Die Verknüpfung der Familienentwicklungs- und -familienstressperspektive hat dazu geführt, dass sich viele Studien mit den tiefgreifenden Anpassungs- und Veränderungsprozessen von Müttern und Vätern am Übergang zur Elternschaft und dem Zeitraum nach der Geburt des ersten Kindes auseinandersetzen. Wie die bisherigen Ausführungen nahegelegt haben, bedarf es allerdings weiterführender Forschungsbefunde, die die Rolle des Kindes für individuelle als auch partnerschaftsrelevante Wohlbefindensaspekte am Übergang zur Elternschaft erhellen. Deshalb soll zunächst noch einmal in komprimierter Form skizziert werden, weshalb und unter welchen Umständen ein Kind Anhaltspunkt für das elterliche Wohlbefinden sein kann. Ausgangspunkt ist das Verständnis, dass sich Kinder in den ersten Monaten und Jahren schnell entwickeln. Das stellt hohe Anforderungen an die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Eltern und wirft immer wieder neue Herausforderungen auf, insbesondere während des ersten Jahres nach der Geburt des ersten Babys.

FormalPara Das Kind als Anhaltspunkt für elterliches Wohlbefinden am Übergang zur Elternschaft

Wie die bisherigen Ausführungen skizziert haben, unter Hinzuziehung unterschiedlicher entwicklungspsychologischer und stresstheoretischer, einschlägiger Fachliteratur (z. B. Berk 2004; Carter und McGoldrick 1989; Oerter und Montada 2002; Schneewind 1999) markiert der Übergang zur Elternschaft die Familiengründung und damit den Beginn der aktiven Familienphase. Einig sind sich die Fachbücher darin, dass dieser Zeitpunkt eine kritische Transition im Leben von Frauen und Männern darstellt. Besonders in den ersten Wochen und Monaten nach der Geburt ist das Paarsystem, aber auch das Individualsystem vor verschiedene Anpassungsanforderungen gestellt, um Raum für das erste Kind zu schaffen. Dies betrifft etwa die Neuaushandlung der Aufteilung der Haus- und Erwerbsarbeit, Etablierung neuer Versorgungs- und Pflegeroutinen, die Koordinierung von Aufgaben der Betreuung, Fürsorge und Erziehung des Kindes bzw. der Kinder, den Umgang mit Geld und damit eine zusätzliche finanzielle Verantwortung sowie die Neustrukturierung der gemeinsamen Zeit innerhalb des Paarsystems, als auch die Anpassung an einen veränderten Schlafrhythmus (siehe zu den unterschiedlichen Entwicklungsaufgaben noch einmal z. B. Jungbauer 2009; Oerter und Montada 2002; Schneewind 1999). Mütter und Väter erleben diese Phase daher als überwältigend, größtenteils positiv aber auch in manchen Aspekten belastend (Nyström und Öhrling 2004; Premberg et al. 2008; Fägerskiöld 2008). Neben den Veränderungen im Paar- und Individualsystem, stellen Säuglinge und Kleinkinder, mit ihrem hohen Entwicklungstempo, besondere Anforderungen an die Anpassungsbereitschaft und Flexibilität ihrer Eltern (Benz und Scholtes 2015). In diesem Zeitraum machen sich Mütter und Väter mit vielen neuen Aufgaben hinsichtlich der Betreuung, Pflege, Fürsorge und der Bedürfnisse des Babys vertraut. Zugleich müssen sie ihre Strategien stetig an den veränderten Entwicklungsstand des Kindes anpassen. Diese Herausforderungen durch das Kind, aufgrund der normalen kindlichen Entwicklung, können sich phasenweise zuspitzen und ein Belastungspotenzial für Eltern bedeuten. Physiologische Anpassungsprozesse des Kindes in den ersten Monaten können beispielsweise zu vermehrtem Schreien führen (Benz und Scholtes 2015). Ebenfalls können in der Entwicklung des Schlafverhaltens phasentypische, entwicklungsbedingte Störungen bzw. Unregelmäßigkeiten auftreten. In den ersten Monaten muss sich der Schlaf-Wach-Rhythmus erst an den Tag-Nacht-Rhythmus anpassen und an Regelmäßigkeit gewinnen. Zugleich ist der Schlaf des Neugeborenen durch Störungsanfälligkeit gekennzeichnet, aufgrund des höheren Anteils an REM-(Rapid Eye Movement) Schlaf (Scholtes et al. 2015). Im Laufe der ersten Monate verlängern sich dann allmählich die Schlafphasen. Um den achten Monat kann es aufgrund erforderlicher Anpassungs- und Reorganisationsleistungen wieder zu häufigerem nächtlichem Aufwachen kommen. Insgesamt führen die Entwicklungs- und Anpassungsprozesse des kindlichen Schlafverhaltens am Ende des ersten Lebensjahres jedoch vermehrt dazu, dass Eltern nachts wieder durchschlafen können (Scholtes et al. 2015).

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass vor allem Müdigkeit und Unterbrechungen der Nachtschlafzeiten erlebte Belastungsfaktoren, bereits in der Schwangerschaft und dann in den ersten Monaten nach der Geburt, darstellen (Cooklin et al. 2011; Elek et al. 2002; Lee und DeJoseph 1992; Pollock et al. 2005). Damit einhergehen Erschöpfung und weniger Zeit für sich selbst (Nyström und Öhrling 2004). Schlafdefizite der Eltern dauern insgesamt jedoch länger an, selbst über die ersten Monate mit dem Baby hinaus. Beispielsweise berichteten Väter bis zum zweiten Lebensjahr des Kindes unregelmäßiges Ausschlafen. Ähnliches gilt für Mütter, für sie bestand Schlafmangel sogar bis zum Erreichen des Schulalters der Kinder (Panova et al. 2017). Diese neuen Anforderungen, die durch die Pflege und Erziehung des Kindes entstehen, können bei Eltern ein Gefühl der Irritation auslösen. Manchmal nicht zu wissen was das Kind braucht, empfanden Väter zum Beispiel in einer Studie, neben der neuen finanziellen Verantwortung, als belastend (Pollock et al. 2005). Ungewohnte Anforderungen in der Pflege und Erziehung des Babys lösen, wie ein Überblicksartikel belegt, ebenso bei Müttern Belastungsgefühle aus. Mütter erlebten die ihnen zugeteilte primäre Betreuung und Fürsorge des Kindes in bestimmten Phasen als anstrengende und herausfordernde Arbeit, wobei insbesondere das Schreien des Babys zu Stress beitrug (Nyström und Öhrling 2004). Insgesamt kreisen viele der elterlichen Sorgen in dieser Anfangszeit um die Gesundheit, die Bedürfnisse und das Wohlbefinden des Kindes (McKim 1987), was auch zu einem Gefühl der Frustration führen kann (Premberg et al. 2008; Ahlborg und Strandmark 2001).

Die unterschiedlichen Befunde verdeutlichen, dass die Bewältigung solcher Entwicklungskrisen, als auch zeitweilige Gefühle der Überforderung und Belastung, integrale Bestandteile des Übergangs zur Elternschaft darstellen und insbesondere in dieser Zeit das Kind eine zentrale Rolle für das Wohlbefinden der Eltern spielt. Im Folgenden soll noch einmal explizit aufgezeigt werden, inwiefern die Rolle des Kindes bisher in Bezug auf partnerschaftsrelevante und im Anschluss hinsichtlich individueller Wohlbefindensaspekte untersucht wurde.

5.1 Forschungslücke II: Partnerschaftsrelevantes Wohlbefinden am Übergang zur Elternschaft und die Rolle des Kindes

Am Übergang zur Elternschaft und im Zeitraum nach der Geburt erfährt die Paarbeziehung tiefgreifende Veränderungen, da diese Phase die Beziehung destabilisieren kann. Beispielsweise, weil Paare weniger Zeit miteinander verbringen und gerade dies eine zentrale Stellgröße für Paarqualität darstellt (Jurczyk und Heitkötter 2012). Oder, weil sich Paarkonflikte in diesem besonderen Zeitfenster verstärken können (Gänszle 2010). Dementsprechend hat die Forschung die Entwicklung und Veränderung unterschiedlicher Aspekte der Partnerschaftsqualität, im Zeitraum nach der Geburt des ersten Kindes, in den Blick genommen. Gleichzeitig steht dabei die zentrale Frage im Raum, welche Faktoren die Veränderungen in der Partnerschaftsqualität zusätzlich dynamisieren.

Partnerschaftszufriedenheit

Studien unterschiedlicher Disziplinen sind sich darin einig, dass die Partnerschaftszufriedenheit, insbesondere bei Müttern, am Übergang zur Elternschaft bzw. mit der Geburt des ersten Kindes zunächst deutlich abnimmt, dieser Verlauf jedoch von unterschiedlichen individuellen Merkmalen oder Kontextbedingungen der Eltern beschleunigt oder abgemildert wird (siehe z. B. Keizer et al. 2010; Mitnick et al. 2009; Lawrence et al. 2008; Mortensen et al. 2012; Don und Mickelson 2014; Perren et al. 2005; Twenge et al. 2003; Rauch-Anderegg et al. 2020; Salmela-Aro et al. 2010; Trillingsgaard et al. 2014; Condon et al. 2004; Doss et al. 2009). Zum Beispiel erfährt die Ehezufriedenheit eine stärkere Abnahme, je weniger Qualitätszeit Paare nach dem Übergang zur Elternschaft miteinander verbringen (Dew und Wilcox 2011). Auch der gleichzeitige Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit verstärkt die Abnahme der Partnerschaftszufriedenheit am Übergang zur Elternschaft für Mütter (Keizer et al. 2010), genauso wie eine ungewollte Schwangerschaft (Cox et al. 1999). Unterschiede existieren zudem hinsichtlich des Beziehungsstatus, je nachdem, ob Paare verheiratet oder unverheiratet zusammenleben (Mortensen et al. 2012), aber auch ein, als vom jeweils anderen Partner erlebtes, unterstützendes Coparenting, hat positive Auswirkungen auf die Partnerschaftsqualität von Müttern und Vätern in der Postpartum Periode (Durtschi et al. 2017).

Merkmale der Paarbeziehung

Ein besonderer Analysefokus liegt in diesem Kontext auf Veränderungen innerhalb der Paarbeziehung, die als Verstärker für die Abnahme der Partnerschaftszufriedenheit verstanden werden (Hackel und Ruble 1992; Pacey 2004; Ramsdell et al. 2019; Kluwer und Johnson 2007). Das steht ganz im Zeichen der Paarstressforschung, wie bereits in den angeführten Befunden des Theorieteils deutlich wurde. Die Partnerschaftszufriedenheit fällt nach der Geburt zum Beispiel weniger steil ab, wenn sich Paare in dieser Übergangsphase gegenseitig unterstützt fühlen (Don und Mickelson 2014). Huss und Pollmann-Schult (2020) wiederum führen eine reduzierte Partnerschaftszufriedenheit der Mütter auf ein verändertes Konfliktverhalten, bei gleichzeitig häufiger stattfindenden Konflikten und auf einen Rückgang konstruktiven Verhaltens dem Partner gegenüber zurück. Aber auch wenn in dieser Transitionsphase eine ausgeprägte Negativkommunikation und dysfunktionales Dyadisches Coping zwischen den Partnern auftritt (Rauch-Anderegg et al. 2020) oder Ambiguitätsgefühle der Partnerschaft gegenüber, sowie erlebte Autonomieeinschränkungen (Theiss et al. 2013), führt das zu einer Abnahme der Partnerschaftsqualität. Theiss et al. (2013) beziehen ihre Überlegungen dabei auf das Relational Turbulence Model nach Solomon und Knobloch (2004), das davon ausgeht, dass bestimmte Entwicklungsabschnitte im Laufe einer Beziehung mit Turbulenzen und erhöhten Anforderungen verbunden sein können, die zu starken Reaktionen und Anpassungsleistungen der Partner führen. Ursprünglich bezieht sich das Modell auf den Übergang von der Kennenlernphase hin zur ernsten Partnerschaft (Solomon und Knobloch 2004). Jedoch wurde diese theoretische Verengung aufgehoben, so dass nunmehr jede kritische Transitionsphase in einer Partnerschaft potenziell zu Verschiebungen in der Paarbeziehung führen kann. Kritische Übergänge können durch individuelle Veränderungen eines Partners (z. B. durch veränderte romantische Gefühle) oder durch eine Verschiebung in der Dyade (die Geburt eines Babys) oder äußere Umstände (durch einen Arbeitsplatzwechsel) ausgelöst werden (Solomon 2015). In seinen Grundannahmen geht das Modell davon aus, dass in diesen ohnehin schon kritischen Phasen, bestimmte negative Merkmale in der Paarbeziehung auftreten können, die dann die Kommunikation zwischen den Partnern verschlechtern oder negative Gefühle und Kognitionen begünstigen (Solomon 2015). Die Merkmale, die die Negativdynamik verstärken können, lassen sich grundsätzlich als Gefühle der Unsicherheit und Ambiguität (Relational Uncertainty) der Beziehung gegenüber beschreiben, die sich in drei aufeinander bezogene, jedoch differenzierbare Facetten zerlegen lassen. Dazu zählen die eigenen ambivalenten Gefühle hinsichtlich der Beziehung und die Frage, inwiefern man selbst in die Beziehung involviert ist (Self Uncertainty). Aber auch Zweifel darüber, inwiefern der Andere noch in die Beziehung investiert und welche Ziele er verfolgt (Partner Uncertainty) und das grundlegende Gefühl des Zweifels, ob die Beziehung überhaupt eine Zukunft hat (Relationship Uncertainty) (Solomon und Knobloch 2004; Solomon 2015). Theiss et al. (2013) wenden das Modell auf den Übergang zur Elternschaft an und gehen davon aus, dass sich Turbulenzen und negative Emotionen in dieser kritischen Transition in einer geringeren Partnerschaftszufriedenheit äußern und dieser Effekt durch Gefühle der Unsicherheit hinsichtlich der Paarbeziehung verstärkt wird. Ihre Analysen bestätigen letztlich, dass Ambiguitätsgefühle der Partnerschaft gegenüber sowie Autonomieeinschränkungen durch den Partner, die Abnahme der Partnerschaftszufriedenheit in dieser spezifischen Zeitspanne verstärken.

Die Befunde dieser unterschiedlichen Studien zur Partnerschaftsqualität, am Übergang zur Elternschaft, spiegeln damit insgesamt die eingangs skizzierten Annahmen der Paarstress- und Familienstressforschung wider. Angewendet auf diese Transitionsphase bedeutet das, dass die Geburt des ersten Kindes eine kritische Phase darstellt, in der Turbulenzen in der Paarbeziehung auftreten können bzw. bereits bestehende negative Merkmale fortgesetzt oder gar intensiviert werden, weil Regeln, Werte und Strukturen der Beziehung neu ausgehandelt werden müssen. Wenn Unstimmigkeiten auftreten, äußern sich diese in Gefühlen der Unzufriedenheit mit der Partnerschaft und werden durch bestimmte, in der Beziehung und Interaktion selbst verankerte negative Merkmale, intensiviert. Die Kommunikation verschlechtert sich, es entstehen häufiger und intensivere Konflikte, die weniger konstruktiv gelöst werden. Zugleich kann die Qualität und Quantität gemeinsam verbrachter Zeit abnehmen, die wichtige Regenerationsmöglichkeiten für Intimität und Nähe der Partner beschneidet. Ein besonderer Fokus der bisherigen Forschung lastet daher auf Faktoren, die bereits in der Paarbeziehung selbst verankert liegen (Paarvariablen) und im Interaktionsgeschehen und im Umgang der Partner miteinander, durch den Übergang zur Elternschaft, freigesetzt werden (z. B. partnerschaftliche Kommunikation, Konfliktverhalten) und in Zusammenhang mit einer Abnahme der Partnerschaftsqualität stehen. Doch inwiefern wurde in diesem Kontext untersucht, ob das Kind oder Anforderungen des Kindes mit Verschiebungen innerhalb der Partnerschaftsqualität oder -zufriedenheit zusammenhängen?

Auswirkungen des Kindes auf die Partnerschaft

In Bezug auf Auswirkungen auf die Partnerschaft deuten einige Befunde darauf hin, dass die als stressreich erlebte Elternrolle (z. B. ein niedriges Kompetenzerleben als Mutter oder Vater) direkte Einflüsse auf Aspekte des Paarsystems hat (Wallace und Gotlib 1990), und z. B. erhöhter Parenting Stress der Mütter zu einer reduzierten Zufriedenheit mit der Sexualbeziehung der Väter führen kann (Leavitt et al. 2017). Allerdings differenzieren die Studien nicht systematisch aus, welche Anforderungen durch den veränderten Alltag und Bedürfnisse des Babys zu diesem allgemeinen Belastungsgefühl in der Elternrolle beitragen und dann das Paarsystem beeinträchtigen. Vereinzelte Studien liefern Erkenntnisse darüber, inwiefern Anforderungen des Kindes zu Irritationen im Paarsystem führen. Meijer und Wittenboer (2007) zeigen, dass vor allem die Anforderungen durch das Schreien des Babys mit einer Abnahme der Partnerschaftszufriedenheit im ersten Jahr nach der Geburt beider Elternteile einhergeht. McDaniel und Teti (2012) spüren den Wirkzusammenhängen nach, die zwischen kindlichen Schlafproblemen im Zeitraum der ersten drei Monate nach der Geburt und der Paarbeziehung bestehen. Sie veranschaulichen, dass vermehrtes nächtliches Aufwachen des Kindes dazu führt, dass auch die Eltern häufiger aufwachen, was eine schlechtere Schlafqualität insgesamt und in der Folge Belastung erzeugt. Die erhöhte Belastung äußert sich dabei in depressiven Symptomen und einem als schlechter erlebten Coparenting. Auf Basis dieser Befunde kommen sie zu dem Schluss, dass Schlafunterbrechungen in diesen ersten Wochen einen entscheidenden Stressor für Eltern darstellen können, der für Mütter etwas stärker ausfällt, da sie in der Regel mit dem Kind aufwachen und es nachts versorgen. Zugleich ist die Wahrnehmung der Coparenting-Qualität eng mit den Dynamiken verbunden, die sich durch kindliche Schlafprobleme ergeben (McDaniel und Teti 2012). Ahlborg und Strandmark (2001) arbeiten mit ihrer qualitativen Studie heraus, dass das Baby und dessen Bedürfnisse durchaus einen direkten Einfluss auf die Partnerschaft haben können. Die untersuchten Paare berichteten alle darüber, dass das Baby die Paarbeziehung verändert hatte und zum Fokus der Aufmerksamkeit wurde. Damit gingen viele positive Gefühle einher aber auch die Erkenntnis, dass nun weniger Zeit für Zweisamkeit bestand und sie sich als weniger freie Individuen fühlten. Einige der Paare erlebten vor allem dann Unstimmigkeiten und Konflikte, wenn der Fokus zu sehr auf den Bedürfnissen des Babys lastete und das Gefühl entstand, dass gleichzeitig die Partnerschaft vernachlässigt wurde bzw. in den Hintergrund rückte. Das heißt, wenn sich der Fokus auf das Baby verlagerte, vor allem auf Seiten der Mutter, und damit gleichzeitig auf Kosten der emotionalen Zuwendung zum Partner, führte das zu größeren Unstimmigkeiten innerhalb der Partnerschaft. Lag jedoch ein gemeinsamer Fokus auf dem Baby und stellten die Bedürfnisse des Babys eine gemeinsam zu lösende Aufgabe dar, bestärkte das die Partnerschaft auf positive Weise (Ahlborg und Strandmark 2001). Belsky und Rovine (1990) stellen auch fest, dass die Berücksichtigung des kindlichen Temperaments dazu beiträgt, jene Eltern besser zu identifizieren, deren Partnerschaftsqualität nach der Geburt eine stärkere Abnahme erlebt. Insgesamt ist vor dieser Befundlage davon auszugehen, dass das Kind einen relevanten Anhaltspunkt für die Partnerschaft am Übergang zur Elternschaft darstellen kann. Als Synthese des diskutierten Forschungsstandes und der theoretischen Überlegungen zu Paarstress, wird folgendes übergeordnetes theoretisches Modell abgeleitet, das anschließend in den Daten überprüft wird (Abbildung 5.1):

Abbildung 5.1
figure 1

Vereinfachte Darstellung des aus dem Forschungsstand abgeleiteten theoretischen Modells für die Partnerschaftsqualität im ersten und zweiten Jahr nach der Geburt

5.2 Forschungslücke III: Individuelles elterliches Wohlbefinden am Übergang zur Elternschaft und die Rolle des Kindes

Neben der Paarbeziehung erfahren an diesem Übergang auch individuelle Dimensionen elterlichen subjektiven Wohlbefindens eine Veränderung und werden von unterschiedlichen Faktoren mitgesteuert.

Allgemeine Lebenszufriedenheit

Eine oft untersuchte Dimension subjektiven Wohlbefindens ist die allgemeine Lebenszufriedenheit, die in der Regel in Studien der soziologisch geprägten Life-Satisfaction- und Wellbeing-Forschung am Übergang zur Elternschaft aufgegriffen wird. In Elternstichproben zeichnet sich dabei ein grundsätzlich hohes Zufriedenheitsniveau ab, das im Zeitraum vor der Geburt des ersten Kindes und nach der Geburt einen Anstieg erlebt, ein bis zwei Jahre später aber auf das vorgeburtliche Niveau zurück- oder darunterfällt. Dieser Effekt scheint dabei für Mütter stärker auszufallen als für Väter (z. B. Dyrdal und Lucas 2012; Dyrdal et al. 2011; Rizzi und Mikucka 2014; Clark und Georgellis 2013; Myrskylä und Margolis 2014; Bernardi et al. 2017). Relevante Einflussfaktoren, die den Verlauf des Zufriedenheitsniveaus in diesem Zusammenhang mitbestimmen und untersucht wurden sind z. B. der subjektive Gesundheitszustand, Beziehungsstatus, die finanzielle Situation des Haushalts, Erwerbstätigkeit bzw. Stundenumfang der Erwerbstätigkeit und der Bildungshintergrund (Rizzi und Mikucka 2014; Myrskylä und Margolis 2014; Keizer et al. 2010). Im Mittelpunkt stehen hier somit der Entwicklungsverlauf der Lebenszufriedenheit von Eltern und, wie bereits beschrieben, der Effekt der Elternschaft auf das subjektive Wohlbefinden an sich. Betrachtet wird die Lebenszufriedenheit, zumeist ausgehend vom vorgeburtlichen Niveau, bis über einen Zeitraum von ein- bis zwei Jahren nach der Geburt. In aller Regel werden dabei nicht-kindbezogene Einflussfaktoren analysiert, von denen die Forscher und Forscherinnen ausgehen, dass sie Unterschiede des subjektiven Wohlbefindens vor und nach der Geburt oder den Entwicklungsverlauf mitbestimmen.

Psychisches und physisches Wohlbefinden in der Postpartum Period sowie vor und während der Schwangerschaft

Neben diesem eher soziologisch geprägten Forschungszugang liefern psychologisch und medizinisch ausgerichtete Studien, einen dezidierten Einblick in weitere Veränderungsprozesse auf Individualebene am Übergang zur Elternschaft. Die Forschungsbestrebungen beziehen sich dabei auf die Postpartum Period, die bis zu etwa sechs Monate nach der Geburt andauern kann (Romano et al. 2010). Oft wird aber auch ein erweiterter Studienzeitraum betrachtet, der den Zeitraum während oder schon vor der Schwangerschaft umfasst und/oder über diese ersten Monate nach der Geburt hinausreicht. Wie bereits skizziert, wurde das Kind unter diesem Forschungszugang stärker mit in die Analysen einbezogen. Im Folgenden soll noch einmal ein gezielter Fokus auf einzelne Wirkmechanismen individuellen Wohlbefindens im Spannungsfeld des Übergangs zur Elternschaft gelegt werden.

In einer Stichprobe mit Müttern einer niedrigen Einkommensschicht zeigte sich etwa, dass ein allgemein erhöhtes Stresslevel während der Schwangerschaft, welches mit einer subjektiven Stress- als auch hormonellen Stressmessung erfasst wurde, prädiktiv für eine postpartale Depression nach der Geburt des Kindes war (Scheyer und Urizar 2016). In einer finnischen Studie fielen untersuchte Mütter, die ein niedriges Familienklima berichteten und unter Insomnia (Schlafstörungen), erhöhten Stress- und Angstsymptomen und einer schon vor der Schwangerschaft diagnostizierten Depression litten, mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Gruppe von Frauen, die im Studienzeitraum von der 32. Schwangerschaftswoche bis 24 Monate nach der Geburt, leicht bis deutlich erhöhte Depressionswerte aufwiesen. Für Väter erhöhten dieselben Faktoren die Wahrscheinlichkeit, in diese zwei Risikogruppen zu fallen (Kiviruusu et al. 2020). Reid und Taylor (2015) legten den Fokus bei ihrer Untersuchung von Risikofaktoren für eine postpartale Depression stärker auf die Differenzierung von langzeit- und kurzfristig durch die Schwangerschaft und Geburt einsetzenden Stressoren. Zentrale Forschungsfragen sind, inwiefern bereits vor der Schwangerschaft bestehende Langzeitstressoren einen eigenen Einfluss auf ein Depressionsrisiko nach der Geburt haben, im Gegensatz zu akut, im Zeitraum nach der Geburt auftretenden Belastungen, und welcher Stressorentyp, ob chronisch oder akut, besonders prädiktiv ist. Die Analysen veranschaulichen, dass chronische Stressoren, die unabhängig von Schwangerschaft und Geburt bereits vorher bestanden, einen eigenen, nicht zu vernachlässigenden Effekt auf die Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer postpartalen Depression hatten, neben dem Entstehungsrisiko, das von den akuten Belastungsfaktoren ausging. Das deutet darauf hin, dass nicht nur proximale Stressoren relevant sind, sondern frühere Belastungen, unabhängig vom akuten Geschehen, einen Langzeiteffekt entfalten können (Reid und Taylor 2015). Gleichzeitig erwiesen sich in einigen Studien eine schon während der Schwangerschaft bestehende Depression oder eine depressive bzw. psychopathologische Vorgeschichte (neben anderen Faktoren) als zentrale Depressionsrisiken im Zeitraum nach der Geburt (z. B. Field 2011; O'Hara und Swain 1996; Robertson et al. 2004; Beck 2001; Guintivano et al. 2018; Milgrom et al. 2008). Davon ausgehend lässt sich ableiten, dass der Gemütszustand vor der Geburt einen relevanten Einfluss darauf hat, wie sich Mütter und Väter nach der Geburt fühlen und wie sie diese neue Situation meistern. Die Geburt muss daher als Ereignis in den Ausgangslebenskontext der Paare und Eltern gestellt werden.

Elterneffekte – elterliche Merkmale als Ausgangspunkt für die kindliche Entwicklung

Es liegen einige Studien vor, die sich mit Auswirkungen einer psychischen Beeinträchtigung oder Stress, vor allem bei Müttern, am Übergang zur Elternschaft, auf die kindliche Entwicklung und auf kindliches Verhalten befasst haben (z. B. Glasheen et al. 2010; Slomian et al. 2019; Kurth et al. 2010; Hentges et al. 2019). Korja et al. (2017) fassen unterschiedliche Studien zusammen und zeigen, dass Mütter, die erhöhte pränatale Angstsymptome aufwiesen, das Temperament des Kindes, vier bis 18 Monate nach der Geburt als schwieriger einschätzten und häufiger über Regulationsschwierigkeiten und vermehrtes Schreien des Babys berichteten. In einigen, von ihnen rezipierten Studien erwies sich zudem erhöhter subjektiv erlebter Stress vor der Geburt als Prädiktor für vermehrtes Schreien und eine höhere kindliche Irritabilität in den ersten nachgeburtlichen Monaten. Obwohl die Autorinnen zu bedenken geben, dass die Effektstärken in den Studien, wenn sie berichtet wurden, insgesamt moderat bis schwach ausfielen, kommen sie dennoch zu dem Schluss, dass eine pränatale Stressexposition oder Angstsymptome, aber auch weniger einschneidende Stressoren (Minor Stressors), Auswirkungen auf die Selbstregulationsfähigkeiten und langfristig auf die kindliche Entwicklung haben können. Dafür berücksichtigten die Autorinnen Studien, die kindliche Verhaltens- und Entwicklungsaspekte nicht nur über Elterninformationen, sondern auch über Beobachtungsdaten erfassen und zugleich auf eine postnatale emotionale Befindlichkeit (Postnatal Emotional State) kontrollieren (ebd.). Dies lässt einen Rückschluss auf zwei wichtige Aspekte zu. Einerseits, dass sich der Zusammenhang zwischen elterlichen Stressoren und kindlichen Auffälligkeiten auch im Hinblick auf objektive kindliche Verhaltens- und Entwicklungsmessungen bestätigen lässt (Korja et al. 2017). Studien verwenden zumeist Einschätzungen der Mütter über das kindliche Verhalten und kommen dabei relativ zuverlässig zu dem Schluss, dass Mütter mit einer depressiven Symptomatik das kindliche Verhalten als schwieriger einschätzen (siehe z. B. Orhon et al. 2007; Kerstis et al. 2013; McGrath et al. 2008; Edhborg et al. 2000). Beziehungsweise führt ein hohes Stresslevel eines Elternteils nicht nur zu dessen eigener Einschätzung des kindlichen Temperaments als schwieriger, der Stress eines Elternteils kann sich auf den anderen Elternteil übertragen und bei diesem zu einer negativeren Einschätzung des kindlichen Verhaltens führen (Räikkönen et al. 2006). Klären lässt sich dabei allerdings nicht, ob das Kind tatsächlich Auffälligkeiten aufweist, oder ob es sich vor allem um ein negatives Berichtsbias handelt. Die dahinterliegende Annahme ist, dass Eltern, die oftmals auch schon vor der Geburt und dann postnatal depressive oder Angstsymptome aufweisen, das Verhalten ihres Kindes deshalb als schwieriger einschätzen, da ihre psychische Verfassung zu diesem Wahrnehmungsbias führt, unabhängig davon, ob das Kind bei einer objektiven Diagnostik tatsächlich Auffälligkeiten zeigen würde. Studien, die objektive Messungen kindlichen Verhaltens berücksichtigen (etwa anderer Beobachter) und im Kontext erhöhter elterlicher Stress-, Angst- oder Depressionssymptome ein schwierigeres kindliches Temperament feststellen können, lassen einen differenzierteren Rückschluss zu. Auf Basis dieser Befunde lässt sich eindeutiger schließen, dass Kinder mit höherer Wahrscheinlichkeit tatsächlich Auffälligkeiten entwickeln, wenn die geschilderten ungünstigen, elterlichen Symptome pränatal und postnatal bestehen. In einer etwas älteren Studie, die Einschätzungen von depressiven Müttern zugleich aber auch von unabhängigen Beobachtern in Bezug auf die kindliche Verhaltensanpassung vergleicht, kam heraus, dass zwar die unabhängigen Rater das Verhalten des Kindes der symptomatischen Mütter ebenfalls als schwieriger einschätzten, die Wahrnehmung der Mütter durch die depressive Symptomatik jedoch zusätzlich getrübt war. Sie schätzten das Verhalten ihres Kindes als noch schwieriger ein (Field et al. 1993). Insgesamt ist damit zu rechnen, dass vorgeburtliche Einschränkungen elterlichen Wohlbefindens nicht nur dazu führen, dass das Verhalten des Kindes mit höherer Wahrscheinlichkeit subjektiv als belastender eingeschätzt wird, sondern dass sich elterliche Belastungen auch auf das Kind übertragen.

Bidirektionale Beeinflussung elterlichen und kindlichen Verhaltens und Kindeffekte auf die Elternebene

Im Rahmen von Untersuchungen zum kindlichen und elterlichen Schlafverhalten wurde der gegenseitigen Beeinflussung kindlicher und elterlicher Merkmale nachgespürt. Ausgangspunkt ist ein transaktionales Modell der Schlaf-Wach-Regulation, dass von sich bidirektional bedingenden, unterschiedlichen kindlichen und elterlichen Merkmalen ausgeht (Cattarius und Schlarb 2016; Sadeh und Anders 1993). Dieses Modell unterstreicht damit, ähnlich wie Familien- und Elternstressmodelle, den bidirektionalen Charakter zwischen kindlichen und elterlichen Merkmalen. In einem Literaturreview veranschaulichen Cattarius und Schlarb (2016), dass Schlafunterbrechungen und reduzierter Schlaf, vor allem der Mütter, maßgeblich durch die Anforderungen des Kindes (Pflege des Babys in der Nacht) bedingt sind. Sinai und Tikotzky (2012) bestätigen zusätzlich, dass, neben den tatsächlichen Schlafunterbrechungen, bei vielen Säuglingen Schrei-, Fütter- und Schlafprobleme auftreten, zwar eher nur vorübergehend, die aber dennoch einen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden der Eltern nehmen können (Cattarius und Schlarb 2016). Auf der anderen Seite führen die Autorinnen an, dass Elterneinflüsse wie elterliche Kognitionen und Wahrnehmungsprozesse, das Bettarrangement (ob das Baby im Elternbett oder im eigenen Bettchen schläft), sowie die Berufstätigkeit der Eltern einen Einfluss darauf haben können, wie sich der Schlaf des Kindes entwickelt und einpendelt (ebd.). Eine Studie von Sadeh et al. (2007) beispielsweise weist darauf hin, dass sich Durchschlafprobleme des Kindes verstärken, wenn Eltern ihr Erziehungsverhalten als wenig konsequent einschätzen und Schwierigkeiten haben, Grenzen zu setzen oder den Anforderungen des Kindes nicht nachzugeben.

Wie dieser bidirektionale Blick auf kindliches und elterliches Schlafverhalten andeutet, beschäftigten sich einige Studien am Übergang zur Elternschaft zugleich mit der anderen Wirkrichtung. Ausgangspunkt ist, dass bestimmte, für diese Entwicklungs- und Altersphase typische Anforderungen des Kindes, z. B. das Schreien oder das Nachtschlafverhalten, den Lebensrhythmus und bestehende Routinen unterbrechen und damit eine erhöhte Anpassungsleistung an die Eltern nach der Geburt stellen.

Schreiverhalten des Babys

Es wurden beispielsweise Anforderungen durch das Schreiverhalten, z. B. sogenannte Säuglingskoliken (Hofacker et al. 1999), also Anforderungen durch sonst gesunde Säuglinge, die ohne ersichtlichen Grund über längere Phasen schreien und sich schwer beruhigen lassen, untersucht. Exzessives Schreien wurde als ein Prädiktor für eine postpartale Depression bei Müttern identifiziert (Vik et al. 2009). Dabei stellen vor allem Zeitphasen, die länger als 20 Minuten andauern, in denen sich das schreiende Baby nicht beruhigen lässt, einen höheren Risikofaktor für eine postpartale Depression dar als die Auftretenshäufigkeit des Schreiens selbst (Radesky et al. 2013). Dieser Zusammenhang erwies sich in dieser Studie, selbst unter Berücksichtigung der Vorgeschichte depressiver Symptome vor und während der Schwangerschaft, als signifikant. Das deutet daraufhin, dass untröstliches Schreien über eine Zeitspanne von mehr als 20 Minuten am Stück, einen eigenständigen Belastungsfaktor für Eltern darstellen kann, und nicht nur dann auftritt, wenn bei Eltern schon früher eine Psychopathologie bestand (Radesky et al. 2013). Zugleich wurden diese kindlichen Verhaltensanforderungen mit erhöhtem elterlichem Stresserleben (Beebe et al. 2016), Gefühlen der Inkompetenz (Maternal Self-Efficacy) (Stifter und Bono 1998), Family Strain (Brand et al. 2014) und letztlich Gefühlen der Hilflosigkeit (Kaley et al. 2011) in Zusammenhang gebracht. Das gilt insbesondere dann, wenn das Schreien des Babys als exzessiv und untröstbar erlebt wird. Das heißt, nicht nur die objektive kindliche Verhaltensebene (z. B. die Häufigkeit des Schreiens), sondern auch das subjektive Erleben der Eltern, das Kind nicht adäquat beruhigen zu können, egal was sie unternehmen, ist belastend (Radesky et al. 2013; Zeifman und St James-Roberts 2017).

