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Interaktionsdynamiken im Workshop

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Workshops

Part of the book series: Organisationsstudien ((OS))

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Zusammenfassung

Entlang der drei Spannungsfelder 'Engagement vs. Gleichgültigkeit', 'Eigendynamik vs. Zensureffekte' und 'Gleichrangigkeit vs. Ungleichheit' werden typische Interaktionsdynamiken im Workshop dargestellt. Dabei werden geläufige Annahmen der Praktikerliteratur kritisch überprüft.

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Notes

  1. 1.

    Die Annahme, dass die Rahmenbedingungen des Workshops dazu beitragen, dass sich Teilnehmende in ihnen anders verhalten als im organisationalen Alltag, findet sich auch in empirischen Untersuchungen zu Workshops. So argumentieren Johnson et al. (2010: 1603), dass „removal, liturgy and specialists“ – welche sie als die drei zentralen rituellen Elemente von Strategieworkshops ausmachen – die Entstehung eines „liminal state: a context in which behaviours are likely to be different from those in the workplace“ begünstigen.

  2. 2.

    Während im vorangegangenen Kapitel sowohl die asynchrone als auch die synchrone Phase des Workshops betrachtet wurden, beschränkt sich die folgende Analyse auf den synchronen Teil, das heißt jene Interaktionsdynamiken, die beim Aufeinandertreffen aller Beteiligen in der eigentlichen Veranstaltung zu erwarten sind.

  3. 3.

    Die hohen Erwartungen an Workshops, wie sie in derartigen Beschreibungen zum Ausdruck kommen, stehen dabei im auffälligen Kontrast zu den in Bezug auf Regelmeetings gehegten, welchen häufig der Ruf der „Zeitvergeudung“ anhängt (vgl. etwa Groß 2018: 5; Leach et al. 2009; Peck et al. 2004).

  4. 4.

    Goffman (1961: 42) definiert „tension“ bzw. „dysphoria“ als den Zustand, bei dem die spontane Involviertheit eines Individuums nicht mit dem übereinstimmt, was von ihm in der Situation erwartet wird, wodurch die Interaktionspartner sich gewöhnlich „uneasy“ fühlen.

  5. 5.

    Vgl. zu Entfremdung in organisierter Interaktion und den diesbezüglichen Unterschieden zu geselliger Interaktion auch Kieserling (2014: 18 f.).

  6. 6.

    Darauf, dass andere soziale Systeme versuchen, sich diese verpflichtende Eigenschaft von Interaktionen zunutze zu machen sowie auf die Grenzen, die derartige Versuche haben, verweist auch Kieserling (1999: 51): „Andere Systeme können diese Leistung, die immer zugleich auch eine Leistung der sozialen Kontrolle ist, nur dadurch vollbringen, daß sie ihrerseits auf Interaktion zurückgreifen. Aber das ist kein voller Ersatz, denn die Interaktion ist ja in jedem Falle ein eigenes System und nicht einfach das passive Vollzugsorgan irgendeiner Zentrale. Die Prämissen, unter denen die Zentrale die Interaktion plant, können unter Anwesenden zum Thema gemacht oder auch stillschweigend außer Kurs gesetzt werden (…).“

  7. 7.

    Die empirische Fallstudie von Bürgi et al. (2005) zum Strategie-Workshop eines Telekommunikationsunternehmen, in der der Einfluss von händischen Aktivitäten wie die Nutzung von Lego-Steinen zur Strategieentwicklung auf den Workshop-Verlauf und das Ergebnis des Workshops untersucht werden, gibt Anlass zur Annahme, dass sich das „Engagement“ (Goffman 1973b: 41) der Teilnehmenden durch derartige Methoden steigern lässt. So zeigten sich die Teilnehmenden des Workshops rückblickend überrascht vom „high level of involvement and energy in the workshop“ (Bürgi et al. 2005: 86).

  8. 8.

    Goffman geht in seiner Untersuchung zu Spielen jedoch davon aus, dass man an ihnen etwas lernen kann, dass sich für Interaktionen im Allgemeinen generalisieren lässt.

  9. 9.

    „Euphoria“ bzw. „ease“ bilden bei Goffman (1961: 42) die Gegenbegriffe zu „dysphoria“ bzw. „tension“. „Euphoria“ liegt vor, wenn das Maß, zu dem das Individuum zu spontaner Involviertheit verpflichtet ist, und seine tatsächliche spontane Involviertheit übereinstimmen. Interaktionspartner fühlen sich in diesem Zustand „at ease“, die Interaktion wird „euphoric“ (ebd.).

  10. 10.

    So stellt Groß (2018: 3) etwa fest: „Informationen, Erfahrungen, aber auch Bedenken und Kritik werden offen geteilt. So wird vorhandenes Wissen für alle nutzbar gemacht“, so als würde es sich bei diesen Prozessen um Automatismen handeln.

  11. 11.

