (ebd.) und „dankbar sind wenigstens für diese Anregungen“ (ebd.).

Die Einwahl in die Angebote ist unkompliziert gehalten. In ihrer Anfangszeit wurden sie in einer fotoreichen illustrativen Broschüre präsentiert, jetzt informiert der Bildungsserver im Internet auf der Website des Hessischen Kultusministeriums über das Programm. Die erforderliche Mindestteilnehmerzahl für einen Workshop beträgt acht Personen. Wird diese an einer Schule nicht erreicht, ist es möglich, einen Workshop auch gemeinsam mit einer anderen Schule zu bestellen; oder der Fachberater für Kulturelle Bildung im jeweiligen Staatlichen Schulamt bucht einen Workshop für interessierte Lehrpersonen aus dem gesamten Schulamtsbezirk. Für die Schulen sind die Workshops kostenfrei und finden direkt in der Schule statt.

2 Struktur und Inhalte

Die Kunstsparten in ihrer Breite strukturieren überwiegend die Orientierung über das Workshop-Programm (Musik/Bewegung/Literalität/Theater etc.) für den sich auf Angebotssuche Begebenden. In der Betitelung erfährt dieser, worum es geht; näheres wird auch in weiteren Erwartungen klärenden und zielbezogenen Informationen präzisiert. Auffällig ist jeweils der eher ungewöhnliche Inhalt und gestaltungsoffene Werkstattcharakter. Im Vordergrund stehen praktisches Arbeiten und Gestalten und forschendes Lernen. Die Fortbildnerinnen und Fortbildner bieten bisher ungewohnte ästhetische Zugänge für Mathematik und Naturwissenschaften; für Musik, Kunst, Tanz und Theater, Literatur und Sprachverwendung und Medieneinsatz ist eine solche Kombination eher weniger erstaunlich. Auch Bildungsangebote, die sich für eine kreative Einbindung von Schülerinnen und Schülern „ohne ausreichende Deutschkenntnisse“ gut eignen könnten, finden Eingang (HKM, 2016, S. 3). Die Schwerpunktsetzungen sollen möglichst den aktuellen Bedarfen entsprechen: „Wie sieht eine gesellschaftliche Entwicklung aus, wie können wir die begleiten? […] Und auch: Wo ist die Notwendigkeit, dass wir an bestimmten Stellen vielleicht unterstützen? Oder auf Bedürfnisse von Lehrkräften auch eingehen, vor allem auf die veränderten Realitäten in Schule“ (IS3, 57).

Die nachstehende Zusammenstellung (Tab. 1) vermittelt einen Eindruck von der Kombinatorik, ansprechende Themen mit Methoden der Kunstsparten zu koppeln.

Tab. 1 Themen der Workshop-Angebote Kreative Unterrichtspraxis

Ein charakteristisches Merkmal der Workshops ist ihre interdisziplinäre Verschränkung, die thematisch und methodisch Brücken baut. Solche die Fachdisziplinen überschreitenden Ansätze sind zum einen auf der Ebene von jeweils zwei ästhetisch geprägten Fächern zu finden, etwa im Workshop-Typ ‚Musik trifft Sprache‘, in dem der geübte Stimmeinsatz der Organisation musikalischen Einsatzes zugute kommt. Die Teilnehmenden sollen „den Klang der eigenen (Sprech-)Stimme bewusst einsetzen, Vortrags- und Kommunikationstechniken [und] kreatives Musizieren in Verbindung mit Sprache“ (HKM-WKU, 2020a) erleben. Ähnlich verhält es sich etwa beim Workshop ‚Musik trifft Kunst‘, bei dem beide Kunstsparten fachlich wie didaktisch zum Zuge kommen. Dort strebt man eine „Visualisierung von Musik/Tönen“ (HKM-WKU, 2020b) an, lässt „grafische Notationen erstellen und vertonen, […] kleine Choreographien in der Gruppe entwickeln“ (ebd.). Ein drittes Beispiel verbindet Fachinhalte aus einem ästhetischen und einem mathematisch-naturwissenschaftlichen Fach: In ‚Ornamente, Muster, Interferenzen‘ sollen die Teilnehmenden Mathematisches in der Kunst entdecken: Sie „erleben die Schönheit und Ästhetik der Mathematik und Naturwissenschaft und ergründen, welche Strukturen und mathematischen Modelle immer wieder in der Kunst angewendet werden“ (HKM-WKU, 2020c).

