Die Verfahrensrationalität beider Gebietskörperschaften stelle ich nun vergleichend und im Verlauf des Projektarbeitsbogens dar. Die Typen gesellschaftlicher Integration und deren Intensität beschreibe ich zunächst in Bezug auf den Aufgabenkomplex Kernaktivitäten bestimmen und entlang der Arbeitsphasen im Bereich der Strategien. Darauf folgen die offenen Codes zum Aufgabenkomplex Spannungslagen ausbalancieren. Im letzten Kapitel lese ich die Strategien als Investition von Kommunikationsmedien im Kontext der bereits dargestellten Bedingungen

1 Beständigkeit und Wandel

Auf dem Weg, die Selbstverwaltung der Kommunen zu stärken, setzt das BMK grenzüberschreitende Strategien schwacher, mittlerer und starker Intensität ein (vgl. Abbildung 10.1, links). Als relevante Akteure anerkennt es Einflussträger auf Verwaltungsebene, die es dauerhaft mit Bildungsberichten anzusprechen sucht. Mit dem Format der Entwicklungs- und Strukturwerkstätten schafft es nachhaltige Strukturen durch Kommunikation. Es offeriert Transfermodule zur Bildungsberatung im frühkindlichen Bereich und transferiert damit auch eine Vernetzungskultur.

Abbildung 10.1
figure 1

Bearbeitung von Spannungslagen in Arenen der (Un-)Beständigkeit (Eigene Darstellung)

Das KBM erstrebt die Schaffung einer Resonanzstruktur für die Stadtgesellschaft und investiert Strategien mittlerer und starker Intensität (vgl. Abbildung 10.1, rechts). Mit Akteuren der kommunalen Agenda-Stelle verankert es Bildung für nachhaltige Entwicklung im Leitbild. Der Bildungsbericht soll Potenziale aufzeigen. Eine kommunale Unterstützungsstruktur für die Bildungsstadt ist von Beginn an mit einem runden Team für Bildungsfragen vorgesehen. Datenbasierte Strategien dienen der Schaffung von Transparenz sowie dem Zusammentragen dessen, was an Bildungsangeboten da ist.

1.1 Die Selbstverantwortung der Kommunen stärken

Beständigkeit und Wandel prozessiert das BMK als Objekt des Gemeinschaftssystem zunächst auf dem Feld der kulturellen Vereinigung (Bedingungen), dann als Subjekt des sozial-kulturellen System auf dem Feld des politischen Diskurses (Strategien) und als Thema des ökonomischen Systems schließlich auf dem Feld des Kulturmarkts (Konsequenzen).

1.1.1 Die Region mit dem Programm Lernen vor Ort bemächtigen

Hegemoniespiele zwischen Land und Kommunen, bei denen unmittelbares People-Processing beeinträchtigt werden könnte, legen Vermittlungsstrategien starker Intensität nahe (Typ 6). Mit der Überschneidung der beiden Programme Lernen vor Ort und Regionale Bildungsnetzwerke eröffnet sich für den Kreis die Möglichkeit, »das, was nur organisatorisch im Regionalen Bildungsnetzwerk vorhanden ist, auch mit ganz vielen inhaltlichen Aktivitäten zu integrieren« (K08.12:20–22). Er schließt damit an die Situation an, dass die »Schulträger nebeneinander ihre Arbeit gemacht haben« (K08.12:28–29). Die Leuchtturmprojekte zusammen mit der Bereichskoordination in den Kommunen vor Ort zu haben, schafft die Gelegenheitsstruktur für den Transfer von Erfolgsmodellen, insofern »auch schon geguckt werden kann, wie kann man das denn weiter in den Kreis und in kreisangehörige Städte tragen« (K06.12:146–148).

1.1.2 Ein Bildungsmonitoring ins Erbe der Kommunalverwaltung übergeben

Die Anbindung kreisangehöriger Städte an die nationale und internationale Bildungsberichterstattung stellt potenziell Leistungsbeziehungen zwischen einer Vielzahl relevanter Akteure her. Strategien der Phase Relevante Akteure und Daten bestimmen orientieren sich an bereichsübergreifender Zusammenarbeit schwacher Intensität, bei der unmittelbares People-Processing noch nicht in den Blick kommt (Typ 2).

Das Bildungsmonitoring als relevanter Akteur fundiert Bildungsberichte, die Belange von Kindern und Jugendlichen datengestützt in die Aufmerksamkeit der Kommunalpolitik transportieren können. Das BMK setzt auf eine fortgesetzte Bildungsberichterstattung und damit auf eine dauerhafte dateninformierte Unterstützung der kreisangehörigen Städte. Der erste kreisweite Bildungsbericht enthält für den Bereich der Bildungsberatung einen »Verweis auf [die] erste Bestandsaufnahme« (K06.11:1985–1986) und einen »Hinweis auf den ausführlichen Bericht« (K06.11:1978–1979). Die Absichtserklärung, »immer ein Kapitel Bildungsberatung im Bildungsbericht zu reservieren« (K06.11:1990–1991), bekräftigt das Anliegen, »die politisch Verantwortlichen mit dem Bildungsbericht« (K06.11:1998) dauerhaft anzusprechen: »Wenn wir sagen, wir wollen perspektivisch arbeiten, wir wollen Nachhaltigkeit, wir wollen Transfer, dann muss das Thema da rein« (K06.11:1994–1996). Die Perspektive steht für Nachhaltigkeit im Sinn von Zukunftsfähigkeit, der Transfer für die flächendeckende Verbreitung von Bildungsberichten im Kreisgebiet. Ein zukunftsbeständiges Bildungsmonitoring entwickelt aber nicht allein durch seine Ergebnisse Gestaltungsmacht, sondern dadurch, dass viele Perspektiven in die Klärung von Bildungszielen einfließen und die Kommunalpolitik sich dauerhaft ansprechen lässt.

Ein Bildungsmonitoring ins »Erbe« (K08.11:1325) einer Kommunalpolitik zu bringen, bewertet eine Bereichskoordinatorin nicht nur aufgrund der reduzierten Mittel als schwierig, sondern weil es sich dabei um einen Prozess handelt, an dem viele Akteure zu beteiligen sind: »Man kann nicht einer Verwaltungsfachfrau oder einer Sachbearbeiterin […] sagen: ›Mensch, hier hast du den Anwendungsleitfaden, mach mal die Indikatoren.‹ Das ist nicht machbar« (K08.11:1346–1349). Um dem Effekt entgegenzuwirken, dass eine Programmwelle wie ein »kleiner Tsunami« Kommunen »überschwemmt« (K08.12:135–136) und Verwüstung zurücklässt, muss sich erst eine »positive Kultur« (K06.11:2214) für eine breite Beteiligung bei der Erstellung eines Bildungsberichts entwickeln.

1.1.3 Verantwortlichkeiten mit Zuständigkeiten abstimmen

Bewusst hergestellte Leistungsbeziehungen mit Blick auf Lebenschancen von Individuen bringen Professions- und Organisationsrollen ins Gespräch und verbinden Domänen- und Inklusionsspiele. Strategien der Phase Strukturen und Verfahren aufbauen bringen unmittelbares People-Processing in eine Wechselbeziehung mit der Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen (Misch-Typ 3/4).

Transferbemühungen basieren auf dem Willen, neue Prozeduren der Verantwortlichkeit zu verstetigen. Sie legen Strategien der Unterwerfung nahe. Handlungsempfehlungen stehen dafür, »auf keinen Fall überheblich auftreten« (K18.11:1115) zu wollen. Durch den Anspruch »nachhaltiger«, d. h. verstetigter Kommunikationsstrukturen tragen sie Appell-Charakter und stellen mehr als eine Offerte dar. Das BMK sieht deshalb vor, in der zweiten Förderphase für die kreisangehörigen Städte ein Handbuch zu erarbeiten, in dem es »genau diese Beschreibung, die ja bei diesen Projekten auch noch ein bisschen unterschiedlich ist« (K18.11:1149–1150), festhält. Ein solches Meta-Wissen kann sich nicht auf die Vermittlung eines spezifischen Projektinhalts beschränken, da die Problemlagen der kreisangehörigen Städte passgenaue Konzepte erfordern. Allerdings hat sich in der Netzwerkarbeit der Pionierkommunen das übergreifende Wissen herauskristallisiert, dass die kommunalspezifischen Bedürfnisse ein gemeinsames Hauptproblem teilen. Vernetzen als Strukturarbeit beinhaltet im Kern das Zusammenbringen von Akteuren mit unterschiedlichen Perspektiven auf einen gemeinsamen Gegenstand: »Man braucht immer verschiedene Leute zusammen und […] da brauche ich auch mal Tricks aus verschiedenen Projekten, das ist eigentlich egal, welches Thema ihr nennt« (K18.11:1135–1143).

Die Koordination von Hegemoniespielen vollzieht sich in Zwischenräumen der Zuständigkeitsaufteilung von Bund, Land und Kommunen. Der Kreis setzt auf Kernaktivitäten rund um Leuchtturmprojekte von Pionierkommunen, die bereits vor Lernen vor Ort »einen Schwerpunkt in der frühkindlichen Bildung« (K04.12:313) hatten. Fragen zur Übergangsgestaltung von der Kita in die Grundschule in Verbindung mit den Bildungsgrundsätzen für Kinder von 0 bis 10 Jahren (Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen [MFKJKS], 2016) greifen die Bereichsverantwortlichen auf, um »Beispiele zu geben, wie diese Grundsätze gelebt werden können« (K04.12:327–328). Mit der Verknüpfung beider Themen verbinden sie programmatische Vorgaben auf Bundes- und Länderebene: »Wir packen das zusammen. Wir wollen daraus eins machen, um diese Doppelstruktur nicht zu haben« (K04.12:329–330).

Ein »Modell für ein kommunales Übergangsmanagement« (K04.12:342–343) beinhaltet drei Qualitätssäulen: die »Vernetzung aller Akteure« (K04.12:356–357), die Bearbeitung inhaltlicher Fragen durch Kita und Grundschule sowie »die Evaluation des Ganzen« (K04.12:378). Ob der Vernetzung inhaltliche Fragen folgen oder umgekehrt »über den Inhalt Vernetzungen aufgebaut werden« (K04.12:381), ist nachrangig. Als Mindeststandard hingegen gilt, dass »alle Bildungsakteure vor Ort vernetzt werden« (K04.12:384–385). Empfehlungen zu Kooperationsmöglichkeiten sollen kreisangehörige Städte als »beispielhafte Arbeitspakete« (K02.12:1546) in Form eines Fragekatalogs erhalten: »Dann haben die Kommunen anhand von Leitfragen die Möglichkeit, das abzuarbeiten« (K04.12:386–369). Dieses Transferverständnis stellt die Implementationslogik dahingehend um, Kommunikationsprozesse ›von unten nach oben‹ zu lesen. Kreisangehörige Städte, die sich durch den Appell des BMK dazu entschließen, sich auf ein kommunales Übergangsmanagement im Sinn des Drei-Säulen-Modells einzulassen, bringen sich als Ressource in die Region ein. Aus Sicht der Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen erwächst daraus eine »viel schwierigere Vernetzungsarbeit, als wenn es um kleinere Gemeinden geht« (K02.12:1438–1439).

Dauerhafte und bereichsübergreifende Zusammenarbeitsformen durch Kommunikation herzustellen, erfordert und schafft quer zu bestehenden Organisationsstrukturen der Kommunalverwaltungen »eine große Macht im informellen Bereich« (K04.11: 2062–2063). Diese Macht hat zwei Seiten. Das Regionale Bildungsbüro ermöglicht den Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden trotz städtischer Verankerung »viel mehr Freiheit« (K04.12:624) und eine die städtischen Strukturen übergreifende regionale Zugehörigkeit: »Es ist in dem Sinn keine Stabsstelle, […] es ist nicht nur städtisch, sondern es ist regional verantwortlich« (K04.12:713–714). In ihrer »Satellitenfunktion« sind sie »immer ein bisschen außen vor zu den kommunalen Strukturen« (K04.12:628–630) und repräsentieren »alle Städte« (K04.12:723). Es bedeutet aber auch »Schwerstarbeit« (K04.12:662), »alle Städte und deren Dezernenten« (K04.12:431) mit pädagogischen Themen zu versorgen: »Vor allem ist es nicht von mir allein am Schreibtisch erdacht, sondern mit den Akteuren aus dem frühkindlichen Bereich als einem Gremium, wo die Leuchtturmwärterinnen drinsitzen, die von ihren Projekten in ihren Städten einiges mitbekommen« (K04.12:469–471).

Informelle Macht durch pädagogische Themen speist sich aus einer »Kommunikationskultur, die […] auf Partizipation aufbaut« (K02.14:797–798) sowie daraus, eine »gewisse Fachlichkeit« (K02.14:801) in einem eigenen Bereich als persönliche Handschrift einzuführen. In der Rolle der Bereichskoordinatorin durch das Programm »überhaupt nicht vordefiniert« (K02.14:897) zu sein, erfordert eine aktive Rollengestaltung, bei der die Verantwortlichen auch scheitern können. Die Koordinatorin im Bereich der Übergänge schafft sich ihre Stelle selbst und versteht diese als »Spielwiese« (K02.14:915), um ihr biographisches Kapital zu erweitern: »Gut, dann geh‘ ich den Schritt jetzt und benutz‘ mir meine Kompetenz, meine Expertise, um das aufzubauen« (K02.14:918–921). Organisationale Zuständigkeiten in professionelle Verantwortlichkeiten zu transformieren, belastet das Engagement der Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden. Sie wenden die Folgen von Kompetenzentflechtungen zwischen Bund und Ländern mit Schwerstarbeit produktiv. Profession stützt Organisation.

Um Risiken informeller Macht nicht allein berufsbiographisch abfedern zu müssen, setzt das BMK auch auf Organisationsmacht. Die Idee, Handlungsempfehlungen zur Bildungsberatung durch den Lenkungsausschuss des Regionalen Bildungsnetzwerks legitimieren zu lassen, wird »absolut positiv aufgenommen« (K02.12:1604). Mit der Mobilisierung politischer Unterstützung gelingt es, Verantwortlichkeiten an Netzwerk- und damit an Organisationsstrukturen zu koppeln: »Wenn dieses Papier einmal dort eingebracht wird, […] kann kein Dezernent mehr sagen: […] ›Ich habe nicht gewusst davon.‹ Also, da kann sich dann keiner mehr rausreden in dem Moment, und das ist eine ganz große Chance für dieses Netzwerk« (K02.12:1622–1629). Das Verfahren, sich »regelmäßig Aufträge aus dem Lenkungsausschuss« (K04.12:411) absegnen zu lassen und mit einer Berichterstattung zu dokumentieren, nutzt auch die Koordinatorin im Bereich der Bildungsübergänge: »Bei mir ist das relativ neu und das war auch mein erster Auftrag, den ich mir aus dem Lenkungsausschuss geholt habe, wobei ich mir den quasi selber gegeben habe« (K04.12:417–419). Ein so verstandenes BMK verbindet Verantwortlichkeiten mit Zuständigkeiten, indem es pädagogische Konzepte entwickelt und durch die regionalen Netzwerkstrukturen legitimieren lässt: »Da bin ich auch wieder dann die Brückenbauerin von diesem Gremium in die Werkstatt – von der Werkstatt in das Gremium« (K02.12:741–742). Professionelle Verantwortlichkeiten in organisationale Zuständigkeiten zu transformieren, entlastet das Engagement der Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden. Das Domänenspiel mit Blick auf die Verstetigung von Abstimmungsstrukturen federt biographische Risiken des pädagogischen Personals ab. Organisation stützt Profession.

Die Projektleitung schätzt es als »sehr richtig und wichtig« ein, »Lernen vor Ort an die Struktur des Regionalen Bildungsnetzwerks« (K10.12:24–25) angebunden zu haben »und das Ganze relativ hoch aufzuhängen, damit es auch von der Umsetzung her mit der nötigen Kraft ausgestattet ist« (K10.12:41–42). Eine Stabsstelle bei der Fachbereichsleitung der Kreisverwaltung sorgt für eine »gewisse Nachhaltigkeit« (K10.12:51), insofern diese die Gesundheits- und Bildungsberichterstattung sowie »den Bereich der so genannten Konferenzen« (K10.12:76) zusammenfasst und über die Förderlaufzeit hinaus absichert. Den Aufbau von Strukturen und Verfahren verstehen Lernen-vor-Ort-Verantwortliche allerdings nicht als einen Zielzustand, der durch das Einrichten einer Stabsstelle innerhalb der Verwaltung abgeschlossen werden kann. Nachhaltigkeit muss vielmehr »strukturell gedacht […], aber nicht in bestehende Strukturen reingezwängt werden« (K04.11:2048–2049). Ein fortgesetzter »Selbstfindungsprozess« (K16.11:913) gebietet es, bestehende Konzepte in Entwicklungswerkstätten dauerhaft zu bearbeiten. Verantwortlichkeiten zu institutionalisieren, bedeutet somit, die Kommunikation zwischen Organisation und Profession »ewig parallel weiterlaufen« (K04.11:2095) zu lassen.

1.1.4 Kontinuität unter Unwägbarkeiten sichern

In seiner datenorientierten Vermittlungsrolle bringt das BMK innerhalb der Arbeitsgremien des Regionalen Bildungsnetzwerks Kommunikationsarten von Organisation und Profession ins Gespräch. Die Verstetigung dieser Vermittlungsarbeit arbeitet potenziellen Beeinträchtigungen durch Hegemonie- und Domänenspiele entgegen (Misch-Typ 5/6).

Sozialräumliche Daten als »die spannendsten Daten für alle, die sich im Bildungsbereich oder im politischen Bereich damit beschäftigen«, sind nicht nur »am aufwändigsten zu erheben« (K16.11:562–566), sondern entwickeln auch »eine besondere Brisanz«, weil sie etwas »aufzeigen« (K16.11:572) und in einem Bildungsbericht festhalten. Die Brisanz liegt in der Darstellung von Daten, die durch die Schriftlichkeit sicht- und damit unabweisbar sind. Sie entwickeln einen Aufforderungscharakter zum Handeln. Sie führen zur Einsicht, dass Projekte nicht als One-Size-Fits-All-Lösung transferierbar sind, sondern vor Ort differenzsensibel angepasst oder gar erst erfunden werden müssen. Das Erfordernis der Passgenauigkeit legt eine kommunale Adresse, Ansprechbarkeit und Verbindlichkeit nahe und damit eine Kommunalpolitik, die sich nicht auf punktuelle und temporäre Unterstützung beschränkt, will sie dem Anspruch der Verstetigung Genüge tun. Für die Bereichsleiterin im Bereich der Bildungsübergänge steht daher fest: »Die Dienstleistung fängt erst an, wenn die Hausaufgaben vor Ort gemacht wurden« (K04.12:909–910).

Wichtige Erkenntnisse für einen gelingenden Transfer erwachsen aus konflikthaften Aushandlungen im Zusammenhang mit einem Modell, das in einem weiteren Stadtteil die Grundlage eines lokalen Bildungsnetzwerks bildet. Aufgrund der Feststellung, dass sich das Modell »nicht eins zu eins übertragen« (K04.12:827–828) lässt, »weil Bedarfe immer unterschiedlich sind und weil ganz andere Strukturen und Personen vor Ort sind« (K04.12:835–836), befassen sich Mitarbeitende von Lernen vor Ort, einer Stiftung und einer bestehenden Modell-Stadt mit der Frage: »Was kann man übertragen?« (K04.12:838). Mithilfe einer externen wissenschaftlichen Beratung entwickelt die Arbeitsgruppe ein Drei-Ebenen-Modell, das einen Instrumenten-, Struktur- und Systemtransfer unterscheidet. Der Instrumententransfer lässt sich »am einfachsten« (K04.12:841) bewerkstelligen. Er beinhaltet die Übernahme eines erfolgreichen Konzepts wie beispielsweise »so genannte Fördercamps in den Schulferien, wo Schüler aus einem benachbarten Gymnasium die Kinder in den Ferien unterrichten« (K18.11:506–508). Während das Instrument Fördercamp »ziemlich schnell machbar« (K04.12:845) ist, gestaltet sich der Strukturtransfer komplexer. Er umfasst den »Aufbau eines lokalen Bildungsverbunds« (K04.12:849), eines Sondierungsgremiums, das die bestehenden Strukturen des Sozialraums mit Fragen erfasst wie: »Was haben wir für Bedarfe? Was brauchen wir noch für unsere Kinder und Jugendlichen, Familien, aber auch für unsere Fachkräfte« (K04.12:853–856). Der Systemtransfer bezeichnet schließlich »das gesamte System« (K04.12:860–861) eines Programms.

Die Transferbegleiterinnen von Lernen vor Ort setzen nun beim Strukturtransfer an und unterstützen interessierte kreisangehörige Städte bei deren Analysearbeit im Sozialraum, indem sie beraten: »Das bräuchtet ihr vielleicht noch, um im frühkindlichen Bereich oder im Bildungsmanagement vor Ort besser aufgestellt zu sein« (K04.12:898–899). Auf der Grundlage dieser Recherchen und Erhebungen erfolgt schließlich der Instrumententransfer, bei dem Fachexpertinnen vor Ort beispielsweise »für den Aufbau eines lokalen Bildungsverbunds« (K04.12:903) oder »für den Aufbau einer Bildungsvereinbarung« (K04.12:904) inhaltlich vor Ort tätig werden. Der Dreischritt verdeutlicht, dass die »Hausaufgaben« (K04.12:909) der kreisangehörigen Städte voraussetzungsvoll sind. Erforderlich neben einer Ansprechperson, »die Verantwortung übernimmt« (K04.12:1146), sind fundierte, datengestützte Bedarfsanalysen. Aber auch die Transferbegleiterinnen sehen sich hohen Anforderungen gegenüber: »Es geht darum, das, was vor Ort ist, zu bündeln, aufzunehmen und umzusetzen« (K04.12:1296). Diese Unterstützungsarbeit ist »manchmal nicht greifbar« (K04.12:1320) und verlangt die Fähigkeit, Durststrecken der Unklarheit auszuhalten, um »das Wesentliche« (K04.12:1325) herauszuziehen. Weil die Transferbegleiterinnen »in den drei Städten auch ganz unterschiedliche Voraussetzungen haben und andere Herangehensweisen« (K02.13:995–996), fällt es ihnen schwer, allgemeingültige Transfermechanismen zu identifizieren und eine »Prozessverlaufsstrategie zu entwickeln, die übertragbar ist« (K02.13:1001–1002).

Das Spektrum der Transferbegleitung spannt sich um zwei Pole auf. Während die eine Stadt eine Bildungsvereinbarung »partizipativ mit allen erarbeiten« (K02.13:1041) möchte, stellt sich eine andere vor, »was Vorgefertigtes« (K02.13:1031) zu erhalten: »Ja, ich habe gedacht, das geht viel schneller, dass wir das Instrument sozusagen zur Verfügung bekommen und danach arbeiten« (K02.13:1047–1048). In der ersten Variante spiegelt sich die Kommunikationsart der Profession, insofern Akteure aus Kindertagesstätten und der Grundschule den Transfer selbst anstoßen und sagen: »Wir müssen da was machen« (K02.13:1085). Der Partizipationswunsch ist dem Umstand geschuldet, tragfähige Lösungen zu entwickeln, die der unmittelbaren Interaktion mit Kindern und Eltern standhalten. Ein situativ fallsensibles Vorgehen verträgt keine Rezeptur. In der zweiten Variante kommt die Kommunikationsart der Organisation zum Ausdruck, insofern eine Stadt den Transfer »als politischen Auftrag« (K02.13:1079) an die Transferbegleiterinnen delegieren will. Im Modus der Entscheidung kann ein Transfermodul quasi »eingekauft« (K02.13:1079) und die Transferfrage somit einmalig abgewickelt und abgeschlossen werden.

Dieses systemintegrativ funktionale Vorgehen beeinträchtigt potenziell die Lebenschancen von Individuen, sofern es keine Fallsensibilität entwickeln kann. Umgekehrt beeinträchtigt der Charakter von zeitlich befristeten Projekten das Stehvermögen des Personals und leistet dem Abbruch der Koordinationsarbeit Vorschub. Manche Mitarbeitenden mögen sich den Unwägbarkeiten und immer wieder enttäuschten Erwartungen nur kurze Zeit stellen: »Aber durch das Schwammige, was vorher war, ist auch viel Frust entstanden. Darum sind die auch noch mal gegangen« (K04.12:1331–1332). Fluktuationen sind darüber hinaus der Befristung von Projekten geschuldet: »Projekte sind immer irgendwelche Sprungbretter und jeder, der eine Perspektive eröffnet bekommt, muss dann auch gehen« (K04.12:1336–1339). Ständig auf dem Absprung zu sein, legt ein geteiltes Engagement nahe, das die auferlegte Befristung und erhoffte Entfristung austariert und damit eine unbedingte Einlassung limitiert: »Da kann das Herz auch nicht zu groß an einem Projekt hängen […]. Und sobald ich hier eine längerfristige Perspektive bekommen würde, wäre ich auch weg. Das ist einfach so« (K04.12:1341–1345). Fachkonferenzen als Treffen von Akteuren mit unterschiedlichen Kommunikationsarten machen eine wechselseitige Verständigung möglich. Die organisatorische Überführung dieses Lernen-vor-Ort-Formats in das Regionale Bildungsbüro ist zwar vorgesehen, hängt aber am Engagement einer initiativen Person und wird durch deren frühzeitigen Weggang gefährdet: »Jetzt haben wir halt eine neue Kollegin und das ist dann nicht mehr ihr Schwerpunkt. Und dann habe ich schon die Blicke, die Fragezeichen auch geerntet: ›Wie, wer soll das denn dann machen?‹« (K02.13:1513–1517). Der für Kommunen voraussetzungsreiche Strukturtransfer erfährt keine kontinuierliche Unterstützung.

Der Zerbrechlichkeit des individuellen Engagements steht die Stabilität von Organisationsstrukturen der Kreisverwaltung gegenüber. Der hohe Stellenwert der Kreisverwaltung für die Kontinuität bildet sich bereits mit der Gründung des Fachbereichs für Bildungsfragen zu Beginn von Lernen vor Ort ab: »Den gab es vorher so nicht« (K08.14:586). Die Fachbereichsleitung trägt »die Gesamtverantwortung für Monitoring« (K08.14:588) und nimmt damit eine Schlüsselposition für das BMK ein, weil damit »die Verbindung zwischen den Fachdiensten leichter fällt« (K08.14:589–590). Um »die Nachhaltigkeit […] bei sehr knappen Kassen« (K08.14:600–601) auch nach Auslaufen der Fördergelder zu sichern, plant der Kreis eine Umstrukturierung des Fachbereichs: »Das wird jetzt frisch nach der Kommunalwahl in Angriff genommen mit der Zielrichtung, […] eine neue Struktur zu haben, wo das Bildungsbüro ein eigenes Ressort wird« (K08.14:606–610). Für die Bereiche Bildungsmonitoring und Bildungsberatung sind Stellen vorgesehen, »immer mit direktem Draht zur Stabsstelle des Fachbereichs« (K08.14:616).

Das Bildungsnetzwerk in den Grenzen der Gebietskörperschaft des Kreises stellt einen Raum dar, in dem sich »Fachkräfte aus Verwaltungen und aus Bildungsinstitutionen« (K10.12:888–889) jenseits ihrer Herkunftsorganisationen treffen und kollektive Handlungsfähigkeit »auf einer sehr praktischen Ebene« (K10.12:894) erhöhen: »Es sind Fachkräfte auf Dezernatsebene der Kommune, es sind Fachbereichsleiter und Dezernenten dort, es sind Vertreter [von] Schulamt, Schulaufsicht, verschiedene Schulformen und so weiter dort eingebunden. Wir haben die VHS da mit drin als Vertreter« (K.10.12:884–887). Verfahren zur Legitimation von Lernen-vor-Ort-Themen durch diese Akteure lassen einen hohen Kooperationsaufwand und Entscheidungsblockaden vermuten: »Und man kann ein Projekt oder Programm […] auch sehr schnell zerreden und man kriegt nichts erreicht« (K10.12:918–920).

Abstimmungsarbeit zwischen kreisangehörigen Städten beeinträchtigt nach dieser Lesart das Potenzial für Bildungsbiographien, insofern Aushandlungen die zeitlich limitierten Fördermittel verzehren, ohne diese für Kinder und Jugendliche umgesetzt zu bekommen. Das Ziel, das Programm »praktisch umsetzen zu können« (K10.12:993), lässt die Verantwortlichen stets abwägen: »Was tragen wir hoch in die Politik und was […] eher auf Verwaltungsebene?« (K10.12:989–994). Die politische Unterstützung allein für die Fortführung des Programms ist durch die Veto-Macht der selbstständigen Städte fragil: »Was wäre gewesen, […wenn] einer von den […] Schulausschüssen […] gesagt [hätte]: ›Nee, damit sind wir aber nicht einverstanden, das lehnen wir ab.‹ Was wäre dann passiert? Hätten wir dann gar nicht weitermachen dürfen?« (K10.12:969–973). Um die Fristen einhalten zu können, bearbeitet das BMK die Antragstellung für die zweite Förderphase im Lenkungsausschuss und damit »auf der Verwaltungsspitzenebene« (K10.12:996). Den Kommunalverwaltungen kommt »eine wichtige Legitimationsfunktion« (K02.13:339) zu. Diese »über die Partizipation« (K02.13:350) in den Arbeitsgremien an das Programm zu binden, stellt eine zentrale Leistung des BMK dar, damit »auch ein Ziel erreicht werden kann« (K02.13:371).

1.2 Mit einem Steuerungsgremium eine Resonanzstruktur schaffen

Beständigkeit und Wandel prozessiert das KBM als Objekt des ökonomischen Systems zunächst auf dem Feld der Haushalts- und Finanzökonomie (Bedingungen), danach als Subjekt des sozial-kulturellen Systems auf dem Feld des politischen Diskurses (Strategien) und als Thema des Gemeinschaftssystems schließlich auf dem Feld der politischen Vereinigung (Konsequenzen).

1.2.1 Die Verwaltung mit dem Projekt Lernen vor Ort bemächtigen

Bereichsübergreifende Zusammenarbeit orientiert sich an der Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen und damit an Vermittlungsstrategien schwacher Intensität, die unmittelbares People-Processing nicht in den Blick zu nehmen (Typ 2).

Bereits in der Initialphase zeichnen sich Spannungslagen ab, die sich auf die Dezernatsebene konzentrieren. Hier gibt es »eine ganz starke Machtbasis« für Lernen vor Ort, weil es in der Verwaltung »angesiedelt ist und wo es auch an der Stelle Rückenwind und Rückhalt gibt« (S14.11:350–351). Dennoch muss sich das Programm trotz des einstimmigen Beschlusses zur Teilnahme behaupten, weil versucht wird, »am Eigenengagement zu sparen und dann doch nichts auszugeben« (S14.11:360–361). Die Verwaltung mit dem Projekt zu bemächtigen, gestaltet sich somit von Anfang an als Kampf um monetäre Ressourcen.

1.2.2 Programm-Wellen an bestehende Strukturen anschließen

Die Zusammenführung der beiden Leitideen Lebenslanges Lernen und Bildung für nachhaltige Entwicklung im Bildungsleitbild legt den Schwerpunkt auf die Herstellung von Interessenkonsens zur Bereitstellung von Programmatik. Strategien der Phase Relevante Akteure und Daten bestimmen bringen aber – bedingt durch den einflussreichen Akteur BNE – unmittelbares People-Processing in eine Wechselwirkung mit der Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen (Misch-Typ 3/4).

Mit Lernen vor Ort soll genau dort angefasst werden, »wo die Strukturen schon da sind« (S14.11:667). Zu verhindern ist, etwas Neues aufzubauen, »was hinterher wieder wegfällt« (S14.11:668–669). Diese Vermeidungs- als Anschlussstrategie findet sich auch im Anspruch, »für die richtige Kontinuität« (S18.11:1091) einer »Bildungslandschaft als Landschaft vernetzter Orte und Projekte«, (S18.11:1117) zu sorgen und dabei »die relevanten Akteure der ganzen Bandbreite auf diese gemeinsame Zielstellung« (S10.12:680–681) zu verpflichten. Sowohl die Langfristigkeit als auch die Beteiligung relevanter Akteure kulminieren im Begriff der Nachhaltigkeit, der spezifische Spannungslagen evoziert. Die Gemeinschaftsaktivierung im Rahmen von Lernen vor Ort entwickelt aus Sicht der Bürgerstiftung eine Eigendynamik, so »dass die großen Stiftungen Angst vor dem Projekt bekommen. Auf die Art: ›Das wächst sich jetzt aber ganz schön aus und wie soll man das bewältigen‹?« (S18.11:1036–1038).

Mit Blick auf die Rolle von Stiftungen nach dem Programmende zeichnet sich ab, dass die »Grundpaten längerfristig die wichtigeren« und die »großen Stiftungen […] irgendwann alle raus« sind (S18.11:1041–1042). Diese Perspektive antizipiert die erfolgreiche Umsetzung zentraler Ziele der Stadt mit einer Bildungsdatenbank, die »irgendwann steht, genauso wie das Monitoring und die Übergänge« und dass dies »nur in der Stadtgesellschaft selbst« funktionieren kann: »Es sind da die Menschen und die Stiftungen vor Ort, auf die es ankommt« (S18.11:1045–1047). Gleichzeitig birgt ein zu früher Rückzug aus der Förderung die Gefahr, dass »nicht nur die Stadt gescheitert [ist], sondern auch all das, was positiv mitreinfließen soll« (S18.11:1051–1052). Das Risiko der Stiftungen besteht darin, das »Image und den guten Namen von Mitbürgern« (S18.11:1062) aufs Spiel zu setzen: »Wenn ich mit viel Kraft Stadtteile, kleine Initiativen usw. einbringe und wenn diese dann enttäuscht werden, dann habe ich sehr viel zerschlagen« (S18.11:1054–1055).

Aus dem Anspruch, dass Lernen vor Ort nicht scheitern darf, folgt die Anforderung, »dass die Stadt ihre Aufgabe richtig macht« (S18.11:1082–1083). Nachhaltigkeit liegt damit nicht allein in der Verantwortung der Menschen vor Ort und der Stadt, sondern schließt die der Bundes- und Länderebene mit ein: »Das, was wir auf die Beine stellen, muss ja letztlich einen Bezug zur klassischen Landesbildungspolitik haben« (S18.11:1106–1107). Nachhaltigkeit bedeutet damit mehr als Langfristigkeit und beinhaltet über erweiterte Verantwortungsstrukturen hinaus auch spannungsgeladene Beteiligungsstrukturen. In Frage steht, wie eine »breite Öffentlichkeit« gewonnen werden kann, so dass »trotzdem eine kräftige Linie, eine kräftige Vorarbeit, eine kräftige Entscheidung« (S10.12:710–712) möglich ist. Abzuwägen bleibt, ob und wie sich ein »Machtvorentscheidungsgremium« (S10.12:670) mit einer »öffentlichkeitsrelevanten Beiratsstruktur« (S10.12:714–715) verbinden lässt.

Auch die Rolle der Kooperationspartner bedarf der Klärung von Zuständigkeiten und Rechten und »wie dieses Koordinationsgremium dann tatsächlich arbeitsfähig wird, so dass es dann auch die Stadt berät« (S10.12:738–740). In der Stadt bildet das Leitungsteam dieses »Machtvorentscheidungsgremium«, in dem Lernen vor Ort mit der Idee eines kohärenten Bildungsmanagements eine neue Programmsäule neben das Modellprojekt QuaSI-BNEFootnote 1 stellt. Da die Stadt »als eine von vielen deutschen Städten« eine ausgezeichnete ModellstadtFootnote 2 ist, liegt es nahe, das Ideengut »personell und demzufolge auch institutionell« (S10.12:783–784) mit Lernen vor Ort zu verschalten. Im Leitungsteam bestehen im Rahmen der LeitbildentwicklungFootnote 3 »Möglichkeiten der Einflussnahme« (S10.12:789–790), die sich als Ringen um die Vormachtstellung unterschiedlicher Leitideen vollziehen und die Frage aufwerfen: »Wie wird die Gesamtstruktur sozusagen beiratsmäßig und so weiter geordnet« (S10.12:796–797). Sowohl Lernen vor Ort als auch QuaSI-BNE fordern »ein ganz klares Bekenntnis der Spitzen von Stadtrat und Stadtverwaltung: ›Das wird gewollt‹« (S10.12:911–912). Programme werden somit zu relevanten Aktanten, die seitens der Kommunalpolitik »Spielmöglichkeiten […] als politisches Instrument« (S08.11:607) eröffnen, im Dauerkampf zwischen Entwicklung und Haushaltskonsolidierung aber auch Ressourcen binden, um die Lernen-vor-Ort-Verantwortliche innerhalb der Stadtverwaltung kämpfen müssen: »Es ist unser Geld, ihr dürft daran nichts kürzen, ihr habt uns das eins zu eins durchzureichen« (S08.11:621–622). Das Erfordernis, Programm-Wellen an bestehende Strukturen anzuschließen, überformt den Begriff der Nachhaltigkeit im Sinn der UN-Dekade mit der Bedeutung der Langfristigkeit und führt zur wechselseitigen Anverwandlung der Programme QuaSI-BNE und Lernen vor Ort.

