Die empirischen Daten für die vorliegende Studie stammen aus dem KONID Survey 2019. Dabei handelt es sich um eine repräsentative Befragung für Deutschland und die Schweiz. Sie wurde durchgeführt im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderten Projekts «Konfigurationen individueller und kollektiver Identitäten und ihre zivilgesellschaftlichen Potenziale. Repräsentative Befunde für Deutschland und die Schweiz (KONID)» unter der Leitung von Antonius Liedhegener und Gert Pickel. Das Projekt war seinerseits Teil des internationalen Mixed-Method-Forschungsvorhabens «Soziale Gruppen und religiöse Identitäten in ziviler Gesellschaft (RESIC)».

Der Autor dieser Studie war Forschungsmitarbeiter des schweizerischen Teils des KONID-Projekts und massgeblich an der Umsetzung beteiligt, insbesondere an der Erhebung in der Schweiz. Berechnungen und Abbildungen, die im Rahmen der Arbeiten des KONID- bzw. RESIC-Projekts entstanden sind, werden hier als solche deklariert, indem sie entsprechend mit dem Tabellen- beziehungsweise Abbildungshinweis «KONID Team» bzw. «RESIC Team» versehen werden. Zusätzlich wird, wenn immer möglich und vorhanden, auf die entsprechende Projektpublikation hingewiesen. Berechnungen und Abbildungen, die sich explizit im Rahmen dieser Studie ergeben haben, tragen im Gegensatz dazu den Vermerk «eigene Berechnung».

1 Der KONID Survey 2019 für die Schweiz

Der KONID Survey 2019 ist eine repräsentative Bevölkerungsbefragung für Deutschland und die Schweiz (Liedhegener et al. 2019). Er erfasst die ständige schweizerische Wohnbevölkerung ab 16 Jahren. Zusätzlich enthält er einerseits Überquotierungen für bosnische Muslime und kroatische Katholiken, damit die quantitativen Daten im Rahmen des RESIC-Projekts triangulativ auf die qualitativen Erkenntnisse der beteiligten Teilprojekte bezogen werden können. Ausserdem enthält er Überquotierungen für Jugendliche und junge Erwachsene sowie für Muslim:innen zwecks entsprechender Spezialauswertungen. Diese Überquotierungen führen zu einer bewussten Erhöhung der Fallzahlen im jeweiligen Bevölkerungssegment, damit auch für diese Segmente stichhaltige Ergebnisaussagen möglich werden. Für die vorliegenden Auswertungen über die Gesamtpopulation werden die Überquotierungen mittels Gewichtungen herausgerechnet, sodass keine Verzerrungen auftreten.

Für den KONID Survey 2019 in der Schweiz wurde eine disproportional geschichtete Repräsentativstichprobe auf der Basis des vom Bundesamt für Statistik (BFS) zur Verfügung gestellten Stichprobenrahmens für Personen- und Haushaltserhebungen (SRPH) gezogen. Die Schichtungen erfolgten anhand der Kriterien Alter, Geschlecht und Staatszugehörigkeit. Letzteres ermöglichte die Überquotierungen für die Triangulationsgruppen und für die Muslime.Footnote 1 Das BFS zog in einer disproportionalen Zufallsstichprobe gesamthaft n = 13’555 Adressen von Zielpersonen. Die hohe Zahl an gezogenen Adressen waren für die Überquotierungen nötig, da diese Gruppen schwer zu erreichen sind und daher mit tieferen Ausschöpfungsquoten gerechnet werden musste.

Die 13’555 Zielpersonen wurden vom 4. April bis 8. Juli 2019 durch das Befragungsinstitut DemoSCOPE (Adligenswil) schriftlich mit Briefen gebeten, via Online-Umfrage (CAWI) oder mittels Telefoninterview (CATI) teilzunehmen. Die Feldphase wurde damit nicht von der COVID-19-Pandemie beeinflusst. Im späteren Verlauf der Umfrage wurden Personen auch aktiv telefonisch kontaktiert. Um die kontaktierten Zielpersonen zur Teilnahme zu motivieren, wurden Gutscheine im Wert von CHF 10.- jenen zugesagt, die auch an der Erhebung teilnehmen.

