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Mit Beginn ihrer Beteiligung am Landesprogramm KulturSchule erklären die Programmschulen ihre Bereitschaft, regelmäßig Lehrkräfte zu den zweieinhalbtägigen «Fachforen» zu entsenden und ebenso eine Teilnahme an «Tag X» oder «Workshops der Kreativen Unterrichtspraxis» zu unterstützen. Diese Fortbildungsformate vermitteln Lehrkräften vielfältige Anregungen sowie die Kompetenz, ästhetische Zugänge in ihren Unterricht zu integrieren; anhand der Selbsterfahrung wird ihnen deutlich, welches Potenzial ästhetische Erfahrung hat. «Workshops der Kreativen Unterrichtspraxis» befähigen die Lehrkräfte zu fächerverbindendem und fächerübergreifendem Unterricht. In der Evaluation hat sich angedeutet, dass Lehrkräfte sensibler für das Wohlbefinden ihrer Lerngruppen werden.

Die Schulleitungen versprechen sich ihrerseits von der Fortbildung, dass der Erfahrungsbezug die Lehrkräfte für die kreative und prozessorientierte Arbeit mit den Schülern qualifiziert und dass sich auch ihre Bereitschaft erhöht, an der Schulentwicklung mitzuwirken.

Die Fortbildenden rechnen mit einem Transfereffekt der Fortbildung nach einer Inkubationszeit, in der Ideen reifen und mit dem persönlichen Lehrstil harmonisiert werden. In welche Richtung die Konzeptbildung der einzelnen Lehrkraft geht, ist dabei offen. Das Erwartungsspektrum unterstellt, dass sich die Fortbildungsteilnahme auf die Einstellungen und Haltung der Fortgebildeten auswirkt. Vor diesem Hintergrund haben wir in zwei Förderschulen und an drei Gesamtschulen eine Befragungsstudie durchgeführt und dahingehend ausgewertet, ob sich fortgebildete Lehrkräfte von den nicht Fortgebildeten in ihren Antworten unterscheiden.

1 Methodische Bemerkungen

Die Schulentwicklungsprozesse von KulturSchulen sind seit einer Evaluation 2012/2013 beobachtet worden. Hierfür sind in einem selektiven Sampling drei Gesamtschulen einzeln portraitiert worden. Für eine Kollegiumsbefragung dieser drei Schulen ist ergänzend 2013/2014 ein Fragebogen entwickelt worden (vgl. Ackermann et al., 2015). Aufgrund der Einbeziehung von zwei Förderschulen in das KulturSchul-Programm ist dieser Fragebogen 2016/2017 überarbeitet worden. Dieser ist sodann 2017 für eine Replikationsstudie auch an den drei Gesamtschulen verwendet worden. Ein Teil dieser Daten zur Schulentwicklung in KulturSchulen wird nun für diese Publikation zur Klärung der Frage, ob sich die Fortbildung auf die Schulentwicklung auswirkt, herangezogen. Dies ist möglich, weil der Fragebogen Items zur Fortbildungsteilnahme und zur Teilnahmefrequenz enthält. In einer Sonderauswertung werden Gruppenunterschiede von Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten im Antwortverhalten hinsichtlich der Akzeptanz der Programmarbeit an den KulturSchulen, der schulinternen Zielsetzungen, der Ressourceneinschätzung, der persönlichen Wahrnehmung der Entwicklung der Schüler in der KulturSchule und der persönlichen Zielsetzungen, die die Lehrkräfte im Unterricht verfolgen, untersucht.

Die Befragungen können als Vollerhebung im Sample der fünf Schulen gelten. Diese Datenerhebung ist ebenso wie die Primärstudie im Rahmen von Gesamtkonferenzen durchgeführt worden. Dies gewährleistet eine sehr hohe Beteiligungsquote der Lehrkräfte. Das Sample umfasst eine Schule aus der ersten KulturSchul-Staffel (seit 2008 im Programm), zwei Schulen aus der zweiten Staffel (seit 2012) und zwei Schulen aus der dritten Staffel (seit 2015). Diese SchulenFootnote 1 haben wir seit 2013 (sofern schon im Programm) häufiger besucht, in die Lern- und Forschungswerkstatt des Instituts für Schulpädagogik eingeladen und sie bei KulturSchul-Tagen begleitet.

Unsere Fragebogenerhebung erfasst die Teilnahmequoten der Kollegien an der Fortbildung. Die zwei Förderschulen des Samples wurden im Jahr 2016 befragt, die drei Regelschulen zuletzt im Jahr 2017. Zum Befragungszeitpunkt lag die Fortbildungsquote insgesamt bei 65,3 % (n = 240). Davon nahmen fast ein Viertel (24,9 %) der Befragten einmal an einer Fortbildung teil, weitere 40,4 % mehrfach. Ein Drittel der Lehrkräfte (34,7 %) hatte zu jenem Zeitpunkt noch keine KulturSchul-Fortbildung besucht. Lehrkräfte, die ein ästhetisches Fach (Kunst, Musik, Darstellendes Spiel und Sport) unterrichten, sind zu 78,9 % Fortbildungsteilnehmer. Lehrkräfte ohne ein ästhetisches Unterrichtsfach zu 53,6 %. Abb. 1 zeigt die Fortbildungsquote von 5 KulturSchulen 2016/17.

Abb. 1
figure 1

Fortbildungsteilnahme in den KulturSchul-Kollegien 2016/17

Aufgrund der durchschnittlichen Beteiligung an den QualifizierungsformatenFootnote 2 von 65 % können die Befragungsdaten aussagekräftige Anhaltspunkte dafür liefern, ob Unterschiede mit dem Fortbildungsbesuch einhergehen. Die Frage ist, inwieweit sich Wahrnehmungen und Ansichten von Fortbildungsteilnehmern von den Ansichten der (noch) nicht Fortgebildeten abheben. Hierzu werden einerseits Prozentwertunterschiede beziehungsweise Mittelwerte zur Analyse des Antwortverhaltens der beiden Gruppen herangezogen. Darüber hinaus wird anhand von Signifikanztests ermittelt, ob die Bewertung der Items mit einer Fortbildungsteilnahme beziehungsweise Nichtteilnahme verknüpft ist. Mithilfe des Mann–Whitney-Tests (auch U-Test genannt) lässt sich bestimmen, ob die beiden Gruppen sich in ihrem Antwortverhalten unterscheiden. Dieser Test wird verwendet, wenn die Voraussetzungen für ein parametrisches Verfahren nicht erfüllt sind, das heißt, die Daten sind nicht normalverteilt und die Variablen sind lediglich ordinalskaliert. Das Verfahren kann auch bei kleinen Stichproben verwendet werden. Einschränkend anzumerken ist hinsichtlich der Interpretation, Unterschiede im Antwortverhalten auf die Fortbildungsteilnahme zurückzuführen, dass vor dem Fortbildungsbesuch keine Einstellungsmessungen vorgenommen worden sind. Letztlich können feststellbare Differenzen, so die Einschränkung, auch von Persönlichkeitsunterschieden beeinflusst sein.