Kindliches Temperament

Ein schwieriges kindliches TemperamentFootnote 1 wurde ebenfalls mit Einschränkungen des vorrangig mütterlichen Wohlbefindens in Verbindung gesetzt. Zum Beispiel als Prädiktor einer Postpartalen Depression (Beck 2001), elterlicher Belastung (Parenting Stress) (Oddi et al. 2013; Solmeyer und Feinberg 2011; Moe et al. 2018; Saisto et al. 2009) sowie als Prädiktor von Angstsymptomen (Britton 2011), zumeist unter Kontrolle der psychopathologischen Vorgeschichte oder anderer relevanter psychologischer Variablen. In einer Studie speziell zur Postnatalen Depression bei Vätern waren weniger ein schwieriges kindliches Temperament und kindliche Schlafprobleme Risikofaktoren, sondern kindliche Fütterprobleme (Cockshaw et al. 2014). Die Autorinnen und Autoren begründen diesen Befund damit, dass Väter für andere Probleme des Babys, wie etwa Schlafschwierigkeiten, direkt einspringen und helfen können, sich bei Fütterproblemen jedoch als besonders hilflos erleben. Werden Säuglinge von den Müttern gestillt und lassen sich nicht richtig füttern, können Väter keine direkte instrumentelle Hilfestellung geben. Nicht erfüllte Vorstellungen und Erwartungen über die Vaterrolle (ein Vater sollte in der Lage sein, kindliche Regulationsprobleme in den Griff zu bekommen) können in dieser Situation das väterliche Belastungsgefühl verstärken (Cockshaw et al. 2014).

Die Temperamentsforschung am Übergang zur Elternschaft und in der Postpartum Periode betont ebenfalls den bidirektionalen Charakter mütterlichen Befindens und kindlichen Temperaments (Agrati et al. 2015; Pesonen et al. 2008; Takács et al. 2019; Rode und Kiel 2016). Agrati et al. (2015) stellen in ihren Analysen fest, dass Mütter, mit eigener problematischer Kindheit [mit emotionalen oder physischen Vernachlässigungserfahrungen (Early Adversity)], erhöhte Angstsymptome in der Schwangerschaft erlebtenFootnote 2. Dies wiederum führte dazu, dass die Babys im Alter von 18 Monaten, aus Mütterperspektive, schwierigere kindliche Temperamentseigenschaften aufwiesen, wie eine höhere Frustration, Reaktivität oder sich schwerer beruhigen ließen (Negative Affectivity). Im Weiteren waren die kindlichen Merkmale dann prädiktiv für relativ stabile erhöhte Angsttrajektorien der Mütter. In einer anschließenden Subgruppenanalyse wurden diese Effekte noch einmal differenzierter betrachtet. Dabei stellte sich heraus, dass bei den Müttern ohne Vernachlässigungserfahrungen in der Kindheit, erhöhte Werte des Kindes auf der Negative Affectivity Skala zwar auch zu erhöhten mütterlichen Angstsymptomen im Zeitraum nach der Geburt führten, die Angstsymptome jedoch über die Zeit abflachten und sich dann legten. Bei Müttern mit Vernachlässigungserfahrungen in der Kindheit und hohen Werten des Kindes auf der Negative Affectivity Skala wiederum bestanden stabil hohe Angsttrajektorien von der Schwangerschaft über die Postpartum Periode hinweg. Hier deutet sich einerseits an, dass das Zusammenspiel von ungünstigen mütterlichen Faktoren (z. B. Vernachlässigungserfahrungen in der eigenen Kindheit) und kindlichen Anforderungen (schwierige kindliche Temperamentseigenschaften) das mütterliche Wohlbefinden nachhaltig einschränken kann. Dabei schien es zu einem Verstärkungseffekt zu kommen, da es sich offenbar um eine ungünstige Kombination mütterlicher und kindlicher Merkmale handelte. Andererseits können schwierige kindliche Temperamentsanforderungen das mütterliche Wohlbefinden für einen bestimmten Zeitraum beeinträchtigen, selbst dann, wenn Mütter keine pränatalen Risikofaktoren aufweisen, die aber nach einer gewissen Zeit wieder abklingen.

Rode und Kiel (2016) veranschaulichen ebenfalls das Zusammenspiel kindlicher und mütterlicher Merkmale. Sie zeichnen in einer Untersuchung mit Müttern nach, dass eine pränatal bestehende Depression ein Risikofaktor für eine Postpartale Depression darstellte. Die psychische Befindlichkeit dieser Mütter führte zu negativeren Einschätzungen des kindlichen Temperaments im Zeitraum nach der Geburt und wirkte sich letztlich ungünstig auf das Erleben der Mutterrolle zu diesem Zeitpunkt aus (Rode und Kiel 2016). Diese Wirkkette kann auch insgesamt das Erziehungsverhalten negativ beeinflussen (Fernandes et al. 2020).

Elterliche Kognitionen – subjektive Bewertung der Anforderungssituation

In den vorherigen Abschnitten deutete sich teilweise an, dass nicht nur objektiv beobachtbares kindliches Verhalten Einschränkungen des Wohlbefindens hervorruft, sondern auch der subjektiv erlebte Belastungsgrad durch das kindliche Verhalten. In Grundzügen hatte das transaktionale Stressmodell diesen Mechanismus vorgeschlagen. Das Parenting Stress Model übertrug die Idee dann auf die spezifischen Rahmenbedingungen von Elternschaft. Daneben findet sich die zentrale Rolle der Einschätzung bzw. Bewertung von Anforderungen in anderen Stressmodellen. Das ABC-X Model of Family Stress unterstellt etwa, dass die Bewertung oder Wahrnehmung des Stressors durch die Familie darüber mitentscheidet, inwiefern es im Rahmen einer Anforderungssituation zu Einschränkungen des Wohlbefindens kommt (Rosino 2016). Insgesamt wurde diese Wirkkette jedoch bisher nicht systematisch in einem Modell untersucht, das speziell den Übergang zur Elternschaft anspricht. Bislang konzentrieren sich Studien eher auf den abmildernden oder verstärkenden Effekt positiver oder negativer Kognitionen (z. B. Selbstwirksamkeitserwartungen in der Elternrolle) auf das subjektive Wohlbefinden (Bolten et al. 2012; Gross und Marcussen 2017).

Die Forschungsbefunde demonstrieren eindrücklich, dass in dieser sensiblen Phase viel Forschung betrieben wurde, um herauszufinden, welche Faktoren Eltern vulnerabilisieren oder stärken. Dabei wurden unterschiedliche Zusammenhänge betrachtet und viele Einzelbefunde generiert. Das zentrale Anliegen der Untersuchung individueller Wohlbefindensaspekte am Übergang zur Elternschaft der vorliegenden Teilstudie besteht darin, die Einzelbefunde in einem theoretischen Modell zusammenzuführen, um die angenommenen Variablenzusammenhänge gleichzeitig, empirisch prüfen zu können. Folgendes theoretisches Modell wurde daher abgeleitet (Abbildung 5.2):

Abbildung 5.2
figure 2

Vereinfachte Darstellung des aus dem Forschungsstand abgeleiteten theoretischen Modells für das individuelle Wohlbefinden im ersten und zweiten Jahr nach der Geburt

Ziel der Teilstudie

In Ergänzung zu bisher bestehenden Forschungsergebnissen, zielt die vorliegende Teilstudie darauf ab, die Rolle des Kindes (operationalisiert über Verhaltenscharakteristika des Kindes; im Rahmen der Partnerschaft zusätzlich über eine ängstliche Überfürsorge) für das partnerschaftsrelevante sowie individuelle Wohlbefinden von Müttern und Vätern zu untersuchen. Für die Analysen hinsichtlich der Partnerschaft wird somit auf eine zusätzliche Operationalisierung der Rolle des Kindes, über das Konstrukt ängstliche Überfürsorge, zurückgegriffen. Entscheidungshilfe für dieses Vorgehen lieferten vor allem Befunde von Ahlborg und Strandmark (2001). Sie wiesen darauf hin, dass nicht nur teilweise unbekannte Verhaltensanforderungen des Babys Herausforderungen für die Paarbeziehung darstellen, sondern eben auch eine größere Ängstlichkeit und Überfürsorge hinsichtlich des Babys (Fokusverschiebung). Die Partnerschaftsqualität wird dabei als partnerschaftsrelevante Dimension subjektiven Wohlbefindens betrachtet. Als Gradmesser individuellen subjektiven Wohlbefindens finden drei Globalindikatoren Anwendung: die allgemeine Lebenszufriedenheit, ein Indikator für Depressivität und das allgemein empfundene Stresslevel.

Übergeordnete Fragestellung der vorliegenden Teilstudie ist vor diesem Hintergrund, inwiefern das Kind relevant für das partnerschaftsrelevante als auch individuelle Wohlbefinden von Müttern und Vätern am Übergang zur Elternschaft ist, und welche zentralen vermittelnden Variablen dabei eine Rolle spielen.

5.3 Forschungsfragen und Forschungshypothesen

Ausgehend von den theoretischen Überlegungen und bisherigen empirischen Befunden, werden im folgenden Abschnitt die zentralen Forschungsfragen und zu überprüfenden Annahmen abgeleitet. Dies erfolgt in zwei Schritten: Zunächst für die Variablenzusammenhänge im Rahmen der Partnerschaft und anschließend in Bezug auf individuelle Anpassungsleistungen subjektiven Wohlbefindens am Übergang zur Elternschaft. Analog zum Vorgehen in Teilstudie I werden nur dann Forschungshypothesen aufgestellt, wenn einschlägige empirische Ergebnisse oder eindeutige theoretische Modellannahmen für eine gerichtete Annahme bestehen. Fehlt es jedoch an hinreichend einschlägigen Befunden, werden stattdessen Forschungsfragen formuliert (Döring und Bortz 2016).

Die Annahmen, Forschungshypothesen und -fragen stützen sich auf die Zusammenhänge der Variablen im ersten Jahr nach der Geburt des ersten Kindes, unter Kontrolle zentraler Einflussfaktoren elterlichen Wohlbefindens zu diesem Zeitpunkt und der Berücksichtigung des Ausgangsniveaus im Wohlbefinden. Damit werden die Zusammenhänge der interessierenden Variablen vorrangig im selben Jahr untersucht, was grundsätzlich voraussetzt, die Ergebnisse vorsichtig zu interpretieren, da keine Kausalitätsannahmen getroffen werden können (Acock 2013). Dennoch macht es Sinn, zunächst die Zusammenhänge im ersten Jahr nach der Geburt zu betrachten. Während der ersten Lebensmonate hat das Kind in rasantem Entwicklungstempo, erhebliche Entwicklungsaufgaben zu meistern, wie die Fähigkeit zur Selbstregulation. Dabei weisen Säuglinge und Babys eine große Vielfalt und intraindividuelle Unterschiede in ihrer Entwicklung auf. Das verlangt von Eltern, sich immer wieder neu an die Bedürfnisse und Anforderungen des Kindes anzupassen. Gleichzeitig kommt es zu normalen Entwicklungskrisen, die sich in phasenweisen Zuspitzungen bemerkbar machen (z. B. vermehrtes Schreien in den ersten Lebensmonaten) (Benz und Scholtes 2015). Die kindliche Verhaltensanpassung ist demnach hoch zeitvariabel und manche Eltern erleben daher besonders in den ersten Monaten Schwierigkeiten. Im zweiten Jahr kann sich die Situation schon deutlich entspannt haben, weil Eltern und Kind nun ein eingespieltes Team sind. Zugleich fällt es manchen Eltern zu diesem Zeitpunkt leichter, die Bedürfnisse des Kindes zu deuten, weil es mehr und mehr beginnt sich zu artikulieren und zu kommunizieren. Deshalb ist davon auszugehen, dass erhöhte Verhaltensanforderungen des Kindes vor allem im ersten Jahr auftreten und einen unmittelbaren Einfluss auf das elterliche Wohlbefinden nehmen, während sich diese Zuspitzung im zweiten Jahr unter Umständen in vielen Familien wieder aufgelöst hat. Aus diesem Grund liegt der Analysefokus zunächst auf den Zusammenhängen im ersten Jahr nach der Geburt.

In einem zweiten Schritt soll anschließend geprüft werden, inwiefern auch nachgelagerte Effekte bestehen. Für manche Eltern kann sich diese erste Zeit als besonders herausfordernd darstellen, etwa, wenn das Baby viel schreit, Eltern wenig Schlaf bekommen und eine hohe subjektive Belastung besteht. Manche Eltern funktionieren in dieser Situation, werden sich der erhöhten Belastung aber erst zu einem späteren Zeitpunkt bewusst. Vor diesem Hintergrund wäre davon auszugehen, dass bei manchen Eltern eine als besonders schwierig erlebte erste Phase, zu einem nachgelagerten Zeitpunkt (im zweiten Jahr nach der Geburt), Effekte auf das Wohlbefinden hat. Besonders bei Vermittlungs- bzw. Mediationsannahmen ist davon auszugehen, dass sich die Mechanismen erst über die Zeit entfalten (Maxwell et al. 2011). Inwiefern das Kind relevant ist für das elterliche Wohlbefinden im darauffolgenden zweiten Jahr, soll unter Kontrolle der veränderten Lebenssituation zu diesem Zeitpunkt überprüft werden. Ausgangspunkt ist, dass sich die Lebenssituation der Eltern vom ersten bis zum zweiten Jahr verändern kann und damit ebenfalls zeitvariabel ist. Einige Mütter steigen beispielsweise wieder in den Beruf ein, erwarten das zweite Kind oder haben in diesem Zeitraum beschlossen, zu heiraten. Diese möglichen Veränderungen der Lebenssituation, die einen Einfluss auf das subjektive Wohlbefinden der Eltern haben können, sollen mitberücksichtigt werden.

Forschungsfragen und -hypothesen: Partnerschaftsrelevante Wohlbefindensdimensionen am Übergang zur Elternschaft und die Rolle des Kindes

Die Annahmen werden ausgehend vom theoretischen Modell formuliert, das zuvor aus dem Forschungsstand abgeleitet wurde. Im Rahmen der Paarstressforschung wurde allgemein gezeigt, dass die Partnerschaftszufriedenheit oder -qualität in belastungsreichen Phasen zunächst abnehmen. Bestimmte in der Partnerschaft selbst liegende Negativdynamiken oder ausgelöste dysfunktionalere Umgangsformen (verschlechterte partnerschaftliche Kommunikation) verstärken die Abnahme dabei. Implizite Annahme ist, das Kind als Auslöser dieser negativen Dynamiken zu verstehen. Ohne spezifischen Bezug zum Übergang zur Elternschaft, konnten Zemp et al. (2017) untermauern, dass sich erhöhte Anforderungen oder Stress in Bezug auf das Kind, über eine verschlechterte Paarkommunikation, negativ auf die Partnerschaftsqualität übertragen können und damit über die von der Paarstressforschung identifizierten Paarvariablen mediiert werden. Wie Kluwer (2010) anführt, werden diese Prozesse allerdings in vielen Fällen nicht erst durch die Geburt des ersten Kindes angestoßen, vielmehr kommt es zu einer Verschlechterung negativer Merkmale der Paarbeziehung, die bereits vor der Geburt bestanden. Das spricht dafür, dass es Paaren mit hoher Partnerschaftsqualität schon vor dem Übergang zur Elternschaft leichter fällt, diese turbulente Statuspassage zu meistern, während eine niedrigere Partnerschaftsqualität mit schon vorher bestehenden Konflikten einen negativen Ausgangspunkt für diese Phase schafft.

Vor diesen Überlegungen werden folgende Annahmen für das erste Jahr nach der Geburt getroffen, die im Rahmen der Datenanalyse überprüft werden sollen. Die Annahmen zur Wirkrichtung der einzelnen Pfade gelten stets unter Kontrolle aller weiteren Variablen im Modell. Begonnen wird mit der Auflistung der direkten, gefolgt von den indirekten Effekten:

  1. I)

    Die Partnerschaftsqualität im Ausgangsjahr vor der Geburt des ersten Kindes ist prädiktiv für die Partnerschaftsqualität nach dem Übergang zur Elternschaft. Es besteht ein positiver Zusammenhang, das bedeutet, wenn die Partnerschaftsqualität im Ausgangsjahr hoch ist, bleibt sie auch im Jahr nach der Geburt hoch.

  2. II)

    Hohe Partnerschaftsqualität im Ausgangsjahr vor der Geburt des ersten Kindes verhindert eine Zunahme negativer Konflikt- und Kommunikationsstrategien nach dem Übergang zur Elternschaft, daher wird von einem negativen Zusammenhang zwischen den zwei Variablen ausgegangen. Je höher die Partnerschaftsqualität im Ausgangsjahr ist, umso geringer fällt die negative Paarkommunikation Footnote 3 im Jahr nach der Geburt aus.

  3. III)

    Erhöhte negative Paarkommunikation im Jahr nach der Geburt ist verknüpft mit einer reduzierten Partnerschaftsqualität nach dem Übergang zur Elternschaft, so dass von einem negativen Zusammenhang ausgegangen wird.

  4. IV)

    Erhöhte verhaltensbedingte Anforderungen des Kindes/eine höhere ängstliche Überfürsorge, stehen in Zusammenhang mit höheren dysfunktionalen Konflikt- und Kommunikationsstrategien der Eltern im Jahr nach dem Übergang zur Elternschaft. Es wird davon ausgegangen, dass hier ein positiver Zusammenhang besteht.

  5. V)

    Erhöhte verhaltensbedingte Anforderungen des Kindes/ eine erhöhte ängstliche Überfürsorge sind mit geringerer Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt assoziiert. Es besteht ein negativer Zusammenhang.

  6. VI)

    Die Paarkommunikation im Jahr nach der Geburt des ersten Kindes vermittelt den Zusammenhang zwischen der Paarqualität im Ausgangsjahr und der Paarqualität im Jahr nach der Geburt. Wenn die Partnerschaftsqualität im Ausgangsjahr hoch ist, ist das mit einer geringeren Dynamisierung negativer Verhaltensweisen dem Partner/der Partnerin gegenüber in Konfliktsituationen verknüpft, was mit einer höheren Partnerschaftsqualität im Jahr nach dem Übergang zur Elternschaft verbunden ist. Der indirekte Effekt sollte positiv ausfallen.

  7. VII)

    Die Paarkommunikation im Jahr nach der Geburt mediiert den Effekt kindlicher Verhaltensanforderungen/der ängstlichen Überfürsorge auf die Partnerschaftsqualität, in dem erhöhte kindliche Verhaltensanforderungen/ die ängstliche Überfürsorge mit einer Störung und schlechteren Kommunikation in der Partnerschaft zusammenhängen, was wiederum mit einer geringeren Partnerschaftsqualität verbunden ist. Der indirekte Effekt sollte negativ sein.

Unter diesem Forschungszugang fehlen bislang einschlägige Befunde, die einen Hinweis darauf geben, inwiefern die Partnerschaftsqualität im Ausgangsjahr vor der Geburt mit der Verhaltensanpassung des Kindes/dem Grad der ängstlichen Überfürsorge im Jahr nach der Geburt verknüpft ist. Deshalb soll zudem folgende Forschungsfrage untersucht werden:

  1. VIII)

    Steht die Paarqualität im Ausgangsjahr vor der Geburt des Kindes in Zusammenhang mit der von den Eltern eingeschätzten Verhaltensanpassung des Kindes/dem Ausmaß der ängstlichen Überfürsorge im ersten Jahr nach der Geburt?

Insgesamt stützen sich die getroffenen Annahmen bisher primär auf den querschnittlichen Zusammenhang der Variablen untereinander im Jahr nach der Geburt. Jedoch ist diese Phase und insbesondere das Konflikt- und Kommunikationsverhalten oftmals Veränderungen unterlegen. So hat sich vor allem die Intensivierung ausgewählter Paarvariablen vom vorgeburtlichen zum nachgeburtlichen Niveau als Stellgröße für die Partnerschaftsqualität nach der Geburt des ersten Kindes erwiesen. Daher soll noch einmal genauer betrachtet werden, inwiefern sich die Variablenzusammenhänge zwischen den erfassten Eltern vor den erlebten Veränderungen im Konflikt- und Kommunikationsverhalten unterscheiden. Davon ausgehend wird folgende Forschungsfrage aufgestellt:

  1. IX)

    Unterscheiden sich die theoretisch angenommenen Variablenzusammenhänge zwischen der Irritabilität des Kindes/ängstlichen Überfürsorge, der Paarkommunikation und der Partnerschaftsqualität im ersten Jahr nach der Geburt, je nachdem wie sich das Kommunikationsverhalten aus Sicht der Eltern von vor der Geburt bis zum ersten Messzeitpunkt verändert hatte?

Forschungsfragen und -hypothesen: Individuelles elterliches Wohlbefinden am Übergang zur Elternschaft und die Rolle des Kindes

Die Annahmen werden ausgehend vom theoretischen Modell formuliert, das zuvor aus dem Forschungsstand abgeleitet wurde. Der Übergang zur Elternschaft bringt für frischgebackene Mütter und Väter, neben Veränderungen im Rahmen der Partnerschaft, neue Herausforderungen und tiefgreifende Veränderungen auf Individualebene mit sich und erfordert eine Anpassung der gesamten Lebenssituation (Fthenakis et al. 2002). Folgende zentrale Variablenzusammenhänge wurden am Übergang zur Elternschaft, hinsichtlich des individuellen elterlichen Wohlbefindens, in der bisherigen Forschung identifiziert: Kinder von Eltern mit schlechterem Ausgangsniveau individuellen Wohlbefindens, zeigen in der Tendenz häufiger Anpassungsschwierigkeiten (z. B. vermehrtes Schreien, höhere Irritabilität) (Petzoldt et al. 2016; Petzoldt et al. 2014; Korja et al. 2017). Zugleich neigen Eltern vor einer ungünstigen Ausgangssituation (z. B. erhöhten Stress- oder Angstsymptomen) dazu, die Verhaltensanpassung des Kindes als subjektiv schwieriger und belastender einzuschätzen (Field et al. 1993). Weiterhin hat sich die vorgeburtliche, elterliche Befindlichkeit als zentraler Prädiktor für das Wohlergehen nach diesem kritischen Lebensereignis herausgestellt (Swendsen und Mazure 2000). Neigt das Kind im Zeitraum nach der Geburt wiederum dazu, gehäuft zu schreien und stellt insgesamt erhöhte, verhaltensbedingte Anforderungen an die Eltern, kann das elterliche Wohlbefinden eingeschränkt sein und steht z. B. in Zusammenhang mit höherer Depressivität im Zeitraum nach der Geburt (Beck 2001; Britton 2011). Ausgehend vom zentralen Gedanken der Stressforschung, ist zugleich davon auszugehen, dass die Anforderungen des Kindes das Wohlbefinden eben nicht nur auf direktem Wege beeinflussen, sondern Einschränkungen vor allem dann zustande kommen, wenn das Verhalten als belastend empfunden wird. Nicht zuletzt sollen diese unterschiedlichen Mechanismen in Bezug auf die Lebenszufriedenheit geprüft werden. Forschungsleitendes Interesse ist unter diesem Zugang in bisherigen Studien, inwiefern sich Elternschaft (operationalisiert über die Anzahl der Kinder) auf das Wohlbefinden von Eltern auswirkt. Nach der Geburt des ersten Kindes erhöht sich die Lebenszufriedenheit meist. Im zweiten Jahr nach der Geburt kommt es jedoch zu einer Abnahme, zur Rückkehr zum Ausgangsniveau oder sogar zu einem Abfall unter das vorgeburtliche Level (Roeters et al. 2016; Clark und Georgellis 2013). Inwiefern das Kind ebenfalls eine Rolle für die Lebenszufriedenheit der Eltern am Übergang zur Elternschaft spielt, wurde bisher allerdings nicht systematisch untersucht.

Vor diesen Überlegungen werden folgende Annahmen für das erste Jahr nach der Geburt getroffen, die im Rahmen der Datenanalyse überprüft werden. Die Annahmen zur Wirkrichtung der einzelnen Pfade gelten stets unter Kontrolle aller weiteren Variablen im Modell. Begonnen wird mit der Auflistung der direkten, gefolgt von den indirekten Effekten:

  1. I)

    Das Wohlbefinden im Ausgangsjahr vor der Geburt des ersten Kindes ist prädiktiv für das Wohlbefinden nach dem Übergang zur Elternschaft. Es wird von einem positiven Zusammenhang ausgegangen, in dem ein hohes/niedrigeres Ausgangsniveau des Wohlbefindens zu einem hohen/niedrigeren Wohlbefinden im Folgejahr führt.

  2. II)

    Das Wohlbefinden im Ausgangsjahr vor der Geburt ist prädiktiv für die aus Elternsicht eingeschätzte kindliche Verhaltensanpassung im Jahr nach der Geburt. Ein höheres positives Wohlbefinden (Lebenszufriedenheit) ist verknüpft mit geringeren Schwierigkeiten in der Verhaltensanpassung des Kindes aus Perspektive der Eltern (negativer Zusammenhang), während Eltern mit größeren Einschränkungen subjektiven Wohlbefindens (mit höheren Stress- oder Depressionssymptomen) zum Ausgangszeitpunkt vor der Geburt, über eine größere Irritabilität des Kindes im Jahr nach der Geburt berichten (positiver Zusammenhang).

  3. III)

    Das Wohlbefinden im Ausgangsjahr vor der Geburt ist prädiktiv für die subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten im Jahr nach der Geburt. Ein höheres positives Wohlbefinden (Lebenszufriedenheit) ist relevant für eine geringere Belastung durch das kindliche Verhalten (negativer Zusammenhang), während größere Einschränkungen subjektiven Wohlbefindens (höhere Stress- oder Depressionssymptome) relevant für eine größere subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten sind (positiver Zusammenhang).

  4. IV)

    Erhöhte verhaltensbedingte kindliche Anforderungen schränken das subjektive Wohlbefinden ein (negativer Zusammenhang) bzw. stehen in Zusammenhang mit einer höheren Negativität des elterlichen Wohlergehens im ersten Jahr nach der Geburt (positiver Zusammenhang).

  5. V)

    Erhöhte verhaltensbedingte kindliche Anforderungen sind assoziiert mit einer größeren subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten im ersten Jahr nach der Geburt. Es besteht ein positiver Zusammenhang.

  6. VI)

    Die erlebte Belastung durch das kindliche Verhalten im Jahr nach der Geburt schränkt das subjektive Wohlbefinden ein (negativer Zusammenhang) bzw. ist verbunden mit einer höheren Negativität in Aspekten des elterlichen Wohlergehens (positiver Zusammenhang).

  7. VII)

    Die Belastung durch das kindliche Verhalten im Jahr nach der Geburt mediiert den Effekt kindlicher Verhaltensanforderungen auf das Wohlbefinden, in dem erhöhte kindliche Verhaltensanforderungen mit einer größeren Belastung durch die kindlichen Verhaltensanforderungen verbunden sind, was mit einer Einschränkung des subjektiven Wohlbefindens bzw. mit einer höheren Negativierung in Aspekte des elterlichen Wohlergehens assoziiert ist. Für die Lebenszufriedenheit besteht ein negativer indirekter Effekt. Für die negativ skalierten Wohlbefindensdimensionen (Depressiveness, Stress) besteht ein positiver indirekter Effekt.

Für alle Analysen, besonders im Rahmen der Analysen zur Partnerschaft, wäre es spannend, auch die Sicht des jeweiligen Partners oder der jeweiligen Partnerin in die Berechnungen zu integrieren, wie dies beispielsweise Zemp et al. (2017) in ihren Analysen zur Partnerschaft und der Rolle des Kindes vornehmen. In der vorliegenden Studie muss darauf verzichtet werden, da insbesondere die Einschätzung zur kindlichen Verhaltensanpassung und der ängstlichen Überfürsorge nur aus Perspektive des jeweils beantwortenden Elternteils vorliegt, nicht aber aus Sicht des jeweiligen Partners oder der jeweiligen Partnerin. Fragen zum jeweils seit der Vorwelle neu geborenen Kind, werden ausschließlich innerhalb der Ankerbefragung gestellt (siehe dazu die Ausführungen zu den Kindermodulen in den Ankerinterviews von Wilhelm und Walper 2020), im Partnerfragebogen liegt der Fokus dahingegen auf anderen Frageinhalten.

5.4 Methode

5.4.1 Stichprobe

Die hier zugrundeliegende Ausgangsstichprobe mit insgesamt N = 595 Befragungspersonen aus dem Erhebungsprogramm des Beziehungs- und Familienpanels pairfam, setzt sich aus n = 288 (48.4 %) Müttern und n = 308 (51.6 %) Vätern zusammen. Für die Stichprobe relevante Ankerpersonen sind Mütter und Väter, die nach der Geburt des ersten Kindes in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin lebten und seit der jeweils letzten Befragung im Vorjahr, den Übergang zur Elternschaft vollzogen hatten. Es mussten über die befragten Mütter und Väter belastbare Informationen zu insgesamt drei aufeinanderfolgenden Erhebungszeitpunkten vorliegen. Ausgeschlossen wurden jeweils Fälle, die mindestens zu einem Zeitpunkt angegeben hatten, in keiner Partnerschaft zu leben. Diese Befragten würden, im Rahmen der Analysen zu Anpassungsleistungen in der Partnerschaft, aus der Stichprobe fallen, da Ankerpersonen ohne Partner oder Partnerin keine Angaben zur Partnerschaft machen. Gleichzeitig ist die Lebenssituation von Müttern oder Vätern, die den Übergang zur Elternschaft zumindest zu einem Befragungszeitpunkt alleine ohne Partner oder Partnerin meistern müssen, nicht vergleichbar mit Müttern und Vätern, die in dieser vulnerablen Phase in einer Partnerschaft leben. Alleinerziehende stellen eine besondere Risikogruppe dar und weisen beispielsweise öfter eine schlechtere psychische und physische Gesundheit auf als verheiratete Paare (Keim-Klärner 2020). Insgesamt betraf dieses Kriterium n = 32 (4.7 %) Fälle. Diese Einzelfälle könnten die Ergebnisse substanziell beeinflussen und wurden daher ausgeschlossen.

Es wurden weitere n = 34 (5.0 %) Mütter und Väter aus der Ausgangsstichprobe ausgeschlossen, da sie nach dem Übergang zur Elternschaft nicht mit dem Partner oder Partnerin in einem gemeinsamen Haushalt lebten. Der Ausschluss dieser Fälle wurde vor dem Hintergrund entschieden, dass es sich um eine zu kleine Gruppe für separate Subanalysen handelte. Zugleich ist davon auszugehen, dass sich die Ausgangssituationen zwischen Paaren, die nach dem Übergang zur Elternschaft in einem gemeinsamen Haushalt leben und jenen, die nicht zusammenleben, substanziell unterscheiden. So hat etwa das Ausmaß der Unterstützung des Partners für Mütter einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden. Eine schwedische Studie konnte belegen, dass eine höhere Arbeitsplatzflexibilität von Vätern, im Zeitraum nach der Geburt des ersten Kindes, direkte positive Auswirkungen auf das psychische und physische Wohlbefinden von Müttern hatte. Die größere Flexibilität erlaubte es den Vätern offenbar, ihre Partnerin in diesem Zeitraum in größerem Maße zu unterstützen (Persson und Rossin-Slater 2019). Auch Ergebnisse der LBS-Familien-Studie veranschaulichen eindrücklich, dass Frauen dann geringere Depressivitätswerte, eine geringere Frustration und mehr Freude am Umgang mit dem Kind aufwiesen, je zufriedener sie mit dem Ausmaß waren, in dem sich ihr Partner an den Versorgungsaufgaben, aber auch spaßbezogenen Aktivitäten mit dem Kind beteiligte. Für Väter zeigte sich in diesen Analysen zudem, dass sie dann eine höhere Zufriedenheit in der Vaterrolle und Freude im Umgang mit dem Kind erlebten, je stärker sie sich an der Fürsorge des Kindes beteiligen konnten (Fthenakis et al. 2002). Für den Elternteil, der die Hauptfürsorge für das Kind trägt (nach der Geburt sind das überwiegend Mütter), fallen unter Umständen, wenn der Partner oder die Partnerin nicht mit im Haushalt lebt und greifbar ist, wichtige Potenziale der Entlastung und Unterstützung weg. Für den anderen Elternteil (häufig die Väter), fallen wiederum wichtige gemeinsame Momente mit dem Kind weg, aufgrund der räumlichen Trennung. Das kann, wie Fthenakis et al. (2002) beschreiben, mit einem Gefühl einhergehen, etwas Wichtiges zu verpassen oder eigene Vorstellungen oder Erwartungen über die Beteiligung an der Betreuung und Fürsorge des Kindes untergraben. Leben die Partner nicht im selben Haushalt, ist aus beiden Perspektiven daher davon auszugehen, dass das negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden in dieser sensiblen Phase hat und die Ergebnisse substanziell verzerren könnte. Zugleich wurden nur Kernfamilien berücksichtigt. Das heißt, das Kind war das leibliche Kind der befragten Mütter oder der befragten Väter, mit dem jeweiligen Partner oder der jeweiligen Partnerin. Insgesamt wurden so vorab n = 56 (8.3 %) Fälle ausgeschlossen, auf die das Kriterium der Kernfamilie nicht zutraf. Der Ausschluss dieser Fälle liegt darin begründet, dass Pflege-, Adoptiv- oder Stieffamilien noch einmal andersgelagerte Herausforderungen erleben als Kernfamilien (z. B. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2013c zur Lebenssituation von Stieffamilien in Deutschland) und diese Fälle die Ergebnisse ebenfalls verzerren könnten.

Im Folgenden soll die so entstandene, vorab von etwaigen Störeinflüssen bereinigte, Ausgangsstichprobe von n = 595 Müttern und Vätern, differenziert nach dem Geschlecht dargestellt werden. Da zwei, für die Analysen relevante Konstrukte (allgemeines Stressempfinden, ängstliche Überfürsorge) nicht in allen Wellen erhoben wurden, ergeben sich ausgehend von der Ausgangsstichprobe zusätzlich zwei Substichproben. Tabelle 5.1 stellt die Logik dar, auf Basis derer sich die Substichproben und damit die jeweils reduzierten Fallzahlen ergeben. Das Konstrukt des allgemeinen Stressempfindens wurde erst ab Welle 4 und dann für alle folgenden Erhebungszeitpunkte erfasst. Für die Analysen ist es jedoch relevant, dass Informationen zum allgemeinen Stresslevel zu allen drei Erhebungszeitpunkten vorliegen. Aus diesem Grund verkleinert sich diese Substichprobe im Vergleich zur Ausgangsstichprobe, da alle Fälle der gepaarten Wellensets 2–3-4 und 3–4-5 für die Berechnungen nicht berücksichtigt werden können. Das Konstrukt der ängstlichen Überfürsorge muss für die Analysen wiederum jeweils zum ersten Befragungszeitpunkt nach dem Übergang zur Elternschaft vorliegen. Das trifft nur für die in Tabelle 5.1 aufgeführten Wellensets zu und erklärt daher die reduzierte Stichprobe.

Tabelle 5.1 Schematische Darstellung der Konstruktion des Ausgangsdatensatzes und der Subdatensätze
Tabelle 5.2 Zentrale soziodemographische Merkmale der Elternstichprobe

In den Substichproben I und II ließen sich, hinsichtlich der zentralen soziodemographischen Merkmale keine systematischen Abweichungen im Vergleich zur Ausgangsstichprobe erkennen. Das liegt daran, dass hier keine selbstselektiven Prozesse zu einer verkleinerten Stichprobe geführt haben, sondern fehlende Informationen auf den Konstrukten (Stress, ängstliche Überfürsorge) aufgrund der Programmatik der Erhebung selbst zustande kamen. Deshalb konzentriert sich die Stichprobenbeschreibung auf die Ausgangsstichprobe (vgl. Tabelle 5.2). In Tabelle 5.2 können jedoch als Ergänzung in den letzten zwei Spalten die Verteilungen und Mittelwerte der zentralen soziodemographischen Merkmale in den Substichproben I und II nachvollzogen werden.