Von diesem interdisziplinären Workshop-Typus lassen sich Angebote unterscheiden, die sich die prozeduralen Zugangsweisen der einen Disziplin für die Wissensvermittlung in der anderen Disziplin zunutze machen. Diese Formate betonen die Übertragbarkeit ästhetischer Arbeitsweisen auf andere Fächer, die sich in einer nicht ästhetischen Domäne verorten. Die Veranstaltung ‚Handys raus, Klassenarbeit!‘ nutzt ein Tabu, um „Fachinhalte dynamisch, medial [zu] vermitteln [und] kreatives Potenzial im Mathematikunterricht [zu] fördern“ (HKM-WKU, 2020d). Eine größere Anschaulichkeit von Fachwissen und gesteigerte Arbeitsmotivation der Lernenden verspricht man sich auch von Veranstaltungen wie ‚Trickfilm, Streichhölzer und Theater‘, in denen „die Teilnehmenden [selbst erproben], wie man einen Trickfilm für den Geometrie- oder Physikunterricht produziert“ (HKM-WKU, 2020e). Bei dieser Art von ästhetischem Arbeiten in einem mathematischen oder naturwissenschaftlichen Bereich wird von einem lernförderlichen Potenzial ausgegangen, das in der Medialität angelegt ist. Es wird in Aussicht gestellt, so „abstraktere und theoretische Inhalte kreativ und anschaulich bearbeiten und präsentieren“ (ebd.) zu lassen und in dieser Art Workshop können „aktivierende Methoden als Alternative zum Arbeitsblatt kennengelernt“ (ebd.) werden. Ein weiteres Charakteristikum einiger interdisziplinärer Angebote ist, das Interesse am forschenden Lernen im Unterricht aufzugreifen. Im Workshop ‚Von der Wurfmaschine zum Androiden‘ werden die Teilnehmenden zum „Tüfteln, Ausprobieren und Experimentieren“ (HKM-WKU, 2020f) eingeladen, um „ohne Umwege, direkt über die Praxis zu physikalischen Problemen“ (ebd.) vorzustoßen. Handlungsorientiertes, experimentelles und selbstorganisiertes Arbeiten zieht sich wie ein roter Faden durch viele Angebote. So werden etwa auch in ‚Kreative Dokumentation für Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler‘ „praktisch-kreative Arbeitsprozesse für den naturwissenschaftlichen Unterricht“ (HKM-WKU, 2020g) aufgezeigt, und im Unterricht mehr Raum zu schaffen für „Experimentieren, Ausprobieren, Untersuchen, Selbstorganisation, freies Arbeiten, individuelle Auseinandersetzung“ (ebd.). Methoden des künstlerischen Arbeitens sollen austesten lassen, „ob und wie performative und szenische Formen aus dem Theaterbereich dazu beitragen, unser forschendes und experimentelles Tun anschaulich zu machen“ (ebd.).

3 Ablauf

Die Workshops der Kreativen Unterrichtspraxis finden direkt in der Schule stattFootnote 3, das heißt in einer den Lehrkräften bekannten Arbeitsumgebung und mit Teilnehmern, die sich aufgrund ihrer Arbeitszusammenhängen kennen. Fester Wochentag für einen Workshop ist Mittwoch, da viele Teamerinnen und Teamer einen Teil ihrer wöchentlichen Arbeitszeit an ihrer eigenen Schule unterrichten. Die Dauer eines regulären Workshops beträgt 6,5 h; die Werkstätten finden meist zwischen 10,00 und 16,30 Uhr statt. Im Vorfeld wird geklärt, welche Arbeitsmaterialien durch die Teamer gestellt werden und welche Technik oder Gegenstände mitgebracht werden müssen.

Der Ablauf eines Workshops unterscheidet sich danach, ob ein einzelnes Angebot gebucht wird, während nebenher regulärer Schulbetrieb für das übrige Kollegium stattfindet, oder ob das Workshop-Team der Kulturellen Unterrichtspraxis für die Gestaltung mehrerer paralleler Workshops angefragt wird, um etwa einen Pädagogischen Tag mitzugestalten, in den verschiedene Angebote für mehrere Gruppen mit jeweils unterschiedlichen Fachlehrern integriert sind; hierzu können auch Halbtags-Workshops vereinbart werden (vgl. Langenfeld & Twiehaus, 2018, S. 338).

Die Arbeitsphasen im Workshop sind nach dem Selbstähnlichkeitsprinzip konzipiert: Die Teilnehmenden finden sich in didaktischen Settings wieder, die in ähnlicher Weise auch mit den Schülerinnen und Schülern durchgeführt werden können. Der Ablauf der einzelnen Phasen unterliegt keinem striktem Zeitplan, sondern ist anpassungsfähig an die Situation: Die Teamer streben nach einer „sehr große[n] Offenheit, die dann immer wieder auch auf die Bedürfnisse und Herausforderungen durch die Teilnehmer ganz flexibel reagieren“ (IS3, 59) kann.

