Schlüsselwörter

1 Sondierungen

Es fällt ins Auge: In seiner Betitelung verbindet das hessische Landesprogramm Kultur mit Schule, ohne Einfügung von „und“ oder einen Bindestrich. Das endozentrische Kompositum betont, dass sich bei aller Eigenständigkeit Kultur und Schule zu einer geglückten Formation fügen. Schon im ersten Zugang und bevor ein Leser genaueres erfährt, bestimmt diese Komposition sich zusammenschließender Entitäten das Bild von Schule, das kommuniziert wird. Es gelingt damit, was Landesprogramme auch bezwecken: Die Erzeugung von Aufmerksamkeit. Gegenstand des Interesses ist eine Schwerpunktsetzung im Schulprofil, die im Regierungs- und Verwaltungshandeln gefördert und in ihrer weiteren Entwicklung beobachtet wird.

Gibt man die Stichworte «Bildungspolitik und Landesprogramme» bei Google ein, so weist die Plattform 40,900 Einträge aus; bei Beschränkung auf das Stichwort Landesprogramm steigen sie auf 69,700. In der thematischen Ausrichtung reichen die Einträge von Austauschprogramme für Studierende über ‚gesunde Schule‘, ‚ganztägig lernen‘ oder Demokratieerziehung etc. Diese Materie markiert ein Sujet, das einer Intervention und Verbesserung bedarf. Ein Landesprogramm liefert mit Struktur- und Unterstützungsmaßnahmen eine darauf zielende Antwort. Manche dieser Programme werden mit einer Evaluation verbunden, die die Herausforderung meistern muss, im Vagen befindliche Zielsetzungen eines politischen Programms zu explizieren und eine durch mehrere Zieldimensionen erwachsene Komplexität qua methodischem Know-how zu operationalisieren.

Eine themenüberschreitende Forschung zu dieser bildungspolitischen Steuerungsstrategie von Bildungsinnovationen in die Praxis durch Administration, Wissenschaft und Politik (z. B. Schemme et al., 2017) scheint selten; bekannt ist, dass unter den allgegenwärtigen passenden oder unpassenden Wettbewerbsgesichtspunkten eines Ländervergleichs gern gesehen wird, wenn eine bildungspolitische Maßnahme etwas Besonderes aufweist, was sich als Markenzeichen präsentieren lässt.

Eine Sondierung theoriebezogener Arbeiten und Forschungsergebnissen zeigt auf, wo sich diese Thematik disziplinär verorten lässt. Nicht erst in jüngster Zeit ist die Bildungsverwaltung ein beachteter Gegenstand (vgl. Terhart, 1986). In der Erziehungswissenschaft dominiert seit einiger Zeit die Forschungsrichtung «Educational Governance». Sie widmet sich der Inderdependenz und den Beziehungsstrukturen zwischen unterschiedlichen Akteuren und untersucht die „Handlungskoordination“ in einem Mehrebenensystem. Dabei bedient sie sich ubiquitär einer in vorwiegend technischen und auch unternehmerischen Zusammenhängen verbreiteten „‚Steuerungs-Begrifflichkeit‘“ (Maag-Merki & Altrichter, 2015, S. 399). Unterstellt wird im Steuerungshandeln ein allseitiges Bemühen um eine Verbesserung des Bildungssystems einschließlich der Schulqualität, was als Hypothese verdienen würde, hinterfragt zu werden (Heinemann, 2023). Ein vermehrtes Interesse an der konstanten Größe „Landesschulverwaltung“ bemerkt Bettina Gördel (2016) auch bei der aufgefrischten Bürokratietheorie sowie Neuen Verwaltungssteuerung. Die Modelle thematisieren unter der Implikation der staatlichen Schulhoheit hierarchische Strukturen, den Instanzenweg und Kontrolle. Vorherrschend ist ein methodisches Verständnis des Regierens, für das Kommunikation und Abstimmung zwischen unterschiedlichen Akteuren eine erforderliche Strategie der Einbindung in die „Regelsetzung und -durchsetzung“ (Langer & Brüsemeister, 2019, S. 772) darstellt. Eine wesentliche Intention der Governance-Forschung wird in der Generierung von Steuerungswissen gesehen mit der Folge allerdings, die Distanz zum Forschungsobjekt zu verlieren. Der Blick auf reale Situationen und wie „Kompromisse eingegangen, Prioritäten verschoben, neue Lösungen gefunden, Reformvorhaben in den Alltag überführt oder ausgesessen werden“ (Hangartner, 2019, S. 332) deckt sich nur teilweise mit einer Durchgriffslogik oder einem Abschleifen von Zielen im Transferprozess. Der Blick auf den Gegenstand und dessen neutrale Analyse tritt zurück vor der präsentierten Gemengelage.

Von mehreren Seiten werden Widersprüche und „Inkonsistenzen“ (ebd., S. 333) vermerkt, sodass die Vertreter dieser Forschungsrichtung nunmehr Ergänzungen im Ansatz und Überarbeitungen ihrer Deutungen vornehmen wollen. Wie auch immer, Horst Weishaupt (2014, S. 229) vermisst in der Erforschung von Schulreform das Verfolgen der miteinander verketteten Aktivitäten, die Schulentwicklungsprozesse beeinflussen. Dabei hat er vor allem die Schulpraxis und die Praktiker im Blick, die vor dem Hintergrund regionaler und lokaler Bedingungen Entscheidungen für die Entwicklung ihrer Schule treffen. Dass die Governance-Forschung nicht die Schulrealität erforscht, konstatiert in diesem Sinne auch Fabian Dietrich (2019).

Vor dem Hintergrund dieser Recherche zu aktuellen Forschungsansätzen zu bildungspolitischen Programmen, der Landesschulverwaltung und der Diskussion lässt sich für das allgemeine Untersuchungsvorgehen in dieser Studie folgern, nicht allein die kommunizierten Ziele sowie die auf der operativen Ebene angesiedelten Unterstützungsangebote der Bildungsverwaltung in den Blick zu nehmen. Auch das schulische Feld kann seinerseits im Verlauf auf die Programmmaßnahmen zurückwirken. Zu konstatieren ist außerdem, dass das Handeln der Praktiker eigenen Gründen folgtFootnote 1. Mehrere Ebenen wie die der Institution, der Organisation und die Profession spielen eine Rolle.

2 Die ‚Handschrift‘ des KulturSchul-Programms

Eine Handschrift ist einzigartig und unverwechselbar. Bildungspolitische Programme streben nach einem Profil und hohen Wiedererkennungswert, zugleich rahmt die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung ein solches Bestreben, sodass eine Reaktion auf Problemdiagnosen nicht singulär auftritt. Der Trend zur Profilierung bezieht sich nicht nur auf den initiierten Wettbewerb im Schulsystem (Böttcher & Hogrebe, 2008), mit parteipolitischen Abgrenzungsabsichten wird die Bildungspolitik in den Bundesländern profiliert, da mit den Bereichen Schule, Hochschule und (Weiter-)Bildung Markierungen von Differenz möglich sind. Deren Besonderheiten gründen durchaus auf einem historisch gewachsenen landesspezifischen Umfeld. Insofern gilt auch für Kulturschul-Programme in den Bundesländern eine Mixtur von bildungspolitischen Tendenzen, die Problembearbeitungen auf Bundes- und Länderebene folgen, Stiftungsprogramme nutzen (Fink et al., 2017; Ackermann et al., 2015, S. 24 ff.) und auf „kumulierend-evolutive Entwicklungslinien“ (Rürup, 2005, S. 15) zurückgehen, die für ein Bundesland spezifisch sind.