    Im Anschluss an Goffman liegt nach Luhmann (1964: 358) taktvolles Verhalten vor, wenn „die Selbstdarstellung der Beteiligten, auch wo sie unglaubhaft wird, im Interesse der Fortführung des Kontaktes geschont wird“.

  12. 12.

    Inwiefern Takt und eine ausgeprägte „disposition towards caution“ eine Offenlegung von Ansichten verhindert, zeigt Wasson (2000: 461) in ihrer Untersuchung von Meetings in einem Technologieunternehmen auf. Dabei scheint sich die Zurückhaltung der Teilnehmenden in großem Maße auf ein Interesse daran, die Darstellung ihrer Kollegen zu schützen, zurückführen zu lassen: „(…) participants in these interactions seemed highly sensitive to the vulnerability of individuals who offered suggestions. Far from harshly criticizing each other’s ideas, they went to remarkable lengths to protect one another in situations of disagreement. Negative assessments were often constructed with tremendous delicacy and indirectness“ (ebd.: 470).

  13. 13.

    Auf derartige Effekte verweist auch Bowman (1995: 7) in einer Untersuchung zu Strategie-Workshops, in denen sich die Teilnehmenden nur in seltenen Fällen über die „zone of comfortable debate“ hinausbewegt haben, wodurch die Ziele der Workshops häufig verfehlt wurden.

  14. 14.

    Kühl (2007: 285) verweist darauf, dass sich derartige Schein-Konsense in organisierten Interaktionen zwischen Organisationsmitglieder vor allem dann ausbilden, wenn „Top-Führungskräfte aus dem »Raumschiff der Unternehmenszentrale« teilnehmen.“

  15. 15.

    Auch Groß (2018: 12) stellt fest, dass ein gutes Arbeitsklima dem Vorankommen in der Sache eher schaden als nützen kann: „Wer das gute Klima nicht stören möchte, hält entsprechende Vorschläge lieber zurück. Das Gleiche passiert mit kritischen Gegenargumenten oder bislang noch fehlenden Informationen. Folglich spricht man gerade in stark harmonieorientierten Gruppen vorzugsweise über das, was ohnehin schon jeder weiß. Das ist nicht unproblematisch für die Sache. Das kollektive Wohlfühlen geht dann zulasten der Ergebnisqualität.“

  16. 16.

    Damit soll nicht gesagt sein, dass Interaktionspartner nur dann taktvoll miteinander umgehen, wenn sie ein Wiedersehen für ausgemacht halten. Auch an Autobahngaststätten lässt sich taktvolles Verhalten beobachten. Gleichzeitig zeigt sich häufig, dass sie Schwelle zur Taktlosigkeit sinkt, wenn man sich sicher ist, dass man sich nicht wiedersieht.

  17. 17.

    Kieserling (1999: 221 f.) verweist darauf, dass sich derartige Erwägungen zwangsläufig ausbilden, sobald sich Interaktionen zu „Interaktionszusammenhängen“ verketten: „Die Anwesenden nehmen Rücksicht darauf, dass weitere Interaktion unter ihnen schon stattgefunden hat und auch weiterhin noch bevorsteht. Nicht nur das Schicksal der einzelnen Interaktion ist dann zu bedenken, sondern auch das Schicksal der »guten Beziehung«, die dabei gefördert werden, aber eben deshalb auch Schaden nehmen können. Kurz es gilt, das »Gesetz des Wiedersehens«.“

  18. 18.

    Goffman (1959: 245) ergänzt: „In other words, while teams in our society are usually obliged to suppress their rage behind a working consensus, there are times when teams are obliged to suppress the appearance of sober opposition behind a demonstration of outraged feelings.“

  19. 19.

    Goffman (1961: 55) definiert „flooding out“, was in der deutschen Fassung mit „das Ausfallen“ (Goffman 1973b: 62) übersetzt wird, wie folgt: „It is apparent, however, that under certain circumstances the individual may allow his manner to be in new dated by a flow of affect that he no longer makes a show of concealing.“

  20. 20.

    Hierzu finden sich Hinweise in Bowmans (1995: 7) Untersuchung zu Strategie-Workshops, in der er aufzeigt, dass Debatten zwischen Teilnehmenden häufig innerhalb der „zones of comfortable debate“ verbleiben und kritische Themen umschifft werden. Gleichzeitig verweist er auf Interventionen, durch die es Moderatoren in derartigen Situationen möglich war, tiefergehende Diskussionen anzustoßen. Hierbei erwies sich etwa die Technik des „feeding back aspects of organizational reality“ (ebd.: 8), bei der die Moderatoren die Teilnehmenden auf sachlich fundierter Grundlage mit ,harten Fakten‘ konfrontierten, als zielführend. Für die Schaffung einer fundierten Grundlage dürfte die Durchführung von Sondierungsgesprächen im Vorfeld der Veranstaltung unerlässlich sein.

  21. 21.

