Übergeordnete Zielstellung der Arbeit war es, auf systematische theorie- und datenbasierte Weise der Frage nachzuspüren, unter welchen Bedingungen oder in welchen besonderen Lebensabschnitten das Kind relevant für unterschiedliche Inhaltsdimensionen elterlichen Wohlbefindens sein kann, und welche zwischengeschalteten Variablen dabei eine Rolle spielen. Dazu erfolgte zunächst ein Gang durch Entwicklungslinien der Paar-, Familien- und Elternstressforschung, die mit Grundgedanken der Entstehung, Einschränkung und Aufrechterhaltung subjektiven Wohlbefindens verknüpft wurden. Entlang der breitgefächerten Forschungsbefunde und theoretischen Überlegungen kristallisierte sich einerseits heraus, dass dem Kind in Bezug auf das elterliche Wohlbefinden auf ganz unterschiedliche Weise Beachtung geschenkt wurde. Andererseits ließen sich im Verlauf der Ausführungen drei zentrale Forschungslücken identifizieren, die in den zwei datengestützten Teilen der Arbeit aufgegriffen wurden. In allen Analysen zeigte sich dabei, dass das Kind in bestimmten Lebensabschnitten oder anforderungsreicheren Phasen (am Übergang zur Elternschaft) und unter bestimmten Forschungszugängen (dem Vergleich von Eltern und kinderlosen Personen) einen wichtigen Anhaltspunkt für elterliches Wohlbefinden liefert.

Wie die unterschiedlichen Forschungsbefunde und theoretischen Annahmen vor allem im Feld der Paar-, Familien- und Elternstressforschung indizierten, spielen bei den Übertragungsprozessen zwischen kindlichen und elterlichen Merkmalen jedoch oftmals auch zwischengeschaltete Mechanismen eine Rolle. Dies konnte letztlich auch in den Analysen zum individuellen und partnerschaftsrelevanten Wohlbefinden am Übergang zur Elternschaft beobachtet werden. Es wurde deutlich, dass erhöhte Anforderungen durch das Kind oder die Elternrolle nicht immer nur auf direkte Weise ausschlaggebend für Einschränkungen positiver Wohlbefindensaspekte oder für die Verstärkung negativer Befindlichkeiten sind, sondern, dass dabei zwischengeschaltete Variablen auf individueller als auch auf partnerschaftlicher Ebene eine Rolle spielen. Die Diskussion der Befunde rief dabei auch zur Bescheidenheit auf, da viele der komplexen Variablenzusammenhänge, Austausch- und Hintergrundprozesse am Übergang zur Elternschaft auf Ebene der Daten gar nicht mitberücksichtigt werden konnten. Schließen lässt sich daraus, dass anhand der empirischen Datenanalyse immer nur eine begrenzte Einsicht in die soziale Wirklichkeit von Familien oder Individuen möglich ist. Letztlich handelt es sich um Beschreibungsversuche familiärer, elterlicher und kindlicher Lebenswelten, die jedoch einer fortwährenden Anreicherung empirischer Erkenntnisse bedürfen, um die Komplexität Stück für Stück greifbarer zu machen.

In der Gesamtschau lässt sich ebenfalls bestätigen, dass Elternschaft mit gemischten Gefühlen einhergeht und einerseits Zufriedenheit, Lebenssinn und Erfüllung bedeutet, andererseits aber auch mit bestimmten Herausforderungen verbunden ist. Dies wurde als Parenting Paradox bezeichnet (Morse und Steger 2019). Elternschaft ist dabei von vielen Bedingungen gerahmt (individuellen Merkmalen, Unterstützungssystemen, Wertvorstellungen, Erwartungen über Elternschaft, der ökonomischen Situation), die für Eltern manches erleichtern, aber auch einiges erschweren können. Vor diesem Hintergrund haben Forscher und Forscherinnen die Frage aufgeworfen, warum Paare Kinder bekommen, wenn Elternschaft offenbar mit so vielen Kosten und negativen Begleiterscheinungen einhergeht (ebd.). Die Ergebnisse der vorliegenden Studie weisen, als Antwort darauf, an unterschiedlichen Stellen in die Richtung, dass Elternschaft unter bestimmten Lebens- oder Rahmenbedingungen in positivem Zusammenhang mit dem Wohlbefinden der Eltern stehen kann, auch im Vergleich zu kinderlosen Frauen und Männern. Daher sollte die Frage eher lauten, was Familien, Eltern und Kindern bereitgestellt werden muss und wie sie konkret und bedarfsorientiert unterstützt werden können, so dass Elternschaft mit günstigen Voraussetzungen zusammenfällt. Die Befunde der vorliegenden Studie liefern hierzu einige wichtige Anhaltspunkte. Die Impulse lassen sich dabei zwei Ebenen zuordnen. Zum einen können aus den Befunden Implikationen für Beratungsangebote, niederschwellige Unterstützungsleistungen und Informationsmaterialien für Eltern gewonnen werden. Zum anderen lassen sich Impulse in Bezug auf sozialstaatliche Leistungen für Familien ableiten, die auf der Agenda familienpolitischer Überlegungen stehen sollten.