Von den 13’555 Zielpersonen resultierten schliesslich 3’019 vollständige Interviews. Das entspricht, nach Abzug von stichprobenneutralen Ausfällen, einer Ausschöpfungsquote von 23 %. Hierbei ist zu beachten, dass die Ausschöpfungsquoten in den letzten Jahren allgemein gesunken sind, was die Umfrage-Forschung vor entsprechende Herausforderungen stellt (Luiten et al. 2020). Die eher tiefen 23 % des KONID Survey 2019 sind insbesondere im Kontext der erwarteten tiefen Rücklaufquoten bei den Überquotierungen der «hard-to-reach»-Gruppen zu beurteilen. Bei Einbezug solcher Gruppen sinkt die Rücklaufquote generell (Font und Méndez 2013). In diesem Sinne liegt die Rücklaufquote im Rahmen dessen, was gegenwärtig erwartet werden kann, und weist nicht auf weitergehende Probleme hin, die vom Sampling- und Datenerhebungsprozess ausgehen.

Um die Überquotierungen und allfällige systematische Verzerrungen auszugleichen, wurde anhand des Stichprobenplans und bekannter eindeutiger demografischer Merkmale eine entsprechende Gewichtungsvariable erstellt und verwendet.

Der KONID Survey 2019 umfasst ein breites Spektrum an Fragen zu Religion und Religiosität, Migration, Identität, Zivilgesellschaft und Politik. Um insbesondere auch Personen mit Migrationshintergrund adäquat befragen zu können, wurde er den Befragten nicht nur in den drei Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch präsentiert, sondern auch in englischer, albanischer, bosnischer, kroatischer und türkischer Übersetzung angeboten.

2 Erhebungsinstrumente

Die Schlüsselrolle zwischen Forschungsfragen, theoretischen Konzepten, entwickelten Hypothesen und empirisch belastbaren Resultaten bilden in der quantitativen Sozialforschung die Operationalisierung der theoretischen Konzepte und die daraus entstehenden Erhebungsinstrumente. Diese bestehen aus einer oder jenachdem auch mehreren jeweils standardisierten Fragestellungen und entsprechenden Antworten. Die Antworten bilden die Merkmalsausprägungen für die dann vorliegenden einzelnen Variablen. Sie werden als numerische Werte erfasst und dadurch statistisch analysierbar. Alle in dieser Studie verwendeten Variablen inklusive Rekodierungen und darauf basierende Konstrukte und Indizes werden in den Anhängen A1 – A4 im elektronischen Zusatzmaterial beschrieben. Ich stelle im Folgenden die zentralen Erhebungsinstrumente zu Religion und Religiosität sowie zu freiwilligem Engagement und sozialem Vertrauen aus dem KONID Survey 2019 vor und diskutiere sie.

2.1 Messung von Religion und Religiosität

Im Eingangskapitel habe ich Religion als kulturelles Symbolsystem im Sinne von Geertz (1987 [1983]) verortet, das durch religiöse Vergemeinschaftungen getragen und vermittelt wird und sich beim Individuum als Religiosität im Sinne einer Positionierung zu Religion im weiteren Sinne abbildet. Um Religiosität adäquat beschreiben und die Wirkungen analysieren zu können, habe ich zwischen den vier Dimensionen Zugehörigkeit, Überzeugung, Praxis und Erfahrung unterschieden.

Wichtig bei der Erfassung von Religiosität ist eine religionssensitive Formulierung der Fragen. Diese müssen für Personen mit unterschiedlichem religiösen Hintergrund wo nötig differenziert formuliert sein, um die Validität des Fragekonstrukts zu gewährleisten (Huber 2003, 201–207, 2009, 18; Huber und Huber 2012, 719).

