Die Ziele der vorliegenden Arbeit bestanden erstens darin, in den Blick zu nehmen, wie sich das Konzept von alltäglicher Lebenssituation aus handlungstheoretischer Sicht fassen lässt. Zweitens zielte die vorliegende Arbeit darauf ab, zu untersuchen, wie Informationen zur alltäglichen Lebenssituation von Schulkindern mit sprachlichen Beeinträchtigungen erfasst und ausgewertet werden können, um sich auf die Analyseergebnisse als förderliche beziehungsweise hinderliche Bedingungen der alltäglichen Lebenssituation in der pädagogischen Sprachförderung beziehen zu können, sprich: um die Informationen für die Planung pädagogischer Sprachförderung zu verwenden.

Die Relevanz, diese Ziele in der vorliegenden Arbeit zu verfolgen, lässt sich mit drei Punkten verdeutlichen: Erstens lag ein umfassend sprachhandlungstheoretisch fundiertes Konzept von alltäglicher Lebenssituation bisher nicht vor. Zweitens fand der Zusammenhang von alltäglicher Lebenssituation und Sprachförderung beziehungsweise Sprachdiagnostik bislang wenig Beachtung in sprachbehindertenpädagogischen Konzepten und war zudem bisher pädagogisch nicht ausreichend fundiert. Drittens handelte es sich bei der biografischen Analyse (Welling 1990) als Teil pädagogischer Sprachdiagnostik um ein noch nicht detailliert erarbeitetes Konzept, wie Informationen zur alltäglichen Lebenssituation von Kindern mit sprachlichen Beeinträchtigungen erfasst und ausgewertet werden können, um die Grundlage für individuell zugeschnittene Sprachförderung darzustellen.

Daher wurde erstens literaturbasiert ein Konzept von alltäglicher Lebenssituation als Konstrukt entwickelt. Zweitens wurde aus einem förderdiagnostischen Verständnis heraus theoriegeleitet ein Analyseverfahren entwickelt, anschließend erprobt und mehrstufig mit einem Design evaluiert, das sowohl qualitative als auch quantitative Forschungselemente zu Datenerhebung und Datenauswertung enthielt.

Die Befunde der vorliegenden Arbeit zeigen auf, dass alltägliche Lebenssituation als Konstrukt aus der Perspektive eines pädagogischen, subjektwissenschaftlichen und konstruktiv-handlungstheoretischen Standpunktes heraus aufzufassen ist. Des Weiteren weisen die Ergebnisse der Entwicklung, Erprobung und Evaluation des Analyseverfahrens auf die Möglichkeit hin, mit der methodisch-strukturierten Vorgehensweise des entwickelten Analyseverfahrens, nämlich im Begründungsdiskurs, Informationen über die alltägliche Lebenssituation von Schulkindern mit sprachlichen Beeinträchtigungen erfassen und analysieren zu können, sodass zum einen eine Rekonstruktion von Bedingungen der alltäglichen Lebenssituation ermöglicht wird und zum anderen Herleitungen für die weitere pädagogische Sprachförderung getroffen werden können.

Damit trägt die vorliegende Arbeit dazu bei, in theoretischer Hinsicht die Bestimmung von alltäglicher Lebenssituation handlungstheoretisch fundiert beschreiben zu können sowie in methodischer Hinsicht eine Vorgehensweise zur Erfassung und Auswertung von Informationen zur alltäglichen Lebenssituation von Schulkindern mit sprachlichen Beeinträchtigungen aufweisen zu können. Die theoretischen Grundlagen des Konzepts von alltäglicher Lebenssituation sowie die diagnostisch gewonnenen Erkenntnisse zu förderlichen beziehungsweise hinderlichen Bedingungen der alltäglichen Lebenssituation können einer pädagogischen Sprachförderung zuträglich gemacht werden und es ermöglichen, zu der Entwicklung der sprachlichen Handlungsfähigkeit und der damit einhergehenden Selbst- und Mitbestimmung der beteiligten Schulkinder beizutragen.