Zusammenfassung
Machtdynamiken entscheiden maßgeblich über den Erfolg von Veränderungsprozessen mit. Sie müssen daher bei der Gestaltung von Veränderungsprozessen berücksichtigt werden. Das Soziodrama, eine mit dem Planspiel verwandte Simulationsmethode, ermöglicht es, diese Dynamiken zu reflektieren und die gewonnenen Erkenntnisse in die Planung zu integrieren. Der Beitrag stellt die Methode Soziodrama vor und zeigt anhand eines Fallbeispiels auf, wie sich die Komplexität von Veränderungsdynamiken mit dem Soziodrama beobachtbar machen lässt.
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Notes
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Der klassische und sicher am häufigsten zitierte Definitionsversuch stammt von Max Weber (1980): „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“ (S. 28). Diese Definition ist aus mehreren Gründen problematisch. Zunächst sind Machtbeziehungen gerade durch das Ausbleiben solcher Widerstände gekennzeichnet: „Es ist nämlich das Zeichen einer höheren Macht, daß der Machtunterworfene von sich aus gerade das, was der Machthaber will, ausdrücklich will, daß der Machtunterworfene dem Willen des Machthabers wie seinem eigenen Willen folgt oder sogar vorgreift. … Nicht das innere ‚Neinʻ, sondern das emphatische ‚Jaʻ ist die Antwort auf eine höhere Macht“ (Han, 2005, S. 10, Hervorhebungen im Original). In eine ähnliche Richtung argumentiert Luhmann (1975), der darauf hinweist, dass Macht in sozialen Systemen zur Reduzierung des Kommunikationsaufwandes dient: Der Machthaber muss seine Erwartungen nicht mehr explizit mitteilen, weil sie von den Machtunterworfenen in vorauseilendem Gehorsam antizipiert werden. Weiterhin ist vielfach auf die Problematik des Weber’schen Nachsatzes „gleichviel, worauf diese Chance beruht“ hingewiesen worden, der gerade die spannende Frage nach der Entstehung von Macht offenlässt. Wir werden in diesem Beitrag herausarbeiten, dass Macht in Organisationen auf ganz unterschiedlichen Quellen beruht. In Ameln und Heintel (2016, S. 2–34) haben wir uns ausführlicher mit definitorischen Aspekten von Macht auseinandergesetzt.
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Eine Zusammenstellung von Studien zu diesem Thema findet sich bei Ameln und Heintel (2016, S. 109 ff.).
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Wenn wir von „Macht und Einfluss“ sprechen, sind damit zwei unterschiedliche Aspekte gemeint: Während hinter Macht letztlich immer eine implizite Sanktionsandrohung steht, beruht der (nicht machtbasierte) Einfluss einer Person auf deren sozialem Kapital. A hat in diesem Sinne beispielsweise dann Einfluss auf B, wenn B ihm fachliche Autorität zuschreibt, aus Sympathie oder aus empfundener Loyalität gegenüber A heraus handelt. Zu einer näheren Unterscheidung der beiden Begriffe und ihrem Zusammenhang mit verwandten Konzepten wie z. B. Zwang siehe Ameln und Heintel (2016, S. 4).
Literatur
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von Ameln, F., Buckel, C. (2023). Soziodrama als Simulation sozialer Systeme. In: Geramanis, O., Hutmacher, S., Walser, L. (eds) Organisationale Machtbeziehungen im Wandel. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-42092-5_17
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