Zugehörigkeitsdimension von Religiosität

Die Zugehörigkeitsdimension umfasst jegliche Zugehörigkeitsverhältnisse zur sozialen und kulturellen Ebene von Religion. Es gilt, Beziehungen sowohl zu sozialen Vergemeinschaftungen und Traditionen und zu lokalen religiösen Netzwerken als auch zur kulturellen Ebene empirisch zu erfassen.

Die Religionszugehörigkeit wird im KONID Survey 2019 gemessen anhand der Frage (r01): «Welcher Kirche, Religionsgemeinschaft oder Religion gehören Sie an?» und den AntwortmöglichkeitenFootnote 2 (1) Römisch-katholisch, (2) Evangelisch-reformiert (protestantisch), (3) Evangelisch-freikirchlich, (4) Christlich-orthodox, (5) Andere christliche Kirche oder Gemeinschaft, (6) Judentum, (7) Islam, (8) Buddhismus, (9) Hinduismus, (10) andere Religionsgemeinschaft oder (11) keiner Religionsgemeinschaft.Footnote 3 Damit wird eine objektive Angehörigkeit zu einer Kirche, Religionsgemeinschaft oder Religion erhoben und damit das Wissen der einzelnen Person zur Frage erfasst, zu welcher religiösen Vergemeinschaftung auf sozialer Ebene sie sich als zugehörig betrachtet.

Mit der objektiven, formalen Religionszugehörigkeit wird kognitiv erfragt, ob sich jemand einer religiösen Vergemeinschaftung als zugehörig betrachtet und wenn ja, zu welcher (Liedhegener und Odermatt 2014, 132f, 2017a, 136f, 2018, 17–20). Insbesondere im europäischen und gerade auch im schweizerischen Kontext beschreibt diese objektive Zugehörigkeit eine institutionelle und bisweilen rechtlich relevante Beziehung, die auch in Steuerpflichten münden kann.

Zusätzlich wird die subjektiv gefühlte Religionszugehörigkeit (r09) erfasst. Diese subjektive Zugehörigkeit beschreibt, im Gegensatz zur objektiven, die emotional gefühlte Bindung zu einer bestimmten religiösen Vergemeinschaftung (Liedhegener und Odermatt 2014, 132f, 2017a, 136f, 2018, 17–20). Da aber, wie zu erwarten, ein enger Zusammenhang zwischen der objektiven und der subjektiven Religionszugehörigkeit vorliegt und dies bei der Erstellung von multivariablen Modellen zu Problemen mit MultikollinearitätFootnote 4 führt, wird die objektive Religionszugehörigkeit verwendet.Footnote 5 Dasselbe Problem besteht bei Fragen zur Zugehörigkeit zur lokalen religiösen Vergemeinschaftung (r10 / r12) und bei Fragen zur Verbundenheit (r11 / r13) mit ihr.

Neben der Zugehörigkeit zu Gruppen und Vergemeinschaftungen der sozialen Ebene gilt es auch, die Zugehörigkeit zur kulturellen Ebene mitzudenken. Dabei geht es um das religiöse Selbstverständnis als religiös bzw. spirituell und damit als sich zugehörig beschreibend zu einem religiösen SymbolsystemFootnote 6.

Die entsprechen Frage zur Selbstdeklaration als religiös lautet: «Würden Sie von sich sagen, dass Sie eher religiös oder eher nicht religiös sind? Wo würden Sie Ihre eigenen Ansichten auf dieser Skala von 0–10 einstufen?» Als Antwortmöglichkeiten konnten sich die Personen auf einer Skala von (0) gar nicht religiös bis (10) sehr religiös verorten. Und die Frage zur Selbstdeklaration als spirituell lautet: «Und einmal abgesehen davon, ob Sie sich selbst als religiöse Person bezeichnen oder nicht: Als wie spirituell würden Sie sich selbst bezeichnen? Nutzen Sie bitte wieder die Skala von 0–10.» Die Antwortskala lief wieder von (0) gar nicht spirituell bis (10) sehr spirituell.