Mithilfe des zusätzlichen Jonckheere-Terpstra-Tests (auch J-Test genannt) wird darüber hinaus untersucht, ob sich das Antwortverhalten danach unterscheidet, ob sich ein Trend abzeichnet, wenn mehrfach an den Fortbildungen teilgenommen wurde; der J-Test ist also ein Trendtest, der bei ordinal skalierten Stichproben angewendet werden kann. Für beide Tests gilt, dass Ergebnisse dann als signifikant gewertet werden, wenn die Fehlerwahrscheinlichkeit p kleiner als 5 % ist (p < ,05). In dem Fall gilt ein statistischer Wert nicht als rein zufällig. In den nachfolgenden Visualisierungen sind diese Werte in den Datenlegenden mit normal schwarzer Farbgebung abgelegt. Annähernd signifikante Ergebnisse mit einer Fehlerwahrscheinlichkeit von 5 bis 10 % (,05 <p < ,1) werden ergänzend aufgeführt, weil sie möglicherweise Ausgangspunkte für genauere Nachforschungen darstellen können; die annähernd signifikanten Werte werden durch eine Darstellung in Graustufen besonders gekennzeichnet. Die Effektstärke (r-Wert) ist ebenfalls angegeben. Bei einem r-Wert zwischen 0 und 0,1 wird üblicherweise nicht von einem Effekt gesprochen; bei einem Wert im Bereich von 0,1 und 0,3 spricht man von einem geringen Effekt; bei Werten zwischen 0,3 und 0,7 geht man von einem mittleren Effekt aus; bei einem Wert von r > 0,7 spricht man von einem starken Effekt.

2 Zur Akzeptanz des KulturSchul-Profils

Zur Einführung in diese Studie zum Antwortverhalten in den beiden Gruppen Fortgebildete und nicht Fortgebildete bietet sich an, in der Graphik zunächst den globalen Wert zur allgemeinen Berufszufriedenheit (Item 81_1 Abb. 2) zu betrachten. In seinen Determinanten ist das Item nicht weiter operationalisiert und auch nicht in Stufen unterteilt. Aus diesem Wert geht somit nicht hervor, wie zufrieden eine Lehrperson ist und durch welche Indikatoren sich Berufszufriedenheit auszeichnet. Insofern wird hier durch die Zustimmung nicht mehr ausgedrückt als sich im gewählten Beruf richtig zu fühlen. In größeren Studien ist abgelegt, dass mit dem Lehrberuf die pädagogische Situiertheit zugrundegelegt wird. Deshalb lässt sich aus einer Zustimmung nur ein Rückschluss auf das Schulklima vornehmen: Sind Lehrkräfte an KulturSchulen mit ihrem Beruf zufrieden, gibt es offenbar in dem konkreten Umfeld keine unmittelbaren Anlässe, die Berufswahl in Zweifel zu ziehen. Abb. 2 zeigt die Zustimmung zu KulturSchule bei Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten.

Abb. 2
figure 2

Fortbildungsteilnahme und KulturSchul-Zustimmung

Über alle Items in Graphik 10.2Footnote 3 hinweg unterscheidet sich das Antwortverhalten von Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten. Der geringste Antwortunterschied zwischen ihnen besteht im Zufriedenheitswert hinsichtlich des Berufs (Item 81_1). Diesbezüglich unterscheiden sich Fortgebildete von den noch nicht Fortgebildeten um 0,1 Punkt. Prozentual gesehen haben dieser Frage Lehrkräfte in Regelschulen wie auch in den Förderschulen zu 98,1 % zugestimmt. Nur im Trendtest ergibt sich eine Signifikanz für die Regelschullehrkräfte (#RS). Bei den Förderschulen haben zum Befragungszeitpunkt die Förderschullehrkräfte an durchschnittlich 2,03 Fortbildungen je Lehrperson teilgenommen; an den Regelschulen waren es durchschnittlich 3,67 besuchte Fortbildungen pro Person. Dies ist dem späteren Einstieg der Förderschulen in das KulturSchul-Programm geschuldet, weshalb zwischen den Schulformen eine gewisse Unvergleichbarkeit vorliegt, die zu berücksichtigen ist.

Aufgrund des hohen Zufriedenheitswerts bei allen Lehrkräften spricht viel dafür, dass in den Schulen dieses Untersuchungssamples ein gutes Betriebsklima und eine allgemeine Wertschätzung im Kollegium herrscht. Es könnte sein, dass eine positive Grundstimmung sich auch günstig auf das Innovationsklima auswirken kann. Wenn unterschiedliche Ansichten im Kollegium nicht auf das Betriebsklima ‚durchschlagen‘, könnte auch eine gewisse Übereinstimmung in den Ansichten der Lehrkräfte gegeben sein.

Item 80 („Ich bin gern an dieser Schule“), das sich auf die Lokalität der Arbeit richtet, zeigt einen immer noch hohen Mittelwert bei allen Antwortenden, aber hier differiert der Zufriedenheitswert zwischen Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten leicht stärker um 0,17 Punkte. Dieser Wert ist für die Regelschullehrkräfte signifikant; für die Förderschullehrkräfte zeichnet sich im Trendtest eine Signifikanz ab. Die Lehrkräfte aus den drei Regelschulen fühlen sich in leicht stärkerem Maß wohl an ihrer konkreten Schule als die Förderschullehrkräfte, was durch die seinerzeit stattfindende Umstrukturierung an den Förderschulen eine plausible Erklärung findet. Auch dieser Wert bekräftigt die Vermutung, dass die Studie Schulen vorfindet, deren Kollegien und Schulleitungen nicht zerstritten sind.

Die Frage, „Ich finde es gut, dass meine Schule KulturSchule ist“ (Item 76), fokussiert die Einigkeit hinsichtlich der Programmatik KulturSchule. Generell, so lässt sich sagen, ist die Zustimmung auch hier bei Fortgebildeten wie nicht Fortgebildeten hoch. Bei den Fortgebildeten ist sie höher: Ausgedrückt in Prozent haben 89,9 % aller fortgebildeten Lehrkräfte der Aussage zugestimmt, die noch einmal die Entscheidung zum KulturSchul-Programm bekräftigt. Im Vergleich der hier abgebildeten Werte unterscheidet sich dieser Wert nun etwas deutlicher im Vergleich zu den nicht Fortgebildeten. Bei den nicht Fortgebildeten liegt dieser Wert mit einem um 5,8 % geringeren Zustimmungsanteil bei 84,1 %.