Das KulturSchul-Programm Hessen zeigt im Vergleich mit anderen Länderprogrammen die Besonderheit, durch das Lernen über die Organisation Schule eine innere Schulentwicklung in Ganz zu setzen und durch kontinuierliche Fortbildungsangebote für alle Lehrkräfte die dazu nötige Unterrichtsentwicklung zu stützen. Das Programm ist administrativ auf mehreren Ebenen verankert: Das eigenständige Referat „Kulturelle Bildung“ im Kultusministerium (HKM) bildet Schnittstellen zu anderen Aufgabenfeldern wie Inklusion, Integration, Begabtenförderung und vernetzen das Arbeitsgebiet somit hausintern; als Querschnittsthema auch mit anderen Ministerien. Das Programmanliegen hat seine institutionelle Repräsentanz aktuell innerhalb der Abteilung I des HKM (Qualitätsentwicklung, ganztägig arbeitende Schulen, schulformübergreifende Bildungsaufgaben, Dienstaufsicht über die Staatlichen Schulämter, internationales Bildungs und Schulwesen, Stand 2022).

Die operative Funktion des Programms erfüllen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Büros Kulturelle Bildung (ehemals „Projektbüro“) mit Sitz in Frankfurt. Sie verfügen über die notwendige Erfahrung und Expertise in den Künsten und übernehmen die Schulbegleitung und Beratung der Programmschulen. Das Büro bildet die Verbindung zwischen HKM, Teilnehmerschulen und den Netzwerken und ist neben operativen Funktionen auch eine Art Entwicklungsabteilung für die Fortbildung.

An den für Fach- und Dienstaufsicht der Schulen sowie Qualitätssicherung zuständigen Schulämtern sind sogenannte Fachberater beauftragt, wo es sich anbietet, Kulturelle Bildung als Querschnittsbereich im schulischen Bildungs- und Erziehungsfeld und besondere Qualitätsdimension in Erinnerung zu bringen.Footnote 2 Die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern gewährleistet Austausch, Repräsentanz und Außenwirkung im kulturellen Feld.

Eine Kooperationsvereinbarung mit der Universität zur wissenschaftlichen Begleitung folgt dem Interesse an Wissens- und Innovationstransfer. Zugleich wird auf Steuerungsautonomie geachtetFootnote 3; so klinkte das Land sich nicht 2011 in das Förderprogramm «Kulturagenten für kreative Schulen» ein, welches Kulturelle Bildung in den Schulen in fünf Bundesländer zu verankern trachtet. Erst seit 2014 werden bestimmte Teile des KulturSchul-Programms mit der Unterstützung der Mercator-Stiftung gefördert HKM, 2018). Das leitende Konzept KulturSchule Hessen beruht auf einem eigenen Erfahrungshintergrund mit Schulentwicklung. Die Lenkungsphilosophie entwickelt sich im Wachstumsprozess weiter – und steht vor der Herausforderung, neue Antworten auf das Ausbremsen durch die Corona-Pandemie zu finden.

3 Kulturelle Bildung im Mittelpunkt

Am Landesprogramm stellen die Programmakteure Thomas Langenfeld und Simone Twiehaus „drei übergeordnete Ziele“ für die Schulen heraus: Die „Etablierung eines künstlerischen Curriculums“, die Praktizierung von „[ä]sthetische[n] Zugangsweisen in allen Fächern“ und die Schaffung einer „umfängliche[n] künstlerische[n] und kulturelle[n] Praxis“ (Langenfeld & Twiehaus, 2018, S. 336). Deutlich wird daran, dass Kulturelle Bildung an ästhetisches Lernen gebunden wird (Westphal, 2015).Footnote 4

Mit dem Interesse an der Nachhaltigkeit der schulischen Veränderung ist mit dem Programm von Beginn an eine Schul- und Unterrichtsentwicklung intendiert worden, die die breiten Möglichkeiten Kultureller Bildung und ästhetischen Lernens in und zwischen den tradierten Fachdomänen akzentuiert. Da Kulturelle Bildung als Facette der Unterrichtsmodalitäten und als breit aufgestellter Erfahrungsbereich im Lehrplan und Schulleben nicht verankert ist, in der grundständigen Lehrerbildung auch nicht überfachlich studiert werden kann, ist eine diesbezügliche „Qualifizierung“Footnote 5 der Lehrkräfte notwendig. Als „Schulentwicklungsmaßnahme“, die sämtliche „Ebenen des schulischen Handelns“ miteinschließt und Lehrkräfte, Schulleitung und Steuerungsgruppen adressiert (Langenfeld & Twiehaus, 2018, S. 334) betrifft dies auch die Vergewisserung von Rollen im Veränderungsgeschehen.

Die Etablierung eines künstlerischen Curriculums in den schulischen Lehrplan und kultureller Praxis in das Schulleben fußt auf dieser Programmatik (vgl. Vogt & Gonszar, 2009; Vogt et al., 2011). Als Hauptanliegen beschreiben die ersten kurzen Veröffentlichungen in den Publikationen des Verbands der kulturellen Kinder- und Jugendbildung, Kinder und Jugendliche an künstlerische Ausdrucksformen heranzuführen und zu eigenem kreativen Tun anzustiften. Darin wird der „Schlüssel für eine geschulte ästhetische Wahrnehmung, kreatives Denken und Handeln und eine größere Offenheit und Neugier gegenüber traditioneller und zeitgenössischer Kunst und eigener und fremder Kultur“Footnote 6 (Vogt et al., 2011, S. 38) gesehen. Die ästhetischen Fächer verhinderten bei gebührendem Stellenwert eine voranschreitende „kulturelle“ Verarmung der Schule (Liebau et al., 2009, S. 7). Diese wird wesentlich in einer Reduktion der curricularen Stundenanteile der Fächer Musik und Bildende Kunst identifiziert, die infolge der PISA-Studie vorgenommen worden sind. Sie wird aber auch in einer Deprofessionalisierung gesehen, wenn die ästhetischen Fächer fachfremd unterrichtet werden. Und sie wird in der unreflektierten Dominanz digitaler Werkzeuge im Alltag wahrgenommen, die die Symbolisierungsfähigkeit der Heranwachsenden negativ beeinflusst. Nicht zuletzt wird auf den essentiellen Beitrag der ästhetischen Fächer verwiesen, den diese zu einer Persönlichkeitsentwicklung der Heranwachsenden leisten.

Von den KulturSchulen wird erwartet, Kulturelle Bildung als extracurricularen Querschnittsbereich zu verankern und weiterzuentwickeln. Dieses Anliegen tastet die bestehenden schulartendifferenzierten Lehrpläne mit der strukturellen Gewichtung in sogenannte Haupt- und Nebenfächer nicht an. Das vermeidet sofort aufflammende Konflikte um den Lehrplan, die auch deswegen nicht funktional wären, da ästhetische Zugänge im Fachunterricht Fragestellungen illustrieren und andere Arbeitsmethoden in den Unterricht einbringen sollen. Es geht nicht um eine Dominanz von Domänen, sondern eine bessere Vernetzung zugunsten einer Förderung von Aneignungsweisen und Verständnisförderung. Die Zielsetzung des Programms ist mit dem Fokus auf diesen Bildungsbereich jedoch noch nicht hinreichend erfasst. Denn Kulturelle Bildung hat die Funktion, einen schulischen Erfahrungsraum auszugestalten, der in seiner wichtigen sozialisatorischen Funktion für die Schüler oftmals übersehen wird. Ansatzpunkte für eine die gesamte Schule umfassende Veränderung sind hierfür a) der Unterricht, b) das Lernen in Projekten, c) die Kooperation mit Kultureinrichtungen und freien Kunstschaffenden und d) die weitere Öffnung der Schule. In diesen Handlungsfeldern sollen die Schülerinnen und Schüler auch mit externer Beteiligung zu ästhetischem Lernen und Eigenintiative herausgefordert werden. In mittelfristiger Sicht soll dies die schulische LernkulturFootnote 7 verändern.