Mütter und Väter waren im Jahr nach der Geburt des ersten Kindes im Schnitt 31.22 Jahre alt (SD = 5.00), wobei befragte Mütter (M = 30.01, SD = 4.72) durchschnittlich 2.35 Jahre und damit signifikant jünger waren, als die befragten Väter (M = 32.36, SD = 5.00), t(593) = −.89, p < .001. Lediglich ein kleiner Anteil der befragten Mütter und Väter hatte zum dritten Befragungszeipunkt und damit im zweiten Jahr nach der Geburt des ersten Kindes ein weiteres Kind bekommen (n = 29, 4.8 %). In der Stichprobe zeigte sich erwartungsgemäß, dass der Großteil der Ankerpersonen im Jahr nach dem Übergang zur Elternschaft verheiratet war (n = 373, 62.7 %) und im Vergleich dazu ein kleinerer Anteil in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebte (n = 222, 37.3 %). Unter den erwarteten Häufigkeiten waren Mütter und Väter gleichwertig auf diese zwei Gruppen nach dem Familienstand verteilt, \({\chi }^{2}\) (1, N = 595) = 1.63, p = .20. Interessant ist, dass sich für einige Personen zwischen den Befragungszeitpunkten nichts am Familienstand änderte. So waren insgesamt n = 288 (48.4 %) Ankerpersonen zum Zeitpunkt vor der Geburt verheiratet und verblieben es über den erfassten Erhebungszeitraum. N = 139 (23.4 %) befragte Mütter und Väter lebten über den gesamten relevanten Studienzeitraum nicht-verheiratet zusammen. Einige andere Mütter und Väter (n = 168, 28.2 %) verhandelten bestimmte Eckpfeiler in der Partnerschaft wiederum neu. So gab es n = 68 (11.4 %Footnote 4) Mütter und Väter, die vor der Geburt des Kindes noch nicht mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin in einem gemeinsamen Haushalt lebten, ihre Wohn- und Partnerschaftssituation dann aber neu strukturierten, da sie zum ersten Zeitpunkt nach der Geburt des Kindes angegeben hatten, nun mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin verheiratet oder nicht-verheiratet zusammenzuleben. N = 62 (10.4 %) Mütter und Väter, lebten zu allen Befragungszeitpunkten mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin zusammen, hatten im Verlauf der ersten beiden Befragungszeitpunkte jedoch geheiratet und waren auch noch zwei Jahre nach der Geburt des ersten Kindes verheiratet. Schließlich lebte ein kleiner prozentualer Anteil der befragten Eltern (n = 38, 6.4 %) im Jahr vor und im Jahr nach der Geburt unverheiratet zusammen, hatte dann jedoch zum dritten Befragungszeitpunkt geheiratet. Mit Blick auf Rahmenbedingungen, die die Lebenssituation und die finanziellen und sozialen Handlungsspielräume von Personen mitdefinieren, zeigte sich zum einen, dass Mütter, im Vergleich zu Vätern, zu gleichen Anteilen ein hohes, mittleres und niedriges Bildungsniveau aufwiesen, \({\chi }^{2}\) (2, N = 595) = 2.54, p = .28. Auffällig ist, dass insgesamt sehr wenige Mütter (n = 16, 5.6 %) und Väter (n = 9, 2.9 %) der Kategorie eines niedrigen Bildungsniveaus angehörten. Somit herrschte auch hier, ähnlich wie in der Stichprobe der AID:A II Daten, ein Trend zu mittel- bis höhergebildeten Eltern, die an der Befragung teilgenommen hatten. Zum anderen wird deutlich, dass die befragten Mütter und Väter zum zweiten Erhebungszeitpunkt über einen vergleichbaren finanziellen Spielraum verfügten, t(563) = −1.60, p = .10. Das spiegelt sich im ähnlich hohen monatlichen Nettoäquivalenzeinkommen wider, das bei weiblichen Ankerpersonen im Durchschnitt bei 1 676.63 € (SD = 732.54) rangierte. Bei den männlichen Ankerpersonen lag es im monatlichen Schnitt bei 1 773.34 € (SD = 696.65). Insgesamt reduzierte sich das Nettoäquivalenzeinkommen der befragten Mütter und Väter primär im Verlauf des Übergangs zur Elternschaft (von T1 zu T2), verblieb in den beiden Jahren nach der Geburt des ersten Kindes jedoch auf ähnlich hohem Niveau (erster Befragungszeitpunkt: M = 2 182.38 €, SD = 1 311.93; zweiter Befragungszeitpunkt: M = 1 726.78 €, SD = 715.16; dritter Befragungszeitpunkt: M = 1 800.74 €, SD = 839.47). Erklären lässt sich die deutliche Abnahme der Summe zwischen T1 und T2 in der Gesamtstichprobe im Hinblick auf zwei Aspekte. Einerseits bedeuten Mutterschutz und Elternzeit Gehaltseinbußen für Paare aufgrund des damit verbundenen (zeitlich befristeten) Ausstiegs aus dem Beruf eines Partners. Andererseits wird das neugeborene Kind nach dem Übergang zur Elternschaft in die Berechnungsformel für das Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen miteingerechnet.

In dieser Stichprobe zeichnete sich darüber hinaus noch einmal stärker die Zäsur in der Müttererwerbstätigkeit mit der Geburt des ersten Kindes ab als in der Elternstichprobe der AID:A II Daten. Dies lässt sich für Mütter insbesondere an der veränderten Erwerbssituation zum zweiten Befragungszeitpunkt festmachen. Im Jahr unmittelbar vor der Geburt des ersten Kindes arbeitete die Mehrheit der Frauen in Vollzeit (n = 201, 69.8 %), ein etwas kleinerer Anteil war nicht erwerbstätig (n = 52, 18.1 %) oder in Teilzeit beschäftigt (n = 35, 12.1 %). Nach dem Übergang zur Elternschaft schieden vor allem Mütter zeitweise aus dem Erwerbsleben aus, denn der Großteil von ihnen war im Jahr nach dem Übergang zur Elternschaft nicht erwerbstätig (n = 264, 91.7 %). Erwartungsgemäß bestand die Nichterwerbstätigkeit für n = 258 (97.7 %) der Mütter aufgrund von Elternzeit bzw. Mutterschutz, sechs Frauen (2.3 %) hatten angegeben, Hausfrau zu sein. Zu diesem Zeitpunkt waren nur einige wenige in einer Vollzeitbeschäftigung (n = 17, 5.9 %) oder respektive in einer Teilzeitbeschäftigung (n = 7, 2.4 %) tätig. Im zweiten Jahr nach der Geburt hatte ein größerer Anteil der Mütter wieder begonnen zu arbeiten. Nur noch rund 40.9 % (n = 118) der Mütter waren zu diesem Zeitpunkt nicht berufstätig, der andere Teil (n = 170, 59.1 %) hatte wieder eine Berufstätigkeit in Voll- oder Teilzeit aufgenommen. Für viele Väter veränderte die Geburt des ersten Kindes hingegen kaum etwas an der Erwerbssituation. Sowohl im Jahr vor der Geburt (n = 286, 93.7 %) als auch in den beiden Jahren danach (zweiter Befragungszeitpunkt: n = 275, 89.6 %; dritter Befragungszeitpunkt: n = 281, 91.5 %) waren jeweils annähernd 90 % der Väter in Vollzeit erwerbstätig. Dementsprechend blieb die Zahl jener Väter, die in einem Teilzeitumfang beschäftigt war, prozentual gesehen, zu allen Zeitpunkten auf vergleichsweise niedrigem Niveau (erster Befragungszeitpunkt: n = 14, 4.6 %; zweiter Befragungszeitpunkt: n = 14, 4.6 %; dritter Befragungszeitpunkt: n = 16, 5,2 %). Im direkten Vergleich der Geschlechter offenbarte sich erwartungsgemäß, dass, obwohl die Erwerbssituation zwischen den befragten Frauen und Männern vor der Geburt des ersten Kindes zunächst ausgeglichener erschien, zu allen Zeitpunkten eine signifikante Ungleichverteilung auf die Erwerbstätigkeitskategorien herrschte. Väter waren dabei stets überdurchschnittlich häufig in der Kategorie der Vollzeiterwerbstätigen vertreten [erster Befragungszeitpunkt: \({\chi }^{2}\) (2, N = 593) = 62.15, p < .001; zweiter Befragungszeitpunkt: \({\chi }^{2}\) (2, N = 595) = 444.73, < .001; dritter Befragungszeitpunkt: \({\chi }^{2}\) (2, N = 595) = 298.91, < .001]. Der veränderte Erwerbsumfang der Mütter nach dem Übergang zur Elternschaft schlug sich, im Umkehrschluss, vor allem in einer Verschiebung der geschlechtsspezifischen Erwerbsaufteilung nieder. Das Erwerbsmodell wurde aus Perspektive der jeweiligen Ankerperson konstruiert. Im Jahr vor der Geburt war die geschlechtsspezifische Arbeitsaufteilung zunächst insgesamt weniger traditionell aufgeteilt. Über die Hälfte aller Ankerpersonen (unabhängig vom Geschlecht) hatten ein Erwerbsmodell gewählt, in dem beide Partner arbeiteten (n = 455, 76.5 %) (unabhängig des Erwerbsumfangs). Ein deutlich kleinerer Teil der Stichprobe verteilte sich auf die weiteren Erwerbsmodelle, z. B. auf ein Arrangement, in dem die befragte Ankerperson berufstätig war, die Partnerin oder der Partner wiederum nicht (n = 69, 11.6 %), die Ankerperson nicht erwerbstätig, während der Partner oder die Partnerin berufstätig war (n = 43, 7.2 %) oder beide nicht erwerbstätig waren (n = 28, 4.7 %). Im Jahr nach der Geburt hatte sich dieses Bild deutlich verschoben. Aus Sicht der Mütter bedeutete das, dass sie zeitweise aus dem Berufsleben ausgeschieden waren, während der jeweilige Partner berufstätig war (n = 231, 80.2 %). Komplementär dazu hatten die befragten Väter angegeben, dass sie berufstätig waren, während ihre jeweilige Partnerin zuhause blieb (n = 252, 82.1 %). Zum dritten Befragungszeitpunkt ließ sich in den Verteilungen des Erwerbsmodells erkennen, dass viele Eltern, in der Regel die Mütter, nur ein Jahr Elternzeit in Anspruch nahmen. Im direkten Vergleich zum Jahr nach der Geburt, hatte nun ein deutlich kleinerer prozentualer Anteil der Mütter angegeben, dass sie keiner Erwerbstätigkeit nachgingen, während der jeweilige Partner berufstätig war (n = 103, 35.8 %). Auch aus Sicht der Väter ließ sich diese Veränderung in der Aufteilung der bezahlten Arbeit erkennen. Nur noch 42,4 % (n = 130) der befragten Väter hatten zu diesem Zeitpunkt berichtet, dass sie allein erwerbstätig waren, während die Partnerin nicht erwerbstätig war. Viele Mütter hatten ihre Berufstätigkeit (ungeachtet des Stundenumfangs) daher im zweiten Jahr nach der Geburt wiederaufgenommen. Dementsprechend war der Anteil der Auskunftspersonen, die jeweils mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin ein Arrangement gewählt hatten, in dem beide berufstätig waren (ebenfalls ungeachtet des Stundenumfangs), deutlich angestiegen (beide erwerbstätig: Mütter n = 158, 54.9 %; Väter n = 155, 50.5 %). Insgesamt waren Frauen, erwartungskonform, zu allen Befragungszeitpunkten überhäufig im Erwerbsmodell vertreten, in dem sie selbst keiner Erwerbstätigkeit nachgingen, während der jeweilige Partner den Hauptverdienst leistete. Väter hingegen waren komplementär dazu signifikant häufiger in der Erwerbsmodellgruppe vertreten, in der sie selbst die Erwerbstätigkeit ausführten und die Partnerin zuhause blieb [erster Befragungszeitpunkt: \({\chi }^{2}\) (2, N = 595) = 81.24, < .001; zweiter Befragungszeitpunkt: \({\chi }^{2}\) (2, N = 595) = 458.19, < .001; dritter Befragungszeitpunkt: \({\chi }^{2}\) (2, N = 595) = 212.83, p  < .001]. Die erfassten Mütter und Väter waren, ausgehend von den Angaben zum Zeitpunkt nach dem Übergang zur Elternschaft, im Durchschnitt 83.89 Monate (SD = 53.88) mit dem jeweiligen Partner oder der jeweiligen Partnerin zusammen. Das entspricht einer durchschnittlichen Partnerschaftsdauer von etwa sieben Jahren. Differenziert nach dem Geschlecht unterschied sich die durchschnittliche Partnerschaftsdauer nicht bedeutend, t(592) = 0.82, p = .41.

5.4.2 Instrumente

Allgemeine Lebenszufriedenheit

Die allgemeine Lebenszufriedenheit wird in pairfam, ebenfalls in Anlehnung an die Single-Item-Skala der allgemeinen Lebenszufriedenheit des Sozioökonomischen Panels (SOEP) (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung und SOEP 2013), erfasst. Die Antwortskala ist elfstufig und reicht von Sehr unzufrieden (0) bis Sehr zufrieden (10).

Depressiveness

Depressiveness wird als Trait-Variable, mittels einer deutschen Version der State-Trait-Depression Scales (Spaderna et al. 2002) erfasst. Fünf Items der Trait-Skala messen dabei depressions-positive Aspekte (Dysthymia-Items z. B. „Meine Stimmung ist schwermütig“). Die restlichen Items der Trait-Skala (depressions-negative Aspekte) erfassen eine generell positive Stimmung (Positive Mood) (Euthymia-Items z. B. „Ich fühle mich gut“) (Thönnissen et al. 2020). Die Antwortskala reicht von Fast nie (1) bis Fast immer (4). Es wurde ein Gesamtsummenscore aus allen zehn Items gebildet. Dazu wurden die positiv formulierten Items umkodiert, so dass sie eine Abwesenheit positiver Affekte widerspiegeln (Spaderna et al. 2002). Die Gesamtsumme aller Items kann dann einen Minimalwert von 10 und einen Maximalwert von 40 annehmen, wobei hohe Werte stets für ein hohes Ausmaß erlebter Depressivität stehen. Insgesamt weist die Skala in der Gesamtstichprobe, aber auch getrennt nach dem Geschlecht, durchweg eine gute Reliabilität auf (erster Befragungszeitpunkt: Gesamtstichprobe: α = .84; Mütter: α = .86; Väter: α = .82; zweiter Befragungszeitpunkt: Gesamtstichprobe: α = .86; Mütter: α = .88; Väter: α = .85; dritter Befragungszeitpunkt: Gesamtstichprobe: α = .88; Mütter: α = .90; Väter: α = .83).

Allgemeines Stresslevel

Das subjektiv erlebte Stresslevel wurde über eine Skala bestehend aus drei Items erfasst („Wie haben Sie sich in den letzten vier Wochen überwiegend gefühlt? – gestresst, überlastet, unter Druck“). Die drei Items wurden in Anlehnung an das Originalinstrument des Perceived Stress Questionnaires (Levenstein et al. 1993) und die deutsche Übersetzung des Instruments (vgl. Fliege et al. 2001) formuliert. Die Items sollten dabei jeweils auf einer endpunktbenannten fünfstufigen Skala von Trifft überhaupt nicht zu (1) bis Trifft voll und ganz zu (5) von den Befragten bewertet werden (Thönnissen et al. 2020). Insgesamt weist die Skala in der Gesamtstichprobe, aber auch getrennt nach dem Geschlecht, durchweg eine gute Reliabilität auf (erster Befragungszeitpunkt: Gesamtstichprobe: α = .84; Mütter: α = .82; Väter: α = .87; zweiter Befragungszeitpunkt: Gesamtstichprobe: α = .84; Mütter: α = .81; Väter: α = .86; dritter Befragungszeitpunkt: Gesamtstichprobe: α = .85; Mütter: α = .85; Väter: α = .86).

Partnerschaftsqualität

Die Erfassung der Partnerschaftsqualität stützt sich auf zwei Skalen, die in Anlehnung an das Network of Relationships Inventory (NRI) (Furman und Buhrmester 1985) formuliert wurden. Relevante Indikatoren für die Qualität der Partnerschaft sind die Subdimensionen Intimität und Wertschätzung. Im Gegensatz zum Originalinstrument beziehen sich die hier vorliegenden adaptierten Items speziell auf die Beziehung zum Partner oder zur Partnerin. Dabei umfasst jede der Dimensionen insgesamt zwei Items und nicht wie im Originalinstrument drei (Thönnissen et al. 2020). Im Rahmen der Ankermodule gaben die Befragten auf einer fünfstufigen Häufigkeitsskala von Nie (1) bis Immer (5) an, wie häufig bestimmte Dinge im Rahmen der Partnerschaft vorkommen. Für die Dimension der Intimität etwa, wie häufig sie dem Partner oder der Partnerin erzählen was sie beschäftigt oder Geheimnisse und die innersten Gefühle teilen. Es wurde ein Gesamtmittelwert gebildet, der insgesamt eine positive Beziehungsqualität der Partnerschaft wiedergibt. Diese Vorgehensweise stützt sich auf Analysen abgeänderter Versionen des Originalinstruments in früheren StudienFootnote 5, die zeigen, dass die positiv formulierten Subskalen eine positive Beziehungsdimension widerspiegeln, während die negativen Subskalen eine negative Beziehungsdimension zum Ausdruck bringen (z. B. Kouwenberg et al. 2013; Wang 2014). Mit Blick auf die vier Items zusammengenommen bewegten sich die Reliabilitäten im akzeptablen Bereich (erster Befragungszeitpunkt: Gesamtstichprobe: α = .73; Mütter: α = .75; Väter: α = .70; zweiter Befragungszeitpunkt: Gesamtstichprobe: α = .71; Mütter: α = .66; Väter: α = .77; dritter Befragungszeitpunkt: Gesamtstichprobe: α = .75; Mütter: α = .71; Väter: α = .80).

Kindliches Temperament – kindbezogener Stress

In pairfam werden, analog zum Befragungsprogramm aus AID:A II, verhaltensbezogene Anforderungen des Kindes anhand der vier bereits beschriebenen Items zum kindlichen Temperament erfasst, die auf Basis des Infant Behavior Questionnaires (IBQ) (Rothbart 1981; Rothbart et al. 2001; deutsche Version überprüft von Pauli-Pott et al. 2003) angepasst und entwickelt wurden. Die drei Items der Skala Affect (vgl. Richter et al. 2017) wiesen in der vorliegenden Elternstichprobe ebenfalls schlechte Reliabilitäten auf (zweiter Befragungszeitpunkt: Gesamtstichprobe: α = .65; Mütter: α = .70; Väter: α = .60; dritter Befragungszeitpunkt: Gesamtstichprobe: α = .60; Mütter: α = .60; Väter: α = .53). Aus diesem Grund wurden insgesamt drei verhaltensbasierte Items aus dem Modul für Babys und Kleinkinder (Wilhelm und Walper 2020) ausgewählt, die erhöhte Anforderungen in Bezug auf das Kind zum Ausdruck bringen. Dies betrifft die zwei negativ formulierten Items der Skala Affect (z. B. „Mein Kind ist leicht erregbar und weint häufig“) sowie ein Einzelitem, in dem Eltern angeben mussten, wie häufig sich das Kind in den letzten zwei Woche tatsächlich beruhigen ließ, wenn es schrie oder quengelte. Da die drei ausgewählten Items jeweils eine fünfstufige Skala aufwiesen, mit dem Minimalwert 1, der überhaupt keine Schwierigkeiten des jeweiligen kindlichen Verhaltensaspekts indizierte und dem Maximalwert 5, der eine hohe oder häufige Schwierigkeit des Verhaltens abbildete, wurde ein Gesamtmittelwert aus den drei Items gebildet. Im ersten Jahr nach der Geburt ergab sich für die Anforderungen durch das kindliche Verhalten ein Gesamtmittelwert von M = 1.80 (SD = 0.62). Insgesamt schätzten die Eltern das kindliche Verhalten zu diesem Zeitpunkt damit im Schnitt als selten bis manchmal irritabel ein. Mit einem genaueren Blick auf die Häufigkeitsverteilung des Gesamtmittelwerts in der Stichprobe zeigte sich, dass 21.0 % (n = 125) der Eltern im ersten Jahr nach der Geburt angegeben hatten, dass ihr Kind nicht irritabel war. Sie hatten alle drei Items mit dem Wert eins bewertet. 34.3 % (n = 99) der Eltern hatten mindestens einen Verhaltensaspekt des Kindes als eher schwierig bewertet. Das heißt, sie hatten z. B. angegeben, dass sich das Kind zwar häufig beruhigen ließ, aber nicht immer oder auch mal schrie oder weinte. Die restlichen 44.7 % (n = 265) Mütter und Väter hatten hinsichtlich mindestens eines Verhaltensaspekts angegeben, dass es häufig zutraf, dass ihr Kind irritabler war und sich beispielsweise seltener beruhigen ließ, wenn es schrie oder quengelte. In der Gesamtschau erlebten zwar äußerst wenige Eltern besonders hohe Anforderungen durch das Kind und nur wenige hatten sehr große Schwierigkeiten in der Verhaltensanpassung des Kindes angegeben, dennoch schätzten fast die Hälfte der Eltern mindestens einen oder zwei verhaltensbedingte Anforderungen des Kindes häufiger als irritabel ein. Zum dritten Zeitpunkt hatte dieser Wert etwas abgenommen (M = 1.70, SD = 0.56). Väter wiesen zu beiden Zeitpunkten (zweiter Befragungszeitpunkt: M = 1.82, SD = 0.62; dritter Befragungszeitpunkt: M = 1.75, SD = 0.56) einen etwas höheren Wert des eingeschätzten kindlichen Verhaltens als irritabel auf als die befragten Mütter (zweiter Befragungszeitpunkt: M = 1.70, SD = 0.61; dritter Befragungszeitpunkt: M = 1.64, SD = 0.55), [zweiter Befragungszeitpunkt: t(592) = −2.22, p = .03; dritter Befragungszeitpunkt: t(593) = −2.37, p = .02].

Ängstliche Überfürsorge

Die ängstliche Überfürsorge wurde anhand der Skala Überfürsorge erfasst und auf Basis eines Erhebungsinstruments zur Erfassung von Einstellungen von Müttern mit Kindern im Kleinkindalter erstellt (Thönnissen et al. 2020). Die Skala besteht aus drei Items (z. B. „Ich bin ständig in Sorge, dass meinem Kind etwas zustoßen könnte; Manchmal kann ich nachts nicht schlafen, weil ich mir vorstelle, meinem Kind könnte etwas zustoßen.“), die jeweils auf einer endpunktbenannten Skala von 1 Trifft überhaupt nicht zu bis 5 Trifft voll und ganz zu eingeschätzt wurden. Diese Skala soll in der vorliegenden Untersuchung als Indikator verwendet werden, der eine größere Ängstlichkeit um das Kind und eine starke Orientierung auf das Kind zum Ausdruck bringt. Insgesamt weist die Skala eine akzeptable Reliabilität auf (zweiter Befragungszeitpunkt Gesamtstichprobe: α = .72; Mütter: α = .74; Väter: α = .65). Der Gesamtmittelwert lag im Jahr nach der Geburt des ersten Kindes bei M = 2.16 (SD = 0.82), wobei Mütter (M = 2.30, SD = 0.91) einen höheren Durchschnittswert auf der Skala der ängstlichen Überfürsorge erzielten als Väter (M = 2.03, SD = 0.69), t(306) = 2.92, p = .002. Es lässt sich erkennen, dass ein gewisser Anteil der Eltern keinerlei Tendenz zur ängstlichen Überfürsorge zeigte (n = 33, 10.7 %). 27.2 % (n = 84) hatten mindestens bei einem Item eingeschätzt, dass es (eher) zutraf, dass sie sich um das Baby sorgten und etwa 62.1 % (n = 191) hatten mindestens bei zwei Aussagen berichtet, dass dies zutraf. Insgesamt erlebten daher einige der Eltern eine milde bis moderate ängstliche Überfürsorge.

Kommunikations- und Konfliktverhalten in der Partnerschaft – Relationship Behaviors

Das Kommunikations- und Konfliktverhalten, im Rahmen von Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Paarbeziehung, wurde über die zwei Subskalen verbale Aggression und konstruktives Verhalten gemessen, die jeweils zwei Items umfassen (z. B. „Den Partner beleidigen oder beschimpfen“; „Sich bemühen, dem anderen das eigene Anliegen wirklich verständlich zu machen“, Skala von (1) Fast nie oder nie bis (5) Sehr oft) (Thönnissen et al. 2020). Die Items wurden in Anlehnung an den KOMQUAL Questionnaire (Questionnaire for the Measurement of Communication Quality) (vgl. Bodenmann 2000) formuliert. Die zwei positiven Items der Skala konstruktives Verhalten wurden umkodiert, so dass hohe Werte einen schlechteren Kommunikationsstil der Paare in Konfliktsituationen zum Ausdruck bringen. Für die Analysen wurde ein Gesamtmittelwert der vier Items verwendet, der im Zeitgeschehen eine Zunahme negativer Kommunikations- und Konfliktstrategien abbildet, da hohe Werte stets eine schlechtere Umgangsform der Ankerpersonen mit dem jeweiligen Partner oder der jeweiligen Partnerin indizieren. Mit Blick auf die Gesamtstichprobe hatte sich das Kommunikationsverhalten, vor allem zwischen dem zweiten und dritten Messzeitpunkt verschlechtert (Gesamtstichprobe erster Befragungszeitpunkt: M = 1.85, SD = 0.58; zweiter Befragungszeitpunkt: M = 1.89, SD = 0.57; dritter Befragungszeitpunkt: M = 2.02, SD = 0.59). Zwischen den Geschlechtern bestand zu den ersten zwei Befragungszeitpunkten kein bedeutender Unterschied in der Einschätzung des Kommunikations- und Konfliktverhaltens. Zum dritten Messzeitpunkt wiesen Mütter etwas höhere Werte auf als Väter und hatten damit angegeben, dass es in ihrer Partnerschaft in Konfliktsituationen oder bei Meinungsverschiedenheit etwas häufiger zu weniger konstruktivem Verhalten im Umgang miteinander kam (erster Befragungszeitpunkt Mütter: M = 1.88 SD = 0.61; Väter: M = 1.81, SD = 0.54, t(565) = −1.31, p = .18; zweiter Befragungszeitpunkt: Mütter: M = 1.91, SD = 0.61; Väter: M = 1.88, SD = 0.52, t(592) = –0.53, p = .59; dritter Befragungszeitpunk: Mütter: M = 2.07, SD = 0.65; Väter: M = 1.96, SD = 0.52, t(590) = −2.07, p = .04). Insgesamt zeigt sich auch hier die Tendenz, dass viele Eltern nur leicht erhöhte Werte in negativen Konflikt- und Kommunikationsstrategien aufwiesen.

Belastung durch das kindliche Verhalten

Die Belastung durch das kindliche Verhalten wurde über zwei Items, jeweils mittels einer fünfstufigen Skala erfasst (z. B. „Wie oft fühlen Sie sich durch das Schreien oder Quengeln des Kindes belastet?“). Beide Aspekte wurden zu einem Durchschnittswert zusammenfasst, der dann das Ausmaß der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten widerspiegelt (Gesamtstichprobe zweiter Befragungszeitpunkt: M = 2.36, SD = 0.84; dritter Befragungszeitpunkt: M = 2.38, SD = 0.90). Im ersten Jahr nach der Geburt des ersten Kindes hatten Mütter (M = 2.46, SD = 0.88) eine etwas höhere Belastung durch das kindliche Verhalten angegeben als die befragten Väter (M = 2.28, SD = 0.84), t(592) = 2.61, p = .009. Zum dritten Befragungszeitpunkt hatte sich die Differenz minimal reduziert, bestand aber fort [Mütter: M = 2.46, SD = 0.92, Väter: M = 2.30, SD = 0.88), t(592) = 2.19, p = .03].

Alter der Befragten, durchschnittlicher Nachtschlaf

Das Alter der Befragungspersonen liegt zu jedem Befragungszeitpunkt in Jahren vor und ist zum zweiten Befragungszeitpunkt gleichzeitig auch das Alter bei der Geburt des ersten Kindes. Die durchschnittliche Stundenanzahl des Schlafs pro Nacht der befragten Ankerpersonen in einer normalen Woche wurde mittels einer offenen Antwortvorgabe erfasst, (Gesamtstichprobe erster Befragungszeitpunkt: M = 7.16, SD = 1.04; zweiter Befragungszeitpunkt: M = 6.62, SD = 1.09; dritter Befragungszeitpunkt: M = 6.87, SD = 0.99). Die durchschnittliche Anzahl des Schlafs in Stunden pro Nacht in einer normalen Woche nahm damit über die Gesamtstichprobe hinweg, vor allem am Übergang zur Elternschaft, ab. Geschlechterunterschiede fanden sich im Jahr vor der Geburt, in dem Männer im Durchschnitt eine halbe Stunde weniger pro Nacht schliefen als die befragten Frauen. Im zweiten Jahr nach der Geburt war der Mittelwertunterschied tendenziell signifikant. Väter schliefen zu diesem Zeitpunkt pro Nacht minimal kürzer als die befragten Mütter (erster Befragungszeitpunkt Mütter: M = 7.45, SD = 1.12; Väter: M = 6.89, SD = 0.87, t(564) = 6.66, < .001; zweiter Befragungszeitpunkt: Mütter: M = 6.55, SD = 1.22; Väter: M = 6.68, SD = 0.95, t(588) = −1.35, p = .17; dritter Befragungszeitpunkt: Mütter: M = 6.96, SD = 1.05; Väter: M = 6.80, SD = 0.94, t(589) = 1.94, p = .05).

Bildungsniveau

Die Bestimmung des Bildungsniveaus basiert grundsätzlich auf dem international anerkannten Klassifizierungssystem CASMIN (König et al. 1988). Die Einteilung der Bildungsgruppen erfolgte jedoch auch hier auf Basis des angepassten CASMIN-Schemas, das einige der ursprünglichen Kategorien weiter ausdifferenziert (Brauns und Steinmann 1997). Analog zur Vorgehensweise in der AID:A II Stichprobe wurde in der vorliegenden Ausgangsstichprobe eine Aufteilung in nur zwei Bildungsgruppen favorisiert. In Relation zur Gesamtstichprobe wiesen nur vergleichsweise wenige Mütter und Väter ein niedriges Bildungsniveau auf. In den geschlechterdifferenzierten Analysen wären diese Bildungskategorien, ohne Zusammenführung der niedrigen und mittleren Bildungsgruppen, zu gering besetzt. In den Analysen bildet daher jeweils die Gruppe der mittel- bis niedriggebildeten die Referenzkategorie zu hochgebildeten Befragten.

Erwerbsmodell

Die Variable des Erwerbsmodells wurde aus Perspektive der Ankerperson konstruiert. Sie erfasst jeweils, wie sich die Befragungsperson die bezahlte Erwerbsarbeit mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin aufteilt, unabhängig vom Stundenumfang. Aufgrund der ungleichen Häufigkeitsverteilungen auf die einzelnen Erwerbsmodelle wurde eine Dummy-Variable gebildet, die das Modell, in dem einer arbeitet und der jeweils andere zuhause bleibt, mit allen anderen Kombinationen vergleicht.

Ökonomische Situation des Haushalts

Die objektive ökonomische Situation des Haushalts wird mittels des Nettoäquivalenzeinkommens berücksichtigt (vgl. Ausführungen des Abschnitts zur ökonomischen Situation des Haushalts in Teilstudie I). Daneben wurden auch hier zwei, nach Schwarz et al. (1997) formulierte und adaptierte, Items zur Knappheit finanzieller Mittel im Haushalt miteinbezogen (z. B. „Wir müssen häufig auf etwas verzichten, weil wir uns finanziell einschränken müssen.“; Antwortskala 1 Stimmt überhaupt nicht bis 5 Stimmt voll und ganz). Aus beiden Items wurde ein Gesamtmittelwert gebildet, auf dem hohe Werte eine hohe finanzielle Belastung bedeuten. Insgesamt nahm die finanzielle Belastung des Haushalts über die Zeit zu (erster Befragungszeitpunkt: M = 2.04, SD = 0.96; zweiter Befragungszeitpunkt: M = 2.15, SD = 1.03; dritter Befragungszeitpunkt: M = 2.31, SD = 1.07). Mütter wiesen besonders im Jahr vor der Geburt, als auch zum dritten Befragungszeitpunkt höhere Werte auf der finanziellen Belastung auf als die befragten Väter (erster Befragungszeitpunkt Mütter: M = 2.16, SD = 0.98; Väter: M = 1.94, SD = 0.92, t(496) = 2.54, p = .01; zweiter Befragungszeitpunkt: Mütter: M = 2.22, SD = 1.05; Väter: M = 2.08, SD = 1.00, t(592) = 1.68, p = .09; dritter Befragungszeitpunk: Mütter: M = 2.46, SD = 1.12; Väter: M = 2.15, SD = 0.99, t(592) = 3.56, p = .0004).

Partnerschaftsstatus, Dauer der Partnerschaft, Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs

Als letzte Bedingungen subjektiven Wohlbefindens wurden Indikatoren der Partnerschaft berücksichtigt. Dazu zählt der Familienstand. Für einen bestimmten Teil der befragten Mütter und Väter veränderten sich, vor allem am Übergang zur Elternschaft, zentrale Eckpfeiler der Partnerschaft. Einige lebten im Ausgangsjahr noch nicht zusammen, waren dann mit der Geburt des ersten Kindes in einen gemeinsamen Haushalt gezogen, während andere mit der anstehenden Geburt des ersten Kindes beschlossen hatten zu heiraten. Zwar eignen sich für beide Gruppen keine Subanalysen, da sie für sich genommen jeweils einen sehr kleinen Teil der Stichprobe ausmachten [n = 62 (10,4 %) der befragten Mütter und Väter hatten über die ersten zwei Erhebungszeitpunkte hinweg geheiratet; n = 68 (11,4 %) Ankerpersonen zogen zusammen in einen gemeinsamen Haushalt]. Dennoch soll die Veränderung dieser wichtigen Eckpfeiler in der Partnerschaft, in Form von gebildeten Kontrollvariablen, mitberücksichtigt werden. Für das erste Jahr nach der Geburt soll diesem Umstand Rechnung getragen werden, indem k-1 Dummy-Variablen nach dem Grad der Veränderung in der Institutionalisierung der Partnerschaft gebildet wurden. In den Analysen im Jahr nach der Geburt wird daher in diese zwei Gruppen unterschieden. In Ankerpersonen, die im Verlauf des Ausgangsjahres bis zum Jahr nach der Geburt beschlossen hatten zu heiraten (n = 62, 10,4 %), und in Ankerpersonen, die im Ausgangsjahr nicht zusammenlebten, dann jedoch zusammengezogen waren (n = 68, 11,4 %). Diese zwei Gruppen werden mit jenen befragten Müttern und Vätern verglichen, an deren Familienstand sich nichts änderte (die also zu beiden Zeitpunkten verheiratet oder nicht verheiratet zusammenlebten, n = 465, 78,2 %). Die Berücksichtigung dieser Veränderungen wurde vor dem Hintergrund entschieden, dass der Zusammenzug, neben der Geburt des ersten Kindes, einen weiteren Meilenstein in der Partnerschaftsentwicklung darstellt, der zusätzliche Anforderungen und Aushandlungsleistungen aufwirft (Schneewind und Wunderer 2013; Solomon 2015). Zugleich verändert auch eine Heirat das Gefüge in der Partnerschaft und kann einen Anstieg des Wohlbefindens bedeuten, insbesondere, wenn es sich um eine glückliche Partnerschaft handelt (Chapman und Guven 2016), aber auch eine stärkere Traditionalisierung der geschlechtsspezifischen Arbeitsaufteilung nach sich ziehen (Grunow et al. 2007). Für die Betrachtung der Partnerschaftsqualität wird zusätzlich die Dauer der Partnerschaft berücksichtigt, die in Monaten vorliegt, sowie die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs. Diese wurde auf die durchschnittliche Häufigkeit im Monat umgerechnet. Besonders die Geburt des Kindes bedeutete einen Einschnitt in der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs (erster Befragungszeitpunkt Gesamtstichprobe: M = 7.85, SD = 7.99; zweiter Befragungszeitpunkt Gesamtstichprobe: M = 4.24, SD = 7.44; dritter Befragungszeitpunkt Gesamtstichprobe: M = 4.31, SD = 7.08). Mütter und Väter unterschieden sich zu keinem Zeitpunkt in der durchschnittlich angegebenen Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs mit dem jeweiligen Partner oder der Partnerin (erster Befragungszeitpunkt Mütter: M = 7.54, SD = 7.96; Väter: M = 8.13, SD = 8.02, t(560) = –0.67, p = .50; zweiter Befragungszeitpunkt: Mütter: M = 4.47, SD = 9.54; Väter: M = 4.04, SD = 4.77, t(560) = 0.87, p = .38; dritter Befragungszeitpunkt: Mütter: M = 3.96, SD = 5.73; Väter: M = 4.63, SD = 8.11, t(562) = 1.12, p = .26).

5.4.3 Methodisches Vorgehen

Im vorliegenden Analyseteil wird der Pfadanalyse mit ausschließlich manifesten Variablen, gegenüber Strukturgleichungsmodellen, der Vorzug gewährt. Strukturgleichungsmodelle bestehen in der Regel aus einem Mess- und Strukturmodell (Aichholzer 2017). Das Messmodell operationalisiert ein latentes Konstrukt über spezifisch dafür ausgewählte Indikatoren (Faktorenanalyse) (Aichholzer 2017). Das Strukturmodell verbindet dann die latenten Konstrukte miteinander (Arzheimer 2016). Wie sich in der Beschreibung der Instrumente bereits angedeutet hat, hatte die Veränderung der Skalen aus forschungsökonomischen Gründen jedoch zur Folge, dass sich keine latente Faktorstruktur nachbilden ließ (Konfirmatorische Faktorenanalyse, Messmodell im Strukturgleichungsmodell). Um Mess- und Spezifikationsfehler zu vermeiden, wurde daher beschlossen, die theoretisch aufgestellten Modelle ausschließlich manifest zu modellieren.