Die auf die Zukunft gerichtete Aussage „Meiner Meinung nach sollten wir weiterhin KulturSchule bleiben“ (Item 78) erreicht bei den Fortgebildeten einen Mittelwert von 2,50 (90,7 % der Lehrkräfte stimmen zu), nicht fortgebildete Lehrpersonen erreichen den Mittelwert 2,20 (Zustimmung von 83,9 %). Diese Gruppe würde ebenso wie die Fortgebildeten weiterhin am Landesprogramm teilnehmen wollen. Die Differenz der Gruppen ist mit 0,3 Punkten in diesem Item am größten und fällt in beiden Gruppen leicht höher als in Item 76 aus. Der Wert der Fortgebildeten ist für Regelschullehrkräfte signifikant, auch im Trendtest. Dies bedeutet, dass die Lehrpersonen aus diesen Schulen, die über mehr Fortbildungserfahrung verfügen, stärker der Meinung sind, ihre Schule solle das Profil KulturSchule beibehalten; wer mehrere Fortbildungen besucht hat, ist tendenziell noch stärker dieser Auffassung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Einigkeit der Fortgebildeten wie auch nicht Fortgebildeten in der Zustimmung zum KulturSchul-Programm sehr hoch scheint. Bei beiden Gruppen bewegt sich die Zustimmung zum KulturSchul-Profil auf hohem Niveau. Die Auffassung, das KulturSchul-Programm weiter fortzusetzen, wird mit 6,8 Prozentpunkten stärker von Fortgebildeten geteilt. Damit ist die Zustimmung bei den Fortgebildeten etwas deutlicher ausgeprägt als bei nicht Fortgebildeten. Aufgrund der Signifikanz der Werte für Regelschullehrkräfte, die mehr Fortbildungsgelegenheiten wahrnehmen konnten, könnte man fragen, ob der Fortbildungsbesuch sich hier in einer stärkeren Befürwortung des kulturbezogenen Schulprofils auswirkt.

3 Zur Wahrnehmung der Zielsetzungen in KulturSchulen

Die soziale Kohäsion und schulinterne Zusammenarbeit der Lehrkräfte ist eine wichtige Bedingung einer zielorientierten Schulentwicklung. Die Befragungsstudie ermöglicht einen Blick darauf, welche Wahrnehmung der Zielsetzungen in der KulturSchule die Lehrkräfte der befragten Schulen haben (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Wahrnehmung der Zielentwicklung an KulturSchulen

Die Aussage, „Für die KulturSchule setzen wir uns längerfristige Ziele“ (Item 24) spricht eine für alle Lehrkräfte transparente Entwicklungsarbeit an, an der sie beteiligt sind und auf die sie Einfluss haben. Für beide Gruppen, Teilnehmer an Fortbildungen und noch nicht Fortgebildete, sind die Zustimmungswerte hoch; für die nicht Fortgebildeten ist er um 0,25 Punkte geringer. Insofern ist zu vermuten, dass die Zieldiskussion in der Schule von den Fortgebildeten stärker wahrgenommen wird.

Präzisierend auf die Kenntnis der konkreten Entwicklungsziele der spezifisch kulturellen Ausrichtung der Schule hin fragt Item 32 „Ich kenne die konkreten Entwicklungsziele der kulturellen Ausrichtung unserer Schule“. Diesbezüglich fallen die Zustimmungswerte bei Fortgebildeten wie nicht Fortgebildeten im erreichten Wert deutlich ab, es gibt auch eine Differenz von fast einem halben Punkt im Mittelwert zwischen den Gruppen. Ein zwei Drittel-Anteil der Fortgebildeten (75,4 %) gibt an, die konkreten Entwicklungsziele der eigenen Schule zu kennen. Von den nicht Fortgebildeten geben dies weniger als die Hälfte an (48,5 %). Dies kann die Annahme einer Sensibilisierung für die Kentnisnahme der Zielsetzungen durch eine Fortbildungsteilnahme bekräftigen und zeigt zugleich, dass, verglichen mit den längerfristigen Zielen, die die Befragten besser zu erinnern glauben, eine spezifischere und detaillierte Kenntnis zurückfällt. Die Werte sind hier signifikant für die Regelschul- und die Förderschullehrkräfte. Abb. 3 zeigt die Wahrnehmung der Zielentwicklung an KulturSchulen bei Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten.

Die interne Kommunikation zur KulturSchule (Item 27) ist in der Wahrnehmung der Befragten vergleichsweise nicht so markant repräsentiert. Die Lehrkräfte wurden gefragt, ob sie der Auffassung sind, es gebe in ihrer Schule „viel interne Kommunikation über die künstlerischen und kulturellen Aktivitäten“. Die Fortgebildeten bestätigen zu 67,1 %, dass es darüber viel Austausch gebe. Lehrkräfte an den Regelschulen, die also mehr Fortbildungen wahrgenommen haben, erreichen hier einen signifikanten Zustimmungswert. Demgegenüber registrieren weniger als die Hälfte der nicht fortgebildeten Personen (46,5 %) eine Kommunikation unter den Lehrkräften. Diese Ausprägung stützt die These, dass nach einem Besuch von KulturSchul-Fortbildungen die Fortgebildeten dem kommunikativen Austausch stärker Beachtung schenken – sie sind direkt daran beteiligt –, und aufgrund ihres Erfahrungshintergrunds ist dieser für sie wohl von höherer Relevanz ist als für die nicht Fortgebildeten. Für die Lehrkräfte an Regelschulen ist der Wert signifikant, auch im Trendtest. Der Trendtest lässt die Aussage zu, dass bei einem mehrfachen Fortbildungsbesuch (Regelschul-)Lehrkräfte die Aussage durchschnittlich höher bewerten, dass die Schule sich längerfristige Ziele setze (Item 24). Dies trifft auch für das Item (32) zu „Ich kenne die konkreten Entwicklungsziele der kulturellen und künstlerischen Ausrichtung unserer Schule“ und auch bei Item 27 „Für die KulturSchule gibt es viel interne Kommunikation“.