Implikationen der vorliegenden Arbeit für die Arbeit mit Familien, Eltern und Paaren

Deutlich wurde, dass bestimmte Phasen in der Paar- und Familienentwicklung mit unterschiedlichen Anpassungsleistungen einhergehen und vor allem während der aktiven Familienphase eng mit Entwicklungsschritten des Kindes verknüpft sind. Dazu zählt neben anderen der Übergang zur Elternschaft. Da die Analysen am Übergang zur Elternschaft auf einer zufällig gezogenen Stichprobe aus Eltern beruhten, ohne dabei besonders (vor)belastete Familien in den Blick zu nehmen, verdeutlichen die Ergebnisse, dass Schwierigkeiten am Übergang zur Elternschaft ein Phänomen sind, das viele Paare und Eltern betrifft und bereits milde Belastungen zu erhöhten Irritationen auf Paar- oder Individualebene führen können. Die Befunde verfügen damit einerseits über eine breite Anschlussfähigkeit und liefern Hinweise darüber, zu welchen punktuellen Herausforderungen es im Rahmen dieser Statuspassage bei vielen Eltern auf individueller, aber auch auf Ebene der Partnerschaft kommen kann. Gleichzeitig entsteht die Möglichkeit, Entwicklungsaufgaben und Übergänge in der Paar- und Familienentwicklung explizit in die Arbeit mit Familien einzubeziehen und als eine Einordnungsmöglichkeit für Probleme oder entstandene Schwierigkeiten zu sehen. Dadurch kann die Perspektive eingenommen werden, dass die Belastungen in vielen Fällen einen punktuell auftretenden Charakter haben, nicht aber automatisch chronifizierte Belastungen darstellen müssen. Dies ermöglicht einen lösungsorientierten Blick auf Schwierigkeiten, die Kontextualisierung von Problemen in den aktuellen Lebensbezug, erleichtert die Frage nach Ausnahmen oder nach Situationen, in denen die Paare z. B. auf konstruktive Weise miteinander kommuniziert haben (Vergleich von Problemzeiten und nicht-Problemzeiten), was in diesen Situationen anders war und macht damit Veränderung möglich (Schwing und Fryszer 2006; Schlippe und Schweitzer 2016). Gleichzeitig kommt damit ein spezifisches Menschenbild zum Ausdruck, das optimistisch ist, ressourcenorientiert und Veränderung für möglich hält. Das ist richtungsweisend für einen gelingenden Arbeitsprozess mit Klienten oder Klientinnen (Widulle 2011).

Weiterhin bestätigte sich, einer familientherapeutischen Sichtweise folgend, die hilfreiche Perspektive, Familie in mindestens drei zentrale Betrachtungsebenen zu unterscheiden (in die Ebene von Individuen, die Dyade und das gesamte Familiensystem), die jedoch untrennbar aufeinander bezogen sind (Cierpka 2008). Am Übergang zur Elternschaft finden individuelle Anpassungsprozesse statt und von den Müttern und Vätern müssen viele eigene Themen bearbeitet werden, was mitunter das individuelle Wohlbefinden untergraben kann. Parallel dazu spielen sich aber auch Anpassungsleistungen innerhalb der Partnerschaft ab. Insbesondere dann, wenn das Kind viel Aufmerksamkeit einnimmt, größere Unsicherheit mit der neuen Elternrolle herrscht und in der Paarbeziehung kein Platz mehr für Zweisamkeit, emotionale Nähe oder Austausch bleibt. Diese Dynamiken können letztlich das gesamte Familiensystem ins Ungleichgewicht bringen. Hier zeigen die vorliegenden Befunde, dass sich ein Blick auf unterschiedliche Betrachtungsebenen lohnt und nicht nur auf einzelne Symptomträger. Dies kann Weichen für gezielten Informations-, Unterstützungs- oder Beratungsbedarf stellen. Nicht zuletzt, da professionelle Unterstützungsleistungen dann nicht nur auf Erfahrungswissen fußen, sondern ebenso auf empirischen Erkenntnissen zu besonderen Problemlagen oder Schwierigkeiten der Ratsuchenden, wie Warschburger (2009) als wichtige Rahmenbedingung professioneller Beratung benennt.