Ausgehend von einer Gestaltungsarbeit der Schulaktuere an der pädagogischen ‚Ganzheit‘ einer Schule (Fend, 1988) pflegen die Programmverantwortlichen ein dialogisches Verhältnis zu den Teilnehmerschulen. Die Bewerbungsmodalität des KulturSchul-Programms verdeutlicht das ‚do ut des‘-Verhältnis zu ihnen. Durch ihre eigenintiative Selbstbewerbung werden sie an die Zielsetzungen der Programmleitlinie herangeführt. Ein in diesem Kontext stehender Austausch von wechselseitigen Erwartungen („Interessenbekundungsverfahren“) klärt Voraussetzungen und in der schulischen Gestaltung erwartete Meilensteine. Dennoch sind und bleiben die Schulen die Akteure ihrer Selbstentwicklung, für die sie Unterstützung in vielerlei Hinsicht bekommen. Diese wird zur Anbahnung eines mentalen Wandels benötigt. Denn KulturSchule ist mit habituellen Gewohnheiten konfrontiert, die aktuell ein Umdenken erfordern: Die ästhetischen Fächer werden von Eltern wie auch Lehrkräften weitgehend als schulische Randfächer begriffen. Zu Tagen der offenen Tür, festlich gestalteten Schülerneuaufnahmen oder Entlassungfeiern, Jubiläen sind die Leistungen, die die Schüler vor Publikum vollbringen, eine präsentable Bereicherung. Sie erfüllen eine bestimmte Erwartung. Gleichwohl ändert dies nicht die verbreitete Wahrnehmung, die ästhetischen Fächer als verschönernden Zusatz zu den „wichtigen“ Unterrichtsfächern zu sehen. Um diese Wahrnehmung zu verändern, sind KulturSchulen gefordert, das bildende Potenzial der ästhetischen Fächer hinsichtlich der Schulung von Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit des Individuums herauszustellen. Das bedeutet einen eigenen Lernprozess der Schulleitungen und der Lehrkräfte. Und es bedarf eines neuen fachverbindenden und fächerübergreifenden Blicks auf schulische Lehrplanthemen, um sie mit kunstbezogenen Zugängen und einer Handlungsorientierung zu verbinden.Footnote 8

Jede Schule kann als KulturSchule einen eigenen Weg für die Integration von Arbeitsweisen, Einbindung und Präsentationen der Künste und ihre Gestaltungsprodukte sowie den Grad des Einbezugs der Expertise von Kunstschaffenden und Kultureinrichtungen in die Schule finden. Für das im Zuge der Schulentwicklung entstehende Profil gibt es keine Normierung durch das KulturSchul-Programm. Auch der neue Zusatzrahmen HRS KuBi stellt letztlich ein Indikatorentableau dar, das interpretierbar ist, eine Entwicklungsrichtung unterstützen will, aber keine zusätzlichen Ressourcen vom Schulträger begründet.

Aus Bildungssicht ist allerdings relevant, wenn die ‚Lernkultur‘ bedeutet, dass Lernende aktiv werden und ihre sinnlichen und leibvermittelten Wahrnehmungen weiterentwickeln und sich als selbstwirksam erleben können. Unter diesen sinnenbezogenen, ästhetischen und veranschaulichenden Prämissen werden neue Lernräume geschaffen, die den Schülerinnen und Schülern Handlungs- und Ausdrucksmöglichkeiten bieten, die auf sie zurückwirken: „Bildung [kann sich] nur dann wirklich ereignen […], wenn auch ihre performative Seite entfaltet wird, wenn das sich bildende Subjekt auch performativ handelnd aktiv agiert“ (Pfeiffer, 2012/2013). Die Idee von einer solchen Wechselwirkung der Welt auf das sich bildende Subjekt und umgekehrt in seiner Veränderung rückwirkend auf die Weltsicht folgt Wolfgang Klafkis Bildungstheorie (Klafki, 1991), die auf die Bildungswirkung von kunstbezogenen Ausdrucksformen übertragen wird.

Der auf die KulturSchulen bezogene Kurs und Dialog der Programmakteure kann beschrieben werden als Beobachten und Unterstützen, was diese benötigen, um Kulturelle Bildung zu integrieren und Prozesse zu ihrer Verankerung bewusst zu steuern. Grundsätzlich sollen Nutzungsstrukturen für Netzwerkteilnehmer, die die Kulturelle Bildung durch je unterschiedliche Leistungen stärken und eine partielle Funktion auch für andere Teilnehmer eines Netzwerkes bieten, etabliert werden. Damit wird eine Fortdauer des Programms und ein Selbstregime angestrebt.

4 Der Beginn – Fortbildung für KulturSchulen

KulturSchule Hessen beginnt mit dem Schuljahresbeginn 2008/2009 wie vielfach üblich bei Neueinführungen als „Pilotversuch“. Die Erprobungsphase mit fünf Schulen ist in einem mit dem Personal bewältigbaren Maße dimensioniert. Die Mitarbeiter im Projektbüro schauen darauf, wie die Schulen mit dem Entwicklungsanspruch Kulturelle Bildung umgehen. Für das Entwicklungsziel existiert keine Blaupause; es kann sie auch nicht geben, weil die Bedingungen der Schulen im lokalen Umfeld unterschiedliche sind. Von Anfang an gehören Prozessbegleitung der Schulen und systemische Beratung zum Programm und ebenso eine Lehrkräftefortbildung.Footnote 9

Blickt man auf die Arbeitszusammenhänge in der Zeit, so ist zu vermuten, dass ein Modellversuch der Bund-Länder-Kommision «Kulturelle Bildung im Medienzeitalter» (2000–2006) erste Ansätze für das KultuSchul-Programm legte. Im BLK-Projekt ging es um die Entwicklung und Erprobung von Konzepten zur Einbeziehung digitaler Medien in die Fächer Kunst, Musik, Theater und Literatur. In einem Teilbereich entwickelten Schulen hierfür Konzepte.Footnote 10

Das KulturSchulProgramm übersteigt eine Reduktion auf Medien, da es die Künste mitsamt ihren Ausdrucksmöglichkeiten als bildungswirksame Medialität versteht, die Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft zugänglich sein sollen. Landespolitisch liegen Voraussetzungen und Entwicklungen vor, an die das Programm anschließt. Sie liegen in

  • dem frühen und fortdauernden Prozess der SchulautonomieFootnote 11,

  • der 1999 begonnenen Langzeitbeobachtung von vier Versuchsschulen, die innere Schulentwicklung und eigenintitatives Lernen der Schüler erprobenFootnote 12,

  • der Initiierung von Schulentwicklung in den musikalischen Grundschulen, die seit 2005 den Programmakteuren Indikatoren für den Problemkomplex liefert, langfristig wirkende Veränderungen in den Schulkollegien herbeizuführen;

  • Erfahrungsgrundlagen mit ästhetischen Fortbildungen an Schulen in Zeiten des «Kulturmobils».Footnote 13