Beide Programme teilen mit dem lebenslangen sowie informellen und non-formalen Lernen eine gemeinsame Leitidee und fordern die dauerhafte politische Unterstützung auf der Ebene von Bund, Land und Kommune im Sinn einer Bekenntnis-Kultur ein. In Widerstreit geraten damit legitimierte Entscheidungsstrukturen und die Arbeitsfähigkeit in erweiterten Beteiligungsstrukturen. Eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft legt kommunalpolitische Entscheidungsblockaden nahe. Auch die kommunalpolitische Unterstützung einer einzigen Leitidee würde die Systemintegration beeinträchtigen, weil sie Orientierungsdissens unter ein Konsenspostulat zwänge. Die Stadt entgeht dieser Falle, indem sie die Leitidee des Lebenslangen Lernens in die Leitidee Bildung für nachhaltige Entwicklung integriert und im Bildungsleitbild verankert. Damit schafft sie Anschlussmöglichkeiten für viele Kommunikationsarten und Raum für Interessenkonsens.

1.2.3 Die kommunale Zuständigkeit für Bildungsfragen legitimieren

Konflikthafte Aushandlungen erfolgen zwischen Akteuren auf der Angebotsseite von Bildungsdienstleistungen. »Neid-Debatten« (S02.13:526) innerhalb der Verwaltung setzen multiple Rationalitäten auf die politische Agenda. Ein Leitbild überdacht die kommunale Zuständigkeit der Kommune über das temporäre Programm hinaus und rahmt den Aufbau einer überdauernden Bildungsdatenbank für Bürgerinnen und Bürger: »Da haben wir eine schöne Seite entwickelt, die auch mittlerweile von 100 Anbietern und über 1000 Angeboten eine Füllung hat« (S02.13:570–575). Strategien der Phase Strukturen und Verfahren aufbauen orientieren sich an bereichsübergreifender Zusammenarbeit zur Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen, deren Nutzung sie zwar nicht vermitteln, aber im Blick haben (Typ 4).

Eine eigene »Abteilung Bildungsförderung« (S02.12:1041) bildet »das Kernstück der Nachhaltigkeit […]: Das ist also wirklich eine im Amt für Bildung geschaffene oder – ja, neu strukturierte – Abteilung« (S02.12:1137–1138). Diese »kommunale Unterstützungsstruktur« bildet den mittels Entscheidung legitimierten Ort, an dem »dieses Management der [städtischen] Bildungslandschaft verankert« ist, beziehungsweise »wo diese operative Unterstützungsstruktur quasi sitzt« (S02.12:1146–1151). Lernen vor Ort irritiert bestehende Machtverhältnisse zwischen Verwaltung, Politik sowie Bürgerinnen und Bürgern und dynamisiert Domänenspiele, die sich um die Aufrechterhaltung oder Steigerung von Einfluss- und Kontrollpotenzialen kreisen. Trotz oder gerade durch diese Dynamiken überwiegt die Einschätzung, dass die Abteilung Bildungsförderung durch ihre Ansiedelung im Kern der Verwaltung und damit Nähe zur politischen Entscheidungsmacht die Effizienz stärkt: »Wir schaffen es schneller, auch wenn es natürlich unheimlich viel Kraft kostet. Das geht zum Schluss nur dadurch, dass wir eine formale Legitimationsmacht haben« (S14.11:1119–1121).

Dass die Projektleitung »ganz stark« mit der politischen Spitze zusammenarbeitet, sich die Legitimation holt und »die Entscheidung so getroffen wird«, ist aus Sicht eines zentralen Akteurs »das, was das Ergebnis gibt« (S14.11:1123–1127). Obwohl Lernen vor Ort formal per Stadtratsvorlage als Stabsstelle beim Oberbürgermeister angesiedelt ist und damit über »Legitimationsmacht« (S14.11:1068) verfügt, kennzeichnen sich die Arbeitsabläufe durch »viele Reibungspunkte« (S14.11:1097). Der Tatsache, dass mit der Teilnahme am Programm eine während »drei Jahren am meisten geförderte und auch von allen Verwaltungszweigen unterstützte Einrichtung« die Verwaltungskraft stärkt, steht »das gefühlte, subjektive Empfinden« der Mitarbeitenden gegenüber: »Man fühlt sich oft behindert« (S14.11:1102–1110). Letztere treffen als »Neue« auf die »alteingesessenen« Verwaltungsmitarbeitenden und auf die verbreitete Einstellung: »Die machen irgendwas für sich, und das ist auch irgendwann wieder vorbei« (S02.12:1874–1877).

Die Zuschreibung einer Durchgangssituation schlägt sich in den Räumlichkeiten für das Lernen-vor-Ort-Personal nieder: »Nun ja, die Büros sind wirklich […] relativ gesichtslos. Da wird nicht irgendeine Botschaft vermittelt, dass das jetzt irgendeine besondere eigene Struktur ist« (S02.12:1935–1937). Mit der ersten Antragstellung verabschiedet der Stadtrat ein fixes Stellenkontingent für die neue Abteilung Bildungsförderung. Aufgrund der Haushaltslage erfolgt die Dienstanweisung, dass alle nicht besetzten Stellen gestrichen werden. So kommt es, dass die im Rahmen von Lernen vor Ort beantragten Stellen »noch mal durchs Personal- und Organisationsamt bewilligt werden müssen« (S02.12:1968). Auch Personalfluktuationen binden Ressourcen: »Wir hatten ja schon richtige Abgänge. Nun muss die Nachbesetzung organisiert werden« (S16.11:1034). Dieser Effekt ist dem Umstand geschuldet, dass die Verwaltung »mit vielen jungen Leuten zusammenarbeitet«, die sich durch eine Familienpause oder berufliche Anschlussmöglichkeiten aus dem Programm fortbewegen: »Die Personalstabilität [ist] etwas, was wir überhaupt nicht überlegt haben. Da haben wir nicht dran gedacht, dass jemand mal aussteigt« (S16.11:1031–1033). Der Weggang von Personal verursacht nicht nur Kosten in Bezug auf Nachfolgeregelungen, sondern reißt auch Lücken in die Architektur eines gemeinsamen Wissensmanagements: »Also, wenn es jemanden gibt, der alles weiß, dann ist sie das. Sie ist sozusagen meine linke und meine rechte Hand. Da können Sie sich vorstellen, wie es ist, wenn sie dann in Schwangerschaftsurlaub geht« (S16.11:1042–1045).

Dass mit der »Abteilung Bildungsförderung« zwar ein neues Verwaltungsressort institutionalisiert ist, dem gemeinsame Prozesse der Organisationsentwicklung erst nachfolgen, kommt auch im Erleben von Ziel-, Plan- und Führungslosigkeit zum Ausdruck. Eine für das Aktionsfeld Bildungsberatung befristet in der Stadtverwaltung angestellte Mitarbeitende hätte sich innerhalb der hierarchischen Verwaltungsstrukturen »von Anfang an« (S02.11:705) einen klaren »Auftrag« (S02.11:719) gewünscht, nämlich »dass es letztendlich ja nur darum geht, ein konkretes Problem gemeinsam zu lösen« (S02.11:715). Der auf eine veränderte Haltung von Verwaltungsangestellten zielende Appell sucht nach einer durch Weisung bemächtigten Unterstützung. Mit diesem Ziel gehen nicht alle Verwaltungsämter dasselbe Commitment ein, so dass jenseits von Beratungsthemen zunächst Überzeugungsarbeit für bereichsübergreifende Zusammenarbeit ansteht: »Es geht eigentlich eher darum, immer wieder den anderen auch davon zu überzeugen, dass das wichtig ist« (S02.11:718–719). Die Einflussnahme zielt auf die Einsicht einer umfassenden Verantwortlichkeit für gemeinsames Handeln jenseits von Zuständigkeiten.

Das Lernen-vor-Ort-Personal weiß um die Möglichkeiten und Grenzen eines temporären Zeitfensters: »Wir sind von außen gekommen und wir werden wieder gehen« (S02.11:734). Die Frage, »warum die Stadt da so zögerlich ist und warum da keine Entscheidungen getroffen werden«, sorgt bei einer Partnerinstitution für »Unmut« und »Unbehagen«, weil sie »ja auch Ressourcen eingebracht« hat und »die Dinge so langsam« (S02.11:839–844) passieren. Bei der gemeinsamen »Vorhabenbeschreibung« (S02.11:877) steht die »Schaffung von kommunalen Beratungsstellen im Sinne von Erst- und Orientierungsberatung« (S02.11:856–857) nicht in Frage. Im Zuge der praktischen Umsetzung hingegen »kommen solche Fragen wie: ›Brauchen wir das überhaupt? Das brauchen wir doch nicht. Wer soll denn da hingehen?‹« (S02.11:863–869). »Ausbremsende Fragen« (S02.11:875) erschüttern die Erwartungssicherheit und mobilisieren erneut Überzeugungsarbeit: »Die Kommune hat in einzelnen Ämtern Beratungsangebote, die vielleicht Scharniere zur Bildungsberatung darstellen, aber da ist eine Leerstelle in [der Stadt], die auch wirklich nicht gedeckt ist« (S02.11:886–888).

Während sich externe Partner politische Entscheide wünschen, einerseits, um den Anforderungen des Programms gerecht zu werden und andererseits, um ihre Interessen langfristig im neuen Beratungsstrukturen abzusichern, drängt der Stadtjugendring auf die Vermeidung von »Doppelstrukturen« (S12.11:764). Dieser etablierte Akteur der kommunalen Jugendarbeit setzt auf Nachhaltigkeit im Sinn eines Ausbaus des bisherigen Einflusspotenzials: »Wir haben Strukturen, die muss man erläutern, erklären und auf sie aufmerksam machen« (S12.11:766–767). Mit wachsender Sorge stellt er den Ausbau des Bildungsamts fest: »Man merkt einen magnetischen Sogeffekt, es werden noch immer Stellen ausgeschrieben, man merkt, dass da Manpower dahintersteckt, um Vernetzungen zu gestalten« (S12.11:750–752). Die sich häufenden »Anfragen bezüglich des Mitmachens« irritieren das Selbstverständnis, bisher selbst für diese Vernetzungsleistungen zuständig gewesen zu sein: »Wir fragen uns dann schon, warum das auf der Ebene klappt, obwohl wir das bei der Jugendarbeit schon längst haben« (S12.11:753–755). Er antizipiert, dass »die Förderung für das Projekt ausläuft und bestimmte kommunale Strukturen gesichert werden müssen« (S12.11:705–706). »Doppelstrukturen« im Sinn einer Verschiebung von Vernetzungsleistungen ins neue Bildungsamt, die mit dem Ende der Förderlaufzeit zu Einsparungen zulasten der Jugendarbeit führen könnten, lehnt der Stadtjugendring ab. Er kämpft dafür, »dass man den Bereich Jugendarbeit wahrnimmt und die Vorteile und Vernetzungen für sich mitnutzt« (S12.11:775–776). Mit dem Hinweis darauf, dass mit Jugend- und Facharbeitsgruppen sowie mit Jugend-, Familien und Kita-Förderplänen bereits Strukturen bestehen, »bei denen Bildung eine Rolle spielt« (S12.11:784), positioniert er sich als Akteur, der »mitgenommen werden« (S12.11:770) und darüber hinaus weiterhin die Politik informieren will: »Lernen vor Ort muss sagen: ›Das nehmen wir, hier bringen wir uns mit ein oder nutzen die Ergebnisse‹« (S12.11:786–787). Um nach Auslaufen der Förderlaufzeit »nicht in ein großes, tiefes Loch« zu fallen, will er die Träger dazu »bewegen, sich einzubringen« (S12.11:710–714) und die Bildungsdatenbank mitzugestalten. In der »gemeinsamen Präsentation« sieht er »einen positiven Effekt« (S12.11:717–719) auf die Abstimmung und den Austausch mit der Verwaltung. Von einer breiten »Mitgestaltung und Zentralisierung der Angebote« verspricht er sich darüber hinaus »eine Verpflichtung auf politischer Ebene, das zu untermauern« (S12.11:734–735). Beeinflussungsversuche der Kommunalpolitik verstärkt er mit dem Ansinnen, Leistungsvereinbarungen mit den Trägern zu treffen: »Liebe Träger, ihr habt das mitzuführen und ihr habt eure Daten mit einzubringen« (S12.11:729).

Lernen vor Ort fordert nicht nur das Selbstverständnis bestehender Konstellationen heraus, sondern auch den Anspruch, die Dinge richtig zu tun. Nach und nach klinkt sich das Programm in formalisierte Abläufe innerhalb der Stadtverwaltung ein. Zu Beginn besteht eine Kultur der Mündlichkeit: »Ja, in Phase eins war das […] eher so informell. Man hat mal gesagt unter Sonstiges: ›Ja, da ist was [von] Lernen vor Ort, wir machen da das und das‹« (S02.13:272–276). Im Übergang zur zweiten Förderphase vollzieht sich ein Wandel zu einer Kultur der Schriftlichkeit: »Aber das ist nie schriftlich erfolgt, das ist nie wirklich mit Redezeit gewesen. Und das ist jetzt halt ein bisschen formalisiert alles« (S02.13:279–282). Der Wandel erweist sich als »eine neue Qualität dann auch in der Bewusstmachung dessen, was da passiert ist« (S02.13:286–287). Dadurch, dass Lernen vor Ort alle zwei Monate im Bildungsausschuss den »Tagungspunkt […] ›Neues aus Lernen vor Ort: Bericht zum bisher Erreichten und zur weiteren Arbeit‹« (S02.13:296–297) erhält, gelingt ihm nicht nur eine formale Anbindung an die Abläufe der Stadtverwaltung, sondern auch der Anschluss, um inhaltliche Fragen in die Ämter zu transportieren. Einmal im Jahr soll die Berichterstattung »auch die Nicht-Bildungsleute« auf der »Ebene des Stadtrats« (S02.13:307–310) informieren.

Das KBM schafft die Gelegenheit für die wechselseitige Beobachtung von Kommunikationsarten innerhalb der kommunalen Administration und Organisation. Insofern die Berichterstattung sich an den zentralen Handlungsfeldern des Programms orientiert, bringt sie diese Kommunikationsarten mit Belangen der Stadtgesellschaft ins Gespräch. Das Zusammenprallen unterschiedlicher Handlungslogiken zeigt sich in Auseinandersetzungen, die der Projektleiter als »Neid-Debatten« (S02.13:526) deutet. Bei einem problematischen Finanzhaushalt, in dessen Zusammenhang alle »kürzen und sparen« müssen, erhält Lernen vor Ort auch mit der zweiten Förderphase »eine sichere Finanzierung« und damit zusätzliche Personalressourcen: »Und dann wird natürlich neidvoll drauf geschaut« (S02.13:531–540). Die kritische Beobachtung berührt aber auch die Frage, die richtigen Dinge zu tun: »Da wird schon hinterfragt, warum man [ein] Leitbild […] oder Bildungsbroschüren druckt, und das Geld nicht nehmen kann, um jetzt vor Ort Schulen zu helfen, die Migrationsprobleme haben« (S02.13:544–545).

Das Leitbild, der erste Bildungsbericht und die Bildungsdatenbank dokumentieren Meilensteine der Netzwerkarbeit. Sie machen die Bemühungen, ein KBM mittels eines fixen Stellendeputats dauerhaft legitimieren zu müssen, sichtbar und Nachhaltigkeit im Sinn einer Verstetigung erlebbar: »Da ist schon ein Durchbruch« (S02.13:659). »Rückenwind« (S02.13:681) erfährt Lernen vor Ort im Stadtrat schließlich von einer Zweidrittelmehrheit dadurch, »dass die Leute sehen: ›Jawohl, da passiert auch was, was wir auch verwenden können‹« (S02.13:681–686). Erfolgreiche Etappenziele auf dem Weg eines KBM sieht der Projektleiter darin, dass vorliegende Bildungsberichte als Diskussions- und Entscheidungsgrundlage herangezogen werden können, dass die Stadt mit Stiftungen und dem Land im Gespräch ist, »um da ein Stück weiterzukommen in dem gemeinsamen Auftreten« (S02.13:696) sowie darin, dass Lernen vor Ort und Bildung für nachhaltige Entwicklung »gemeinsam auch gedacht werden« (S02.13:715). Anerkennung erlebt das KBM dahingehend, dass es »von allen Seiten« gefragt wird: »Wenn Projekte jetzt angeschoben werden, wir hatten jetzt wieder eine Beratung zu einem neuen Bundesförderprogramm, dann lädt die Uni selbstverständlich Lernen vor Ort mit ein. Also eine Sache, die bisher bei Weitem nicht so war« (S02.13:716–725).

Dadurch, dass es »überall drin« ist, merkt es, »wenn Dopplungen auftreten, wenn Sachen passieren unabhängig voneinander« (S02.13:731–733). Dass es wechselseitige Beobachtungen ermöglicht, führt zum »Aha-Effekt«, dass es »doch ganz sinnvoll [ist], wenn man voneinander weiß und nicht immer Anträge parallel vorantreibt im eigenen Haus« (S02.13:736–741).

1.2.4 Lernen vor Ort gegen interne und externe Ansprüche verteidigen

Lernen vor Ort gegen interne und externe Ansprüche zu verteidigen, stellt eine unumgängliche Leistung dar, um die Zusammenarbeit zu organisieren und auf Linie zu halten. Wirkungen dieser Abschirmungsarbeit sind nicht unmittelbar sichtbar und auch später schwer – wenn überhaupt – nachweisbar. Ein in Rückzugsaktivitäten verharrendes Engagement gefährdet die Ansprechbarkeit des KBM, weil es mit sich selbst beschäftigt ist. Mit Zeiträumen der Selbstbeschäftigung bearbeitet das KBM aber Gefährdungspotenzial, das von aktivistischen Projektaktivitäten ausgeht: »Die Mitarbeiter vergeuden sehr viel Zeit damit, die Kommunikation untereinander zu regeln« (S10.11:199–200). Im Vergeuden steckt der Luxus, sich das knappe Gut Zeit im Rahmen der Programmlaufzeit nehmen zu dürfen. In seiner Vermittlungsarbeit zwischen unsichtbarer Koordinations- und sichtbarer Repräsentationsarbeit balanciert das KBM potenzielle Beeinträchtigungen durch Hegemonie- und Domänenspiele aus (Misch-Typ 5/6).

Der Anspruch der Verstetigung forciert Anstrengungen, das Engagement zu belegen. Die Stadt erbringt bereits mit der Antragstellung zur ersten Förderphase den demokratisch legitimierten Nachweis, ein KBM strukturell zu verankern: »Wir haben ja auch schon im Stadtratsbeschluss die Struktur festgelegt, was nach dem Projekt passiert« (S14.11:287–288). Damit institutionalisiert sich ein KBM, noch bevor es auf organisationale Verfahren zurückgreifen kann, die ein solches Management konstituieren: »Das heißt, wir haben schon die Struktur, wir haben sogar die Ortsverfügung durchgesetzt, es gibt schon den Bereich Amt für Bildung, was strukturell zuständig sein wird für Schulträgerschaft und in dem Bereich Bildungsförderung« (S14.11:291–293). Alles, was die Stadt noch nicht hat, um die Institution KBM mit Leben zu füllen, hat sie mit den Ressourcen von Lernen vor Ort aufzubauen. Dieser externe Anspruch des Programms konfligiert mit dem internen Anspruch projekterprobter Akteure, die Lernen vor Ort als Projekt verstehen: »Tja, das ist eben eines unter vielen Projekten« (S10.11:138). Während die Idee einer »ganzheitlichen Initiative« die Entwicklung einer Metastruktur vorsieht, »um durch eine Abstimmung vor Ort die Kräfte zu bündeln« (BMBF, 2008a, S. 4), setzt die Projektidee beim Anspruch an, »dass das in der Stadt und auch bei den Bürgern mehr bewegt« (S10.11:151–152). Lernen vor Ort – wiewohl politisch legitimiert und in der Stadtverwaltung an prominenter Stelle verortet – hat ohne sichtbare Nachweise der Aktivitäten ein öffentliches Legitimationsproblem: »Aber ich sehe bei dem Ganzen noch nicht so den Erfolg. Ich nehme es nicht so wahr, dass das einen Riesenentwicklungsschub gebracht hat« (S10.11:146–148).

Die Stadt konzentriert ihr Engagement zunächst auf den internen Aktionskern und nicht auf die Außenwirkung: »Aber ich glaube, dass das gar nicht so ausstrahlt« (S10.11:153). Die der Institutionalisierung nachgeordnete Organisation bereichsübergreifender Formate der Zusammenarbeit absorbiert Ressourcen: »Ich glaube, dass die sich intern auch ein Stück weit an ihren Strukturen festgefressen haben« (S10.11:163–164). Kooperationskosten erwachsen in der Wahrnehmung einer Beobachterin aus der »Struktur der Stadtverwaltung« (S10.11:180): »In der Stadtverwaltung, in der normalen Stablinienorganisation, sind Widerstände gegen das Projekt aufgetaucht« (S10.11:171–172). Aber auch die Programmstrukturen bremsen Bemühungen aus. Insbesondere in befristeten Stellen sieht eine Beobachterin suboptimale Rahmenbedingungen, um »das Projekt so richtig zum Pushen zu bringen« (S10.11:166): »Durch die hohe und ständige Personalfluktuation sind Ressourcen verlorengegangen. Da wurde das Projekt jedes Mal zurückgeworfen« (S10.11:184–188). Die Organisation mit halben Stellen hat viele Mitarbeitende und eine dementsprechend hohe Führungsspanne zur Folge: »Außerdem ist das Projekt sehr groß, mit vielen Mitarbeitern mit halben Stellen. Ich glaube, dass das nicht gut zu händeln ist« (S10.11:191–192).

2 Projekt- und Programm-Engagement

Auf dem Weg, Kommunen zu befähigen, die richtigen Fragen zu stellen, setzt das BMK mehrheitlich grenzüberschreitende Strategien starker Intensität ein (vgl. Abbildung 10.2, links). Als relevante Akteure erkennt es kreisangehörige Städte, an die es sich mit dem Appell wendet, eine positive Kultur für die Grundidee eines Strukturprogramms zu schaffen. Es koordiniert einzelne innovative Projekte über das Regionale Bildungsnetzwerk und forciert dabei das Denken in lokalen Verantwortungsgemeinschaften. Datengestützte Bedarfsanalysen offeriert es im Modus der Kommunikation, Moderation und Dienstleistung, um den belasteten Begriff der Steuerung zu umschiffen.

Abbildung 10.2
figure 2

Bearbeitung von Spannungslagen in Arenen der (Un-)Verantwortlichkeit (Eigene Darstellung)

Das KBM zielt auf die Schaffung eines Gremiums, welches sowohl die ressortübergreifende Koordination innerhalb der Stadtverwaltung sichert als auch die Kommunikation mit Leistungsanbietern der Stadtgesellschaft ermöglicht. Es setzt dabei auf Strategien starker und mittlerer Intensität. Das Aufbrechen bestehender Strukturen legitimiert es mithilfe des Programms Lernen vor Ort, welches ausdrücklich dazu aufruft, an vorhandenes zivilgesellschaftliches Engagement anzuknüpfen (vgl. Abbildung 10.2, rechts). Das KBM verortet den Lead für die Organisation des Zusammenspiels von Bildungsverantwortlichkeiten in der Stadtverwaltung. (Datenbasierte) Strategien haben sich daher in deren Strukturen und Zuständigkeit einzuklinken.

2.1 Kommunen befähigen, die richtigen Fragen zu stellen

Das Projekt- und Programm-Engagement prozessiert das BMK als Objekt des ökonomischen Systems zunächst auf dem Feld des Kulturmarkts (Bedingungen), als Subjekt das sozial-kulturellen Systems auf dem Feld des politischen Diskurses (Strategien) und als Thema des politischen Systems schließlich auf dem Feld der Kulturpolitik (Konsequenzen).

2.1.1 Das Föderalismusproblem durch Unruhestiften und pädagogisches Programmschachteln bearbeiten

Hegemoniespiele zwischen Verwaltungsebenen, bei denen unmittelbares People-Processing beeinträchtigt werden könnte, legen Vermittlungsstrategien starker Intensität nahe (Typ 6).

Das proaktive Konfliktmanagement stellt eine Vermeidungsstrategie dar, bei der Lernen-vor-Ort-Mitarbeitende ihr biographischen Kapital einsetzen. Zunächst verweist die Wahrnehmung des Unruhestiftens (K02.11:1209) darauf, dass »das eigentlich ein Föderalismusproblem ist« (K02.11:1236). Kommunen werden durch eine Programmarchitektur adressiert, die auf Bundesebene entwickelt und von der supranationalen Programmatik des Lebenslangen Lernens beeinflusst ist. Diese Formel ist in ausgewählten Kommunen als lokale Verantwortungsgemeinschaften zu verankern und darüber hinaus auf Kommunen bundesweit auszudehnen: »Das ernste politische Spiel geht ja so, dass man eine neue Struktur ins Leben ruft, die dann aber auch gelebt werden muss« (K12.11:529–530). Der Anspruch, »mehr in Verantwortlichkeiten und weniger in Zuständigkeiten« (Löhrmann, 2015, S. 8) zu denken, kann von Kommunen allenfalls refüsiert, nicht aber auf andere Ebenen externalisiert werden. Damit verschieben sich Verantwortlichkeiten auf die personale Ebene der Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden, die »mitten im Wald« (K02.11:1190) stehen und Lernen vor Ort als »Axt« benutzen, um diesen Wald zu lichten (K02.11:1205–1206). Mit dem Schwerpunkt des Übergangsmanagements schlagen sie Schneisen ins Dickicht. Sie setzen Bildung mit lebenslangem Lernen gleich, weil sie sich damit neben schulischer Bildung positionieren können. Besonders reizvoll am Programm ist daher »der Gedanke, dass Lernen mehr ist als Schule, also die Einbindung von außerschulischen Akteuren« (K04.14:480–481). Ein erweitertes Bildungsverständnis bedeutet, ein Übergangsmanagement »von den Kindern, von den Eltern aus zu gucken« und zu fragen: »Was brauchen die eigentlich?« (K04.14:482–483). Die Frage, wie die »Idee der Bildungskette« (K04.14:486–487 durch verbesserte Übergänge gestaltet werden kann, steht vor jener der Zuständigkeiten: »Die gucken ja nicht danach, ist da jetzt das […] System Schule dafür zuständig oder der Schulträger oder die Kita, wo wir essen oder sonst irgendwas« (K04.14:483–486). Der »Bezug zum Kind« (K06.11:313–314) wird somit auch dann gewahrt, wenn nicht direkt »am Bürger« (K06.11:319) gearbeitet wird, sondern »ausschließlich auf der Strukturebene« (K06.11:320).

Das Föderalismusproblem durch Unruhestiften zu bearbeiten, beinhaltet, dass »Maßnahmen, […] mehr gebündelt werden« (K06.12:183–188). Die »Liebe zum Projekt« (K02.14:931) begründet das hohe Engagement der Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden: »Also, wir sind ja alle hoch motiviert gestartet« (K06.11:657). Durch Anfragen und Veranstaltungen wird »eine Flut losgetreten« (K06.11:658), die manche Kommunen in Bedrängnis bringt: »Die kleineren Kommunen, die jetzt nicht aktiv durch Personen aus dem Lernen-vor-Ort-Team verstärkt sind, die haben sich einfach überrollt gefühlt« (K06.11:664–665). Ein Austausch mit den Kommunen hat »Anpassungsschwierigkeiten« (K06.11:672) zu überwinden, »weil einfach diese Vorbehalte da so stark und verhärtet« (K06.11:685) sind: »Es sind wirklich diese Elfenbeintürme. Es ist wirklich jede Kommune für sich und es wird sich nicht empfunden, wir als Kreis […]. Das sind also Entwicklungen, da kann man Jahrzehnte rechnen, bis man sagt: ›Wir empfinden uns als gemeinsame Einheit‹« (K06.11:687–690).

Dass sich Projektarbeit von Verwaltungsarbeit unterscheidet, stellt sich beim Aufeinandertreffen von Lernen-vor-Ort-Akteuren mit der Kommunalverwaltung heraus: »Und dann musst’ ich mich mit Kommunalverwaltung auseinandersetzen« (K02.14:523). Die beobachtete »Arbeit nach Vorschrift« (K02.14:525) in der Kommunalverwaltung beschreibt eine Bereichsverantwortliche als »ziemlich anstrengend« (K02.14:526), die sie lehrt, sich »in bestimmten Dingen abzugrenzen« (K02.14:540–541). Eine »andere Professionalität noch mal aufzubauen« (K02.14:541), bedeutet für sie, eine wechselseitige Perspektivübernahme einzufordern beziehungsweise »ganz klar zu sagen: ›Pass auf, ich akzeptiere euch so, wie ihr das macht, aber ihr müsst auch das akzeptieren, so wie ich es mache, nur weil ihr’s anders macht, muss ich es nicht auch so machen‹« (K02.14:541–545). Diesen Klärungsprozess erlebt sie als nicht erwarteten Aufschub der eigentlichen Koordinationsarbeit: »Also, das hat auch unheimlich gezehrt […] an der Kraft und ich wollt’ mich mit so was gar nicht auseinandersetzen. Ich wollte arbeiten« (K02.14:546–548).

2.1.2 Mitverantwortlichkeiten organisieren

Bereichsverantwortliche überbrücken Anforderungen eines Strukturprogramms, welches auf Organisation setzt, mit Anforderungen der pädagogischen Profession, die direkt an und mit Menschen arbeiten will. Sie erleben den Aufschub vorgesehener und erwünschter Effekte ihrer Berufung sowie Zeitdruck als restriktive, ihre Identität potenziell bedrohende Rahmenbedingungen einer bereichsübergreifenden Zusammenarbeit. Von ihrem Durchhaltevermögen hängt ab, ob Vermittlungsarbeit in der Phase Relevante Akteure und Daten bestimmen Fragen des People-Processing im Blick zu erhalten vermag (Typ 6).

Das Engagement vieler und unterschiedlicher Akteure auf das Leitbild einer staatlich-kommunalen Verantwortungsgemeinschaft auszurichten, bedeutet für die Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen, sich zunächst ohne Gewinnaussichten auf Unwägbarkeiten einzulassen. Die Pionierkommunen stellen sich die Frage, »was sie davon haben, wenn sie sich noch in einer anderen Stadt einbringen« (K16.11:1001–1002). Ein Engagement für eine Distribuierung der Grundidee eines Strukturprogramms kann nicht mit einer Gegenleistung rechnen: »Da muss man fairerweise sagen, dass sie selbst tatsächlich nichts davon haben, sondern die anderen haben etwas davon, wenn das Projekt transferiert wird« (K16.11:1008–1009). Ein »tolles Projekt erst mal vor[zu]stellen und deutlich machen [zu] müssen, warum das so erfolgreich ist« (K16.11:1013–1014), verschafft aus Sicht einer Protagonistin »eher mehr Arbeit« (K16.11:1013). Das Engagement im Rahmen der Vorkombination von Bildungsdienstleistungen hat den Charakter eine Mission: »Erst mal haben sie gar nichts davon, außer dass sie einen Preis gewinnen oder auf die Schulter geklopft bekommen« (K16.11:1016–1017). Jenseits dieser symbolischen Gratifikation erweist sich Überzeugungsarbeit als »ein ganz schwerer Weg, […] die Vorbehalte vonseiten der Kommunen abzubauen« (K06.11:1014–1019) und diese für die Mitarbeit im Lenkungsausschuss und im Lenkungskreis zu öffnen. Dies geschieht im Wettlauf gegen die Zeit: »Die Zeit ist gerannt. Und ich habe das Gefühl, die Zeit rennt noch schneller jetzt, weil es nur noch ein Jahr ist« (K06.11:1006–1011). Fast die gesamte erste Förderphase muss aufgewendet werden, bis »diese kleinen Pflänzchen, diese kleinen Kontakte geknüpft« (K06.11:1000) sind.

Dabei stoßen Impulse aus den Entwicklungswerkstätten auf Interesse, wie die Diskussion der ersten Bestandsaufnahme zur Beratungslandschaft im Kreis zeigt: »Ich wurde überrannt von der Anzahl. Der Raum war überfüllt. Es war also wirklich ein Run darauf, der mich selber absolut überrascht hat« (K06.11:1516–1518). Allerdings offenbart das Treffen auch »Unterschiede zwischen dem Anspruch, den das Projekt […] hat und [dem], was die Akteure wollen« (K06.11:1544–1546). Ein beiderseitiger Gewinn ist voraussetzungsreich. Er entscheidet sich an der Frage, wie es gelingt, Belange der Organisation, die über Beratungsstrukturen entscheidet, mit Belangen der pädagogischen Profession, die die direkte Beratung mit Bürgerinnen und Bürgern gestaltet, zu verbinden.

2.1.3 Nicht in Zuständigkeiten, sondern in Verantwortlichkeiten denken

Fortgesetzte Bemühungen, mit guten Modellen kreisangehörige Städte pädagogisch zu inspirieren, haben das Potenzial, die Netzwerk- und Gemeinschaftsidee in die Bildungslandschaft zu tragen. Umgekehrt haben pädagogisch inspirierte Kommunalverwaltungen das Potenzial, Handlungsempfehlungen mit Blick auf die Bildungsbiographien von Kindern und Jugendlichen in Entscheide zu überführen. Die Kooperation zwischen dem Land und Kommunen forciert in der Phase Strukturen und Verfahren aufbauen eine antagonistische Kooperation, in der das Ausbalancieren von Kosten und Gewinnen das Engagement auf Linie hält und zwischen Kommunikationsarten der Profession und Organisation vermittelt (Misch-Typ 3/4).

Die Leitidee, »nicht in Zuständigkeiten, sondern in Verantwortlichkeiten [zu] denken« (K02.11:1526–1527), setzt sich als Empfehlung der Denkschrift »Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft« (Bildungskommission NRW, 1995) in den Köpfen der Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen fest. Sie operationalisiert Regionale Bildungslandschaften als »Infrastruktur miteinander vernetzter Bildungsangebote« (Bildungskommission NRW, 1995, S. 284). An einer Netzwerkkonferenz stellt eine Bereichsverantwortliche »eine Betriebsanleitung« (K02.11:1800) für ein lokales Übergangsmanagement vor. Mit diesem Vorgehen dehnt sie das Denken in Verantwortlichkeiten auf die Region des Kreises aus, indem sie anderen Städten zeigt, »dass da viele Menschen dran arbeiten müssen und dass es wirklich diesen Netzwerk- und Gemeinschaftssinn auch braucht« (K02.11:1453–1455). Diese Protagonistin bringt ein Sendungsbewusstsein dahingehend zum Ausdruck, dass sie »Dinge, die [sie] als gut bewerte[t], […] an jeder Ecke, wo [sie] es anbringen kann, auch verkünde[t]« (K02.11:1544–1545). Eine Verstetigung einer Verantwortungsgemeinschaft versteht sie nicht als formalisierte Gremienstruktur innerhalb einer Kommunalverwaltung, sondern als fortgesetztes Suchen nach Formaten für Operationen des Zeigens und Lernens: »Also, wenn das enden würde, in normale Strukturen überführt würde, die könnte ich nicht einhalten, das geht für mich nicht, weil das kann man hier nur praktisch über so ein Programm atmen« (K04.11:1902–1906).

Das Denken in Verantwortlichkeiten ist mit zwei Hauptrollen in Inklusions- und Domänenspiele eingebunden. In der Professionsrolle ist es individuell und personal verankert, es wandert mit den Rollenträgerinnen mit und bewegt sich fluide um bestehende Organisationsstrukturen herum, um Lebenschancen direkt an und mit Akteuren zu prozessieren. In der Organisationsrolle ist es an Prozeduren der Verantwortlichkeiten gekoppelt, die unterschiedliche Akteure in flexiblen Gremienzusammensetzungen im Bildungsnetzwerk ansprechen. Originäre Aufgabe des BMK ist es, das Denken in Verantwortlichkeiten in Strukturen zu überführen. Transformationsarbeit von der einen zur anderen Rolle ist mit Kosten für das Lernen-vor-Ort-Personal verbunden: »Also, meine Puste ist auch begrenzt, also, ich bin seit anderthalb Jahren dabei und mir geht so langsam die Puste aus« (K04.11:1912–1913). Das Kräftezehrende speist sich aus dem doppelten Erfordernis, dass Verantwortlichkeiten mit Blick auf die Bildungsbiographie von Kindern und Jugendlichen »interdisziplinär immer wieder neu ausgerichtet« (K04.11:2235–2236) und gleichzeitig institutionalisiert werden müssen. Im Brennpunkt dieses Anspruchs operieren die Bereichsverantwortlichen, die kommunal stationiert sind und sich regional orientieren.