Abb. 4 zeigt die Einschätzung von Ressourcen von Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten. Die Grafik veranschaulicht, wie die konkreten schulischen Rahmenbedingungen für die Zwecke der KulturSchule von Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten wahrgenommen werden. Es wird untersucht, ob eine Fortbildungsteilnahme die Ressourceneinschätzung an Schulen moderiert. Und in der Tat zeigt sich durchgehend das Muster, dass Fortgebildete die schulische Ausstattung und andere Rahmenbedingungen für die KulturSchul-Arbeit positiver bewerten.

Abb. 4
figure 4

Fortbildungsteilnahme und veränderte Ressourcenwahrnehmung

Dies erstreckt sich zum einen auf die ‚Hardware‘ wie „eine geeignete technische Ausstattung der Schule“ (Item 44_2) bis hin zu den Faktoren wie die Einschätzung der kollektiven Bereitschaft (Item 38_2), „bei uns etwas auszuprobieren“. Sowohl Fortgebildete wie nicht Fortgebildete sehen bei sich eine eigene hohe Motivation (Item 34_2), sich aktiv an der KulturSchul-Entwicklung zu beteiligen. Dieser Wert ist signifikant sowohl für Regelschul- als auch Förderschullehrkräfte. Für Regelschullehrkräfte, die sich öfter fortbilden konnten, ist der Wert auch im Trendtest signifikant. Der Mittelwert von 2,30 nimmt bei Fortgebildeten den höchsten Wert in der gesamten Itemreihe ein, ebenso ist dies bei den nicht Fortgebildeten mit dem Mittelwert 1,96 der Fall. Dies bekräftigt erneut die Annahme, dass das Innovationsklima dieser im Sample befindlichen KulturSchulen als günstig eingeschätzt werden kann.

Einen Blick auf das Kollegium beinhaltet Item (38_2) „die Bereitschaft bei uns etwas auzuprobieren“. Bei diesem Blick auf „uns“ als Kollektiv gehen die Zustimmungswerte in beiden Gruppen zurück, er liegt aber bei beiden deutlich über dem rechnerischen Mittelwert. Bei den Fortgebildeten ist die Reduktion deutlicher als in der Gruppe der nicht Fortgebildeten. Zwischen den Gruppen liegt ein Abstand von 0,30 Punkten. Für die Förderschullehrkräfte, die weniger Gelegenheiten zur Fortbildung hatten, ist dieser Wert signifikant, für die Lehrkräfte an Regelschulen nur im Trendtest. Es scheint, dass Förderschullehrkräfte ihr Kollegium grundsätzlich als innovativ ansehen.

In der Graphik zur Ressourceneinschätzung bleibt der Abstand zwischen den beiden Gruppen mit sehr kleinen Abstrichen fast konstant zwischen den Gruppen, nur in der Einschätzung „gute Anregungen von außen“ (Item 49_2) wird dieser Abstand um fast einen halben Punkt im Mittelwert größer (81 % bzw. MW 2,02 gegenüber 57,3 % bzw. MW 1,56). Gute Anregungen von außen werden von denjenigen wahrgenommen, die sich durch Besuche(r], Austausch und Kontakte adressiert fühlen. Auch die Ideen aus der Fortbildung könnten von den Fortgebildeten unter „gute Anregungen von außen“ gezählt werden, allerdings ist dies interpretativ nicht eindeutig. Es läge dann in der Logik, dass diese Anregungen den nicht Fortgebildeten nicht bekannt sein können. Für Lehrkräfte der Regelschulen und Förderschulen sind die Werte signifikant und stehen für eine allgemeine Aufgeschlossenheit, die bei den Fortgebildeten einen hohen Zustimmungswert erreicht und den größten Abstand zu den nicht Fortgebildeten aufweist. Auch hier könnte man von einer höheren Sensibilität bezüglich der Anregungen von außen sprechen.

Teamarbeit als eine wichtige Bedingung für Schulentwicklung (Item 51_2) wird gleichfalls von 81 % der Fortgebildeten (MW von 2,02) als vorhanden angesehen. Dieser Wert ist signifikant für Regelschulen. Ebenso trifft dies hinsichtlich der Frage nach passenden Kooperationspartner zu (Item 52_2): Beides wird von Lehrkräften mit Fortbildungsbesuch als höher vorhanden bewertet als von nicht Fortgebildeten. Allerdings muss auch hier mit statistischer Vorsicht argumentiert werden: Diese (und die anderen vorgestellten) Korrelationen sind nicht kausal auf die Fortbildungsteilnahme zurückzuführen. Es ist ebenso denkbar, dass Personen mit bestimmten Einstellungsmustern eher KulturSchul-Fortbildungen anwählen bzw. diesen fernbleiben. Um Zusammenhänge zu begründen und abzusichern, müssen zusätzliche Auswertungsverfahren genutzt werden. Gleichwohl ergeben die für die Evaluation der Fortbildung durchgeführten Interviewauswertungen Hinweise darauf, dass die Fortbildungserfahrungen im KulturSchul-Kontext auf Lehrpersonen motivierend und persönlich bestärkend wirken. Welche Merkmale die Gruppe der Fortgebildeten aufweist, könnte in einer weiteren Untersuchung nachgegangen werden.

4 Aktivitäten in der Unterrichtsentwicklung

Wie sieht in beiden Gruppen die Perzeption von Aktivitäten in der Unterrichtsentwicklung aus? Item 84 fragt nach Tendenzen: Haben die Aktivitäten zur Unterrichtsentwicklung im Zeitraum der Teilnahme am KulturSchul-Programm abgenommen, sind sie gleichgeblieben oder haben sie zugenommen? Die mehrheitliche Zustimmung in den beiden Gruppen verteilt sich unterschiedlich. Bei den Fortgebildeten (n = 125), die geantwortet haben, wird mehrheitlich eine Veränderungsaktivität gesehen: 64,8 % von ihnen sehen eine Zunahme in der Unterrichtsentwicklung. Nahezu ein Drittel, 29,6 %, der Fortbildungsteilnehmer sehen keine Änderung und 5,6 % sehen eine Abnahme.

Bei den nicht Fortgebildeten überwiegt die Wahrnehmung von Konstanz. 58,2 % von ihnen sehen keine Veränderung. 40 % der nicht Fortgebildeten sehen hingegen an ihren Schulen eine Zunahme von Aktivitäten zur Unterrichtsentwicklung. Eine Person (1,8 %) der nicht Fortgebildeten sieht eine Abnahme von Unterrichtsentwicklungsarbeit.