Die Veranstalter dieses Formats verzichten weitgehend auf frontale Wissensvermittlung durch Referentenimpulse, auf individuelle lektürebasierte Vertiefungen und didaktisch-reflektierende Gruppenberatungen.

4 Resonanz bei den Teilnehmenden

Die schulintern stattfindenden Workshops Kreative Unterrichtspraxis sind nicht begleitet bzw. beobachtet worden. Jedoch finden sich in den Interviews, die für die Evaluation geführt worden sind, auch Aussagen zu den Workshops.

Auswahlmöglichkeit

Eine Lehrperson, die bereits einen konkreten Workshop geordert hatte, bewertet das Angebot der ‚Kreativen Unterrichtspraxis‘ als „eine coole Möglichkeit, nämlich ganz gezielt Fortbildungen nachzufragen“ (XM2, 342). Der Katalog, aus dem frei ausgewählt werden kann, biete eine schnelle Möglichkeit, „mal so einen frischen Input“ (XM2, 342) zu bekommen. Außerdem heißt es, „das Programm der Kreativen Unterrichtspraxis ist ganz super“ (XM2, 343). Und über einen Workshop aus dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Themenfeld wird berichtet, der Dozent „hat das sehr schön gemacht“ (XM2, 352).

Gewachsene Beziehung zu Teamern

Positive Erfahrungen mit den Teamern begründen in den KulturSchul-Kollegien eine Wertschätzung der Fortbildungsreihe. Denn die Teamerinnen und Teamer sind auch durch die Fachforen bekannt. Diese Erfahrung wirkt sich aus und schafft Vertrauen, dass für KulturSchule bestellte Workshopangebote hochwertig realisiert werden:

„Für uns ist das naheliegender, die [Name] zu nehmen, die mit uns diese Fachforen auch machen, weil wir kennen die Leute“ (XM2, 344), „weil durch dieses persönliche Kennen weiß man auch, dass das mit höchster Wahrscheinlichkeit super wird. Das ist schon mal beruhigend“ (XM2, 348).

Im Team Ideen generieren

Im Workshop wird auch gelernt, die Ideen mit anderen zu teilen und an diesen weiterzuarbeiten. Als ideal wird das Sich-Ergänzen im Team beschrieben, wenn beispielsweise eine Fachschaft gemeinsam überlegt, wie sich neue Ideen umsetzen lassen:

„Also dadurch, dass wir halt im Team die Sachen dann geplant haben oder die Tage plant, hat man einen größeren Rückhalt […] Ich habe nicht die besten Ideen, aber ich sage eine Idee oder einen Inhalt und dann kommen auch die anderen und tragen da einfach ihre Idee dazu bei. Und dann bin ich sehr dankbar dafür“ (XM2, 341).

Das gruppendynamische Weiterentwickeln von Ideen und Konzepten dient der Konzeption Pädagogischer Tage. Überlegungen einer Einzelperson werden in der Gruppe aufgegriffen: zunächst unausgegorene Ansätze werden gemeinsam weitergetrieben, bis etwas Gestalt annimmt und umsetzbar erscheint.

Berücksichtigung des fachlichen Niveaus

Auf einer fachlichen Kompetenzebene gibt es auch Distanz und Vorbehalte hinsichtlich des Niveaus mancher Fortbildung. In der unterschiedlichen Vorbildung ihrer Kolleginnen und Kollegen sieht ein Profi ein Problem:

„Ich meine jetzt, diese Fortbildungen sind gut und schön, aber die sind für einen Profimusiker wie mich eher langweilig, muss ich ganz ehrlich sagen. Wenn da jemand ist und uns mit einfachen Klangstäben irgendwelche einfachen Rhythmen beibringen will, das ist, das ist, sorry, zum Einschlafen für mich. Für einen anderen Kollegen, der mit so was noch nie zu tun hatte, ist das mit Sicherheit eine nützliche Sache. Aber da müsste man dann wirklich gucken, dass die Fortbildungen niveautechnisch anders gemacht werden. Es hat keinen Zweck, wenn Leute, die schon seit Jahr und Tag sich mit Musik, Kunst, Darstellendem Spiel beschäftigen oder auch mit kreativem Schreiben, wenn die da so in, ich sage jetzt mal, Anfängerkurse gehen“ (IKSL1, 21).