Dass »nie zwischen den Verantwortlichen auf beiden Seiten besprochen wurde, welche Aufgaben die Koordinatorinnen haben« (K02.12:2104–2105), evoziert eine »Diener-zweier-Herren-«-Konstellation (K02.12:2000) und Kosten, die Bereichsverantwortliche individuell tragen und verkraften müssen: »Ich kann nur aus […] den Erfahrungen, die ich gezogen habe, gucken, wie ich da unbeschadet rauskomme« (K02.12:2038–2040). Regional in Verantwortlichkeiten und nicht in Zuständigkeiten zu denken, hat den Preis, nicht gleichzeitig operativ in einem kommunalen und strategisch in einem regionalen Bildungsbüro arbeiten zu können. Aus einer räumlichen Ansiedelung in der Kommunalverwaltung folgt nicht gleichzeitig eine soziale Anbindung: »Ich empfinde mich selber als Persona non grata in der Stadt, in der ich sitze. Ich werde über nichts informiert. Ich sitze dort einfach nur« (K02.12:2052–2054). Unterbestimmte Arbeitsanforderungen eröffnen nun gerade durch ihre Nicht-Eindeutigkeit und durch Elemente, die in der Schwebe gehalten werden, Handlungsspielräume: »Das ist aber auch gerade ein Vorteil, weil ich auch unglaublich kreativ sein kann« (K02.12:2140).

2.1.4 Kommunen und Kreis ins Gespräch bringen

Strategien der Bereichskoordinatorinnen schöpfen aus dem eigenen biographischen Kapital mit einer Bewusstheit für divergente Rationalitäten in Domänen- und Hegemoniespielen, von denen Gefährdungspotenzial für bereichsübergreifende Zusammenarbeit oder unmittelbares People-Processing ausgeht (Misch-Typ 5/6).

Eine Steuerungseinheit außerhalb des Regionalen Bildungsnetzwerks zu installieren, wäre aus Sicht einer Projektverantwortlichen »ein Unding« (K18.11:931): »Also, jetzt zu sagen, wir richten beim Landrat eine Steuerungsgruppe ein für Bildung, die dann noch mal so eine Zwischenfunktion hätte, wo ganz viele Fäden zusammenlaufen« (K18.11:933–935). Um nicht die Akzeptanz kreisangehöriger Städte zu gefährden, setzen Lernen-vor-Ort-Verantwortliche auf einen dienstwilligen Transferanspruch, der die pädagogische Differenz immer schon mitdenkt: »Der Informationsfluss soll dann gewährleistet sein, aber ob das in der Kommune passiert, das wird dann in der Kommune selbst entschieden, dass zum Beispiel […] eine Kommune sagt: ›In dem Bereich möchten wir uns verstärkt einbringen.‹« (K04.11:717–723). Verantwortlichkeit kann nicht aufgezwungen werden. Transfermodule nicht zu beanspruchen, bedeutet aber, auf Errungenschaften der Leuchtturmkommunen zu verzichten und Modelle lokaler Zusammenarbeitsstrukturen für die Gestaltung von Bildungsübergängen Kindern, Jugendlichen und Eltern vorzuenthalten. Lernen-vor-Ort-Verantwortliche arbeiten einem Rückzug auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht entgegen, indem sie die Ressourcen der Kommunen anerkennen: »Jede Stadt hat ja doch wieder unterschiedliche Schwerpunkte ihrer Arbeit« (K04.11:773). Der Dienstleistungsgedanke beinhaltet, Gelegenheitsstrukturen zu schaffen: »Nach dem Motto, dass wir die Möglichkeit bieten, aber nicht so und so soll es gemacht werden« (K04.12:1184–1185). Die Dienstleistungsrolle umfasst das Zudienen und Helfen: »Diese Person hilft beim Aufbau dieser Bildungsnetzwerke zwischen den Bildungsakteuren vor Ort, speziell auch Kita und Grundschule. Sie protokolliert die Vorbereitung, Moderation, Durchführung und Nachbereitung« (K04.12:1188–1194).

Für die Zusammenarbeit zwischen Kita und Grundschule antizipiert eine Bereichsverantwortliche unaufhebbare Konflikte, die durch eine externe Moderation positiv gewendet werden könnten: »Da bin ich eher der Meinung, da muss man jemanden Externes mitreinnehmen« (K04.12:1223). Damit »vor Ort die Stimmung nicht versaut« und eine »Solidarität« (K04.12:1231–1234) aufgebaut werden könne, sollen »Frust oder Unmut auf die externe Person abgelagert werden« (K04.12:1225). Mit dieser Puffer-Funktion in Hegemoniespielen und dem Angebot, Krisen zu absorbieren, geht die Vorstellung einher, »Personen aus dem Alltagsgeschäft« (K04.12:1242–1243) den Rücken freizuhalten für ihre Interaktionsarbeit. Reibungsverluste, die aus der Tandemorganisation von Kooperationen zwischen Kita und Grundschule hervorgehen, legen ein Vermeidungsverhalten gegenüber Konflikten oder den Rückzug aus der Kooperation nahe.

Kooperationen durch externe Krisenbewältigung aufrechtzuerhalten, leistet einen Beitrag zur Systemintegration, die potenziell förderlich ist für das People-Processing im frühkindlichen Bereich. Die Dienstleistungsrolle bedeutet für die Gestaltung des Verhältnisses zwischen Land und Kommunen »wirklich Beziehungsarbeit. […] Man versucht, Verständnis zu wecken für die Situation des jeweils anderen, der Fachkraft oder der Institution selbst« (K10.11:620–625). Diese Verständigungsarbeit geht damit einher, dass es »einen oft auch so zerreißt, weil alle greifen nach einem und alle sagen: ›Du gehörst ab jetzt zu mir und machst, was ich sage‹« (K10.11:636–641). Sie stellt aber auch eine eigene Macht für Veränderungen dar: »Ich bin ja für keinen wirklich gefährlich« (K10.11:656). Diese Harmlosigkeit zeigt in Verbindung mit einer Unbeirrbarkeit Wirkung: »Dadurch, dass es mich gibt und ich immer wieder gebetsmühlenartig versuche, Verständnis zu wecken – und die anderen auch – hat sich nach meinem Empfinden […] ein bisschen was getan« (K10.11:659–664). Verändert hat sich die Haltung, überhaupt in Beziehung treten zu wollen: »Sie kommunizieren jetzt jedenfalls. Und es gibt nicht gleich immer die Abwehrhaltung« (K10.11:670–673).

2.2 Vertrauen und Legitimation berücksichtigen

Das Projekt- und Programm-Engagement prozessiert das KBM als Subjekt des Politischen System zunächst auf dem Feld der Gesellschaftspolitik (Bedingungen), danach auf dem Feld der Kulturpolitik (Strategien) und schließlich wieder auf dem Feld der Gesellschaftspolitik (Konsequenzen).

2.2.1 In der Verwaltung mit Macht operieren und harte Argumentationsrunden führen

Das in der Stadtverwaltung verortete KBM beruft sich auf die Verantwortung zur kommunalen Selbstbestimmung, in der Bildungsangebote in Zusammenarbeit mit Akteuren der Wirtschaft und Zivilgesellschaft für Bürgerinnen und Bürger der Stadtgesellschaft systematisiert und transparent gemacht werden sollen. Bereichsübergreifende Zusammenarbeit orientiert sich an der Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen und damit an Vermittlungsstrategien schwacher Intensität, die unmittelbares People-Processing nicht in den Blick nehmen (Typ 2).

Obwohl es in der Stadtverwaltung »eine ganz starke Machtbasis« (S14.11:350) für Lernen vor Ort gibt, kämpft das Projektteam monatelang, um eine grundlegende Arbeitsfähigkeit herzustellen: »Wir haben ja ein Dreivierteljahr lang gebraucht, bis die Technik hier da war, so dass die Elite ordnungsgemäß arbeiten konnte, dass die Laptops und die Blackberrys da waren und man auch in Kontakt treten konnte« (S14.11:369–371). Da es zu Beginn des Projekts »überall lichterloh brannte und überall gekürzt werden musste« (S14.11:376–377), werden »harte Argumentationsrunden« (S14.11:384) geführt. Dass Lernen vor Ort durch die Fördermittel der einzige Bereich in der Stadtverwaltung ist, der Stellen und Sachmittel zugesprochen erhält, weckt in anderen Referaten das Unverständnis, »dass das doch nicht sein kann und dass das der falsche Bereich ist« (S14.11:382–383). Diese Spannungslage balancieren die Projektverantwortlichen mit dem Hauptargument aus, »dass die Teilhabe von allen Bevölkerungsschichten an Bildung auch unabhängig vom Einkommen der Eltern befördert wird« (S14.11:442–443). Soziale Teilhabe »ist das Argument, das zum Schluss dann auch zieht« (S14.11:445). Die Debatte entscheidet die Macht des Hauptverwaltungsbeamten: »In die Verwaltung wurde zum Schluss mit Machtwort operiert, der OB hat einfach angewiesen, dass es so gemacht wird« (S14.11:396–397).

2.2.2 Kommunale Verantwortlichkeiten im Bildungsbereich neu aushandeln

Die Stadt übersetzt die Leitidee Lebenslanges Lernen in die Formel 0 bis 99 und schafft damit Anschlussmöglichkeiten in die Stadtverwaltung hinein und in die Bildungslandschaft hinaus. Das KBM katalysiert die Verständigung über Bildungsverständnisse, indem es unterschiedliche Rationalitäten vergegenwärtigt und unter das Dach einer gemeinsamen Leitidee bringt. In Widerstreit stehen verfassungsrechtliche Regelungen, die klare Kompetenzentflechtungen und zugleich eine gemeinsame Verantwortung auferlegen. Dem Potenzial fortgesetzten Programmschachtelns steht das Risiko von Abbrüchen gegenüber. Die Kontingenz von Verständigungsprozessen kann das Engagement der Akteure, sich auf unterschiedliche Kommunikationsarten in Programm-Wellen immer wieder einzulassen, dauerhaft enttäuschen und zerschlagen. Die Stadt umgeht diese Gefährdung, indem sie auf die Bürgerstiftung setzt, die mit unbeschädigter Begeisterungsfähigkeit an eine Transformation durch Kommunikation glaubt und sich ungebrochen auf das potenzielle Scheitern von Programmen einlässt. In der Phase Relevante Akteure und Daten bestimmen vermitteln Strategien in Hegemonie- und Domänenspielen, bei denen unmittelbares People-Processing beeinträchtig werden könnte (Typ 6).

Lernen vor Ort wirkt als »Katalysator« (S10.11:489), um »ganz normale, herkömmliche Strukturen wie bei Bildung, wie bei Stadtverwaltung, Landesverwaltung, Ministerien, Schulämtern aufzubrechen« (S06.14:687–688). Damit tangiert es auf kommunaler Ebene bereits umstrittene Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Bildungsbereich und »produziert natürlich ‘ne Menge Reibungswärme« (S06.14:693). Die im Programm beteiligten Akteure positionieren sich mit ihrer je eigenen Rationalität, um bestehende Verantwortungsstrukturen neu auszuhandeln und abweichungsverstärkend zu justieren oder abweichungsdämpfend zu erhalten. Die politische Spitze innerhalb der Stadtverwaltung sieht keine Exit-Option bei der Gestaltung der kommunalen Selbstverwaltung. Aufgaben an Unternehmen oder Interessenvereine auszulagern, wie es andere Kommunen gemacht haben sollen, stellt trotz angespannter Haushaltlage keine Option dar: »Wie konnten die als Verwaltung auf die Idee kommen, sich von ihren kommunalen Aufgaben zu trennen und zu sagen: ›Das machen die demnächst für uns, einschließlich dem Haushalt‹« (S08.11:773–775). Die Stadt kämpft darum, das kommunale Selbstverwaltungsrecht mit Blick auf die »Bürgergesellschaft« (S08.22:787) wahrzunehmen. »Nachhaltigkeit aufrecht[zu]erhalten«, bedeutet in diesem Verständnis, »im Kampf gegen viele andere Verwaltungsstrukturen, die das gar nicht bösartig meinen«, Ressourcen zu verteidigen, insbesondere dann, wenn »vom Land mehr Aufgaben aufgezwiebelt« (S08.11:814–825) werden. Angesichts dieses Überlebenskampfs sucht die Stadt nach Unterstützung: »Projekte ranken sich ums Geld, wollen täten es doch alle. Da muss ich mir was einfallen lassen, da muss jemand anderes mit ran« (S08.11:834–835).

Auch Lernen vor Ort bringt willkommene Ressourcen in Gestalt »jungen Personals […] zur Vernetzung von Strukturen innerhalb der Verwaltung« (S08.11:935–936), aber vor allem zur Unterstützung »bei Bürgerbeteiligungen« (S08.11:957). Neben den Personalressourcen trägt die ideelle Ressource des umfassenden Lernens »von 0 bis 99« (S08.11:962) zu einem erweiterten Engagement der Stadt in die Stadtgesellschaft hinaus und in den Organisationskern der Stadtverwaltung hinein bei. Geteilte Zuständigkeiten in gemeinsame Verantwortlichkeiten zu überführen, steht vor der Herausforderung, das »Kompetenzgerangel zwischen den Ämtern« (S10.11:340) produktiv zu wenden: »Wir haben ein Jugendamt, das für die Kitas zuständig ist, ein Amt für Bildung, das für die Horte zuständig ist, und ein Schulamt, das für die Schulen zuständig ist« (S10.11:492–493). Überschneidungen gipfeln in der Frage, wem denn nun die Pädagogik gehört: »Das Jugendamt denkt: ›Jetzt haben die die Hortkinder und machen einen auf Pädagogik, wir vertreten doch die frühkindliche Pädagogik‹« (S10.11:497–498). Das »integrierte Amt« beherbergt »noch alte Strukturen« (S10.11:501–502), die es als klassische Aufteilung nach inneren und äußeren Schulangelegenheiten strukturell überwinden will, deren kulturelle Wirkkraft aber berücksichtigen muss. Der Stadtjugendring versteht sich als »Mitglied des Projekts« (S06.12:116), der die Kontakte zu Fraktionen und Verwaltungsebenen hält, um »da natürlich auch […] bestimmte Argumente auch weiterzugeben« (S06.12:131). Anschlussfähig an »die Interessen vor allem von Kindern und Jugendlichen im Bereich der Freizeit« (S06.12:12–13) ist das im Programm ausgeflaggte Lernen im Lebenslauf.

Auch das zuständige BNE-Gremium innerhalb der Stadtverwaltung schließt an diese Leitidee im Spannungsfeld von »Weltrevolution« und »Föderalismusrevolution« (S10.12:21–22) an. Auf dem Weg zu einer weiteren »Auszeichnung als Dekade« arbeitet es daran, »Bildung für nachhaltige Entwicklung als Möglichkeit von Stadtentwicklung […] gegen den Strich […] zu bürsten« (S10.12: 57–62.). Es sieht die Chance, sich »möglichst gleichberechtigt« und als wichtigen »Partner in dem Lernen-vor-Ort-Vorhaben« (S10.12:107–108) zu positionieren. »Dass diese Art der Arbeitsweise von unten, von der Vernetzung« her sowohl vom neuen Bildungsamt als auch von Lernen vor Ort nicht nur zugelassen, sondern nachgerade eingefordert wird, verspricht diesem Akteur »ganze andere Qualitäten« (S10.12:1358–1363). Gleichzeitig lässt er sich damit auf einen »sehr, sehr mühsamen Prozess« (S10.12:1363–1364) ein: »In unserem Agenda-Prozess haben wir durchaus auch eine ganze Reihe von Mitbürgern, Kindern, Jugendlichen, […] ausgebrannt. Das heißt, die Prozesse sind zu lang, das Ergebnis dauert zu lange, bis es kommt« (S10.12:1370–1373). Die Gefahr des Scheiterns beschädigt die Begeisterungsfähigkeit für das neue Programm dennoch nicht: »Ich find’ das erst mal sehr spannend, das muss man glaub’ ich auch irgendwann mit dem Bundesverdienstkreuz auszeichnen« (S06.14:676–677).

Gerade die Offenheit des Vorhabens ist aufregend: »Da ist nicht von Vornherein ‘n Ergebnis da, sondern da ist erst mal viel Druck, Gegendruck, Aneinander-Gewöhnen« (S06.14:695–700). Die Aussicht darauf, als »kleine Stiftung« und lediglich mit dem »normalen, gesunden Menschenverstand« (S06.14:706–709) ausgestattet eine Transformation durch Kommunikation zu erreichen, begründet die Bereitschaft, sich auf das potenzielle Scheitern einzulassen. Der »Gedankengang, da Bildung eben neben Schule zu sehen« (S06.14:714–715), flankiert und stützt das hohe Commitment. Dieses gründet in der Beobachtung, dass eine große Altersklasse Schulen als öffentliche Gebäude nicht mehr nutzt: »Sie gehen alle in die Schule, […], aber wenn sie da raus sind, nie wieder, das ist wie ‘n schwarzes Loch im Stadtteil, bis sie ihre eigenen Kinder da möglicherweise wieder hinschicken« (S06.14:729–736). Erst »der große Leerstand und die Demographischen-Wandel-Geschichten« (S06.14:752–753) lenken die Aufmerksamkeit darauf, die Gebäude als Bürgertreff zu nutzen. Ein »anderes, erweitertes, breiteres« (S06.14:789) Bildungssystem stellt in Frage, dass »Bildung nur in der Schule stattfindet« (S06.14:765). Sich für dieses erweiterte Bildungsverständnis anstrengen zu wollen, begründet das Engagement des BNE-Akteurs, »wohlwissend, dass das a) nötig, aber b) auch ‘n harter Weg ist« (S06.14:797).

2.2.3 Bürokratische Verlässlichkeit mit ehrenamtlichem Engagement verschränken

Beim Aufbau von Strukturen und Verfahren knüpft das KBM an der bestehenden bereichsübergreifenden Zusammenarbeit mit Stiftungen an, die ihrerseits Angebote für Kinder und Jugendliche bereitstellen (Typ 4).

Innerhalb der kommunalen Organisation besteht eine hohe Verlässlichkeit, die nicht nur durch Zuständigkeiten der Ämter, sondern auch durch eine wechselseitige Ansprechbarkeit zwischen der Stadtverwaltung und Stiftungen getragen wird: »Primär bringen die Stiftungen ihre vorhandenen sozialen Netzwerke mit ein« (S16.11:1115). Umgekehrt stellt sich die Stadtverwaltung in den Dienst von Stiftungen, indem sie deren Engagement für Bürgerinnen und Bürger sichtbar macht. Beispielhaft für diesen beiderseitigen Gewinn stehen »Angebote für Schulklassen«, die Eingang in die Bildungsdatenbank finden: »Dann ist das eine Ansage, die wir transportieren. Dann nehmen wir das in [die kleine Bildungsdatenbank], die wir für die Grundschulen schon haben, sofort mit auf« (S16.11:1119–1124). Dienstleistungen fungieren als Mechanismus zur Herstellung von Interessenkonsens. Sie bringen Kommunikationsarten so in Beziehung, dass weder Handlungsorientierungen, die sich an Ordnung, Verwaltung und Recht, noch jene, die sich an Lernen in außerschulischen Feldern ausrichten, gebrochen werden: »Und so erlebt er einen Zuspruch durch Grundschulklassen, so dass er dafür dankbar ist und uns beim nächsten Mal, wenn wir vielleicht mal für eine Veranstaltung einen ansprechenden Raum brauchen, [diesen] vergünstigt zur Verfügung stellt« (S16.11:1125–1127). Gegenseitige Erwartungssicherheit basiert auf dem Vertrauen der Stadtverwaltung in die Ehrenamtlichkeit der Stiftungen: »Die große Bewunderung ist den Umständen gezollt, dass extrem viel Ehrenamtlichkeit läuft« (S16.11:1139–1140). Ein Projektverantwortlicher erlebt dieses Engagement als außerordentlich leidenschaftlich und zeitlich überdauernd: »Und dass in dieser ehrenamtlichen Tätigkeit so eine Inbrunst steckt, ist schon eines der Merkmale, die mich überrascht haben« (S16.11:1141–1142).

2.2.4 Brücken innerhalb der Stadtverwaltung aufbauen

Strategien setzen auf bereichsübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Stadtverwaltung, um für das Programm Lernen vor Ort beziehungsweise den Aufbau eines KBM zu werben. Unmittelbares People-Processing konzentriert sich auf die Bereitstellung, nicht aber auf Adressaten von Bildungsdienstleistungen (Typ 2).

Der Anspruch der Verstetigung nötigt den Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen auf, trotz der Nichtsichtbarkeit ihres Engagements im Rahmen von Vorarbeiten »etwas [zu] bringen« (S14.11:251). Sichtbare Produkte verdecken die ihnen zugrundeliegende Abstimmungsarbeit und manche Arbeit lässt sich gar nicht erst in ein sichtbares Produkt transformieren. So ist die zur zweiten Förderlaufzeit gewählte Strategie, der Kommunikation besondere Aufmerksamkeit zu schenken, weder dem Nachweis von Evidenzen noch einem datenbasierten Vorgehen geschuldet, sondern dem Erfordernis, die Legitimation der Institution KBM innerhalb der Stadtverwaltung zu prozessieren und auf Linie zu halten. Im Übergang zur zweiten Förderphase bedarf es mit Blick auf den Rückzug zusätzlicher Personalressourcen nochmals eines besonderen Efforts. Es zeigt sich, dass die politisch legitimierten Stellen-Strukturen nicht von sich aus wirken, sondern lediglich den Rahmen für eine aktive Rollengestaltung bilden. Adressatin des Role-Making ist die Kommunalverwaltung: »Und das geht auch wirklich über die Politik hinaus. Also, das geht auch ganz klar in die Verwaltung. Also unser erster Ansprechpartner ist natürlich die Verwaltung« (S04.13:491–497).

Das Medium der Adressierung ist die Präsenz der Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden und deren Spracharbeit: »Ja, also, es ist ganz, ganz viel Spracharbeit, die gemacht werden muss« (S04.14:444). Spracharbeit in Verbindung mit Präsenz steht für die Begegnung der Rationalitäten einer zu Ressortegoismen tendierenden Verwaltungs- und einer auf Kohärenz angelegten Programmlogik. Das KBM setzt auf »das gesprochene Wort« (S04.13:448) und unterstreicht damit den evokativen, missionarischen Charakter der Adressierung durch die Lernen-vor-Ort-Protagonisten: »Das Sich-gegenüber-Sitzen, das Sich-gegenseitig-Wahrnehmen, das auch wirklich ein Stück weit Gestik-und-Mimik-Deuten, gibt es da Fragebedarf, also so ein Stück weit einfach Hemmungen nehmen« (S04.13:451–455.). Lernen-vor-Ort-Verantwortliche setzen das Programm in Szene und verkünden dessen Botschaften durch aktives Auf-die-Menschen-Zugehen. An einer Kultur der Mündlichkeit führt nichts vorbei: »Das ist etwas, was mir in der Arbeit ganz, ganz massiv auffällt, dass es nichts bringt oder sehr, sehr wenig bringt, um es vorsichtig zu formulieren, bestimmte Texte vereinfachend darzustellen« (S04.13:458–462). Schriftliche Erzeugnisse mögen ihre Bedeutung als Grenzobjekte für die Zusammenarbeit der Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen haben. Um Verwaltungsmitarbeitende zu gewinnen, zu überzeugen, ja nachgerade zu bekehren, reicht die schriftliche Adressierung nicht aus: »Das hat sicherlich einen Sinn, aber rein über die Textprodukte geht es nicht. Man muss Präsenz zeigen in verschiedensten Ausschüssen, bei verschiedensten Gesprächen« (S04.13:463–467).

Das Herumstöbern innerhalb der Verwaltung dient dazu, den eigenen Glauben an Lernen vor Ort sichtbar zu machen und möglichst breit zu säen: »Das heißt, wir müssen in Dienstberatung präsent sein, ganz klar. Wir müssen in Dezernatstreffen dabei sein. Wir sprechen mit dem Oberbürgermeister, in dem Fall als Chef der Stadtverwaltung« (S04.13:500–509). Über ihre Sichtbarkeit werben Lernen-vor-Ort-Protagonisten für ihre Sache und suchen ihr Engagement auf weitere Akteure auszudehnen: »Und immer wieder Türen öffnen und sagen: ›Leute, wir sind transparent. Jeden nehmen wir mit, der das möchte. Wir stehen gerne für Rede und Antwort zur Verfügung‹« (S04.13:470–474). Mit dem Aufruf mitzumachen, mahnen sie die Verantwortung der Stadtverwaltung für die Bildungsstadt an und transportieren die Idee der gemeinsamen Stärke, kraft der diese vorangebracht werden kann: »Und da einfach auch Brücken zu bauen und zu zeigen: ›Ja, wir sind hier in der Stadtverwaltung. Wir bestehen als Projekt, wir bringen die Stadt weiter und wir sind aber auf Sie angewiesen und es geht nur zusammen‹« (S04.13:477–485). In dieser Verkündigungsarbeit ernten die Verantwortlichen »sehr, sehr viele Punkte« (S04.13:512) und sehen sich angenommen: »Und das ist etwas, was sehr, sehr dankbar wahrgenommen wird« (S04.13:488).

3 Offenheit und Geschlossenheit gegenüber multiplen Rationalitäten

Auf dem Weg, Kommunikation innerhalb und zwischen Kommunen zu organisieren, setzt das BMK mehrheitlich grenzüberschreitende Strategien starker Intensität ein (vgl. Abbildung 10.3, links). Zur Beteiligung relevanter Akteure schließt es Arbeitsgremien für außerschulische Akteure auf. Entwicklungswerkstätten versteht es als Vernetzungsgremien für unterschiedliche Kommunikationsarten. Die fachliche Reflexion der operativen und strategischen Arbeit reflektiert es in gemischten Gremien, die wechselseitiges Lernen ermöglichen.

Abbildung 10.3
figure 3

Bearbeitung von Spannungslagen in Arenen der (Un-)Beteiligung (Eigene Darstellung)

Das KBM zielt darauf, die koordinierende Verantwortung der Kommune zu stärken, ohne die Brücke zu externen Partnern abzureißen. Es setzt dabei auf Strategien schwacher und mittlerer Intensität (vgl. Abbildung 10.3, rechts). Indem es bürgerschaftliches Engagement und Interessen externer Partner in die Stadtverwaltung einbindet, öffnet es die Bildungslandschaft für einen weiten Bildungsbegriff. Mithilfe des Bildungsleitbilds organisiert es Lernen (vor Ort) nicht nur innerhalb der Verwaltung, sondern auch nach außen in die Bildungslandschaft. Um Kooperationen zu forcieren, etabliert es Smalltalk in der Stadtverwaltung.

3.1 Kommunikation innerhalb und zwischen Kommunen organisieren

Offenheit und Geschlossenheit gegenüber multiplen Rationalitäten prozessiert das BMK als Objekt des ökonomischen Systems zunächst auf dem Feld des Kulturmarkts (Bedingungen), danach als Subjekt des sozial-kulturellen Systems auf dem Feld des politischen Diskurses (Strategien und Konsequenzen).

3.1.1 Handlungsblockaden in Entwicklungswerkstätten und Kooperationsrendite an Bildungskonferenzen als unvorhergesehene Beteiligungseffekte verarbeiten

Die Öffnung bestehender Bildungsgremien für viele, insbesondere zivilgesellschaftliche Akteure, vollzieht sich in der Arbeitsphase Rahmenbedingungen klären im Spannungsfeld von unvorhergesehenen erwünschten und unerwünschten Beteiligungseffekten. Domänenspiele zur Herstellung von Interessenkonsensen, bei denen unmittelbares People-Processing beeinträchtigt werden könnte, legen Vermittlungsstrategien starker Intensität nahe (Typ 6).

Als Kommune und Kreis »in die Kommunikation miteinander« (K06.11:107) zu finden, kennzeichnet die Beteiligung in der Anfangsphase als die eigentliche »Baustelle« (K06.11:111). Dieser Findungsprozess gestaltet sich als »ein richtiger Kraftakt« (K06.12:57), weil an keine Vorerfahrungen angeschlossen werden kann und zudem die passenden Werkzeuge erst noch zusammengesucht oder gar erfunden werden müssen: »Ich glaube, das ist das erste Mal, dass der Kreis überhaupt ein Bundesprojekt mit allen kreisangehörigen Städten auf die Beine gestellt hat« (K06.12:53–54). An den ersten zwei Entwicklungswerkstätten im Bereich der Beratung ist »der komplette Bildungsberatungssektor« mit Vertretungen »aus den Kommunen […], Volkshochschulen [und] Gewerkschaften« (K06.11:520–521) zwar dabei. Die breite und unverbindliche Möglichkeit der Teilnahme führt allerdings zu einer wechselnden Zusammensetzung der Arbeitsgremien und dazu, »dass dann wieder diese Grundsatzdiskussion los[geht]: ›Warum machen Sie es so und warum machen Sie es nicht so?‹« (K06.11:532–533).

Neben dem schleppenden Verständigungsprozess im Beteiligungsformat der Entwicklungswerkstatt stellen die ersten zwei Bildungskonferenzen eine Möglichkeit dar, »Dinge gemeinsam auf den Weg zu bringen« (K08.12:42). Die erste Bildungskonferenz organisiert der Kreis als Bustouren. Die Beteiligung an einer Bildungsexkursion hinterlässt überraschende und nachhaltig positive Eindrücke: »Das hat uns die Mehrwerte gebracht, die wir gar nicht erwartet haben« (K08.12:55). Die zweite Bildungskonferenz bringt an einem Berufskolleg »Lehrer, Fachleute aus anderen pädagogischen Berufsgruppen, aber auch Politik zusammen« (K08.12:65–66). Die Ausrichtung auf ein gemeinsames Verständnis in Bezug auf Biographie begleitende Bildungskooperationen im Übergangsbereich von der Kita in die Grundschule legt eine kreisweite Beteiligung an einem Übergangsmanagement nahe. Vielfältige Bildungsverständnisse werden in neuen Gremienstrukturen innerhalb der Organisationseinheiten der Regionalen Bildungsnetzwerke weitgehend mit einem Dienstleistungsverständnis im Bring-Modus prozessiert.

3.1.2 Entscheidungs- und Problemlösungsebene zusammenbringen

Abstimmungsprozesse zwischen kreisangehörigen Städten stehen im Widerstreit zwischen Organisations- und Professionsrollen. Das BMK bearbeitet diese Spannungslage mit dem biographischen Kapital des Lernen-vor-Ort-Personals und vermittelt mit Blick auf den Beratungsbedarf von Kindern, Jugendlichen und Eltern zwischen Akteuren der Entscheidungs- und Problemlösungsebene. In der Phase Relevante Akteure und Daten bestimmen orientieren sich Strategien an bereichsübergreifender Zusammenarbeit zur Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen und unmittelbares People-Processing kommt in den Blick (Typ 4).

Die Bereichsverantwortliche im Aktionsfeld Bildungsberatung möchte auch entscheidungsmächtige Personen des politisch-administrativen Systems ansprechen, »wenn es um Planungsschritte geht oder auch um Ideen, die man wiederum verwirklichen will, sei es Qualitätsentwicklung oder was auch immer« (K06.11:1658–1660). Anwesend in Entwicklungswerkstätten ist dann aber vorwiegend das Beratungspersonal, das die »Brisanz der konkreten Beratungsarbeit« (K06.11:1577) vor Augen hat. Lernen-vor-Ort-Verantwortliche stehen damit vor der Herausforderung, Kommunikationsarten zwischen Organisation und Profession zusammenzubringen. Die Idee, eine Vorbereitungsgruppe aus Akteuren kommunaler Entscheidungsträger zu konstituieren, die dann Workshops mit dem pädagogischen Beratungspersonal durchführt, scheitert an der unsteten Zusammensetzung der Entwicklungswerkstatt: »Also, das ist auch noch ein ganz großes Problem: Wer wird immer zu diesen Werkstätten geschickt?« (K06.11:1563–1564). Um einseitige Konstellationen zu vermeiden, die einer strikten Arbeitsteilung Vorschub leisten, will das BMK deshalb mit den Einladungen Einfluss nehmen: »Und da werde ich noch einmal nachsteuern und sagen, dass auch klar sein muss: Im Idealfall sitzen in dieser Werkstatt auch Personen, die etwas bewerkstelligen können« (K06.11:1568–1570).

Der Abstimmungsbedarf zwischen den kreisangehörigen Städten ist »enorm hoch« (K08.12:108) und legt durchmischte Arbeitsgremien mit Personal der Entscheidungs- und Problemlösungsebene nahe. Dabei bestehen »Ängste, dass die Akteure überwältigt werden von anderen, ganz egal auf welcher Ebene« (K08.12:108–109). Das Lernen-vor-Ort-Personal fordert nicht nur die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Sinnhorizonten zwischen Kommunen heraus. Bereichskoordinatorinnen wirken mit ihrer pädagogischen Fachlichkeit auch in die Kommunalverwaltungen hinein. Sie schaffen damit »zwei Blöcke, die vorher nicht viel miteinander zu tun hatten« (K06.12:402). Die ungewohnte Konstellation führt dazu, dass Lernen-vor-Ort-Mitarbeitende zum »Spielball zwischen diesen Verwaltungen« (K06.12:359) werden: »Und bis wir gemerkt haben, dass sie eigentlich erst mal eine kleine Fortbildung in Verwaltungsstruktur brauchen, war das erste Jahr schon um« (K06.12:363–364).

Die Ressourceninvestitionen der Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen sind enorm, sie müssen »alles durchpeitschen« (K06.12:422). Dies zeigt sich insbesondere im Bereich des Bildungsmonitorings. Da der Kreis über keine abgeschottete Statistikstelle verfügt, müssen sie kleinräumige Daten über die amtliche Statistikstelle des Landes beschaffen: »Da gab es anfangs noch große Probleme, diese Daten zu bekommen« (K16.11:1196). Der Bildungsbericht erzwingt Lernprozesse, insofern er eine angemessene Darstellung kreisweiter und kommunalspezifischer Aussagen in der Breite und Tiefe nahelegt. Er fordert Klärungsprozesse heraus, in denen »sehr genau« geschaut werden muss, »was man in einen Bildungsbericht aufnehmen […] und was man an Praxisbeispielen aus den Kommunen anreichern kann, um auch Themen auf eine praktische Ebene runterzubrechen« (K16.11:1256–1261).

Der Blick auf die praktische Ebene beinhaltet für das BMK auch die Unterstützung des Beratungspersonals. Es kommt dessen Wunsch nach Transparenz über die Angebote der Bildungslandschaft entgegen und lanciert »zum ersten Mal so eine Riesenbefragung« (K06.11:1810). Die Bereichsverantwortliche erlebt diese als »eine Katastrophe«, weil sie »absolut fachfremd in dem Bereich« (K06.11:1809–1811) ist. Im ersten Teil ermittelt die kreisweite Befragung, wer zu welchem Thema berät. Im zweiten Teil geht es »ans Eingemachte, also Personalaufstellung, Qualifikation der Berater, Organisationselemente« (K06.11:2032–2033). Aus der gemeisterten Herausforderung zieht die Bereichsverantwortliche einen großen Gewinn: »Also mir hat der Bericht für meine Arbeit ganz, ganz viel gebracht. […] Für mich lichtet sich langsam dieser Dschungel. […]. Also, ich […] kriege jetzt so ein Bild […] von den ganzen Kooperationen untereinander« (K06.11:1870–1880). Mit Blick auf den Nutzen für das Beratungspersonal stellt sich die Frage: »Wie bereiten wir diese gewonnenen Informationen für Beraterinnen und Berater auf?« (K06.11:1373). Auch den Bedarf jener, die Beratung aufsuchen und die in einer unübersichtlichen Beratungslandschaft durch informiertes Beratungspersonal auf passgenaue Angebote hingewiesen werden können, antizipiert die Bereichskoordinatorin: »Ich kann dir nicht weiterhelfen, wo kann es noch hingehen?« (K06.11:1374).

3.1.3 Kommunikationsarten integrieren

Unter Einsatz von Verständigungskraft entwickelt das BMK ein kreisweites Übergangsmanagement. In der Gemengelage von Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten zwischen Land, Kreis und kreisangehörigen Städten integriert es Kommunikationsarten einer Vielzahl von Akteuren. In seiner Brückenbaufunktion arbeitet es sich an domänenspezifischen Orientierungen ab und führt diese Entscheidungen zu (Typ 4).

Von der Orientierung an Handlungsfeldern des Förderprogramms zu einem kreisweiten Übergangsmanagement: Von den mit dem Programm angelegten Aktionsfeldern gehen themenbezogene Begrenzungen und Überschneidungen aus. Die »Weiterbildung im Handlungsfeld Bildungsberatung« besuchen »verhältnismäßig viele Beraterinnen und Berater […], die im Übergang Schule-Beruf beraten« (K18.11:216–218). Auch im Bereich Bildungsmonitoring zeigt sich, »wie wenig man da eigentlich im Handlungsfeld auch trennen kann« (K18.11:224–225), weil es »aus allen Bereichen Anfragen gibt« (K18.11:232). Trotz der offensichtlichen Schnittmengen und Problemlagen, die keine gesonderten Bearbeitungsverfahren rechtfertigen, erweist sich die mit der Antragstellung konzipierte Organisationsform nach Aktionsfeldern als überaus eigenmächtig und zählebig, so dass zunächst je eigene Netzwerke entstehen. Die Konzentration auf Übergangsfragen im frühkindlichen Bereich wirkt dieser Fragmentierung entgegen: »Man muss da einfach Schwerpunkte setzen und das ist auch eine der Baustellen, die in diesem Handlungsfeld besteht« (K02:12:458–459).