Insofern kann nicht von einem einheitlichen Bild über die Schulen hinweg gesprochen werden; in den Augen einer Mehrheit fortgebildeter Lehrkräfte zeichnet sich ab, dass in die Unterrichtsentwicklung an der Schule Bewegung gekommen ist. Stellt sich die Frage, ob Fortgebildete optimistischer sind oder entdecken sie vielleicht aufgrund ihrer Erfahrung mit ästhetischen Zugängen und durch mehr Austausch mit ihren Kollegen auch mehr Ansätze zur Unterrichtsentwicklung?

Abb. 5 zeigt die Einschätzung der stattfindenden Unterrichtsentwicklung bei Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten.

Abb. 5
figure 5

Einschätzung der Unterrichtsentwicklung

5 Pädagogische Zielsetzungen der Lehrkräfte

Unterscheiden sich fortgebildete und nicht fortgebildete Lehrkräfte in ihren persönlichen Zielsetzungen, die sie im Unterricht verfolgen? Es ist zu vermuten, dass beide Gruppen, die dem Lehrberuf angehören, allenfalls geringe Differenzen aufweisen werden. Drei Items fragen nach Wissensvermittlung, Schlüsselkompetenzen und fachbezogenen Zielsetzungen (vgl. Abb. 15). Als wollte man bekräftigen, sich hinsichtlich der eigenen Arbeit nicht als purer Wissensvermittler zu verstehen, stimmen Forgebildete und nicht Fortgebildete der Aussage zu, persönlich „nicht ausschließlich Wissen vermitteln“ (Item 14) zu wollen. Die Differenz beträgt 0,07 Punkte. Dieser Aussage stimmen 96,2 % der Fortgebildeten zu und findet von 92,6 % der nicht Fortgebildeten Zustimmung. Lehrkräfte einer Regelschule, die zu den seinerzeitigen Pilotschulen gehört, also am längsten im KulturSchul-Programm ist, erreichen in der Zustimmung einen signifikanten Wert. Bei den Lehrerinnen und Lehrern ist eine Selbstbeschreibung feststellbar, sich nicht als ausschließliche Wissensvermittler zu verstehen. Abb. 6 zeigt die Zustimmung zu Zielen im Unterricht bei Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten.

Abb. 6
figure 6

Fortbildungsteilnahme und Zielsetzungen im Unterricht

Item 6 „Im Rahmen meiner Arbeit will ich persönlich Gelegenheiten schaffen, fachliche Kompetenzen zu entwickeln“ zeigt dreifach stärker im Mittelwert (0,21 Differenzpunkte) eine Zustimmung der Fortgebildeten (97,6 %) und eine Zustimmung bei nicht Fortgebildeten (90,6 %). Die Unterschiede zwischen Fortbildungsteilnehmern und nicht Teilnehmern sind hier in allen Regelschulen und in einer der beiden Förderschulen signifikant. Lediglich an der Förderschule für körperlich-motorische Entwicklung gibt es keinen signifikanten Unterschied, auch nicht im Trendtest. Das lässt sich plausibel mit der Spezifik des Förderbereichs erklären, der mit dem Schwerpunkt körperlich-motorischen Entwicklung viel breiter aufgestellt sein muss, sodass die Lehrkräfte ihre Förderungsaktivitäten nicht in der Itemformulierung eines Anschließens an fachliche Kompetenzen wiederfinden.

Item 5 „Schlüsselkompetenzen zu entwickeln“ betrifft überfachliche Kompetenzen. Diese wollen Fortgebildete in ihrer Arbeit stärker, mit 0,23 Differenzpunkten, vermitteln als nicht Fortgebildete. Für Regelschullehrkräfte, die mehr Gelegenheiten zur Fortbildung wahrnehmen konnten, ist dieser Wert signifikant. Die Zustimmungswerte dieser Reihe rangieren alle hoch; dass hier die Fortgebildeten einen größeren Abstand zu den nicht Fortgebildeten aufweisen, könnte, vorsichtig interpretiert, mit einer gewissens Loslösung von einem engen fachlichen Anspruch zusammenhängen.

Betrachtet man die Antwortmuster zu diesen drei Items, lässt sich festhalten, dass der Anspruch, Kompetenzen zu vermitteln stark geteilt wird. Die Werte der Fortbildungsteilnehmer bewegen sich abgesetzt auf höherem Niveau mit einer nur geringen Differenz in der Abweisung einer ausschließlichen Wissensvermittlung. Verändern sich die persönlichen Ziele, wenn stärker nach Ambitionen in der Kulturellen Bildung gefragt wird? Abb. 7 zeigt die Zustimmung zu Zielen im Unterricht hinsichtlich kultureller Praxis bei Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten.

Abb. 7
figure 7

Fortbildungsteilnahme und Zielsetzungen im Unterricht hinsichtlich kultureller Praxis

Abb. 7 rückt die Thematik in den Vordergrund, Schülern ästhetische Erfahrungen im Schulalltag zu ermöglichen, aber auch in der Kulturellen Bildung Kenntnisse zu vermitteln. Gefragt wird in den Items 7, 11, 12 nach persönlichen Zielsetzungen im Unterricht, die an die Überfachlichkeit der Fortbildungen anschließen und das Zugänglichmachen von ästhetischen Erfahrungen betreffen. Es wird augenfällig, dass die Zustimmungswerte der Fortgebildeten deutlich den Mittelwert oberhalb von 2 überschreiten, auch wenn nicht die starken Werte wie in Abb. 5 erreicht werden. Die Differenz zu den Zustimmungswerten der nicht Fortgebildeten macht hier allerdings eine halbe Stufe aus und jeder Itemwert zeigt eine statistische Signifikanz für Lehrkräfte an Regelschulen ebenso wie für die Lehrkräfte an Förderschulen.

In der Auswertung des Antwortverhaltens ist auch ein Blick auf die Fachzugehörigkeit geworfen worden: 85,2 % aller Lehrpersonen mit mindestens einem ästhetischen Unterrichtsfach wollen den Schülern „Gelegenheiten bieten, künstlerische Erfahrungen zu machen“ (Item 7). Dies trifft auf 75,6 % der Lehrkräfte ohne ein ästhetisches Unterrichtsfach ebenfalls zu. Die in diesem Item stärker ausgeprägten Mittelwertunterschiede zwischen Fortgebildeten (2,21) und nicht Fortgebildeten (1,74) weisen auf einen statistischen Zusammenhang hin zwischen einem Fortbildungsbesuch und der höheren persönlichen Gewichtung ästhetischer Erfahrungen in Lernsituationen. Das Vorhaben, mit der eigenen Arbeit für Schülerinnen und Schüler künstlerische Erfahrungen möglich zu machen, liegt bei Fortbildungsbesuchern also durchschnittlich um eine halbe Antwortstufe höher. Diese Unterschiede sind für Regel- und Förderschulen signifikant und auch im Trendtest zeigt sich, dass Teilnehmer mit mehrfachem Fortbildungsbesuch insgesamt stärker bestrebt sind, künstlerische Erfahrungen zu realisieren.