Die Analysen deckten gleichzeitig aber auch konkrete Ressourcen auf, die helfen den Übergang zur Elternschaft besser zu meistern (höhere Lebens- oder Partnerschaftszufriedenheit vor der Geburt des ersten Kindes). Das ermöglicht eine Offenlegung vorhandener Ressourcen und greift damit einen ressourcenorientierten Blick auf, dem sich viele Ansätze der Beratung, Unterstützung und Begleitung von Familien, Eltern als auch Kunden und Kundinnen (sozial)pädagogischer Handlungsfelder verschrieben haben (z. B. Schwarzer und Buchwald 2009; Schubert et al. 2019). Mit dem Wissen, dass emotionale Selbstoffenbarung und Nähe dem Partner oder der Partnerin gegenüber beispielsweise Schutzfaktoren darstellen, um die anforderungsreiche Phase des Übergangs zur Elternschaft gelingend gemeinsam zu meistern, kann bereits vor der Geburt des Kindes geschaut werden, wie diese Ressource aktiviert werden kann oder was es in der Partnerschaft bräuchte, um sich dem anderen näher oder von ihm verstanden zu fühlen. Beziehungsweise kann eine Bewusstmachung oder Reaktivierung dieser Ressourcen im Bewältigungsprozess nach der Geburt des ersten Kindes eine wichtige Hilfestellung leisten, denn die Bewusstmachung, Betrachtung und Stärkung von Ressourcen leistet einen wichtigen Beitrag für gelingende Beratungsprozesse (Schubert et al. 2019). Die Befunde bekräftigten außerdem die zentrale Rolle der Paarkommunikation für eine zufriedenstellende Partnerschaft. In der Arbeit mit Paaren in dieser besonderen Übergangsphase kann ein weiterer Ansatzpunkt in der Bearbeitung von ungünstigen Konflikt- und Kommunikationsstrategien bestehen, mit dem Ziel an einer neutralen Kommunikationsbasis zu arbeiten, durch die sich beide Partner gehört fühlen und Bedürfnisse, Erwartungen und Enttäuschungen wieder wertfrei geäußert werden können.

Die in der Datenanalyse nachgezeichneten Anforderungen, die am Übergang zur Elternschaft auftreten können, weisen zudem auf Potenziale präventiver Angebote hin, die im Aufgabenbereich der Frühen Hilfen liegen. Allerdings im Sinne einer niederschwelligen und frühzeitigen Unterstützung und Information aller Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern (Buschhorn 2018) bevor sich Negativdynamiken verfestigen können und es zu schwerwiegenderen Problemen innerhalb der Familie kommt. Die Ergebnisse sind damit anschlussfähig für den Auftragsbereich der Frühen Hilfen als frühzeitiges niedrigschwelliges Angebot der Unterstützung und Information aller Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern (Verbesserung der Versorgungs- und Handlungskompetenzen) und weniger für die Erfüllung des frühen Schutzauftrages (soziales staatliches Wächteramt) zur Früherkennung einer sich anbahnenden Kindeswohlgefährdung (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2013a; Buschhorn 2018). Das unterstreicht das Verständnis, dass grundsätzlich alle Eltern einen Bedarf an Information, konkreten Hilfen, Wissen über Negativdynamiken, Konfliktschleifen, Problemlösestrategien oder Entwicklungsaufgaben des Kindes haben. Auch im Diskurs der verantworteten Elternschaft zeigte sich, dass bei vielen Eltern ein hoher Informationsbedarf besteht, um mit dem nötigen Wissen für die bestmögliche Förderung, Erziehung und Betreuung des Kindes ausgerüstet zu sein (Merkle und Wippermann 2008; Ruckdeschel 2015). Den generellen Unterstützungs- und Informationsbedarf von Eltern bekräftigt auch eine Studie, in der Mütter und Väter im Rahmen von 350 narrativen Interviews befragt wurden. Ergebnis war, dass sich viele Eltern (fernab von spezifischen Belastungslagen) konkrete Unterstützung in ihrem Erziehungsalltag wünschen, vor dem Hintergrund, das Erziehung eine herausfordernde Aufgabe ist, die oftmals überfordert oder verunsichert (Tschöpe-Scheffler 2005, 2008). Die untersuchten Eltern äußerten zum Beispiel ein Anliegen nach konkreten Hilfen, um sich in Konfliktsituationen aber auch im Erziehungsalltag sicherer zu fühlen. Daneben bestand ein Bedarf nach Wissen und Information über Entwicklungsanforderungen und -aufgaben des Kindes. Die befragten Mütter und Väter richteten zudem einen kritischen Blick auf sich selbst und erhofften sich mehr Einsicht in bestimmte Konfliktschleifen oder Ursachen für Probleme oder dysfunktionale Interaktionen. Schließlich wünschten sie sich mehr Austausch und Unterstützung mit anderen Eltern, nicht zuletzt zur Aktivierung sozialer Unterstützung und damit einer Entlastungsfunktion (Tschöpe-Scheffler 2005). Diese Studienbefunde bestärken empirische Sozialforschung zum Wohlbefinden und zu Bedürfnissen von Eltern und Kindern aus unterschiedlichen Blickwinkeln und unterstreichen deren Wichtigkeit.