Von der Orientierung an temporären Projekten zu Gremienstrukturen des Regionalen Bildungsnetzwerks: Ein Fortbildungsangebot im MINT-Bereich schlagen die Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen aus, weil sich die Koordination kurzfristig und personell nicht organisieren lässt. Das Angebot bedarf seitens der Projektkoordination der Möglichkeit, rasch und unkompliziert das nötige Personal zur Verfügung zu stellen. Angesichts der belasteten Haushaltslage können allerdings »keine neuen Stellen« (K18.11:352) geschaffen werden: »Also, das ist eine Frage der zeitlichen Koordinierung, das ist eine Frage der vorhandenen Ressourcen, es ist eine Frage, dass man eben nicht alles auf einmal dann machen kann« (K18.11:356–358). Nicht allein zeitliche Verfügbarkeiten des BMK entscheiden darüber, ob es gelingt, bestehende Projekte zu integrieren, sondern auch unterschiedliche Vorstellungen in Bezug auf die Organisation der Zusammenarbeit.

Anlässlich eines Treffens mit Stiftungen zur Frage, welche gemeinsamen Themen mit welchen Organisationsformen bearbeitet werden könnten, stellt sich heraus, dass die Stiftungen »kein Interesse haben, so etwas wie eine feste Organisationsstruktur mit Gremien einzurichten« (K10.12:143–144). Wirkungsmächtig sind das Selbstverständnis der organisatorischen Verortung in Zwischenräumen sowie das reflexive Interesse der Autonomiesicherung: »Die Stiftungen selber sehen sich erst mal grundsätzlich als sehr eigenständig und autonom in ihrem Wirken und wenig steuerbar« (K10.12:146–147). Dennoch besteht die Bereitschaft, »an Bildungskonferenzen teilzunehmen oder vielleicht ein oder zwei Mal im Jahr sich in einer großen Runde zu treffen« (K10.12:156–159). Diese Treffen dienen seitens der Stiftungen dazu, sich mit ihren Angeboten zu präsentieren und seitens des Kreises dazu, mögliche Beiträge für kommunale Bildungsangebote zu sondieren: »Welche Bildungsprojekte sind denn auf Stiftungsebene vorhanden? Wo unterstützen Stiftungen das Anliegen des Kreises oder der einzelnen Kommunen, im Bildungsbereich tätig zu sein?« (K10.12:160–166). Als Ergebnis dieses Interessenkonsenses entstehen »verschiedene neue Projekte mit Stiftungen« (K10.12:169–170), die das Regionale Bildungsbüro koordiniert. Indem das BMK als »Koordinationsstelle« auftritt »und in den entsprechenden Gremien darüber berichtet oder eben auch entsprechend die Werbetrommel rührt, damit das in den Kommunen des Kreises bekannt wird« (K10.12:228–235), unterstützt es interessengeleitetes Handeln und überwindet Orientierungsdissens.

Von der Orientierung an Interessen zur Partizipation: Das Zusammenführen unterschiedlicher Interessen gestaltet sich als Abarbeiten an der Autonomie der Städte, bei dem Handlungsofferten den Weg über die Netzwerkgremien gehen: »Diese Wege sind unheimlich lang und vieles geht darauf verloren« (K02.11:368). Das Ziel, Ideen »in die anderen Städte zu transportieren«, gelingt nur, »soweit der Wille und die Akzeptanz da [sind], dass die anderen Städte das überhaupt hören wollen« (02.11:359–365). Für das BMK »sieht das so aus, dass die Kommunen ihre eigenen Interessen haben und nach diesen Interessen auch entscheiden« (K02.11:378–379). Deshalb besteht seine Aufgabe darin, die Interessenlagen vor Ort zu klären und dafür zu sorgen, »alle Leute aus den […] Städten an einen Tisch zu bekommen« (K02.11:1065–1066). Der »partizipative Gedanke« (K18.11:1225), jeden mitnehmen zu wollen, wandelt sich zum Verständnis, unterschiedliche Kommunikationsarten wechselseitig aufeinander zu beziehen. Die Bereichsverantwortlichen lernen, zunächst bei jenen anzusetzen, »die dann auch daran beteiligt sind und das umsetzen« (K04.12:93–94): »Dort muss ich die Akzeptanz reinholen und mit denen vis-à-vis ins Gespräch kommen, um dann auch mal die Stimmung abzuhören und das umzusetzen« (K04.12:100–102). Insbesondere Eltern (an-)erkennt das BMK als relevante Akteure für die Gestaltung von Bildungsübergängen. Für deren Beteiligung erachtet es nicht nur gemischte, sondern auch nach Kommunikationsarten getrennte Gremien als sinnvoll: »Aber es kann nötig sein, das getrennt zu machen. Das kann in einem anderen Stadtteil […] möglicherweise nicht notwendig sein« (K18.11:1189–1191). Dass »der Runde Tisch Eltern« (K18.11:1166) zunächst getrennt von den Fachkräften arbeitet, folgt nicht nur dem Prinzip der »Augenhöhe« (K18.11:1234), sondern auch den spezifischen Bedingungen vor Ort, die Lernen-vor-Ort-Verantwortliche woanders ganz anders einschätzen. In dem situativ fallsensiblen Vorgehen zeigt sich ein Verständnis von Bildungsmanagement, das nicht mit standardisierten Lösungen aufwartet, sondern bei der Haltung zu Partizipation ansetzt, »und dazu muss ich die auch zunächst mal ernst nehmen« (K18.11:1228–1229). In der Feststellung, dass Eltern nunmehr nicht nur Adressaten, sondern Mitgestaltende von Bildungsprozessen anzuerkennen sind, dokumentiert sich kommunales Lernen: »Das ist ja offensichtlich nicht früher immer so gewesen, dass Eltern wirklich als Bildungsakteure auf Augenhöhe ernst genommen worden sind« (K18.11:1233–1234). Im Anspruch, dass das Ernstnehmen von Eltern »neu geübt werden« (K18.11:1235) müsse, kommt die pädagogische Grundform des ostensiven Zeigens zum Ausdruck.

Von der Orientierung an strategischen und operativen Zuständigkeiten zur gemeinsamen Verantwortung: Den partizipativen Gedanken, sowohl in gemischten als auch in getrennten Gremien zu üben, stellt »etwas Zweigleisiges« dar: »Einmal ist es eine Prozessbegleitung, aber auch eine Produktorientierung« (K02.11:1143–1146). Die Prozessbegleitung betont, dass »der Weg das Ziel« ist: »Allerdings muss erst mal ein Ziel angesteuert werden, um einen Prozess zu initiieren« (K02.11:1153–1155). Die Figuren Weg und Ziel sind nicht nur gleichermaßen wichtig, sondern werden auch konstitutiv aufeinander verwiesen: »Aber ohne das eine oder das andere geht es […] nicht« (K02.11:1149). Gelegenheitsstrukturen zum Zeigen und Lernen laufen daher ins Leere, wenn nicht Entscheidungsträger in Lenkungsgremien und Bildungskonferenzen sich aktiv beteiligen: »Denn ohne die geht es nicht« (K04.12:108). Die Vermittlungsarbeit der Transferbegleiterinnen besteht darin, die Fließrichtung weder von einer strategischen noch von einer operativen Ebene her zu bestimmen, sondern auf ein »Parallellaufen« (K04.12:125) zu setzen und »beide Ebenen zu informieren« (K04.12:125). Weder könne man »alles über die Entscheidungsträger laufen lassen«, weil da der »Fluss zum operativen Geschäft nicht immer gut« sei, noch könne die operative Ebene allein etwas anstoßen, weil die Entscheider-Ebene dann sage: »Nein, das brauchen wir nicht« (K04.12:113–121). Es bleibt »eine Baustelle« (K02.12:149), die Kommunen zu beteiligen. Zwar belegen Anzahl und Vielfalt der »Personen, die kommen«, dass das Bildungsnetzwerk »sehr aktiv ist und auch ein großes Interesse an diesem Thema hat« (K02.12:153–156). Allerdings ist das Engagement eher passiver Art und erfolgt im Modus der Beobachtung, »um alles mitzubekommen und weniger, um aktiv Prozesse voranzubringen« (K02.12:170–171).

Von der Orientierung am Kirchturmdenken zur Zukunftsgestaltung: Die Arbeit in den Gremien des Regionalen Bildungsnetzwerks stellt sich den Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen als »Übersetzungsleistung« (K02.12:796) dar, als unaufhörliches Ringen um die Idee, »wirklich diese Region Kreis […] als Bildungsträger« (K02.12:789) zu sehen: »Die muss man jedes Mal aufs Neue bringen, wenn Netzwerktreffen sind. Die muss man immer wieder gebetsmühlenartig runterbrechen« (K02.12:798–799). Übersetzungsarbeit kommt einer Bestimmung gleich, »quasi das große Fischernetz« auszuwerfen, »um dann die zivilen Akteure aufzugreifen und das Wissen von denen zu haben« (K02.12:761–763). Nur jene Beratungsakteure der kreisangehörigen Städte lassen sich gewinnen, die »sich von ihrem eigenen Kirchturmdenken der eigenen Stadtgrenze trennen« (K02.12:785–786). Das BMK operiert direktiv und artikuliert im Modus der Evokation. Es appelliert an die Haltung eines kollektiven Akteurs Kommune in spe, der sich einer kreisweiten Bildungslandschaft zugehörig sieht. Die Antizipation einer (besseren) Zukunft beinhaltet, Noch-nicht-Zustände der Gegenwart gedanklich überwinden zu können und mittels Pionierarbeit zu bearbeiten: »Also, das ist in dem Moment klar, dass das Netz große Lücken hat und wirklich nur jene Akteure kommen, die großes Engagement haben« (K02.12:781–782). Herausgehobene Akteure erster Stunde vervielfältigen Übersetzungsarbeit.

Von der Orientierung an Vertrauen als Voraussetzung zu Vertrauen als Produkt von Kooperation: »Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit« (K02.12:836) stellt weniger eine Voraussetzung für als vielmehr ein Produkt von Übersetzungsarbeit dar: »Die Leute kannten mich nicht. Ich bin neu reingekommen in diesen Bereich. Ich kannte die Leute nicht. Wie arbeitet man am besten zusammen?« (K02.12:839–841). Die Programmstrukturen und die Organisation nach Aktionsfeldern fordern ein Sich-Zusammenraufen nachgerade heraus: »Wir sind in diese Strukturen eingebunden und wir kommen da nicht raus« (K02.12:844). Der Druck zur »Kontaktpflege« (K02.12:846) stellt die Voraussetzung zur Übersetzungsarbeit dar. Diese vollzieht sich durch »ein Brückenbauen auch von den zivilgesellschaftlichen Akteuren – seien es Vereine oder Bildungsträger – zu den Kommunen« (K02.12:859–860). Das BMK offeriert sich dabei als Kooperationspartner in einer verstetigten Notlage: »Ihr müsst das nicht alles alleine stemmen – Haushaltssicherung, Stärkungspakt I und II« (K02.12:864–865). Ausgestattet mit der Personalmacht von ausgebildeten »Beraterinnen für Beratungsangebote« (K02.12:1175–1176) präsentiert es sich nicht nur als Ressourcen für kreisangehörige Städte, sondern auch als »Vorteil dann für die Personen in den Kommunen« (K02.12:1186).

Von der Orientierung an Adressaten von Bildungsdienstleistungen zum Aufbau von Kapazitäten: Nehmen Kommunen Beratung in Anspruch, schaffen sie die Voraussetzung dafür, dass Operationen des Zeigens auch für die Nutzerinnen und Nutzer von Bildungsangeboten fruchtbar gemacht werden können: »Und da kommt dann was beim Bürger an, was ja oftmals vorgeworfen wird: Man sitzt auf der Strukturebene und was kommt dann beim Bürger an?« (K02.12: 1188–1192). Bevor Kommunen Bürgerinnen und Bürger mit Bildungsberatungsangeboten ansprechen können, bedarf es des Aufbaus einer Vorkombination von Bildungsdienstleistungen in drei Bereichen: Erstens gewährleistet die Entwicklungswerkstatt Bildungsberatung die Beteiligung vielfältiger Bildungsakteure. Zweitens unterstützt die Qualifizierung von Beraterinnen und Beratern sowie deren Selbstvernetzung die Professionalisierung der Bildungsberatung. Drittens dokumentieren sichtbare Produkte in Form eines Internetauftritts oder Wegweisers die Orientierung an Adressaten und fungieren als Grenzobjekte, um Akteure ins Gespräch zu bringen. Verbindendes Element der drei Säulen ist die Vernetzung, verstanden als Zusammenführen unterschiedlicher Kommunikationsarten.

Von der Orientierung an Entscheidung zum Aufrechterhalten von Unentschiedenheit: Die »Netzwerkpflege, die Kommunikation und vertrauensvolle Zusammenarbeit aufzubauen« (K02.12:1363–1364), stellt sich Bereichsverantwortlichen als »eine ganz große Chance« (K02.12:1369) und andererseits als Wettlauf gegen die Zeit dar: »Vier Jahre ist für so ein riesiges Netzwerk eine ganz kurze Zeit« (K02.12:1375). Dabei erfahren sie, »dass die Fetzen nicht komplett fliegen« (K02.11:1777). Netzwerkmanagement ist vielmehr dadurch kennzeichnet, die Dinge »in der Schwebe« (K02.12:2108) zu halten. Dass es »selten zu einer richtigen Entscheidung« (K02.11:288) kommt, erleben Bereichskoordinatorinnen als »ganz schwierig« (K02.11:282), dennoch liegt genau darin ein Freiraum, um »unglaublich kreativ« (K02.12:2140) zu sein. Auch die zur Beteiligung aufgeforderten kreisangehörigen Städte sind darauf bedacht, den Zustand der Unentschiedenheit nicht aufzulösen, indem sie zunächst ihre Grenzen definieren: »Aus den ersten Erfahrungen ist es auf jeden Fall so, […] dass jeder für sich ›Stopp!‹ sagt, dass er das nicht bräuchte, dies schon seit Jahren so macht und nichts vom Kreis übergestülpt bekommen will« (K02.11:1776–1784). Zugleich signalisieren Kommunen ihr Interesse an Netzwerkprodukten mit der Bitte um eine »Arbeitshilfe, wie man ein kommunales Übergangsmanagement aufbaut« (K02.11:1788–1789). Das Verharren in Unentschiedenheit dient dazu, Kommunikationen anschlussfähig zu halten. Es bestimmt das Verhältnis zwischen Kreis und Kommunen und setzt sich auf der Ebene der Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden fort. So erlebt denn eine Bereichsverantwortliche die Art und Weise, »wie der Kreis mit den Kommunen kommuniziert« so, als hätte sie diese »als Mensch […] übertragen bekommen« (K04.11:1385–1389).

Von der Orientierung am Staat zur Beteiligung der Zivilgesellschaft: In der »Schwebe« bleiben auch Fragen einer übergeordneten Perspektive: »Wo wollen wir hin? Was ist der rote Faden des Ganzen? Wie sind die Handlungsfelder miteinander verknüpft? Wie ergänzen sie sich? Wie erzeugen wir Synergien?« (K02.12:1903–1907). Lernen-vor-Ort-Verantwortliche möchten die Gremien des Regionalen Bildungsnetzwerks um außerschulische Akteure erweitern. Sie stehen dabei vor der Herausforderung, eine breite Beteiligung mit der Arbeitsfähigkeit in ein Gleichgewicht zu bringen. Zusätzliche Akteure der Zivilgesellschaft im Lenkungsausschuss würden aber die Arbeitsabläufe erschweren: »Dann ist der Ausschuss relativ groß. Dann sitzen da 30 Leute drin. Und dann ist das kein arbeitsfähiges Gremium mehr« (K18.11:1501–1505).

Eine Durchmischung wäre nur um den Preis einer Begrenzung von Akteuren der Schulpolitik sinnvoll: »Die einzige Möglichkeit zu verschlanken, liegt zum Beispiel bei den Vertretern der einzelnen Schulformen« (K18.11:1510–1511). Die im Lenkungsausschuss vertretenden Schulformen, also Haupt-, Real-, Gesamt- und Förderschulen sowie das Gymnasium und die Berufskollegs, müssten sich gegenseitig vertreten. Dass zusätzlich noch die »Schulaufsicht, der Schulträger und Leiter des Regionalen Bildungsnetzwerks« vertreten sind, macht das Gremium aus Sicht einer Koordinatorin »zu schullastig« (K18.11:1541–1544).

Von der Orientierung an kommunalpolitischer Anbindung zur Selbstvergewisserung im Lernen-vor-Ort-Team: Die Bereichsverantwortlichen müssen sich die Anbindung an den Lenkungskreis und den Lenkungsausschuss erkämpfen, um »so ein paar Fitzelchen Information [zu] bekommen« (K04.11:1325–1326) und um das Gehör der Fachbereichsleitung in der Kreisverwaltung ringen, die mit einer großen Führungsspanne über wenig Zeit verfügt. Die Anbindung an das politisch-administrative System ist aus Sicht einer Bereichsverantwortlichen »absolut verbesserungswürdig« (K02.12:1908) und bedarf einer Leitung, die »sich mit 100 Prozent damit beschäftigen kann« (K02.12:1880). Arbeitsfähigkeit müssen Bereichskoordinatorinnen aber auch intern herstellen und pflegen. Die Ansiedelung der Bereichsverantwortlichen in kreisangehörigen Städten erschwert anfänglich den kontinuierlichen Austausch im Lernen-vor-Ort-Team und damit eine Anbindung an eine gemeinsame Ausrichtung. Fehlende Tür-und-Angel-Gespräche sowie Teamsitzungen, an denen Meilensteine als Erfolge gefeiert werden könnten, behindern nicht nur den Informationsaustausch, sondern auch Gelegenheitsstrukturen, um das Commitment durch Zeichen der Wertschätzung aufrechtzuerhalten: »Da fühle ich mich schon sehr stiefkindlich behandelt zum Teil. […]. Warum werde ich so nicht wahrgenommen? Das ist dann schon so, wo ich für mich immer merke, es ist sehr schade, ehrlich gesagt« (K02.12:1694–1698). Bereichsverantwortliche wünschen sich Signale seitens der Leitungsebene, »die dann sagen: ›Ich nehme die Leute wahr, mit ihren Fähigkeiten, mit ihren Kompetenzen und nutze auch die Ressourcen‹« (K02.12:1744–1747).

Auch die Außenwirkung durch eine gezielte Selbstvergewisserung auf gemeinsame Ziele ist erschwert: »Aber dass man sagen kann, eine Meilensteinplanung, ein roter Faden, wo wollen wir hin, das ist schwierig« (K02.12:1760–1761). Eine Kursänderung in die gewünschte Richtung gelingt dank einer externen Beratung: »Ich glaube, wir hätten das auch nicht geschafft, wenn wir nicht am Anfang […] vier Teambildungsprozesse mit einer Supervision uns geleistet hätten« (K18.11:1683–1687). Rückblickend erweisen sich Klausurtage, an denen sich das Arbeitsteam mit sich »selber beschäftigt« (K18.11:1712), als unabdingbare Gelingensbedingung für die Arbeitsfähigkeit im Projekt-Team: »Ich würde sagen, das hätte bei etwas komplizierteren Projekten von vornherein dabei sein müssen, weil das eigentlich gar nicht anders geht« (K18.11:1690–1692). Dass das Programm »so verstreut nun mal angesiedelt ist« (K18.11:1753), verkompliziert und gefährdet Abstimmungsprozesse, die für eine Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel unerlässlich sind: »Es war wirklich eine komplette Überforderung von allen, die wir uns da geleistet haben. Und das hätte ziemlich übel schiefgehen können« (K18.11:1695).

Moderierte Rückzüge auf den Organisationskern des Bildungsmanagements auf kommunaler Ebene belegen einen doppelten Lerneffekt des Programms. Erstens wird deutlich, dass jene, die Formate für das Zeigen und Lernen herstellen und moderieren, eigene Zeiträume brauchen, um sich etwas zeigen zu lassen. Zweitens lernen sie dabei, sich selbst zu helfen, indem sie Klausuren eigenständig gestalten: »Jetzt sind wir glücklicherweise schon auf dem Stand, dass wir zur Leitung dieser Prozesse keine Supervision mehr einfliegen müssen, sondern dass ich das machen darf« (K18.11:1724–1726). Inhaltlich befassen sich die Teammitglieder mit dem Antragsschreiben: »Das hört sich jetzt völlig blöd an, weil das Ding war ja auch vorher schon 27 Mal von 40 Leuten oder noch mehr kreuz und quer erarbeitet und gegengelesen und sonst was« (K18.11:1762–1764). Der Wert eines erneuten Gangs durch das Schreiben liegt in der gemeinsamen Verständigung, durch die das Team ein kollektives Commitment entwickelt: »Es ist enorm gewesen, was dabei noch rausgekommen ist. Was da an Fehlern gefunden wurde und an Verbesserungsvorschlägen gemacht wurde. Alle hatten das Gefühl, mitgenommen zu werden. […]. Das war sehr wichtig« (K18.11:1765–1771).

3.1.4 Für eine Voneinander-Lernen-Kultur zwischen Kreis und Kommunen ackern

Strategien der Beteiligung setzen am biographischen Kapital der Akteur-Vielfalt an und bringen unmittelbares People-Processing in eine Wechselbeziehung mit der Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen (Misch-Typ 3/4). Leistungsbeziehungen zu moderieren, beschränkt sich nicht darauf, Unmut aufzufangen, sondern bringt Lernen-vor-Ort-Mitarbeitende auch dazu, Position zu beziehen. Um den Transfergedanken im Sinn des Aufbaus von Bedarfsanalyse- und Partizipationsstrukturen zu verteidigen, lehnen sie einen Systemtransfer im Sinn der Übernahme unabänderlicher Modelllösungen ab: »Wenn dann eine Stiftung herkommt und sagt: ›Unser Label, unser Logo kommt da nur drauf, wenn das eins zu eins übertragen wird‹, dann habe ich da ein echtes Problem mit« (K18.11:519–521). Zwar können bestehende Konzepte als Modell dienen, mehr als deren Vervielfältigung in die Fläche bilden aber kontinuierliche Strukturen für Zusammenarbeit die Zielperspektive.

Zu einer guten »Arbeitsstruktur, die also auch Kontinuität schafft« (K18.11:1342– 1343), trägt der Lenkungsausschuss bei, der Vorlagen im IDE-VerfahrenFootnote 4 bearbeitet. Dieses Vorgehen im Modus der Organisation ist anschlussfähig an den Modus der Profession, wenn ein nach Kommunikationsarten durchmischtes Gremium über die im und für den Sozialraum entwickelten Lösungen informiert, darüber diskutiert und schließlich entscheidet. Ein »enormer Zeitdruck« (K04.11:218) begünstigt allerdings die Wahrnehmung der Bereichsleiterinnen, nicht »sauber genug miteinbezogen« (K04.11:215) worden zu sein. Das Erleben eines Widerfahrnisses kommt darin zum Ausdruck, dass der »Bildungsbericht entstanden worden ist« (K04.11:209).

Dass »erstmalig der Kreis, der Landrat, die Fahne Bildung ernsthaft schwingt« (K04.11:228.), verlangt insbesondere Kleinkommunen Leistungen ab, die sie nicht ohne Weiteres stemmen können: »Wir sind ja eben […] durch die Kommunen […] gegangen mit den Bereichskoordinatoren und der Projektleitung und den Regionalen Bildungsbüros […]: Und die haben alle gesagt, die werden nicht mitgenommen und haben nicht genügend Personal, um diese Themen zu bearbeiten« (K04.11:239–247). Die Idee Region bildet sich nicht über das Zuliefern von Daten heraus, sondern bedarf einer intensiven Vor-Ort-Bearbeitung, bei der »man aber die anderen mitnehmen und sich verbünden« (K04.11:232) muss. Aus den Erfahrungen beim Erstellen des ersten kreisweiten Bildungsberichts lernen die Bereichsverantwortlichen, dass sie für dieses Mitnehmen »mehr Zeit geben« und »vor Ort direkt an die Leute […], die damit zu tun haben« (K04.11:345), gehen müssten. Die Begleitung beinhaltet das Nachfragen: »Schafft ihr das bis zum Zeitpunkt X, wo das geliefert werden sollte?« (K04.11:349) sowie eigene Zuarbeit anzubieten.

Zusätzlich zur Beziehungsgestaltung erkennen die Transferbegleiterinnen den Wert prospektiven Handelns: »Man hätte sehr präventiv dem entgegenwirken können, wenn man vorher schon diese Gespräche geführt hätte, vorher schon Transparenz reingebracht hätte, den Informationsfluss direkt gestaltet hätte« (K04.11:588–591). Lerneffekte schlagen sich in der Erkenntnis nieder, dass es in allen kreisangehörigen Städten »eine direkte Ansprechperson« (K04.11:614–615) für den Bereich Bildungsmonitoring braucht und dass es seitens des BMK direkter, frühzeitiger und regelmäßiger Kontaktaufnahmen bedarf: »Und dann hätte man schon diesen Prozess viel fließender gestalten können und nicht so ruckartig« (K04.11:623–624). Dasselbe »Kommunikationsproblem« (K04.11:909) findet sich bei der Beteiligung der Bereichskoordinatorinnen zur Erstellung des Bildungsberichts: »Also Lernbereiche für die Koordinatorinnen haben wir nicht wirklich gehabt, weil wir nicht so eng mit in die Entwicklung des Bildungsberichts einbezogen worden sind« (K04.11:912–917). Erst »aufgrund von Stressmomenten« (K04.11:986–987) vor der Veröffentlichung des ersten kreisweiten Bildungsberichts werden Bereichsverantwortliche angefragt: »Kannst du hier mal, kannst du da?« (K04.11:990). Da Bildungsmonitoring und Bildungsberichterstattung eigene Arbeitsbereiche innerhalb der Kreisverwaltung darstellen, gehen Fragen der Beteiligung von hier aus.

Auch für den Transfer ergreift die Kommunalverwaltung die Initiative: »Es war eher so, dass einer von einem Amt mich als Transferkoordinatorin angesprochen hat, ob ich noch mal diesen Transfergedanken und was dahinter steckt bei der Stadt […] vorstellen könnte. Dann hat er die anderen Ämter mit dazu eingeladen« (K04.12:1022–1025). Die Transferbegleitung innerhalb einer Kommunalverwaltung beinhaltet in erster Linie »zu gucken«, wer »für bestimmte Bereiche in der Kita, für die Familien- und Elternbildung oder für den Bereich der Schule verantwortlich« (K04.12:1041–1044) ist. Als Transferwissen hält das Lernen-vor-Ort-Team daher fest, dass für den Aufbau einer Kooperation zunächst »bereichsübergreifend eine Runde« (K04.12:1125) gemacht werden muss. Eine solche Runde, die sowohl verschiedene Ämter und Dezernate als auch Fachpersonal freier Träger einschließt, erfindet es mit den Fachkonferenzen, die den Startschuss für eine Voneinander-Lernen-Kultur bildet: »Und das Schöne war einfach schon bei der Auftaktveranstaltung, dass in den Pausen die Leute sich schon so zurückgezogen […] und sich ausgetauscht haben« (K02.13:244–246). Alternativ zur Analyse von Verantwortlichkeitsstrukturen innerhalb einer Kommunalverwaltung stellen diese Treffen eine Möglichkeit des Austauschs dar, bei dem Lernen-vor-Ort-Verantwortliche nicht in die Verwaltungen eindringen, sondern Interessierte umgekehrt freiwillig herauskommen, um zu lernen: »Im Vorfeld habe ich das bei den Kommunen ja abgefragt: ›Was haltet ihr von der Idee? Braucht ihr so was?‹ Und alle waren sich einig: ›Ja, genau so was brauchen wir.‹« (K02.13:251–255).

Jenseits der Verwaltungshierarchie rahmen die Konferenzen die Gelegenheit, »über den Tellerrand mal [zu] gucken und auch sich gegenseitig vielleicht mal unterstützen […] oder wenigstens mal was abgucken [zu] können« (K02.13:257–258). Anschlussmöglichkeiten zwischen Organisations- und Professionsrollen bestehen darin, »die Expertisen sich mischen zu lassen«, so dass »das Ohr am Kind« (K02.13:609) vermittelt über »die Leute aus der Praxis« (K02.13:626) in die Verwaltung diffundiert. Engagement mit Blick auf das Publikum an Leistungsempfängern entwickelt dabei erst über »die informellen Mittler« (K10.11:569) der Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen das Potenzial für Leistungsbeziehungen zwischen Kreis und Kommunen. Sie leisten Schwerstarbeit, um Letztere ins Gespräch zu bringen: »Bei jedem Thema, jeder Sitzung, die ansteht im Rahmen von Lernen vor Ort, […] da wird immer geguckt: ›Hat der Kreis mehr davon, haben wir weniger davon? Warum müssen wir denn jetzt?‹« (K10.11:550–556). Kreisangehörige Städte über die Leuchtturmkommunen hinaus zu gewinnen, gestaltet sich somit als »sehr anstrengend« (K10.11:560). Während die politisch-administrative Ebene signalisiert: »Brauchen wir nicht, haben wir alles selber« (K10.11:525), widersprechen Akteure der operativen Ebene: »Um Gottes Willen, natürlich brauchen wir das« (K10.11:531–532). Eine Bereichsverantwortliche erlebt es so: »Die operative Ebene hat es ganz schwer, nach oben weiterzugeben: ›Wir hätten es gerne‹, weil da ganz andere Seilschaften sind« (K10.11:542–544). Dennoch stellt sie eine Verständigung fest, weil Transferbegleiterinnen »seit zwei Jahren immer wieder ackern und für Verständnis sorgen […] zwischen Kreis und Kommunen« (K10.11:565–566).

Als zäh und schwer überwindbar zeigen sich auch die gewachsenen Strukturen rund um außerschulische Bildung. Mit einer Kollegin der Volkshochschule ist eine Lernen-vor-Ort-Verantwortliche ständig im Austausch: »Die schimpft immer und sagt: ›Wir sind bei dem ganzen Programm gar nicht mitgedacht worden und ihr müsst auch außerschulische Bildung immer im Fokus haben‹« (K06.12:1190–1192). Durch die Anbindung an die Landes-Strukturen des Regionalen Bildungsnetzwerks fehlen »bisher bestimmte Akteure des Bildungssystems« (K06.12:1217). Mit dem Folgeantrag sollen diese »auf jeden Fall mit ins Boot« (K06.12:1218) kommen.

3.2 Die koordinierende Verantwortung der Kommune stärken, ohne die Brücke zu externen Partnern abzureißen

Offenheit und Geschlossenheit gegenüber multiplen Rationalitäten prozessiert das KBM als Subjekt des politischen Systems zunächst auf dem Feld der Gesellschaftspolitik (Bedingungen), als Objekt des Gemeinschaftssystems auf dem Feld der politischen Vereinigung (Strategien) und als Thema des politischen Systems schließlich auf dem Feld der Kulturpolitik (Konsequenzen).

3.2.1 Verwaltungswiderstände als unvorhergesehene Beteiligungseffekte verarbeiten

Die Arbeitsphase Rahmenbedingungen klären im Spannungsfeld von (Un-)Beteiligung kennzeichnet sich in der Stadt dadurch, dass sich das Lernen-vor-Ort-Team mit einem Bildungsleitbild und dem Aufbau einer Bildungsdatenbank auf eine gemeinsame Linie ausrichten will. Problemlagen der Basis sollen in einen legitimierten Steuerungsauftrag überführt werden. Das Team konstituiert sich nach innen und bündelt Kontakte in die Bildungslandschaft hinaus. Unvorhergesehene Beteiligungseffekte ergeben sich in Hegemoniespielen der drei Hauptverwaltungsebenen Bund (Programmstrukturen), Land (Jugendamt) und Kommune (kommunales Selbstverwaltungsrecht). Bereichsübergreifende Zusammenarbeit orientiert sich an der Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen und damit an Vermittlungsstrategien schwacher Intensität, die unmittelbares People-Processing nicht in den Blick nehmen (Typ 2).

Spannungslagen muss das Lernen-vor-Ort-Team trotz des einstimmigen Beschlusses des Stadtrats zur Teilnahme am Programm innerhalb der Stadtverwaltung, aber auch in Bezug auf die Vernetzung mit außerschulischen Akteuren, ausbalancieren. Im Kern reibt sich das Programm an Ressourcenfragen auf. Das Beschlossene muss sich »gegen Verwaltungswiderstände in der Kämmerei« (S14.11:194) durchsetzen und erfordert »sehr viel Instinkt und Gespräche mit den verantwortlichen Entscheidungsträgern auf Dezernatsebene« (S14.11:197–198). Dieser »Instinkt« bezeichnet das politisch-taktische Kalkül, mit dem der Stadtratsbeschluss zur Teilnahme am Programm noch vor der Finanzkrise vorangetrieben wird: »Die war in Sicht, die erste Bank ist Ende 2008 Pleite gegangen und wir wussten, das kommt als Problem auf die Stadt zu und die Finanzen brechen weg« (S14.11:164–165). Das weitsichtige Handeln nimmt gedanklich vorweg, dass die Stadt die mit der Teilnahme an Lernen vor Ort geforderten Eigenmittel unter akutem Spardruck nicht genehmigen würde: »Wir kriegen etwa eine Million im Jahr, also eine halbe Million im Projektzeitraum, und geben als Stadt dasselbe als Eigenengagement drauf« (S14.11:174–176). Der Beschluss zur Teilnahme sichert der Stadt Ressourcen, fordert ihr aber auch welche ab: »Wir haben viele Sachmittel bereitgestellt, haben Büroplätze geschaffen, haben Mitarbeiter als Stadt für das Projekt eingestellt« (S14.11:179–180). Diese Eigenmittel hätte die Stadt »nicht durchgekriegt in den Zeiten der Finanzkrise, wo überall von Abbau und von Problemen die Rede war« (S14.11:188–189).

Ein kleines und machtkonzentriertes Kernteam stärkt die Strategie des ›Durchziehens‹. Es besteht aus dem Projektleiter als Leiter des Bildungsamts, dem stellvertretenden Projektleiter als eigentlichem Drahtzieher von Lernen vor Ort und zwei Personen der politischen Spitze, die sich »alle drei, vier Monate zusammensetzen und die Eckdaten festzurren« (S14.11:406–407). Ohne »irgendwelche Legitimation zu haben, dass das eine Runde von Lernen vor Ort ist« (S14.11:407–408), bilden diese vier Akteure ein abgestimmtes Team: »Und wir vier zusammen machen den Skat aus« (S14.11:413). Dabei verfolgt die kleine Runde das Ziel, davon zu überzeugen, »dass es gut tut, egal für wen, bei Lernen vor Ort dabei zu sein« (S16.11:116). Möglichst viele Menschen der Stadt zu beteiligen, bedeutet, »dass nicht mit einem Bildungsleitbild vorgeprescht […], sondern dass […] immer dann, wenn es sich anbietet, die Stadt mitgenommen wird« (S16.11:120–123). Dass die Teilnahme an Lernen vor Ort bestehende Machtbalancen zu verschieben droht, zeigt sich daran, dass an einem Netzwerktreffen »erst mal Ängste zerstreut« werden müssen, »dass da nicht eine zweite Jugend- oder Freizeitstruktur geschaffen wird und Jugendarbeit hinter runterfällt« (S12.11:295–296). Das Programm zielt nicht auf einen Ersatz bestehender Angebote in der Jugendarbeit, sondern vielmehr auf deren Vernetzung mit Schulen: »Das Thema ist noch viel zu neu, das wird vielleicht auch erst in den nächsten Jahren einen Stellenwert in der Jugendarbeit haben« (S12.11:286–287).

3.2.2 Innensichten und Außensichten konfrontieren

Wie die Integration vielfältiger Ideengebilde mit der politischen Steuerungsrolle verbunden werden kann, stellt die Stadt vor große Herausforderungen. Der »Nachhaltigkeitsaspekt« findet als Schwerpunkt im Bildungsleitbild zwar politische Zustimmung, erreicht damit aber noch keine Verbindlichkeit in der Bildungslandschaft. Das Bildungsleitbild fasst einen gemeinsamen Nenner sehr weit, um die Dominanz eines Leitwerts zu verhindern. Die Bildungsdatenbank bildet ein verbindendes Element, an dem viele Leitideen seitens von Bildungsanbietern anschließen können. In der Phase Relevante Akteure und Daten bestimmen orientieren sich Strategien an bereichsübergreifender Zusammenarbeit zur Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen. Unmittelbares People-Processing kommt mit antizipierten Belangen von Jugendlichen in den Blick (Typ 4).