Pfadanalysen sind eng mit der Regressionsanalyse verbunden und machen es als statistische Methode möglich, die Zusammenhänge verschiedener Variablen gleichzeitig in einem Modell zu prüfen. Die Variablenbeziehungen werden als linear vorausgesetzt. Zudem ist es möglich, die Effekte zu zerlegen (Effektzerlegung), um nicht nur direkte Effekte, sondern auch indirekte Zusammenhänge zwischen mehreren unabhängigen Variablen und der abhängigen Variable prüfen zu können. Der totale Effekt stellt dabei die Summe des direkten und aller indirekten Pfade auf die abhängige Variable dar (Bortz und Schuster 2010). Vor dem formulierten Erkenntnisinteresse der vorliegenden Teilstudie bietet sich diese statistische Methode an, da die theoretisch aufgestellten, komplexen Variablenbeziehungen am Übergang zur Elternschaft untersucht werden können. Gleichzeitig besteht mit dieser statistischen Analysemethode die Möglichkeit, die indirekten Mechanismen, über die die kindlichen Anforderungen auf das Wohlbefinden der Eltern wirken, zu prüfen. Bei den aufgestellten Modellen handelt es sich ausschließlich um rekursive Modelle, da keine Feedbackschleifen enthalten sind und alle Pfade in dieselbe Richtung weisen (Acock 2013). Umgesetzt wurden die Analysen mit dem SEM-Packet des Statistikprogramms Stata [Structural Equation Modeling in Stata (StataCorp 2019)].

Die Modelle werden mittels Maximum Likelihood Methode geschätzt (Kline 2011), bei der Fälle listenweise ausgeschlossen werden. Sie stellt ein sehr robustes Schätzverfahren dar, sogar gegen Verletzungen der Normalverteilung (Acock 2013), die bei sozialwissenschaftlichen Analysen und insbesondere bei, über Ratingskalen erhobenen Daten nie vollständig gegeben ist (Weiber und Mühlhaus 2010). Der listenweise Ausschluss wurde zugelassen, da die fehlenden Werte als Missing completely at Random (MCAR) (Weiber und Mühlhaus 2010) eingestuft werden können. Dies wurde anhand des Little’s Test überprüft, der unterstellt, dass die fehlenden Werte reinzufällig zustande gekommen sind und weder von den beobachteten noch von unbeobachteten Variablen abhängen (Li 2013), \(\chi^{2} - distance\) (N = 595) = 238.78, df = 225, p = .25. Ein nicht signifikantes Ergebnis des Tests indiziert, dass die fehlenden Werte auf allen untersuchten Variablen rein zufällig entstanden sindFootnote 6.

Vor Schätzung und Interpretation der interessierenden Modelle wird in jedem Analyseschritt zunächst getestet, ob sich bestimmte Variablenzusammenhänge differenziert nach dem Geschlecht signifikant voneinander unterscheiden. Dazu wird eine Multigruppenanalyse durchgeführt. In einem ersten Schritt werden die Parameter jeweils frei in der Substichprobe der Mütter und Väter geschätzt (Unconstrained Model). Dieses Vorgehen unterstellt, dass sich die Modelle grundsätzlich nicht in ihrer Struktur zwischen Müttern und Vätern unterscheiden, aber unterschiedliche Pfade je nach Substichprobe ein unterschiedliches Gewicht haben können. Mehrere Wald-Tests geben im Anschluss Hinweise darauf, ob sich Modellparameter signifikant zwischen den Gruppen unterscheiden. Dazu wird jeder einzelne, im Modell vorliegende Pfad auf eine statistisch signifikante Differenz zwischen den befragten Müttern und Vätern getestet. Unterscheiden sich die Parameter nicht signifikant zwischen den Geschlechtern, werden alle Pfade gleichgesetzt (Constrained Model) und interpretiert, insofern sich dadurch keine Verschlechterung des Modellfits ergibtFootnote 7. Die Effektzerlegung in direkte, indirekte und totale Effekte erfolgt dann ebenfalls auf Basis des so berechneten Modells in der Gesamtstichprobe. Bestehen hingegen Unterschiede, werden sich nicht statistisch bedeutsam voneinander unterscheidende Pfade gleichgesetzt (Constrained Model). Das heißt, für bestimmte Parameter wird angenommen, dass sie sich in den beiden Gruppen nicht bedeutsam voneinander unterscheiden. Die sich unterscheidenden Parameter dürfen wiederum frei geschätzt werden. Anschließend wird geprüft, ob sich der Modellfit bedeutsam verschlechtert oder sogar verbessert, durch Gleichsetzung einzelner Pfade und der freien Schätzung anderer. Liefert das so berechnete Modell einen guten Modellfit, kann es inhaltlich interpretiert und die direkten und indirekten Effekte können berechnet werden (Vorgehen beschrieben nach Acock 2013; siehe zur Umsetzung des Vorgehens auch Forsman 2020). Bei der Testung von Unterschieden ist es möglich zu prüfen, ob sich die Stärke der indirekten Effekte zwischen Müttern und Vätern unterscheidet (Institute for Digital Research & Education Statistical Consulting (UCLA) 2021). Auf diese Möglichkeit wird bei Bedarf zurückgegriffen.

Alle Analysen werden nach diesem beschriebenen Multigruppenvorgehen durchgeführt. Für die im Rahmen der partnerschaftsrelevanten Wohlbefindensdimension aufgestellte letzten Forschungsfrage (IX) werden ebenfalls die geschilderten Berechnungsschritte des Multigruppenvergleichs vorgenommen, in diesem Fall jedoch nicht auf Basis des Differenzkriteriums Geschlecht, sondern eingeteilt nach dem Veränderungsausmaß des Kommunikations- und Konfliktverhaltens von T1 (vorgeburtlich) zu T2 (nachgeburtlich). Dazu wurden die erfassten Eltern in zwei Vergleichsgruppen eingeteilt: In Mütter und Väter, deren negative Paarkommunikation über diese zwei Erhebungszeitpunkte zugenommen hatte oder stabil hoch geblieben war (Gruppe mit Intensivierung in Paarkommunikation). Die Vergleichsgruppe bilden Mütter und Väter, deren Paarkommunikation sich im Verlauf des Übergangs zur Elternschaft verbessert hatte oder zumindest auf einem gleichbleibend niedrigen Level verweilt war (die zu beiden Zeitpunkten angegeben hatten, dass die erfassten Konflikt- und negativen Kommunikationsverhaltensweisen nie oder fast nie vorkamen, Vergleichsgruppe).

Hinsichtlich der Ergebnisdarstellung ist es in Multigruppenanalysen üblich, neben der standardisierten, zusätzlich auch die unstandardisierte Lösung zu betrachten (Acock 2013). In wissenschaftlichen Publikationen wird für die endgültigen Modelle wiederum die standardisierte Lösung bevorzugtFootnote 8. Deshalb werden für alle Schritte die standardisierten und unstandardisierten Parameter ausgegeben. Die Güte der Modelle wird über die nachfolgenden vier Indikatoren geprüft. Um von einem guten Fit ausgehen zu können, gilt für diese Indikatoren: Absolute/Predictive Fit: Chi-Square (sollte nicht signifikant sein); Comparative Fit: TLI (≥ 0.95), CFI (≥ 0.95); Other Goodness-of-Fit-Index: RMSEA < 0.06) (vgl. Schreiber et al. 2006). Im Rahmen des SEM-Packets zur Berechnung von Pfadmodellen mit Stata (StataCorp 2019), ist es möglich zu prüfen, ob bestimmte Pfade im Modell durch andere Hintergrundvariablen moderiert werden (siehe hierzu z. B. Acock 2013). Mithilfe dieser vertiefenden Analysemöglichkeit kann untersucht werden, ob eine Potenzierung von Anforderungen, im Sinne des Pile-Up-Effekts, wie es das doppelte ABXC-Model (McCubbin und Patterson 1983a) vorgeschlagen hat, vorliegt. Beispielsweise lässt sich testen, ob der Zusammenhang zwischen der Irritabilität des Kindes und der dadurch erlebten subjektiven Belastung vom Ausmaß der erlebten finanziellen Deprivation abhängig ist. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, Annahmen hinsichtlich einer moderierten Mediation (Moderated Mediation) zu prüfen (Preacher et al. 2007; Hayes 2018). Eine moderierte Mediation liegt dann vor, wenn ein indirekter Effekt von der Ausprägung einer anderen Variable abhängt (Preacher et al. 2007). In den vorliegenden Modellen könnte beispielsweise die Übertragung der Irritabilität des Kindes, über die dadurch tatsächlich empfundene Belastung auf das Wohlbefinden der Eltern, stärker oder schwächer ausfallen, je nach Alter oder Bildungsstand der Eltern. Diesen zusätzlichen Zusammenhängen soll im Ergebnisteil nachgespürt werden.

Insgesamt werden die Modelle zunächst für das erste Jahr nach der Geburt berechnet. Im Anschluss wird untersucht, inwiefern sich auch noch nachgelagerte Effekte auf die Indikatoren individuellen sowie partnerschaftsrelevanten Wohlbefindens im zweiten Jahr nach der Geburt (dritter Messzeitpunkt) zeigen.

Bedingungen elterlichen Wohlbefindens

Gestützt auf die Erkenntnisse des Abschnitts 3.2 „Bedingungen elterlichen Wohlbefindens“ werden in den Analysen die zentralen Hintergrundvariablen mitberücksichtigt, die Einfluss auf das subjektive elterliche Wohlbefinden nehmen können. Es handelt sich dabei um das Alter der Befragungspersonen, das Bildungsniveau, die ökonomische Situation des Haushalts, das Erwerbsmodell und den Familienstand. Als ein individuelles Einflussmerkmal soll zudem in allen Analysen der durchschnittliche nächtliche Schlaf der befragten Mütter und Väter berücksichtigt werden, da weniger Schlaf ein zentrales Merkmal des Übergangs zur Elternschaft darstellt und nicht nur ein individueller Belastungsfaktor sein (Cooklin et al. 2011; Elek et al. 2002; Lee und DeJoseph 1992; Pollock et al. 2005), sondern ebenso Einfluss auf die Partnerschaft nehmen kann (DeJudicibus und McCabe 2002). Diese Baselinevariablen werden für jede abhängige Variable des subjektiven Wohlbefindens, sowie die ängstliche ÜberfürsorgeFootnote 9 und die Mediatorvariablen (Paarkommunikation, subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten) berücksichtigt.

Im Rahmen der Untersuchungen zur Partnerschaftsqualität soll zusätzlich zu diesem Set an Kontrollvariablen, die durchschnittliche Dauer der Partnerschaft mitberücksichtigt werden, sowie die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs. Insbesondere nach dem Übergang zur Elternschaft kann die Sexualbeziehung einen Bereich der Partnerschaft darstellen, der Schwierigkeiten unterliegt. Ähnlich wie die Partnerschaftszufriedenheit, erleben die Intimität zwischen den Paaren und die Sexualbeziehung eine Verschiebung nach der Ankunft eines Babys (Mickelson und Joseph 2012). So nehmen die Häufigkeit, das Verlangen nach Geschlechtsverkehr und die Zufriedenheit mit der Sexualbeziehung insbesondere bei Müttern ab (Fischman et al. 1986; DeJudicibus und McCabe 2002; Ahlborg et al. 2005; Hackel und Ruble 1992; Rosen et al. 2020a), jedoch steigt die sexuelle Aktivität im Verlauf des ersten Jahres wieder an (Pacey 2004). Für die Einschätzung des kindlichen Verhaltens wird, gestützt auf die empirischen Befunde aus Abschnitt 3.2 „Bedingungen elterlichen Wohlbefindens“, auf folgende Variablen kontrolliert: Bildung der Eltern, ökonomische Situation des Haushalts, Erwerbstätigkeit der Eltern, Familienstand und schließlich die durchschnittliche Schlafdauer pro Nacht der befragten Mütter/Väter. Insbesondere fehlender Schlaf kann sich auf die Stimmung und psychische Verfassung der Eltern auswirken (Meltzer und Mindell 2007). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der elterliche Schlaf das Verhalten des Kindes beeinflussen kann. Zur Überprüfung der letzten Forschungsfrage (IX) des Teils zum partnerschaftsrelevanten Wohlbefinden (inwiefern sich die Variablenzusammenhänge nach dem Ausmaß der Veränderung in der Paarkommunikation von T1 zu T2 unterscheiden) werden dieselben genannten Kontrollvariablen berücksichtigt. Da in diesem Gruppenvergleich allerdings eine Unterscheidung nach dem Geschlecht entfällt, wird für die Irritabilität des Kindes/ängstlichen Überfürsorge, die Paarkommunikation und die Partnerschaftsqualität zusätzlich auf das Geschlecht der erfassten Ankerpersonen kontrolliert.

Da sich im zweiten Jahr nach der Geburt viele dieser Bedingungen im Vergleich zum Vorjahr verändert haben konnten, werden für die nachgelagerten Berechnungen des Wohlbefindens im zweiten Jahr nach dem Übergang zur Elternschaft, für die zeitveränderlichen Variablen (z. B. ökonomische Situation, Nachtschlaf, Häufigkeit Geschlechtsverkehr), jeweils die Informationen des dritten Messzeitpunktes verwendet.

5.5 Interkorrelationen der Einzelaspekte subjektiven Wohlbefindens und deskriptive Ergebnisse

Analog zur Vorgehensweise in der AID:A II Stichprobe, wurde in einem ersten Set an Korrelationsanalysen die Höhe der Zusammenhänge zwischen den einzelnen Wohlbefindensdimensionen, differenziert nach dem Geschlecht und für alle drei Messzeitpunkte geprüft. Wie sich erkennen lässt, ergaben sich erwartungsgemäß die höchsten Zusammenhänge innerhalb der Konstrukte (vgl. Tabelle 5.3). So korrelierte das Depressionsniveau der Väter des ersten Messzeitpunkts hoch mit dem väterlichen Wert zum zweiten Befragungszeitpunkt (r = .70, p < .001). Mit Blick auf Zusammenhänge zwischen den erfassten Einzelaspekten bestand bei den Vätern vor allem zu T2 ein starker Zusammenhang zwischen der Lebenszufriedenheit und dem Depressionsniveau (r = 0.55, < .001). Da dieser Zusammenhang jedoch in dieser Stärke nicht über alle Erhebungszeitpunkte bestand, wurde letztlich nicht weitergehend geprüft, ob diese zwei Aspekte ein gemeinsames latentes Konstrukt messen. Da sich die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Konstrukten in der Stichprobe der Mütter, als auch der Väter im gesamten als moderat einschätzen lassen, wurden auch für die restlichen Wohlbefindensaspekte keine weiteren Prüfschritte eingeleitet. Alle genannten Dimensionen subjektiven Wohlbefindens werden als Einzelaspekte betrachtet, die jeweils eine eigene Stimmungslage widerspiegeln.

Tabelle 5.3 Paarweise Korrelationen der einzelnen Wohlbefindensdimensionen über die drei Befragungszeitpunkte hinweg

Deskriptive Ergebnisse zu den Wohlbefindensdimensionen und Veränderungen des Wohlbefindens über die Zeit

Tabelle 5.4 gibt die Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelaspekte subjektiven Wohlbefindens über die Zeit aus. Insgesamt lässt sich auf einen ersten deskriptiven Blick erkennen, dass es bei den meisten negativ formulierten Aspekten in der Tendenz, über alle drei Messzeitpunkte hinweg, zu einer Erhöhung kam. Klinische Symptome einer Depression, ab einem Wert von 25, wiesen im Jahr vor der Geburt insgesamt n = 20 (3.8 %) der Eltern auf, im Jahr nach der Geburt betraf dies n = 28 (5.4 %) und im Folgejahr n = 38 (7.3 %) Befragte. Damit traten bei sehr wenigen Befragten klinische Symptome einer Depression auf, allerdings gab es Eltern mit leicht erhöhten Werten auf der Skala. Rund 22.7 % (n = 118) der Eltern erreichten zum Beispiel zu T2 auf der Depressiveness-Skala einen Wert von 19 oder mehr Punkten. Die Depressivitätswerte unterschieden sich im Jahr vor und zwei Jahre nach der der Geburt statistisch signifikant zwischen den Geschlechtern (Tabelle 5.4, vorletzte Spalte: Ergebnisse der t-Tests). Auch das Stresserleben war für die meisten Eltern leicht erhöht und stieg im Zeitverlauf an. Die Partnerschaftsqualität als positiv skalierte Dimension nahm sowohl in der Stichprobe der Mütter als auch Väter über die Zeit ab, bewegte sich aber dennoch im mittleren Bereich. Die väterliche Partnerschaftsqualität war zu T1 und T2 signifikant niedriger als die der Mütter. In der Lebenszufriedenheit erfolgte für beide Geschlechter im ersten Jahr nach der Geburt zunächst ein minimaler Anstieg, im zweiten Jahr fiel die Lebenszufriedenheit dann jedoch unter das vorgeburtliche Niveau.

Tabelle 5.4 Mittelwerte und Standardabweichungen der abhängigen Variablen für die Gesamtstichprobe

5.6 Ergebnisse Forschungslücke II: Partnerschaftsrelevantes Wohlbefinden

Die Ergebnisdarstellung folgt einer festen Struktur. In den Analysen zur Partnerschaftsqualität werden zunächst die Ergebnisse unter Berücksichtigung der Irritabilität des Kindes beschrieben, im nächsten Abschnitt unter Berücksichtigung der ängstlichen Überfürsorge. Der Analyseteil zum individuellen Wohlbefinden umfasst wiederum einen eigenen Unterpunkt für jede zentrale abhängige Variable. In allen berichteten Analyseteilen wird stets zunächst auf die direkten, dann auf die indirekten Effekte eingegangen. Dabei werden ausgewählte Ergebnisse zu den berücksichtigten Hintergrundvariablen mitberichtet.

5.6.1 Irritabilität des Kindes

Abbildung 5.3 zeigt die unstandardisierten Regressionsgewichte des finalen Pfadmodells für die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt des ersten Kindes, ohne extra Darstellung der Kontrollvariablen, die jedoch im berechneten Modell berücksichtigt wurden und in Tabelle 5.5 detailliert nachvollzogen werden können.

Abbildung 5.3
figure 3

Vereinfachtes finales Pfadmodell der direkten Zusammenhänge zwischen der vorgeburtlichen Partnerschaftsqualität, der durch die Eltern eingeschätzten Irritabilität des Kindes, der negativen Paarkommunikation und der Partnerschaftsqualität zum Befragungszeitpunkt im Jahr nach der Geburt

In einem ersten Schritt wurde hierzu das Modell jeweils für die Stichprobe der befragten Mütter und Väter frei geschätzt. Nach einzeln durchgeführten Wald-Tests wurden sich voneinander statistisch signifikant unterscheidende Pfade identifiziert und anschließend in einer zweiten Modellberechnung frei geschätzt. Die sich zwischen den Vergleichsgruppen nicht unterscheidenden Parameter wurden wiederum gleichgesetzt und entsprechend ermittelt. Das Ausgangsmodell, als auch das finale Modell wiesen einen äquivalent guten Fit auf [Ausgangsmodell: χ2 (6) = 3.74, p = .71, RMSEA = 0.00, CFI = 1.00, TLI = 1.08; finales Modell: χ2 (32) = 26.45, p = .74, RMSEA = 0.00, CFI = 1.00, TLI = 1.03]. Dennoch wird hier das finale Modell mit frei geschätzten und fixierten Parametern berichtet (Constrained Model), da damit dem sparsameren Modell Vorzug gewährt wird. Zugleich eröffnet sich damit die Möglichkeit, sich zwischen Müttern und Vätern statistisch bedeutsam unterscheidende Pfade inhaltlich interpretieren zu können. Das finale Modell weist einen sehr guten Gesamtfit auf und spiegelt die Daten damit gut wider. Mit Blick auf die Partnerschaftsqualität können alle Prädiktoren zusammengenommen einen hohen Teil an Varianz aufklären (R2 = .37).

Direkte Effekte

Die Partnerschaftsqualität im Ausgangsjahr vor der Geburt erwies sich als kein relevanter Prädiktor für die Einschätzung der kindlichen Irritabilität. Für die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt spielte sie jedoch eine bedeutende Rolle. War das Ausgangsniveau im Jahr vor der Geburt höher, war die Partnerschaftsqualität auch im Jahr nach der Geburt höher. Für die erfassten Mütter fiel der Effekt dabei noch einmal stärker aus als für Väter, mit Blick auf die standardisierten Regressionsgewichte, die einen direkten Vergleich der Höhe des Einflusses erlauben (vgl. Tabelle 5.5, rechte Spalte Modell mit fixierten Parametern). Das Ausgangsniveau war aber nicht nur eine wichtige Stellgröße für die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt, sondern ebenfalls für die Paarkommunikation zu diesem Zeitpunkt. Je höher die befragten Mütter und Väter in der Partnerschaftsqualität im Jahr vor der Geburt starteten, desto geringer war die Dynamisierung in der negativen Paarkommunikation im Folgejahr.

Unter Konstanthaltung aller anderen Variablen im Modell zeigte sich ein direkter negativer Effekt, ausgehend von der Paarkommunikation, auf die Partnerschaftsqualität. Bestanden bei Ankerpersonen im Jahr nach der Geburt des ersten Kindes höhere Werte in der negativen Paarkommunikation, stand das in dämpfendem Zusammenhang mit der Intimität und Wertschätzung der Paare (Partnerschaftsqualität) zueinander. Dieser Effekt war bei den Vätern bedeutend stärker ausgeprägt als bei den Müttern (vgl. Tabelle 5.5 standardisierte Beta-Koeffizienten, rechte Spalte im Modell mit fixierten Parametern). Interessanterweise standen erhöhte Anforderungen des Kindes in keinem erkennbaren direkten Zusammenhang mit der Partnerschaftsqualität. In Bezug auf die Paarkommunikation lässt sich hingegen ein kleiner bis moderater Effekt ausmachen (vgl. ebenfalls Tabelle 5.5, standardisierte Beta-Koeffizienten, rechte Spalte im Modell mit fixierten Parametern). War das kindliche Verhalten im Jahr nach der Geburt insgesamt irritabler, wiesen Mütter und Väter zu diesem Zeitpunkt, selbst unter Berücksichtigung der erwartungsgemäß hohen Vorhersagekraft der Partnerschaftsqualität im Ausgangsjahr, höhere Werte in der negativen Paarkommunikation auf.

Bedingungen elterlichen Wohlbefindens

Die Ergebnisse zu den einzelnen Merkmalen, die das subjektive elterliche Wohlbefinden in diesem Zeitfenster rahmen, können in Tabelle 5.5 nachvollzogen werden (rechte Spalte im Modell mit fixierten Parametern). Mit Blick auf die berücksichtigten Bedingungen elterlichen Wohlbefindens traten Geschlechterunterschiede vor allem hinsichtlich der Veränderungen des Grades der Institutionalisierung der Partnerschaft auf. Väter, die ihre Partnerin im Zeitraum der ersten zwei Messzeitpunkte geheiratet hatten, wiesen eine geringere negative Kommunikation innerhalb der Partnerschaft auf als jene befragten Väter, bei denen es keine Verschiebung in der Partnerschaft gab, weder hinsichtlich einer Heirat noch eines Zusammenzugs (vgl. Tabelle 5.5). Für Mütter erwies sich dahingegen die Höhe der erlebten finanziellen Knappheit als nachteilig für das Konflikt- und Kommunikationsverhalten. Je höher die finanziellen Sorgen der Mütter ausfielen, desto höher war auch das Ausmaß in der Intensivierung der negativen Paarkommunikation. Für Väter ließ sich dieser Effekt nicht erkennen.

Für die Paarkommunikation bestand darüber hinaus, sowohl in der Stichprobe der Mütter als auch Väter, ein positiver Zusammenhang hinsichtlich der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs. Je mehr Mütter und Väter zu diesem Zeitpunkt mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin schliefen, desto öfter kam es vor, dass sie ihm oder ihr gegenüber in ein negatives Kommunikations- und Konfliktverhalten verfielen. Zudem erwies sich in diesem Zeitfenster für alle Eltern ein Zusammenzug mit dem Partner oder der Partnerin als nachteilig für die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt im Vergleich zu jenen Müttern und Vätern, für die sich keine Veränderungen im Gefüge der Partnerschaft ergeben hatte, die also auch schon vor der Geburt des ersten Kindes in einem gemeinsamen Haushalt lebten (vgl. Tabelle 5.5, rechte Spalte). Schließlich hatten befragte Eltern mit größeren finanziellen Sorgen, ihrer Einschätzung zufolge, insgesamt etwas irritablere Kinder als Befragte, die geringere finanzielle Sorgen angegeben hatten.

Tabelle 5.5 Ergebnisse des pfadanalytischen Multigruppenvergleichs für die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt und die Rolle des Kindes operationalisiert über die Irritabilität des Kindes

Indirekte Effekte

Mit Blick auf die indirekten Effekte in Tabelle 5.6 tritt vor allem das Zusammenwirken der Paarvariablen untereinander hervor (Tabelle 5.6, dritte Zeile). Starteten Mütter und Väter auf einem hohen Ausgangsniveau der Partnerschaftsqualität im Jahr vor der Geburt, wirkte das einer Zunahme in der negativen Paarkommunikation entgegen, was wiederum in positivem Zusammenhang mit der Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt stand. Für die Väter fiel der indirekte Effekt etwas höher aus als für die erfassten Mütter. Das ergab die statistische Prüfung des Unterschieds der direkten Effekte zwischen den Geschlechtern, β = .03, p = .03. Rund 7 % des Effekts der Partnerschaftsqualität im Ausgangsjahr auf die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt der Väter war dabei indirektFootnote 10. Während ein deutlich größerer Anteil des Effekts direkter Natur war, unter Kontrolle aller weiteren Variablen im Modell. Für die Mütter machte der indirekte Effekt insgesamt rund 19 % des gesamten Effekts aus. Schließlich übertrug sich eine höhere Irritabilität des Kindes auf die Paarkommunikation der Väter und Mütter, die dann wiederum zu einer niedrigeren Partnerschaftsqualität beitrug (Tabelle 5.6, letzte Zeile). Forderte das Kind viel Aufmerksamkeit, weil es sich schlecht beruhigen ließ, wenn es schrie oder insgesamt häufiger weinte, war die Kommunikation dem Partner oder der Partnerin in Konfliktsituationen gegenüber ungünstiger. Das stand wiederum in dämpfendem Zusammenhang mit der Partnerschaftsqualität im Jahr nach dem Übergang zur ElternschaftFootnote 11. Der Effekt ist insgesamt jedoch als sehr klein einzustufen, mit Blick auf den standardisierten Beta-Koeffizienten des indirekten Effekts in Tabelle 5.6. Die Stärke dieses indirekten Effekts unterschied sich nicht statistisch bedeutsam zwischen den Geschlechtern, β = −.01, p = .07.

Tabelle 5.6 Ergebnisse der Mediationsanalyse für die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt, die Paarkommunikation und die Irritabilität des Kindes

Im berechneten Modell ergaben sich überdies indirekte Effekte zwischen den zentralen Studienvariablen und den berücksichtigten Hintergrundvariablen. In der Stichprobe der Väter trat für die einzelnen Bedingungen elterlichen Wohlbefindens ein relevanter indirekter Effekt hervor. So schlug sich der positive Heiratseffekt über die Paarkommunikation in der väterlichen Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt nieder. Väter, die geheiratet hatten, im Gegenzug zu jenen, deren Partnerschaftsgefüge sich nicht verändert hatte, wiesen eine geringere Zunahme ungünstiger Verhaltensweisen in der Paarkommunikation auf. Dies hatte wiederum einen positiven Effekt auf die Partnerschaftsqualität im selben Jahr, indirekter Effekt: β = .06, p = .02. Für Mütter bestand dieser Effekt nicht, bei ihnen hatte sich dahingegen die erlebte finanziellen Knappheit über das Konflikt- und Kommunikationsverhalten auf die Partnerschaftsqualität übertragen. Mütter, die sich größere finanzielle Sorgen machten, wiesen ungünstigere Kommunikations- und Konfliktstrategien dem Partner gegenüber auf. Das war reduzierend mit der Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt verknüpft, indirekter Effekt: β = −.01, p = .03. Es wurden ausgewählte moderierende Effekte geprüft, etwa ob der Einfluss der Irritabilität des Kindes auf die Kommunikationsqualität vom durchschnittlichen Nachtschlaf der Mütter und Väter abhing und dementsprechend ein moderierter indirekter Effekt auf die Partnerschaftsqualität vorlag. Es erwies sich kein getesteter Moderationseffekt als statistisch bedeutsam.

Unterschiede in den Variablenzusammenhängen nach dem Veränderungsausmaß im Konflikt- und Kommunikationsverhalten

Das zuvor geprüfte Modell wurde im nächsten Analyseschritt analog geschätzt. Diesmal allerdings nicht getrennt in den Stichproben der Mütter und Väter, sondern in zwei vorab identifizierten Vergleichsgruppen, je nach Veränderungsausmaß in der Paarkommunikation vom vorgeburtlichen zum nachgeburtlichen Niveau. Da in diesem Multigruppenvergleich die Berücksichtigung des Geschlechts entfallen wäre, wurde die Variable Geschlecht entsprechend in den Modellberechnungen als Kontrollvariable mitberücksichtigt. Mit Blick auf die gebildeten Gruppen zeigte sich zunächst, dass 45.6 % (n = 238) der befragten Mütter und Väter im Zeitraum des Übergangs zur Elternschaft von einer Intensivierung in der negativen Paarkommunikation betroffen waren oder das negative Kommunikations- und Konfliktverhalten zu beiden Messzeitpunkten auf erhöhtem Niveau war (Gruppe mit Intensivierung in Paarkommunikation). Für die verbleibenden 54.4 % (n = 283) der Eltern hatte sich eine leichte Verbesserung ergeben. Das heißt, über diese Transitionsphase hinweg kam es seltener zu negativen Kommunikations- und Konfliktverhaltensweisen (Vergleichsgruppe).

Das Modell wurde zunächst in beiden Vergleichsgruppen frei geschätzt und wies einen guten Modellfit auf, χ2 (6) = 3.99, p = .67, RMSEA = 0.00, CFI = 1.00, TLI = 1.08, NGesamt = 521. Hinsichtlich der Zusammenhänge der zentralen Studienvariablen ergaben sich allerdings keine signifikanten Unterschiede. Das heißt, die Höhe der Regressionsgewichte der einzelnen Pfade unterschied sich nicht signifikant zwischen den Gruppen nach Veränderungsausmaß der Paarkommunikation vom vor- zum nachgeburtlichen Niveau. Hinsichtlich der Kontrollvariablen bestand im Gruppenvergleich lediglich ein signifikanter Geschlechterunterschied in der Paarkommunikation, Wald-Test(1) = 5.73 p = .01. In der Gruppe der Eltern, deren Paarkommunikation sich im Zuge des Übergangs zur Elternschaft verschlechtert hatte, wiesen Väter noch einmal zusätzlich ein höheres Niveau im ungünstigen Konflikt- und Kommunikationsverhalten auf als die Mütter in dieser Gruppe, β = .13, p = .02. Dieser Höhenunterschied in der negativen Paarkommunikation nach dem Geschlecht trat in der Vergleichsgruppe der Eltern, deren negative Paarkommunikation keine zusätzliche Verschlechterung erfahren hatte, nicht auf. Im finalen Modell mit diesem frei geschätzten Pfad und den restlichen fixierten Parametern [χ2 (38) = 29.95, p = .82, RMSEA = 0.00, CFI = 1.00, TLI = 1.05, NGesamt = 521.] spiegelten sich, bis auf den Geschlechterunterschied in der Paarkommunikation, dieselben Variablenzusammenhänge wider, die sich auch im finalen Modell des Geschlechtervergleichs gezeigt hatten.

Unabhängig davon, wie sich die Paarkommunikation im Zuge des Übergangs zur Elternschaft verändert hatte, wiesen diejenigen Eltern, deren Kind im ersten Lebensjahr insgesamt irritabler war, auch höhere Werte in der ungünstigen Paarkommunikation in diesem Zeitraum auf, Gruppe mit Intensivierung in Paarkommunikation: β = .10, < .001, Vergleichsgruppe: β = .11, < .001. Es bestand kein direkter Effekt der kindlichen Irritabilität auf die Partnerschaftsqualität, β = .00, p = .95. Zugleich bestand auch kein Zusammenhang zwischen der vorgeburtlichen Partnerschaftsqualität und der Irritabilität des Kindes im ersten Lebensjahr, Gruppe mit Intensivierung in Paarkommunikation: β = .07, p = .06, Vergleichsgruppe: β = .08, p = .06. Auch das Ausgangsniveau in der Partnerschaftsqualität war, ungeachtet des Ausmaßes der Veränderung im Konflikt- und Kommunikationsverhalten, prädiktiv für die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt, β = .50, < .001, sowie für die Paarkommunikation zu diesem Zeitpunkt, Gruppe mit Intensivierung in Paarkommunikation: β = .25, < .001, Vergleichsgruppe: β = .29, < .001. Das heißt, das Veränderungsausmaß in der Paarkommunikation machte keinen Unterschied für die Zusammenhänge der zentralen Studienvariablen im Jahr nach der Geburt. Egal, ob sich ungünstige Konflikt- und Kommunikationsaspekte über die zwei Messzeitpunkte hinweg verschlechtert oder sogar etwas verringert hatten, ließ sich in beiden Gruppen nachzeichnen, dass, wenn das Kind in diesem ersten Jahr insgesamt irritabler war, dadurch ein intensivierender Zusammenhang mit der negativen Paarkommunikation bestand. Gleiches gilt für den zentralen interessierenden indirekten Effekt. In beiden Gruppen galt, unabhängig des Veränderungsausmaßes in der Paarkommunikation im Zeitraum des Übergangs zur Elternschaft: Wenn das Kind zum zweiten Messzeitpunkt erhöhte Anforderungen an die Eltern stellte, hatte das einen eigenen intensivierenden Einfluss auf die Negativität im Konflikt- und Kommunikationsverhalten, was relevant für eine Reduzierung in der Partnerschaftsqualität zu diesem Zeitpunkt war, indirekter Effekt: β = .01, p = .02. Das heißt, selbst unter Einbeziehung des Veränderungsausmaßes in der Paarkommunikation in diesem Zeitfenster und unter Kontrolle der vorgeburtlichen Paarqualität bestand ein Zusammenhang zwischen einer höheren Irritabilität des Kindes und den Variablen der Partnerschaft im ersten Jahr nach der Geburt. Daneben ließ sich für beide Gruppen der indirekte Effekt zwischen den Paarvariablen untereinander ausmachen. Unabhängig davon, wie sich die Paarkommunikation verändert hatte, bestätigte sich: Je höher die vorgeburtliche Paarkommunikation ausfiel, desto niedriger war die Negativität in der Paarkommunikation nach der Geburt, was sich positiv auf die Partnerschaftsqualität zu diesem Zeitpunkt übertrug, indirekter Effekt: β = .04, < .001. Die eben beschriebenen Ergebnisse des finalen Modells sind in Anhang 1 einsehbar.

Nachgelagerte Effekte

In einem zweiten, vertiefenden Analyseschritt wurde abschließend geprüft, ob die Irritabilität des Kindes über die Paarkommunikation im ersten Lebensjahr des Kindes auch noch einen längerfristig bestehenden Einfluss auf die Partnerschaftsqualität im Folgejahr hatte. Nach dem ursprünglichen Vorgehen des Multigruppenvergleichs wurde das Modell nun mit der Partnerschaftsqualität zu T3 in beiden Subgruppen (Mütter, Väter) frei geschätzt. Die Messungen zur Irritabilität des Kindes und zum Kommunikations- und Konfliktverhalten zu T2, also aus dem Jahr direkt nach der Geburt, wurden beibehaltenFootnote 12. Zwischen den befragten Müttern und Vätern unterschieden sich der Pfad zwischen dem Familienstand und der Paarkommunikation im Jahr nach der Geburt sowie der Zusammenhang zwischen der subjektiven finanziellen Belastung und der Paarkommunikation. Bis auf diese zwei Pfade wurden alle anderen über die zwei Vergleichsgruppen hinweg gleichgesetzt. Das so ermittelte finale Modell wies einen hinreichenden Modellfit auf, χ2 (65) = 75.59, p = .17, RMSEA = 0.02, CFI = .96, TLI = .95.

Besonders interessant sind nun die Ergebnisse im Hinblick auf die Partnerschaftsqualität im zweiten Jahr nach dem Übergang zur Elternschaft im finalen Modell (siehe Tabelle 5.7 rechte Spalte, standardisierte Regressionskoeffizienten im Modell mit fixierten Parametern). Die Paarkommunikation nach dem Übergang zur Elternschaft erwies sich als bedeutender Prädiktor für die Paarqualität im zweiten Jahr nach der Geburt. War die Paarkommunikation im Jahr nach der Geburt des ersten Kindes ungünstiger, stand das noch längerfristig in direktem negativen Zusammenhang mit der Partnerschaftsqualität im Folgejahr. Das Ausgangsniveau der Partnerschaftsqualität von vor dem Übergang zur Elternschaft erwies sich überdies als prädiktiv für die Qualität der Partnerschaft zwei Jahre nach der Geburt des ersten Kindes. Die Irritabilität des Kindes im ersten Lebensjahr spielte keine direkte Rolle für die Partnerschaftsqualität im Jahr darauf.