Ein ähnlicher Effekt zeigt sich hinsichtlich der Motivation, den Lernenden „Möglichkeiten zum eigenen künstlerischen Ausdruck zu bieten“ (Item 11). Nicht Fortgebildete äußern zu 51,4 %, dass ihnen eine solche Ausdrucksfähigkeit ein Anliegen sei. Unter den Fortgebildeten stimmen hier 75,7 % dieser Frage zu. Auch diese Unterschiede könnten in einem Zusammenhang mit dem Fortbildungsbesuch stehen, für Regel- und Förderschulen ist dieser Wert signifikant, ebenso im Trendtest (Abb. 8). Item 12 „Im Rahmen meiner Arbeit will ich persönlich Kenntnisse über Kunst und Kultur vermitteln“ ordnet das Ästhetische als inhaltlichen schulischen Fachgegenstand ein und löst ihn von einem rein performativen und erfahrungsbezogenen Anspruch. Hier sagen 79 % der Fortgebildeten gegenüber 64,9 % der nicht Fortgebildeten, dass sie sich dieses Ziel setzen. Es finden sich in allen drei Fragebereichen Mehrheiten für Ziele der Kulturellen Bildung. Dies geht konform mit den Zustimmungswerten hinsichtlich der Zielsetzungen in der Schulentwicklung. Dennoch lässt sich sagen, dass die Ermöglichung von künstlerischen Erfahrungen und kunstbezogenen Ausdrucksmöglichkeiten Lehrkräften mit einer einschlägigen Fortbildungserfahrung ein messbar größeres Anliegen ist. Allerdings könnte sich dieses Ergebnis auf eine größere Aufgeschlossenheit der Lehrkräfte mit ästhetischem Fachintergrund zurückführen lassen. Denn diese waren in den Fortbildungen stärker vertreten.

Abb. 8
figure 8

Fortbildungsteilnahme und Ambitionen: Abwechslung

Abb. 8 zeigt die Zustimmung zu Zielen im Unterricht bei Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten. Die Abbildung greift in drei Aspekten die Frage auf, ob die sich fortbildenden Lehrkräfte generell offen und experimentierfreudig sind und die Aufmerksamkeitsspanne ihrer Schüler durch Abwechslung und Anschaulichkeit aufrechterhalten wollen.

Auch diese Abbildung zeigt eine hohe Identität in der Profession, schaut man auf die hohen Zustimmungswerte, die beide Gruppen in den drei Items (10, 8, 13) erreichen. Die Frage, ob man „den Schülerinnen und Schülern Alternativen zu herkömmlichem schulischem Lernen bieten“ wolle (Item 8) beantworten Personen mit Fortbildungserfahrung (92,4 %) mit einem Mittelwert von 2,39. Nicht Fortgebildete (80,1 %) erzielen einen Mittelwert von 2,03. Für Lehrkräfte an Regelschulen und im Trendtest ist der Wert signifikant, ebenso an der Förderschule für motorische und körperliche Entwicklung. Dies stützt noch einmal die Vermutung, dass die Gruppe der Fortgebildeten, aber auch der nicht Fortgebildeten eine stabile didaktische Grundhaltung aufweisen, die Neuem gegenüber aufgeschlossen sind. Ohnehin geben 100 % der befragten Förderlehrkräfte an, aus professionellen Gründen die herkömmliche Schulpädagogik nicht zu verfolgen. Die Differenz der Werte von Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten liegt bei 0,36 Punkten und scheint in der deutlichen Spreizung darauf zu verweisen, dass in der Fortbildung Anregungen für nicht herkömmliche Methoden geboten werden, die in den Schulen auf Nachhall treffen.

Item 13 zu den persönlichen Zielen im Rahmen der eigenen Arbeit „auch einmal etwas Neues auszuprobieren“ erreicht für beide Gruppen den höchsten Wert. Damit verstärkt sich der Eindruck, dass die Fortbildungen für KulturSchule Lehrkräfte attrahieren, die sich gerne anregen lassen, eingefahrene Routinen zu verlassen und tragfähige Ideen umzusetzen. Gleichwohl ist auch bei den nicht Fortgebildeten von einer hohen Bereitschaft, die sie bekunden, auszugehen. Dies lässt wiederum auf eine gewisse Einigkeit in der Haltung im Kollegium schließen.

6 Die Perspektive auf die Schülerinnen und Schüler

Insbesondere vor dem Hintergrund des Erfahrungsbezugs ist interessant, wie Lehrkräfte in KulturSchulen die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler wahrnehmen. Im Rahmen des KulturSchul-Programms wird der Zugang zu Kultur(einrichtungen) und den Künsten erweitert und sollen Schülerinnen und Schüler ihre Talente oder neue Interessenfelder herausfinden können. Teilnehmende an den Fachforen äußerten Ideen und Vorhaben dazu, wie sie das konzentrierte Arbeiten und Eintauchen in einen kreativen Prozess auch in ihre Lerngruppen transportieren könnten. Sie sehen in den ästhetischen Zugängen auch eine Verständnisförderung. Sehen sie aber auch generell eine Stärkung der Lernmotivation der Lernenden in KulturSchulen?

Abb. 9 zeigt die Einschätzung der Lernmotivation der Schüler bei Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten.

Hiernach fragt Item 98. Es gibt eine große Übereinstimmung in allen Schulen, dass die Lernmotivation sich nicht verändert habe. Fortgebildete stimmen der Aussage, die Lernmotivation sei konstant geblieben zu 56,3 % zu, nicht Fortgebildete zu 74,5 % (Abb. 9).

Abb. 9
figure 9

Lernmotivation der Schüler

Der Anteil derer, die eine höhere Lernmotivation bei den Schülerinnen und Schülern zu erkennen glauben, ist unter den fortgebildeten Lehrpersonen doppelt so hoch wie bei nicht Fortgebildeten: 39,7 % gegenüber 18,2 % bei Lehrkräften ohne Fortbildungserfahrung. Die unterschiedliche Wahrnehmung zwischen Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten ist signifikant für die Lehrpersonen an den drei Gesamtschulen und annähernd signifikant für das Förderschulpersonal. Der Anteil derjenigen, die eine Verschlechterung sehen ist mit 4 % bei den Fortgebildeten und 7,3 % bei nicht Fortgebildeten gering.