Überzeugung als zentraler Bestandteil der Religiosität

Die Dimension der Überzeugung bezieht sich auf die Frage, wie Symbole und entsprechende Vorstellungen einer allgemeinen Seinsordnung in die eigene Sinngebung und in die damit verbundenen Motivlagen der einzelnen Person übernommen werden.

Diese Dimension umfasst einerseits die Positionierung zu Glaubensinhalten, wie etwa die Zustimmung zur Existenz Gottes oder von etwas Göttlichem. Die entsprechende Frage (r21.1) lautete: «Wie stark glauben Sie daran, dass Gott oder etwas Göttliches existiert?» Als Antwortoptionen standen zur Verfügung (1) gar nicht, (2) wenig, (3) mittel, (4) ziemlich) und (5) sehr.

Andererseits umfasst die Dimension der Überzeugung die religiöse Ausrichtung, die gemäss Allport (1954, 451, 456), aber auch Putnam und Campbell (2010, 468), eine zentrale Rolle spielt für den Effekt von Religiosität auf Sozialkapital. Je nach Ausrichtung der Religiosität sind unterschiedliche Effekte auf Einstellungen und Verhalten festzustellen (Pickel et al. 2020a, 12).

Diesbezüglich stehen zwei Variablen zu Verfügung. Einerseits wurde im KONID Survey 2019 direkt nach der persönlichen Einschätzung gefragt, ob man sich als religiös liberal oder konservativ betrachtet. Die entsprechende Frage (r24) lautete: «Bitte denken Sie jetzt einmal insgesamt an Ihre Religiosität und die Werte, die Sie damit verbinden. Würden Sie sich eher liberal oder konservativ einschätzen?» Die Antwortmöglichkeiten waren (1) sehr liberal, (2) liberal, (3) eher liberal, (4) eher konservativ, (5) konservativ und (6) sehr konservativ. Für die Regressionsmodelle wurde eine invertierte Variante davon verwendet. Aufgrund der hohen Ausfallquote bei dieser Variable von rund 200 Fällen wurden die fehlenden Werte imputiert.Footnote 7

Eine konservativ ausgerichtete Religiosität muss aber nicht gleichbedeutend sein mit dem, was Allport als eine exklusivistisch-fundamentalistische Einstellung beschrieb. Im Rahmen des KONID-Projekts wurde hierfür, basierend auf vier Variablen zu religiösem Fundamentalismus (Cronbachs Alpha = .72), mittels Faktorscorebildung eine neue Variable «Exklusivistisch-fundamentalistische Ausrichtung» gebildet (vgl. dazu Tab. A3.1 und A3.2). Die vier Variablen, aus denen das Konstrukt gebildet wurde, waren Aussagen, zu denen die Zielpersonen aufgefordert wurden zu sagen, ob und inwieweit sie zustimmen. Dabei konnten sie jeweils antworten mit (1) stimme überhaupt nicht zu, (2) stimme eher nicht zu, (3) stimme eher zu oder (4) stimme voll und ganz zu. Die erste Variable (r25.2_14) lautete «Es gibt nur eine wahre Religion.» und erfragte damit die Zustimmung zu einem Bekenntnisfundamentalismus. Die zweite Variable (r25.2_1) lautete «[Die Bibel] [Der Koran] [Die heilige Schrift meiner Religion] [Die heiligen Schriften einer Religion] ist/sind wortwörtlich zu verstehen.» und erfragte einen Schriftfundamentalismus. Die dritte (r25.1_9) und vierte (r25.1_10) Variable erfragten die Zustimmung zu einem religiös-politischen Fundamentalismus, nämlich «Religion sollte die einzige und letztgültige politische Autorität sein.» sowie «Die Regeln und Werte [meiner] [einer] Religion haben im Konfliktfall Vorrang vor der Schweizer Verfassung.». Dass eine liberale bzw. konservative Ausrichtung nicht dasselbe ist, wie eine exklusivistisch-fundamentalistische Ausrichtung zeigt die entsprechende Korrelationsanalyse.Footnote 8 Die beiden Konstrukte hängen zwar mittelstark zusammen (rs = .36), sind aber nicht deckungsgleich.