Tabelle 5.7 Ergebnisse des pfadanalytischen Multigruppenvergleichs für die Partnerschaftsqualität im zweiten Jahr nach der Geburt und der Rolle des Kindes operationalisiert über die Irritabilität des Kindes

Indirekte Effekte im nachgelagerten Modell: Tabelle 5.8 rundet die Ergebnisse dieser vertiefenden Analyse ab und gibt alle signifikanten indirekten Effekte aus. Wie dargestellt, spielte das Zusammenwirken der Paarvariablen aus den zwei vorangegangenen Jahren nach wie vor eine Rolle für die Partnerschaftsqualität zum dritten Messzeitpunkt. Starteten Mütter und Väter auf einem höheren Ausgangsniveau in der Partnerschaftsqualität, war das mit einer geringeren Dynamisierung ungünstiger Verhaltensweisen in der Kommunikation dem Partner oder der Partnerin gegenüber assoziiert, was sich nachgelagert positiv auf die Partnerschaftsqualität ein Jahr später (zu T3) übertrug. In diesem Analyseschritt trat zudem, sowohl für Mütter als auch Väter, ein sehr kleiner, aber statistisch signifikanter indirekter Effekt zwischen der Irritabilität des Kindes im ersten Lebensjahr, der Paarkommunikation zu diesem Zeitpunkt und der Partnerschaftsqualität im Folgejahr zu Tage. Im ersten Jahr nach dem Übergang zur Elternschaft übertrug sich eine höhere Irritabilität des Kindes, über höhere Werte in ungünstigen Kommunikations- und Konfliktstrategien in diesem Zeitfenster, negativ auf die Paarqualität ein Jahr später und dämpfte diese, insgesamt ist dieser indirekte Effekt jedoch als sehr klein einzustufen.

Tabelle 5.8 Ergebnisse der Mediationsanalyse für die Partnerschaftsqualität im zweiten Jahr nach der Geburt, die Paarkommunikation und die Irritabilität des Kindes im ersten Jahr nach der Geburt

5.6.2 Ängstliche Überfürsorge

In einem zweiten, eigenen Modell wurde untersucht, inwiefern eine ängstliche Überfürsorge in Bezug auf das Baby in Verknüpfung mit den Partnerschaftsvariablen stand. Dazu wurde dasselbe analytische Vorgehen angewandt, wie auch schon in den vorherigen Analysen. Abbildung 5.4 zeichnet die angenommenen, direkten Zusammenhänge zwischen den Paarvariablen und der ängstlichen Überfürsorge nach und gibt die entsprechenden unstandardisierten Regressionsgewichte des finalen Pfadmodells aus.

Abbildung 5.4
figure 4

Vereinfachtes finales Pfadmodell der direkten Zusammenhänge zwischen der vorgeburtlichen Partnerschaftsqualität, der ängstlichen Überfürsorge, der negativen Paarkommunikation und der Partnerschaftsqualität zum Befragungszeitpunkt im Jahr nach der Geburt

Auch hier wiesen das Ausgangsmodell als auch das finale Modell einen äquivalent guten Fit auf [Ausgangsmodell: χ2 (4) = 2.49, p = .64, RMSEA = 0.00, CFI = 1.00, TLI = 1.13; finales Modell: χ2 (29) = 19.98, p = .89, RMSEA = 0.00, CFI = 1.00, TLI = 1.10]. Für die vorliegenden Analysen wird das finale Modell mit frei geschätzten und fixierten Parametern bevorzugt. So wird wieder dem sparsameren Modell Vorzug gewährt. Mit Blick auf die Partnerschaftsqualität konnten alle Prädiktoren zusammengenommen einen hohen Teil nicht erklärter Varianz aufklären (Väter: R2 = .32; Mütter: R2 = .42). Die Befunde des finalen Modells werden in Abbildung 5.4 anhand der unstandardisierten Regressionskoeffizienten veranschaulicht. Das berechnete Modell basiert auf der kleineren Substichprobe II.

Direkte Effekte

Das Ausgangsniveau der Partnerschaftsqualität erwies sich in diesem Modell ebenfalls als zentraler Prädiktor für die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt des ersten Kindes. Für die erfassten Mütter hatte das Ausgangslevel dabei eine stärkere Vorhersagekraft als bei den Vätern. Darüber hinaus erwies sich der abpuffernde Effekt eines hohen Ausgangsniveaus in der Partnerschaftsqualität im Ausgangsjahr für die Paarkommunikation im Jahr darauf als wichtig. Die Partnerschaftsqualität zu Messzeitpunkt 1 stand wiederum in keinem Zusammenhang mit der ängstlichen Überfürsorge. Interessant ist in diesem Modell allerdings, dass eine ängstliche Überfürsorge in Bezug auf das Baby relevant für die Paarkommunikation beider Geschlechter war. Kreisten die Gedanken der frischgebackenen Eltern verstärkt um das Wohlergehen des Kindes, stand das in Zusammenhang mit einer Intensivierung negativer Verhaltensweisen in der Kommunikation mit dem Partner oder der Partnerin. Dieser Effekt erwies sich als moderat, mit Blick auf die standardisierten Regressionskoeffizienten in Tabelle 5.9 (rechte Spalte, Modell mit fixierten Parametern). Eine ängstliche Überfürsorge war wiederum nicht relevant für Partnerschaftsqualität.

Bedingungen elterlichen Wohlbefindens

Hinsichtlich der ängstlichen Überfürsorge bestand ein bedeutsamer Alterseffekt (siehe Tabelle 5.9, rechte Spalte, finales Modell mit fixierten Parametern). Ältere Eltern machten sich im Schnitt weniger Sorgen um die Befindlichkeit des Kindes. Anders als bei der Einschätzung kindlicher Verhaltensaspekte, ließ sich nun lediglich für Mütter ein signifikanter Zusammenhang zwischen der erlebten Knappheit finanzieller Ressourcen und der ängstlichen Überfürsorge ausmachen. Erlebten Mütter stärkere Einschränkungen des finanziellen Spielraums, machten sie sich mehr Sorgen um das Baby. Überdies trat in Bezug auf die ängstliche Überfürsorge ein deutlicher Effekt des nächtlichen, elterlichen Schlafs auf, der sich hinsichtlich der Einschätzung kindlicher Temperamentseigenschaften nicht gezeigt hatte. Je mehr Mütter und Väter pro Nacht in einer normalen Woche schliefen, desto geringer fielen ihre Werte auf der Skala der ängstlichen Überfürsorge aus.

Mit Blick auf die Zusammenhänge zwischen den Hintergrundvariablen und der Partnerschaftsqualität sowie der Paarkommunikation, hatten sich im Modell zur ängstlichen Überfürsorge, im direkten Kontrast zum Modell mit der Irritabilität des Kindes, ein paar Effekte verändert. Der subjektiv erlebte finanzielle Spielraum war nicht mehr relevant für die Paarkommunikation der Mütter, dahingegen spielte diese Variable nun eine Rolle für die Partnerschaftsqualität Väter. Je größere Einschränkungen Väter in den zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen sahen, desto geringer bewerteten sie die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt. Ein Zusammenzug mit dem Partner erwies sich in diesem Modell schließlich lediglich bedeutsam für die befragten Mütter. Die teilweise geschilderten, veränderten Zusammenhänge können einerseits daran liegen, dass in der kleineren Substichprobe minimal andere Werte und/Verteilungen auf den Variablen zu veränderten Ergebnissen führten. Andererseits kann es sein, dass die ängstliche Überfürsorge vor ausgewählten Hintergrundvariablen variierte (bei Müttern zum Beispiel hinsichtlich der erlebten finanziellen Knappheit) und die Berücksichtigung der Überfürsorge zu Veränderungen in den Effekten beitrug.

Tabelle 5.9 Ergebnisse des pfadanalytischen Multigruppenvergleichs für die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt und die Rolle des Kindes operationalisiert über die ängstliche Überfürsorge

Indirekte Effekte

Tabelle 5.10 weist die Ergebnisse der berechneten direkten, indirekten und totalen Effekte zwischen den interessierenden Variablen aus. Es werden die standardisierten Regressionsgewichte ausgegeben. Erwartungsgetreu erwies sich das Zusammenwirken der Paarvariablen untereinander als statistisch bedeutsam. Der Effekt ist wie im Modell zur Irritabilität des Kindes zu interpretieren. Im Weiteren trat für Mütter und Väter ein kleiner, aber statistisch signifikanter indirekter Effekt zwischen der ängstlichen Überfürsorge über die Paarkommunikation auf die Partnerschaftsqualität auf. Kreisten die Gedanken der Eltern nach der Geburt vermehrt um die Bedürfnisse und das Wohlbefinden des Kindes und machten sie sich vermehrt Sorgen darüber, etwas in der Fürsorge und im Umgang mit dem Kind falsch zu machen, war das mit einer Intensivierung negativer Paarkommunikation assoziiert. Die erhöhte Besorgnis um das Kind übertrug sich dann über die schlechtere Paarkommunikation auf die Partnerschaftsqualität im selben Jahr und reduzierte diese.

Tabelle 5.10 Ergebnisse der Mediationsanalyse für die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt, die Paarkommunikation und die ängstliche Überfürsorge

Mit Blick auf die Hintergrundbedingungen elterlichen Wohlbefindens bestätigte sich für die Mütter ein statistisch bedeutsamer, jedoch kleiner indirekter Effekt zwischen der finanziellen Belastung, der ängstlichen Überfürsorge und der Paarkommunikation. Eine erhöhte mütterliche finanzielle Belastung war mit größerer Ängstlichkeit hinsichtlich der Bedürfnisse und des Wohlergehens des Kindes verbunden, was wiederum mit einer Erhöhung negativer Kommunikation in der Partnerschaft zusammenhing, indirekter Effekt: β = .05, p = .02. Der Grad ängstlicher Überfürsorge vermittelte außerdem den Einfluss des Schlafs auf die Paarkommunikation. Dies galt für alle erfassten Mütter und Väter. Eltern, denen es gelang im Durchschnitt mehr Stunden pro Nacht zu schlafen, zeigten eine geringere Tendenz ins Grübeln und in Sorge um das Kind zu geraten, was wiederum dazu beitrug, dass eine geringere Verschlechterung der Paarkommunikation eintrat, indirekter Effekt: Mütter β = .06, p = .002, Väter β = .05, p = .002. Insgesamt ist der indirekte Effekt allerdings ebenfalls als klein einzuschätzen. Zusätzlich kristallisierte sich ein kleiner, aber dennoch statistisch signifikanter indirekter Effekt zwischen dem Alter der Befragten Eltern, der ängstlichen Überfürsorge und der Paarkommunikation heraus, indirekter Effekt: Mütter β = .04, p = .01, Väter β = .04, p = .01. Wie sich am Vorzeichen des standardisierten Wertes erkennen lässt, gerieten ältere Eltern weniger in ängstliche Überfürsorge, was dafür wichtig war, dass sich ihre Paarkommunikation nicht ins Negative intensivierte. Es wurden ausgewählte moderierende Effekte geprüft, die sich jedoch alle nicht als statistisch bedeutsam erwiesen.

Unterschiede in den Variablenzusammenhängen nach dem Veränderungsausmaß im Konflikt- und Kommunikationsverhalten

Das gerade besprochene Modell wurde anschließend, unter zusätzlicher Berücksichtigung der Variable Geschlecht, in beiden Vergleichsgruppen nach der Veränderung in der Paarkommunikation frei geschätzt und wies einen guten Modellfit auf, χ2 (4) = 3.02, p = .67, RMSEA = 0.00, CFI = 1.00, TLI = 1.08, NGesamt = 282. In dieser verkleinerten Stichprobe, aufgrund des Erhebungsprogramms, verteilten sich die Befragten analog zur Ausgangsstichprobe gleichwertig auf die zwei identifizierten Gruppen. 55 % (n = 155) der erfassten Mütter und Väter erlebten eine (leichte) Abnahme in ungünstiger Paarkommunikation (Vergleichsgruppe), während sich die Paarkommunikation bei 45 % (n = 127) der Eltern am Übergang zur Elternschaft verschlechtert hatte (Gruppe mit Intensivierung in Paarkommunikation).

Hinsichtlich der Zusammenhänge der zentralen Studienvariablen ergaben sich allerdings keine signifikanten Unterschiede zwischen diesen zwei Elterngruppen. Mit Blick auf die Hintergrundvariablen zeigte sich in diesem Gruppenvergleich jedoch ein signifikanter Unterschied im Regressionsgewicht zwischen dem Geschlecht und der Paarkommunikation, Wald-Test(1) = 4.01 p = .04. In der Elterngruppe, deren Paarkommunikation sich im Zuge des Übergangs zur Elternschaft nicht verschlechtert hatte, fiel der Unterschied in der Paarkommunikation zwischen Müttern und Vätern größer aus (β = −.14, p = .06) als in der Gruppe, deren Paarkommunikation sich über den genannten Zeitraum negativiert hatte (β = .04, p = .58). Darüber hinaus bestand ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen hinsichtlich des Einflusses des Familienstandes auf die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt, Wald-Test(1) = 4.46 p = .03. Befragte Eltern, deren Paarkommunikation eine Verschlechterung über die ersten zwei Messzeitpunkte erfahren hatte, wiesen eine niedrigere Partnerschaftsqualität auf, wenn sie mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin zusammengezogen waren, im Vergleich zu Befragten dieser Gruppe, die über diesen Studienzeitraum hinweg bereits zusammenlebten, β = −.21, p = .005. Eltern der Gruppe, deren Paarkommunikation keiner Verschlechterung unterlegen war, unterschieden sich nicht hinsichtlich dieser Variable in der Partnerschaftsqualität, β = .03, p = .65. Im finalen Modell mit diesen frei geschätzten Pfaden und den restlichen fixierten Parametern [χ2 (36) = 40.69, p = .27, RMSEA = 0.03, CFI = .97, TLI = .95, NGesamt = 282] spiegelten sich, bis auf diese Unterschiede, dieselben Variablenzusammenhänge wider, die sich auch im finalen Modell des Geschlechtervergleichs zwischen der ängstlichen Überfürsorge, der Paarkommunikation und der Partnerschaftsqualität im ersten Jahr nach der Geburt gezeigt hatten. Das bedeutet, auch unabhängig vom Veränderungsniveau der Paarkommunikation zwischen dem Jahr vor der Geburt und dem Jahr nach der Geburt, bestanden die bereits geschilderten direkten und indirekten Zusammenhänge. Egal, ob die Befragten in die Gruppen fielen, deren Paarkommunikation sich verbessert oder verschlechtert hatte: Wenn sich Eltern in einer dieser Gruppen vermehrt Sorgen um das Baby machten und ängstlicher waren, alles richtig zu machen, stand das in einem beschleunigenden Zusammenhang mit der Paarkommunikation, die bei diesen Eltern negativer ausfiel, Gruppe mit Intensivierung in Paarkommunikation: β = .19, < .001, Vergleichsgruppe: β = .21, < .001. Es bestand kein direkter Zusammenhang zwischen der ängstlichen Überfürsorge und der Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt, β = .02, p = .63, als auch keine Verknüpfung zwischen der vorgeburtlichen Partnerschaftsqualität und der ängstlichen Überfürsorge im Jahr nach dem Übergang zur Elternschaft, Gruppe mit Intensivierung in Paarkommunikation: β = .05, p = .28, Vergleichsgruppe: β = .06, p = .28. Ungeachtet dessen, in welche der zwei unterschiedenen Gruppen Mütter und Väter fielen, bestand kein bedeutender Unterschied in den Zusammenhängen zwischen der Partnerschaftsqualität und der Paarkommunikation. Die vorgeburtliche Partnerschaftsqualität erwies sich in beiden Gruppen als relevanter Prädiktor für die Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt [Gruppe mit Intensivierung in Paarkommunikation: β = .48, < .001, Vergleichsgruppe: β = .51, < .001], sowie für die nachgeburtliche Paarkommunikation [Gruppe mit Intensivierung in Paarkommunikation: β = .27, < .001, Vergleichsgruppe: β = .31, < .001]. Dementsprechend galt für den zentralen indirekten Effekt in beiden Gruppen: Je höher Eltern eine ängstliche Überfürsorge hinsichtlich des Babys empfanden, desto eher verschlechterte sich ihre Kommunikation mit dem Partner oder der Partnerin, was in reduzierender Assoziation mit der Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt stand, indirekter Effekt: β = .03, p = .02. Außerdem ließ sich für beide Gruppen der indirekte Effekt zwischen den Paarvariablen untereinander ausmachen. Unabhängig davon, wie sich die Paarkommunikation verändert hatte, galt: Je höher die vorgeburtliche Partnerschaftsqualität ausfiel, desto niedriger war die negative Paarkommunikation nach der Geburt, was sich positiv auf die Partnerschaftsqualität zu diesem Zeitpunkt übertrug, indirekter Effekt: β = .04, p = .006. Die berichteten Ergebnisse des finalen Modells können in Anhang 2 detailliert nachvollzogen werden.

Nachgelagerte Effekte

In einem abschließenden Analyseschritt wurde ermittelt, inwiefern die ängstliche Überfürsorge und die Paarkommunikation im ersten Jahr nach dem Übergang zur Elternschaft auch noch in einem nachfolgenden Zusammenhang mit der Paarqualität im zweiten Jahr standen. Das Modell, das in einem ersten Schritt in beiden Stichproben frei geschätzt wurde, verfehlte einen angemessenen Modellfit, χ2 (36) = 52.91, p = .03, RMSEA = 0.05, CFI = 0.92, TLI = 0.80. Anschließend wurde geprüft, ob der erzielte Fit auch daran liegen könnte, dass sich viele der geschätzten Koeffizienten nicht bedeutend zwischen den Gruppen unterschieden und daher die Gleichsetzung einiger Pfade die zugrundeliegenden empirischen Daten besser abbildete. Nach diesem Prüfschritt zeigte sich, dass sich die Höhe einiger Pfade tatsächlich nicht bedeutend zwischen den Geschlechtern unterschied. Im finalen Modell wurden Pfade daher über die Subgruppen hinweg sowohl als gleich angenommen, als auch Unterschiede zugelassen. Das so spezifizierte Modell wies allerdings erneut keinen zufriedenstellenden Modellfit auf, χ2 (63) = 91.79, p = .01, RMSEA = 0.05, CFI = 0.87, TLI = 0.81. Die angenommenen Variablenzusammenhänge ließen sich damit nur für das erste Jahr nach der Geburt finden. Das spezifizierte Modell zu den nachgelagerten Effekten spiegelte die beobachtete Datenstruktur wiederum nicht adäquat wider. Überdies handelte es sich um ein sehr komplexes Modell mit vielen Variablen, das auf Basis dieser vergleichsweise kleinen Stichprobe geschätzt wurde, was eine Erklärung für den ungenügenden Modellfit sein kann. Da das berechnete Modell keinen annehmbaren Fit erzielte, wird auf die Schilderung der Ergebnisse verzichtet.

5.7 Ergebnisse Forschungslücke III: Individuelle Wohlbefindensdimensionen

5.7.1 Lebenszufriedenheit

Zur Berechnung der direkten und indirekten Zusammenhänge zwischen der Irritabilität des Kindes, der durch das kindliche Verhalten empfundenen elterlichen subjektiven Belastung und der vorgeburtlichen sowie nachgeburtlichen Lebenszufriedenheit, wurde dasselbe Multigruppenvorgehen angewandt wie auch schon in den Analysen zur Partnerschaft. Das finale Modell wies einen guten globalen Fit auf. Im Vergleich zur Partnerschaftsqualität konnten alle Prädiktoren zusammengenommen jedoch ein geringeres Maß an Varianz in der abhängigen Variable der Lebenszufriedenheit aufklären, (Abbildung 5.3 zur Irritabilität und Partnerschaftsqualität im Vergleich zu hier untenstehender Abbildung 5.5 zur Irritabilität und Lebenszufriedenheit).

Abbildung 5.5
figure 5

Vereinfachtes finales Pfadmodell der direkten Zusammenhänge zwischen der vorgeburtlichen Lebenszufriedenheit, der durch die Eltern eingeschätzten Irritabilität des Kindes, der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten und der Lebenszufriedenheit zum Befragungszeitpunkt im Jahr nach der Geburt

Direkte Effekte

Abbildung 5.5 skizziert die direkten Effekte (unstandardisierte Regressionsgewichte), die zwischen den untersuchten Variablen bestanden. Die Lebenszufriedenheit vor dem Übergang zur Elternschaft hatte erwartungsgemäß eine hohe Vorhersagekraft für die Lebenszufriedenheit nach dem Übergang zur Elternschaft (siehe auch die standardisierten Regressionsgewichte in Tabelle 5.11, rechte Spalte im Modell mit fixierten Parametern). Je höher dabei das Ausgangsniveau war, umso höher war auch die Lebenszufriedenheit im Folgejahr. Daneben stellte sich die vorgelagerte Lebenszufriedenheit als relevanter Prädiktor für die kindliche Verhaltensanpassung im ersten Lebensjahr heraus. Mütter und Väter, die im Jahr vor der Geburt über eine höhere Lebenszufriedenheit berichtet hatten, hatten, aus ihrer Perspektive, Babys, die geringere verhaltensbedingte Anforderungen zeigten und insgesamt weniger irritabel waren. Zwischen der Lebenszufriedenheit vor dem Übergang zur Elternschaft und der erlebten Belastung durch das kindliche Verhalten im Jahr nach der Geburt, bestand allerdings kein substanzieller Zusammenhang. Unter Kontrolle aller weiteren Variablen im Modell bestand außerdem ein positiver Zusammenhang zwischen der Irritabilität des Kindes und der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten. Je irritabler das Kind aus Sicht der Eltern war, desto höher war auch die dadurch subjektiv erlebte Belastung durch das kindliche Verhalten. Interessant ist, dass eine erhöhte Irritabilität des Kindes in direktem negativem Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit im Jahr nach der Geburt stand, während zwischen der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten und der Lebenszufriedenheit zu diesem Zeitpunkt wider Erwarten keine nennenswerte Verknüpfung bestand. Insgesamt stellte sich die subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten für die Lebenszufriedenheit als weniger bedeutsam heraus als zunächst angenommen, da auch kein vorgelagerter Effekt der Lebenszufriedenheit auf die empfundene Belastung bestand. Die dargestellten direkten Effekte der untersuchten Variablen unterschieden sich dabei nicht signifikant zwischen den befragten Müttern und Vätern.

Bedingungen elterlichen Wohlbefindens

Im Multigruppenvergleich der Geschlechter trat für die Lebenszufriedenheit nur ein bedeutender Unterschied hinsichtlich der genannten Bedingungen elterlichen Wohlbefindens auf. Während die durchschnittliche Stundenanzahl des Nachtschlafs in einer Woche nicht relevant für die subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten der erfassten Väter war, stellte sie sich für die Mütter, neben den tatsächlichen Verhaltensanforderungen des Kindes, als wichtig für die erlebte Belastung heraus. Je mehr Schlaf Mütter in einer Nacht in einer normalen Woche bekamen, umso geringer fiel die Belastung durch das kindliche Nachtschlafverhalten oder das Schreien des Babys für sie aus. Für die Gesamtstichprobe bestand darüber hinaus ein bedeutender Bildungseffekt hinsichtlich der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten. Höher gebildete Eltern wiesen ein im Schnitt höheres Belastungserleben durch die Verhaltensanforderungen des Kindes auf als mittel bis niedrig gebildete befragte Mütter und Väter. Paare, die am Übergang zur Elternschaft in einen gemeinsamen Haushalt gezogen waren, im Kontrast zu jenen, an deren Rahmenbedingungen der Partnerschaft sich nichts geändert hatte, wiesen wiederum eine geringere subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten auf. Erhöhte finanzielle Sorgen hatten weiterhin einen dämpfenden Effekt auf die Lebenszufriedenheit im Jahr nach der Geburt. Gleichzeitig hatten Eltern, die ihre ökonomische Situation als schwächer einschätzten, Babys, die größere Anpassungsschwierigkeiten aufwiesen, häufiger schrien und sich weniger leicht beruhigen ließen.

Tabelle 5.11 Ergebnisse des pfadanalytischen Multigruppenvergleichs für die Lebenszufriedenheit im Jahr nach der Geburt und die Rolle des Kindes operationalisiert über die Irritabilität des Kindes

Indirekte Effekte

In Tabelle 5.12 sind vor allem die berechneten indirekten Effekte von Interesse (mittlere Spalte). Es ließ sich nicht, wie erwartet, eine Übertragung des kindlichen Verhaltens über das tatsächliche Belastungsniveau auf die Lebenszufriedenheit feststellen. Dagegen trat die stärkere Bezüglichkeit zwischen der Lebenszufriedenheit der untersuchten Mütter und Väter und der Irritabilität des Kindes hervor. Mütter und Väter, die auf einem höheren Ausgangsniveau in der Lebenszufriedenheit starteten, hatten, aus ihrer Perspektive, im Jahr nach der Geburt eher Kinder, die insgesamt weniger irritabel waren. Dieser dämpfende Effekt einer positiven Ausgangssituation für kindliche Anpassungsschwierigkeiten im Jahr nach der Geburt war relevant für die Lebenszufriedenheit zu diesem Zeitpunkt, die in diesen Fällen höher ausfiel. Darüber hinaus trat ein weiterer, zunächst nicht erwarteter indirekter Effekt auf. War die elterliche Lebenszufriedenheit im Jahr vor der Geburt hoch, waren die Kinder aus Elterneinschätzung im Jahr darauf insgesamt weniger irritabel, was wiederum relevant für die subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten war, die dann geringer ausfiel. Insgesamt sind die indirekten Effekte, die sich als statistisch bedeutsam herausstellten jedoch als sehr klein einzuschätzen.

Tabelle 5.12 Ergebnisse der Mediationsanalyse für die Lebenszufriedenheit im Jahr nach der Geburt, die Irritabilität des Kindes und die subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten

Hinsichtlich der Kontrollvariablen, die Rahmenbedingungen am Übergang zur Elternschaft darstellen, bestätigte sich ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen dem Nachtschlaf der Eltern, der subjektiven Belastung durch Verhaltensanforderungen des Kindes und der Lebenszufriedenheit im Jahr nach der Geburt. Eltern, die während einer normalen Woche pro Nacht mehr schliefen, waren insgesamt weniger durch das Nachtschlaf- oder Schreiverhalten des Kindes belastet, was wiederum zu einer höheren Lebenszufriedenheit führte, indirekter Effekt: Mütter β = .03, p = .01, Väter β = .02, p = .03. Auch hier ließen sich keine moderierenden Effekte ausmachen.

Nachgelagerte Effekte

Um zu testen, inwiefern über das erste Jahr hinaus Zusammenhänge zwischen Irritabilität, subjektiver Belastung und Lebenszufriedenheit im Folgejahr bestanden, wurde dasselbe Modell geschätzt, nun jedoch mit der Lebenszufriedenheit zu T3 als abhängiger VariableFootnote 13. Die Schätzwerte wurden nach dem gleichen Multigruppenvorgehen ermittelt. Die Besprechung der Ergebnisse stützt sich auf die standardisierten Regressionsgewichte des finalen Modells (vgl. Tabelle 5.13, rechte Spalte im Modell mit fixierten Parametern), in dem alle Pfade über die zwei Vergleichsgruppen hinweg gleichgesetzt wurden, bis auf den direkten Zusammenhang zwischen dem Nachtschlaf der Eltern und der subjektiv empfundenen Belastung durch das kindliche Verhalten im Jahr nach der Geburt. Das finale Modell wies einen guten Modellfit auf, χ2 (52) = 47.97, p = .63, RMSEA = 0.00, CFI = 1.00, TLI = 1.03. In den Berechnungen sind vor allem die Ergebnisse in Bezug auf die Lebenszufriedenheit zu MZP 3 interessant (vgl. Tabelle 5.13, unterster Abschnitt). Unter Kontrolle der zentralen Bedingungen der Lebenssituation zu diesem Zeitpunkt und der vorgeburtlichen Lebenszufriedenheit, war die erlebte Belastung durch das kindliche Verhalten im ersten Lebensjahr des Kindes prädiktiv für die Lebenszufriedenheit im Folgejahr. Je höher die Belastung durch das kindliche Verhalten im Jahr nach der Geburt war, desto stärker war der dämpfende Effekt auf die Lebenszufriedenheit im zweiten Jahr nach der Geburt. Im geschätzten Modell ließ sich damit für beide Geschlechter ein nachgelagerter negativer Zusammenhang zwischen dem Grad der erlebten subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten im ersten Jahr und der Lebenszufriedenheit im zweiten Jahr nach der Geburt feststellen. Anders als in den Berechnungen zur Lebenszufriedenheit zu T2, bestand kein direkter Zusammenhang mehr zwischen der Irritabilität des Kindes und der Lebenszufriedenheit ein Jahr später. Es zeigte sich lediglich ein statistisch bedeutsamer indirekter Effekt zwischen Irritabilität (T2), subjektiver Belastung (T2) und Lebenszufriedenheit (T3) indirekter Effekt: Mütter β = −.02, p = .01, Väter β = −.03, p = .01.

Tabelle 5.13 Ergebnisse des pfadanalytischen Multigruppenvergleichs für die Lebenszufriedenheit im zweiten Jahr nach der Geburt und die Rolle des Kindes operationalisiert über die Irritabilität des Kindes

5.7.2 Depressivität

Im finalen Modell zur Depressivität kamen noch einmal andere Zusammenhangsmuster zu Tage als im Modell zur Lebenszufriedenheit im ersten Jahr nach der Geburt. Die direkten Zusammenhänge der unstandardisierten Regressionskoeffizienten können in Abbildung 5.6 nachvollzogen werden. Es ließen sich keine signifikanten Geschlechterunterschiede zwischen den zentralen Variablen erkennen, so dass die Parameter über beide Vergleichsgruppen hinweg gleichgesetzt wurden. Zusammengenommen können die unabhängigen Variablen einen beachtlichen Teil nicht erklärter Varianz in der Depressivität der erfassten Mütter und Väter aufklären (Väter: R2 = .48; Mütter: R2 = .41). Die Varianzaufklärung ist damit höher als für die abhängige Variable der Lebenszufriedenheit. Der Modellfit erwies sich als sehr gut.

Abbildung 5.6
figure 6

Vereinfachtes finales Pfadmodell der direkten Zusammenhänge zwischen der vorgeburtlichen Depressivität, der durch die Eltern eingeschätzten Irritabilität des Kindes, der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten und der Depressivität zum Befragungszeitpunkt im Jahr nach der Geburt

Direkte Effekte

Ähnlich wie für die Lebenszufriedenheit, bestätigte sich für die erfassten Eltern auch hier, dass das Ausgangsniveau der Depressivität einen entscheidenden Entwicklungsausgang für das Kind im Jahr nach der Geburt darstellte (Tabelle 5.11 und Tabelle 5.14 im Vergleich, jeweils rechte Spalte, standardisierte Regressionsgewichte im Modell mit fixierten Parametern). Eltern mit höheren Depressionswerten im Jahr vor der Geburt hatten eher Kinder, die im ersten Lebensjahr Anpassungsschwierigkeiten aufwiesen und insgesamt in ihrem Verhalten irritabler waren. Wies das Kind größere verhaltensbedingte Schwierigkeiten auf, wie vermehrtes Schreien, stand das gleichzeitig in Zusammenhang mit einer größeren subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten und war, unter Kontrolle aller weiteren Variablen im Modell, mit einer höheren Depressivität im selben Zeitfenster verknüpft. Für die Depressivität bestand überdies ein gerade noch signifikanterFootnote 14 (p = .46) positiver Zusammenhang zwischen der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten, selbst unter Kontrolle der kindlichen Verhaltensmerkmale. Je belasteter Eltern durch dieses waren, desto höher waren die Werte auf der Depressivitätsskala. In Einklang mit den vorab getroffenen Annahmen, stellte die Depressivität im Ausgangsjahr einen relevanten Prädiktor für die Depressivität im Folgejahr dar. Berichteten Mütter und Väter im Ausgangsjahr über höhere Depressivitätssymptome, stellten sich im Folgejahr ebenfalls erhöhte Symptome ein. Allerdings ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass immer nur von milden bis leicht erhöhten Symptomen auf der Skala der Depressivität die Rede ist.

Bedingungen elterlichen Wohlbefindens

Im berechneten Modell zur Depressivität traten, die berücksichtigten Hintergrundvariablen betreffend, insgesamt ähnliche Effekte wie im Modell zur Lebenszufriedenheit auf. Es ließ sich der Bildungseffekt hinsichtlich der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten erkennen, genauso wie die entlastenden Effekte eines Zusammenzugs mit dem Partner oder der Partnerin und des mütterlichen Nachtschlafs für die subjektive Belastung. Unter Berücksichtigung der Depressivität, im Gegensatz zur Lebenszufriedenheit, zeigte sich allerdings kein Zusammenhang mehr zwischen der erlebten Knappheit des finanziellen Spielraums und der Irritabilität des Kindes. Die Depressivität stellte damit einen starken Prädiktor der kindlichen Verhaltenseinschätzung dar und ließ den Effekt des erlebten finanziellen Spielraums verschwinden. Überdies spielte die Bewertung der finanziellen Situation keine Rolle für das Ausmaß der Depressivität im Jahr nach der Geburt, während sie relevant für die Lebenszufriedenheit der Eltern war (vgl. Tabelle 5.14).

Tabelle 5.14 Ergebnisse des pfadanalytischen Multigruppenvergleichs für die Depressivität im Jahr nach der Geburt und die Rolle des Kindes operationalisiert über die Irritabilität des Kindes

Indirekte Effekte

Für die Depressivität stellte sich der vorab angenommene indirekte Effekt zwischen der Irritabilität des Kindes, der subjektiven Belastung und dem Grad der Depressivität als nicht relevant heraus. Vielmehr spielten die, von den Eltern eingeschätzten Verhaltensschwierigkeiten des Kindes, einen vermittelnden Part zwischen der Depressivität zu beiden Erhebungszeitpunkten. Waren die Werte der Depressivität des Ausgangsniveaus höher, bildete das einen ungünstigen Entwicklungshintergrund für das Kind, da Kinder dieser Eltern in ihrem Verhalten insgesamt irritabler waren, was wiederum zu einer höheren elterlichen Depressivität im ersten Lebensjahr des Kindes beitrug. Den standardisierten Regressionsgewichten aus Tabelle 5.15 nach zu urteilen, handelt es sich hierbei allerdings um einen sehr kleinen Effekt. Zudem waren dabei nur 3 % des gesamten Effekts indirekter Natur. Als wesentlich bedeutsamer stellte sich hier, wie auch im Modell zur Lebenszufriedenheit, der vermittelnde Mechanismus zwischen der Depressivität zu T1, der Irritabilität des Kindes und der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten zu T2 heraus. Wie das Vorzeichen des indirekten Effekts anzeigt, waren höhere Ausgangswerte auf der Depressionsskala relevant für eine höhere Irritabilität des Kindes im Folgejahr, was sich wiederum auf die subjektive Belastung zu diesem Zeitpunkt übertrug und diese erhöhte. Hier war der indirekte Anteil am totalen Effekt deutlich höher. Für die erfassten Mütter betrug der Anteil des indirekten Effekts am gesamten Effekt 40 %, während er für die Väter 44 % ausmachte.

Tabelle 5.15 Ergebnisse der Mediationsanalyse für die Depressivität im Jahr nach der Geburt, die Irritabilität des Kindes und die subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten

Darüber hinaus bestand nur ein relevanter indirekter Effekt zwischen dem mütterlichen Nachtschlaf, der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten und der Depressivität zu T2, indirekter Effekt: β = .02, p = .01. Schliefen Mütter im Schnitt mehr, waren sie insgesamt weniger subjektiv durch die kindlichen Verhaltensanforderungen belastet, was im Schnitt mit niedrigeren Depressionssymptomen assoziiert war. Auch hier ist der indirekte Effekt als sehr klein zu beurteilen. Es bestanden keine moderierenden Effekte.