Relevante Akteure beim Aufbau eines kommunalen Bildungsmanagements zu beteiligen, vollzieht sich im Spannungsfeld von Innen- und Außensichten der und auf die Kommune. Eine immer wieder geäußerte Innensicht betrifft die Erwartung, »dass Bund und Länder so miteinander reden, dass diese Kernstruktur des freiwilligen, informellen, zivilgesellschaftlichen Lernens integriert wird« (S18.11:1160–1161). Angesprochen ist damit die Frage, »inwieweit die Programmlösungen vor Ort nicht immer an Grenzen stoßen« (S10.12:330–331), wenn sie nicht in umfassende regionale und überregionale Kooperationen eingebunden sind, in denen permanent über die Kriterien »von wirklich messbarer Nachhaltigkeit« (S10.12:363) gestritten wird. Was sich für einen Vertreter der Bürgerstiftung bereits mit der Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung als »Spiel […] der Bundesregierung in den freien Raum« (S10.12:255) erweist, scheint sich mit dem Programm Lernen vor Ort zu wiederholen: die Ungewissheit in Bezug auf die Ergebnisse zivilgesellschaftlichen Engagements und die Einsicht, auf dem Weg zu diesen Ergebnissen in einer »Gemengelage« zu operieren, in der Kommunen »überhaupt nicht […] Herr des Geschehens sind« (S10.12:228–237.). Informelles und Lebenslanges Lernen als »zusätzliche Qualität an Lebensbildung« funktioniere nur, »wenn auch Schulleiter, Kindergärten, Horte oder auch das Universitätssystem da auch irgendwo mitspielen, auch da die Inhalte mitverflechten« (S10.12:243–246).

Die inflationäre Verwendung des Partikels »auch« verweist auf die Interdependenz und die damit verbundene eingeschränkte Handlungsmacht eines einzelnen Akteurs im Mehrebenensystem. Mit dem Programm Lernen vor Ort vermag der Akteur Bildung für nachhaltige Entwicklung seine Position auszubauen, weil er in die Stadtverwaltung und damit in den Organisationskern eines strategisch wichtigen Akteurs vordringt. Hier verknüpft er die Leitideen und dockt sie strukturell an die bestehende BNE-Abteilung an. Innerhalb der Verwaltung gelingt es, »bestimmte Akteure, bestimmte Projekte unter dem Fokus BNE zu erfassen, zu leiten, anzuleiten« (S10.12:433–434) mit dem Ergebnis, »dass innerhalb von Lernen vor Ort dieser Nachhaltigkeitsaspekt dann wirklich Fuß« (S10.12:463–464) fasst. Eine verstärkte Innensicht sucht daher »die Verquickung auf politischer Ebene« (S10.12:802–803) und führt zur Frage, mit welcher »Art von High-Level-Beratungsgremium« (S10.12:828–829) die Nähe zum Oberbürgermeister gesichert werden kann. Zugleich drängt der Wunsch nach Einflussnahme in Netzwerkkonferenzen auf die Berücksichtigung von Außensichten und zur Frage: »Wie steuere ich jetzt diesen Bildungsumbau, wie steuere ich Lernen vor Ort und BNE, dass da tatsächlich Substanz reinkommt« (S10.12:863–864). Eine »Unterstützungsstruktur, eine Arbeitsstruktur, eine Entscheidungsstruktur« soll die Arbeit »erfolgreicher und effizienter« (S10.12:1004–1006) machen, ohne dabei die Partizipation der Stadtgesellschaft zu gefährden: »Und das funktioniert aber nur, wenn die Spitzenakteure es a) wollen und auch wirklich b) bereit sind, mit Kompetenzen, mit einer Beteiligung, mit einer Partizipationsqualität anders umzugehen« (S10.12:934–936).

Ein KBM vereint die widersprüchlichen Anforderungen der Moderation und Führung, d. h. »die Fähigsten beziehungsweise Freiwillige in einer Struktur der Gleichen« (S22.11:695–696) mitzunehmen und in einer Struktur der Ungleichheit zu entscheiden. Lernen-vor-Ort-Mitarbeitende orientieren sich an einer breiten Beteiligung und an ergebnisoffenen Formaten, was ein unternehmensorientierter Partner kritisch einschätzt: »Ich würde strategischer vorgehen, also vorher festlegen, wen ich warum einbinde« (S20.11:302). Bildungskonferenzen zeichnen sich durch lange Impulsreferate aus, was unbefriedigend für jene ausfällt, die den Austausch suchen: »Netzwerkkonferenz bedeutet für mich, Leute in Kontakt [zu] bringen« (S10.11:281). Sie bieten auch Workshops an nach dem Motto: »Wir sammeln einfach mal Ideen«, was bei jenen »Frustration« auslöst, die sich strukturierte und professionell geführte Veranstaltungen wünschen: »Es war einfach sehr unkanalisiert. Wenn man so ein Brainstorming macht, muss man den Moderatoren aber auch sagen, wie die Ergebnisse gesammelt und vor allem, wie die Ergebnisse aufbereitet werden sollen« (S20.11:316–328). Prozesse der Beteiligung der Bildungslandschaft umkreisen die Frage, wer eingebunden werden soll: »wer zu viel, wer zu wenig, die Richtigen, die Falschen« (S02.12:1629). Innerhalb der Stadtverwaltung unterstützt Lernen vor Ort die Restrukturierung der Ämter und sucht auch hier nach gangbaren Wegen: »Also, da schwimmen wir selber noch ein bisschen, wir können das nicht konkret sagen, wir wissen, dass es weh tun wird, man wird Akzente setzen müssen, aber wie das eben passiert, und wie der Prozess dieser Abstimmung sein wird, das ist ‘ne Aufgabe, die [an]steht« (S02.12:1711–1714).

Eine moderierende Funktion übernehmen die externen Partner, indem sie die Außensichten und Innensichten miteinander konfrontieren: »Wir wollen die Breite der Bildungslandschaft […] aufzeigen und zusammenführen. Ich glaube, das wäre schwierig, wenn das eine Stadtverwaltung alleine mit ihrer zentrierten Innensicht und mit der Fokussierung auf die Prozesse, die in der Stadtverwaltung laufen, machen würde« (S06.11:480–486). Außensichten fließen durch langjährige Erfahrungen mit Netzwerken »in die Bildungslandschaft, in die Wirtschaft, in die Wissenschaft, aber auch in die Verwaltung« (S06.11:503–504) ein. In dieser Moderationsarbeit suchen Geben und Nehmen eine Balance, insofern durch bestehende Kontakte in die Stadtverwaltung und in die Wirtschaft an vielen Stellen geholfen und durch neue Kontakte zu Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden profitiert werden kann: »So kommen wir an Kontakte, an Querverbindungen, an Informationen, wer für was zuständig ist, die wir sonst nur schwer bekommen hätten« (S06.11:526–527).

Netzwerkkonferenzen sind Umschlagplätze für den Einsatz der Währung ›Kontakte‹. Dass »es äußerst kompliziert ist […], unterschiedliche Partner auf ein gemeinsames Ziel auszurichten«, mag deshalb in Kauf genommen werden, weil weniger »eine gemeinsame Philosophie« (S10.11:698–717) als vielmehr der Zugewinn sozialen Kapitals für die Befriedigung eigener Interessen in Aussicht steht. Deshalb stellt sich bei der Arbeit am Leitbild die Frage, »wie allgemein man es überhaupt gestalten und formulieren kann, damit sich darin auch jeder wiederfindet« (S12.11:356–357). Der Abgleich unterschiedlicher Perspektiven verschlingt nicht aufgrund des Ziels, »auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen« (S10.11:719), viel Zeit, sondern deshalb, weil ein solcher verhindert werden soll: »Das ganze Thema ist so vielschichtig und komplex, dass bei jeder Formulierung einer dabei ist, der das wieder anders sieht. Diese Formulierung zu finden, in deren Interpretation sich jeder wiederfindet, ist momentan ein Hauptproblem« (S12.11:359–363). Das Ringen um Worte führt zu einem sehr globalen und allgemeinen Leitbild, das die je spezifischen Handlungslogiken wahrt: »Also, wenn jemand sagen würde, ich bin dagegen, würde man sich wundern« (S02.12:1611–1612). Allerdings ist das Bildungsleitbild erst noch in konkrete Maßnahmen zu übersetzen.

Die Bildungsdatenbank bietet sich als vielversprechende Lösung an, insofern Jugendlichen damit »unterschiedliche Möglichkeiten« angeboten werden sollen, »für sich das Beste herauszufinden und das ohne größeren Aufwand« (S12.11:411–412). Die Bildungsdatenbank ist auch für die Angebotsseite interessant, weil »eben hier eine bestimmte Anbindung zu anderen Netzwerken einfach sehr einfach und durch bestimmte Strukturen standardisiert stattfinden kann« (S06.12:157–158). Ein Gewinn liegt auch darin, dass der eigene Aufwand begrenzt und Informationen sowohl differenziert als auch gebündelt dargestellt werden können. Sich an Lernen vor Ort zu beteiligen, lohnt sich. In dieser positiven Funktion ist es alles andere als harmlos, weil es finanzielle Mittel bindet. In seinen Aktivitäten wird es innerhalb der Verwaltung deshalb »konsequent auch verfolgt und auch begutachtet« (S06.12:479). Während der Stadtjugendring etabliert ist und »verwaltungsintern schon wahrgenommen« wird, haben es »Mitarbeiter von Lernen vor Ort […] sehr schwer am Anfang, sich dort zu behaupten und dort auch mit bestimmten Ergebnissen aufzuwarten« (S06.12:518–528). Erfolgsrelevant für das Wahrgenommenwerden in der Stadtverwaltung ist also nicht die räumliche Anbindung, sondern das Wissen um die relevanten Akteure. Als verbindendes Element zwischen Innen- und Außensichten wirkt das aktive Zugehen auf die Verwaltung und das Einbringen eigener Vorstellungen: »Dass wir eben auch hier nicht irgendwie nur darauf warten, was […] kommt, sondern dass wir wirklich regelmäßig in Kontakt stehen und nachfragen« (S06.12:556–557). Während sich die Kommunalpolitik als der relevante Akteur herausstellt, den es für eine dauerhafte Unterstützung der gekoppelten Leitideen Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie Lebenslanges Lernen zu gewinnen gilt, stellt sich die Frage, wie eine breite Beteiligung von Akteuren der Bildungslandschaft gesichert werden kann.

3.2.3 Operative und strategische Prozesse zusammenführen

Beim Aufbau von Strukturen und Verfahren führt das KBM operative und strategische Prozesse mithilfe externer Partner in der Stadtverwaltung zusammen. Kinder und Jugendliche adressiert es dabei vermittelt über korporative Akteure der Bildungslandschaft und koordiniert deren Beiträge für eine Bildungsstadt durch einen weiten Bildungsbegriff sowie mittels eines globalen Leitbilds und einer Bildungsdatenbank. Die damit einhergehende Kommunikationsarbeit orientiert sich an bereichsübergreifender Zusammenarbeit zur Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen, bei der unmittelbares People-Processing in den Blick kommt (Typ 4).

»Eines der höheren Ziele von Lernen vor Ort« sieht die Stadt darin, die Konkurrenz der unterschiedlichen Bildungsanbieter abzugleichen: »Wenn der Weiterbildungsmarkt ein Jobcenter trockenlegt oder neu strukturiert […], dann kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen« (S16.11:806–813). Das Projekt soll »als eine kompetente Einrichtung anerkannt sein, die nach Lösungen und nicht nach individuellen Lösungsansätzen für Anbieter A, B oder C sucht« (S16.11:816–818). Mit dem Entscheid, sich gemeinsam mit externen Partnern für Lernen vor Ort zu bewerben, holt sich die Stadt damit die »konkurrierenden Interessen« (S16.11:802) ins Haus. Die Wahl der Bildungspartner erfolgt daher wohlüberlegt: »Man braucht Verbundpartner, die verlässlich sind« (S16.11:790). Zugleich ist gerade deren Eigensinn gefragt: »Man braucht keine Verbundpartner, die genauso denken und strukturiert sind wie man selbst, sonst hört man nur das, was man selbst sagt« (S16.11:792–793). Als die Zusammenarbeitsformen in und zwischen den vielfältigen Gremienformaten sich zu verselbstständigen drohen, formuliert die Stadt einen klaren Führungsanspruch: »Das ist nicht Teamgeschäft, das ist Leitungsgeschäft« (S16.11:767). Sie beschließt, »dem Ruder wieder einen Impuls« zu geben, damit das Projekt »wieder in die richtige Richtung geht« (S16.11:765–766). Eine Klausur soll alle Beteiligten zusammenführen.

Da die AG Bildung Akteure der Sacharbeits-, nicht aber die Entscheidungsebene einschließt, sucht die Stadt nach einem »Andockungspunkt« (S02.13:377) für Entscheidungen. Das passende Format, um das Thema Bildung dauerhaft zu verankern, ist allerdings noch nicht gefunden: »Wir nennen es jetzt nicht Steuerungs- oder Führungskreis, weil wir sagen, dass das eher so der Anfang ist dessen, was wir uns vorstellen« (S02.13:380–381). Die Fokussierung auf die Stadtverwaltung als organisatorischen Brennpunkt eines KBM zeigt sich auch am Bestreben, die kommunale Datenverarbeitung in einem einzigen IT-Tool zusammenführen. Auch wenn das Amt für Statistik und Wahlen im Kampf gegen das »Amtsunwesen, dass jedes Amt seine eigene Statistik macht und sein eigenes Programm hat«, gewonnen werden kann, ist es »noch ein langer Weg« bis zu einer integrierten Lösung: »Da müssen wir noch viele Bretter bohren« (S02.13:608–613).

Die Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden treffen innerhalb der Stadtverwaltung »häufig auf sehr offene Gesprächspartner«, aber immer wieder auch auf Grenzen, insofern Ämter und Abteilungen sich von Lernen vor Ort nicht ansprechen lassen: »Für die gibt es immer ›die von Lernen vor Ort‹« (S02.11:740–754). Ein Wir-Gefühl in Bezug auf die Programm-Idee lässt sich schwer ins Denken der Leute bringen: »Wir sprechen mit einzelnen, aber wie tragen die das weiter?« (S02.11:774). Auch Bemühungen, Ideen auf die »Entscheiderebene« zu tragen, sind mühevoll und in ihrem Erfolg unwägbar: »Natürlich überschreiten wir manchmal die verwaltungsinternen Abläufe und treten im Zweifelsfalle an die heran und treffen da auch auf offene Ohren. Aber das ist nicht generell der Fall« (S02.11:1155–1159.) Vielmehr gleichen Ansprachen auf dem Dienstweg einer »Tippel-Tappel-Tour von Amtsleiter zu Amtsleiter oder von Amtsleiter zu Dezernent«, bei der eine Idee »transformiert und kleingekocht wird« (S02.11:1163–1165), bis sie zur Projektleitung gelangt. Wege innerhalb der Verwaltungshierarchie gestalten sich somit restriktiv und zeitaufwändig. Dies hat Vor- und Nachteile: »Immer da, wo Entscheidungen auf oberster Ebene herbeigeführt werden müssen, da ist dieses Hierarchie-Denken von Vorteil. Wenn die Hauptverantwortlichen zusammensitzen, können direkt Entscheidungen getroffen werden« (S04.11:828–833). Für Anfragen erweist sich der Dienstweg allerdings als ungeeignet: »Wenn ich […] jedes Mal den Abteilungsleiter anschreiben [muss] und der leitet die E-Mail an seinen Mitarbeiter weiter und erst dann kann mir der Mitarbeiter antworten, dann frisst das Zeit« (S04.11:836–839).

Neben dieser Vernetzungsarbeit innerhalb der Stadtverwaltung arbeitet das Lernen-vor-Ort-Team auch in die Bildungslandschaft hinaus. Teamberatungen bilden das Gefäß, um in Kontakt mit LoI-Partnern zu treten: »Wenn wir als Team nicht weiterkommen, können wir auf die Expertise unserer Praxispartner zurückgreifen, die direkt an der Front arbeiten. Wir einigen uns dann auf einen geeigneten Ansprechpartner und laden den dann auch mal in die Runde ein« (S04.11:523–528). Auf diese Weise bilden sich »bunt gemischte Teams«, in denen »jeder auf seinem Gebiet der Spezialist« (S04.11:555) ist. Grenzen der eigenen Kenntnisse dirigieren Anfragen bei Fachpersonen: »Darüber tauschen wir uns dann aus und schauen, wie wir die Aufgaben nach den Kenntnissen verteilen können« (S04.11:560–561). Lernen-vor-Ort-Mitarbeitende können die Beteiligung externer Partner eigenständig organisieren, ohne sich »an die Leitung wenden« (S04.11:570–571) zu müssen. Die Bereichsverantwortlichen der Aktionsfelder WTUW und Demographischer Wandel sind zugleich in den Bereichen Bildungsübergänge und Bildungsberatung eingebunden und tragen als Grenzgängerinnen das Wissen in die Arbeitsgruppen. Die Projektorganisation erfordert flexiblere Austauschgelegenheiten mit Vertretern der Bildungslandschaft, weshalb sich die gemischten Teams zur »Klausur mit Grillen« treffen: »Wir haben richtig gut gearbeitet« (S02.12:776–784).

Die Teams schaffen sich mit der Klausur eine Auszeit, in der sie der Dynamik im Projekt Einhalt gebieten und die Prozesse bewerten: »In der Teamberatung, da wird sehr hastig was besprochen, dass man sich wirklich Ende des Jahres mal zwei Tage Zeit nimmt und dann wirklich auch für die Aktionsfelder im Einzelnen Revue passiert« (S02.12:787–789). Sie verbinden die Zeiträume des Projektarbeitsbogens, indem sie diese aufeinander beziehen und fragen: »Was ist gut und schlecht gelaufen?« und »Okay, wie gehen wir das strategisch an für die nächste Phase des Projekts?« (S02.12:789–794). Die Beteiligten begegnen mit diesem Vorgehen der »Krux« des Programms: »Es ist kein Projekt in dem Sinne, weil wir was Nachhaltiges wollen und trotzdem arbeiten wir projektförmig« (S02.12:805–806). Das bedeutet auch, dass sie auf keine Blaupausen zurückgreifen können: »Wir tun alles unstandardisiert« (S02.12:810). Die zu erfindenden Prozesse müssen wechselseitig kommuniziert werden und die Rahmung, dass niemand »mal schnell weg muss oder dazu kommt« (S02.12:795–796), verschafft die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit multiplen Rationalitäten: »Es sind unglaubliche Kommunikationsprozesse notwendig, Verständnisprozesse, Klärungsprozesse, für die nicht genügend Zeit eingeplant war« (S02.12:823–825). Der temporäre Rückzug erzwingt einen eigenen Zeitraum zum Zeigen und Lernen und führt die herkömmlich an unterschiedliche Personen gebundene strategische und operative Ebene im Lernen-vor-Ort-Team zusammen.

Da es für die Koordination grenzüberschreitender Prozesse bisher keine Zuständigkeiten gibt, ist genau diese Idee innerhalb der Stadtverwaltung zu transportieren, was zusehends gelingt: »Was doch schon inzwischen für Leute eingebunden sind, die anfangen, uns zu unterstützen, weil sie die Idee gut finden. Es geht ja um die Idee dahinter, das ist schon toll« (S02.12:833–835). Diese Überzeugungsarbeit »braucht wirklich Zeit«, da »mit unendlich vielen Leuten gesprochen werden muss« (S02.12:838–840). Innerhalb des Amts für Bildung sind insbesondere Gespräche mit dem Finanzcontrolling, dem Personalcontrolling und mit der Kämmerei wichtig. Alle, »die da irgendwo mitreden dürfen«, gucken »ganz anders auf Zahlen, auf Berichte, auf Prozesse«, wenn sie »das Grundverständnis« von Lernen vor Ort vermittelt bekommen haben: »Aber die alle mitzunehmen, braucht halt Zeit« (S02.12:843–851).

Im Übergang zur zweiten Förderphase steht die Bilanzierung des bisher Erreichten an. Der erste Bildungsbericht und das Leitbild stehen kurz vor der Veröffentlichung, eine Testversion der Bildungsdatenbank liegt vor und in den Bereichen »Monitoring, Haushaltserhebung, Pilotprojekt [zur Familienbildung], demographischer Wandel ist alles hochgefahren worden« (S02.12:896–897). Die ursprüngliche Zeitplanung seitens der Kommunalpolitik und des Projektträgers lässt die Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen wie »Hamster im Rad laufen« und nicht dahin kommen, »wo es eigentlich mal angedacht war«, da partizipative Abstimmungsprozesse »einfach mehr Zeit« (S02.12:923–930) beanspruchen. Nichts entsteht im Sinn einer zeitlichen Staffelung, bei der auf eine Planung eine Umsetzung folgt. Am Ende der ersten Förderphase steht die Erkenntnis, dass »diese Trennung sowieso nicht geht, so in dieses Operative und das große Strategische, weil beides eigentlich immer miteinander verbunden ist« (S02.12:1008–1009). Sowohl bei der Leitbildarbeit als auch bei der Entwicklung der Bildungsdatenbank werden »das eine wie das andere, die Ziele wie die operative Umsetzung« (S02.12:1010–1011) mit den externen Partnern diskutiert. Die Partner einzubinden, »zu fragen: ›Passt das inhaltlich?‹ und quasi ihre Zustimmung einzuholen, dass die dahinterstehen«, gelingt nur, »indem man mit den Leuten redet« und ihnen deutlich macht, »wie wichtig sie sind für diese Dinge« (S02.12:942–944). Alles, was das KBM erreicht, »ist mit anderen besprochen worden, ist nicht nur aus dem Team heraus entstanden« (S02.12:1000–1003). Externe Partner stellen – wiewohl operativ »an der Front« (S04.11:524) tätig – selektive Repräsentanten der Stadtgesellschaft dar: »Wir haben auch nicht mit jedem einen LoI. Das muss dann auch schon eine Aussage sein« (S16.11:926–927).

Unverkennbar ist auch, dass die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger von der Stadtverwaltung ausgeht. Für Lernen-vor-Ort-Mitarbeitende ist die Leitbildentwicklung »ein extrem partizipativer Prozess« (S02.12:225–226): »Es gab Fokusgruppen, Bürgerdiskussionen, wo man wirklich nach außen hin geöffnet hat, wo die auch die Möglichkeit hatten, selbst mitzuarbeiten am Leitbild« (S02.12:230–232). Vertretungen der Fraktionen treffen sich in einer Fokusgruppe, um zu prüfen, ob ihnen »inhaltlich was« (S02.12:242) fehlt. Mit Bildung für nachhaltige Entwicklung wählt die Stadt ein strategisches Bekenntnis, das gerade durch seinen »relativ globalen Ansatz« (S02.12:295) Zustimmung erfährt: »Das war das Gute, dass sich eigentlich alle einig waren, weil sich die Fraktionen auch hätten verrennen können in so ‘ner Sitzung« (S02.12:245–246). Auch bietet es Anschlussmöglichkeiten für korporative Akteure wie die berufsbildenden Schulen, die auf ihren Werbeflyern darauf Bezug nehmen. Die »sehr anregende und konstruktive […] Zusammenarbeit mit den Stiftungen« (S02.12:522–523) erlebt eine Bereichsverantwortliche als »kritisch unterstützende Begleitung«, »weil das ein ganz anderer Blick ist, ein wohlwollender Blick, der unbeteiligt ist« (S02.12:541–547).

Es gelingt den Stiftungen, ihr reflexives Interesse an Einflusspotenzialen in Anschlag zu bringen. Das Interesse an Autonomiesicherung verfolgen sowohl die Stadt als auch die externen Partner. Letztere »sind ja gemeinsam mit der Stadt und alle drei sind daran interessiert, ihre Ziele zu verfolgen« (S02.12:618–619). Während die externen Partner als Bildungseinrichtungen »eben anders ticken als Verwaltung«, guckt diese »sehr, sehr stark auf sich selber und ist sich der Nabel der Welt« (S02.12:623–628). Dem Stiftungsverbund kommt die Aufgabe zu, »dass der Blick weiterhin geöffnet bleibt« (S02.12:633). Eine Vertreterin der externen Partner stellt an der Schwelle zur zweiten Förderphase eine Wandlung fest, insofern »sich die Rollen etwas verändert« (S12.12:36) hätten. Stellte sich die Projektleitung zu Beginn von Lernen vor Ort mit der gemeinsamen Antragstellung der Kommune mit zwei ausgewählten externen Partnern »paritätisch« auf, kommt es mit der Fortsetzung des Programms zu »einer stärkeren Wahrnehmung der koordinierenden Funktion durch die Kommune« (S12.12:30–40). »Peu à peu« (S12.12:66) nimmt die Kommune das Heft in die Hand und beheimatet die Kernidee von Lernen vor Ort im Organisationskern der Verwaltung.

3.2.4 Barrieren abbauen und Grenzen aufreißen

Strategien setzen auf bereichsübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Stadtverwaltung sowie zwischen der Stadtverwaltung und der Stadtgesellschaft. Unmittelbares People-Processing kommt mit der Bewusstheit für Belange des Publikums an Leistungsempfängern in den Blick (Typ 4).

Das Aufeinandertreffen einer Verwaltungs- und Programmlogik macht unterschiedliche Verständnisse von Kooperation sichtbar. Eine »erste Grunderkenntnis« kristallisiert sich dahingehend heraus, »dass man die Strukturen, die bestehen, analysiert und versucht, ein Verständnis für diese Strukturen zu gewinnen« (S04.14:906–911). Das »Grundproblem« sieht der für die Teamkommunikation innerhalb der Stadtverwaltung stellvertretende Projektleiter darin, »dass man letztlich mit Lernen vor Ort ein strukturveränderndes Programm hat« (S04.14:874–875). Lernen-vor-Ort-Verantwortliche tragen mit dem programmatischen Anspruch »eines kohärenten Bildungswesens vor Ort« auch die Kritik in die Kommunalverwaltung, dass »Bildungsstationen und Bildungsangebote vor Ort […] zersplittert und fragmentarisiert« (BMBF, 2008a, S. 4) sind. Versäulte Zuständigkeiten sollen überwunden und bestehende Denkstrukturen auf ressortübergreifende Verantwortlichkeiten umgestellt werden. Dem Verständnis für »Prozesse und Strukturen, die in der Verwaltung auch historisch gewachsen sind und die sich auch weiterhin damit begründen lassen«, steht die Auffassung gegenüber, dass diese »vielleicht in einigen Bereichen nicht mehr zeitgemäß sind« (S04.14:880–889). Brücken innerhalb der Stadtverwaltung zu bauen, bedeutet nun, zu verstehen und anzuerkennen, dass kein Amt dem anderen über- beziehungsweise untergeordnet ist: »Wenn man das Legitimationsproblem nicht in den Griff bekommen hat, hat man einfach das Problem, dass erstens kein Vertrauen geschaffen werden kann in die Arbeit und in die Ziele, die man verfolgt« (S04.14:929–931).

Was Lernen-vor-Ort-Verantwortliche im Rahmen des Programms innerhalb und außerhalb der Verwaltung tun, muss anschlussfähig sein an die Kommunikationsarten der Kommunalverwaltung, »die an Recht und Gesetz gebunden ist« (S04.14:937). Eine Projektlogik, nach der in Arbeitsgruppen entwickelte Vorschläge von Bereichsverantwortlichen nur noch »abgenickt« werden, verträgt sich nicht mit einer Verständigungsorientierung, die spezifische Kommunikationsarten respektiert: »Wenn man das für sich versteht und diese Struktur nicht per se als kritikwürdig oder verwerfenswert ansieht, kann man damit wirklich auch arbeiten und kann eben bei den […] Leuten, die diese Strukturen mit Leben füllen, auch ein gewisses Verständnis erwecken« (S04.14:917–924). Eine Handlungsorientierung an Ordnung, Verwaltung und Recht fragt: »Darf ich das rechtlich, ist das zulässig, was dort gemacht wird?« (S04.14:941–942). Kommunikationsarten innerhalb von Organisation und Administration rahmen Verantwortlichkeiten nach legitimierten Zuständigkeiten und begegnen potenziellen Grenzüberschreitungen durch Klärung: »Wenn dann von oben her nicht ‘ne Absicherung stattfindet: ›Ja, du darfst das, ja ihr dürft das‹, oder wenn über den Stadtrat das nicht kommuniziert wird, ist das problematisch« (S04.14:946–949).

Die Aufforderung von Lernen vor Ort, in Zwischenräumen bisheriger Zuständigkeiten bereichsübergreifende Verantwortlichkeiten zu entwickeln, mutet Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung zu, sich auf unbekanntes Terrain zu begeben: »Und dann findet so ein gewisses Beharren einfach statt, auf dem, was bekannt ist« (S04.14:952–953.). In der Rolle der stellvertretenden Projektleitung die Kommunikation innerhalb der Stadtverwaltung zu stärken, bedeutet nun nicht, dieses Beharren zu brechen, sondern die Zumutung des Programms zu dämpfen: »Das ist aus meiner Sicht völlig legitim zu sagen: ›Das, was bekannt ist, wo wir sicher sind, das ist unser Zuhause, da bleiben wir‹, und das ist okay. Und diese Änderung ist immer ein gewisses Wagnis, was man eingeht, und dass das nicht jeder bereit ist einzugehen, muss man akzeptieren« (S04.14:954–965). Überzeugungsarbeit baut auf der Einsicht auf, dass eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit über Vertrauen möglich ist und dieses nur dadurch dauerhaft aufgebaut werden kann, wenn man sich in die dominante Kommunikationsart einklinkt: »Aber da kann man zum Mindesten Vertrauen und Verständnis wecken und auch Ängste nehmen« (S04.14:970–971).

Dennoch ist die Vertrauensarbeit und das Einschwingen auf gewachsene Kommunikationsstrukturen als Korrekturstrategie in der Mitte von zwei Förderlaufzeiten zu lesen, nachdem zentrale Lernen-vor-Ort-Akteure erster Stunde die Kommunalverwaltung irritierten. Die Handlungslogik auf das Lernen im Lebenslauf umzustellen und das Mehrebenenspiel um zivile und wirtschaftliche Akteure zu erweitern, bedarf zu Beginn einer kraft- und machtvollen Speerspitze in Gestalt des »Skat« (S14.11413), der sich aus Spitzenvertretern der Kommunalpolitik und -verwaltung sowie dem Drahtzieher des Programms zusammensetzt: »Das ist halt sehr stark dann auch von uns immer vorangeprescht worden« (S02.14:1567). Im Übergang zur Phase, in der sich die Promotoren eines KBM zurückziehen werden und das Programm selber laufen lernen soll, zeigt sich die Achillesverse einer Strategie ›von oben‹: »Die Gefahr ist ‘n bisschen, das sehen nun ganz viele jetzt, dass es immer an einzelnen Personen nur alles hängt« (S02.14:1551–1552). Vor dem Hintergrund, dass der Institutionalisierung des KBM qua politischer Legitimation dessen organisationale Ausgestaltung nachfolgt und ein KBM längerfristig ohne zusätzliche Ressourcen auskommen muss, liest sich die Stärkung der Kommunikation innerhalb der Stadtverwaltung als Versuch, die Ideen des Programms auf ein breiteres Fundament zu stellen. Mitarbeitende als Träger der Kohärenzidee signalisieren indes den Zweifel an einer Strategie ›von unten‹: »Und jetzt ist die Angst bei den Mitarbeitern so ‘n bisschen auch im Team: ›Ja, was ist, wenn du weggehst, wenn du nicht mehr da bist‹« (S02.14:1573–1575). Ein KBM ohne Leitfigur ist am Ende der Förderlaufzeit nicht vorstellbar: »Ich persönlich glaube, dass wir jetzt auf einem Stand sind, dass es einfach nur ‘ner starken Persönlichkeit bedarf, die dran bleibt. […] Aber es ist schon ‘ne Frage, dass das ‘n Stück weit vielleicht zu personenbezogen war« (S02.14:1582–1583). Erfolgsrelevant für eine Strategie ›von oben‹ sind Kontakte zu Entscheidungsträgern: »Wenn man schon jemand dort hat und schon weiß, der und der war mal dort, […], dann ist man schon mal ‘ne Nummer. Und dann ist es ‘ne andere Wertschätzung« (S02.14:1626–1630).

Stellt das kommunikative Flottieren innerhalb der Stadtverwaltung eine Strategie dar, um Kommunikationsarten auf eine kommunale Organisation für das Lernen im Lebenslauf umzustellen, schlägt das Steuerungsgremium eine Brücke zu externen Partnern. Das Gremium sichert eine von Anfang an bestehende Forderung: »Aus meiner Sicht müsste es eine ganz enge Anbindung geben an das Bildungsministerium, an das Wirtschaftsministerium, an das Sozialministerium« (S12.12:768–769). Weil die Stadtverwaltung nur einen Bruchteil dessen verantwortet, was in der Stadt »an Bildung stattfindet« (S12.12:794–795), sind unterschiedliche Kommunikationsarten dauerhaft ins Gespräch zu bringen. Das Steuerungsgremium als Vermittlungsgremium hat sozialintegratives Potenzial, wenn es sich nicht nur mit sich selbst beschäftigt, sondern mit Blick auf das Publikum an Leistungsempfängern eine »gemeinsame Vision vom Thema, vom Inhalt, von [der] Arbeitsweise« (S06.14:1464) entwickelt. Dem Projektgeschäft in der Kommunalverwaltung ist eine »Schwungmasse und damit ‘ne gewisse Trägheit« (S12.12:1457) eigen, die mittels Teamkommunikation und Steuerungsgremium in Bewegung kommt: »Das ist der eigentliche Punkt, wo man Barrieren abbauen muss und wo man Grenzen aufreissen muss und zunächst einen Korridor abstecken muss, in dem tatsächlich auch eine Zusammenarbeit möglich ist« (S22.11:1375–1377).

4 Datengestützte Reflexion und biographisches Kapital

Auf dem Weg, eine Verständigung über Bildungsberichte zu ermöglichen, setzt das BMK mehrheitlich auf grenzüberschreitende Strategien starker Intensität (vgl. Abbildung 10.4, links). Es besorgt Daten, um präzise und kleinräumig Probleme aufzuzeigen und diese in einen kreisweiten Bildungsbericht zu integrieren. Berichtsdaten inspirieren auch Entwicklungswerkstätten und Fachtagungen, die das BMK als Denkräume für die Schaffung von Beratungsstrukturen begreift. Daraus erwächst die datenbasierte Strategie, eine frühkindliche Bildungsberatung zu entwickeln und zu transferieren. Diese stellt eine Übergangskonstruktion zwischen operativem Handlungs- und strategischem Orientierungswissen dar.

Abbildung 10.4
figure 4

Bearbeitung von Spannungslagen in Arenen der (Un-)Bewusstheit (Eigene Darstellung)

Das KBM zielt darauf, das biographische Kapital der Stadt bereitzustellen. Es setzt dabei auf Strategien mehrheitlich mittlerer Intensität (vgl. Abbildung 10.4, rechts). Der Bildungsbericht dient zur Stärkung der Kommune, die als Hauptakteur eine Bewusstheit für Angebotsstrukturen und -lücken in der Bildungslandschaft schafft. Als Erbringerin von Bildungsdienstleistungen nutzt die Stadt das Bildungsmanagement als Plattform, um datengestütztes Wissen einzufordern, anzusammeln und zu organisieren.

4.1 Eine Verständigung über Bildungsberichte ermöglichen

Datengestützte Reflexion und biographisches Kapital prozessiert das BMK als Objekt des politischen Systems zunächst auf dem Feld der Kulturpolitik (Bedingungen) und als Subjekt sowie Thema des sozial-kulturellen Systems auf dem Feld des politischen Diskurses (Strategien und Konsequenzen).

4.1.1 Das Gezerre um Personalressourcen abstimmen

Bereichskoordinatorinnen sehen sich anfänglich sowohl der Anforderung eines Strukturprogramms als auch Anforderungen der kreisangehörigen Städte ausgesetzt. Der Aufbau eines Bildungsmonitorings und das damit verbundene Orientierungswissen, um politische Entscheide datengestützt zu fundieren, gerät in Konflikt mit dem von den Städten geforderten Handlungswissen, um angesichts von Notlagen direkt an und mit Menschen zu arbeiten. Mit Passungsleistungen vermitteln Bereichskoordinatorinnen in Domänenspielen zwischen dem politisch-administrativen und dem pädagogischen System, bei denen unmittelbares People-Processing beeinträchtig werden könnte (Typ 6).