Das Praxiselement von Religiosität

Die Praxisdimension umfasst einerseits die Intensität der Partizipation an Ritualen religiöser Vergemeinschaftungen (öffentliche Rituale) sowie andererseits die Durchführung von Ritualen im Kontext der Anrufung religiöser Symbole des kulturellen Symbolsystems, zum Beispiel des Göttlichen, (private Rituale).

Die Frage (r14/r15/r16) zur Teilnahmehäufigkeit an öffentlichen Ritualen lautete: «Wie häufig nehmen Sie an [Christen = Gottesdiensten] [Muslime = Gemeinschaftsgebeten] [alle anderen = spirituellen Ritualen oder religiösen Handlungen] teil?» Die Antwortoptionen waren (1) nie, (2) seltener, (3) mehrmals pro Jahr, (4) ein- bis dreimal im Monat, (5) einmal in der Woche, (6) mehr als einmal in der Woche, sowie bei Muslim:innen und anderen (7) täglich.

Für eine adäquate Erfassung der privaten Praxis wurde einerseits nach der Häufigkeit von Beten (r18/r19), andererseits nach der Häufigkeit von Meditation (r20) gefragt: «Wie häufig beten Sie [Muslime = privat ausserhalb der Moschee] [alle anderen = persönlich]?» Bzw. «Wie häufig meditieren Sie?». Als Antworten standen bei beiden Fragen zur Auswahl (1) nie, (2) seltener als einmal im Jahr, (3) ein paar Mal pro Jahr, (4) etwa einmal pro Monat, (5) einmal pro Woche, (6) mehrmals pro Woche, (7) einmal am Tag, sowie (8) mehrmals am Tag. Die finale Variable zur privaten Praxis erhält den Maximalwert beider Fragen, das heisst für Beten oder Meditation (Huber und Huber 2012, 719).

Religiöse Erfahrungen

Die Dimension der religiösen Erfahrung bezieht sich auf die Tatsache, dass Menschen bestimmte Erlebnisse im Sinne eines religiösen Symbolsystems deuten und als religiös erfahren und dass gleichzeitig kulturelle Symbolsysteme auch entsprechende Stimmungen erzeugen, die emotional wirken. Um religiöse Erfahrungen etwas breiter zu erfassen, wurde für die finale Variable der Maximalwert einer der folgenden beiden Fragen (r25.1_5/r25.1_6) verwendet (Huber und Huber 2012, 719): «Inwieweit stimmen Sie folgenden Aussagen zu? Ich habe schon Situationen erlebt, in denen ich das Gefühl hatte, dass Gott oder etwas Göttliches in mein Leben eingreift.» bzw. «Ich habe schon Situationen erlebt, in denen ich das Gefühl hatte, mit allem eins zu sein.». Als Antwortmöglichkeiten wurden (1) stimme überhaupt nicht zu, (2) stimme eher nicht zu, (3) stimme eher zu oder (4) stimme voll und ganz zu angeboten.

Religion auf Makroebene

Die Einteilung der Kantone als historisch katholisch, reformiert oder gemischt-konfessionell geprägt und als Sonderbundkanton beruht auf konkretem Kartenmaterial (Zanoli und Walter 2021, 101, 155).Footnote 9