Die Fortbildung zielte zunächst auf die schulinternen Koordinatoren („Kulturschulbeauftragte“) und die Fachlehrkräfte für Deutsch, Englisch und künstlerische Fächer (vgl. Vogt & Gonszar, 2009, S. 46). Diese Fortbildungsmodule sind mit eigenen erfahrenen Kräften projektiert und durchgeführt worden. An und für sich wäre dies nicht besonders erwähnenswert, hätte nicht kurz zuvor eine „der größten Umbauphasen [in] der Geschichte“ Hessens (Christean Wagner, Pressemitteilung vom 27.12.2005) stattgefunden. Mit der Einführung des Hessischen Lehrerbildungsetzes (HLbG) im November 2004 sind die Landeseinrichtungen für die Lehrkräftequalifizierung aufgelöst worden; ein neu geschaffenes „Amt für Lehrerbildung“ (AfL)Footnote 14 erhielt „den Auftrag, landesweite Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen durchzuführen und dazu Vorschläge der Staatlichen Schulämter auf Basis der Fortbildungspläne der Schulen einzuholen“ (Imschweiler, 2019, S. 151). Die Neuordnung der Zuständigkeiten im Bereich der staatlichen Dienststellen des HKM führte zur Dezentralisierung der Lehrkräftefortbildung einschließlich einer Überlastung der Schulämter mit zusätzlichen Planungsaufgaben (vgl. Görisch & Holstein, 2008, S. 15). Neben der Einsparung des Unterhalts für die Landeseinrichtungen bestand der weitere Plan darin, einen ausgedehnten Fortbildungsmarkt für einen denkbar weiten Kreis von Anbietern zu forcieren.Footnote 15 Es zeigte sich schnell, dass dieser Marktidealismus kein spezifisches Entwicklungsanliegen hinsichtlich der mit einer Qualifizierung verbundenen strategischen Gestaltungsziele verfolgte oder erfüllen konnte.Footnote 16 So vermerkte auch Gabriele Vogt, dass sich „kaum Angebote externer Fortbildungsanbieter“ (Vogt et al., 2011, S. 39) für Workshopmodule für kulturell kreative Schulen haben finden lassen.

Eine nach drei Jahren erfolgende Bewertung der politisch zügig geschaffenen Situation (Görisch & Holstein, 2008) erweist sodann die fehlplatzierte Beauftragung von Studienseminaren und Schulen mit Fortbildungen für Lehrkräfte. Beide Institutionen, die mit einem grundsätzlich anderen Auftrag versehen sind, wurden unsachverständig strapaziert. Den Schulen fehlte überdies durch einbehaltene Mittel die notwendigen Ressourcen, um die eigene Selbstentwicklung durch Fortbildung oder mit ‚incentives‘ für die Beteiligung der Lehrkräfte an ihren Schulentwicklungsmaßnahmen durchführen zu können. Eine 2006 vorgenommene Deputatserhöhung für Schulleitungen und Lehrkräfte verschlechterte das Klima in den SchulenFootnote 17 obendrein und wirkte sich auch auf die Fortbildungsbereitschaft aus.Footnote 18 Es heißt, dass die Angebote auf dem Fortbildungsmarkt weder dem individuellen, situativen oder schulischen Qualifikationsbedarf entsprochen haben.

Insofern war es zugleich die Herausforderung der ersten Stunde des Pilotprojekts KulturSchule, mit eigener Kraft und dem vorhandenen Know-how die das Programm unterstützenden Fortbildungsformate mitzuliefern. Die Fortbildungsangebote sollen sich „unmittelbar am Entwicklungsbedarf der jeweiligen Schulen und Lehrkräfte orientieren“ (Vogt & Gonszar, 2009, S. 47) – so die Intention –, wobei die „Berater und Begleiter in einem Prozess“ auf dem „Ideen- und Handlungspotential der Lehrkräfte und Schulen selbst aufbauen“ (ebd.) sollen.

Welches Aufgabenfeld im Kontext des KulturSchul-Programms die Programmverantwortlichen bei Startbeginn sehen, stellen sie in ihrer zweiten kurzen Veröffentlichung zum Landesprogramm vor (Vogt et al., 2011): Zum einen erhalten Schulen mit einem Profil im kulturellen Bereich systematisch Support hinsichtlich ihrer Schul- und Unterrichtsentwicklung. Zum anderen werden Projekte koordiniert und vernetzt. Über ein neu etabliertes Kulturportal sollen Projekte mit ähnlicher Zielsetzung aufeinander bezogen werden. Denn, so die Begründung, kreative Unterrichtsprojekte oder die Teilnahme an Wettbewerben könnten zum Impuls für ästhetisches Arbeiten werden und benötigten eine Veröffentlichungsplattform.

In erster Linie sind in der Aufgabenbeschreibung begleitende Dienstleistungen für Schulen, die Projekte in den Künsten initiieren, angeführt. Neben der Unterstützung von kulturellen Schulprofilen können grundsätzlich auch andere Schulen, Projekte und Künstler miteinander in Kontakt gebracht werden, indem hierfür geeignete Angebote publik gemacht werden. Allerdings ergibt sich aus einer Dienstleistung wie das Veröffentlichen solcher Hinweise noch kein Aufeinanderzugehen möglicher Partner, für die ein Treffen wahrscheinlich einen gewissen Weg für die Kooperationsinteressierten bedeutet. Eigene programmatische Begründungen der KulturSchul-Akteure lassen sich eventuell hinter einer bildungstheoretischen Begründung von Allgemeinbildung finden und in der Überzeugung der Wirkung des Ästhetischen.

In der Pilotphase gelingt es den Akteuren, die Rolle der ästhetischen Fächer in der KulturSchule zu definieren. Ein Diskurs mit allen Schulbeteiligten habe eine Verständigung dahingehend ergeben, so Vogt, die ästhetischen Fächer breit aufzustellen: „Drei Koordinator/-innen pro Schule haben gemeinsam mit ihren Schulleitungen versucht, das gesamte Kollegium sowie Schüler/-innen und Eltern an diesem praktischen Definitionsversuch“ (was eine KulturSchule ausmacht, H.A.) einzubeziehen und zu klären, wie man sich die „allmähliche Umsetzung in den Schulalltag“ (Vogt et al., 2011, S. 39) vorstellt. Während dieses partizipativen Prozesses habe sich gezeigt, „dass es nicht nur um eine Addition von Aktivitäten aus dem Bereich der sogenannten musischen Fächer und Arbeitsgemeinschaften gehen konnte“ (ebd.), sondern um eine allgemeine Verankerung sinnlicher und erfahrungsorientierter Zugänge „im gesamten Lern- und Schulalltag“ (ebd., Hervorh. H.A.). In dieser Referenz auf sinnesbezogenes Lernen erhalten die heterogenen ästhetischen Fächer eine sie zusammenführende Gemeinsamkeit; als Künste gewinnen sie eine wichtige Leitfunktion, dem Lerngeschehen über den ästhetischen Fachbereich hinaus künftig eine die Ausdrucksmöglichkeiten stärkende Richtung zu geben.