Ein „Profimusiker“ wäre nicht gezwungen, diesen Workshop anzuwählen und muss auch nicht in der Funktion am KulturSchul-Tag tätig sein. Andere Kollegen können es übernehmen, mit Schülerinnen und Schülern Rhythmus und Melodien zu üben und eine Zuhörerschaft den Spaß erleben zu lassen, mit dem die Jugendlichen bei der Sache sind. In konstruktiver Absicht findet jeder „Profimusiker“ noch eine arbeitsteilige Lösung. Insofern ist nach dem Hintergrund dieser kritischen Einlassung zu fragen. Vielleicht handelt es sich um eine Selbstempfehlung: Werde die fachliche Expertise von Lehrkräften aus den ästhetischen Fächern im Vorfeld eines KulturSchul-Tages stärker mit einbezogen und die Angebote vom Anspruchsniveau her differenziert, könnten die Könner an einem Projekt zusammenarbeiten:

„Und so ein KulturSchul-pädagogischer Tag an der Schule selbst für alle Kollegen, den könnte man so strukturieren, dass die Leute, die mit so was noch nicht zu tun hatten, ich sage jetzt mal in Anfängergruppen kommen, und Leute, die schon ewig und drei Tage Kultur praktizieren, entweder selbst als Mutiplikatoren fungieren oder vielleicht eine fachübergreifende Gruppe bilden und ein gemeinsames Projekt erarbeiten…“ (IKSL1, 21).

Unterstützungsfunktion für die kulturelle Schulentwicklung

Als Funktion des Workshop-Angebots für das KulturSchul-Programm sehen die Fortbildungsverantwortlichen das Kennenlernen „kreativer und ästhetischer Zugangsweisen in allen Fächern“ (IS3, 17) und die konkrete Erfahrung der überfachlichen Zusammenarbeit. Außerdem lernen die Teilnehmer eine Praxis des gemeinsamen Experimentierens und Ideen-Generierens und Tüftelns kennen. Drittens erhoffen sich Lehrkräfte, die im KulturSchulteam einer Schule mitwirken, dass ein Pädagogischer Tag der gesamten kulturellen Schulentwicklung Rückenwind geben. Sie wollen gern auch Skeptiker involvieren, sodass

„… vielleicht jemanden einladen an so einem pädagogischen Tag, der das halt auch mit denen macht, die sich verweigern, sodass man vielleicht doch den einen oder anderen gewinnen kann. […] Ich glaube, das ist der einzige Weg, dass die das selbst mal ausprobieren tatsächlich“ (IFFT11, 7,25).

In diesem Sinn schlägt die Musiklehrerin vor, in der Breite des Kollegiums ästhetische Lernzugänge an einem ganzen Fortbildungstag erproben zu lassen:

„Es müsste wirklich mal ein ganzer Tag als Fortbildungstag für das Kollegium, und zwar nicht, ja, wer will, geht mal hin, und wer nicht will, lässt es bleiben, sondern wirklich anstelle von so einem Pädagogischen Tag zu irgendwelchen anderen pädagogischen Zielen könnte wirklich mal ein KulturSchul-pädagogischer Tag gemacht werden, wo auch Kollegen, die bisher in ihrem Unterricht wenig Berührungsflächen mit ästhetischen Zugängen hatten, einfach auch selber mal Sachen ausprobieren können (IKSL1, 21).

Für manche der KulturSchul-Beauftragten, die den kulturbezogenen Entwicklungsprozess an ihrer jeweiligen Schule koordinieren, stellen die Erfahrungen mit kreativen Unterrichtsansätzen einen Ausgangspunkt für einen unerlässlichen Verständigungsprozess innerhalb ihres Kollegiums dar, für den es ansonsten an geeigneten Gelegenheiten mangele. Aus ihrer Perspektive sei die Entwicklung zur KulturSchule ein derart herausfordernder Prozess, der eine Auseinandersetzung benötigt und in diesem Format eine Anschaulichkeit erfahre.

„[Nun] münden die Versuche, die wir die Jahre über gemacht haben, endlich in einen Pädagogischen Tag, der durchgeführt wird […] unter dem Thema KulturSchule. Das haben wir uns lange gewünscht, lange eingefordert, haben es nie gekriegt […] Jetzt haben wir das erste Mal die Gelegenheit, mal einen ganzen Tag uns genau damit auseinanderzusetzen, auch im Kollegium, und darüber zu sprechen und Fragen zu stellen“ (IKSKL4, 13).