Um die religiöse Struktur auf der Kontextebene der Kantone abbilden zu können, wurde auf die kantonalen Daten zur Religionszugehörigkeit des Bundesamts für Statistik (2021d) und damit auf die Daten der Strukturerhebung 2019 zurückgegriffen. Als Indikator für die religiöse Diversität eines Kantons wurde einerseits der Kehrwert des Herfindahl-Hirschmann-Indexes HHI verwendet. Der HHI ist ein ökonomisches Mass für die Konzentration von Marktakteur:innen, das heisst für ihre Monopolstellung (Wolf 2012, 21; Liedhegener und Odermatt 2018, 10, 39). Der Wert wurde normalisiert, sodass er zwischen 0 und 1 zu liegen kommt (Wolf 2012, 22).Footnote 10 Andererseits erfasse ich die kantonale religiöse Diversitätsstruktur im Sinne von Mehrheitsverhältnissen. Im Anschluss an die Arbeiten von Liedhegener und Odermatt (2014, 2017a, 2018) zur Swiss Metadatabase of Religious Affiliation in Europe unterscheide ich zwischen Kantonen, in denen die religiöse Pluralitätsstruktur dominant, pluralisiert oder fragmentiert ist. Dominant heisst, dass mehr als 60 % der Bevölkerung in einem Kanton einer (oder keiner) Religion angehören. Pluralisiert heisst, dass es zwischen ein und zwei religiöse Traditionen gibt, denen zwischen 35 % und 60 % der Bevölkerung angehören. Und fragmentiert bedeutet, dass es keine Religion gibt, die im besagten Kanton mehr als 35 % der Bevölkerung angehören. Diese Einteilung bildet (Macht-)Strukturen ab, die durchaus ein Erklärungspotenzial haben können für politische und gesellschaftliche Verhältnisse (Liedhegener und Odermatt 2018, 26).

Um den Grad der Säkularisierung eines Kantons abzubilden, greife ich auf den Anteil an Personen ohne Religionszugehörigkeit gemäss des BFS zurück. Damit wird Säkularisierung zwar etwas verkürzt nur mit der Zugehörigkeitsdimension erfasst; dabei ist aber zu beachten, dass durch den Verlust der sozialen Bedeutung von Religion tendenziell stets weniger Personen einer religiösen Tradition angehören werden. Insofern ist diese Variable geeignet, den Prozess der Säkularisierung, wenn auch grob, dennoch für die Kontrolle auf einen Kontexteffekt hinreichend einzufangen.Footnote 11

Der KONID Survey 2019 ermöglicht es, Religion und Religiosität mit unterschiedlichen Variablen mehrdimensional, das heisst polythetisch, und damit im Einklang mit der Theorie zu erfassen und so für die Analyse fruchtbar zu machen.

2.2 Messung von Sozialkapital

Sozialkapital hat aus theoretischer Perspektive wie gezeigt zwei Seiten: eine strukturelle Seite, das freiwillige Engagement, und eine kulturelle, das soziale Vertrauen. Beides lässt sich adäquat in entsprechende Messkonzepte übersetzen.Footnote 12

Freiwilliges Engagement

Um freiwilliges Engagement zu messen, ist es einerseits relevant, tatsächlich freiwilliges Engagement zu ermitteln und nicht noch zusätzlich solche Aktivitäten, bei denen Personen nur mitmachen oder teilnehmen. Der KONID Survey 2019 folgt hier in der Operationalisierung dem Deutschen Freiwilligensurvey (Gensicke und Geiss 2010; Simonson et al. 2017; Simonson et al. 2022). Das Gewicht liegt dabei auf freiwilligem Engagement ganz grundsätzlich und weniger auf unterschiedlichen Engagement-Formen oder Settings, in denen freiwilliges Engagement stattfindet (informell vs. formell etc.), wie es beispielsweise der Schweizerische Freiwilligenmonitor tut (Stadelmann-Steffen 2010; Freitag et al. 2016; Lamprecht et al. 2020). Andererseits ist es wichtig, unterschiedliche Aktivitäts- und Engagementbereiche explizit zu adressieren, damit tatsächlich das Wissen um freiwilliges Engagement bei den Zielpersonen abgerufen wird.