Oftmals wird der Aufführungskultur zugeschrieben, das Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Begründet wird dies damit, dass sie sich trauen, sich vor anderen zu zeigen. Abb. 10 zeigt die Einschätzung des Selbstbewusstseins der Schüler bei Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten. Die Abbildung zeigt hier eine differente Bewertung in den Gruppen:

Abb. 10
figure 10

Einschätzung des Selbstbewusstseins der Schüler

Die Lehrkräfte wurden gefragt (Item 94), inwiefern sie der Auffassung sind, dass das Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler seit der Teilnahme am KulturSchul-Programm zugenommen hat, unverändert geblieben ist oder abgenommen hat. Fortgebildete Lehrerinnen und Lehrer sagen mehrheitlich (58,3 %), dass die Schülerinnen und Schüler selbstbewusster geworden seien. Die größte Zustimmung der nicht Fortgebildeten mit 60,7 % entfällt hingegen auf die unverändert-Kategorie, das Selbstbewusstsein der Schüler sei gleich geblieben. Die Fortgebildeten gehen ihrer Einschätzung zufolge von einem positiven Effekt der KulturSchule für einen Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen aus. Dies trifft in signifikanter Weise für das fortgebildete Personal an den Regelschulen zu und ist annähernd signifikant für die Lehrkräfte an den Förderschulen.

Gibt es eine ähnlich positive Einschätzung hinsichtlich der Bindung der Schüler an ihre Schule? Abb. 11 zeigt die Einschätzung der Identifikation der Schüler mit ihrer Schule bei Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten.

Abb. 11
figure 11

Einschätzung der Identifikation der Schülerschaft mit der Schule

Die Mehrheit der Fortbildungsteilnehmer (50,8 %) sieht ebenso wie die nicht Fortgebildeten (67,9 %) keinen nennenswerten Einfluss auf die Identifikation der Schüler mit ihrer Schule. Allerdings beobachtet ein bedeutender Anteil von 44,4 % der Fortgebildeten eine größere Identifikation der Schülerschaft mit ihrer Schule; unter den nicht Fortgebildeten teilen nahezu ein Drittel (30,4 %) diesen Eindruck. Die Zustimmungswerte zu der Aussage, die Identifikation habe zugenommen, liegen 14 Prozentpunkte auseinander. Die Mehrheit der Lehrkräfte positioniert sich anders.

Vor dem Hintergrund dieser drei Items (98, 94, 99) ist kein besonders hervorstechender Optimismus bei den fortgebildeten Lehrkräften, ebensowenig ein Pessimismus bei den nicht Fortgebildeten zu erkennen. In jedem Fall handelt es sich um eine Momentaufnahme ohne überdauernden Charakter.

In einer zusammenfassenden Betrachtung des Antwortverhaltens von Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten lässt sich festhalten, dass beide Gruppen die Auswirkungen von KulturSchule auf die Schülerinnen und Schüler vergleichsweise zurückhaltend einschätzen. Ihre persönlichen Ziele und ihr Lehrstil werden von ihnen als flexibel und offen für Neues und nicht eng bezogen auf Wissensvermittlung bewertet.

Allerdings ist auffällig, dass diejenigen Lehrkräfte ein positiveres Fazit ziehen, die an den Fortbildungen des KulturSchul-Programms teilgenommen haben. Interessant ist in diesem Kontext ein Querverweis auf die Interviewäußerungen der befragten Fortbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer: Diese erwähnen ihre Motivation, aufgrund ihrer eigenen ästhetischen Erfahrungen bei den Fachforen ihren Unterricht stellenweise verändern zu wollen.

Blickt man noch einmal zurück auf die Zustimmungswerte zu den Ressourcen, die die Schulentwicklung betreffen, wird die unterschiedliche Bewertung von Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten deutlich. Nicht Fortgebildete bewerten die „Ressourcen“ relativ zur Fortbildungsgruppe deutlich weniger positiv. Beide Gruppen sehen die technische und personelle Ausstattung als optimierbar an zwischen „eher nicht vorhanden“ und „vorhanden“. Der Wert der beiden Gruppen ist wenig voneinander entfernt bei der personellen Ausstattung. Die Selbsteinschätzung für eine mit der KulturSchule korrespondierende Motivation liegt bei den Fortgebildeten im Bereich „stark vorhanden“, bei den nicht Fortgebildeten liegt sie nahe an „eher vorhanden“. Dies lässt den Schluss zu, dass die Fortbildung Lust schafft, sich mit anderen und neuen Themen und Methoden zu beschäftigen. Die Bereitschaft bei uns etwas auszuprobieren, rutscht im Zustimmungswert vergleichsweise ab, wird von Fortgebildeten aber deutlich als in der Schule vorhanden eingeschätzt, während nicht Fortgebildete hier schwanken. Die Ressource „Teamarbeit“ werten die Fortgebildeten als „eher vorhanden“, nicht Fortgebildete als schwach gegeben. Das heißt, dieselbe Schulrealität kann anders eingeschätzt werden. Fortbildung scheint sich dahingehend auszuwirken, Potenzial aufzubauen und dieses zu erkennen und bringt damit eine dynamische Komponente in die allgemeine Bereitschaft zur Unterrichtsentwicklung und innerschulischen Kooperation.

7 Fazit

Bilanziert man die in diesem Kapitel dargestellten Befunde, so variiert mit dem Fortbildungsbesuch die Wahrnehmung der KulturSchulentwicklung. Alle Lehrkräfte geben als persönliche Ziele an, nicht nur Wissen vermitteln, sondern Unterrichtsthemen veranschaulichen und ästhetische Lernzugänge integrieren zu wollen. Fortgebildete nehmen stärker als nicht Fortgebildete wahr, dass Aktivitäten zur Unterrichtsentwicklung zugenommen haben. Diese Aussage bezieht sich auf die schulische Ebene und besagt wenig bezüglich der tatsächlichen praktischen Unterstützung des kulturbezogenen Entwicklungsprozesses der eigenen Schule durch sie selbst. Dennoch ist zu sehen, dass 73 % der Fortgebildeten der Frage zustimmen, in der Schule bereits etwas erprobt zu haben, was sie in der Fortbildung gelernt haben, sie verstehen sich also als Teil dieser Unterrichtsentwicklung (vgl. Abb. 2, Item 67).

