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Gut altern müssen. Theologische Anmerkungen zur normativen Struktur von Alternsvorstellungen am Beispiel der Differenz von pathologischem und normalem Altern

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“Successful Aging”?

Part of the book series: Altern & Gesellschaft ((AG))

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Zusammenfassung

Im Beitrag wird der Begriff des gesunden Alterns am Beispiel des Diskurses um die Anti-Aging-Medizin untersucht. ‚Gesundes Altern‘ zeigt sich dabei einerseits als medizinisch codierter Unterfall des ‚erfolgreichen Alterns‘, insofern eine Evaluation von Erfahrungen vorgenommen und Verantwortung zugeschrieben wird. Andererseits reflektiert der Diskurs über das gesunde Altern mindestens implizit Recht und Grenze solcher Zuschreibung von Verantwortung, indem er neben die Differenz von ‚erfolgreich‘ versus ‚gescheitert‘ die Differenz von ‚pathologisch‘ (also: zu bekämpfen) versus ‚natürlich‘ (also: hinzunehmen) setzt. Ob diese zweite, responsibilisierungslimitierende Differenz in einer nicht-naiven Weise gedacht werden kann, wird in medizinethischer und theologischer Hinsicht diskutiert.

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Notes

  1. 1.

    Im Folgenden wird der Begriff des Alterns in dieser doppelten Bedeutung in den Blick genommen. Da das Alter als Lebensphase seinen distinkten Charakter verloren hat, ist ‚Altern‘ als lebenslanger irreversibler Prozess der geeignetere Grundbegriff. Zugleich wird dieser vor allem mit Blick auf spätere Lebensphasen zunehmend relevant.

  2. 2.

    Ich danke den Mitgliedern des DFG-Forschungsnetzwerks Altern als Selbstverwirklichung, Silke van Dyk, Christian Mulia, Saskia Nagel, Larissa Pfaller, Christoph Rott und Magnus Schlette, für alle Hinweise und Diskussionen zu den folgenden Thesen.

  3. 3.

    Diese Imperative wurden auf der Tagung Altern als Aufgabe des o. g. Forschungsnetzwerkes vom 7.-9. März 2018 in Heidelberg untersucht.

  4. 4.

    Der folgende Text ist eine Überarbeitung von Moos, 2018, S. 459–474.

  5. 5.

    Birnbacher (2006) betont selbst, dass dies keineswegs die einzige mögliche Auslegung christlich-theologischer Tradition ist.

  6. 6.

    Der Krankheitsbegriff kann allenfalls zur Abgrenzung der Schwelle zwischen dem bloß Störenden und dem Schwerwiegenden, und damit zur Bestimmung des Umfangs gesellschaftlicher Solidaritätspflichten, herangezogen werden (Birnbacher, 2006).

  7. 7.

    Figuren der Gegebenheit sind insofern gefährlich, als sie Gestaltungsverzicht legitimieren oder sogar einfordern. In diesem Sinne gibt es eine unrühmliche Geschichte evangelischer Theologie mit Figuren der Gegebenheit. In der Theologie der Schöpfungsordnungen wurden spezifische Erscheinungen biologischen und sozialen Lebens wie die Familie, das Volk oder die Rasse als gottgegeben und damit als unantastbar ausgezeichnet (Wenz, 2003).

  8. 8.

    Das Argument ist hier nicht, im Sinne einer Happy Gerontology eine Prävalenz der Autonomie bzw. Selbstbestimmung im Alter zu reklamieren (gegen eine solche van Dyk, 2016). Der Philosoph Andreas Kuhlmann befasst sich mit der Frage, inwiefern unter gesteigerten biosozialen Abhängigkeitserfahrungen noch von Freiheit gesprochen werden kann. Soll es also als freie Entscheidung gelten, wenn eine Person sich mit ihrem Schicksal arrangiert, das ihr keine anderen Optionen ließ? Kuhlmann verneint diese Frage, weil er den Begriff der Freiheit an das Moment der Wahl binden will. Allerdings bezeichnet er die Einstimmung in eine Situation ohne Alternativen doch als Modus der Selbstbestimmung (Kuhlmann, 2006, 2011). Vgl. dazu auch das existenzialistische Motiv der Resignation bei Améry (Heidelberger-Leonard & Boussart, 2005).

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Moos, T. (2024). Gut altern müssen. Theologische Anmerkungen zur normativen Struktur von Alternsvorstellungen am Beispiel der Differenz von pathologischem und normalem Altern. In: Pfaller, L., Schweda, M. (eds) “Successful Aging”?. Altern & Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-41465-8_13

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