Implikationen der vorliegenden Arbeit für sozialstaatliche Leistungen von Familien und Eltern

Die Befunde sowie der aufbereitete Forschungsstand verwiesen einheitlich in die Richtung, dass Elternschaft mit bestimmten Kosten verbunden sein kann (finanzielle Einbußen, Opportunitätskosten). Diese Einschränkungen, besonders die erlebte Knappheit ökonomischer Ressourcen, kann das elterliche Wohlbefinden beeinträchtigen und letztlich das gesamte Familiensystem vulnerabilisieren. Obwohl in den vergangenen Jahren viele Schritte zur Reformierung familienpolitischer Leistungen unternommen wurden [Einführung des Elterngelds im Jahr 2007, Einführung des ElterngeldPlus im Jahr 2017, der im Jahr 2013 in Kraft getretene Rechtsanspruch auf Förderung des Kindes ab dem vollendeten ersten Jahr in Kindertageseinrichtungen oder in der Kindertagespflege, als auch der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundkinder (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2008, 2016a, 2015, 2021b)] und Elternschaft damit auf unterschiedliche Weise unterstützt wird, gilt es weiterhin die Bedürfnisse von Familien, Kindern und Sorgeberechtigten eng im Blick zu behalten. Beispielsweise ist und bleibt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, trotz dieser vielen Handlungsschritte, eine zentrale Herausforderung für Eltern und es besteht weiterhin Verbesserungsbedarf (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2021a). Ein Potenzial zur Verbesserung kann dabei in der Weiterentwicklung und im Ausbau flexibler Arbeitszeitmodelle oder in der Ermöglichung von mehr Zeitsouveränität liegen. Der voranschreitende Ausbau der öffentlichen Kindertagesbetreuung kann zusätzliche Entlastung für Eltern schaffen, um nicht gedeckte Bedarfe in der Kinderbetreuung zukünftig abzudecken (ebd.) und auch die Weiterentwicklung des Elterngeldes wurde an unterschiedlichen Stellen empfohlen (z. B. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2021a; Böhmer et al. 2014). Neben der Wichtigkeit familienpolitischer Leistungen, unterstreichen die Befunde schließlich, wie wichtig es ist, dass politisch getragene Infrastrukturen für Familien, Kinder, Eltern (z. B. niedrigschwellige Unterstützungsangebote, sozialräumliche Vernetzung und Koordination von Angeboten, präventive Auffangstrukturen) weiter ausgebaut und gestärkt werden (siehe dazu Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2016b).

Ausblick

An einige Stellen der Ergebnisdiskussion blitzten bereits zukünftige Analysepotenziale auf. Zwei Forschungszugänge sollen besondere Erwähnung finden. Einerseits konnte die Differenzierungsleistung des subjektiven Wohlbefindens in die zwei zentralen Bereiche des partnerschaftsrelevanten und individuellen Wohlbefindens hervorgehoben werden. Dabei ergibt sich weiterer Forschungsbedarf, da die Frage entsteht in welcher Bezüglichkeit individuelles und partnerschaftsrelevantes Wohlbefinden am Übergang zur Elternschaft zueinanderstehen. Kuile et al. (2021) konnten hierzu erste Erkenntnisse liefern, dass eine hohe Lebenszufriedenheit vor dem Übergang zur Elternschaft beispielsweise einen protektiven Charakter für Negativdynamiken innerhalb der Paarbeziehung nach dem Übergang zur Elternschaft haben kann. Andere Studienbefunden weisen wiederum daraufhin, dass eine niedrige Partnerschaftszufriedenheit einen Risikofaktor für eine postpartale Depression darstellen kann (Hutchens und Kearney 2020). Insgesamt fehlt es bisher an weiteren Studien, die der Bezüglichkeit dieser Dimensionen subjektiven Wohlbefindens am Übergang zur Elternschaft nachspüren, insbesondere auch unter einer Zeitverlaufsperspektive und unter Einbeziehung der Sichtweise des jeweiligen Partners oder der Partnerin.