Überbrückungsarbeit zwischen programmatisch nahegelegtem Orientierungs- und biographisch gewachsenem Handlungswissen weckt den Eindruck des Bedrängens: »Wir kommen vom Kreis und gehen in die Kommune. Aber das ist ein ganz, ganz starkes Spannungsfeld, was […] immer wieder neu angeglichen werden muss« (K06.11:629– 633). Weder Kreis- noch Kommunalverwaltung können für die Koordination gleich mehrerer Programme und insbesondere dieser Größenordnung auf erprobte Verfahren zurückgreifen: »Die hatten ja auch grade dann das Bildungsbüro, die Regionalen Bildungsnetzwerke, und dann kam noch Lernen vor Ort als so ‘n großes Projekt, die konnten das gar nicht in dem Sinne so stemmen, weil die Erfahrung gar nicht da war« (K02.14:527–531). Das Lernen-vor-Ort-Team zeichnet sich durch eine heterogene Zusammensetzung aus: »Die Kolleginnen waren teilweise sehr jung, aber es waren auch ältere dabei mit sehr unterschiedlichen Vorkenntnissen und Vorerfahrungen« (K04.14:187–189). Lernen-vor-Ort-Mitarbeitende bringen »häufig auch keine Verwaltungserfahrung« (K04.14:194) mit. Die Bereichskoordinatorinnen werden zwischen den Anforderungen des Kreises und der kreisangehörigen Städte hin- und hergerissen: »Dazu kam, dass […] auch ziemlich große Kämpfe am Anfang stattgefunden haben um die Personalressourcen. Also um die Kolleginnen. Das war für die nicht besonders toll, für uns auch nicht, da überhaupt zu einem vernünftigen Ausgleich hinzukommen« (K04.14:194–200). Die Findungsphase kennzeichnet sich nachgerade durch ein »Gezerre zwischen […] Städten und Kreis« (K04.14:285–286), in dessen Folge es zu »ganz massiven gruppendynamischen Konflikten« (K04.14:287–288) kommt, »vom Zeitmanagement angefangen wie von der Problematik der Dienst- und Fachaufsicht« (K04.14:288–289).

4.1.2 Ressourceninvestitionen in berufsbiographisches Kapital transferieren

Lernen-vor-Ort-Mitarbeitende bewältigen aufreibende Beziehungsarbeit, indem sie Ressourceninvestitionen in berufsbiographisches Kapital transformieren. Pionierarbeit greift zunächst auf personale Kräfte zurück, weil der Aufbau organisationaler Unterstützungsstrukturen erst geleistet werden muss. Dass kreisangehörige Städte den Wert eines Bildungsberichts anerkennen, geht aus der Beziehungsarbeit der Bereichsverantwortlichen hervor, die sich multiplen Rationalitäten aussetzen. Die Vermittlungsarbeit forciert Strategien der Identitätsbehauptung. Strategien vermitteln in Domänenspielen, bei denen unmittelbares People-Processing beeinträchtig werden könnte (Typ 6).

Der Weg zu informierten Bürgerinnen und Bürgern führt über Stufen und Stolpersteine. Ein wesentliches Hindernis für die Gestaltung der Angebotsstruktur liegt in der Nutzenhaltung begründet: »Alle wollen wissen: ›Was bringt es mir denn, wenn ich da jetzt eine Ressource reinstecke? Welchen Effekt habe ich denn davon?‹« (K06.11:1960–1961). Das BMK arbeitet dem Aufbau einer Angebotsstruktur mit Blick auf den Beratungsbedarf von Bürgerinnen und Bürgern zu, ohne zunächst eine Dienstleistungskultur bei den befragten Bildungsanbietern erwarten zu können. Dass sich das enorme Engagement durchaus in einen Nutzen verwandeln lässt, zeigt das Folgeprojekt der Entwicklungswerkstatt Bildungsmonitoring, das nach dem ersten kleinräumigen Bildungsbericht den Wunsch nach weiteren Beobachtungen weckt: »Das ist auf so viele Ohren gestoßen, auf so viel Interesse, dass da Kommunen, die […] nicht in der ersten Phase dabei waren […] sagen: ›Mensch, können wir in der nächsten Projektphase was Kleinräumiges in unserem Bereich, in unserem Stadtteil, […] machen‹?« (K08.11:146–153). Dass eine Kommune an einer Leuchtturmkonferenz auf Lernen-vor-Ort-Verantwortliche zugeht und Interesse bekundet an einem kleinräumigen Bildungsmonitoring, ist deshalb »ein großer Sprung« (K08.11:332) in der Entwicklung des BMK, weil sich die Richtung der Adressierung wendet. Das Engagement geht nicht mehr allein vom Bildungsmanagement aus, sondern von Kommunen, die den Akteur Bildungsmonitoring nachfragen und damit anerkennen: »Normalerweise rennen wir denen hinterher« (K08.11:161).

Dass mit dem Bildungsbericht etwas »Brauchbares« (K08.11:477) entsteht, das »alle […] schon mal gut finden« (K08.11:477), stellt einen weiteren Aspekt des Erfolgs dar. Die Güte liegt darin, »dass man das überhaupt mal auffasst, mal transparent macht und auch mal sich vergleicht innerhalb des Kreises, dass man selber weiß, wo man überhaupt steht« (K08.11:479–481). Nach der Pionierarbeit zweier Bildungsberichte, einem kreisweiten und einem kleinräumigen, der die Stadtteile von zwei Kommunen vergleicht, ist der Akteur Bildungsmonitoring zu einer anerkannten und interessanten Adresse für Produkte geworden, die es so vorher nicht gab. Pionierarbeit kennzeichnet eine Bereichsverantwortliche als »richtig nervenaufreibend« (K08.11:549), weil sie aus mehreren Arbeitsschritten unter mühevollen Bedingungen der Kreisstruktur geleistet werden muss. Für die Beobachtung vieler, bevölkerungsstarker und selbstständiger Städte »gibt es nur eine Monitoringstelle« (K08.11:508), die erst noch zur Hälfte besetzt ist: »Andere Kollegen haben […] eine Statistikstelle, die mit 15 bis 20 Mann besetzt [ist], die einfach mal irgendwo anrufen und die Daten, die Excel-Tabellen, dann aufgearbeitet auf dem Monitor erscheinen« (K07.11:526–528). Die »Leute zu kontaktieren, an die Daten ranzukommen«, ist der »größte und schwierigste Teil an dem Prozess« (K08.11:532–534). Relevante Akteure der Kommunalverwaltungen sind erst zu identifizieren, dann zu kontaktieren und in Kooperation zu bringen. Gelingt dies, müssen die Daten aufbereitet und in ein präsentables Produkt, den Bildungsbericht, gebracht werden.

Zur Pionierarbeit zählt auch, dass die Bereichsverantwortliche im Bereich Bildungsmonitoring ihr Promotionsvorhaben in die Projektarbeit einbringt und umgekehrt das Wissen aus Lernen vor Ort für ihr Studium nutzt: »Da kann ich nämlich die Sachen, [die] ich auf der anderen Arbeitsstelle schon recherchiert habe und in meinem Exposé hatte, dort direkt transferieren. Also dem Überblick über ausgewählte Studien empirische Befunde geben« (K08.11:1171–1175). Die Bildung von Synergien mit Blick auf die eigene Berufslaufbahn stellt eine Strategie der Identitätsbehauptung (Schimank, 1981) und notwendige Bedingung für das Engagement in zwei parallelen Großprojekten dar: »Deswegen habe ich mir das ja angetan. Ansonsten würde ich mir das ja nicht antun mit zwei halben Stellen. Da geht man kaputt« (K08.11:1077–1080).

Eine Strategie, sich in der Arbeitsrolle zu erhalten, stellen auch Auszeiten dar, die dazu beitragen, die Szenerie aus dem Off zu betrachten, um Belastungen im Programmverlauf dadurch produktiv zu wenden und Erkenntnisprozesse anzuregen. Eine Bereichsverantwortliche erlebt »eine Projektleiterfortbildung« als »außerordentlich wertvoll«, weil eine »hervorragende Trainerin« es schafft, »diese ganze komplizierte Gemengelage […] von Verwaltung und Schulen, […] die ja völlig anders funktionieren als so’n Projekt funktioniert«, den Projektmitarbeitenden »vor Augen zu führen« (K04.14:227–237). Das Handwerkszeug in Organisationssoziologie expliziert unterschiedliche Rationalitäten und Kommunikationsarten: »Also, wie funktionieren eigentlich bestimmte Systeme und warum […] ist es so schwierig, wenn zum Beispiel Verwaltung jetzt plötzlich konfrontiert wird mit so einem Projektmanagement, was ja auf kurzfristigen Erfolgen aus ist, was ja ein Veränderungsmanagement bedeutet« (K04.14:261–266). Diese Lerngelegenheit befähigt die Projektverantwortlichen schließlich dazu, sich im Rahmen kollegialer Beratung selbst zu moderieren (K04.14:156).

4.1.3 Auf vielen Ebenen Lernen zwischen Scheitern und Reüssieren ermöglichen

Lernen-vor-Ort-Verantwortliche agieren zwischen Scheitern und Reüssieren. Die Anerkennung multipler Rationalitäten begründet eine neutrale Moderation. Der Verzicht auf Versuche des Durchregierens durch das Aufzwingen der je eigenen Kommunikationsart kennzeichnet das Abarbeiten an unterschiedlichen Handlungsorientierungen. Die Einlassung auf das Gefährdungspotenzial für unmittelbares People-Processing, das von Abstimmungsarbeit in Domänenspielen ausgeht, ermöglicht eine breite Bildungsbeteiligung (Typ 6).

Lernen-vor-Ort-Verantwortliche stellen sich angesichts der »Vielschichtigkeit« (K18. 11:1209) des Programms die Frage: »Wer lernt denn erstens mal überhaupt vor Ort und was ist eigentlich vor Ort?« (K18.11:1211). Die Initiierung und Koordination von Lernprozessen in und zwischen den Gremien des Bildungsnetzwerks erfolgt im Hinblick darauf, »unterm Strich etwas Neues, Besseres zu erreichen« (K16.11:754) und weist damit auf Zukunftsgestaltung: »Idealerweise haben wir da irgendwann mal ein Netzwerk von qualifizierten Bildungsberaterinnen, die ihr Wissen teilen, die top ausgebildet sind, vernetzt sind« (K02.12:1151–1152). Bildungsberatung als Fernziel bemisst sich am »Vorteil für die Ratsuchenden« (K02.12:1153.). Die Bereichsverantwortlichen verstehen Bürgerinnen und Bürger als Adressaten von Bildungsangeboten: »Weil sonst reden wir über die Strukturebene, die ja irgendwo ganz oben angesiedelt ist und da kommt es dann im Endeffekt auch bei den Bürgern an« (K02.12:1159–1160). Die Vorstellung eines ›Oben‹ und ›Unten‹ sowie die Unterscheidung einer strategischen und operativen Ebene greifen die Koordinatorinnen auf, um ihre Vermittlungsarbeit zwischen und das Zusammenbringen von Kommunikationsarten zu beschreiben. Von »oberster Ebene« beziehungsweise vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes kommen zum Beispiel die »Bildungsgrundsätze für Kinder von 0 bis 10 Jahren« (MFKJKS, 2016), die die Entwicklungswerkstatt Bildungsübergänge als Aufhänger nimmt, »um zu schauen, wie […] man das denn in der Praxis umsetzen« (K04.12:153–157) kann. Fachkonferenzen dienen als Plattform, um »auch Praxisbeispiele aus den einzelnen Kommunen vorzustellen, damit die anderen Kommunen davon auch etwas lernen können« (K04.12:167–171). Sie werden zu Zeiträumen für darstellende, vormachende und appellierende Operationen des Zeigens, damit Kommunen »nicht die Zeit und die Ressourcen verwenden müssen, um sich selber noch mal etwas ausdenken zu müssen« (K04.12:173–174). Kommunen bekommen »Ideen geliefert«, die sie »weiterentwickeln und modifizieren« (K04.12:176) können.

Der Erfolg des Lernens muss dabei ungewiss bleiben. Zwar erhalten die Lenkungsgremien durch Beschlussvorlagen »noch mal einen anderen Blick« dafür, dass es »nicht nur formale, sondern auch non-formale Bildungsthemen« gibt und »wie wichtig informelle Bildung ist« (K04.12:493–505). Ob und inwiefern sich allerdings Kenntnisse, Fertigkeiten und Haltungen verändern, kann ein BMK nicht erwirken. Diese Einsicht schlägt sich im begrifflichen Wandel von Entwicklungs- zu Strukturwerkstätten nieder, der eine »Struktur der gesamten Vernetzung im Kreis« (K04.12:570) ins Zentrum rückt. Ungewissheit erhält mit Hoffnung und Selbstzusicherung ein Gegengewicht: »Wir versprechen uns ja von der Qualitätsentwicklung, die wir jetzt ab morgen in dem Projekt beginnen durch die Fortbildung, einen Qualitätsentwicklungsprozess, der gleichzeitig ein Vernetzungs- und Koordinationsprozess natürlich sein soll und auch hoffentlich sein wird« (K14.11:1179–1185). Auch das eigentliche Thema müssen die Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden erst bestimmen: »Diese Aktionsfelder sind so breit, dass selbst, wenn sich eine Entwicklungswerkstatt mit einem Themenfeld auseinandersetzt, weiter das runterbrechen muss« (K16.11:748–751).

Die im Förderprogramm angelegten begrenzten zeitlichen Ressourcen erzeugen einen enormen Druck, Vernetzungs- und Koordinationsstrukturen als Selbstläufer zu etablieren und damit auf Dauer zu stellen. Gegenläufig zur restriktiven Zeitdimension entwickelt sich die Einsicht, dass gerade jene Formate erfolgskritisch sind, die den Handlungsfluss unterbrechen, um in Distanz zum Handeln zu treten: »Und wenn man nicht mal irgendwann einen Schnitt macht und innehält und noch mal zurückguckt: ›Was wollen wir? Wo sind wir? Und wo wollen wir hin?‹, dann ist das glaube ich schwierig« (K18.11:1794–1797). Das Lernen-vor-Ort-Team lernt, dass »es absolut unabdingbar ist, sich auch mal mit ein bisschen mehr Ruhe auszutauschen« und nimmt sich für die zweite Förderphase vor, »mindestens alle halbe Jahre« (K18.11:1789–1792) eine Klausurtagung durchzuführen. Eine externe Unterstützung erleben die Koordinatorinnen als »außerordentlich wichtig« (K04.14:256), um bei »einer so komplizierten Aufgabe in einem so komplexen Prozess« (K04.14:298–299) eine Außensicht zu erhalten: »Und da noch Veränderung zu bewirken als von außen in die Verwaltung Hereinkommender, das ist ja normalerweise […] zum Scheitern verurteilt« (K04.14:299–301).

Eine Bereichskoordinatorin erlebt die Netzwerkarbeit als Wechselbad zwischen Scheitern und Reüssieren, in dem sie sich an den Kommunikationsarten abarbeitet. Vertraut mit ihrem Bereich der frühkindlichen Bildung und mit dem Handlungsfeld der Bildungsübergänge von der Kindertagesstätte in die Grundschule, erfährt sie sich »wirklich als Expertin auch ernst genommen« (K02.14:559). Sie lernt dabei: »Manche Dinge muss ich durchsetzen, bei manchen Dingen muss ich mich aber auch überzeugen lassen von was anderem« (K02.14:562–564). Dieses Andere betrifft »die Auseinandersetzung mit den Kommunen: […] die Prozessbegleitung mit diesen verschiedenen Interessensgruppen, ob Träger, ob halt Kommunalverwaltung, ob dann Kreis, ob Politik, ob dann die Kita-Ebene, die Grundschullehrer« (K02.14:565–569). Auf der Kostenseite verbucht sie, dass dieses Abarbeiten »wirklich […] gezehrt« (K02.14:569) hat. Als Gewinn erkennt sie den Aufbau einer neutralen Moderation und dabei gelernt zu haben, »nicht wertend zu sein, nicht seine eigene Meinung da mitreinzubringen« (K02.14:573). Markierte Grenzen durch Kommunikationsarten, die anderen Relevanzkriterien folgen, fordern deren Anerkennung und den Verzicht auf das Durchsetzen eigener heraus: »Das konnt’ ich da nicht, das durft’ ich da auch nicht und das war eigentlich noch mal ganz spannend« (K02.14:574–575).

4.1.4 Operationen des Zeigens in Operationen des Lernens transformieren

Wege zu Bildungsberichten tragen sowohl sozial- als auch systemintegratives Potenzial und machen diese Potenziale, werden sie zur Politikberatung eingesetzt, wechselseitig anschlussfähig (Misch-Typ 3/4).

Die Befürchtung, dass der Bildungsbericht »zur Granate werden« (K04.11:223) könnte, dokumentiert die »Brisanz« (K16.11:572), als Stadt sichtbar zu werden. Dass zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren aufgrund unterschiedlicher Stichtage auch »unterschiedliche Zahlen […] kommuniziert wurden« (K04.13:152–153), ist zunächst verwirrend: »So sind diese Zahlen aber nicht mehr miteinander vergleichbar, da sie sich nicht mehr aufeinander beziehen lassen« (K04.13:159–160). Als Ergebnis der Auseinandersetzung mit dieser Irritation stellt sich aber heraus: »Nun wissen wir, woher diese Unterschiedlichkeit der Zahlen und Daten kommt« (K04.13:163). Das BMK transformiert die Darstellung von Berichtsdaten in Operationen des Lernens. Auch die wissenschaftliche Begleitforschung trägt dazu bei, die sozialen Folgekosten der Koordinationsarbeit, wenn auch nicht abzuwenden, so doch produktiv in Schach zu halten. Die »erste Auswertung« ist deshalb »sehr wertvoll, weil man da noch mal vor Augen geführt [bekommt], dass […] nicht unbedingt das eigene Versagen oder Nicht-Können […] zu Problemen geführt hat« (K04.14:272–275). Überforderungen nicht zu individualisieren, sondern als Ergebnis unaufhebbarer Spannungslagen zu erklären, trägt dazu bei, das Commitment auf Linie zu halten. Stabilisierend für das Engagement, »sich dem Thema Bildung weiter [zu] widmen«, erweist sich auch die Aussicht darauf, dass »die Gesamtpolitik« auf der Basis des Bildungsberichts die Prioritäten setzt (K08.14:462–465). Das Ziel, »das Bildungsniveau zu erhöhen im Kreis«, bemisst sich dabei an Kennzahlen zu Schulabschlüssen: »Man hat aufzeigen können – messbar über diese Kennzahlen –, dass sich die Bildungssituation verbessert hat, deutlich verbessert hat. Die angestrebten Zielmarken sind in jedem Fall erreicht oder sogar überschritten worden« (K08.14:471–482).

Das BMK zeigt sich mit dem Bildungsbericht selbst auf, »unglaublich viel investiert« (K08.14:478) zu haben und steigert diese Selbstvergewisserung zum Nachweis, »dass da, wo die Stadt in den letzten Jahren über Lernen vor Ort investiert hat, sich das Sprachniveau der Kinder verbessert hat« (K08.14:502–503). Mit dem Bildungsbericht präsentiert es den Glauben an eine evidenzbasierte Steuerbarkeit gleichwertiger Lebensverhältnisse und lockt die kreisangehörigen Städte zur Nachahmung: »Jetzt können sich das natürlich die Städte, die das nicht gemacht haben, anschauen und sagen: ›Das ist ganz wichtig, das wollen wir auch‹« (K08.14:506–508). Es nutzt den Bildungsbericht als Instrument, um kreisangehörigen Städten ein Modell zu offerieren, eigene bildungspolitische Ziele zu setzen, in einer Legislaturperiode zu bearbeiten und zu überprüfen. Diese könnten sich beispielsweise »vornehmen, in den kommenden vier Jahren […] das Sprachniveau der Kinder, wenn sie in die Schule kommen, zu verbessern« (K08.14:509–513). Dazu müssten sie die nötigen Personal-, Finanz- und Projektmittel bereitstellen, »damit dann letztendlich über die Förderung der frühen Bildung auch wiederum die Bildungsbiographien erfolgreicher werden« (K08.14:517–518).

Die in Bildungsberichten inkorporierte bereichsübergreifende Zusammenarbeit wahrt durch den Bezugspunkt der Bildungsbiographien den Blick für Fragen des unmittelbaren People-Processing. Sozialintegratives Potenzial ist Bildungsberichten aber auch durch kleinräumige Berichtsdaten eingeschrieben: »Wir haben große Unterschiede im Bildungsbereich in den einzelnen Städten […], was das Bildungsniveau angeht. Und wenn man sich Bildungsgerechtigkeit […] als Thema vornimmt, dann muss man sozialräumlich analysieren und das tun wir auch über unser Bildungsmonitoring« (K08.14:530–545). Sozialräumliche Analysen entwickeln wiederum das Potenzial zur bereichsübergreifenden Zusammenarbeit, wenn deren Ergebnisse an politische Entscheidungskreisläufe angeschlossen werden können: »Man […] kann dann der Politik sehr genau sagen, wo es mehr Sinn macht, […] zu investieren und wo es vielleicht nicht unbedingt erforderlich ist« (K08.14:548–552). Bildungsberichte tragen sowohl sozial- als auch systemintegratives Potenzial und machen diese Potenziale, werden sie zur Politikberatung eingesetzt, wechselseitig anschlussfähig.

Der Weg zur Darstellung datengestützter Reflexion führt über den Mut, sich »zu zeigen mit einem offenen Ergebnis« (K04.11:279–280). Der kreisweite Bildungsbericht stellt ein Novum dar, »woran man sich auch stoßen kann, aber wo man auch sagen kann: ›Das ist doch schon gut gewesen, darauf können wir aufbauen‹« (K04.11:329–335). Der Schritt, die Möglichkeit entblößender Darstellungen zugunsten eines Gewinns positiv zu wenden, ist ein gewaltiger. Genau diesen Schritt wagt das BMK. Es verkennt dabei nicht, dass der Prozess »schon sehr struwwelig« und der erste kreisweite Bildungsbericht »qualitativ nicht hervorragend« (K04.11:386) ist. Aber es begreift Lernen vor Ort als »Chance«, »um aus den Erfahrungen heraus etwas qualitativ Wertvolles zu machen« (K04.11:380–391). Das Übergangsmanagement beinhaltet denn auch das Wagnis interessierter Städte, diesen ersten Schritt auch zu tun, weil er eine Operation des Lernens darstellt, der nicht delegierbar ist. Eine erste Qualitätsstufe stellen daher die »Hausaufgaben« (K04.12:909) dar mit der Mindestanforderung, sich einer Bedarfsanalyse zu stellen. Das »Dienstleistungspaket« (K04.12:975) baut auf den ermittelten Bedingungen vor Ort auf und umfasst die Beratung im Bereich des Instrumenten- und/oder Strukturtransfers.

Den Prozessverlauf darzustellen, »wie eine Begleitung oder ein Transfer vonstatten geht« (K04.12:1120–1121), stellt den Versuch dar, kreisangehörige Städte über die Programmzeit hinaus am Meta-Wissen zu beteiligen und sie damit zu befähigen, ihre »Hausaufgaben« zu machen, um Kooperationsstrukturen vor Ort aufzubauen. Die Aufbereitung und Verschriftlichung erfordert eigene Zeiträume: »Wir haben auch eine Dokumentation noch versprochen für die Auftaktveranstaltung« (K02.13:457–458). Die Dokumentationsarbeit kommt bei den Projektverantwortlichen systematisch unter Druck: »Da merke ich, da reicht eine halbe Stelle für so was nicht« (K02.13:461). Der Weg von der Wissensrepräsentation zum Aufbau eigener Könnerschaft erhält durch Workshops an Fachkonferenzen Zeiträume für Operationen des Zeigens: »Wir hatten ja jetzt das Konzept [des Fördercamps] vorgestellt bekommen […] zwischen einer Grundschule und einem Gymnasium« (K02.13:711–712). Dokumentationen unterstützen Zeiträume für Operationen des Lernens: »Und die hatten auch ganz viel Material mit und in dem Workshop haben die Teilnehmer die Materialien auch mitbekommen« (K02.13:713–714). Ob und wie ein vorgestelltes Konzept dann auch aufgenommen, adaptiert und umgesetzt wird, lässt sich nicht durchsteuern. Es muss im Sinn der pädagogischen Differenz kontingent bleiben. Allerdings erhöhen Kontaktpersonen und in Handouts übertragenes Wissen die Wahrscheinlichkeit, Operationen des Zeigens in Operationen des Lernens auch bei Kindern und Jugendlichen zu transformieren: »Dass dann vielleicht [jene], […] die selber für sich das in ihren Schulen machen wollen, auch wissen, an die können wir uns mal wenden, die haben damit schon Erfahrung und [jene, die] diese Kooperationen aufbauen, voneinander wissen« (K02.13:717–723).

Lernen-vor-Ort-Mitarbeitende sind insofern transformative Akteure, als sie mittels Fachkonferenzen die Verbindung zwischen System- und Sozialintegration wahrscheinlich machen. Weil sie dabei keine Eins-zu-eins-Konzepte vermitteln, sondern eine Transferkultur evozieren wollen, erleben sie sich in ihrer Beratung ausgesprochen unsicher und auf sich gestellt: »Im Grunde genommen, kommen wir jetzt auch gerade an unsere Grenzen. Wir haben ja gar keine Beratungsausbildung, wir haben keine Leute, die uns selber beraten, wie man das machen kann und all das. Wir müssen uns das alles selber erarbeiten« (K02.13:1123–1128). Ihre Vermittlungsposition verlangt ein hohes Maß an Spannkraft im Umgang mit Adressierungen, die nicht an sie als Person gerichtet sind: »Wie viel nehmen wir uns von dem, was von Kritik auch kommt, an, für uns, ne? Und wie viel sagen wir aber auch, das geht nicht an uns, sondern vielleicht auch an das System Verwaltung, Kommunen et cetera oder Schule oder Kita?« (K02.13:1134–1136). Unterstützung seitens des Wissenschaftssystems erfährt das Lernen-vor-Ort-Team bei der Dokumentation von Transferwissen. Die »Extrastelle […] für Bildungsmonitoring« (K06.12:851) stellt eine zusätzliche Wissensressource dar, die »alle Daten zusammenfasst, aufbereitet, mal guckt, was steckt denn überhaupt hinter diesen Daten?« (K06.12:861–862). Diese Wissensarbeit ist unabdingbar, um die »Hausaufgaben« von Städten, die an einem Transfer interessiert sind, mit relevanten Daten und Fragestellungen zu fundieren. Am Anfang des Transfers steht allerdings ein »Umdenken«, damit »Angebote, die gemacht werden, auch genutzt werden« (K06.12:1252–1253).

4.2 Biographisches Kapital bereitstellen

Datengestützte Reflexion und biographisches Kapital prozessiert das KBM als Subjekt des politischen Systems zunächst auf dem Feld der Kulturpolitik (Bedingungen) sowie als Objekt und Thema des sozialkulturellen Systems auf dem Feld des politischen Diskurses (Strategien und Konsequenzen).

4.2.1 Den Aufbau eines Bildungsmonitorings und einer Bildungsdatenbank abstimmen

Die Erstellung eines Bildungsberichts auf der Grundlage eines Bildungsmonitorings ist für die Stadt Neuland. Intensive Vorarbeiten, insbesondere für die Darstellung des biographischen Kapitals, orientieren sich an bereichsübergreifender Zusammenarbeit zur Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen, ohne dass Fragen des unmittelbaren People-Processing in den Blick kommen (Typ 2).

Sich Wissen auch auf Stadtteilebene zu besorgen, macht deutlich, »dass es sehr schwierig ist, an die Daten heranzukommen auf kleinteiliger Ebene« (S14.11:497–498), und der Weg zu einem ersten Bildungsbericht daher ein langer sein wird. Da sich das Bildungsmonitoring bei Lernen vor Ort an der nationalen Bildungsberichterstattung orientieren und somit indikatorengestützt erfolgen soll, steht die »systematische, wiederholbare und gesicherte Darstellung von Informationen« (Giar et al., 2017, S. 38–39) in einer Grundspannung zu kleinräumigen Analysen. Qualitative Aspekte sind mit Blick auf eine kommunale Bildungslandschaft mit ihrer tieferen regionalen Gliederung notwendig, aber aufwändig, weil die Regionalisierbarkeit der meisten vorliegenden Datenquellen eingeschränkt ist. Die Stadt investiert viele »Gedanken« in »Vorarbeiten« (S14.11:237–238) von Erhebungen, bevor sie relevanten Anspruchsgruppen einen »Wegweiser« (S22.11:396) bereitstellen kann.

4.2.2 Biographisches Kapital in datengestützte Reflexion transformieren

In der Phase Relevante Akteure und Daten bestimmen ist datengestützten Entscheidungen und der Vermittlungsarbeit zur Nutzung der Bildungsdatenbank bereichsübergreifende Zusammenarbeit zwischen den Ämtern der Stadtverwaltung vorgelagert (Typ 4).

Die Bildungsberichterstattung stellt die Stadt als Bildungslandschaft auf den Prüfstand. Aus der Funktion des Bildungsmonitorings »als Politikberatungsinstrument« erwächst die Anforderung, dass Fragen der »Indikatorenwahl, Bewertungen von Problemlagen, Zieldefinitionen und Mittelverteilung« (Giar et al., 2017, S. 46) nicht vom Bildungsmonitoring allein bearbeitet werden können, sondern von Anfang an auf diskursiv-partizipative Prozesse angewiesen sind. Das Programm formuliert den Anspruch, dass eine »sinnvolle Aufarbeitung der Ergebnisse« als Grundlage für kommunalpolitische Entscheidungen herangezogen werden (Giar et al., 2017, S. 45). Das »Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation« DIPF)Footnote 5 begleitet die Stadt in großen »Abstimmungsrunden« zur Frage, was sie »im Bericht darstellen will« (S02.12:1300). Auf der Basis standardisierter Vorgaben, »wie so ein Bildungsbericht aufgebaut sein muss« (S02.12:1305–1306), legt das KBM den Schwerpunkt zunächst auf die datengestützte Beobachtung von Bildungsübergängen. Mit einer »Schulabgänger-Befragung« und studentischen Projekten der städtischen Fachhochschule bringt sie diesen Bereich »schon ganz gut auf den Weg« (S04.12:380–390). Die Studierenden erstellen eine »Auflistung der Angebote, wo man nach der Regelschule so landet« (S10.11:555–556) und nehmen die komplizierten Strukturen im Übergang von der Schule in den Beruf mittels Interviews »mit Regelschullehrern, mit Berufsschullehrern, mit Sozialpädagogen in beruflichen Schulen und mit Jugendlichen« (S10.11:587–588) in den Blick. Die Ergebnisse der Analyse geben sie an Lernen vor Ort weiter.

Auch die externen Partner in den Bereichen der Bildungsübergänge und Bildungsberatung beteiligen sich, indem sie sich für die Darstellung von non-formalen und informellen Lernwelten im Bildungsbericht stark machen. Sie heben »den Bereich der Erwachsenenbildung« und die »persönliche und berufliche Weiterbildung« besonders hervor, »um das nochmals zu zementieren: Lernen passiert lebenslang« (S02.12:1361–1367). Damit schlagen sie »große neue Pflöcke« (S02.12:1361) ein und geben dem Bildungsverständnis eine neue Richtung: »Auch hier in der Stadtverwaltung, wenn man von Bildung sprach, selbst im Amt für Bildung, wo die Volkshochschule, die Musikschule und die Bibliothek, die klassisch Erwachsenenbildung betreiben, hörte Bildung bei Schule auf« (S02.12:1356–1358). Ein erweitertes Bildungsverständnis schließt die »non-formalen und informellen Lernwelten« (S02.12:1377–1378) von Kindern und Jugendlichen ein. Allerdings bildet sich der erweiterte Bildungsbegriff noch nicht im Bildungsbericht ab. Im Bereich der non-formalen und informellen Bildung ist die Datenbeschaffung »nicht so einfach […[, wie bei der Kita, wo die Ämter erheben oder [der] Schule, wo die amtliche Statistik schon viel hergibt« (S02.12:1400–1401).

Die Aufbereitung und Darstellung qualitativer Daten stellt das Bildungsmonitoring vor große Herausforderungen. Durch einen Personalwechsel operiert es unter mächtigem Zeitdruck, da die verantwortliche Person »ziemlich weit von vorne anfangen« (S04.12:271) und erneut die Ziele des Berichts klären muss: »Und das ist eben, dass es Daten zusammenfasst, die für die lokalen Akteure hilfreich sind« (S04.12:442). Mit vielen Überstunden setzt es die Prioritäten auf quantitative Daten, die »mit relativ geringem Aufwand eine große Aussagekraft haben« und die »wiederholt analysiert werden können« (S04.12:529–540). Bereits erhobene, qualitative Daten im Bereich der Übergänge lassen sich mit den gegebenen zeitlichen Ressourcen nicht weiterverarbeiten: »Ich kann es einfach nur zeitlich nicht leisten« (S04.12:553). Auch die »Veröffentlichungsprozedur« gestattet kein inhaltliches Vernehmlassungsverfahren: »Eine inhaltliche Diskussion wird aus zeitlichen Gründen einfach kaum möglich sein« (S04.12:671–676).

Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus dem Anspruch, im Bildungsbericht nur datengestützte Aussagen zu treffen: »Das heißt, ich trenne daher zwischen dem, was gewollt ist und zwischen dem, was sich jetzt belegen lässt« (S04.12:992–993). Datengestützte Aussagen sind allerdings auf normative Bewertungen angewiesen, wie das Beispiel zur Gymnasialquote verdeutlicht: »Wenn man das sagt, muss man gleichzeitig sagen, ist das jetzt gut oder schlecht?« (S04.12:1073–1074). Diese Bewertung kann die für das Monitoring verantwortliche Person nicht allein vornehmen: »Das kann ich nicht beurteilen. Ich bin auch […] kein Sozialarbeiter. Ich bin kein Pädagoge. Das sind auch Sachen, da bin ich gar nicht kompetent dazu« (S04.12:1143–1145). Der Veröffentlichungsdruck macht den Bildungsbericht zu einem machtvollen Aktanten, der die datengestützte Reflexion überlagert. Er legt den Verzicht auf die Analyse qualitativer Daten nahe und lenkt die Wahl auf Indikatoren, zu denen Daten verfügbar sind. In Widerstreit stehen der Ist- und Sollzustand der Bildungslandschaft. Weder lässt sich ein datengestützter Ist-Zustand ohne die Festlegung von Zielvorstellungen noch umgekehrt ein Sollzustand ohne Kenntnisse spezifischer Datenlagen treffen. Die wechselseitige Verwiesenheit von Ist- und Sollzustand fordert Verständigungsprozesse innerhalb der Stadtverwaltung sowie zwischen der Stadtverwaltung und den externen Partnern heraus. Die Kommunalpolitik hat einen »Informationshunger« (S16.11:197) in Bezug auf den Bildungsbericht. Dieser wird als »Zeichen der Akzeptanz« (S16.11:205 gelesen, unterstreicht aber auch die »große Erwartungshaltung«, dass eine »Verständigung der Ziele, Vorgehensweisen und Inhalte« an der Netzwerkkonferenz einen »Schub« (S16.11:283–285) auslösen.

Quer zur Anforderung, mittels Berichterstattung kommunalpolitische Entscheide zu informieren, schiebt der Bildungsbericht die Vernetzung der Ämter innerhalb der Stadtverwaltung an: »Auf jeden Fall […] hat eine Vernetzung stattgefunden. Man arbeitet mit verschiedenen Kollegen aus unterschiedlichen Ämtern zusammen« (S02.12:1494–1497). Darüber hinaus schärft sich das »Bewusstsein« […], dass die alle damit zu tun haben und die Daten in ‘nem Kontext stehen« (S02.12:1501–1502). Das Wissen um die Bedeutung einer Verständigung jenseits von Ressortgrenzen verbindet jene, die »mitgearbeitet haben« und macht sie »neugierig« […] auf den Bericht« (S02.12:1505–1506). Das Engagement im Prozess der Aushandlungen bestimmt auch seitens der Politik den Grad der Involviertheit und den Werkstolz. Während das Bildungsdezernat »sehr neugierig darauf [ist], was dieser Bericht bringen wird« (S02.12:1510), wissen andere Bereiche »noch nicht so recht, wozu dieser Bericht mal dienen kann« (S02.12:1520–1521).

Bei der Erstellung der Bildungsdatenbank erfolgen Hinweise auf die Nutzung bestehender Berichte: »Wir haben zumindest über die Netzwerkkonferenz die Kontakte zu denen, die den Bildungsbericht zusammenstellen sollen […], hergestellt und haben auf die Einzelberichte hingewiesen, wie Sozialbericht, Jugendförderplan, wo ja bestimmte Berichtsinhalte schon da sind« (S06.12:229–232). Die Aufarbeitung bestehender »Bestandsdarstellungen von Angeboten« sowie deren Bewertung »im Rahmen eines Bildungsberichts« (S06.12:235–240) stellen neben der auf Indikatoren basierten quantitativen Darstellung von Daten und narrativen Berichten weitere Optionen der Bildungsberichterstattung dar. Wenngleich neben den BNE-Projekten auch die Bildungsdatenbank auf die Erweiterung des biographischen Kapitals zielt, gestaltet sich der Weg zum präsentablen Produkt über Daten. Die Mitarbeitenden sammeln über Befragungen sehr viele Informationen und erstellen ein »breites Feld an Möglichkeiten, an Katalogisierungen, an Vorstellungen«, so dass »die erste Version einer technischen Umsetzung« (S06.21:583–587) mit Blick auf zukünftige Nutzerinnen und Nutzer überprüft werden kann.