Aus den Antwortdifferenzen zwischen Fortgebildeten und nicht Fortgebildeten ist erschließbar, dass eine höhere Sensibilität für die kulturelle Schulentwicklung ausgeprägt wird. Inwiefern dies letztlich auf Einstellungs- und Persönlichkeitsmerkmalunterschieden beruht, kann hier nicht beantwortet werden. Im Vergleich zu den nicht Fortgebildeten berichten die Fortgebildeten stärker von einem kollegialen Austausch über kulturelle Aktivitäten in der eigenen Schule. Es liegt nahe, dass die Fortgebildeten ihren bereits in einer Fortbildung gewesenen Kolleginnen und Kollegen und den KulturSchul-Beauftragten etwas mitzuteilen haben; Gespräche in kleineren Gruppen zu Fortbildungsinhalten werden in Fachforen, den Workshops kreativer Unterrichtspraxis oder auch beim Tag X initiiert. Ein solcher Austausch in der Schule wird offenbar fortgesetzt mit denjenigen, die sich dafür interessieren oder diese Fortbildungen kennen. Es fällt auf, dass Fortgebildete eine stärkere Überzeugung dahingehend haben, dass sich das Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler unter der Programmatik von KulturSchule positiver entwickelt, vergleichsweise etwas schwächer gilt dies auch für die Lernmotivation. Für ihren Unterricht sehen sie im Einbezug ästhetischer Lerngelegenheiten keinen Bruch mit ihrer Aufgabe der Wissensvermittlung.

Inwiefern sich Fortgebildete auch aktive Mitwirkungsmöglichkeiten an der Schulentwicklung suchen, beispielsweise in Arbeitsgruppen oder Teams zur curricularen Ausarbeitung neuer Unterrichtsansätze lässt sich mit dieser Studie nicht klären.

Bemerkenswert erscheint, reflektiert man den zeitlichen Umfang der Fachforen von zweieinhalb Tagen, dass diese Fortbildungen sich in differenten Wahrnehmungen und Bewertungen in einem markanten Gruppenunterschied niederschlagen. Es ist begründet zu vermuten, dass die Fachforen bei den Lehrkräften die Erfahrung von Lernfähigkeit und Selbstwirksamkeit vermittelt haben. Zudem erfahren ihre ‚beliefs‘ in der Gruppe eine soziale Unterstützung. Ihre Fortbildungsaktivität sehen sie außerdem als unterstützt von ihrem Dienstherrn an; das kann das empfundene Problem der notwendig werdenden Unterrichtsvertretung durch Kollegen während der Fortbildung mindern.

Lehrkräfte mit ästhetischen Fächern besuchen die Fachforen sicherlich mehrmals, wenn sich dazu die Möglichkeit bietet, als Fachgruppe sind sie stärker unter den Fortgebildeten vertreten. Die Fortgebildeten stellen insofern das professionelle Personal dar, mit denen die Schul- und Unterrichtsentwicklung fortgesetzt werden kann. Die Gruppe der nicht Fortgebildeten weiterhin zu verkleinern, ist das genuine Anliegen des KulturSchul-Programms.

Eine zweieinhalbtägige Fortbildung stellt in einer Wirksamkeitsperspektive ein zeitliches Minimum dar (Lipowsky, 2011, S. 402), und im Spiegel der Fortgebildeten wird den Fachforen ein gutes ‚Zeugnis‘ ausgestellt. Im Verhältnis zu den Berufsjahren und dem Ziel der umfassenden Lernkulturentwickung ist die Zeit zurReflexion der Handlungspraxis und Lernfeldgestaltung allerdings gering. Eine intensive Auseinandersetzungsmöglichkeit mit dem Thema „Kulturelle Bildung an Schulen“ findet im berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiengang an der Philipps-Universität Marburg statt (vgl. Kammler, 2018). Drei Kohorten hinweg, bis 2018, haben sich auch Lehrkräfte von hessischen KulturSchulen in den zweijährigen Weiterbildungsmaster eingeschrieben.Footnote 4 Sie qualifizieren sich z. B. für Koordinationsaufgaben und das Schnittstellenmanagement in der Schulleitung und als KulturSchul-Beauftragte oder in ihrer didaktischen Lehrfunktion. In den Bewerbungsgesprächen artikulieren die Bewerber aus diesen Schulen das Interesse, sich vertiefender wissens- und gestaltungsorientiert mit Kultureller Bildung beschäftigen und im Studiengang zukünftige Partner für eine schulkulturelle Weiterentwicklung kennenlernen zu wollen, um dort die performativen Praktiken zu verbreitern. So wurde von Masterstudierenden eine Lehrkräftefortbildung („memories are made of this“) konzipiert, um „grundlegende Fragen und persönliche Zielsetzungen“ in der Schulentwicklung unter ihren widersprüchlichen Rahmenbedingungen in künstlerischen Ausdrucksformen deutlich zu machen und anschließend zu reflektieren. Außerdem ist im Rahmen des Praxismoduls zur Projektentwicklung ein an Schüler adressiertes Projekt zu Metamorphosen entstanden, ein Impuls, der auf einen Impuls eines Fachforums zurückgeht und in Teamarbeit von Lehrkräften und einem Künstler und Dozenten in ein Konzept überführt worden ist.

Ebenso entstand eine Kooperation des Weiterbildungsmasters mit der Richtsbergschule Marburg als Laborschule, sodass die Begegnung von Masterstudierenden mit dem Lernareal KulturSchule ein Bestandteil im Weiterbildungsstudiengang ist. Entstanden sind seit 2016 Masterarbeiten mit dem Fokus auf Bedingungen gelingender Schulentwicklung, zu Entwicklungsprozessen der Schülerinnen und Schüler unter dem Einfluss Kultureller Bildung an Schulen, der Erweiterung der Berufsorientierung durch den Einbezug von Kultureinrichtungen, zu Schülerbefragungen über ihre Visionierung einer Schule der Zukunft, ebenso Klärungen von Beobachtungen in Schülergruppen seitens erfahrener Theaterpädagogen. Viele weitere Themen werden hier nicht aufgeführt, insofern die Studierendengruppe neben Lehrkräften Musiker und Kunstschaffende aller Sparten umfasst sowie Beschäftigte in Einrichtungen wie Museen oder Leitende von Jugendkunstschulen. Die Einbindung des Weiterbildungsstudiums als Professionalisierungsmaßnahme für Lehrkräfte an hessischen KulturSchulen ist bedauerlicherweise nach dem Auslaufen einer Förderung von Stipendien durch die Mercator Stiftung abgebrochen. Insofern liegt hier noch eine zusätzliche Möglichkeit, wissenschaftliches Wissen und professionelle Reflexion in der Lehrkräftefortbildung für das Anliegen der Fortbildungskonzeption des Hessischen Kultusministeriums stärker zu nutzen.