    Die Beobachtung, dass organisationale Interaktionen mit Vorgesetzten nur dann Erfolgschancen haben, wenn sich diese eben dieser Situationsrolle fügen, dies aber gleichzeitig Verhaltensschwierigkeiten auf allen Seiten mit sich bringt, findet sich bereits bei Luhmann (1964: 300 f.): „Konferenzen, an denen Vorgesetzte teilnehmen, verlaufen nur glatt, wenn diese ihre Befehlsrechte einstweilen zurückstellen und als Gleiche unter Gleichen argumentieren. Das erfordert der Situationsstil der Konferenz, obwohl die formale Organisation es nicht vorsieht und ein solches zeitweiliges Suspendieren des höheren Status alle Beteiligten vor delikate Fragen stellt.“

  22. 22.

    Die Autoren weisen vor dem Hintergrund ihrer Untersuchungen jedoch darauf hin, dass das Ausmaß, in dem dies geschieht, maßgeblich vom Verhalten der Auftraggeber abhängt und ob diese den Teilnehmenden signalisieren, dass eine Suspendierung von den üblichen Rollenverhältnissen erwartet wird (ebd.: 1670). In den erfolgreichen Fällen ließ sich die Entstehung ‚hierarchiefreier Räume‘ vor allem auf die bereitwillige Mitwirkung der anwesenden Vorgesetzten zurückführen, worin letztlich ein Indiz für das Fortwirken der Hierarchie auch im Workshop auszumachen ist. Ähnliche Beobachtungen finden sich bei Bayas-Linke (2009: 211), der mit Blick auf eine der von ihnen untersuchten Teamsitzungen auf die „Widersprüchlichkeit, dass der Vorgesetzte aufgrund seiner organisationalen Position [einen] sachlichen Referenzrahmen setzt und durch die Anerkennung seiner Entscheidung durch die anderen Anwesenden diese organisationale Position wieder ins Interaktionssystem einführt“ verweist.

  23. 23.

    Goffman schließt damit an Beobachtungen an, die sich schon bei Georg Simmel (1950) finden.

  24. 24.

    Im vorangegangenen Kapitel wurde gezeigt, dass Interaktionen – auch die im Workshop – sich entgegen der verbreiteten Annahme unter Praktikern nicht gänzlich durch Organisationszwecke steuern lassen. In diesem Kapitel soll das Verhältnis von Interaktion zu einem weiteren zentralen Strukturelement von Organisationen, Hierarchie, untersucht werden. Auffällig dabei ist, dass während in Bezug auf die aus der Organisation stammende Zwecke (bspw. Offenlegung von Ansichten und Interessen) angenommen wird, dass diese unmittelbar von Interaktion aufgenommen und verfolgt würden, für Verhältnis von Hierarchie und Interaktion im Workshop das Gegenteil angenommen, nämlich dass Hierarchie in den Workshopinteraktionen durch die Schaffung eines egalitären Settings zeitweilig keine Rolle spielen würde.

  25. 25.

    Goffman verweist an dieser Stelle darauf, dass diese Perspektive jedoch insofern beschränkt sei, als dass es auch viele Formen symmetrischer Ehrerbietung gebe sowie rituelle Verpflichtungen von Vorgesetzten gegenüber ihren Untergebenen. Andererseits argumentiert er im späteren Verlauf seines Essays, dass je höher die soziale Position eines Individuums sei, desto mehr Ehrerbietung ihm auch zuteilwerde sowie dass in dieser Hinsicht zumeist asymmetrische Verhältnisse zwischen Über- und Untergeordneten herrschen (Goffman 1986c: 71 f.).

  26. 26.

    Zugleich weist Goffman daraufhin, dass die „demokratische Orientierung“ neuerer Betriebe dazu neige, Organisationsmitglieder unterschiedlichen Ranges an Orten wie Cafeterias zusammenzubringen, wodurch sich bei diesen üblicherweise „Unbehagen“ einstelle (Goffman 1986d: 120).

  27. 27.

    Das Ausmaß der Auswirkungen, die hierarchische Unterschiede zwischen Anwesenden auf die Interaktion haben, dürfte wiederum von der Anzahl der anwesenden Hierarchieebenen abhängen. Während Organisationsmitglieder die Interaktion mit direkten Vorgesetzten in der Regel aus Routineformaten wie Meetings gewohnt sind und sich die im Folgenden beschriebenen Effekte daher in Grenzen halten dürfen, sind sie bei Anwesenheit von mehr als zwei Hierarchieebenen voraussichtlich deutlich größer.

  28. 28.

    Andererseits kann ein zustimmendes Nicken durch den Vorgesetzten die „Interaktions-Befangenheit“ (Goffman 1986e: 131) seiner Mitarbeitenden gewöhnlich stark reduzieren.

  29. 29.

    Hinweise darauf, dass die Teilnahme des höheren Managements ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die spätere Umsetzung der in Strategie-Workshops erarbeitenden Strategien ist, finden sich etwa in der empirischen Untersuchung von MacIntosh et al. (2010: 21).

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Nolte, M. (2023). Interaktionsdynamiken im Workshop. In: Workshops. Organisationsstudien. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-41334-7_4

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