Dass die Bildungsdatenbank kein Selbstläufer ist, sondern als Instrument der Bildungsberatung für die individuellen Belange von Jugendlichen übersetzt werden muss, verweist auf den Stellenwert transformativer Akteure: »Wo ich eher dann auch sehe, dass die Einrichtungen hier eine Verpflichtung haben, solche Informationspools und Informationsstellen auch zu transportieren, dass sie individuell mit den Jugendlichen gucken, ihnen Informationen geben, aber auch sagen: ›Da kannst du gucken‹« (S06.12:632–637). Der Wert der Bildungsdatenbank liegt in der Inputleistung, als Stadt auf die Ressourcen der Bildungslandschaft hinzuweisen und mit einer Bündelung dieser Ressourcen den Zugang zu den Bildungsschätzen zu ermöglichen: »Also, von der Seite ist es einfach nur eine Frage, wie viel Informationen kann ich zentral an einer Stelle bündeln, die aber in einem vielfältigen Netzwerk unterschiedlich in der Ausprägung auch genutzt werden kann« (S06.12:667–669).

4.2.3 Mit gemischten Gremien und Grenzobjekten Lernen ermöglichen

Bildungsleitbild, Bildungsdatenbank und Bildungsbericht dienen als Zwischenprodukte dazu, unterschiedliche Akteure ins Gespräch zu bringen: »Genauso hat man durch die Arbeit aber auch auf einmal mit Vertretern der […] Handwerkskammer zu tun, zu denen man sonst gar nicht so Kontakt hat« (S12.11:817–818). Grenzobjekte und Gremien zur Organisation von Beteiligung zielen aus Sicht von Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden auf Lernen. Nicht »die Struktur als solche« gilt es dabei zu verändern, »sondern in den Strukturen diejenigen, die diese bilden« (S02.12:1796–1797). Die »einzelnen Menschen mitzunehmen«, zielt darauf, diese »auch zu verändern, in ihrem Bewusstsein, in ihrer Arbeitsweise, also kooperativer zu sein« (S02.12:1795–1798). Der Form, mittels gemischter Gremienformate vielfältige Akteure zu beteiligen und mittels einer Bewusstheit für Angebotsstrukturen und -lücken in der Bildungslandschaft das Lebenslange Lernen für Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen, kommt eine erzieherische Valenz zu. Mit Blick auf die Lebenschancen von Individuen orientieren sich Strategien beim Aufbau von Strukturen an bereichsübergreifender Zusammenarbeit zur Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen (Typ 4).

Mit Lernen vor Ort stellt sich gleichermaßen das Erfordernis einer Produkt- und Prozessorientierung. Bildungsleitbild, Bildungsdatenbank und Bildungsberichte stellen Ziel- und Orientierungspunkte für die Gemeinschaftsaktivierung dar. Die Organisation der Beteiligung in gemischten Gremien kennzeichnet die Form, mit der die Stadt das Lebenslange Lernen der Bürgerinnen und Bürger zu beeinflussen versucht. Sie adressiert diese indirekt, indem sie Perspektiven wirtschaftlicher und zivilgesellschaftlicher externer und korporativer Akteure in die Kommunikationsstrukturen der Verwaltung importiert: »Der Weg dahin ist ganz wichtig, eben der Einbezug der Akteure, der Abgleich von Standpunkten, das Horchen nach Untertönen und Befindlichkeiten« (S06.11:678–679). Diese Prozesse des Austauschs unterschiedlicher Kommunikationsarten können »im nackten Produkt [der Bildungsdatenbank] nicht abgebildet werden« (S06.11:680) und sind darin nicht mehr sichtbar.

Der Familienpass als Vorbild der Bildungsdatenbank stellt ein Zwischenprodukt auf dem Weg fortlaufender Kommunikationen zwischen der Stadtverwaltung und der Bildungslandschaft dar: »Wir haben professionelle Anbieter, wir haben kommunale Eigenbetriebe, wir haben Vereine. Es ist sehr bunt durchmischt und immer mit dem Ziel, Familie in irgendeiner Form zu animieren und zu motivieren, gemeinsam etwas zu machen« (S12.11:621–624). Die Bildungsdatenbank repräsentiert ein Produkt von Kommunikationsprozessen, wird aber auch »ein Mittel zum Zweck: Ich erhoffe mir [von der Bildungsdatenbank] auch eine gewisse Akzeptanz, Transparenz und gemeinsame Nutzung von Ressourcen« (S12.11:803–805). Die Darstellung von Freizeitangeboten in der Bildungsdatenbank führt dem KBM vor Augen, »was hinter Jugendarbeit steckt und welche Potenziale dahinter stecken« (S12.11:814).

4.2.4 Daten im Übergangsbereich von schulischer und beruflicher Bildung ermitteln

Lernen-vor-Ort-Verantwortliche berühren datenschutzrechtliche und ethische Fragen, die ins Mark der Handlungsorientierung jener treffen, die professionell mit Daten arbeiten. »Sozialdaten auszutauschen [ist] schon an sich etwas ganz Unmögliches […], da dieses Thema aus Datenschutzgründen nicht angefasst wird« (S22.11:1365–1367). Datenfragen wecken »Ressentiments« (S22.11:1361) in einem nachgerade »verbotenen Sektor: […]. Wir stoßen etwas an, was aus Datenschutzgründen vollkommen ausgeschlossen und unmöglich ist« (S22.11:1370–1373). Datengestützte Strategien sind Aushandlungen darüber, »was schützenswerte Daten sind« und daher ein »ganz heißes Eisen« (S22.11:1387–1391). Kleinräumige Daten an kommunalpolitische Entscheidungsprozesse zu koppeln, führt über konflikthafte Aushandlungen, die Zusammenarbeit nicht voraussetzt, sondern erst ermöglicht. Sozialraumsensible und kleinräumige Daten bilden als Verhandlungsmasse die Voraussetzung für bereichsübergreifende Zusammenarbeit zur Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen. Strategien der Phase Datenbasierte Strategien entwickeln bringen unmittelbares People-Processing in eine Wechselbeziehung mit der Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen (Misch-Typ 3/4).

Nicht nur Lernen-vor-Ort-Teams innerhalb der Stadtverwaltung arbeiten sich an deren Kommunikationsarten ab, sondern auch externe Partner, um überhaupt erst eine Zusammenarbeit zu ermöglichen. Damit Vermittlungsarbeit im Bereich des Übergangs von der Schule in den Beruf dereinst dateninformiert mittels eines Bildungsberichts erfolgen kann, bedarf es erst intensiver Verständigungsarbeit innerhalb des politisch-administrativen Systems: »Das ist eine ganz enge Zusammenarbeit, die gerade erst im Entstehen ist, um dieses Produkt zu schaffen, weil keine Datenlagen dazu da sind« (S22.11:1120–1121). Die Stadt steht in Bezug auf eine datengestützte Reflexion von Bildungsfragen somit ganz am Anfang: »[Sie] hat bislang keinen Bildungsbericht im Gegensatz zu anderen Kommunen, die den sechsten oder den zweiten schon aufgelegt haben« (S22.11:1082–1083). Die dritte Netzwerkkonferenz im Rahmen von Lernen vor Ort rückt den Bildungsbericht und das Thema Bildungsmonitoring in den Mittelpunkt. Während erste Befunde zur allgemeinbildenden Schule vorliegen, gibt es noch »keine verfügbaren Daten […] für die Berufsbildung« (S22.11:1094–1095). Das Aktionsfeld Bildungsübergänge bereitet für die Netzwerkkonferenz einen »Extra-Workshop« vor und diskutiert mit allen relevanten Partnern in diesem Bereich »erste Befunde, Daten, Datenmodelle, Problemlagen und Erwartungshaltungen an den Bildungsbericht« (S22.11:1110–1114). Als Ergebnis der Diskussion sollen »die Fragestellungen an den zukünftigen Bildungsbericht für diesen Bereich« vorliegen: »Damit der ausgearbeitet werden kann und vielleicht im Frühjahr nächsten Jahres auf dem Tisch liegt« (S22.11:1114–1119).

Neben Partnern der Bildungsstadt adressieren die Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden gezielt Mitarbeitende der Stadtverwaltung: »Wir holen das Monitoring aus dem stillen Kämmerlein hinaus, von dem Computer weg, aus den Statistiken, die sie sonst so haben, heraus« (S22.11:1286–1287). Ein »Runder Tisch Bildungsübergänge« ermöglicht Kooperationen zwischen der Stadtverwaltung und Partnern der Bildungsstadt: »Wir stoßen daraus diese Kooperationen an, zum Beispiel, dass das Bildungsmonitoring zur Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter geht und die dort vorliegenden Daten einsieht« (S22.11:1298–1306). Die Anschubarbeit zielt auf das Einbeziehen außerkommunaler Daten in den Bildungsbericht: »Das heißt, wir schubsen diese Kooperationen mit den Trägern, bei denen Daten oder Erfahrungen mit Zielgruppen schlummern, die für diesen Übergang in der Betrachtung ganz wichtig sind, aber außerkommunale Daten darstellen, an« (S22.11:1310–1312).

Außerkommunal schlummernde Daten sind »tiefe Daten«, d. h. Informationen von Akteuren eines bestehenden Programms, die »in einem kleinen, aber sehr gut funktionierenden Netzwerk« (S22.11:1316–1318) arbeiten. »Tiefe Daten » sind über Quartiersmanager, die in Beratung für Jugendliche im Übergang tätig sind, erhältlich: »Das ist stadtteilbezogen eine Zielgruppe, was natürlich nicht die Masse in der Breite ist, aber dort gibt es die Daten in der Tiefe« (S22.11:1321–1322). In kleinräumigen Daten sind Kooperationen vor Ort eingelagert: »Also stadtteilbezogen und sozialräumlich finden dort jene Kooperationen statt, was sich wiederum in jenen Zahlen widerspiegelt« (S22.11:1323–1324). Diese über das Monitoring in der Stadtverwaltung in den Bildungsbericht zu überführen, bedeutet, sozialintegrative Fragen an kommunalpolitische Entscheidungsprozesse anzuschließen.

Externe Partner im Aktionsfeld Bildungsübergänge machen Sozial- und Systemintegration dadurch wechselseitig anschlussfähig, dass bestehende Programme nicht entkoppelt operieren. Als »fachlich Außenstehende« helfen sie dabei, »eine gemeinsame Sprache zu finden. Die reden nämlich unterschiedlich und verstehen sich gegenseitig nicht« (S22.11:1339–1342). Sie bringen auch die Statistikspezialisten mit Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen in den Bereichen Bildungsmonitoring und Bildungsmanagement ins Gespräch: »Wir sagen, was wir brauchen und kommunizieren, dass das Ziel [die Bildungsdatenbank] oder der Bildungsbericht […] ist« (S22.11:1345–1347). Überzeugungsarbeit bedeutet, »eine Identifikation herzustellen, damit überhaupt erst eine Bereitschaft dazu da ist, sich auszutauschen und ins Fachgespräch zu kommen und eine Sprache zu finden, mit der man sich weiter austauschen kann« (S22.11:1355–1358). Sie fordern einen Austausch über Datenfragen heraus. Dies gelingt im Modus des Appells und über die Darstellung des Nutzens einer Bildungsdatenbank und eines Bildungsberichts für die Kommune: »Damit muss erst mal für alle, die da am Tisch sind, ein Nutzen erkennbar und verständlich sein« (S22.11:1350–1351).

5 Verfügungsrechte als Normen und Ressourcen

Auf dem Weg, die Verbindung der Vor- und Endkombination von Bildungsdienstleistungen verstehbar zu machen, setzt das BMK mehrheitlich auf Strategien starker Intensität (vgl. Abbildung 10.5, links). Mit dem Bildungsbericht stellt es Anschlüsse zwischen Indikatoren und Kennzahlen auf drei Verwaltungsebenen her. Es stellt immer wieder die Frage nach den Zielsetzungen von Lernen vor Ort als Programm.

Abbildung 10.5
figure 5

Bearbeitung von Spannungslagen in Arenen der (Un-)Sichtbarkeit (Eigene Darstellung)

Das KBM macht die Vorkombination von Bildungsdienstleistungen mit Strategien mittlerer Intensität (vgl. Abbildung 10.5, rechts) sichtbar. Indem es die Zugänglichkeit zur Bildungsdatenbank für die Stadtgesellschaft gewährleistet, macht es eine Anerkennungskultur für den Schatz Bildung beliebt. Nach der Bilanzierung der ersten Programmhalbzeit nimmt es einen Strategiewechsel zu sichtbaren Produkten vor. Bildung zu benennen, gegenständlich zu machen und positiv zu besetzen, läuft als Vorhaben parallel zur Aufgabe, einen Bildungsbericht zu schreiben.

5.1 Die Vor- und Endkombination von Bildungsdienstleistungen verstehbar machen

Verfügungsrechte als Normen und Ressourcen prozessiert das BMK als Objekt des Gemeinschaftssystems zunächst auf dem Feld der kulturellen Vereinigung (Bedingungen), als Subjekt und Thema des sozial-kulturellen Systems auf dem Feld des politischen (Strategien) und schließlich des öffentlichen Diskurses (Konsequenzen).

5.1.1 Lernen vor Ort unsichtbar machen

Hegemoniespiele zwischen Land und Kommunen, bei denen unmittelbares People-Processing beeinträchtigt werden könnte, legen Vermittlungsstrategien starker Intensität nahe (Typ 6).

Mit dem Zusammenführen von zwei Programmen ist angelegt, dass die Lernen-vor-Ort-Aktivitäten in das Regionale Bildungsnetzwerk überführt werden. Obwohl Lernen vor Ort anfänglich viel Aufmerksamkeit erfährt und »das Regionale Bildungsnetzwerk erst nur wenig« (K02.11:492–493), zeichnet sich früh ab, »dass das, was durch das Programm initiiert worden ist, […] automatisch reinfließt« (K02.11:498–499) und Lernen vor Ort »irgendwann zurückgeht« (K02.11:497). Den katalysatorischen Charakter des Programms bringt eine Mitarbeiterin mit der Aussage zum Ausdruck, ein bestehendes Programm habe »über Lernen vor Ort so viel Bekanntheit bekommen, dass inzwischen die Stadt über den Transfer an alle Grundschulen« (K20.11:118–122) nachdenke. Im Zudienen ist keine überdauernde öffentliche PräsenzFootnote 6 angelegt, aber eine Macht im Schatten bestehender Initiativen.

5.1.2 Den Bildungsbericht als Kommunikations-Instrument für transformative Akteure würdigen

Der Bildungsbericht als Produkt von »Knochenarbeit« (K08.11:1182) entwickelt einen Repräsentationswert, ohne dass unmittelbares People-Processing dabei in den Blick kommen muss (Typ 2).

Der Bildungsbericht als sicht- und anfassbares Produkt sorgt für Werkstolz: »Der war, als er fertig geworden ist, klasse« (K06.11:1831). Eine Bereichskoordinatorin erkennt trotz ambivalenter Bewertung seine transformative Kraft: »Und ich habe schon verschiedene Meinungen gehört. ›Datenleiche, was wollen wir denn damit‹? Aber ich sehe in diesem Bericht, in dieser Befragung, in dieser Auswertung, ganz großes Potenzial« (K06.11:1844–1849). Für Bereichsverantwortliche hat der Bericht einen Wert, weil sie »damit auch in die Kommunen gehen […] und sagen« können: »Das haben wir gemacht, das waren die Schwierigkeiten« (K06.11:1852–1855). Der Gewinn liegt darin, auch jene kreisangehörigen Städte zu beteiligen, die bisher die zeitlichen Ressourcen nicht aufbringen konnten: »Viele Kommunen haben mir rückgekoppelt, als ich die angeschrieben habe: ›Wir haben keine Zeit, wir können leider nicht daran teilnehmen‹« (K06.11:1862–1863). Der Bildungsbericht wird selbst zu einem relevanten Aktanten, insofern er sich als Kommunikationsinstrument einsetzen lässt: »Ich habe etwas an der Hand oder was in der Hand, womit ich auch in die Kommunen hineingehen […] und sagen kann: ›Guck mal, das läuft gut, aber das noch nicht‹« (K06.11:1884–1888). Das sicht- und handhabbare Produkt eignet sich als Währung und steigert das Einflusspotenzial, wenn Lernen-vor-Ort-Mitarbeitende ihn als »Lockmittel« (K06.11:1892) einsetzen und sagen: »Alle haben teilgenommen, ihr nicht. […] Beim nächsten Mal wär’ doch schön’« (K06.11:1895–1896).

Unabhängig von seiner inhaltlichen Qualität erfährt der Bildungsbericht als Produkt von Pionierarbeit öffentliche Aufmerksamkeit und Wertschätzung: »Gut. Toll. Dass endlich überhaupt mal was ist. Das ist da schon mal gut. Der muss gar nicht so gut sein. Hauptsache, der ist schon mal raus. Das ist schon viel, weil das ja Pionierarbeit ist. Gut gemacht, toll gemacht!« (K08.11:988–993). Der Bildungsbericht transportiert die Leitidee eines kohärenten Bildungswesens in die Fläche und damit in den Interessenbereich weiterer Akteure: »Dann rufen auch mittlerweile Leute an, Institutionen, Akteure, Vereine, Stiftungen: ›Mensch, könnt ihr nicht mal den Bildungsbericht schicken‹? Das hat sich herumgesprochen. Auch von anderen Städten, von dem Umland« (K08.11:995–997). Die Relevanz des Bildungsberichts zeigt sich über dieses Repräsentationspotenzial hinaus in seiner inhaltlichen Brisanz: »Und erst als der erschienen ist, haben die mal gemerkt: ›Ups, das hat halt Vor- und Nachteile‹. Da werden ja einige Sachen transparent gelegt« (K08.11:378–382). Die Veröffentlichung der U3-QuotenFootnote 7 fördert in zwei Kommunen »eine Riesenschere« (K08.11:419) zwischen der städtischen und der kreisweiten Darstellung zutage, weil die Erhebungen nicht auf denselben Stichtagen basieren. Dies verärgert betroffene Städte: »Mensch, das geht doch nicht!« (K08.11:405). Eine Verständigung darüber, dass sich der Bildungsbericht an der amtlichen Statistikstelle des Landes orientiert, vermag die Irritation zu klären und positiv zu wenden, insofern kreisangehörige Städte erkennen, »dass das kein Fehler ist, sondern dass da nur eine unterschiedliche Auffassung von der Zahlendarstellung ist« (K08.11:434–435).

5.1.3 (Un-)Sichtbarkeit zwischen zwei Programmen bearbeiten

In seinem Engagement geht das pädagogische Personal gleichermaßen auf wie unter. Lernen vor Ort, im Förderzeitraum temporär herausgehoben mit der Aussicht, sich in das Regionale Bildungsnetzwerk einzuklinken, stellt Gelegenheitsstrukturen für die gestaltenden Akteure dar, die Region zu »atmen« (K04.11:1906) und Idealismus in einer Pionierrolle zu leben. Sichtbare und erfolgreich in des Regionale Bildungsnetzwerk überführte Produkte sind Träger pädagogischen Engagements und entwickeln eine Strahlkraft für kreisangehörige Städte. Strategien orientieren sich am unmittelbaren People-Processing und bereichsübergreifende Zusammenarbeit zur Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen kommt dabei in den Blick (Typ 3).

Das Regionale Bildungsnetzwerk als »Mutter » (K16.11:332) von Lernen vor Ort nimmt »erst nur wenig« (K02.11:493) Raum ein. Dass Lernen vor Ort »irgendwann zurückgeht«, kündigt sich im Erleben an, »dass das, was durch das Programm initiiert worden ist, […] automatisch reinfließt und dass das jetzt so langsam in die Waage kommt« (K02.11:495–498). Bereichsverantwortlichen kommt von Anfang an eine katalysierende und damit bedeutsame Funktion für das In-Gang-Setzen grenzüberschreitenden Handelns im Bildungsnetzwerk zu. Auf Kreisebene bleibt das pädagogische Personal aber weitgehend unsichtbar: »Im ersten Flyer waren wir nicht namentlich erwähnt, im zweiten sind wir namentlich erwähnt, aber ohne Foto« (K04.11:1136–1339). (Un-)Sichtbarkeit zwischen zwei Programmen zu bearbeiten, bedeutet, in einer kreisangehörigen Stadt abgeordnet zu arbeiten und da wahrgenommen zu werden: »Wir werden nämlich auf der Kommunalseite […] mit Bildern abgelichtet […] und auch mit unseren Inhalten und so und das finde ich, da ist die Akzeptanz da« (K04.11:1355–1359). Eine Anbindung an die Lenkungsgremien des Regionalen Bildungsnetzwerks wollen sich die Bereichsverantwortlichen erkämpfen: »Wir gehören nicht mal offiziell zum Regionalen Bildungsbüro dazu, geschweige denn haben wir was mit der Ebene Lenkungskreis, Lenkungsausschuss [zu tun], und auch wenn wir schon öfter gesagt haben: ›Hallo, wir wären auch gerne mal mit dabei!‹« (K04.11:1366–1372). Das Strukturprogramm führt als Nebenwirkung ein neues Selbstverständnis des Personals sowie ein Commitment mit der Bildungslandschaft mit sich: »Die Region sieht sich anders. Die stellt sich auch gemeinsam anders auf« (K08.12:277–280). Das Phänomen, sich nicht damit zu begnügen, unsichtbar in einer Struktur aufzugehen, findet sich auch im Bereich der Bildungsberatung: »Die sagen, Bildungsberatung ist bei uns unheimlich wichtig, und wir haben eine Initiative gestartet. Die ist jetzt eigentlich zu Ende, aber wir akzeptieren nicht, dass sie zu Ende ist. Wir sagen einfach, dass es weitergeht« (K08.12:285–291). Die Veränderung zeigt sich darin, dass sie sich organisieren und »versuchen, nach außen weiterzuwirken« (K08.12:294).

Die Möglichkeit, »dass man auch mal idealistisch denken kann« (K04.11:1938–1939), bestärkt nicht nur das professionelle Selbstverständnis und die Selbstorganisationskräfte, sondern entwickelt auch eine Strahlkraft nach außen. Erste Städte signalisieren ihr Interesse am interkommunalen Austausch von Transferansätzen innerhalb des Rahmenprogramms der Bildungsgrundsätze für Kinder von 0 bis 10 Jahren. Die vier Leuchtturmkommunen agieren zwar als »Hauptagenten, aber nicht ausschließlich« […]: ›Wir sagen, es gibt so viele gute Projekte im Kreis und wir maßen uns nicht an, dass wir mit unseren vier oder fünf Leuchttürmen das Nonplusultra sind‹« (K04.12:250–259). Interkommunaler Transfer zielt darauf, die regionale Sichtbarkeit kommunaler Modelle zu erhöhen, um dadurch wechselseitige Beobachtung und Lernen zu ermöglichen. Die Modelle haben Zeigecharakter im Sinn einer Offerte, über deren Annahme nur die kreisangehörigen Städte entscheiden: »Wir sagen, das bieten wir, das haben wir zweieinhalb Jahre erprobt« (K04.12:262). Neben diesem biographischen Kapital vor Ort wirken auch die ersten Bildungsberichte als »kleine Hilfstrupps« (K04.11:1954), die den Idealismus in eine sichtbare Form transformieren. Als objektivierte Produkte grenzüberschreitenden Engagements repräsentieren sie nicht nur den Idealismus der Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden, sondern sind »ganz pragmatisch […] und anfassbar« (K04.11:1973).

Mit dem Druck, das BMK auf Dauer zu stellen, wächst auch die Erwartung, Aktivitäten von Lernen vor Ort und des Regionalen Bildungsnetzwerks öffentlich sichtbar zu machen. Im Übergang zur zweiten Förderhalbzeit attestiert der Programmträger »noch gewisse Defizite« und signalisiert den Auftrag: »Da müsst ihr eigentlich ein bisschen besser werden, was Marketing angeht« (K10.12:100–105). Eine Stabsstelle innerhalb der Kreisverwaltung sichert die Bereiche des »Marketings« und der »Öffentlichkeitsarbeit« (K10.12:110) über das Programmende hinaus ab. Die »Außendarstellung« (K1012:119) von Lernen vor Ort steht vor der Herausforderung, dass lediglich die Koordination von Zeigen und Lernen (Prange, 2012a, S. 107–135) beobachtbar ist und daher sichtbar gemacht werden kann, nicht jedoch das Lernen selber. Die »Differenz von sozialem Akt und individueller Rezeption« (Prange, 2012a, S. 92) begründet die pädagogische Situation, der sich auch ein »Management« zu unterwerfen hat.

5.1.4 Mit dem Bildungsbericht zeigen, dass der Kreis Verantwortung übernommen hat

Bildungsberichte fungieren als transformative Aktanten. Als Produkte der Zusammenarbeit entwickeln sie sozialintegratives Potenzial, wenn sich Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Kommune in ihrem Kreis identifizieren (Typ 4).

Der Bildungsbericht dient dazu, dass »in die Öffentlichkeit getragen wird: ›Was passiert überhaupt im Kreis?‹« (K04.11:41–44). Dieser Beobachtung wird eine Bereichsverantwortliche gewahr, als sich zwei »Praktikantinnen von der Uni […] unheimlich erschrocken darüber« zeigen, »was doch alles in den Kommunen getan wird« (K04.11:51–52). Den Bildungsbericht sieht sie daher als Weg, »das nach außen zu zeigen, also das, was verdeckt hinter den Kulissen passiert« (K04.11:66–69). Darzustellen, »dass der Kreis auch Verantwortung übernommen hat« (K04.11:76–77), könnte mehr bedeuten als »irgendwelche Quoten, Diagramme oder Zahlen« (K04.11:105) für Fachleute bereitzustellen. Sich »den Blick von außen« zu leihen, adressiert »das breite Publikum« (K04.11:132–135), das nicht »mit den Zahlen operiert« (K04.11:120): »Und darum hab’ ich mir überlegt, dass es ja gar nicht schlecht ist, […], einfach mal darzustellen, was in den Handlungsfeldern läuft« (K04.11:114–116).

5.2 Die Vorkombination von Bildungsdienstleistungen sichtbar machen

Verfügungsrechte als Normen und Ressourcen prozessiert das KBM als Subjekt des politischen Systems zunächst auf dem Feld der Gesellschaftspolitik (Bedingungen) sowie als Objekt und Thema des Gemeinschaftssystems auf dem Feld der politischen Vereinigung (Strategien und Konsequenzen).

5.2.1 Viel (unsichtbare) Vorarbeit leisten

Unsichtbare Vorarbeiten orientieren sich an bereichsübergreifender Zusammenarbeit zur Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen, ohne dass Fragen des unmittelbaren People-Processing in den Blick kommen (Typ 2).

Das Leitbild der Bürgerkommune überlagert sich in Verbindung mit dem Programm Lernen vor Ort mit der Mission, ein Bildungsmarketing zu etablieren. Damit handelt sich die Stadt ein besonders komplexes Unterfangen ein, das einer »Klärung der Ziele unter Einbezug möglichst aller »Stakeholder«, einer »Anamnese« der Voraussetzungen für erfolgreiche Bildungsprozesse, der Entwicklung von Kernkompetenzen sowie einer intensiven Personalentwicklung (Böttcher et al., 2010a, S. 49) bedarf. Die Teilnahme am Programm schafft einen geschützten Zeitrahmen für Sondierungen im Bereich der »Vorkombination«, aber auch einen Legitimationsdruck, da sich diese Aktivitäten weitgehend einer öffentlichkeitswirksamen Darstellung widersetzen. Die Stadt operiert in der Spannungslage, »viel Arbeit in die Erhebung und die Vorarbeiten und die Gedanken« (S14.11:237–238) zu stecken und dabei nicht gleich ein Produkt präsentieren zu können. Der Aufbau von Kapazitäten erfolgt mit Blick auf das Produkt der Bildungsdatenbank, das lange auf eine Sichtbarkeit warten muss. Später wird die Projektleitung gegenüber der wissenschaftlichen Begleitforschung rechtfertigen, was – gemessen an den Aktionsfeldern des Programms – alles noch nicht präsentierbar ist: »Wir haben […] eben noch keine Bildungsberatungsstelle aufgebaut. […] Wir haben noch keinen Bericht, den wir übergeben können, wir haben noch kein Handbuch. Wir haben sozusagen in den ersten zwei Jahren nichts präsentiert« (S14.11: 235–247).

5.2.2 Die Bildungsstadt als Währung der Sichtbarkeit und Anerkennung von Bildung würdigen

Die Stadt will als Bildungsstadt erkannt und anerkannt werden. In Widerstreit stehen der Anspruch, sich mit Alleinstellungsmerkmalen zu profilieren und der Umstand, dass dazu ein langer Vorlauf an Verständigungsarbeit notwendig ist, die sich in der Öffentlichkeit kaum attraktiv darstellen lässt. Um das Potenzial für erhöhte Teilhabechancen des Publikums an Leistungsempfängern zu entfalten, muss die Stadt erst langwierige und zähe Aushandlungsprozesse führen. Diese bereichsübergreifende Zusammenarbeit dient der Vergegenwärtigung von Abgrenzungen, um Bildung nicht einseitig als Selbstzweck oder Instrumentalisierung für den Arbeitsmarkt zu fassen. Eine Anerkennung sowohl wirtschaftlicher als auch gesellschaftlicher Erwägungen in Bezug auf das meritorische Gut Bildung mündet in die Fusion bestehender Programme, die durch das gemeinsame Thema des Lebenslangen Lernens zusammengehalten werden. Diese Schnittmenge bietet Anschlussmöglichkeiten für alle beteiligten Akteure und öffnet somit einen Möglichkeitsraum für unmittelbares People-Processing. Die Zusammenlegung zweier Programmatiken trägt sowohl sozial- als auch systemintegratives Potenzial und macht diese Potenziale durch die Schaffung von Sichtbarkeit, wechselseitig anschlussfähig (Misch-Typ 3/4).

Das Selbstverständnis einer Bildungsstadt entwickelt sich als Selbstvergewisserung über die bestehenden Bildungsschätze. Dieses biographische Kapital sichtbar zu machen, zielt darauf, die Bildungslandschaft mit ihren Alleinstellungsmerkmalen zu profilieren. Die Darstellungsarbeit ist zunächst »eine sehr große Fleißarbeit« (S14.11:644), »weil es auch erst einmal eine Zeit lang dauert, das Projekt zu planen« (S16.11:174–175). Die Beteiligten müssen aushalten, dass die Planungsarbeit »ein Prozess des Verunsicherns, Neu-Findens, wieder Verunsicherns« (S14.11:652–653) und damit unsichtbar ist: »Da liefert man natürlich relativ spät ein Produkt ab« (S16.11:174). Lernen vor Ort kommt daher anfänglich »wenig personifiziert« (S10.11:968) daher. Da es in der Stadtverwaltung angesiedelt ist, teilt es deren Kultur, Amtsträgerinnen und -träger lediglich auf Dezernats-, nicht aber auf Ämterebene mit Fotoporträts abzubilden. Damit fehlen personale Identifikations- und Vertrauensanker: »Ich finde es für das Projekt eher schwierig, dass es keine Gesichter gibt« (S10.11:975). Da sich die Stadt mit ihrem Bildungskonzept dem Lehr- und Lernkonzept des Service LearningFootnote 8 verschrieben hat, weckt Lernen vor Ort von Anfang an das Interesse der Fachhochschule und befördert eine wechselseitige Öffnung zwischen akademischem, wissenschaftlichem und organisationalem Wissen: »Die Projektmitarbeiter sind auch regelmäßig reingekommen und haben mit den Studierenden etwas erarbeitet oder Fragen diskutiert« (S10.11:68–69). Das Medium für Sichtbarkeit liegt in der Verbindung bestehender und neuer Programmatiken.

Ein relativ spät sichtbares Produkt stellt das Bildungsleitbild dar. Es fungiert ebenfalls als Medium relevanter Akteure, die unterschiedliche Relevanzkriterien bezüglich des Anspruchs markieren, mit Lernen vor Ort öffentlich in Verbindung gebracht werden zu wollen: »Das Projekt ist noch nicht an dem Punkt, an dem man gewisse Sachen als Lernen vor Ort labelt« (S20.11:758–759). Zwar findet ein großer »Auftakt mit der Netzwerkkonferenz« statt sowie eine »Internetgeschichte, bei der jeder mitwirken« kann: »Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist aber noch nicht so weit, dass sie regelmäßig kommuniziert« (S20.11:765–770). Langwierige und zähe Aushandlungsprozesse lassen sich offenbar schwer öffentlichkeitswirksam darstellen. Denn die »Erarbeitung des Bildungsleitbilds« stellt sich als »so ziemlich die kniffligste Aufgabe« (S20.11:787–788) heraus, bei der sich viele Beteiligte einbringen müssen und um Formulierungen ringen. Dabei zeigt sich deutlich, »dass nicht alle harmonisch in eine Richtung denken«, insofern »die Vertreter aus dem Bildungsbereich immer von Bildungsgerechtigkeit« sprechen, während »Vertreter aus den Übergängen und aus der Wirtschaft immer danach [fragen], was man an Bildung braucht und welche Anforderungen dabei gelten« (S20.11:844–849).

Die »Mischung aus idealisierten Dingen und harten Fakten« (S20.11:852) trägt dazu bei, »Luftschlösser« (S20.11:792) zu »erden« (S20.11:851). Die Sparkassenstiftung sieht ihre Rolle darin, die Kommune immer wieder auf ihre Ziele und Verfahren hin zu fragen: »Was wollt ihr? Was wollt ihr von den Leuten, die ihr einbindet? Wie wird das gemacht? Welche Strategie habt ihr? Ist das nachhaltig?« (S20.11:859–863). Vehementer nimmt die Bürgerstiftung Einfluss, indem sie Bildung als »Menschenrecht« und »Selbstzweck« gegenüber einem Bildungsverständnis verteidigt, nach dem »die Leute nur fit für den Arbeitsmarkt« (S10.12:125–129) gemacht werden sollen. Die »Worthülse Bildung für nachhaltige Entwicklung« zu definieren, gestaltet sich »trotz Unterstützer-Schreiben« eines renommierten Zukunftsforschers als »ein extrem schwieriger Prozess«, in dem die Vertreter der kommunalen Agenda-Stelle »Sturheit an den Tag legen […], um da zum Ergebnis zu kommen« (S10.12:146–162). Die Idee der Lokalen Agenda verteidigen sie mit dem Anspruch, den »Aspekt BNE« im Bildungsleitbild zu verankern und damit »mehr Öffentlichkeitswirksamkeit« zu erreichen: »Und deswegen dieser Schritt, das Bildungsleitbild in einer öffentlichen Diskussion mit den Bürgern zu diskutieren« (S10.12:492–505). Über die ideelle Verbreitung der Lokalen Agenda in die Stadtgesellschaft hinaus zeigt die Präambel im Bildungsleitbild die Richtung der städtischen Zukunftsgestaltung an, die »irgendwann quantifizierbar, messbar, handlungsrelevant, handlungsleitend, handlungsrelevant« (S10.12:525–526) werden soll.

Das Wort »irgendwann« verweist auf die gegenwärtige Dringlichkeit, »dass zumindest so etwas wie Bildung für nachhaltige Entwicklung drinsteht« (S10.12:522–523). Im Zentrum steht die Profilierung und Nichtaustauschbarkeit der Stadt im Wettbewerb mit anderen Städten: »Das hätten dann die anderen nämlich erst mal so nicht« (S10.12:523–524). Noch bevor sich die Nachhaltigkeits-Präambel in »messbare Kriterien […] runterdeklinieren« (S10.12:587–589) lässt, ist aus Sicht des BNE-Vertreters »eine andere Art der Öffentlichkeitsarbeit und -kultur und auch eine andere Art der Anerkennungskultur« (S10.12:1170–1171) zu schaffen. Den Wert des Bildungsleitbilds sieht er darin, »erst mal besonders auch das Spielfeld erkannt und definiert« (S10.12:1190–1191) zu haben. Die Vergegenwärtigung der »Ausgangsaufstellung der Stadt« mache »eine ganze Reihe Gunstbedingungen« sichtbar, die nun »sinnvoll aus[zu]spielen« (S10.12:1190–1206 seien. Als Spielstrategie wählt die Stadt die »Fusion« als das »Zusammenwirken« von »Lernen vor Ort und BNE« (S10.12:1459–1460), die sie im Bildungsleitbild mit der Aneinanderreihung der beteiligten Logos »direkt visuell verknüpft« (S10.12:1892). Als relevante Akteure sichtbar gemacht werden dabei Lernen vor Ort, das Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Europäische Sozialfonds, die Europäische Union sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Eine programmatische Schnittmenge bildet »das Thema informelles Lernen« (S10.12: 1914), mit dem »die Bevölkerung« aufgerufen wird, »Sätze zu bringen oder Bildung zu machen, die den Bezug Lernen und [Stadt] irgendwo darstellen« (S10.12:1923–1925). Die kommunale Dekadestelle dokumentiert die vielfältigen Projekte, die landes- und stadtweit unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit durchgeführt werden, auf der Website der Stadt. Auch Lernen vor Ort erfährt damit öffentliche Sichtbarkeit: »Und dann haben wir halt das Thema Lernen vor Ort unter dem Fokus BNE, das ist die Netzwerkkonferenz« (S10.12:1951–1952). Das Treffen findet zum Thema Bildungslandschaften statt und stellt die »Konnexität« (S10.12:1980) beider Programme ins Zentrum. Zentral für die Profilierung der Stadt ist somit, dass zwei Programme »zusammengepasst« (S10.12:2030) werden und durch die öffentliche Sichtbarkeit über die Website der Stadtverwaltung voneinander profitieren.