Nachgelagerte Effekte

In einem letzten Analyseschritt wurde der längerfristig bestehende Zusammenhang zwischen den kindlichen Verhaltensmerkmalen sowie der subjektiven Belastung im Jahr nach der Geburt mit dem Ausmaß der Depressivität im Folgejahr geprüft. Dabei wurde auf mögliche Veränderungen in der Lebenssituation zu T3 kontrolliert. Die analytische Vorgehensweise orientierte sich dabei an denselben Schritten wie in den querschnittlichen Analysen. In den freigeschätzten Modellen ließ sich nur ein statistisch bedeutsamer Unterschied zwischen Müttern und Vätern erkennen. Dabei handelte es sich um den Zusammenhang zwischen dem Nachtschlaf der Eltern und der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten, der für Mütter höher ausfiel als für Väter, (Mütter: β = −.32, p < .001, Väter: β = .09, p = .08). Das finale Modell, in dem alle Pfade, bis auf den eben geschilderten, über die Vergleichsgruppen hinweg gleichgesetzt wurden, wies einen sehr guten Modellfit auf, χ2 (52) = 46.53, p = .69, RMSEA = 0.00, CFI = 1.00, TLI = 1.02, N = 521, nMütter = 248; nVäter = 273. Insgesamt zeigte sich jedoch kein nachwirkender Effekt. Das heißt, weder die kindlichen Verhaltensanforderungen (Mütter: β = .04, p = .12, Väter: β = .06, p = .11) noch die subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten im ersten Lebensjahr des Kindes (Mütter: β = .04, p = .14, Väter: β = .05, p = .14) waren wichtig für die Depressivität im Folgejahr. Für die Depressivität zu Messzeitpunkt 3 war lediglich das Ausgangsniveau der Depressivität im Jahr vor der Geburt ein relevanter Prädiktor (Mütter: β = .50, < .001, Väter: β = .59, < .001), sowie die durchschnittliche Nachtschlafzeit zu diesem Zeitpunkt. Schliefen Mütter und Väter im zweiten Jahr nach der Geburt mehr, wiesen sie in diesem Zeitfenster ein signifikant niedrigeres Depressionsniveau auf (Mütter: β = .09, p = .001, Väter: β = .12, p = .001). Insgesamt klärten die Prädiktoren ein relativ hohes Maß an Varianz in der Depressivität zu T3 auf, (R2Mütter = .32; R2Väter = .43), wobei der größte Anteil sicherlich auf die vorgeburtliche Messung der Depressivität zurückging. Es bestanden keinerlei statistisch bedeutsame indirekte Effekte zwischen den zentralen Studienvariablen. Da das Modell damit keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn leistet, beschränkt sich die Ergebnisdarstellung auf die gerade geschilderten, ausgewählten Ergebnisse.

Zusatzanalysen zur Depressivität zu T3

Um die Datenstruktur und die Variablenzusammenhänge zu T3 besser nachvollziehen zu können, wurde in einem vertiefenden Analyseschritt geprüft, ob im zweiten Jahr nach der Geburt überhaupt ein Zusammenhang zwischen der Depressivität, der Irritabilität des Kindes und der dadurch erlebten Belastung der Eltern bestand. Das Modell wurde umgesetzt, wie die anderen bisher berichteten Modelle auch, allerdings jetzt, bis auf das Ausgangsniveau der Depressivität zu T1, mit den Messungen der Variablen zu T3. Das heißt, sowohl die Messungen der Irritabilität des Kindes, der dadurch erlebten subjektiven Belastung und der Depressivität als zentraler abhängiger Variable wurden zu T3 verwendet als auch die zeitveränderlichen Kontrollvariablen (Erwerbstätigkeitsmodell, erlebter finanzielle Handlungsspielraum, Familienstand und durchschnittlicher Nachtschlaf der Eltern). Das Alter bei der Geburt des ersten Kindes, sowie das Bildungsniveau wurden beibehalten. Im finalen Modell bestanden keine Geschlechterunterschiede, bis auf den Zusammenhang zwischen der Depressivität zu T1 und der Irritabilität zu T3, wie in Abbildung 5.7 zu sehen ist. Das Modell wies einen guten Fit auf.

Abbildung 5.7
figure 7

Vereinfachtes finales Pfadmodell der direkten Zusammenhänge zwischen der vorgeburtlichen Depressivität, der durch die Eltern eingeschätzten Irritabilität des Kindes, der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten und der Depressivität im zweiten Jahr nach der Geburt des Kindes

Das Depressivitätsniveau der Väter war zu T1 stärker prädiktiv für die Irritabilität des Kindes im zweiten Jahr nach der Geburt als bei den befragten Müttern. Im Vergleich der standardisierten Regressionsgewichte, die im Folgenden zusätzlich für alle relevanten Pfade berichtet werden, lässt sich dieser Höhenunterschied besser beurteilen, standardisiertes Regressionsgewicht für Mütter: β = .17, p = .005 und Väter: β = .35, < .001. Wie vermutet, war die vorgeburtliche Depressivität ebenfalls der stärkste Prädiktor für die Depressivität zum insgesamt dritten Erhebungszeitpunkt, Mütter: β = .48, < .001, Väter: β = .57, < .001 und war zugleich relevant für die subjektiv erlebte Belastung durch das kindliche Verhalten, Mütter: β = .13, p = .003, Väter: β = .11, p = .003. Höhere kindliche Verhaltensanforderungen standen zu diesem Zeitpunkt wiederum in keinem direkten Zusammenhang mehr mit der zentralen abhängigen Variable der Depressivität, Mütter: β = .02, p = .31, Väter: β = .04, p = .31, waren aber mit einem höheren subjektiven Belastungserleben der Eltern assoziiert, Mütter: β = .23, < .001, Väter: β = .25, < .001. Ein höheres Belastungserleben im zweiten Jahr nach der Geburt war, mit Blick auf die direkten Effekte und unter Kontrolle aller anderen Variablen im Modell, relevant für höhere Werte auf der Skala der Depressivität, Mütter: β = .12, < .001, Väter: β = .16, < .001. Interessant ist nun, dass in diesem Modell der zentrale angenommene indirekte Effekt statistische Signifikanz erreichte. Das heißt, in diesem Modell bestand kein direkter Zusammenhang mehr zwischen der Irritabilität des Kindes und dem Depressivitätsniveau, sondern erst eine empfundene höhere Belastung durch das kindliche Verhalten übertrug den Effekt der kindlichen Irritabilität auf die Depressivität zu diesem Zeitpunkt, indirekter Effekt Mütter: β = .02, p = .001, Väter: β = .04, p = .001. Wenn das Kind, aus Perspektive der Eltern, etwas größere Schwierigkeiten in der Verhaltensanpassung zeigte und das mit einer höheren subjektiven Belastung verbunden war, bestanden höhere Werte auf der Depressivität. Obwohl kein nachgelagerter Effekt zwischen der Irritabilität oder der dadurch erlebten Belastung auf die Depressivität im zweiten Jahr nach der Geburt bestand, konnten diese querschnittlichen Analysen für T3 insgesamt belegen, dass die Anforderungen des Kindes zu T3 trotz allem relevant für die Depressivität zu diesem Zeitpunkt waren. Der Vergleich der standardisierten und unstandardisierten Lösung des finalen Modells ist in Anhang 3 einsehbar.

5.7.3 Allgemeines Stresserleben

Abbildung 5.8
figure 8

Vereinfachtes finales Pfadmodell der direkten Zusammenhänge zwischen dem vorgeburtlichen Stress, der durch die Eltern eingeschätzten Irritabilität des Kindes, der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten und dem Stress zum Befragungszeitpunkt im Jahr nach der Geburt

Direkte Effekte

Die Modellberechnungen zum allgemeinen Stresserleben beruhen insgesamt auf einer kleineren Stichprobe als die vorangegangenen Modelle, da die Skala zum allgemeinen Stresserleben erst ab Welle 4 erfasst wurde. Hier trat der direkte Effekt der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten auf die abhängige Variable des allgemeinen Stresserlebens hervor, wie Abbildung 5.8 grafisch veranschaulicht. Unter Konstanthaltung aller weiteren Variablen im Modell bestand ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen dem subjektiven Belastungserleben mit dem allgemeinen Stressniveau. Je stärker Eltern durch das kindliche Verhalten subjektiv belastet waren, desto höher war ihr subjektiv eingeschätzter Stress. Die Irritabilität des Kindes wiederum war nicht relevant für das Stresserleben im Jahr nach der Geburt. Kindliche Verhaltenscharakteristika konnten lediglich die subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten vorhersagen. Das vorgeburtliche Stressniveau war schließlich ein signifikanter Prädiktor für das Stresslevel im Folgejahr, allerdings nicht für die Irritabilität des Kindes, noch für die subjektiv erlebte Belastung durch das kindliche Verhalten von Bedeutung. Die einzelnen unstandardisierten direkten Zusammenhänge zwischen den beschriebenen Variablen können in Abbildung 5.8 nachvollzogen werden, die standardisierten Regressionsgewichte in Tabelle 5.16, rechte Spalte im Modell mit fixierten Parametern.

Bedingungen elterlichen Wohlbefindens

Unter Kontrolle des Stressniveaus zu Messzeitpunkt 1 ließen sich, wie auch in den beiden anderen Modellen zur Lebenszufriedenheit und zur Depressivität ein Bildungseffekt, ein signifikanter Zusammenhang hinsichtlich der Veränderungen im Gefüge der Paarbeziehung und des Nachtschlafs der Eltern, jeweils in Bezug auf die subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten erkennen (vgl. Tabelle 5.16, rechte Spalte, standardisierte Regressionsgewichte im fixierten Modell). Der durchschnittliche Nachtschlaf entpuppte sich darüber hinaus als protektiver Faktor für den erlebten Stress im Jahr nach der Geburt. Schliefen Mütter und Väter im Durchschnitt mehr Stunden pro Nacht in einer normalen Woche, wiesen sie im ersten Lebensjahr des Kindes ein niedrigeres allgemeines Stressniveau auf.

Tabelle 5.16 Ergebnisse des pfadanalytischen Multigruppenvergleichs für das allgemeine Stresserleben im Jahr nach der Geburt und die Rolle des Kindes operationalisiert über die Irritabilität des Kindes

Indirekte Effekte

Für die abhängige Variable des allgemeinen Stresserlebens bestand lediglich ein statistisch bedeutsamer indirekter Effekt. Dabei handelte es sich um den vorab angenommenen, indirekten Effekt zwischen Irritabilität des Kindes, subjektiver Belastung durch das kindliche Verhalten und dem allgemeinen Stresserleben nach dem Übergang zur Elternschaft. Demnach war eine höhere Irritabilität des Kindes relevant für ein stärkeres Belastungserleben durch die kindlichen Verhaltensanforderungen, was insgesamt mit einer Zunahme des Stressniveaus assoziiert war, indirekter Effekt: β = .07, < .001. Der indirekte Effekt machte dabei rund 50 % des gesamten Effekts aus, sowohl für die befragten Mütter als auch Väter. Hinsichtlich der Bedingungen elterlichen Wohlbefindens erwies sich der indirekte Effekt zwischen Bildungsniveau der Befragten, subjektiver elterlicher Belastung durch das kindliche Verhalten und allgemeinem Stresserleben im Jahr nach der Geburt als statistisch signifikant, indirekter Effekt: β = .06, p = .001. Das positive Vorzeichen des indirekten Effekts weist darauf hin, dass höher gebildete Mütter und Väter im Schnitt stärker durch das kindliche Verhalten belastet waren, was wiederum mit einem erhöhten Stresserleben verknüpft war. Es zeigten sich keine Hinweise auf moderierende Effekte.

Nachgelagerte Effekte

Zur Überprüfung der nachgelagerten Effekte wurde ein identisches Modell berechnet, in dem zusätzlich auf mögliche Veränderungen in der Lebenssituation im zweiten Jahr nach der Geburt kontrolliert wurde. Als zentrale abhängige Variable wurde das allgemeine Stresserleben aus dem zweiten Jahr nach der Geburt verwendet. Das zunächst in beiden Substichproben freigeschätzte Modell verfehlte einen annehmbaren Modellfit, χ2 (28) = 43.46, p = .03, RMSEA = 0.05, CFI = 0.89, TLI = 0.71, N = 377, nMütter = 176; nVäter = 201. Im nächsten Schritt wurde geprüft, ob ein schlechter Fit auch daran liegen könnte, dass sich viele der geschätzten Koeffizienten nicht bedeutend zwischen den Gruppen unterschieden und daher die Gleichsetzung einiger Pfade die zugrundeliegenden empirischen Daten besser abbildete. Nach der Überprüfung der einzelnen Pfade zwischen Müttern und Vätern ließen sich keine bedeutenden Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen entdecken. Im zweiten Schritt wurden daher alle Pfade über die beiden Vergleichsgruppen hinweg gleichgesetzt. Dieser Schritt führte jedoch ebenfalls zu keinem annehmbaren Modellfit, χ2 (54) = 74.66, p = .03, RMSEA = 0.04, CFI = 0.86, TLI = 0.80, N = 377, nMütter = 176; nVäter = 201. Aus diesem Grund wird darauf verzichtet, die Ergebnisse zu schildern, da Pfade erst dann interpretiert werden dürfen, wenn das Modell, den Cut-Off-Werten der Fit-Indizes folgend, die zugrundeliegende empirische Varianz-Kovarianz-Matrix gut abbildet (Kline 2011).

5.8 Diskussion der Ergebnisse des Übergangs zur Elternschaft

Übergeordnetes Ziel der Teilstudie bestand darin herauszufinden, inwiefern ein Kind für Anpassungsleistungen innerhalb der Partnerschaft und im individuellen Wohlbefinden von Eltern am Übergang zur Elternschaft relevant ist. Es ließ sich belegen, dass erhöhte verhaltensbedingte, kindliche Anforderungen im ersten Jahr sowohl hinsichtlich der Partnerschaft als auch in Bezug auf individuelle Anpassungsleistungen eine Rolle spielten. Teilweise hatten Verhaltenscharakteristika des Kindes dabei noch nachgelagerte Effekte auf das elterliche Wohlbefinden. In der Gesamtschau der Ergebnisse erwies sich die Irritabilität des Kindes im ersten Jahr nach der Geburt als bedeutsamer für das individuelle Wohlbefinden der Eltern, da zwischen Anforderungen des Kindes und zwei Dimensionen subjektiven Wohlbefindens (Lebenszufriedenheit, Depressivität) direkte Effekte bestanden, während die Irritabilität des Kindes in diesem Zeitfenster nicht direkt mit der Partnerschaftsqualität verknüpft war. Die Irritabilität des Kindes war lediglich indirekt, vermittelt über die Paarkommunikation, mit einer Minimierung der Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt assoziiert. Dieser indirekte Effekt fiel allerdings klein aus.

Im Vergleich der Einzelergebnisse hinsichtlich des partnerschaftsrelevanten und individuellen Wohlbefindens bestätigte sich die richtungsweisende Rolle des Ausgangsniveaus des Wohlbefindens. Das jeweilige vorgeburtliche Startniveau war erwartungsgemäß sowohl für die Partnerschaftsqualität als auch die anderen drei Aspekte subjektiven Wohlbefindens ein zentraler Prädiktor. Mit der Geburt des ersten Kindes setzte damit keine neue Zeitrechnung für die Partnerschaft oder die individuelle Befindlichkeit der Eltern ein. Ein Kind wird vielmehr in eine bereits bestehende Lebenssituation und Partnerschaft, mit ihren positiven sowie negativen Aspekten, geboren und bestimmte, bereits vorher bestehende Stimmungslagen setzen sich über diesen Übergang hinweg fort. Zugleich war das Startniveau des Wohlbefindens teilweise für indirekte Zusammenhänge der untersuchten Variablen im Jahr nach der Geburt relevant. Die vorgeburtliche Partnerschaftsqualität hatte beispielsweise einen prädiktiven Charakter für die Qualität der Paarkommunikation im Jahr nach der Geburt und übertrug sich über diese auf die Partnerschaftsqualität zu diesem Zeitpunkt als auch ein Jahr später. Das fügt sich ein in Erkenntnisse der Paarforschung, in der Fortsetzungsprozessen und vorgelagerte Mechanismen, wie der gemeinsamen Beziehungsgeschichte, für die aktuelle Beziehungsgestaltung eine große Bedeutung zukommt (Schneewind und Wunderer 2013). Aber auch individuelle, pränatal bestehende Stimmungslagen sind ausschlaggebend für das individuelle Wohlergehen nach der Geburt (z. B. Kiviruusu et al. 2020; Reid und Taylor 2015).

Interessant ist jedoch, dass die vorgeburtliche Partnerschaftsqualität in keinem Zusammenhang mit der, von den Eltern geschilderten Verhaltensanpassung des Kindes stand. Hier spielte offenbar das individuelle Wohlbefinden der Eltern (Lebenszufriedenheit, Depressivität) eine stärkere Rolle für erhöhte Anforderungen des Kindes im ersten Lebensjahr. Im direkten Vergleich lässt sich schließen, dass das subjektive Wohlbefinden prädiktiver für die Verhaltensanpassung des Kindes war als die Paarsituation der Eltern.

Überdies ließ sich für alle zentralen abhängigen Variablen bestätigen, dass nicht nur direkte Zusammenhänge zwischen dem Wohlbefinden nach der Geburt, den Elternschaftserfahrungen zu diesem Zeitpunkt und dem Ausgangsniveau des Wohlbefindens vorlagen, sondern auch indirekte Mechanismen am Werk waren. Die indirekten Effekte fielen in der Regel jedoch klein aus. Ursächlich können dafür unterschiedliche Gründe sein, auf die vereinzelt in der nachfolgenden Diskussion eingegangen wird. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass die soziale Wirklichkeit meist deutlich komplexer ist als es Daten vermögen abzubilden und viele Prozesse und zusätzliche Variablen eine Rolle spielen, die auf Datenebene nicht erfasst werden können. Die angenommenen Variablenzusammenhänge stellen daher lediglich einen kleinen Ausschnitt und damit nur eine Annäherung an die soziale Wirklichkeit dar und besitzen eine begrenzte Erklärkraft.

Letztlich bestätigen die Befunde auf übergeordneter Ebene ebenfalls, dass es sinnvoll ist, zwischen unterschiedlichen Dimensionen elterlichen Wohlbefindens zu unterscheiden und hinsichtlich dieser Aspekte von qualitativ unterschiedlichen Variablenzusammenhängen am Übergang zur Elternschaft auszugehen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass Eltern über ihre Elternrolle hinaus, auch in andere Lebenssphären und soziale Bezüge, wie die Partnerschaft eingebettet sind und damit unterschiedliche Rollen bekleiden (z. B. die der Ehefrau oder des Ehemanns) (vgl. Ketner et al. 2018).

5.8.1 Diskussion der Einzelergebnisse hinsichtlich des partnerschaftsrelevanten Wohlbefindens und der Rolle des Kindes

Die Teiluntersuchung zielte darauf ab herauszufinden, inwiefern das Kind am Übergang zur Elternschaft eine Rolle für die Partnerschaft spielt. Dazu wurde zu Beginn ein theoretisches Modell aus den bisher bestehenden theoretischen und empirischen Befunden abgeleitet. Davon ausgehend wurden anschließend zentrale Hypothesen über die Variablenzusammenhänge im ersten Jahr nach der Geburt formuliert.

Anpassungsleistungen in der Partnerschaft

In den Daten bestätigten sich die ersten beiden Annahmen, dass das vorgeburtliche Ausgangsniveau in der Partnerschaftsqualität prädiktiv für die Partnerschaftsqualität (I) und die Paarkommunikation (II) im Jahr nach der Geburt war. Das weist in die bereits geschilderte Richtung, dass Variablen in der Partnerschaft eng mit der vorher bestehenden Beziehungsausgestaltung verknüpft sind. Das heißt, bei vielen Paaren löst diese turbulente Transitionsphase durch die Geburt des Babys nicht erst Stress aus, sondern es werden schon vorher bestehende Belastungen fortgesetzt oder intensiviert (Kluwer und Johnson 2007). Beziehungsweise, je nach Skalierung der Variablen, wie im vorliegenden Fall, setzt sich ein hohes Ausgangsniveau in der Partnerschaftsqualität mit hoher Wahrscheinlichkeit im Jahr nach der Geburt fort und stellt zugleich eine Ressource für den Erhalt einer besseren Kommunikationsqualität der Paare nach dem Übergang zur Elternschaft dar. Die Ergebnisse deuten aber nicht nur auf Fortsetzungsprozesse innerhalb der Partnerschaft hin, die schon vor dem Übergang zur Elternschaft bestanden. Unter Kontrolle des Ausgangsniveaus stand die Paarkommunikation nach dem Übergang zur Elternschaft in direktem negativen Zusammenhang mit der Partnerschaftsqualität im ersten Jahr als auch im Folgejahr. Damit untermauern die hier vorliegenden Ergebnisse, die vorab angenommene Hypothese III, dass erhöhte negative Kommunikations- und Umgangsformen nach dem Übergang zur Elternschaft in negativem Zusammenhang mit der Paarqualität stehen können. Dies fügt sich in die bisherige Befundlage ein, dass Merkmale der Beziehung wie Umgangs- und Kommunikationsformen eng mit der Partnerschaftsqualität- bzw. -zufriedenheit zusammenhängen und diese prädizieren (z. B. Braithwaite et al. 2011; Hiew et al. 2016; Yoo et al. 2014; Young und Curran 2016; van Lankveld et al. 2018; Moore et al. 2001; Gordon und Chen 2016; Leuchtmann et al. 2019; Meeks et al. 1998). Insbesondere am Übergang zur Elternschaft lieferten Paarvariablen bislang eine wichtige Erklärung für eine Abnahme in der Partnerschaftsqualität oder -zufriedenheit (Rauch-Anderegg et al. 2020; Huss und Pollmann-Schult 2020; Theiss et al. 2013).

Die empirische Bekräftigung der zweiten Annahme, dass die vorgelagerte Partnerschaftsqualität die Paarkommunikation im ersten Lebensjahr des Kindes prädiziert und die anschließend bestätigte Mediationsannahme (VI), dass sich das Startniveau der Paarqualität über die Paarkommunikation im ersten Jahr auf die Partnerschaftsqualität zu diesem Zeitpunkt (und auch noch ein Jahr später) überträgt, weisen außerdem darauf hin, dass Merkmale der Paarbeziehung (Kommunikations- und Konfliktstrategien, Partnerschaftsqualität) eng aufeinander bezogene Konstrukte sind, die sich mit aller Wahrscheinlichkeit reziprok beeinflussen (Kluwer und Johnson 2007). Das heißt, die Partnerschaftsqualität ist nicht nur von Merkmalen der romantischen Beziehung (Relationship Behaviors) beeinflusst (z. B. der Paarkommunikation), sondern, es besteht auch der umgekehrte Zusammenhang, indem die Partnerschaftsqualität Einfluss auf Verhaltensweisen in der Beziehung (Qualität der Kommunikation, Konfliktniveau) nimmt (ebd.). Die Ergebnisse geben Anlass dazu, die Zusammenhänge der Paarvariablen untereinander inhaltlich auf folgende Weise zu interpretieren: Befragte, die vor der Geburt des ersten Kindes zufrieden in ihrer Partnerschaft waren, sich vom anderen gewertschätzt fühlten und dem Partner oder der Partnerin gegenüber intime Gedanken und Gefühle äußern konnten, waren weniger anfällig dafür, während dieser turbulenten, stressreichen Phase, in dysfunktionale Kommunikationsmuster dem Partner oder der Partnerin gegenüber zu verfallen. Dazu zählt zum Beispiel, den anderen in einer Konfliktsituation anzuschreien oder ihm/ihr Beschimpfungen an den Kopf zu werfen. Das wiederum wirkte sich auf positive Weise auf die Partnerschaftsqualität bis zu zwei Jahre nach der Geburt aus. Damit wies der Mechanismus eine gewisse Stabilität auf. Das heißt, waren die Wertschätzung durch den Partner oder die Partnerin und die emotionale Selbstoffenbarung in der Beziehung im Ausgangsjahr hoch, gelang es den befragten Müttern und Vätern im Jahr nach der Geburt auf konstruktivere und weniger dysfunktionale Weise mit dem Partner oder der Partnerin in Konfliktsituationen zu sprechen, was aus Einschätzung der Befragten relevant dafür war, dass ihnen der jeweilige Partner oder die Partnerin, bis zu zwei Jahre nach der Geburt, ein höheres Maß an Wertschätzung entgegenbrachte und mehr Selbstoffenbarung in der Beziehung bestand.

Anpassungsleistungen in der Partnerschaft und die Rolle des Kindes

Es ließ sich kein Hinweis darauf finden, dass das vorgeburtliche Niveau in der Partnerschaftsqualität in Zusammenhang mit der Verhaltensanpassung des Kindes oder der ängstlichen Überfürsorge im Jahr nach der Geburt stand (VIII). Das kann unterschiedliche Ursachen haben. In den vorliegenden Daten zeigten Babys beispielsweise aus Sicht der Eltern größere Schwierigkeiten in der Verhaltensanpassung, wenn Eltern ihren finanziellen Spielraum als restriktiver erlebten. Bei Müttern mit größeren finanziellen Sorgen war gleichzeitig auch die Tendenz zur ängstlichen Überfürsorge größer. Hinsichtlich der ängstlichen Überfürsorge half Eltern hingegen mehr Schlaf pro Nacht in einer normalen Woche, um ruhig zu bleiben und sich nicht zu große Sorgen zu machen, ob mit dem Baby alles in Ordnung ist oder sie alles richtigmachen. Deshalb ist einerseits zu vermuten, dass das Ausmaß, inwiefern sich das Kind im Zeitraum nach der Geburt gut beruhigen lässt, schreit oder insgesamt irritabler ist, aber auch die ängstliche Überfürsorge in Bezug auf das Baby, weniger mit Aspekten der Partnerschaft vom Vorjahr zusammenhängen, sondern stärker von aktuellen Merkmalen der Eltern oder der Lebenssituation zu diesem Zeitpunkt mitbestimmt werden. Damit drängten diese unmittelbaren Einflussfaktoren die vorgeburtliche Partnerschaftsqualität in den Hintergrund. Das stimmt mit Befunden überein, die nachzeichnen konnten, dass die frühkindliche Entwicklung in engem Zusammenhang mit individuellen Merkmalen der Eltern (Erziehungsverhalten, Schlaf, Müdigkeit) (Williamson et al. 2019; Boergers et al. 2007) als auch der unmittelbaren familiären Lebenssituation steht, z. B. dem sozioökonomischen Status, mit dem zugleich bestimmte Ressourcen oder Risikofaktoren für die kindliche Entwicklung einhergehen (Bradley und Corwyn 2002; Letourneau et al. 2013).

Andererseits war das Ausgangsniveau des individuellen Wohlbefindens (Lebenszufriedenheit, Depressivität) der Eltern von besonderer Wichtigkeit für die Verhaltensanpassung des Babys und verdrängte, hinsichtlich der Irritabilität des Kindes, auch Effekte der Lebenssituation. Im Modell zur Depressivität besaß die eingeschätzte Knappheit finanzieller Mittel zum Beispiel keine statistische Signifikanz in Bezug auf kindliche Verhaltenscharakteristika. Studien verwiesen schon vorher in die Richtung, dass sich vor allem individuelle Stimmungslagen, Erwartungen und Sorgen vor der Geburt auf das Verhalten und den Umgang mit dem Kind nach der Geburt übertragen können. Gross und Marcussen (2017) beispielsweise zeigen, dass hohe vorgeburtliche elterliche Selbstwirksamkeitserwartungen einen abmildernden Einfluss auf die elterliche Depressivität nach der Geburt des Kindes haben und so den Entwicklungshintergrund für das Baby maßgeblich mitbestimmen. Während sich pränatal bestehende Angstsymptome als Risikofaktoren für kindliche Verhaltensschwierigkeiten herausgestellt haben (Barker et al. 2011; Faleschini et al. 2019). Vorgeburtlich bestehende Depressivitätssymptome können ebenfalls prädiktiv für frühkindliche Schlafprobleme sein (Kim et al. 2020). Ausgehend von diesen Befunden ist daher anzunehmen, dass die vorgelagerte, individuelle elterliche Befindlichkeit einen wesentlich stärkeren Ausgangskontext für die kindliche Entwicklung im ersten Lebensjahr schuf als die vorgeburtliche Partnerschaftsqualität und selbst Merkmale der Lebenssituation verdrängte. Die kindliche Verhaltenseinschätzung der Eltern und die individuelle, elterliche psychische Verfasstheit waren damit eng aufeinander bezogen.

Erhöhte Anforderungen des Kindes bzw. die erlebte ängstliche Überfürsorge in Bezug auf das Kind standen in keinem direkten Zusammenhang mit der Partnerschaftsqualität nach der Geburt. Damit traf der vorab jeweils angenommene direkte negative Zusammenhang zwischen (V) der Irritabilität des Kindes sowie der ängstlichen Überfürsorge und der Partnerschaftsqualität im ersten Jahr nicht zu, obwohl andere Studien, ohne Bezug zum Übergang zur Elternschaft, auch direkte Zusammenhänge zwischen erhöhten Anforderungen des Kindes und der Partnerschaftszufriedenheit feststellen konnten (Zemp et al. 2017). Dagegen bestätigte sich in der Datenanalyse der angenommene verstärkende Effekt eines irritableren Kindes als auch einer erhöhten ängstlichen Überfürsorge hinsichtlich dysfunktionaler Konflikt- und Kommunikationsstrategien dem Partner oder der Partnerin gegenüber im ersten Jahr nach der Geburt (IV). Zugleich erwies sich die angenommene Übertragung der Irritabilität des Kindes bzw. der ängstlichen Überfürsorge über eine negativere Paarkommunikation auf die Partnerschaftsqualität im ersten Jahr (VII) als zutreffend. Damit ordnen sich die Ergebnisse in die theoretischen Annahmen und Befunde der Paarstressforschung ein: Erhöhte Anforderungen (ganz allgemein Stress), verstören bestimmte in der Partnerschaft selbst liegende Aspekte im Verhalten und im Umgang der Paare miteinander (Kommunikation), dadurch verringert sich die Partnerschaftszufriedenheit (z. B. Ledermann et al. 2010). Paaren gelingt es unter Stress somit häufig nicht, wichtige Kompetenzen aufrecht zu erhalten. Beispielsweise nimmt die Kommunikationsqualität unter Stress ab und es fällt schwer, den anderen zu verstehen, auf ihn einzugehen oder ihm Wertschätzung entgegen zu bringen, was eine emotionale Distanzierung bewirkt (Bodenmann 2013). Dadurch fehlen dem Paar wichtige Momente der Intimität, Regeneration, der emotionalen Kommunikation sowie Möglichkeiten der sexuellen Begegnung. Das unterminiert das Wir-Gefühl des Paares, so dass auf lange Sicht gesehen die Intimität und Nähe des Paares abflachen (Bodenmann 2013). Die Analysen konnten diesen Mechanismus bestätigen. Erhöhten Anforderungen durch das Kind und in Bezug auf die neue Elternrolle, die hier als Stressauslöser verstanden werden können, standen primär über die Variable des Kommunikations- und Konfliktverhaltens in Zusammenhang mit der Partnerschaftsqualität im ersten Jahr nach der Geburt. Für die Irritabilität des Kindes im ersten Jahr bestand sogar noch eine längerfristig vermittelte Verknüpfung über eine erhöhte negative Paarkommunikation zu diesem Zeitpunkt mit der Partnerschaftsqualität ein Jahr später. Insgesamt ließ sich damit die zentrale theoretische Annahme der Paarstressforschung reproduzieren. Stressoren wirken nicht immer automatisch auf direkte Weise auf die Partnerschaftsqualität ein, sondern werden über Variablen in der Partnerschaft (Relationship Behaviors) vermittelt. Außerdem wurde deutlich, dass die Geburt des Kindes nicht nur eine implizite Rolle für die Partnerschaft spielt, als reiner Auslöser, der allerdings in keinem Zusammenhang mit Variablen der Partnerschaft steht. Das Kind und neue Herausforderungen in der Elternrolle waren vielmehr explizit mit Variablen innerhalb der Partnerschaft verknüpft.

Im Kontrast der berechneten Modelle zur Irritabilität des Kindes und zur ängstlichen Überfürsorge im ersten Jahr nach der Geburt fällt auf, dass der Grad der erlebten ängstlichen Überfürsorge ein etwas höheres Regressionsgewicht hinsichtlich der Paarkommunikation besaß als die Irritabilität des Kindes. Der entsprechende indirekte Effekt trat ebenso etwas klarer zu Tage. Eine Erklärung hierfür wäre, dass insbesondere große Sorgen um das Kind unmittelbarere Auswirkungen auf die Partnerschaft haben und sich auf direktere Weise in Verhaltensweisen dem Partner oder der Partnerin gegenüber übersetzen. Die Auswirkungen der Verhaltensanforderungen des Kindes übertragen sich hingegen zunächst stärker auf die individuelle Ebene und erst im nächsten Schritt – und damit über Umwege – auf die Partnerschaft.

In einer qualitativen Studie kam es zu Unstimmigkeiten in der Partnerschaft, wenn das Baby nicht zum gemeinsamen Fokus und zur gemeinsam zu bewältigenden Aufgabe der Eltern, sondern auf Kosten des Vaters, zum Augenmerk der Mutter wurde (Ahlborg und Strandmark 2001). Zwei Väter berichteten, dass ihre Partnerin aufgrund der starken Fokussierung auf das Neugeborene keine Zeit mehr für ihre Bedürfnisse hatte und ihnen daher Intimität und Nähe in der Beziehung fehlten. Da es jedoch keine offene Kommunikation über diese unerfüllten Bedürfnisse und unausgesprochenen Erwartungen gab, entstanden Unstimmigkeiten und das Gefühl, dass sich die Partnerschaft, im Vergleich zu vor der Geburt des Kindes, zum Negativen verändert hatte (ebd.). In einer anderen qualitativen Studie bestätigen Berichte von Eltern die große Herausforderung, die Rollen als Partner oder Partnerin in einer Paarbeziehung oder Ehe und gleichzeitig als Mutter oder Vater miteinander in Einklang zu bringen. Die Bedürfnisse und die Pflegeroutine des Babys hatten oberste Priorität, was weniger Zeit für die Bedürfnisse des Partners oder der Partnerin, gemeinsame Momente und die Beziehung an sich bedeutete (Lévesque et al. 2020). Am Übergang zur Elternschaft ist daher von einer merklichen Verschiebung der Aufmerksamkeit, weg von den eigenen Bedürfnissen oder den Wünschen und Erwartungen des Partners, hin zum Baby auszugehen, was sich nachteilig auf die Partnerschaft auswirken kann (Kluwer 2010). Vor allem dann, wenn diese Verschiebung der Aufmerksamkeit auf das Baby mit vielen Sorgen verbunden ist. Auf Basis dieser Studienergebnisse wäre eine Einordnung der vorliegenden Befunde, dass sich die Verschiebung der Aufmerksamkeit auf das Kind, in Form einer ängstlichen Überfürsorge, unmittelbar auf die Verhaltensebene dem Partner oder der Partnerin gegenüber übersetzte. Vermehrte Sorgen und eine stärkere Ängstlichkeit in Bezug auf das Baby gingen auf Kosten des Partners oder der Partnerin, da durch diese Verschiebung die Energie und Zeit fehlten, dem anderen zuzuhören und seine Bedürfnisse zu erfüllen. Das verschlechterte den Umgang und die Kommunikation mit dem Partner oder der Partnerin, da es in so einer Situation schwerer fällt, dem anderen bei Meinungsverschiedenheiten wirklich zu zuhören oder ihn nicht anzuschreien. Das reduzierte die Partnerschaftsqualität und das Gefühl entstand, dass der andere einem weniger Wertschätzung und Anerkennung entgegenbrachte und auch eine emotionale Selbstöffnung (sprechen über intime Gedanken oder Gefühle) fand seltener statt.

Erhöhte Anforderungen, wie vermehrtes Schreien des Babys, wiederum riefen zunächst Anpassungsreaktionen auf individueller Ebene hervor. So gibt es viele Studienbefunde, die das Schreiverhalten des Babys mit einem erhöhten elterlichen Stresserleben (Beebe et al. 2016), Gefühlen der Inkompetenz (Maternal Self-Efficacy) (Stifter und Bono 1998) und auch mit Gefühlen der Hilflosigkeit, wie Kaley et al. (2011) in einem Review anführen, in Zusammenhang brachten. Fthenakis et al. (2002) beschreiben die erste Zeit mit dem Kind ebenfalls als belastungsreich, die ausnahmslos durch Schlafmangel geprägt ist. Dies kann zu einer Dauerbelastung werden, die sich in Gereiztheit, Erschöpfung und ständiger Müdigkeit bemerkbar macht. Zugleich unterbricht das unvorhersehbare Verhalten des Babys (Schreien, Füttern) den Alltag, verändert den Tagesablauf und verursacht manchmal Handlungsschleifen, die zu Hilflosigkeit, Überforderung und Kontrollverlust führen können (ebd.). Eine theoretische Erklärung wäre vor dieser Sachlage, dass erhöhte Anforderungen des Kindes zunächst das Individualsystem herausfordern. Das kann ein Gefühl von Druck erzeugen, das sich schließlich über eine größere Gereizt- und/oder Genervtheit oder über Überforderungsgefühle auf Verhaltensaspekte oder Merkmale innerhalb der Paarbeziehung überträgt. Aus einer stresstheoretischen Perspektive ist beispielsweise bekannt, dass sich erhöhte Anforderungen neben Paarvariablen auch über individuelle Merkmale der Partner (z. B. ungünstige Persönlichkeitseigenschaften) auf die Partnerschaftsqualität übertragen können (Bodenmann 2013). Diese vielen zwischengeschalteten individuellen Prozesse (Gefühl von Überforderung, Inkompetenz, Hilflosigkeit), über die sich erhöhte Anforderungen des Kindes dann erst auf die Verhaltensebene innerhalb der Paarbeziehung übertragen und schließlich die Partnerschaftsqualität reduzieren, haben vermutlich eine größere Erklärkraft als die Verhaltensanforderungen des Kindes selbst, wurden in den Analysen jedoch nicht explizit mitberücksichtigt. Das kann eine Erklärung dafür liefern, warum eine erhöhte Irritabilität des Kindes an sich in weniger starkem Zusammenhang mit den Variablen der Partnerschaft stand als die ängstliche Überfürsorge. Sie übersetzte sich dahingegen unmittelbar in ungünstigere Konflikt- und Kommunikationsstrategien bei Meinungsverschiedenheit und verschlechterte darüber die Partnerschaftsqualität.