Ästhetisches Lernen wird damit entgrenzt und die bestehenden Grenzen der Unterrichtsfächer geweitet. Um dies zu entfalten, sind die organisatorischen Strukturen der Einzelschule anzupassen und bedingen eine Organisationsentwicklung der Schule. Das Programm adressiert die teilnehmenden Schulen, zunächst ihre bestehende kulturelle Praxis zu reflektieren, weiterzuentwickeln und auszuweiten.Footnote 19 Aufgrund von positiven Erfahrungen kann sie im weiteren Verlauf zum markanten Kennzeichen ihrer Unterrichts- und Erziehungsarbeit werden.Footnote 20

Mit dem KulturSchul-Programm wird Kulturelle Bildung und Ästhetisches Lernen zum Leitbild, das sich im genuinen Verständnis von Schulentwicklung auch auf das Lern- und Unterrichtsverständnis auswirkt. Damit geht außerdem eine Verschiebung im Bild von Schule einher, wie die zentrale Fragestellung zur Selbstüberprüfung der Schulen im Indikatorentableau 2016 verdeutlicht: „Ist Ihre Schule ein Ort kulturellen Lebens?“

Von dieser konzeptionellen Idee ausgehend ist somit das Fortbildungsangebot im Kontext KulturSchule zu betrachten. Alle an der Schulgestaltung Beteiligten sollen das ästhetische und handlungsorientierte Erfahrungsanliegen des KulturSchul-Programms nachvollziehen und zur Kompetenzerweiterung unterschiedlich ausgerichtete Fortbildungen wahrnehmen. Sie sollen „niedrigschwellig“ sein und Impulse für eine Unterrichtsveränderung sowie ein vielseitig performativ ausgerichtetes Schulleben setzen. Die Einzelschule wird als pädagogisch wirksames Gestaltungsfeld (Fend, 1988) visioniert.

Die durch Vogt et al. (2011) beschriebenen Aufgaben des Projektbüros sind mit der Zeit und den Fortschritten komplexer geworden und bilden das Volumen und Gesamtpaket des Büros Kulturelle Bildung nicht ab,Footnote 21 vor allem wegen der zunehmend erforderlichen Kooperativität auf allen Arbeitsebenen, die binnen 15 Jahren ein Erfordernis geworden ist. In der Anfangszeit wurde die operative Struktur geschaffen, auf die die Steuerungsakteure angewiesen sind. Aus der graphischen Darstellung bei Langenfeld und Twiehaus (2018, S. 337) geht die komplexe Vernetzung der derzeitigen Aktivitäten hervor, die bis zur EU-Ebene ausgreift. Das Büro Kulturelle Bildung des HKM kann als eine Mischung von Servicestelle (auch für ganztägig lernen) und im Zusammenwirken mit den Referatsmitarbeitern auch als eine Entwicklungsabteilung für das KulturSchul-Programm verstanden werden. Da die Bildungsverwaltung in direkter Beziehung zur Politik steht, ist die Verstetigung des Referats Kulturelle Bildung über mehrere Legislaturperioden hinweg ein Anzeichen dafür, dass die Landespolitik in diesem Querschnittsbereich ein öffentlich legitimierbares Entwicklungs- und Praxisfeld für Schulen sieht.Footnote 22 Der Titel KulturSchule gilt aufgrund des normativen Überschusses als Auszeichnung, für dessen Verwendung von der Schulorganisation Engagement verlangt wird.

4.1 Voraussetzungen einer KulturSchul-Programmteilnahme

Eine Aufnahme in das KulturSchul-Programm geht auch mit einer Prüfung der Entwicklungsvoraussetzungen einher. Um Kulturelle Bildung voranzutreiben, soll ein gewisses Fundament im ästhetischen Handlungsfeld und damit auch die Entwickler – Lehrkräfte – vorhanden sein. Bewerberschulen sollen einen ästhetischen Bereich bereits profiliert haben. Hieran kann die künftige Arbeit an der «vertikalen Tiefe» und Bestrebungen, mit Kultureinrichtungen und Kultur- und Kunstschaffenden zu kooperieren, ansetzen. Das der Schulbewerbung vorgeschaltete mehrtägige „Interessenbekundungsverfahren“ will seitens der Programmakteure sicherstellen, dass transparent ist, was auf eine Programmschule zukommt. Denn „wenn alle Beteiligten mit der Programmidee vertraut sind und sie mittragen“ (HKM, 2014, Amtsblatt 2, S. 86), sei die erfolgreiche Umsetzung möglich. Das Interesse am Programm ist in einer Selbstverpflichtung zu einer deputatsmäßig kalkulierten Freisetzung von Lehrkräften für Koordinierungsaufgaben zu dokumentieren. Tab. 1 zeigt die Bedingungen, die Bewerber-Schulen erfüllen müssen.

Tab. 1 Voraussetzungen einer KulturSchul-Programmteilnahme (HKM, 2016)

Gewünscht wird eine partizipative und von vielen Lehrkräften getragene Bereitschaft, aktiv an den Entwicklungsprozessen mitzuwirken. Ein strukturell verankerter Rückhalt für die KulturSchul-Beauftragten ist Minimalbedingung, um sie auf annähernd gleiche Augenhöhe mit der Schulleitung zu bringen. Zugleich erklärt sich die Schulleitung bereit, Lehrkräfte für Fortbildungen im KulturSchul-Programm vom Unterricht freizustellen, was in den Kollegien (und Elternschaft) die Akzeptanz einer Vertretungspraxis erfordert. Auch die Schulprogrammarbeit, eine Prozessdokumentation und curriculare Verschriftlichungen sind zeitlich und personell abzusichern. Tab. 2 zeigt die Erfordernisse, die Schulen im KulturSchul-Programm erfüllen müssen.

Tab. 2 Verpflichtungen bei einer KulturSchul-Programmteilnahme (HKM, 2016)

Diese Verschriftlichung der Aufgaben will Klarheit bei den Schulen über ihren Beitrag schaffen, damit das Tagesgeschäft mit seinen Anforderungen nicht die Verbindlichkeit unterminiert. Insofern wird das Formale, das in der Vereinbarung zur Teinahme am KulturSchul-Programm festgehalten wird, durch Differenzierung und Spezifizierung notwendiger Unterstützungsanteile ergänzt.

4.2 „Wer vom Ziel nicht weiß, kann den Weg nicht haben“ (Christian Morgenstern)

Sich als KulturSchule zu entwickeln, stellt einen Lernprozess der Beteiligten dar, vor allem dahingehend, was unter dem Entwicklungsanspruch des KulturSchul-Programms den Schulangehörigen pädagogisch wichtig ist und priorisiert werden soll. Konzeptionelle Empfehlungen aus Gestalterperspektive (vgl. Kammler & Lohmann, 2018; Fuchs, 2017) für eine Orientierung über den einzuschlagenden Weg erfahren meist eine Grenze in der Adaption durch deren Losgelöstheit von den aktuell drängenden schulischen Alltagsproblemen, der Spezifik des lokalen und sozialen Umfelds der Schule und der unterschiedlichen Erfahrenheit der Schulleitung mit ‚Change-Management‘. Von außen sind der interne Kommunikationsprozess und die Schulentwicklung nicht zu beeinflussen. Die Theorie besagt hierzu, dass in der Autopoesis des Systems Schule eine Kommunikationsschleife mit dem Umfeld maßgeblich wird; das Forschungsmaterial zum Veränderungshintergrund von fünf KulturSchulen markiert als Anstoß, krisenhafte Erscheinungen zu bewältigen, die auch von außen z. B. durch das Inklusionsgebot induziert sein können.

Das strategische Ziel für neue Programmschulen muß schulintern nicht geklärt werden, es ist eindeutig und vorgegeben: Nach drei Jahren im Programm erfolgt ihre Zertifizierung zur KulturSchule, wofür Erfolge vorzuweisen sind. Hierfür sind sodann operationale Ziele zu klären: Wie will eine Schule die Zertifizierung erreichen? Das heißt, wie soll die kulturelle Praxis aussehen, die in den Jahrgangsstufen 5 und 6 ansetzt, und danach fortzuführen ist? Welche Lehrkräfte stehen für welche optionalen Modelle zur Verfügung? Wieviele neue Partnerschaften sollen die kulturelle Praxis unterstützen? Mit wem sind dafür Vereinbarungen zu treffen? Können beispielsweise Musikdozenten aus der städtischen Musikschule Unterricht und Projekte übernehmen?