Als »sehr offen und auch sehr zielführend« erfährt der Jugendring die Diskussionsrunden zum Bildungsleitbild, weil »Beteiligte aus unterschiedlichen Bereichen« (S06.12:1033–1034) mitwirken. Deutlich werden so »die fachlichen Abgrenzungen« ebenso wie die wechselseitige Vergewisserung, dass »die Kombination« der spezifischen Beiträge »das Ideale wäre« (S06.12:1049–1051). An der unsichtbaren Verständigungsarbeit beteiligen sich »leider wenige normale Bürger«, sondern »hauptsächlich die bekannten Gesichter, die man in vielen anderen Bereichen ja auch trifft« (S06.12:1036–1042). Diese Beobachtung unterstreicht die Funktion des Bildungsleitbilds als Kommunikations-Instrument für die Profilierung der Stadt und weniger für die breite Beteiligung der Stadtgesellschaft.

5.2.3 Die Haptik von Bildungsprodukten zum Ausgangspunkt für Zusammenarbeit machen

Die Haptik von Bildungsprodukten zum Ausgangspunkt von Zusammenarbeit zu machen, stellt einen systemintegrativen Beitrag dar, der als Vorkombination von Bildungsdienstleistungen sozialintegratives Potenzial trägt, insofern Bildungsprodukte eine Bewusstheit für Angebotsstrukturen und -lücken in der Bildungslandschaft schaffen und Bürgerinnen und Bürger als Kunden adressieren (Typ 4).

Sichtbarkeiten herzustellen, ist mit einer Reihe vorhergesehener und unvorhergesehener Effekte verbunden. Vorhergesehen und mit der Teilnahme am Programm bewusst, ist der zeitliche Aufwand für die Leitbildarbeit. Das Lernen-vor-Ort-Team weiss, dass es das Leitbild »nicht innerhalb von drei Monaten aufstellen« kann, »sondern dass sich das […] hinziehen wird« (S04.11:290–291). Der lange Weg ist dem Anspruch geschuldet, sich einem »öffentlichen Diskussionsprozess« zu stellen, »um über Bildung [in der Stadt] zu diskutieren« (S02.12:306–307). Das Sichtbarmachen von Zwischenergebnissen in der Teamklausur trägt zur Selbstvergewisserung bei, dass die Leistungen von Lernen vor Ort »noch nicht so deutlich zum Anfassen« und daher »schwer vermittelbar« (S22.11:967–968) sind. Sowohl externe Partner als auch interne Akteure der Verwaltung und der Kommunalpolitik verlangen den Nachweis eines Nutzens von Bemühungen, ein kohärentes Bildungswesen aufzubauen. Insbesondere Verzögerungen in Kombination mit dem Erfordernis, Erfolge ausweisen zu müssen, nötigen den Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen Rechtfertigungsarbeit ab. So erfordert die Auslagerung von Softwarelösungen zusätzliche Arbeitsschlaufen, die es »gegenüber der Politik« zu erklären hat: »Eigentlich wollten wir es im September bringen und haben dadurch einen Zeitverzug von vielleicht zwei Monaten« (S16.11:708–712). Unterschätzt haben die Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen auch die zeitliche Beanspruchung zur Herstellung einer grundlegenden Arbeitsfähigkeit im Team. Sie stellen fest, »dass diese Selbstfindungsphase, wo das Team zusammengestellt wurde, ein wenig zu lange gedauert hat, es aber einfach notwendig war« (S16.11:967–969).

Neben unvorhergesehenen und unerwünschten Effekten gibt es auch ungeahnte und positive Überraschungen. Die Zusammenarbeit mit Stiftungen erweist sich als »sagenhaft« und damit als Korrektiv zu den Unwägbarkeiten. Sie garantiert das reflexive Interesse der Erwartungssicherheit: »Wenn man aus einem hierarchischen System einer Verwaltung kommt und arbeitet dann auf einmal mit einer Stiftung zusammen, also mit Ehrenamtlern. Und dann läuft das. Diese Verlässlichkeit« (S16.11:1073–1077). Zur Handlungslogik der Verwaltung, die sich an Ordnung, Verwaltung und Recht orientiert, gesellt sich eine Orientierung am Eigenwert bürgerschaftlichen und ehrenamtlichen Engagements. Gepaart werden somit Kommunikationsarten innerhalb von Organisation und Administration mit Kommunikationsarten innerhalb von Gesellschaft, die Verlässlichkeit auf je spezifische Weise flankieren. Der Mehrwert dieser Kombination stellt einen transintentionalen und stabilen Effekt dar: »Das hätte ich vorher nicht vermutet. Ich bin immer wieder begeistert davon. Das gebe ich ehrlich zu« (S16.11:1078–1080). Auch das Engagement des Lokalradios fällt ins Gewicht, das seine »Manpower«, sein »Wissen« und seine »Netzwerke« einbringt: »Hier geht viel über den Sender. Die Netzwerkkonferenzen werden aktiv mitbegleitet« (S15.11:1087–1092). Ein Moderator macht sich im Zuge von Veranstaltungen einen Namen und wird deshalb »von Pontius bis Pilatus angefragt, […] ob er nicht das und das moderieren könne« (S16.11:1094–1095). Dem Engagement »Stimmen«, »Namen« und »Gesichter« (S16.11:1098) zu geben, stellt eine bedeutsame Ressource für die öffentliche Wahrnehmung dar.

Ein »sehr positives Echo« (S02.13:171) erhält der erste Bildungsbericht dadurch, dass er sich als sichtbares Produkt präsentiert. Obwohl die erste Ausgabe nicht mehr als »ein erster Aufriss« sein kann, wirkt sie als »Startschuss« (S02.13:168) für Folgeberichte. Für die »zweite Auflage« arbeitet das Team einen »Problemaufriss« mit 17 Punkten aus, die es als »untersuchungsbedürftig« einschätzt und die auch »Sprengstoff bergen« (S02.13:175–185). Indem es diese »fokussiert« und »zusammenfasst« (S02.13:188), erbringt es eine Selektionsleistung, die Akteure der Jugendhilfe attrahiert. Da diese einen »lebenslangen Bericht« (S02.13:200) planen, fragen sie an, ob der Bildungsbericht in diese Richtung ausgebaut werden könnte. Auch die Bildungsdatenbank entfaltet eine Sogwirkung, die dafür sorgt, dass sich »Anbieter melden: Die wollen dabei sein gern und wollen in dem transparenten Netzwerk für alle sichtbar erscheinen« (S02.13:578–582). Bereits die Probeversion lässt trotz noch ungelöster technischer Probleme das Potenzial für die Stadtgesellschaft erkennen. Über eine »kleine, prophylaktische Datenbank« ruft »die Stadtverwaltung direkt über das Dezernat« auch »die kommunalen Träger wie Museen«, dazu auf, ihre Angebote einzustellen: »Wir haben jetzt schon über 100 Einträge« (S12.11:481–486). Mit der Bildungsdatenbank kann die Stadt »eine ganz andere Zusammenarbeit koordinieren« (S12.11:547–548). Einen ersten positiven Effekt sieht sie darin, dass die »freien Träger eine ganz andere Öffentlichkeitsarbeit machen können und dass sie in der Richtung unterstützt werden und die Arbeit erleichtert wird« (S12.11:503–505). Die Zentralisierung der Daten gestattet es, Veranstaltungen flexibel einzupflegen und »Flyergestaltungen« (S12.11:510) vorzunehmen. Auch die »Presse und andere Medien können auf diese Daten zugreifen« (S12.11:513). Die »wesentlich größere Transparenz von Angeboten« (S12.11:516) begründet den zweiten positiven Effekt, dass »unterschiedliche Selektionsmöglichkeiten« (S12.11:525) eine gezielte Recherche gestatten. Der technische Zuschnitt der Datenbank berücksichtigt darüber hinaus, dass Jugendgruppen ein Event auch sehr kurzfristig einstellen können: »Wenn sie es dort reinstellen, kommen genau die 50, die sich auch tatsächlich dafür interessieren« (S12.11:532–533. Die Bildungsdatenbank will damit interaktiv, wandelbar und dynamisch sein und adressiert eine breite Öffentlichkeit auf der Angebots- und Nutzungsseite von Bildung: »Ich als Anbieter habe dadurch auch eine Kontrollmöglichkeit, ob das Angebot, das ich plane, schon vorhanden ist oder ob es Angebote gibt, auf die ich aufbauen kann« (S12.11:540–542).

Als Stadt einen sichtbaren Zeitraum für Operationen des Zeigens aufzubauen und zu moderieren, der Anschlussmöglichkeiten für eine Vielzahl von Bildungsanbietern eröffnet, macht »ein paar technische Probleme« (S12.11:470) und »Unzulänglichkeiten« aushaltbar und inspiriert die Suche nach Lösungen: »Das ist ganz klar, muss man nachsteuern, nachjustieren, bevor man was Neues aufbaut« (S02.13:587–590). Der Bildungsbericht und die Bildungsdatenbank stellen »Konzentrationspunkte« der Zusammenarbeit dar: »Da werden Leute zusammengeführt, dort werden Leute ‘rangeholt und von dort aus wird auch wieder verteilt« (S06.11:861–863). Auch das MINT-Zentrum verräumlicht den Grundgedanken eines Organisationskerns für Operationen des Zeigens und Lernens. Weniger ein umfassendes Angebot im Bereich »Umwelttechnik und Hochtechnologie« bildet die Zielperspektive als vielmehr »Kernangebote […], die von Unternehmen in der Region gepflegt werden« (S06.11:865–870). Für »Kinder und Jugendliche einer bestimmten Altersgruppe« soll es »ein kleines System geben« mit »Informationen, wo man weitere Informationen zum Thema erhält« (S06.11:873–875). Das offene Kooperationsmodell mit wirtschaftlichen Akteuren lässt bewusst Raum für Unwägbarkeiten und geht »kleinschrittig« vor: »Der erste Schritt wird sein, sich starke Partner ins Boot zu holen, die von sich aus schon viel mitbringen« (S06.11:905–910). Ob und wie sich weitere Unternehmen anschließen, lässt das Modell offen und setzt darauf, »dass ein Sogeffekt entstehen wird« (S06.11:912). Es antizipiert das Konkurrenzdenken von Wettbewerbern, die das Geschehen beobachten und schließlich »mitmachen, um keinen Nachteil zu haben« (S06.11:976). Dass die »Beteiligung der Akteure der Bildungslandschaft« eine »unglaublich große Bandbreite« und daher »unterschiedliche Interessenslagen« (S06.11:944–946) umfasst, behindert das Engagement des externen wirtschaftlichen Partners nicht. Undramatisch hält er fest: »Es gibt immer Alphatiere […], die das Potenzial erkennen und mit dabei sein wollen. Es gibt aber auch die, die abwarten und die, die Bedenken haben. Es wird nie so sein, dass man alle im Boot hat« (S06.11:951–954).

Das Sichtbarmachen von Lernen vor Ort mittels eines MINT-Zentrums bedient die Beobachtung als basalen Mechanismus des Markts, berücksichtigt dabei eine Vielzahl potenzieller Partner, orientiert sich am individuellen Nutzen und ermöglicht Partnern, selbst sichtbar zu werden. Das wirtschaftlich inspirierte Kooperationsmodell überlässt Anschlüsse einer selbstläufigen Regulierung, auch oder gerade weil es Vernetzung zum Ziel hat: »Wir wollen an den Punkt, dass Unternehmen bei uns mitmachen wollen und auf uns zukommen« (S06.11:914–915). Die Zuversicht, dass mit Investitionen Gewinnaussichten einhergehen, stellt eine Strategie im Umgang mit Transintentionalität dar: »Ziel ist es, die wichtigen [Bildungspartner] zügig und stark einzubinden, dann gewinnt man auch Vertreter der anderen« (S06.11:956–957).

5.2.4 Die Hürde »Bildungsbericht« nehmen

Das Sichtbarmachen von Aktivitäten im Rahmen der Programme Lernen vor Ort und Bildung für nachhaltige Entwicklung rückt das sozialintegrative Engagement ins Zentrum. Dieses fließt in Prozesse der Leitbildentwicklung ein trägt dadurch systemintegratives Potenzial. Mittels Bildungsberichten kommunalpolitische Entscheidungen anzustoßen, stellt demgegenüber weitgehend unsichtbare Abstimmungsarbeit dar. Das sozialintegrative Potenzial liegt darin, dass datenbasierte Entscheide ins Mark beziehungsweise in Problemlagen vor Ort treffen und passgenaue Interventionen inspirieren können. Anfassbare und mit Siegel und Flagge ausgezeichnete BNE-Projekte tragen zur Innensicht bei: »Da sind wir glaub’ ich ganz gut auf dem Weg« (S06.14:308). Der Vergleich mit »Heldenstädten« im Rahmen von bundesweiten Austauschtreffen verunsichert aber auch: »Die machen das dann systematischer oder noch mal in ‘ner größeren Quantität« (S06.14:1064–1066). Sichtbare Projektaktarbeit und unsichtbare Datenarbeit entkoppelt und unkoordiniert voneinander zu führen, kennzeichnet den ambivalenten Bewusstheitskontext der Bildungsstadt, bringt unmittelbares People-Processing aber auch in eine Wechselbeziehung mit der Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen (Misch-Typ 3/4).

Datenbasierte Strategien bestehen zunächst darin, über die Beteiligung von Bildungspartnern außerhalb der Kommunalverwaltung eine Verständigung herzustellen, »wo überall Daten sind und inwiefern diese über Kooperationen einem Bildungsmonitoring der Kommunalverwaltung […] zur Verfügung gestellt werden« (S22.11:1189–1191) können. Die Netzwerkkonferenz etabliert sich als neues Format, »wo Akteure der Bildungslandschaft gezielt zusammengeholt« (S22.11:1153–1154) werden, um Daten über die übliche Statistik des Schulverwaltungsamts hinaus zu gewinnen. Bildungskonferenzen stellen eine Antwort auf »völlig neue Herausforderungen« (S22.11:1162) dar. Mittels Bildungsberichten soll ein Bildungsplan mit »Zielstellungen, Herausforderungen und Aufgabenstellungen« erstellt werden, »die das Amt für Bildung in Zukunft auf einer fundierten Datenbasis umzusetzen hat« (S22.11:1164–1168). Datenbasierte Strategien stellen in diesem Sinn auf Daten beruhende Folgehandlungen dar. Da für das kommunale Übergangsmanagement bisher keine fundierte Datenbasis vorliegt, braucht es ein »legitimiertes Gremium«, das verschiedene »Auffassungen« sammelt, mehrfach spiegelt und dokumentiert, »um es dann für das Bildungsmonitoring aufgearbeitet als Input einzugeben« (S22.11:1171–1176). Netzwerkkonferenzen öffnen sich auch für andere Bildungsstädte, um sich in Bezug auf den Bildungsbericht zeigen zu lassen, »wie sie es gemacht haben« (S22.11:1209). Als Zeitraum für Operationen des Zeigens und Lernens leisten sie einen Beitrag zur Systemintegration und tragen durch die Arbeit an dateninformierten Bildungsplänen sozialintegratives Potenzial.

Dass dateninformierte kommunalpolitische Entscheide im Übergangsbereich von der Schule in den Beruf ganz am Anfang stehen, weil »kaum Daten vorliegen« (S04.11:1021) und erst über intensive Austauschgelegenheiten mit einer Vielzahl beteiligter Akteure der Bildungsstadt prozessiert werden müssen, konstituiert das spezifische Spannungsverhältnis in der Stadt: »Was wir bis jetzt gemacht haben, sind ja alles Vorarbeiten. Wir bauen die Strukturen auf, sind damit aber noch lange nicht fertig« (S04.11:1052–1053). Der Aufbau der Bildungsdatenbank, die Entwicklung des Bildungsberichts und der Bildungsberatungsstelle stellen unsichtbare und ressourcenintensive Inputleistungen dar, die der Nutzung durch Bürgerinnen und Bürger vorgelagert sind. Datenbasierte Strategien, die sich auf Rückmeldesysteme der Öffentlichkeit stützen, rücken daher weit in die Zukunft: »Eine direkte Rückmeldung von den Bürgern haben wir nicht, zumal ich mich auch wundern würde, wenn die kommunizieren würden, dass sich bisher viel geändert hat« (S04.11:1047–1049). Für die Bildungsdatenbank ist »eine Kommentarfunktion vorgesehen, damit die Bürgerinnen und Bürger die von ihnen besuchten Angebote bewerten können« (S04.11:1082–1085). Neben Qualitätskriterien, mit denen sich Bildungsanbieter einverstanden erklären müssen, dient die Kommentarfunktion als »eine Art Kontrollinstrument: […] Sollte uns auffallen, dass ein Angebot extrem schlechte Bewertungen und Kommentare hat, könnte man den Impuls auch an den Anbieter zurückgeben, damit etwas geändert wird« (S04.11:1086–1095).

Abgesehen davon müssen Lernen-vor-Ort-Mitarbeitende ein hohes Maß an Ungewissheit in Bezug auf Wirkungen ihres Engagements aushalten. Jenseits dieser Ungewissheit hinsichtlich der Effekte datenbasierter Strategien bei Bürgerinnen und Bürger verändert sich die Bewusstheit der Lernen-vor-Ort-Mitarbeitenden für das biographische Kapital der Stadt. Die Aufmerksamkeit in Bezug auf eigene Beiträge intensiviert sich: »Es war mehr auch so ein persönlicher Verstärkungseffekt: ›Wir sind hier nicht irgendwer, sondern wir sind Teil dieses Lernortes und wir leisten auch etwas‹« (S06.12:1468–1471). Das neue Selbstverständnis erwächst aus der Anerkennung anderer Bildungsanbieter, dass Jugendliche auch in non-formalen Gelegenheitsstrukturen lernen: »Dass die Jugendgruppen sich treffen, sich selber Ziele stellen, sich ausprobieren können, auch dort voneinander lernen, auch sich mit bestimmten Themen auseinandersetzen« (S06.12:1478–1480). Die Darstellung von Bildungsangeboten im Freizeitbereich macht bewusst, was Jugendliche »dort eigentlich leisten« und »dabei lernen, wenn sie mit Behörden […] eine Veranstaltung« vorbereiten müssen, wenn sie selber für Kleinere oder Jüngere Veranstaltungen vorbereiten, um Wissen weiterzugeben« (S06.12:1480–1485). Die Beobachtung, »dass da teilweise mehr hängen bleibt, als wenn die Schüler zwei, drei Stunden in die Schule gehen« (S06.12:1490–1491), steht für ein erweitertes Bildungsverständnis.

Das Sichtbarmachen des biographischen Kapitals legt die Ressourcen der Stadt offen: »Und das ist dann so eine Sache, wo ich sage, da hat es schon auch so einen Impuls gegeben, dass man sich darüber einfach auch bewusster geworden ist: ›Was leistet man? Was passiert dort?‹« (S06.12:1494–1496). Erweiterte Verfügungsrechte bestehen darin, die eigene Stärke und die anderer Bildungspartner zu erkennen: »Dass das noch mal sehr differenzierter auch dargestellt werden konnte« (S06.12:1498). Die Erkenntnis begründet eine gegenseitige Anerkennung: »Und damit hat man natürlich auch einen sehr großen Effekt, dass mehr Transparenz, mehr Information zu der bestehenden Struktur vorhanden ist und auch ein Verständnis gegenüber anderen da ist« (S06.12:1499–1501). Der Verschlossenheit von Effekten des Engagements auf das Lernen von Bürgerinnen und Bürgern steht die Öffnung des Bewusstheitskontextes bezüglich der Bereitstellung von Leistungsangeboten gegenüber: »Und wir haben es bei den Planungskonferenzen gesehen, Schulen haben sich darüber beschwert oder haben es negativ gefunden, dass sie keine Information über die freien Träger haben« (S06.12:1506–1508). Die Bildungsdatenbank stellt eine Dienstleistung dar, deren Aufbau und Pflege »erst durch die praktische Anwendung ausgelotet werden« (S06.12:1523–1524) kann: »Es muss immer wieder angelernt werden, Mitarbeiter wechseln, Verantwortlichkeiten wechseln, man muss sie animieren, ihre Daten, die sie irgendwo rumgeschickt haben, dort auch einzutragen« (S06.12:1555–1557). Stellen allein diese Operationen des Zeigens eine Daueraufgabe und ressourcenintensive Leistung dar, rücken Operationen des Lernens erst recht ins Ungewisse.

Die Figur eines erweiterten Bewusstheitskontexts findet sich auch anlässlich eines Treffens im Übergang zur zweiten Förderphase, an dem die Leitung der Stadtverwaltung, die externen Partner und die Stiftungspartner den Stand der Dinge bilanzieren. Bewusst wird, dass sich hinter sichtbaren Produkten wie dem Bildungsleitbild und dem Bildungskatalog unsichtbare Mechanismen der Zusammenarbeit und des Lernens verbergen: »Das hat noch mal die Augen geöffnet, […], wie ist Lernen vor Ort überhaupt aufgestellt« (S12.12:189–190). Ihren Beitrag für Ergebnisse, die im Übergang zur zweiten Förderphase »sichtbar werden«, schätzt eine Bereichsverantwortliche der externen Partner als bedeutsam ein: »Das sind Sachen, die ohne unser Mitwirken auf gar keinen Fall an dem Punkt wären, wo sie jetzt sind, und das ist auch gut so« (S12.12:203–208). Der Werkstolz beinhaltet auch die Anerkennung der Beiträge seitens der Stadt. Eine »sehr gute Kooperation« entwickelt sich mit der Kulturdirektion und hier insbesondere »aus dem Bereich Marketing« […]: Wir haben halt öffentlichkeitswirksame […] Maßnahmen im öffentlichen Raum über die Lange Nacht der Museen und Lange Nacht der NaturwissenschaftenFootnote 9« (S12.12:1154–1161). Diese Gemeinschaftsaktionen integrieren die Idee von Lernen vor Ort, verschmelzen sie mit dem Selbstverständnis der Stadt als Bildungsstadt und transportieren das anverwandelte Ideengebilde an einen großen Besucherkreis.

Schwieriger gestaltet sich die Veröffentlichung des Bildungsberichts. Dass es sich dabei um »eine große Nummer« (S12.12:2039 handelt, kommt mit einem hohen Anspruch zum Ausdruck, sich als Bildungsstadt zeigen zu wollen. Der erste Entwurf hält dem Qualitätsverständnis nicht Stand: »Der schien nicht in der Qualität gewesen zu sein, dass man den veröffentlichen könnte« (S12.12:1831–1832). Bedingt durch einen Personalwechsel beginnt die Bildungsberichterstattung bei »null« und kann mit einem »Riesenberg an Arbeit […] nur das bedienen, was auf jeden Fall vom DIPF gefordert ist« (S12.12:1835–1839). Gegenstand der Verunsicherung bildet die Klärung des grundlegenden Verständnisses eines Bildungsberichts: »Ist halt ‘ne Frage, wie man sich entscheidet: Sieht man nur den Bericht als Ergebnis von Bildungsmonitoring oder versteht man Bildungsmonitoring als Prozess« (S12.12:2042–2046). Allein der Entscheid, dass ein Bildungsbericht geschrieben werden soll, stellt für die Stadt eine »Hürde« (S12.12:2091) dar: »Es ist ja für die Stadt […] die Entscheidung getroffen worden, entgegen vorherigen Auffassungen, dass es einen Bericht geben wird. Vorher wurde es weit weggeschoben, vor Lernen vor Ort gab es die Aussage, [die Stadt] macht das nicht« (S12.12:2077–2081). Auch wenn mit diesem Entscheid »da schon ganz viel eigentlich passiert« (S12.12:2084) ist, führt nichts daran vorbei zu klären: »Was sind die Kernaussagen, die aus unserer Sicht in den Bildungsbericht mit reinmüssen. Und in welcher Form […] bereiten wir das auf?« (S12.12:2007–2011).

Das Scheitern der Veröffentlichung eines ersten Entwurfs dokumentiert weniger eine unzulängliche Qualität der Daten als vielmehr das Ergebnis eines Delegationsverständnisses von Bildungsmonitoring. Dieses Verständnis fällt den Lernen-vor-Ort-Verantwortlichen vor die Füße, als angesichts zeitlicher Restriktionen klar wird, dass Bildungsmonitoring und Bildungsberichterstattung nicht an ein Aktionsfeld und schon gar nicht an Einzelpersonen delegierbar sind: »Das ist für die nicht zu schaffen« (S12.12:2012–2013). Ein Delegationsverständnis ermöglicht eher eine ausschnitthafte Darstellung von Wissen: »Wir gucken uns mal die Schulen […] und Horte und Kindergärten an« (S12.12:2049–2050). Demgegenüber steht ein Konsensverständnis für die Darstellung von veränderten Sichtweisen: »Interessant ist einfach, dass wir die Bildungslandschaft in den letzten zwei Jahren […] anders einfach noch mal in den Blick genommen haben. Und das muss sich in dem Bildungsbericht widerspiegeln« (S12.12:2054–2059). Nicht zufällig formulieren die Lernen-vor-Ort-Partner »größere Erwartungen« (S12.12:2087), die mehr beinhalten als das IT-Tool in die Stadtverwaltung zu integrieren: »Monitoring ist nicht nur, dass der Bildungsbericht nach Minimalanforderungen des DIPF erstellt wird« (S12.12:2105–2106). Als Bildungsstadt sichtbar zu werden, bedeutet aus einer Außensicht »die Betrachtung der gesamten Bildungslandschaft und damit das Jagen und Sammeln nach thematisch orientierten Daten und Fakten, und da gehören eben auch qualitativ eingesammelte Daten auch dazu« (S12.12:2111–2119). Insbesondere die Erhebung, Analyse und Darstellung von qualitativen Daten stellt die Stadt vor grosse Herausforderungen. Qualitative Daten bilden aus einer konsensorientierten Aussensicht auf die Bildungsstadt deren Herzstück. Der »Anwendungsleitfaden für den Aufbau eines kommunalen Bildungsmonitorings« ermutigt ausdrücklich dazu, auch »qualitative und narrative Darstellungen besonderer Projekte und Anstrengungen in den Kommunen« (Giar et al., 2017, S. 41) zu veröffentlichen. Das Orientierungsraster für das Indikatorenmodell sieht narrative Elemente in den Bildungsbereichen Netzwerke und Beratung und in allen Themenbereichen vor (Giar et al., 2017, S. 19). Die externen Partner sehen sich auch durch die Beratung des DIPF bestärkt in ihrem Anspruch, Themen wie »Beratung, [den] Blick auf die Übergänge oder auf bestimmte thematische Inhalte« (S12.12:2125–2126) in den Bildungsbericht aufzunehmen. Obwohl sie dazu »ganz deutlich ermuntert« (S12.12:1996) werden, erkennen sie diesen Anspruch als weiteren großen Schritt: »Und das ist noch eine Hürde, die offensichtlich noch genommen werden muss« (S12.12:2130).

Neben dem grundsätzlichen Entscheid, einen Bildungsbericht zu veröffentlichen, dem partnerschaftlichen Bestimmen von Kernbereichen und der Berücksichtigung qualitativ-narrativer Darstellungen, markiert der Anspruch, den Monitoringprozess mit Entscheidungen abzuschließen, eine weitere Hürde: »Jetzt müssen die Entscheidungen getroffen werden, nicht in drei Jahren, dann interessiert es mich auch nicht mehr, wenn es erst mal den Bach runtergegangen ist« (S12.12:2138–2140). Dateninformierte Entscheidungen, die »ins Mark treffen« (S12.12:2229), folgen dem Anspruch, sich mittels Bildungsberichten nicht nur zu präsentieren, sondern auch zu zeigen und von Bildungspartnern in die Pflicht nehmen zu lassen. Mit dieser Anforderung betritt die Stadt Neuland. Anders verhält es sich mit dem gewachsenen Selbstverständnis als Bildungsstadt im Zuge der Teilnahme an der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung. Unterstützt durch eine AuszeichnungspraxisFootnote 10 hat sich über Jahre eine Bewusstheit für »nachhaltige Bildung« etabliert, die »nach vielen Diskussionen« auch auf Lernen-vor-Ort-Mitarbeitende übergreift: »Man muss jetzt nicht einfach täglich nachhaken, sondern die tun an bestimmten Stellen mit und das ist schon mal gut« (S06.14:178–199).

Formal bildet sich die katalysatorische Wirkung von Lernen vor Ort auf die kommunale Institutionalisierung des Programms Bildung für nachhaltige Entwicklung im Bildungsleitbild ab. Die Stadt ist eine von 21 ausgezeichneten Kommunen mit dem Label »Kommune der Weltdekade« (Fischbach, Kolleck & Haan, 2015, S. 12). Die Transferidee, verstanden als Ausdehnung einer Leitidee in die gesellschaftliche Breite, teilen Lernen vor Ort und Bildung für nachhaltige Entwicklung. Gemeinsam ist beiden Programmen auch die Vorstellung einer strukturellen Verankerung von Leitideen. Lernen vor Ort versteht sich als Strukturprogramm, QuaSi-BNE folgt der Strategie »Vom Projekt zur Struktur« (Fischbach et al., 2015, S. 12). Diese Sichtbarkeitsstrategie stellt eine Antwort auf die Erfahrung dar, dass das eigentliche Transferwissen im Verborgenen liegt: »Die dem Handeln im Bereich der BNE zugrundeliegenden Strukturen sind oft informeller Art, finden quasi hinter den Kulissen statt und sind auch für involvierte Akteure größtenteils unsichtbar« (Fischbach et al., 2015, S. 12). Im Bereich der BNE greift die Sichtbarkeitspolitik: »Da sind einfach bestimmte Ebenen jetzt da, wo sich das intelligent verschaltet, das heißt, wenn man so will, so ‘n bisschen mehr System, mehr Breite, mehr Anfassbares kommt dabei rum« (S06.14:231–236). Die Auszeichnungspraxis setzt auf konkrete Produkte, »deren positive Effekte beschrieben werden müssen« (Fischbach et al., 2015, S. 14). Das Best-Practice-Profil der Stadt konstituiert sich durch öffentlich sichtbar gemachte Aktivitäten im Fairen HandelFootnote 11 und im Bereich des Service Learning (Backhaus-Maul & Roth, 2013): »Studenten lernen mit uns als Stadt, mit Vereinen, mit Trägern, mit Wirtschaftsunternehmen, machen Praxisprojekte, die wir nutzen« (S06.14:253–254). Auch das außerschulische Lernen als zentrales BNE-Anliegen findet mit »Brachflächennutzungen« durch Jugendliche Berücksichtigung: »Das sind so die Dinge, wo sich das jetzt anfassbar macht« (S06.14:299–302). Lernen vor Ort sattelt sich auf die aktive Sichtbarkeitspolitik von QuaSi-BNE auf und betreibt professionelle Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnen: »Die haben Filme gemacht, die im Internet stehen, […] da sind Leute interviewt worden […] oder wir als Bürgerstiftung […] haben dann da bestimmte Dinge, wo eben Bildung anders passieren kann, über […] Interviews und so was dargestellt« (S06.14:1251–1264).

6 Investition von Kommunikationsmedien

Das BMK investiert Sprache, nachdem es vom ökonomischen, politischen und gemeinschaftlichen System mit Geld-, Macht- und Reputationsinvestition angesprochen wurde. Das KBM wird vom gemeinschaftlichen und sozial-kulturellen System zur Investition von Macht aufgerufen und investiert Durchsetzungskraft ins sozial-kulturelle System.

6.1 Sprachinvestition des Prozess- und Strukturinnovators

Das BMK eröffnet den Strukturierungsprozess grenzüberschreitender Professionalität auf den Feldern des Kulturmarkts, der Kulturpolitik und der kulturellen Vereinigung. Objekt der Erziehung ist das sozial-kulturelle System mit Adressierungen des ökonomischen und politischen Systems sowie des Gemeinschaftssystems. Eine Öffnung des Diskurses durch die monetäre Alimentierung des ökonomischen Systems prozessiert des BMK, indem es das Föderalismusproblem durch Unruhestiften und pädagogisches Programmschachteln mit einem Engagement hoher Intensität bearbeitet. Es öffnet sich für unerwünschte Handlungsblockaden in Entwicklungswerkstätten und erwünschte Kooperationsrenditen an Bildungskonferenzen. Eine Spezifikation des Diskurses durch das politische System zeichnet sich mit dem Gezerre um Personalressourcen der beteiligten kreisangehörigen Städte ab, insofern die Funktion der Bereichskoordination vom unmittelbaren People-Processing auf die Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen umzustellen ist. Diese Zielperspektive legt einen Bewusstheitskontext mit datenbasierter Reflexion hoher Intensität nahe. Von den Programm-Ansprüchen der Nachhaltigkeit und Verstetigung geht ein hoher Aufforderungscharakter aus, die Idee der Kohärenz im Bildungsbereich in das Regionale Bildungsnetzwerk zu überführen. Die Region mit dem Programm Lernen vor Ort zugleich zu bemächtigen und unsichtbar zu machen, evoziert eine Schließung des Diskurses auf Zielsetzungen der Landesinitiative. Das BMK konzentriert seine Strategien auf die Sprachinvestition auf dem Feld des politischen Diskurses. Die damit verfolgte Generalisierung der Machtinvestition auf Verständigungskraft umfasst mehrheitlich Strategien mittlerer und starker Intensität.

6.2 Macht- Reputations- und Sprachinvestition des Produktinnovators

Das KBM eröffnet den Strukturierungsprozess grenzüberschreitender Professionalität auf den Feldern der Haushalts- und Finanzökonomie, der Gesellschaftspolitik und der Kulturpolitik. Objekte der Erziehung sind das politische System, das Gemeinschaftssystem und das sozial-kulturelle System. Eine Öffnung der Machtinvestition durch die Alimentierung des ökonomischen Systems prozessiert das KBM, indem es die Verwaltung mit dem Projekt Lernen vor Ort bemächtigt. Dem absehbaren Versiegen der monetären Ressourcen begegnet es von Beginn an mit der Schaffung von Stellen und eines neuen Bildungsressorts. Eine Spezifikation der Solidarität durch das politische System im Sinn einer Ansprechbarkeit für Kommunikationsarten der Gesellschaft muss sich zunächst an Widerständen und Argumentationsrunden innerhalb der Stadtverwaltung abarbeiten. Dies legt den Schwerpunkt auf viel unsichtbare Vorarbeit zur Abstimmung einer bereichsübergreifenden Zusammenarbeit nahe, ohne dass Fragen des People-Processing in den Blick kommen können. Eine Spezifikation des Diskurses treibt das politische System durch die doppelte Ausrichtung am Aufbau eines Bildungsmonitorings als Programmaufgabe und der Entwicklung einer Bildungsdatenbank als selbstauferlegte Produktinnovation an. Ein Kundenverständnis gegenüber der Öffentlichkeit begründet die Konzentration auf bereichsübergreifende Zusammenarbeit zur Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen. Das KBM verteilt seine Strategien auf die Machtinvestition auf dem Feld der Kulturpolitik, die Reputationsinvestition auf dem Feld der politischen Vereinigung und auf die Sprachinvestition auf dem Feld des politischen Diskurses.

6.3 Investition von Kommunikationsmedien im Vergleich

Gegenläufig zur Ausdehnung der Leitideen eines Regionalen Bildungsnetzwerks auf kreisangehörige Städte setzt das BMK auf eine konzentrierte Verständigungskraft. Gegenläufig zur Konzentration von Vernetzungsfragen innerhalb der Stadtverwaltung setzt das KBM auf eine Distribuierung von Durchsetzungs-, Vereinigungs- und Verständigungskraft. Sowohl der Prozess- und Strukturinnovator als auch der Produktinnovator bedienen sich Strategien mittlerer Intensität, um bereichsübergreifende Zusammenarbeit auf unmittelbares People-Processing folgen zu lassen (Typ 3), mit Blick auf unmittelbares People-Processing zu organisieren (Typ 4) oder wechselseitig durch die Koordination von Zeigen und Lernen in Beziehung zu setzen (Misch-Typ 3/4). Strategien starker Intensität setzt vor allem der Prozess- und Strukturinnovator in Hegemonie- und Domänenspielen ein, um Beeinträchtigungen bereichsübergreifender Zusammenarbeit und/oder des unmittelbaren People-Processing abzuwenden (Typ 6, Misch-Typ 5/6). Spannungslagen auf dem Feld des politischen Diskurses gehen mit mehr Gefährdungspotenzial für die Sozial- und Systemintegration einher als Spannungslagen auf den Feldern der Kulturpolitik und der politischen Vereinigung.