Zusammenfassung
Die Kulturminister der Europäischen Union haben erkannt und dies auch in ihrer Erklärung von Davos festgehalten, dass es für „eine erfolgreiche hohe Baukultur … die Beteiligung der Zivilgesellschaft sowie eine umfassend informierte und mündige Öffentlichkeit“ ebenso braucht wie „Bestrebungen im Bereich der Bildung und der Sensibilisierung, damit Baukultur besser beurteilt werden kann“ (Towards a high-quality Baukultur for Europe – Kulturminister beschließen Erklärung von Davos 2018, S. 19). Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass mit gebauter Umwelt nicht nur jene zu entwickelnden Quartiere wie deren bestehende Kulturgüter gemeint sind, die im städtischen Raum verortet sind, sondern sämtliche Regionen mit ihren „regionalen Kulturprofilen und deren Heterogenitäten“ (Hannerz 1992, S. 264 ff.) ebenso wie die „lokalen … Präferenzen“ kultureller Entwicklungen (Welsch 2009, S. 15), die es unter Berücksichtigung der Herausforderungen unserer Zeit zu bewahren und verantwortungsvoll zu gestalten gilt. Welchen Beitrag die Architekturpsychologie im Kontext Baukultureller Bildung leisten kann, um Menschen entgegen wachsender Ungleichheiten an der Gestaltung ihrer gebauten Umwelt teilhaben zu lassen, soll nachfolgend anhand eines partizipativen Stadtentwicklungsprojektes am Beispiel des Wiener Donaukanals erörtert werden, um Lösungen für den ländlichen Raum abzuleiten und zusammenfassend Anregungen für eine erweiterte architekturpsychologische Forschung und Entwicklung zu formulieren.
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Notes
- 1.
Die anhaltende Begegnung mit dem Fremden als Reaktion auf die Zumutungen des nahen Zusammenlebens kennzeichnet die Stadt. Nach Simmel gründet sich in dieser Fremdheit die besondere „kulturelle Produktivität“. In der Stadt, die durch eine Pluralität der Kulturen gekennzeichnet ist, macht das Nebeneinander von Vertrautheit und Fremden die soziale Welt nicht zu einer objektiven Wirklichkeit, sondern zu einer kulturellen Konstruktion der Wahrnehmung der Wirklichkeit. Mit der Suburbanisierung wird das Fremde jedoch immer stärker zum Teil des ländlichen Raumes (Siebel 2015, S. 31 ff.).
- 2.
Vgl. Dreyer (2021).
- 3.
Vgl. Dreyer (2021).
- 4.
Vgl. Arbeitskreis Donaukanal (2002).
- 5.
Siehe hierzu auch: Geschäftsgruppe Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und Bürger- Innenbeteiligung (2010).
- 6.
- 7.
Es „zeigt sich zwar, dass die Mehrheit der Gemeinden gut erkennbare Machtstrukturen (Einflussmuster) aufweisen, bei denen eine bestimmte Gruppe oder Elite, wie etwa die Mitglieder der Exekutive, der Gemeindepräsident oder die Bauern einen maßgeblichen Einfluss auf die Gemeindepolitik ausüben. Es handelt sich dabei aber kaum um ein spezifisches Segment der Bevölkerung …. Der Zugang zu politischen Ämtern ist relativ offen. Für einen Großteil der Bevölkerung in der Schweiz findet die Gemeindepolitik unter pluralistischen Machtkonstellationen statt, sei es durch verschiedenste organisierte Interessengruppen wie Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften oder durch Quartiere sowie lokale politische Parteien…“ (Haus und Ladner 2020, S. 78).
- 8.
„Die theoretische Konzeption des urbanen Habitus stellt dabei das Bindeglied dar zwischen der Subjektebene des Akteurs und der Objektebene des angeeigneten (objektivierten) Sozialraums. Habituelle Urbanität verbindet den Akteur und die Struktur des Raumes in einem synthetischen Ansatz. Der Habitus fungiert als Medium der Expansion von Urbanität“ (Dirksmeier 2006, S. 229).
- 9.
Vgl. Dreyer 2021, S. 4.
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Dreyer, A., Ehmayer-Rosinak, C. (2023). Stadtaneignung. Potenziale der Architekturpsychologie und ihrer Methoden für Teilhabeprozesse im rurbanen Raum. In: Abel, A. (eds) Architekturpsychologie Perspektiven. Springer Vieweg, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-41212-8_5
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