An diesen möglichen Fragestellungen ist zu ersehen, dass hierfür noch keine inhaltliche Tiefe der Klärung, was KulturSchule ausmacht, notwendig ist. Das kann sich mit der Erarbeitung einer eigenen Vision von KulturSchule ändern. Zunächst erfordert dieser Workshop Zeit, die gut gefüllt sein will. Die zunächst sich nicht von Rahmenbedingungen leitende Entwurfsvorstellung ist danach in das Schulprogramm zu überführen. Als Handlungsprogramm sind zeitliche Abschnitte zu definieren, die trotz permanent drängender Alltagsbewältigung schrittweise umgesetzt werden (vgl. Kauer, 2020). Sich die Ziele des KulturSchul-Programms zueigen zu machen heißt, Strukturen anzupassen, um Voraussetzungen zu schaffen, Unterricht und Arbeitsweisen umzugestalten. Nach innen wie nach außen sind Aktivitäten der Schule verlangt; mit dem Schulträger und mit dem Schulamt sind Verhandlungen zu führen, die auch der Referenzrahmen KUBI unterstützen kann.

Für ihren Entwicklungsweg erhalten die Schulen eine Prozessbegleitung und eine systemische Beratung. Die erste Zertifizierung erfolgt mit einem Feedback zum individuellen schulischen Entwicklungsstand. Gelernt wird, so eine Schulleiterin, den „Prozess [indem wir stehen] erst mal zu dokumentieren“ (ISL1, 01). „Es ist wichtig, dass man einfach mal einen Schritt danebentritt und das von außen betrachtet, also aus der Entfernung“ (ISL1, 05). „Wir haben immer den Gesamtprozess betrachtet, aber auch eine Ordnung in die Situation bekommen…“. „Also man versteht den Prozess besser und kann dann auch besser steuern, was sind die nächsten Schritte.“ (ISL1, 07).

Die im Kontext von KulturSchule entstehenden Baustellen bedürfen einer Delegation von Aufgaben durch die Schulleitung. Nicht zu vergessen ist das Festlegen von Indikatoren, wann ein Mindestmaß einer Ressourcenumsteuerung erreicht ist (Lehrkräftebedarf, Anzahl von Partnerschaften etc.). Leicht kann bei diesen organisatorischen Leistungen aus dem Blick geraten, worum es aus bildungstheoretischer Sicht im Besonderen geht: Wird bei all diesen Allokationsfragen und Zielklärungen konsequent auch die Perspektive des lernenden Subjekts eingenommen? Was ist zentral und wichtig, um das Lernen der Schülerinnen und Schüler zu fördern? Wie können sie darin unterstützt werden, ihren Lernprozess stärker selbst zu bestimmen, zu beobachten, zu reflektieren und Erfolge festzustellen? Hierzu ist hilfreich, die Schüler nach ihren jeweiligen Möglichkeiten in den Veränderungsprozess der Schule miteinzubeziehen. Evaluationen durch die Lerngruppen, die Auskunft geben über die Qualität der neuen Lernumgebungen, können als Online-Befragung künftig vorgesehen werden. Aus einer bereits erfolgten Untersuchung an sechs baden-württemberischen KulturSchulen zieht die Forscherin Britta Klopsch den Schluss, es sei notwendig, die Handlungskompetenz der Schüler zu stärken und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich eigene Ziele zu setzen und ihren eigenen Lernprozess selbst zu steuern (Klopsch, 2022).Footnote 24 Diese Schlussfolgerung kann gewissermaßen als Zielsetzung des KulturSchulProgramms Hessen angesehen werden.

Im Rückblick auf ihren Prozess zur KulturSchule verstehen sie in unserer Untersuchung (Ackermann et al., 2015, S. 175 ff.) ihre Weiterentwicklung als Qualitätsverbesserung ihrer Unterrichts- und Erziehungsarbeit. Wir meinten eine höhere Sensibilität der Lehrkräfte für die Befindlichkeit ihrer Lerngruppen festzustellen. Eine vertiefende Untersuchung fehlt dazu. Eine Argumentationslinie bieten die Programmakteure selbst an: Kulturelle Bildung in der Schule zum Leitbild des Lernens zu machen, „basiert auf der Überzeugung, dass ästhetisches Tun die reflexive Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit des Individuums in hohem Maße entwickelt und dadurch ein umfassender Lern- und Bildungsprozess angestoßen werden kann“ (Langenfeld & Twiehaus, 2018, S. 334). Wenn dies die Lehrkräfte beginnen wahrzunehmen, könnte dies die Motivation stärken, mit der Schul- und Unterrichtsentwicklung fortzufahren. Tab. 3 zeigt, das grundsätzliche Ziel, das Programmschulen erreichen sollen und was dafür unbedingt zu tun ist.

Tab. 3 Zielvorgaben der KulturSchul-Programmteilnahme (HKM, 2016)

4.3 Die Staffelorganisation

Das KulturSchul-Programm ist als Aufeinanderfolge eines drei Jahre umfassenden Durchlaufs einer Prozessberatung und Fortbildungsteilnahme bis zur ersten Zertifizierung der KulturSchule aufgestellt.

Die erste Staffel des Modellversuchs 2008 mit fünf Schulen adressiert Sekundarschulen vorwiegend im südhessischen Raum. Die Stärkung der kulturellen Partizipation ist eine Konsequenz, die aus der PISA-Studie gezogen werden kann und ein unstrittiges und legitimierbares Ziel.Footnote 25

2012 startet die zweite Staffel mit sechs weiteren Schulen. Diese Schulen verteilen sich auf Mittelhessen und eine weitere auf Osthessen. Seit dieser zweiten Staffel werden den neu aufgenommenen Schulen Paten aus den bereits zertifizierten KulturSchulen an die Seite gestellt und somit die Erfahrungsweitergabe auf mehrere Schultern verteilt. 2013 wird die kulturelle Schulentwicklung an drei Gesamtschulen evaluiert, wobei im Sample auch eine Schule aus der ersten Staffel berücksichtigt wird (vgl. Ackermann et al., 2015). Alle Schulen der ersten und zweiten Staffel nehmen an den Austausch bietenden KulturSchultreffen teil. Die sich stärker ausdifferenzierenden Fortbildungsformate stehen allen Teilnehmerschulen offen.

2015 folgt die dritte Staffel mit neun weiteren Schulen des Sekundarbereichs I. Zwei Förderschulen kommen hinzu. Die Verteilung von Programmschulen umfasst seither auch Nordhessen. Durch eine orientierende Vorphase schafft das HKM Transparenz über Erwartungen und organisiert dabei einen ersten Erfahrungsaustausch mit und unter den Bewerberschulen (vgl. HKM, 2014). In Kooperation mit der 2015 gegründeten LehrkräfteakademieFootnote 26 werden zum zweiten Mal für die Schulleitungs- und Steuerungsteams eine „Qualifizierungsreihe und Beratungen“ (Langenfeld & Twiehaus, S. 337) angeboten sowie eine Prozessbegleitung an den Schulen durch das Büro Kulturelle Bildung des HKM und systemische Prozessberatung durch die Lehrkräfteakademie.

Die vierte Staffel 2022 nimmt 13 Schulen auf. Insgesamt sind damit im zeitlichen Verlauf 33 Schulen unterschiedlicher Schulart beteiligt, Gymnasien sind von Beginn an eingeschlossen.Footnote 27 Bis vor kurzem richtete sich der Kreis der Bewerberschulen auf die Sekundarstufe aus. Unter den Neuaufnahmen befinden sich nun zwei Grundschulen sowie eine als Schulart auslaufende Haupt- und Realschule und ein Oberstufengymnasium.