Dass die Irritabilität des Kindes insgesamt eine geringere Vorhersagekraft und nur einen sehr kleinen indirekten Effekt hinsichtlich der Partnerschaftsqualität hatte, kann weitere Ursachen haben. Zum einen umfasste die Messung der kindlichen Verhaltensanforderungen ausgewählte Aspekte, die nicht das gesamte Anforderungsspektrum eines Neugeborenen abbilden. Damit wurden höchstwahrscheinlich bestimmte kindliche Merkmale nicht erfasst, die ein größeres oder zusätzliches Potenzial in sich bergen, die Paarbeziehung zu verstören. Etwa häufiges Aufwachen des Babys in der Nacht mit nur kurzen Schlafsequenzen und/oder Fütterprobleme.

Dass nur ein sehr kleiner Übertragungsmechanismus von den erhöhten verhaltensbedingten Anforderungen des Kindes auf die Partnerschaftsqualität zu finden war, kann zusätzlich daran liegen, dass während dieser Transitionsphase viele Aspekte innerhalb der Partnerschaft einer Neuorganisation, Umorientierung oder Neuaushandlung bedürfen, die von Faktoren mitgesteuert werden, die weit über die hier erfassten Anforderungen des Kindes hinausgehen. Die physischen Nachwirkungen der Geburt bei Müttern können beispielsweise Einfluss auf die Intimität und Sexualbeziehung der Paare nehmen. So führt eine größere Diskrepanz des sexuellen Verlangens zwischen den Partnern nach dem Übergang zur Elternschaft zu einer größeren Unzufriedenheit mit der Sexualbeziehung (Rosen et al. 2018). Zugleich nehmen die Häufigkeit als auch das Verlangen nach Geschlechtsverkehr sowie die Zufriedenheit mit der Sexualbeziehung insbesondere bei Müttern ab (Fischman et al. 1986; DeJudicibus und McCabe 2002; Ahlborg et al. 2005; Hackel und Ruble 1992; Rosen et al. 2020a), jedoch steigt die sexuelle Aktivität im Verlauf des ersten Jahres in der Regel wieder an (Pacey 2004). Die zumeist temporäre Abnahme sexueller Aktivität bzw. die Reduktion der Zufriedenheit mit verschiedenen Aspekten der Intimität in der Partnerschaft kann dabei von vielfältigen biologischen, sozialen und psychologischen Faktoren beeinflusst sein (Bitzer und Alder 2000). Studien verknüpfen eine Abnahme beispielsweise mit körperlichen (hormonellen) Veränderungen und der Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper bei Müttern (Pacey 2004), erhöhter Müdigkeit (Fischman et al. 1986; Hipp et al. 2012) aber auch Merkmalen der Partnerschaft bzw. der Dyade (z. B. niedrigerer Partnerschaftsqualität), depressiven Symptomen, Geburtserfahrungen, der Art der Entbindung, dem Stillen des Babys, oder, ob Eltern das Bett mit dem Baby teilen (Bed-Sharing) (Ahlborg und Strandmark 2006; Handelzalts et al. 2018; DeJudicibus und McCabe 2002; McBride und Kwee 2017; Moel et al. 2010; Hyde Shibley et al. 1996; Matthies et al. 2019; Messmer et al. 2012). Deutlich wird, dass in diesem Zeitfenster viele unterschiedliche Faktoren Einfluss auf die Partnerschaft nehmen und die, in dieser Studie erfassten, kindlichen erhöhten Anforderungen einen kleinen Teilausschnitt dieser komplexen Veränderungs- und Anpassungsprozesse einfangen. Vor diesem Hintergrund lässt sich ebenfalls der eher geringe Beitrag kindlicher Verhaltenscharakteristika hinsichtlich der Partnerschaft erklären.

Mit Blick auf die letzte formulierte Forschungsfrage (IX) im Rahmen der Untersuchung zum partnerschaftsrelevanten Wohlbefinden, bestanden keine Unterschiede in den Variablenzusammenhängen zwischen der Irritabilität des Kindes/ängstlichen Überfürsorge, dem Kommunikations- und Konfliktverhalten bei Meinungsverschiedenheiten und der Partnerschaftsqualität im ersten Jahr nach der Geburt. Das heißt, es existierten keine Unterschiede, je nachdem wie sich das Kommunikationsverhalten aus Sicht der Eltern von vor der Geburt über den zweiten Messzeitpunkt verändert hatte. Eine Möglichkeit wäre gewesen, dass Eltern, bei denen über dieses Zeitfenster hinweg negative Verhaltensweisen in der Paarkommunikation abgenommen hatten, insgesamt besser davor gefeit gewesen wären, sich durch ein schwierigeres Kind aus der Ruhe bringen zu lassen. Es wäre möglich gewesen, dass bei ihnen kein Zusammenhang zwischen der Irritabilität des Kindes und der Paarkommunikation bestand oder ein geringerer als in der Gruppe mit intensivierter negativer Kommunikation. Jedoch offenbarte sich, ganz unabhängig vom Veränderungsausmaß in der Kommunikation dem Partner oder der Partnerin gegenüber am Übergang zur Elternschaft, dass sich, wenn Eltern ein irritableres Kind hatten oder zu einer erhöhten ängstlichen Überfürsorge neigten, der Umgang mit dem Partner oder der Partnerin in Konfliktsituationen schlechter ausfiel und das wiederum in Zusammenhang mit einer geringeren Partnerschaftsqualität stand. Das deutet darauf hin, dass die Irritabilität des Kindes und auch das Erleben einer erhöhten ängstlichen Überfürsorge unabhängig davon auftraten, wie sich die Partnerschaftskommunikation über diese zwei Messzeitpunkte entwickelt hatte. Das Kind und Aspekte des Erlebens der Elternrolle waren relevant für die Partnerschaft, selbst unter Berücksichtigung der vorgeburtlichen Partnerschaftsqualität und der Veränderung in der Paarkommunikation.

Nachgelagerte Effekte

Mit Blick auf die Frage, ob die Variablenzusammenhänge des ersten Jahres auch auf das partnerschaftsrelevante Wohlbefinden des Folgejahres ausstrahlten, bestand nur ein längerfristiger Zusammenhang für das Modell zwischen der Irritabilität des Kindes, der Paarkommunikation jeweils aus dem ersten Jahr nach der Geburt und der Partnerschaftsqualität im darauffolgenden Jahr. War das Kind im ersten Jahr irritabler stand das zu diesem Zeitpunkt in Zusammenhang mit vermehrten ungünstigen Verhaltensweisen dem Partner oder Partnerin gegenüber. Dies übertrug sich nicht nur auf die Partnerschaftsqualität in diesem Zeitfenster, sondern auch auf die im Folgejahr. Trotz des sehr geringen indirekten Effekts, war dieser Zusammenhang damit durch eine gewisse Stabilität geprägt. War das erste Jahr besonders anforderungsreich, gelang es den befragten Eltern offenbar nicht, sich innerhalb dieser Zeitspanne gänzlich von den Belastungen zu erholen. Vielmehr waren die erhöhten kindlichen Anforderungen über ungünstige Konflikt- und Kommunikationsstrategien der befragten Mütter und Väter im ersten Jahr auch noch nachgelagert relevant für die Partnerschaftsqualität. Für die Überfürsorge ließ sich kein nachgelagerter Effekt feststellen, da das berechnete Modell keinen adäquaten Modellfit aufwies.

Bedingungen elterlichen Wohlbefindens

Die Ergebnisse des Analyseteils zum partnerschaftsrelevanten Wohlbefinden bestätigten teilweise, dass die Partnerschaftsqualität, die Paarkommunikation, die ängstliche Überfürsorge und die kindliche Verhaltensanpassung von zentralen Rahmenbedingungen der elterlichen und familiären Situation am Übergang zur Elternschaft mitgesteuert werden. Interessante Befunde ergaben sich beispielsweise hinsichtlich des Kommunikations- und Konfliktverhaltens im Jahr nach der Geburt, im Modell, das mit der Variable der Irritabilität des Kindes berechnet wurde (vgl. Tabelle 5.5). Hatten Väter ihre Partnerin im Verlauf der ersten zwei Messzeitpunkte geheiratet, wiesen sie niedrigere Werte in der ungünstigen Paarkommunikation auf als Väter, an deren Partnerschaft sich nichts verändert hatte. Für Mütter bestand dieser Effekt nicht. Es ist grundsätzlich bekannt, dass eine Heirat im Entwicklungsverlauf von Partnerschaften, unmittelbar im Jahr nach der Heirat, einen meist kurzfristigen positiven Effekt auf Wohlbefindensaspekte (z. B. Life Satisfaction, Marital Satisfaction) haben kann, auch bezeichnet als Honeymoon Period (Zimmermann und Easterlin 2006; Lorber et al. 2015; Luhmann et al. 2012; Lucas und Clark 2006). Anzunehmen wäre hier, dass sich dieser kurzzeitig auftretende positive Effekt einer Heirat im Kommunikations- und Konfliktverhalten der Väter bemerkbar machte und es die Honeymoon Phase erleichterte, der Partnerin im ersten Jahr nach der Geburt zu zuhören und eine konstruktivere Kommunikation aufrechtzuerhalten. Zugleich übertrug sich dieser positive Honeymoon Effekt über eine weniger negative Paarkommunikation auf die Partnerschaftsqualität im ersten Jahr nach der Geburt und erhöhte diese.

Ein eher überraschender Befund bestand in diesem Modell zwischen der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs und der negativen Paarkommunikation. Hatten Mütter und Väter im Jahr nach der Geburt im Schnitt häufiger pro Monat Geschlechtsverkehr, ging das mit etwas schlechteren Werten im Konflikt- und Kommunikationsverhalten einher. Insgesamt war der Effekt allerdings klein und im Modell mit der ängstlichen Überfürsorge nicht mehr vorhanden. Deshalb sollte er nicht zu stark gewichtet werden. Dennoch erscheint der Befund zunächst verwunderlich, da eine Studie etwa darauf hinweist, dass eine höhere Lebenszufriedenheit eher dann besteht, wenn Paare häufiger miteinander schlafen (Schmiedberg et al. 2017). Auch Muise et al. (2016) bestätigen, dass regelmäßiger Sex zu einer größeren Lebenszufriedenheit beiträgt. Allerdings galt das nur für Paare, die angegeben hatten, einmal pro Woche mit dem Partner oder der Partnerin zu schlafen. Für Befragte, die mehr als einmal in der Woche Sex mit dem Partner oder der Partnerin hatten, bestand dieser positive Einfluss auf das Wohlbefinden nicht mehr (ebd.). Schoenfeld et al. (2017) zeigen darüber hinaus, dass die tatsächliche Frequenz, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Qualität der Sexualbeziehung, keinen Einfluss mehr auf die Partnerschaftszufriedenheit hatte. Dies deutet darauf hin, dass nicht unbedingt die reine Häufigkeit ausschlaggebend für die Partnerschafszufriedenheit ist, sondern vielmehr, wie Intimität und Qualität der sexuellen Begegnungen erlebt werden (ebd.). Das heißt, eine hohe Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs geht nicht immer automatisch mit positiveren Merkmalen in der Partnerschaft einher. Besonders im Zeitraum nach dem Übergang zur Elternschaft kann im Übrigen das Thema Sex ein größeres Konfliktpotenzial in sich bergen, da viele Aspekte des Sexuallebens und der weiblichen, sexuellen Funktionsfähigkeit von den Nachwirkungen der Geburt beeinträchtigt sein können (Gutzeit et al. 2020) und das Sexualleben und die sexuelle Zufriedenheit beider Partner erstmal abflachen (McBride und Kwee 2017). Dass in den vorliegenden Daten häufigerer Geschlechtsverkehr mit negativeren Konflikt- und Kommunikationsverhaltensweisen dem Partner oder der Partnerin einherging, könnte vor diesem Hintergrund damit zusammenhängen, dass die sexuellen Begegnungen als weniger intim oder zufriedenstellend empfunden wurden, was insgesamt zu Unzufriedenheit in der Partnerschaft führte. Es bestand bei diesen Eltern offenbar eine schlechtere Passung zwischen der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs und der dabei erlebten Intimität/Qualität der sexuellen Begegnung.

Ein weiterer Befund des Modells zwischen der Irritabilität des Kindes, der Paarkommunikation und der Partnerschaftsqualität im ersten Jahr nach der Geburt (vgl. Abbildung 5.3 und Tabelle 5.5), der einer Einordnung bedarf, zeigte sich hinsichtlich des direkten Zusammenhangs zwischen einem Zusammenzug der befragten Eltern mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin und der Partnerschaftsqualität. Waren Mütter und Väter im Zuge des Übergangs zur Elternschaft in einen gemeinsamen Haushalt gezogen, hatte das einen negativen Effekt auf die Partnerschaftsqualität. Obwohl anzunehmen gewesen wäre, dass die neue Anwesenheit des anderen Elternteils im selben Haushalt einige Dinge erleichtert (z. B. Fürsorge/Betreuung des Babys, Unterstützung im Haushalt) und daher ein Entlastungsmoment schaffen sollte. Der Befund weist jedoch in die entgegengesetzte Richtung, dass der Zusammenzug in einen gemeinsamen Haushalt zusätzliche Anpassungsreaktionen in der Partnerschaft hervorrief. Sowohl Annahmen zu Entwicklungsaufgaben im Rahmen der Paarentwicklung (Schneewind und Wunderer 2013) als auch die grundlegenden Ideen des Relational Turbulence Model der Partnerschaft (Solomon 2015; Solomon und Knobloch 2004) haben den Zusammenzug eines Paares, neben der Geburt des ersten Kindes, als eine kritische Transitionsphase in der Partnerschaftsentwicklung identifiziert. Solche Übergänge in Partnerschaften erfordern eine Neuausrichtung beider Partner aneinander. Das kann Routinen, Selbstverständnisse, Erwartungen oder Verhaltensweisen umfassen (Solomon 2015). In jedem Fall stellen der Zusammenzug und die Anforderung, erst lernen zu müssen miteinander zu leben, eine gemeinsame Entwicklungsaufgabe dar, die kurzfristig Unstimmigkeiten, Konflikt- und Aushandlungspotenziale aufwerfen kann. Vor diesem Hintergrund lässt sich die reduzierte Partnerschaftsqualität jener Eltern erklären, die neben dem ohnehin schon anforderungsreichen Übergang zur Elternschaft, zusätzlich in einen gemeinsamen Haushalt gezogen waren. Für sie stellten sich viele zusätzliche Herausforderungen, die eben nicht nur die Fürsorge und Pflege des Kindes, sondern gleichzeitig auch Fragen der neuen Alltagsorganisation in einem gemeinsamen Haushalt betrafen. Das kumulierte Auftreten von Entwicklungsaufgaben (Zusammenzug, Übergang zur Elternschaft) versetzte diese Elterngruppe in eine besondere Anforderungssituation.

Geschlechterunterschiede

Mit Blick auf den Gruppenvergleich zwischen den Geschlechtern bestanden vor allem Unterschiede hinsichtlich der Paarvariablen. Während die vorgeburtliche Partnerschaftsqualität für Mütter eine signifikant höhere Vorhersagekraft für die Partnerschaftsqualität nach dem Übergang zur Elternschaft hatte (Modell mit Irritabilität des Kindes, Modell mit ängstlicher Überfürsorge), stand bei den Vätern wiederum das Konflikt- und Kommunikationsverhalten in deutlich stärkerem Zusammenhang mit der Partnerschaftsqualität im Jahr nach der Geburt als bei den Müttern (Modell mit Irritabilität des Kindes). Im nachgelagerten Modell, mit der Partnerschaftsqualität aus dem zweiten Jahr nach der Geburt, bestanden diese Geschlechterunterschiede nicht mehr. Auch im Modell mit der Überfürsorge ließ sich der Geschlechterunterschied zwischen Paarkommunikation und Partnerschaftsqualität nicht mehr ausmachen. Die Unterschiede sollten deshalb nicht überbewertet werden.

Auch wenn keine einschlägigen Forschungsbefunde vorliegen, die eine klare Einordnung dieser Unterschiede zulassen, ist zunächst daraus zu schließen, dass die vorgeburtliche Partnerschaftsqualität der Mütter stärker mit deren nachgeburtlicher Partnerschaftsqualität zusammenhing als es bei Vätern der Fall war. Ihre Partnerschaftsqualität war damit zeitstabiler als die väterliche. Aus biologischer Betrachtung entstehen für Frauen in diesem Zeitraum stärkere physische Anforderungen (Übelkeit während der Schwangerschaft, Nachwirkungen der Geburt, Stillen des Babys mehrmals pro Nacht) (Rauch-Anderegg et al. 2020), was zugleich dazu beiträgt, dass es meist Mütter sind, die nach der Geburt die Hauptlast der Fürsorge, Pflege und Betreuung des Säuglings übernehmen (Fillo et al. 2015). In dieser Anforderungssituation sind Mütter deshalb unter Umständen auf ein höheres Maß an Nähe, Verständnis und Wertschätzung des Partners angewiesen. In dieser Umbruchsphase der größeren Vulnerabilität für Mütter (physisch, hormonell, emotional) spielte die Partnerschaftsqualität für Mütter damit eine besondere Rolle und das vor- und nachgeburtliche Level waren enger aufeinander bezogen.

Dahingegen spielte für Väter das eigene Konflikt- und Kommunikationsverhalten, im ersten Jahr nach der Geburt, eine stärkere Rolle für die Partnerschaftsqualität als bei den Müttern. Das heißt, wenn es häufiger vorkam, dass Väter ihre Partnerin in einer Konfliktsituation anschrien oder beschimpften, war das bei den Vätern stärker mit einer reduzierten Partnerschaftsqualität assoziiert als bei den Müttern. Diese ungünstigen Verhaltensweisen waren bei den Vätern also relevanter dafür, dass sie das Gefühl hatten, dass die Partnerin sie weniger wertschätzte und ihnen weniger Anerkennung entgegenbrachte als dies bei den Müttern der Fall war. Im Umkehrschluss bedeutet das, selbst wenn Mütter dem Partner gegenüber in diese ungünstigen Verhaltensweisen verfielen, ging dies zwar auch mit dem Gefühl einher, weniger vom Partner gewertschätzt zu werden oder mit ihm seltener intime Gedanken und Gefühle teilen zu können, jedoch in weniger starkem Ausmaß als bei den Vätern. Eine Möglichkeit, diesen Befund einzuordnen besteht ebenfalls in der Annahme, dass diese Phase für Mütter, aufgrund der vor allem physischen Anforderungen, schwieriger ist als für Väter. Die Partnerinnen der befragten Väter wiesen in dieser vulnerablen Phase möglicherweise weniger Ressourcen auf, mit ungünstigen Kommunikationsstrategien bei Meinungsverschiedenheiten des Partners umzugehen und reagierten dementsprechend mit größerer Abwehr und Rückzug. Dies nahmen die befragten Väter als geringere Partnerschaftsqualität wahr. Verfielen die befragten Mütter hingegen in ungünstige kommunikative Verhaltensweisen, hatten die jeweiligen Partner vermutlich etwas mehr Ressourcen, dieses Verhalten aufzufangen und in den Gesamtkontext dieser schwierigen Phase einzuordnen. Aus Sicht der befragten Mütter reagierten ihre Partner daher weniger abwehrend, was sie als weniger belastend für die Partnerschaftsqualität empfanden.

Hinsichtlich der Irritabilität des Kindes und der ängstlichen Überfürsorge bestanden wiederum keine bedeutenden Geschlechterunterschiede. Das heißt, auch wenn Mütter und Väter den Übergang zur Elternschaft teilweise unterschiedlich wahrnahmen (hinsichtlich ausgewählter Aspekte in der Partnerschaft), standen höhere kindliche Anforderungen/eine größere ängstliche Überfürsorge in Bezug auf das Baby sowohl aus Sicht der Mütter als auch der Väter in Zusammenhang mit ungünstigeren Konflikt- und Kommunikationsverhaltensweisen dem Partner oder der Partnerin gegenüber, was schließlich für beide Geschlechter gleichermaßen mit einer geringeren Partnerschaftsqualität assoziiert war.

5.8.2 Diskussion der Einzelergebnisse hinsichtlich des individuellen Wohlbefindens und der Rolle des Kindes

Ziel dieser Teiluntersuchung war es, die Rolle des Kindes in Bezug auf Anpassungsleistungen individuellen Wohlbefindens am Übergang zur Elternschaft näher zu beleuchten. Obwohl in diesem Forschungsfeld viele Einzelbefunde vorliegen, wurden die identifizierten Variablenbeziehungen bisher nicht in einem gemeinsamen Modell gleichzeitig geprüft. Deshalb war es Zielstellung des Analyseteils, ein theoretisches Modell mit allen relevanten Variablenzusammenhängen aus den bisher bestehenden theoretischen und empirischen Erkenntnissen zu gewinnen, und konkret anhand der vorliegenden Daten zu prüfen.

Anpassungsleistungen des individuellen Wohlbefindens und die Rolle des Kindes

Auf übergeordneter Ebene ließ sich, mit Blick auf die Aspekte individuellen Wohlbefindens von Eltern am Übergang zur Elternschaft, erkennen, dass durchaus differenzielle Befunde zu den einzelnen Aspekten subjektiven Wohlbefindens (Lebenszufriedenheit, Depressivität, Stresserleben) vorlagen. Eine Schlussfolgerung daraus ist, dass die betrachteten Dimensionen teilweise qualitativ eigenständige Bereiche subjektiven Wohlbefindens von Müttern und Vätern abbilden. Das unterstreicht die Betrachtungsweise vieler Studien, elterliches Wohlbefinden in einem umfassenden Sinne zu begreifen und von unterschiedlichen Inhaltsdimensionen auszugehen (Nelson et al. 2014b).

Zum Vorschein kam, dass das subjektive Stresserleben nicht in direktem Zusammenhang mit den erhöhten Anforderungen des Kindes stand, sondern diese erst über die Einschätzung des kindlichen Verhaltens als subjektiv belastend, auf das Stressempfinden vermittelt wurden und es erhöhten. Dies steht in Einklang mit der zentralen Annahme der Stressforschung, dass in manchen Situationen erst spezifische Einschätzungen (Cognitive Appraisal) äußerer Anforderungen zu Stress führen und keine einfache Ursache-Wirkkette vorliegt. Anpassungsreaktionen auf äußere Ereignisse/Anforderungen hängen daher eng damit zusammen, wie sie vom Einzelnen wahrgenommen und hinsichtlich des eigenen Wohlbefindens (als bedrohlich, herausfordernd, belastend) eingeschätzt werden (Lazarus und Folkman 1984; Kaufmännische Krankenkasse 2006). Der Befund bekräftigt damit zugleich die Annahmen des Parenting Stress Models, dass der zentrale, vermittelnde Mechanismus subjektiver Einschätzungen ebenso im spezifischen Kontext von Elternschaft besteht. Bewertungen von Anforderungen (z. B. kindlichen Verhaltensweisen) werden, diesem theoretischen Modell folgend, allerdings stärker vor dem Selbstverständnis als Mutter oder Vater (der Elternrolle) evaluiert (Abidin 1992). Im Kontrast dazu waren die anderen beiden Dimensionen (Lebenszufriedenheit, Depressivität) im ersten Jahr nach der Geburt auf direkte Weise mit den kindlichen Anforderungen verknüpft. Einerseits zeigte sich damit, dass Stressoren, und hier im Spezifischen erhöhte kindliche Anforderungen, unter bestimmten Bedingungen in direktem Zusammenhang mit dem subjektiven Wohlbefinden stehen können, ohne das zwischengeschaltete (kognitive) Prozesse am Werk sind. Das kann an der Intensität der kindlichen Verhaltensanforderungen liegen, da akute Stressoren (z. B. kritische Lebensereignisse) auch zu unmittelbaren Belastungsreaktionen führen können (Luhmann et al. 2012). Andererseits kommt zum Ausdruck, dass an das Individuum gestellte Anforderungen, Aspekte subjektiven Wohlbefindens auf unterschiedliche Weise beeinflussen (Luhmann et al. 2012; Lazarus und Folkman 1984).

Für die Depressivität und Lebenszufriedenheit trat im ersten Jahr nach der Geburt darüber hinaus noch einmal stärker der bidirektionale Charakter kindlicher und elterlicher Merkmale hervor, im direkten Kontrast zu den Variablenbeziehungen im berechneten Modell zum subjektiven Stresserleben. So waren beide Aspekte des Wohlbefindens im Jahr vor der Geburt relevant für die kindliche Verhaltensanpassung im Jahr nach der Geburt, was wiederum in Zusammenhang mit dem elterlichen Wohlbefinden zu diesem Zeitpunkt stand. Auch wenn hier keine längsschnittlichen Analysen (z. B. Crosslegged Modelle) zugrunde lagen, die eine gegenseitige Beeinflussung kindlicher und elterlicher Merkmale über die Zeit dokumentieren, reihen sich die Befunde insgesamt in die bereits bekannte Erkenntnis ein, dass Verhaltensweisen und Befindlichkeiten von Kindern und Eltern eng aufeinander bezogen sind (Deater-Deckard 2004; Gross et al. 2009). Eltern und Kinder befinden sich in einem fortwährenden Prozess gegenseitiger Beeinflussung und Co-Produktion von unterschiedlichen Austauschprozessen (Verhaltensweisen, Befindlichkeiten, Umgangsformen) (Lollis und Kuczynski 1997).

Lebenszufriedenheit

Die Dimension der Lebenszufriedenheit wurde in den vorliegenden Analysen separat betrachtet, da sich im Zuge der Darstellung des Forschungsstands herauskristallisierte, dass Studien der Life-Satisfaction- und Wellbeing-Forschung am Übergang zur Elternschaft in der Regel nicht darauf eingehen, welche Rolle das Kind für die Lebenszufriedenheit spielt. Hauptanliegen des Forschungsstrangs ist es herauszufinden, inwiefern sich Elternschaft auf das Wohlbefinden auswirkt (Psychological Effects of Parenthood) (z. B. Galatzer-Levy et al. 2011). Es geht hier also vor allem um die Ermittlung des Effekts von abhängigen Kindern im Haushalt auf das Wohlbefinden beziehungsweise um den Zusammenhang zwischen Fertilität (operationalisiert am Übergang zur Elternschaft als die Geburt des ersten Kindes und weiterer Kinder) und elterlichem Wohlbefinden (z. B. Kohler und Mencarini 2016; Radó 2020; Myrskylä und Margolis 2014; Kohler et al. 2005; Baranowska und Matysiak 2011; Margolis und Myrskylä 2011; Knoester und Eggebeen 2006). Das Forschungsfeld klammert daher zumeist einschlägige Befunde zu familiären, kindlichen und elterlichen Veränderungsprozessen am Übergang zur Elternschaft aus, die vorranging unter einer psychologischen, pädagogischen, medizinischen oder sozialpädiatrischen Betrachtungsweise im Fokus stehen. Anhand der vorliegenden Analysen ließ sich nun bestätigen, dass das Kind (operationalisiert über kindliche Verhaltensanforderungen) eine Rolle für die Lebenszufriedenheit von Eltern am Übergang zur Elternschaft spielt. Es bestand der vorab angenommene direkte negative Zusammenhang zwischen erhöhten kindlichen Verhaltensanforderungen und der Lebenszufriedenheit im ersten Jahr nach der Geburt (IV). Dies bekräftigt bisherige Studienergebnisse, die untermauern konnten, dass erhöhte kindliche Anforderungen eine eigene Belastungsquelle für Eltern im Zeitraum nach der Geburt darstellen können, selbst unter Kontrolle des Ausgangsniveaus des Wohlbefindens (z. B. Radesky et al. 2013; Beck 2001). Die subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten im ersten Jahr nach der Geburt stand wiederum in keinem Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit zu diesem Zeitpunkt. Damit bestätigte sich der, für diese Zeitspanne vorab angenommene, negative Zusammenhang der subjektiven Belastung und der Lebenszufriedenheit (IV) nicht. Die erhöhten kindlichen Verhaltensanforderungen hatten in diesem Fall einen stärkeren prädiktiven Effekt auf das Wohlbefinden der Eltern als die subjektiv erlebte Belastung durch das kindliche Verhalten. Neben Veränderungen ganz unterschiedlicher Art, können neu entstehende Fürsorge-, Betreuungs- und Pflegeaufgaben hinsichtlich des Kindes herausfordernd sein, da die meisten frischgebackenen Eltern keine Erfahrung mit diesen neuen Aufgaben haben (Fillo et al. 2015). In einer früheren Studie drehten sich zum Beispiel die meisten Probleme, die bei Müttern und Vätern nach der Geburt des ersten Kindes auftraten, um das Baby selbst (kindliche Gesundheit, Entwicklung des Kindes, Schrei- und Fütterverhalten) (McKim 1987). Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass erhöhte kindliche Verhaltensanforderungen, selbst wenn sie nicht im besorgniserregenden Bereich liegen, vor allem im ersten Jahr nach der Geburt eine unmittelbare Belastungsquelle für die Lebenszufriedenheit darstellen können.

Die vorgeburtliche Lebenszufriedenheit war erwartungsgemäß ein wichtiger Prädiktor für die Lebenszufriedenheit im Jahr nach der Geburt (I) und lässt sich damit in bisherige Studienbefunde einordnen, die ebenfalls herausfanden, dass das vorgeburtliche Wohlergehen die Stimmungslage nach der Geburt maßgeblich beeinflusst (z. B. Scheyer und Urizar 2016; Kiviruusu et al. 2020). Das Ausgangsniveau der Lebenszufriedenheit hatte des Weiteren einen protektiven Charakter für Schwierigkeiten in der kindlichen Verhaltensanpassung im Jahr nach der Geburt und bestätigte damit Hypothese II. Damit zeigte sich grundsätzlich, dass das elterliche Wohlbefinden einen Schlüsselfaktor für die kindliche Entwicklung darstellt, wie auch Bertram (2011) betont.

Die vorgeburtliche Lebenszufriedenheit war entgegen der anfangs aufgestellten Hypothese nicht reduzierend mit der erlebten Belastung durch das kindliche Verhalten verbunden (III). Vielmehr wurde das erlebte Belastungsniveau im ersten Jahr nach der Geburt, wie erwartet, vor allem von den eingeschätzten erhöhten Verhaltensaspekten des Kindes selbst vorhergesagt (V) und stand in direktem Zusammenhang mit Merkmalen der Eltern und der Lebenssituation zu diesem Zeitpunkt. Für Mütter und Väter, die mit ihrem Partner/ihrer Partnerin im Verlauf des Übergangs zur Elternschaft zusammengezogen waren, offenbarte sich beispielsweise ein abmildernder Einfluss hinsichtlich des Belastungserlebens, im Gegensatz zu Eltern an deren Wohnverhältnissen oder Partnerschaftsgefüge sich nichts verändert hatte. Außerdem besaß insbesondere für Mütter durchschnittlich mehr Schlaf pro Nacht, in einer normalen Woche, einen protektiven Charakter hinsichtlich der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten, der sich bei Vätern nicht zeigte. Darüber hinaus fühlten sich höher gebildete Mütter und Väter stärker durch das kindliche Verhalten belastet als mittel bis niedrig gebildete Eltern. Die erlebte Belastung durch das kindliche Verhalten korreliert damit stärker mit individuellen Merkmalen und akuten Veränderungen am Übergang zur Elternschaft und stand vorrangig mit den mittelbaren Umständen des Übergangs zur Elternschaft in Verbindung.

Schließlich konnte der angenommene Vermittlungsmechanismus zwischen der Irritabilität des Kindes, der dadurch erlebten subjektiven Belastung und der Lebenszufriedenheit im ersten Jahr nach der Geburt nicht bestätigt werden (VII). Vielmehr ließ sich zu diesem Zeitpunkt ein vorgelagerter protektiver Charakter einer höheren Lebenszufriedenheit für die kindliche Entwicklung im ersten Jahr nach der Geburt (niedrigere Irritabilität des Kindes) ausmachen, die sich auf positive Weise auf die Lebenszufriedenheit zu diesem Zeitpunkt übertrug. Daneben erwies sich ein weiterer indirekter Effekt als relevant. Wenn Eltern auf einem hohen Ausgangsniveau in der Lebenszufriedenheit starteten und ihr Kind als weniger irritabel einschätzten, stand das zusätzlich in Zusammenhang mit einem geringeren subjektiven Belastungserleben durch erhöhte kindliche Anforderungen. Diese zwei identifizierten indirekten Effekte verweisen darauf, dass, wie bereits geschildert, insbesondere in dieser Übergangsphase kindliche und elterliche Merkmale eng miteinander verknüpft sind, wie Cattarius und Schlarb (2016) auch an der engen Verwobenheit kindlichen und elterlichen Schlafverhaltens veranschaulichen konnten. Außerdem deutet sich an, dass offenbar eine positive Einstellung und hohe Zufriedenheit dem eigenen Leben gegenüber, im Jahr vor der Geburt, wichtige protektive Faktoren sind. Auch wenn es hierzu bisher kaum einschlägige Forschungsbefunde gibt, weisen Ergebnisse von Kuile et al. (2021) auf den protektiven Charakter eines vorgeburtlich hohen subjektiven Wohlbefindens (Happiness) hin, in diesem Fall hinsichtlich eines Aspekts der Partnerschaft (Commitment). Väter, deren subjektives Wohlbefinden vor der Geburt im Schnitt höher war, erlebten nach dem Übergang zur Elternschaft eine Zunahme des Commitments ihrer Partnerin gegenüber. Während ein niedrigeres Ausgangsniveau im Lebensglück der Väter, als auch ein niedrigeres vorgeburtliches Wohlbefinden ihrer Partnerinnen, eine Abnahme des väterlichen Commitments im Zeitraum nach der Geburt begünstigten. Kuile et al. (2021) argumentieren, dass das elterliche Ausgangsniveau des persönlichen Lebensglücks (Happiness) eine psychologische Ressource im Stress- und Adaptionsprozess auf dieses kritische Lebensereignis darstellen kann. Im Stressprozess können Ressourcen unterschiedliche Hilfsmittel sein, um anforderungsreiche Phasen besser bewältigen zu können. Diese Schutzfaktoren können einerseits protektiv wirken, so dass Belastungen erst gar nicht auftreten, oder andererseits begünstigen, dass Anforderungen als weniger belastend oder bedrohlich wahrgenommen werden (Kaufmännische Krankenkasse 2006). Vor dieser Argumentationslinie lässt sich vermuten, dass mit einer höheren Lebenszufriedenheit der hier untersuchten Mütter und Väter insgesamt eine positive Lebenseinstellung einherging, die als Schutzfaktor half, den neuen Herausforderungen nach dem Übergang zur Elternschaft auf lösungsorientierte Weise zu begegnen. Wie sich zeigte, bildete diese Positivität dabei einen protektiven Ausgangspunkt für die kindliche Entwicklung. Eine Erklärung wäre, dass sich die höhere elterliche Zufriedenheit und die positive Einstellung gegenüber Herausforderungen über die Verhaltensebene auf das Kind übertrugen. Dieses war dann, aus Elternperspektive, insgesamt weniger irritabel, wenn Eltern über eine höhere Lebenszufriedenheit im Ausgangsjahr berichteten. Die geringere Irritabilität des Kindes wiederum war relevant dafür, dass sich Eltern subjektiv weniger durch das kindliche Verhalten belastet fühlten, zugleich war sie mit einer höheren Lebenszufriedenheit im Jahr nach der Geburt assoziiert. Ein höheres Ausgangsniveau in der Lebenszufriedenheit unterstützte womöglich ebenfalls eine positive Sichtweise auf das Kind und die neuen Anforderungen im Jahr nach der Geburt.