Lehrkräfte, die noch nicht an KulturSchul-Fortbildungen teilgenommen haben, sollen Vorbehalte gegenüber ästhetischen Unterrichtszugängen ablegen können. Die KulturSchul-Beauftragten sehen im Involviertwerden die Möglichkeit, Einstellungen zu ändern, sodass auch Bedenkenträger angeregt werden,

„sich dann ein Urteil möglicherweise auch zu bilden, was nicht aus Vorurteilen resultiert, sondern aus der Auseinandersetzung“ (IKSKL4, 13).

Der nachhaltige Eindruck erfolge durch die ästhetische Erfahrung.

„Und es ist einfach die Hoffnung, einerseits selbst eine Erfahrung machen zu können, weil ich glaube, […] ich muss erwägen, was es mit mir macht, wenn ich mich in einem freien ästhetischen Forschungsrahmen begebe“ (IKSKL4, 16).

5 Fazit und Ausblick

Die Workshops «Kreative Unterrichtpraxis» bieten Lehrkräften die Möglichkeit, sich über ihre Unterrichtsfächer hinaus neue Anregungen zu holen: Sie können mit dem Szenischen Spiel arbeiten, Schulpausen durch Bewegung füllen, zum Sprechen, Lesen und Präsentieren anregen, mit Fotos, dem Handy oder filmischen Sequenzen u.v.m. arbeiten. Das klassische Lehrbuch wird nicht überflüssig, aber jede Lehrperson lernt auf ganz praktische Art durch eigenes Tun, die Schüler auf andere als die tradierte schulische Lernweise in eine Thematik oder ein Projekt einzubeziehen.

Die „konkrete[n] Lernchancen“ werden in der Inhaltsbeschreibung eines Workshop-Angebots benannt und in eine klare methodische Struktur eingebettet. Der didaktische Ablauf besteht aus kurzen Inputs von Experten, aus Einzel-, Gruppen- oder Partnerarbeit sowie Gestaltungsphasen mit anschließender Präsentation. Kennzeichnend ist das freie Arbeiten, der kreative Umgang mit unterschiedlichsten Medien, mit Sprache, dem eigenen Körper. Medienkompetenz wird ebenso wie Wissen über technische Einsatzmöglichkeiten im Zusammenhang mit einer Gestaltungsaufgabe gesteigert. Spielen und Experimentieren sind Modi des Agierens und Interagierens. Ästhetische Lernzugänge werden damit nahegebracht, von Schülern als aufgesetzt empfundene Ansätze für das Schreiben von Texten werden mit starken Impulsen versehen, sich zum Beispiel mit der eigenen Lebensgeschichte auseinanderzusetzen oder nach Spuren zu suchen, die Menschen hinterlassen haben. Wer dafür offen ist, findet ein facettenreiches Feld von Anregungen, die originell sind und nicht in einer seitenschweren Ratgeberliteratur stehen.

Als schulinterne Lehrkräftefortbildung stellen die Workshops ein spezielles Format mit einer Doppelfunktion dar: Einerseits wird ein individuelles Fortbildungserlebnis ermöglicht, das nicht nur eigene Kompetenzen erweitert, vielmehr auf das Potenzial des Ästhetischen aufmerksam macht und eigene Gestaltungskräfte weckt; andererseits wird damit eine auf die schulische Organisation gerichtete Zielstellung verfolgt. Denn die schulintern stattfindende Fortbildung wird auch von der Erwartungshaltung der kulturell Engagierten getragen, im Kollegium damit eine Erfahrungsbasis für weitere gemeinsame Anliegen zu schaffen. Das Workshopangebot soll im Kollegium die Akzeptanz und das Interesse an ästhetischen Zugängen stärken und forschendes und ästhetisches Lernen im schulischen Kontext unterstützen.

Mehrere Lehrkräfte regen im Interview an, Workshops der kreativen Unterrichtspraxis für einen Pädagogischen Tag ihrer KulturSchule zu nutzen: Wenn sich alle Lehrkräfte einer Schule in parallele ästhetische Workshops einwählen, ließe sich in begrenztem zeitlichem Umfang eine hohe Reichweite zur Veranschaulichung des Potenzials von kultureller Schul- und Unterrichtsentwicklung herstellen. Insbesondere zu Beginn der Teilnahme einer Schule am KulturSchul-Programm könnte derart eine wichtige Orientierung für alle Lehrkräfte zu kreativen Unterrichtsansätzen geleistet und damit der weitere KulturSchul-Entwicklungsprozess gefördert werden. Zudem kann dies für eine schulinterne fachübergreifende Diskussion unter den Lehrkräften genutzt werden, die auch Vorbehalten und Widerständen sowie Wünschen und Erwartungen einen kommunikativen Raum bietet.