Anderseits wurde in der Darstellung der theoretischen Bezüge und des empirischen Forschungsstands an einigen Stellen die veränderte Ausgangslage für Familien im Rahmen der Coronapandemie angesprochen. Aufgrund der Aktualität dieses Themas und der vielfältigen Implikationen für Eltern und Kinder, die sich vor den veränderten Bedingungen (Kontaktbeschränkungen, Lockdownmaßnahmen wie Schließungen von formalen und non-formalen Bildungs- und Betreuungsangeboten) im Zuge der Coronapandemie ergeben haben, soll dieser Forschungszugang extra aufgegriffen werden.

Grundsätzlich erlaubt die Familienentwicklungstheorie die Einordnung der Coronapandemie als ein kritisches, unvorhergesehenes Lebensereignis, das insbesondere für Familien neue Herausforderungen aufgeworfen hat und unterschiedliche Anpassungsleistungen erfordert. In einem systematischen Überblicksartikel benennen Hahlweg et al. (2020) relevante soziale Belastungen für Familien im Zuge der Coronapandemie. Dazu zählen auf Ebene der Eltern oder der Familie finanzielle Unsicherheiten, Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlust und Existenzängste, aber auch die Gefahr vor Konflikten bis hin zur Gewalt Familien durch räumliche Enge (ebd.). Aufgrund der strengen Kontaktbeschränkungen und Lockdownverordnungen fielen phasenweise wichtige Entlastungspotenziale für Familien weg und der eigene Haushalt wurde für viele Wochen zum zentralen Lebensmittelpunkt (Kuger und Rauschenbach 2020). Besonders Kinder und Jugendliche litten unter diesen Einschränkungen und zeigten als Reaktion auf die pandemische Situation Anpassungsreaktionen, wie ein Anstieg von emotionalen und Verhaltensproblemen (Hahlweg et al. 2020). Nicht zuletzt, da für viele Kinder zeitweise das alltägliche Leben in Kitas oder Schulen gänzlich entfiel, strenge Kontaktbeschränkungen herrschten, die es erschwerten Freunde, Freundinnen oder die Großeltern zu sehen und gleichzeitig anderweitige Freizeitbeschäftigungen oder non-formale Angebote für Kinder nicht möglich waren (Kuger und Rauschenbach 2020). Die Pandemie versetzte damit viele Familien in eine Phase größerer Belastung. Vor einer Familienverlaufsperspektive ist daher anzunehmen, dass insbesondere Eltern am Übergang zur Elternschaft eine Anforderungspotenzierung erlebten, im Sinne des Pile-up of Family Demands (Patterson 2002). Fallen beispielsweise eine Episode größerer Belastung oder ein Stressereignis (Coronapandemie) zugleich in eine Phase zentraler Entwicklungsaufgaben oder kritischer Übergänge (dem Übergang zur Elternschaft), kann sich eine Erschütterung der Familie zusätzlich verstärken (übertragen von Bodenmann 1995a). Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, den Blick gezielt auf Familien und Eltern zu legen, die den Übergang zur Elternschaft im Zeitfenster der Pandemie vollzogen haben, da sich für bestimmte Eltern dieser Zielgruppe unter Umständen multiple Belastungen ergaben und auch noch nach dieser akuten Phase Stabilisierungsbedarf besteht. Erste Studien beginnen sich mit der Situation von Müttern und Vätern am Übergang zur Elternschaft während der Pandemie zu beschäftigen und verweisen auf den besonders anforderungsreichen Charakter dieser Ausnahmesituation (z. B. durch veränderte Rahmenbedingungen während der Geburt des Kindes oder in der vorgeburtlichen medizinischen und sozialen Betreuung, Angst vor einer Ansteckung mit COVID-19, Sorgen, das Kind unter den Bedingungen der Pandemie großzuziehen, da es sich z. B. im Zuge der medizinischen Nachversorgung anstecken könnte) (McMillan et al. 2021; Taubman-Ben-Ari und Ben-Yaakov 2020). Die Coronapandemie kann potenziell als Verstärker von Schwierigkeiten am Übergang zur Elternschaft verstanden werden und hat daher – neben vielen anderen Fragen – auch Forschungslücken spezifisch am Übergang zur Elternschaft aufgeworfen.