Der Zertifizierung als KulturSchule durch das HKM nach drei Jahren folgt eine Rezertifizierung nach weiteren drei Jahren. Danach alle vier Jahre, die die Weiterentwicklung in einem selbstgesteuerten Prozess dokumentiert.

Neuartig ist die Ausschreibung von Profilschulen, die „je einen künstlerischen Schwerpunkt aus dem Bereich der Kulturellen Bildung auf[nehmen, ihn erweitern und ausschärfen]“ (HKM, 2021, Amtsblatt 05, S. 309). Vier Sparten werden berücksichtigt: Musik, Darstellende Künste, Bildende Kunst, Literatur und Kulturelle Bildung (als ein Konglomerat unterschiedlicher Kunstsparteneinflüsse). Dahinter steht die Idee von Referenzschulen, die eine Sparte, in der sie sich bereits profiliert haben, mit steigendem Anspruch weiterentwickeln. Für die Schülerinnen und Schüler der Profilschulen soll die Schwerpunktbildung in ihrer „Schulzeit und über die Schulzeit hinaus wirksam“ werden und eventuell „eine Perspektive für den beruflichen Lebensweg eröffnen“ (ebd.).

Im hier beschriebenen operationellen Programm stellen die Profilschulen eine gewisse Sonderentwicklung dar, insofern KulturSchule eine vor Ort realisierbare Vielfalt von Künsten beziehungsweise ästhetischen Angeboten bereitstellen soll, um möglichst allen Schülerinnen und Schülern kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. So ist im Slogan «Eine Kunst für jeden» das programmatische Anliegen komprimiert aufbewahrt, den Heranwachsenden „die Chance [zu geben], alle Künste in den ersten Jahren für sich zu entdecken, dann in einer Kunst besondere Kompetenzen zu erwerben“ (Vogt et al., 2011, S. 39). Profilschulen knüpfen an dieser Leitlinie mit einer Schwerpunktsetzung an. Wie es scheint, wird hier vom gesamten Programm ausgehend geplant. Denn an Profilschulen soll eine Expertise entwickelt werden, die ermöglicht, KulturSchulen und darüberhinaus alle hessischen Schulen gezielt in den Künsten zu beraten. Das Programm soll sich mit dem Hintergrund einer professionellen Expertise selbst ‚nähren‘ können. Ob dies funktioniert und welcher Weg hier konkret eingeschlagen wird, wird die Zukunft zeigen. Ihre Selbstentwicklung sollen Profilschulen mithilfe wissenschaftlicher Begleitforschung steuern und diese dürfte auch die Akzeptanz der Schwerpunkte in der Breite der gesamten Schülerschaft untersuchen. Abb. 1 gibt einen Überblick über alle Unterstützungsmaßnahmen.

Abb. 1
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Die Unterstützungsstruktur für KulturSchulen

5 Die Unterstützungsstruktur für KulturSchulen

Im Referat I.7 «Kulturelle Bildung» des Hessischen Kultusministeriums ist die Entscheidungszentrale des operativen Systems zu verorten, in dem ihm angegliederten Büro Kulturelle Bildung das prozessorientierte Administrationssystem. Die Arbeitsstruktur im HKM umfasst zusätzlich zum Referatsleiter eine Fachreferentin und einen Fachreferenten und im Büro Workshop-Teams, Koordinatoren für verschiedene Kunstsparten sowie drei Landeskoordinatoren KulturSchule, die für den Bewerbungs- und Zertifizierungsprozess sowie Veranstaltungen, Fortbildungen und den Kontakt mit den Schulen organisatorisch verantwortlich sind.

Jede KulturSchule erhält aus diesem Personenkreis einen Prozessbegleiter zur Seite gestellt, der die Schulen zu regelmäßigen Besuchsterminen aufsucht, den direkten Kontakt hält, eine beratende Funktion übernimmt, den Prozess der Zertifizierung und Folgezertifizierung der KulturSchule begleitet und die Anträge auf Kulturgeld bearbeitet. Die Schulen erhalten darüber hinaus eine Hilfestellung zur schulinternen Evaluation ihrer kulturbezogenen Profilierung. Zusätzlich stehen in jedem Schulamtsbezirk Fachberater für Kulturelle Bildung zur Verfügung.

6 Die Fortbildungs- und Vernetzungsformate

Die Fortbildungsangebote gelten als „die zentralen Gestaltungsmöglichkeiten des KulturSchul-Programms und ihr Motor“ (Langenfeld & Twiehaus, 2018, S. 344). Die Intention ist, mit der Qualifizierung einhergehend eine Motivation grundzulegen, die die Lehrpersonen bewegt, Kulturelle Bildung und ästhetische Erfahrung kontinuierlich in ihre curriculare Arbeit zu integrieren. Dies bedingt, in der Schule dafür ‚Raum‘ zu schaffen, sodass Schülerinnen und Schüler ästhetische Erfahrungen machen können. Auch für die Vorausetzungen solch neuer Lernräume gilt es ein Sensorium zu entwickeln.

Der jeweilige zeitliche Umfang der Fortbildungen sucht nach Kompatibilität mit dem Schulbetrieb. Das jüngste ‚Kind‘ der Fortbildung im Landesprogramm sind die «Fachforen», die zweimal im Jahr über zweieinhalb Tage mittlerweile in einer auf Kulturelle Bildung ausgerichteten Akademie in Osthessen unter Beteiligung von Künstlern durchgeführt werden. Im Rahmen dieses Veranstaltungstypus durchlaufen Lehrkräfte einen eigenen ästhetischen Erfahrungs- und kreativen Schaffensprozess. Die Selbsterfahrung gilt als grundlegende Voraussetzung für die Entwicklung einer Sensibilität hinsichtlich der Modalitäten von Bildungsprozessen für die Schülerinnen und Schülern.

Das Fortbildungsformat «Tag X» verläuft als eintägige Einzelveranstaltungen. Die Themen und Arbeitsweisen können sich erheblich voneinander unterscheiden – das Spektrum reicht von museumspädagogischen Einblicken über fachliche bzw. interdisziplinäre Werkstattveranstaltungen bis hin zu Peer-Einblicke in Schulentwicklungsstrukturen. «Tag X» stellt eine flexible Größe dar, mit der kurzfristig und punktuell auf aktuelle Bedarfe der Schulen oder des Büros Kulturelle Bildung reagiert werden kann.

Die «Workshops Kreative Unterrichtspraxis» sind ein schulintern stattfindendes Angebot. Ähnlich wie die Fachforen sind sie als erfahrungsorientierte Praxisangebote mit ästhetischen und kreativen Vertiefungsphasen konzipiert und adressieren Lehrkräfte auch unter Schülerbeteiligung aus allen Fachbereichen. Die besondere Stärke der Workshops liegt in der Ideenvermittlung zu fachverbindendem und fächerübergreifendem Arbeiten.

Seit der zweiten Staffel KulturSchule Hessen gehören verpflichtende Fortbildungen für Schulleitungen und Kulturkoordinatoren mit dem Fokus auf der lernenden Organisation in das Spektrum der Angebote. Diese «SLT-Reihe» wird in Kooperation mit der Hessischen Lehrkräfteakademie durchgeführt. Das Anliegen besteht darin, bei den Schulleitungen und KulturSchul-Beauftragten Instrumente an die Hand zu geben, um Strukturen zu verändern. Auch soll das Bewusstsein für die Herausforderung komplexer Beteiligungsprozesse im Rahmen der kulturbezogenen Schulentwicklung geschärft werden: „Angesichts der Komplexität der Bildungssysteme in und außerhalb der Schule und den soziokulturellen Herausforderungen unserer modernen Gesellschaft muss kulturelle Schulentwicklung zukünftig ein größeres Augenmerk auf Organisationsentwicklung und Evaluation legen“ (HKM, 2018, S. 2). Abb. 2 zeigt die vier Fortbildungsformate und ihre Zielgruppen.