Interessanterweise trat der vorab angenommene Vermittlungsmechanismus der Irritabilität des Kindes, über die dadurch tatsächlich empfundene Belastung, auf die Lebenszufriedenheit erst im nachgelagerten Modell auf. Das heißt, während eine erhöhte Irritabilität des Kindes im ersten Jahr nach der Geburt mit einer gedämpften Lebenszufriedenheit zu diesem Zeitpunkt verknüpft war, erfuhr die Lebenszufriedenheit ein Jahr später eine Reduzierung, wenn es im Jahr nach der Geburt zu einer erhöhten Belastung durch diese Verhaltensanforderungen gekommen war. Die Irritabilität des Kindes im ersten Lebensjahr stand damit in keinem direkten Zusammenhang mehr mit der Lebenszufriedenheit ein Jahr später. Das empfundene Belastungsniveau durch die Irritabilität des Kindes entfaltete seinen dämpfenden Charakter, in Bezug auf die Lebenszufriedenheit, erst mit einer gewissen Zeitversetzung. Dies spricht dafür, dass sich bestimmte Belastungsmechanismen über die Zeit entwickeln. Aus einer Stressperspektive ist bekannt, dass bestimmte Anpassungs- und Belastungsreaktionen unmittelbar nach dem Auftreten von Stressoren oder belastenden Bedingungen auftreten, während andere Reaktionen einige Zeit benötigen, um zu entstehen (Pearlin 2010). Anzunehmen wäre daher, dass sich das erste Jahr der Eltern vorrangig um das Neugeborene drehte und jene Eltern einen direkten Dämpfer ihres Wohlbefindens erlebten, wenn das Kind häufiger schrie und sich seltener wirklich gut beruhigen ließ. Diese Anforderungssituation stand dann bei jenen Müttern und Vätern in längerfristigem Zusammenhang mit dem Wohlergehen, wenn sie diese erste Zeit gleichzeitig als belastender erlebten. War das Kind im ersten Jahr nach der Geburt insgesamt irritabler, musste das auf der anderen Seite allerdings nicht automatisch bedeuten, dass diese größeren Anforderungen auch noch mit einer niedrigeren Lebenszufriedenheit im zweiten Jahr nach der Geburt verbunden waren, sondern erst dann ein längerfristiger Zusammenhang bestand, wenn das Verhalten des Kindes im Jahr nach der Geburt tatsächlich als subjektiv belastender empfunden wurde.

Depressivität

Für die Depressivität erwies sich ebenfalls der vorab angenommene prädiktive Charakter der vorgeburtlichen Depressivität auf die Depressivität bis zu zwei Jahre später als statistisch relevant (I). Ebenso bestand die vorab erwartete positive Verknüpfung zwischen einer höheren vorgeburtlichen Depressivität und einer erhöhten Irritabilität des Kindes (II). Entgegen der vorab formulierten Erwartung eines positiven Zusammenhangs zwischen der vorgeburtlichen Depressivität und der subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten (III) ließ sich, genauso wie für die Lebenszufriedenheit, kein bedeutender Zusammenhang erkennen. Analog zur Lebenszufriedenheit war eine erhöhte Irritabilität des Kindes mit einem höheren subjektiven Belastungserleben durch die kindlichen Anforderungen verbunden (V). Anders als im Modell zur Lebenszufriedenheit bestätigte sich nun sowohl ein direkter Zusammenhang zwischen der Irritabilität des Kindes und der Depressivität (IV) als auch zwischen der subjektiven Belastung und diesem Wohlbefindensaspekt (VI). Mit Blick auf die direkten Effekte trat damit zum Vorschein, dass sowohl die objektiv eingeschätzten Verhaltensaspekte des Kindes als auch die subjektive Erlebensebene dieser erhöhten Anforderungen, eine Rolle für die Depressivität im Jahr nach der Geburt spielten. Mütter und Väter gerieten in ein (mildes) Stimmungstief, wenn ihr Kind aus ihrer Perspektive irritabler war, selbst unter Berücksichtigung des erlebten Belastungsniveaus aufgrund der Verhaltensanforderungen. Zugleich gingen etwas höhere Werte auf der Skala mit einem höheren Belastungserleben einher, unter Kontrolle der Verhaltenscharakteristika.

Die angenommene Mediationsannahme der Übertragung einer erhöhten kindlichen Irritabilität, über die tatsächlich subjektiv erlebte Belastung auf die Depressivität im ersten Jahr nach der Geburt (VII), bestätigte sich nicht. Allerdings trat auch hier die enge Bezogenheit kindlicher und elterlicher Merkmale hervor, da höhere Werte auf der Skala der Depressivität vor dem Übergang zur Elternschaft insgesamt mit einer höheren Irritabilität des Kindes nach der Geburt einherging was einerseits mit höheren Werten auf der Depressivität und andererseits mit einer größeren subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten im Jahr nach der Geburt assoziiert war. Auch wenn nur halblängsschnittliche Befunde vorliegen, steht dies grundsätzlich in Einklang mit bisherigen Studienergebnissen, die sich mit der gegenseitigen Bezüglichkeit kindlicher und elterlicher Merkmale im Kontext einer elterlichen depressiven Symptomatik auseinandergesetzt haben. Bekannt ist, dass sich elterliche Depressivität und kindliche Anpassungsschwierigkeiten kaskadisch verhalten und gegenseitig bedingen, selbst wenn Einschätzungen anderer Beobachter (z. B. Lehrerangaben, anderer Bezugspersonen des Kindes) zu kindlichen Verhaltensauffälligkeiten herangezogen werden (Gross et al. 2009; Gross et al. 2008). Eine depressive Verstimmung strahlt oftmals auf die Eltern-Kind-Interaktion aus und den betroffenen Müttern (Väter werden in diesem Kontext weniger untersucht) gelingt es nicht, feinfühlig auf die Bedürfnisse und Emotionen des Babys zu reagieren, was wiederum Auswirkungen auf das kindliche Verhalten hat und daher einen Risikofaktor für die kindliche Entwicklung darstellt (Reck 2014). Gleichzeitig kommt es in so einer Situation oftmals dazu, dass das Verhalten des Kindes auf einer Erlebensebene insgesamt als schwieriger oder belastender wahrgenommen wird (Field et al. 1993). Starteten Mütter und Väter bereits vor der Geburt mit höheren Depressivitätssymptomen, bereitete das einen ungünstigen Entwicklungshintergrund für das Kind im Jahr nach der Geburt. Dieses wies dann, aus Perspektive der Eltern, etwas größere Schwierigkeiten in der Verhaltensanpassung auf. Das stand wiederum in Zusammenhang mit einem größeren Belastungserleben und höheren Werte auf der Depressionsskala.

Es bestanden keine direkten oder indirekten nachgelagerten Zusammenhänge zwischen der Irritabilität des Kindes und/oder der dadurch erlebten subjektiven Belastung auf die Depressivität, obwohl die bisherigen Ergebnisse die enge Verwobenheit kindlicher Verhaltensaspekte und elterlicher Depressivität hervorhoben. Kindliche Anforderungen und deren Intensität verändern sich allerdings innerhalb der ersten Monate stetig und variieren je nach den individuellen Gegebenheiten des Kindes. Womöglich war die Depressivität im zweiten Jahr nicht mehr mit den kindlichen Anforderungen des ersten Lebensjahres und/oder der dadurch erlebten Belastung verknüpft, weil sich die Situation mit dem Baby verändert hat. Vor der schnellen Veränderung kindlicher Verhaltenscharakteristika wäre daher anzunehmen, dass die Depressivität vorrangig mit aktuellen kindlichen Merkmalen korreliert, während nachgelagerte Effekte eine untergeordnete Rolle spielen. In einem vertiefenden Analyseschritt konnten dafür erste Hinweise gesammelt werden.

Stress

Für das Stresserleben erwies sich der vorab angenommene prädiktive Charakter des vorgeburtlichen Stresserlebens auf das Stresserleben ein Jahr später als statistisch relevant (I). Dabei kam ein bedeutender Geschlechterunterschied zum Vorschein. Das Stresserleben der Väter im Jahr nach der Geburt hing stärker mit ihrem vorgeburtlichen Stressniveau zusammen als das bei den untersuchten Müttern der Fall war. Bei Mütter erwiesen sich die Bedingungen im Jahr nach der Geburt (Belastungserleben durch erhöhte kindliche Anforderungen, durchschnittlicher Nachtschlaf) als bedeutsamer, im direkten Kontrast zum Stresserleben des Vorjahres. Stress setzte sich für sie über diese zwei Messzeitpunkte nicht automatisch fort, sondern war voranging mit den akuten Anforderungen nach dem Übergang zur Elternschaft verknüpft. Das väterliche Stresserleben stand zwar mit denselben Anforderungen in Zusammenhang, war insgesamt jedoch zeitstabiler, da ihr vorgeburtliches Niveau, das nachgeburtliche Level stärker vorhersagte. Dass das Stresserleben der Mütter insgesamt weniger mit dem Ausgangsniveau, sondern vor allem mit den akuten Anforderungen nach dem Übergang zur Elternschaft zusammenhing, lässt sich unter anderem vor dem Hintergrund erklären, dass insbesondere Mütter während dieser Phase, durch neu auftretende Bedingungen, gefordert werden. Einerseits, weil für sie tiefgreifende physische und hormonelle Herausforderungen entstehen (Nachwirkungen der Geburt, verändertes Körpergefühl, Hormonschwankungen) (für einen Überblick siehe z. B. McBride und Kwee 2017) und andererseits, da sie durch das Stillen, mehrmaliges Aufwachen pro Nacht, damit einhergehenden Schlafdefiziten, aber auch fehlender Erfahrung mit Fragen rund um das Stillen und der richtigen Pflege des Säuglings (zu häufig auftretenden Problemen in der postpartalen Phase siehe z. B. Kanotra et al. 2007) unmittelbar mit neuen Fragen konfrontiert sind. Diese Herausforderungen können im ersten Jahr nach der Geburt auch für jene Mütter ein höheres Stresserleben bedeuten, die sich vor dem Übergang zur Elternschaft noch nicht in einer erhöhten Stresssituation befanden. Für Mütter erwies sich der erlebte Stress daher als ein weniger zeitstabiles und vielmehr den situativen Bedingungen des Übergangs zur Elternschaft unterlegenes Merkmal.

Für Väter ist diese Phase ebenso mit tiefgreifenden Veränderungen verbunden, da sie neue Stressoren erleben (z. B. finanzielle Sorgen, Sorgen um das Wohlergehen und die Gesundheit des Babys) (Pollock et al. 2005). Insgesamt fand der erlebte Stress seine Ursprünge für sie jedoch, neben diesen akut auftretenden Anforderungen, stärker im vorgeburtlichen Stresserleben. Unter Umständen, weil sich für Väter bestimmte Stressoren über diese kritische Transitionsphase fortsetzten (z. B. berufliche Anforderungen) oder intensivierten und daher bereits vorher gestresste Väter mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nach dem Übergang zur Elternschaft ein erhöhtes Stresserleben aufwiesen.

Im direkten Vergleich der Vorhersagekraft des jeweiligen Ausgangsniveaus des individuellen Wohlbefindens im Jahr vor der Geburt, auf das Wohlbefinden bis zu zwei Jahre nach der Geburt, zeigte sich, dass vor allem die Depressivität ein zeitlich stabileres Merkmal war, im Kontrast zur Lebenszufriedenheit und dem allgemeinen Stresserleben. Zwar waren situative Bedingungen nach dem Übergang zur Elternschaft ebenfalls relevant für eine mütterliche oder väterliche depressive Verstimmung, jedoch blieb das vorgeburtliche Niveau, unter Kontrolle aller weiteren Variablen, der stärkste Prädiktor. Das liegt daran, dass die hier erfasste Depressivität eine Trait Variable abbildet (Thönnissen et al. 2020). Sie spiegelt damit ein zeitstabiles Merkmal und keinen aktuellen Zustand wider (Spaderna et al. 2002). Die Idee dahinter ist, dass das Wohlbefinden und die psychische Verfasstheit von Individuen zeitstabile Merkmale aufweist (Eigenschaften, Dispositionen), die weniger von situativen Umständen abhängen (Traits). Während andere Merkmale des Befindens (Zustände, Stimmungslagen, aktuelles Befinden auch bezeichnet als States) abhängig sind von bestimmten Situationen und damit Schwankungen unterlegen sein können (Kelava und Schermelleh-Engel 2012). Diese grundsätzliche Unterscheidung spiegelt sich in den Befunden wider, da die Lebenszufriedenheit und das Stresserleben insgesamt weniger stark vom jeweiligen Ausgangsniveau vorhergesagt wurden als die Depressivität. Es ist davon auszugehen, dass diese beiden Inhaltsdimensionen subjektiven Wohlbefindens stärker zeitvariabel und in die punktuellen Veränderungen dieser Zeitphase eingebettet sind als die Depressivität der Eltern.

Mit Blick auf die vorab formulierten Annahmen, bestanden keine der erwarteten positiven Verknüpfungen zwischen einem höheren vorgeburtlichen Stresserleben und einer erhöhten Irritabilität des Kindes (II) sowie einer höheren subjektiven Belastung durch das kindliche Verhalten (III). Analog zu den bisherigen Ergebnissen war eine erhöhte Irritabilität des Kindes mit einem höheren subjektiven Belastungserleben durch diese kindlichen Anforderungen verbunden (V). Schließlich bestand kein direkter Zusammenhang zwischen der Irritabilität des Kindes und dem Stresserleben (IV). Das Stresserleben war, wie zuvor angenommen, direkt positiv mit der subjektiven Belastung assoziiert (VI). Für das elterliche Stresserleben ließ sich die aufgestellte Mediationsannahme (VII) bestätigen. Eine erhöhte Irritabilität des Kindes war nicht automatisch relevant für ein höheres Stressempfinden, sondern wurde über das tatsächliche Belastungserleben auf den erlebten Stress vermittelt.

Insgesamt handelte es sich jedoch um geringe indirekte Effekte, so dass auch hier davon auszugehen ist, dass die untersuchten Variablen nur einen kleinen Ausschnitt der komplexen Anpassungsleistungen am Übergang zur Elternschaft abbilden. Wie Lévesque et al. (2020) in einer qualitativen Studien mit Elterninterviews herausarbeiten, unterliegen viele Lebensbereiche tiefgreifenden Veränderungen und es müssen viele Themen auf Individual- als auch Partnerebene bearbeitet werden. Etwa das Gefühl, seine eigene Identität als Individuum ein Stück weit aufzugeben, keine Zeit mehr für sich oder soziale Kontakte zu haben, die neue Rolle als Mutter oder Vater zu übernehmen, dabei die Bedürfnisse des Kindes zu erfüllen und gleichzeitig in einer romantischen Beziehung zu sein, innerhalb der Partnerschaft eine faire Balance in der Aufteilung der Pflege und Betreuung des Kindes zu finden und eine Identität als kompetente Mutter oder Vater zu entwickeln, entgegen der vielen von außen gestellten sozialen Normen und Erwartungen (ebd.). All diese Faktoren spielen eine Rolle für das subjektive Wohlbefinden, vor allem in diesem ersten Jahr, und machen deutlich, dass die hier ausgewählten Variablen nur eine begrenzte Erklärkraft hinsichtlich des elterlichen Wohlbefindens besitzen.

Bedingungen elterlichen Wohlbefindens

Die Ergebnisse des Analyseteils zum individuellen Wohlbefinden bestätigten teilweise, dass Aspekte des individuellen Wohlbefindens, die kindliche Verhaltensanpassung (aus Elternperspektive) und die subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten, mit zentralen Rahmenbedingungen der elterlichen und familiären Situation am Übergang zur Elternschaft korrelierten. So entpuppte sich die subjektive finanzielle Belastung als vulnerabilisierende Variable, die nicht nur mit einer geringeren allgemeinen Lebenszufriedenheit verknüpft war, sondern in diesem berechneten Modell auch mit einer etwas stärkeren Irritabilität des Kindes in Zusammenhang stand. Das bestätigt die grundsätzlichen Annahmen des Family Stress Models (Conger und Donnellan 2007; Conger et al. 2010; Conger et al. 1992), dass ökonomische und finanzielle Schwierigkeiten unterschiedliche Auswirkungen auf das gesamte Familiensystem oder Teilsysteme der Familie haben können und dabei vor allem die subjektiv erlebte Belastung durch eine schwierige finanzielle Situation relevant für das Wohlbefinden der Eltern ist, gleichzeitig aber auch den Entwicklungshintergrund für das Kind mitabsteckt (Elder et al. 1992; Conger und Donnellan 2007). Eine objektiv schwierige ökonomische Lage (hohe Schuldenlast, geringes Einkommen) führt, dem Modell nach, zu finanziellen Sorgen (z. B. für wichtige materielle Dinge nicht aufkommen zu können wie Nahrung oder Kleidung, Sorgen Rechnungen nicht bezahlen zu können, weil das Geld am Ende des Monats nicht ausreicht). Dies wiederum schafft den Ausgang für Belastungsprozesse innerhalb der Familie (Conger und Donnellan 2007). Die Ergebnisse stehen in Einklang mit der grundsätzlichen Annahme, dass vor allem die subjektive Erlebensdimension finanzieller Knappheit ein wichtiger Ausgangspunkt elterlichen, aber auch kindlichen Wohlbefindens darstellt.

Eine wichtige Ressource stellte der durchschnittliche Nachtschlaf in einer normalen Woche dar. So berichteten Eltern, die durchschnittlich mehr Stunden pro Nacht schliefen über ein geringeres allgemeines Stresserleben und insbesondere Mütter über eine geringere subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten. Grundsätzlich stehen wiederkehrende Unterbrechungen und Störungen des elterlichen Nachtschlafs und damit einhergehende Müdigkeit im Zeitraum nach der Geburt, in Zusammenhang mit unterschiedlichen Schwierigkeiten wie schlechter Laune, Gereiztheit, niedrigerer Partnerschaftszufriedenheit, Einschränkungen in der kognitiven Aufnahmefähigkeit oder geringerer Geduld dem Partner gegenüber (Medina et al. 2009; Bhati und Richards 2015). Dabei ist das Schlafverhalten der Eltern (wie viel Eltern nach der Geburt schlafen, wie viele Störungen oder Unterbrechungen auftreten) eng mit dem kindlichen Schlafverhalten und kindlicher Charakteristika (Schrei- oder Fütterstörungen) verknüpft (Cattarius und Schlarb 2016). Überdies ergeben sich Schlafunterbrechungen meist in besonderem Ausmaß für Mütter, da diese vorrangig mit dem nächtlichen Aufwachen, Pflegetätigkeiten und dem Stillen des Neugeborenen in Verbindung stehen (Hunter et al. 2009). Bei Müttern, die mehr Stunden pro Nacht schliefen, lag daher mit hoher Wahrscheinlichkeit eine größere Passung zwischen kindlichen Anforderungen und dem eigenen Schlaf vor (weil das Baby z. B. längere Schlafphasen am Stück zuließ). Dies wiederum schuf wichtige Gelegenheiten der Regeneration für Mütter und stand daher in engem Zusammenhang mit einem geringeren Belastungserleben durch die kindlichen Verhaltensanforderungen. Des Weiteren ist anzunehmen, dass Eltern, die mehr Schlaf pro Nacht bekamen, ein geringeres subjektives Stresserleben aufwiesen, weil sie sich insgesamt besser von den Strapazen des Übergangs zur Elternschaft erholen konnten und sich daher in einer besseren Grundverfassung befanden (z. B. weniger gereizt waren, sich insgesamt wohler und fitter fühlten).

In Bezug auf die subjektive Belastung durch das kindliche Verhalten, erwies sich ein Zusammenzug mit dem Partner oder der Partnerin im Zeitraum des Übergangs zur Elternschaft als hilfreich für Eltern, die zuvor noch nicht mit dem Partner oder der Partnerin in einem gemeinsamen Haushalt lebten. Auch wenn ein Zusammenzug auf der einen Seite mit größeren Anpassungsleistungen innerhalb der Partnerschaft einherging, entfaltete er offenbar auf individueller Ebene ein Entlastungspotenzial. Möglicherweise, weil die Unterstützung und physische Anwesenheit des Partners oder der Partnerin als stärker entlastend wahrgenommen wurde, da sie ungewohnt und neu war, im Vergleich zu Eltern, an deren Partnerschaftsgefüge sich nichts verändert hatte. Jedoch bestehen keine einschlägigen Befunden, die diese Annahme stützen könnten, insofern ist weitere Forschung erforderlich, inwiefern ein Zusammenzug mit dem Partner oder der Partnerin, im Zuge des Übergangs zur Elternschaft, relevant für unterschiedliche Aspekte subjektiven Wohlbefindens ist.

Schließlich fühlten sich höher gebildete Eltern stärker subjektiv durch Verhaltensanforderungen des Kindes belastet. Vor dem Verständnis, dass Bildung eine Ressource für bestimmte Wohlbefindensaspekte darstellen kann (Education as Resource) (Nomaguchi und Brown 2011), wäre eigentlich die andere Wirkrichtung erwartbar gewesen, dass sich höher gebildete Eltern insgesamt weniger durch die kindlichen Anforderungen belastet fühlen. Die dahinterstehende Annahme ist, dass eine höhere Bildung mit unterschiedlichen sozialen, ökonomischen und personalen Ressourcen einhergeht, die eine protektive Wirkung gegenüber unterschiedlichen Stressoren besitzen. Demnach geraten höher gebildete Mütter insgesamt weniger in die Lage, sich Sorgen um die Entwicklung und das Wohlbefinden des Kindes machen, da ihnen vielfältigere Ressourcen zur Verfügung stehen, um ihr Kind zu schützen. Zugleich erleichtert eine bessere Ressourcenausstattung die Erziehung und Betreuung des Kindes, so dass höher gebildete Eltern den Lebenssinn (Meaning of Life), den Kinder mit sich bringen besser wahrnehmen und wertschätzen können (Nomaguchi und Brown 2011). Dass höhere Bildung im Schnitt jedoch mit einer größeren subjektiven Belastung durch die Irritabilität des Kindes einherging, lässt sich eher mit dem Verständnis der Education as Parenting Demands (Nomaguchi und Brown 2011) in Einklang bringen. Diese Sichtweise geht davon aus, dass höhere Bildung sowohl mit positiven als auch ungünstigen Elternschaftserfahrungen einhergeht. Höher gebildete investieren mehr in ihre Kinder, wollen diese bestmöglich fördern und fordern und sind in ihrer Erziehung stärker kindzentriert. Dies kann einerseits Druck und Angst erzeugen, aufgrund der hohen Selbstaufgabe, andererseits aber auch größere emotionale Nähe zum Kind schaffen (Nomaguchi und Brown 2011). Ergebnisse von Merkle und Wippermann (2008) deuten ebenfalls in diese Richtung. In ihrer Studie untersuchten sie Selbstverständnisse, Befindlichkeiten und Elternschaftserfahrungen von Eltern unterschiedlicher sozialer Milieus und kamen zu dem Schluss, dass Eltern der Oberschicht bis oberen Mittelschicht, mit einem meist hohen Bildungsniveau (Etablierte, Postmaterielle), in besonderem Maße in die Betreuung, Förderung und Erziehung ihrer Kinder investieren. Für die Gruppe der etablierten Eltern sprechen sie beispielsweise von ambitionierter Erziehungsarbeit (Merkle und Wippermann 2008). Demnach informieren sich Mütter dieses Milieus von Beginn an anhand von Ratgebern und Fachliteratur über die Entwicklung des Kindes oder über Erziehungsstrategien und möchten dem Kind die bestmögliche Erziehung, Förderung und Betreuung bereitstellen. Zugleich steht für sie die Entwicklung des Kindes im Vordergrund, mit dem Ziel, Entwicklungsdefizite frühestmöglich zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. Bei postmateriellen Eltern, die ebenfalls einer höheren Bildungsschicht angehören, sprechen sie wiederum von selbstkritischer Erziehungsarbeit (Merkle und Wippermann 2008). Diese Eltern haben hohe Ansprüche an ihre eigene Erziehungsleistung und legen viel Wert auf umfassende Informationen (Fachliteratur, Bücher, Zeitschriften, Austausch mit anderen Eltern) und eine gute Vorbereitung, bereits vor der Geburt des Kindes. Erziehung bedeutet für sie eine verantwortungsvolle Aufgabe, die es verlangt, sich immer wieder selbstkritisch zu hinterfragen, ob Handlungen, Reaktionen oder Verhaltensweisen in der Erziehung richtig oder angemessen sind (ebd.). Ausgehend von diesen Erkenntnissen wäre eine Einordnung des Bildungseffekts, dass höher gebildete Eltern den Übergang zur Elternschaft mit Bedacht angehen. Sie wollen vorbereitet sein, informieren sich über die Entwicklung des Kindes in unterschiedlichen Altersphasen und beschäftigen sich mit Fragen der richtigen Erziehung, Fürsorge und Betreuung des Kindes. Allerdings geraten sie deshalb auch eher in die Situation, sich verunsichern zu lassen, wenn etwa das Verhalten des Kindes nicht mit dem angeeigneten Wissen übereinstimmt. Das löst Unsicherheiten aus, etwas falsch zu machen. Eine Erklärung wäre daher, dass insbesondere höher gebildete Eltern stärker subjektiv durch Verhaltensaspekte des Kindes belastet waren, weil sie sich insgesamt stärker unter Druck setzten, alles richtig zu machen, Entwicklungsschwierigkeiten rechtzeitig zu erkennen oder die Bedürfnisse des Kindes richtig zu deuten.

Geschlechterunterschiede

Zwischen den relevanten Studienvariablen im Kontext des individuellen Wohlbefindens von Eltern bestanden kaum bedeutende Geschlechterunterschiede. Dies deutet daraufhin, dass das subjektive Wohlbefinden beider Geschlechter am Übergang zur Elternschaft von Anpassungsleistungen betroffen ist. Berichteten Mütter und Väter beispielsweise darüber, dass ihr Kind häufiger schrie oder sich seltener beruhigen ließ, war das für beide Geschlechter relevant für das Wohlbefinden. Damit stehen die Befunde grundsätzlich in Einklang mit dem Verständnis, dass der Übergang zur Elternschaft nicht nur für Mütter von Bedeutung ist, sondern auch für Väter Einschnitte, Freuden und neue Herausforderungen mit sich bringt. Es ist daher wichtig, Befindlichkeiten, Stimmungslagen und Einschränkungen subjektiven Wohlbefindens (z. B. einer postpartalen Depression) von Vätern im Blick zu behalten, so dass auch ihnen gezielt Unterstützung angeboten werden kann (Bruno et al. 2020; Eddy et al. 2019; Pollock et al. 2005). In einer qualitativen Studie fanden es Väter beispielsweise frustrierend, dass sie auf wenig gezielte Informationen und Unterstützung zurückgreifen konnten, und nicht in ausreichendem Maße bei Vor- und Nachsorgeuntersuchungen oder Terminen rund um die Geburt und das Neugeborene adressiert wurden. Das löste bei ihnen das Gefühl aus, eher Zuschauer (Bystander) als aktiv involvierter Teil des Übergangs zur Elternschaft zu sein (Deave und Johnson 2008). Damit stehen die Ergebnisse entgegen der oft impliziten, sozial normierten Annahme, dass Mütter stärker vom Übergang zur Elternschaft betroffen sind (z. B. durch natürliche physische Aspekte wie die Geburt selbst, das Stillen des Babys) (Brandel et al. 2018) – und angewandt auf den vorliegenden Fall – stärker von den Anforderungen des Babys gefordert werden. Der Übergang zur Elternschaft ist vielmehr für beide Geschlechter eine Phase größerer Anpassungsleistungen und Veränderungen, die von Müttern als auch Vätern verlangt, sich zum Beispiel auf die neuen Bedürfnisse des Kindes aber auch der Partnerin oder des Partners einzustellen (Eickhorst und Scholtes 2014). Damit bestätigte sich, wie auch schon in der ersten Teilstudie, dass Elternschaft kein Lebensereignis ist, dass vorranging Auswirkungen auf Mütter hat, sondern eine ebenso zentrale Bedeutung im Leben von Vätern spielt. Überdies stellen die Entwicklung oder Anforderungen des Kindes, genauso wie für Mütter, wichtige Eckpfeiler des subjektiven Wohlbefindens von Vätern dar. In einer qualitativen Studie berichteten Väter etwa, in Einklang mit dieser Beobachtung, dass zentrale Stressoren nach dem Übergang zur Elternschaft für sie ebenfalls darin bestanden, nicht zu wissen, was das Baby brauchte oder sich um die Gesundheit des Neugeborenen zu sorgen (Pollock et al. 2005).

5.8.3 Grenzen der Analysen im Rahmen von Teilstudie II

Die Analysen basieren grundsätzlich auf einer selektiven Stichprobe und sind nicht repräsentativ für alle Eltern in Deutschland nach dem Übergang zur Elternschaft, da beispielsweise Eltern mit einem geringeren sozioökonomischen Status seltener in der Stichprobe vertreten waren. Die Ergebnisse müssen daher im Hinblick auf die Charakteristika der zugrundeliegenden Stichprobe interpretiert werden und können keine Grundlage für verallgemeinernde Aussagen bilden. Weiterhin lassen sich die vorliegenden Daten als halblängsschnittlich (half-longitudinal) (Maxwell und Cole 2007) einordnen, was mit unterschiedlichen Einschränkungen einhergeht. Einerseits können bestimmte Mediationsmechanismen meist erst über die Zeit aufgedeckt werden, da sich bestimmte Übertragungen erst im Zeitverlauf ergeben (Maxwell et al. 2011), wenn sich Verhaltensweisen oder Interaktionen stabilisieren. Diese Perspektive war mit den vorliegenden Daten nur bedingt möglich, da ein primäres Erkenntnisinteresse auf dem ersten Jahr nach der Geburt und damit auf der Zeit direkt nach dem Übergang zur Elternschaft lag. Wäre ein autoregressives Mediationsmodell für längsschnittliche Daten, wie es Maxwell et al. (2011) konzipiert haben, zum Einsatz gekommen, das mindestens drei aufeinanderfolgende Messungen der Prädiktoren, Mediatoren und der abhängigen Variable voraussetzt, wären bestimmte Fallstricke entstanden. Der Übergang zur Elternschaft, mit jeweils einer Messung vor der Geburt und zwei Messungen in den zwei nachfolgenden Jahren, hätte nicht mitberücksichtigt werden können, da das vorgeschlagene Modell Informationen aller Variablen zu allen Erhebungszeitpunkten voraussetzt. Informationen zum kindlichen Verhalten/der ängstlichen Überfürsorge lagen jedoch zum ersten Messzeitpunkt vor der Geburt nicht vor. Als Alternative hätte sich das längsschnittliche Mediationsmodell für die drei Jahre nach der Geburt des ersten Kindes darstellen lassen können, ohne den Übergang zur Elternschaft explizit mit zu berücksichtigen. Allerdings hätte die Datenstruktur dann insgesamt große Zeitabschnitte umfasst, die bis ins Kleinkindalter des Kindes hineingereicht und nicht mehr die Phase des Übergangs zur Elternschaft oder die Herausforderungen in der Zeit nach der Geburt des ersten Kindes abgebildet hätten. Damit hätte sich die Forschungsfrage auf Beeinflussungsprozesse zwischen Eltern und Kindern in den ersten drei Jahren nach der Geburt verlagert. Insofern wurde sich für den Tradeoff entschieden, nur ein halblängsschnittliches Modell zu verwenden, welches einen expliziten Blick auf die Variablenzusammenhänge direkt am Übergang zur Elternschaft erlaubt. Ein möglicher Ansatz für nachfolgende Forschung, spezifisch am Übergang zur Elternschaft, um stabilere Mechanismen und Variablenzusammenhänge über die Zeit zu prüfen, könnte darin bestehen, auf kürzere Zeitintervalle zurückzugreifen. Zum Beispiel auf monatliche Abfragen oder auf vier Messzeitpunkte im ersten Jahr nach der Geburt, in Abständen von drei Monaten. Ein solches Design ermöglicht es, die sich schnell verändernden Anforderungen des Kindes und Belastungen der Eltern, in diesen ersten Monaten einzufangen und stabile Dynamiken, aber sich auch nach einer bestimmten Zeit auflösende Zusammenhänge kindlicher und elterlicher Charakteristika genauer nachzuzeichnen. Weiterhin eignet sich die Betrachtung bidirektionaler Einflüsse (z. B. elterlicher und kindlicher Merkmale) vorrangig in längsschnittlichen Designs, z. B. mittels eines Crosslegged Models (siehe dazu z. B. Acock 2013). Diese Modelle ermöglichen es, durch zeitlich vorgelagerte Effekte, gezieltere Aussagen darüber zutreffen, welche der Variablen eher Ursache und welche eher Wirkung ist (Maxwell et al. 2011). Beispielsweise lässt erst eine längsschnittliche Betrachtung kindlicher und elterlichen Merkmale über mehrere Messzeitpunkte hinweg einen Schluss zu, inwiefern sich kindliche und elterliche Charakteristika bidirektional beeinflussen. Insofern kann unter einer querschnittlichen oder halblängsschnittlichen Perspektive keine Aussage darüber getroffen werden, welche Ebene die andere beeinflusst. Es ist lediglich von Zusammenhängen der Variablen untereinander zu sprechen. Die vorliegenden Ergebnisse müssen vor diesem Hintergrund vorsichtig interpretiert und dürfen nicht als Kausalbeziehungen verstanden werden.

Des Weiteren muss darauf verwiesen werden, dass neben dem spezifizierten Modell zumeist eine bestimmte Anzahl an Alternativmodellen besteht, die die Daten ähnlich gut abgebildet hätten (McDonald und Ho 2002). Daher ist immer davon auszugehen, dass das vorgeschlagene Modell eine Möglichkeit neben anderen Erklärversuchen darstellt, soziale Wirklichkeit greif- und beschreibbar zu machen und die Ergebnisse daher nur eine begrenzte Erklärkraft besitzen. Schließlich liegt eine Limitation sicherlich auch in den erfassten Konstrukten, die aufgrund ökonomischer Überlegungen teilweise abgeänderte und kürzere Versionen im Vergleich zu den Originalskalen darstellten. Dies verursacht immer Messungenauigkeiten, die bei der Interpretation der Ergebnisse als Reflexionsfolie mitgedacht werden müssen, wie auch Huss und Pollmann-Schult (2020) zu bedenken geben. Sie stießen in ihrer Studie auf ähnliche Probleme. Ähnlich wie in Teilstudie I bestanden außerdem, hinsichtlich der Einschätzung des Kindes (kindliche Verhaltenscharakteristika, subjektive Belastung) Reliabilitätsprobleme, so dass auf keine geprüften, validierten Skalen zurückgegriffen werden konnte.

Überdies wurde ausschließlich auf Einschätzungen der Eltern selbst zurückgegriffen, was insbesondere hinsichtlich der Verhaltensanforderungen des Kindes ein gewisses Bias erzeugt. Aus einem systemisch-konstruktivistischen Verständnis heraus bedeutet das, dass Beobachtungen, Einschätzungen und Bewertungen, selbst objektiven Verhaltens, niemals vom Beobachter losgelöst werden können. Damit kommt der Person, die eine Wirklichkeitsbeschreibung vornimmt, eine konstruierende Rolle zu (Simon 2013). Das heißt, wie etwas beobachtet oder eingeschätzt wird, hängt von der Logik und dem Wahrnehmungsapparat des Beobachters (hier: den befragten Müttern und Vätern) ab (Hosemann und Geiling 2013). Für Elternangaben über kindliche Verhaltensweisen bedeutet das, dass die Einschätzung dieser immer vor der Logik, dem Verständnis und der Verfasstheit der Eltern selbst geschieht. Eine andere Person (z. B. Kinderarzt, Hebamme) könnte hinsichtlich der Verhaltenscharakteristika des Babys, anhand festgelegter Einschätzungskriterien, auch zu einem anderen Schluss kommen. Eine Konsequenz kann sein, dass das Kind, in der vorliegenden Studie, von den Eltern als irritabler eingestuft wurde, weil die Belastung der Eltern ein negatives Berichtsbias beförderte, obwohl das kindliche Schreien beispielsweise im Normalbereich lag und für die Entwicklungsphase nicht auffällig war. Diese Ungenauigkeit muss bei Elterneinschätzungen über kindliche Charakteristika in Kauf genommen werden. Fremdeinschätzungen über das kindliche Verhalten können in diesem Zusammenhang eine zusätzliche Informationsquelle bieten, da sie ein Einschätzungsbias der Eltern aufdecken können. In zukünftiger Forschung wäre dies ein gewinnbringender Ansatzpunkt, hinsichtlich der Einschätzungen des kindlichen Verhaltens, auch Informationen von anderen Personen des Familien- oder des näheren Bezugsystems miteinzubeziehen. Dies erlaubt es, Entwicklungsrisiken und Negativdynamiken für Kinder und Eltern in dieser anforderungsreichen Phase differenzieller zu beurteilen.