Abb. 2
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Fortbildungsformate für die Hessischen KulturSchulen

Eine Strategie der berufsbegleitenden Professionalisierung von Lehrkräften ist, den Austausch in schulischen Netzwerken zu fördern. Die Einbindung der Lehrkräfte in schulübergreifende kommunikative und kooperative Zusammenhänge dient der Erweiterung des Erfahrungswissens und der Anregung des Reflektierens des eigenen unterrichtlichen und organisationalen Handelns. Eine mit dem Austausch von Erfahrungswissen erwartete Perspektivenvielfalt soll alternative Möglichkeiten vor Augen führen, wie in anderen Schulen komplexe Probleme angegangen werden. Die bemerkten Differenzen oder die Erläuterung kreativer Ideen für Projekte sollen so zu Lernenanlässen werden. Diesbezügliche Erwartungen an das Arbeiten in Netzwerken reichen so weit, darin einen Anstoss zu sehen, eigene persönliche Überzeugungen und Handlungsweisen zu hinterfragen. Nils Berkemeyer et al. (2011, S. 231) bewerten empirische Forschungsarbeiten zur schulischen Vernetzung dahingehend, „eindeutige Hinweise dafür geliefert [zu haben], dass schulische Vernetzung kooperative Prozesse zwischen Lehrkräften anstößt“. Kooperation gilt als Voraussetzung für die Implementation von Innovationen. Der Rahmen führe zu einer „vertrauensvolle[n] Zusammenarbeit“, zur „Wissenserweiterung“ und erhöhe die Reflexion (ebd., S. 232).Footnote 28

Das KulturSchul-Programm bietet den Lehrkräften und Schulen verschiedene Vernetzungs- und Austauschmöglichkeiten. Abb. 3 illustriert Vernetzungsformate, Zielgruppen und Aufgaben

Abb. 3
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Vernetzungsformate für die Hessischen KulturSchulen

Der Bilanz- und Perspektiventag stellt die Standortbestimmung der beteiligten Schulen in den Vordergrund; er soll also einen strukturierten Austausch über die gegenwärtige Entwicklung an den Einzelschulen stimulieren. Hierbei werden Schulgruppen gebildet oder gemischte Gruppen miteinander ins Gespräch gebracht, aktuelle Entwicklungsvorhaben der Schulen vorgestellt, übergreifende Problemstellungen zuerst in Kleingruppen und anschließend gemeinsam im Plenum auch unter Beteiligung der Kooperationspartner diskutiert (z. B. mit Fachberatern für Kulturelle Bildung, Dozenten der Hessischen Lehrkräfteakademie oder von der Akademie Burg Fürsteneck und Vertretern der wissenschaftlichen Begleitforschung). Der Bilanz- und Perspektiventag erfüllt verschiedene Zwecke: Für die konzentrierte Vergegenwärtigung wird sich Zeit genommen, den Entwicklungsstand zu bilanzieren; der schulübergreifende Austausch in Kleingruppen betont den Peer-Learning-Aspekt in der Vernetzungsarbeit. Er kann auch in Arbeitsräumen von Kultureinrichtungen stattfinden, sodass dies als benefit eine Führung durch eine Ausstellung mitbeinhalten kann.

Im Wechsel mit dem Bilanz- und Perspektiventag wird das sogenannte KulturSchul-Treffen durchgeführt. Es findet in einer KulturSchule statt. Bei diesem Format steht zum einen der Präsentationsaspekt im Vordergrund: Durch Aufführungen und Ausstellungen sowie ggf. Fachvorträge stehen Praxisbeispiele der Kulturellen Bildung im Vordergrund. Daneben besteht die Möglichkeit, sich in eines der parallel angebotenen Foren, die zentrale strukturelle Fragen der KulturSchul-Entwicklung aufwerfen, einzuwählen. Schülergruppen übernehmen nicht mehr nur die organisatorische Rahmung (Begrüßung, Catering, Orientierung), sondern sie stellen auch ihre spezifische Mitwirkung an KulturSchul-Angeboten vor.

Der Fachaustauschtag wird wie das KulturSchul-Treffen von einer der KulturSchulen ausgerichtet. Dieses Netzwerkformat bildet ein Zwischenglied zu den Fortbildungen. Am Vormittag besteht die Gelegenheit zu ästhetischen Erprobungen, angeleitet entweder durch Lehrkräfte mit einer entsprechenden Expertise oder durch Fortbildner. Der erste Part des Fachaustauschtags steht im Zeichen eines erfahrungsorientierten Lernens mit einem niedrigschwelligen Zugang. Am Nachmittag folgt das namensgebende Peer-Learning-Element: Im Kreis ihrer naturwissenschaftlichen, (fremd-)sprachlichen, gesellschaftswissenschaftlichen Kolleginnen und Kollegen stellen die Teilnehmer von ihnen erprobte ästhetische Methoden und curricularen Ansätze vor; sie erhalten ein wertschätzendes Feedback und darüber hinausgehende Anregungen.

Das Format Zeit für KulturSchule legt einen starken Fokus auf Vergewisserungsprozesse. Es handelt sich um ein zweitägiges Treffen für Schulleitungsteams und die KulturSchul-Beauftragten von Schulen, die sich auf die Zertifizierung bzw. Re-Zertifizierung als KulturSchule vorbereiten. Die Veranstaltung erfüllt drei Funktionen: Inhaltliche Klärungsprozesse, zum Beispiel zum Verständnis von Kultureller Bildung, die mittels Textarbeit und Diskussion erfolgen können. Die Schul-Gruppen nehmen eine strukturierte Bestandsanalyse vor und nutzen die Zeit für eine Selbstvergewisserung und Dokumentation ihres jeweiligen schulischen Entwicklungsprozesses; hierzu wird die Struktur der Zertifizierungsanträge vorgestellt, die anschließend in den Schul-Gruppen intensiv besprochen werden. Drittens nehmen die Schul-Gruppen eine Visionierung vor und planen zukünftige Schritte. Anschließend erfolgt ein schulübergreifender Austausch. Das Format ‚Zeit für KulturSchule‘ intendiert somit eine konzentrierte Zwischenbilanz, ein „Von-außen-Draufschauen“ und eine Selbstermutigung für den weiteren Weg durch eine Rückschau auf das Erreichte.

Der Boxenstopp fördert die Vernetzung der KulturSchul-Beaufragten aller KulturSchulen. Hier besteht Gelegenheit zur Vergewisserung der eigenen Rolle als KulturSchul-Koordinator und zur Begegnung mit anderen in gleicher Funktion. Die Teilnehmenden nutzen dieses zweitägige Veranstaltungsformat zur Thematisierung schulspezifischer Problemlagen, zur Ideengenerierung hinsichtlich des Entwicklungsprozesses der eigenen Schule, zur Information von wissenschaftlichen Evaluationsergebnissen zum KulturSchul-Programm, zur Bekanntgabe praktisch-organisatorischer Informationen (Termine, Mittelabruf, Ziele und Konzeption des Hessischen Referenzrahmens Schulqualität Kulturelle Bildung). Die Treffen unterstützen damit die Ausbildung einer Rollen-und Gruppenidentität. Zugleich erhalten die Akteure der Programmsteuerung Eindrücke von aktuellen Problemlagen und für eventuell notwendige Interventionen zur Stabilisierung und Weiterentwicklung des Programms.