Die Einstiegsfrage (c03) ermittelt, ob eine Person irgendwo aktiv mitmacht oder teilnimmt: «Es gibt vielfältige Möglichkeiten, ausserhalb von Beruf und Familie irgendwo mitzumachen oder teilzunehmen, beispielsweise in einem Verein, einer Organisation oder einem Projekt. Untenstehend sind verschiedene Bereiche aufgelistet, die dafür in Frage kommen. Wenn Sie an die letzten 12 Monate denken: In welchen der folgenden Bereiche sind bzw. waren Sie aktiv? (Mehrere Antworten möglich)». Anschliessend erfolgt eine Aufzählung möglicher Bereiche, in denen eine Person möglicherweise mitmacht oder teilnimmt: Im Bereich Sport und Bewegung? (Sportverein, oder -club); im Bereich Kultur und Musik? (Theater- oder Musikgruppe, Chor, Förderverein); im Bereich Freizeit und Geselligkeit? (Familiengartenverein, Spieletreff); im sozialen Bereich? (Wohlfahrt, Hilfsorganisation); im Bereich Schule oder Kindergarten? (Eltern- oder Schülervertretung, Förderverein); in der ausserschulischen Kinder- und Jugendarbeit?; im Bereich Umwelt, Naturschutz oder Tierschutz?; im Bereich Politik und politische Interessenvertretung? (Partei, Gemeinderat, Parlament); im religiösen Bereich? (Gemeinde, religiöse Organisation); im Unfall- oder Rettungsdienst? (Samariter, freiwillige Feuerwehr); in einem anderen Bereich, nämlich…; Ich bin in keinem dieser Bereiche aktiv. Die Befragten können jeweils mit (1) Ja oder (2) Nein antworten.

Darauf aufbauend folgt die Frage (c05) nach dem Engagement: «Uns interessiert nun, ob Sie in den Bereichen, in denen Sie aktiv sind, auch ehrenamtliche oder freiwillige Tätigkeiten ausüben. Es geht um freiwillig übernommene Aufgaben und Arbeiten, die man unbezahlt oder gegen geringe Aufwandsentschädigung ausübt.» Angezeigt werden dann alle Bereiche, in denen die Zielperson gemäss c03 aktiv ist, zum Beispiel «Sie sagten, Sie sind im Bereich Sport und Bewegung aktiv. Haben Sie derzeit in diesem Bereich auch Aufgaben oder Arbeiten übernommen, die Sie freiwillig oder ehrenamtlich ausüben?» Wiederum kann mit (1) Ja oder (2) Nein geantwortet werden.

Auf Grundlage dieser Antworten wird eine dichotome Variable erstellt, die abbildet, wer engagiert ist (=1, daher bei c05 bei einem Bereich Ja gesagt hat) und wer nicht (=0).

Freiwilliges Engagement wird damit in seiner gesamten Breite gemessen, aber klar abgegrenzt hinsichtlich der Vergütung (ausserhalb Beruf, unbezahlt), der sozialen Reichweite (ausserhalb der Familie), der Freiwilligkeit (ehrenamtlich oder freiwillig) und dem Aktivitätsgrad (aktiv mitmachen). Damit wird das erfragt, was im theoretischen Teil als freiwilliges Engagement definiert wurde.

Soziales Vertrauen

Soziales Vertrauen wird im KONID Survey 2019 mit der klassischen von Morris Rosenberg (1956) entwickelten Frage zum sozialen Vertrauen gemessen. Sie lautet (p08.1): «Manche Leute sagen, dass man den meisten Menschen trauen kann. Andere sagen, dass man nicht vorsichtig genug sein kann im Umgang mit anderen Menschen. Was ist Ihre Meinung dazu?» (1) Alles in allem gesehen, kann man den meisten Menschen vertrauen; (2) Man kann nicht vorsichtig genug sein.

Diese Operationalisierung und die dahinterstehende Frage, wie soziales Vertrauen in der quantitativen Forschung gemessen werden kann, ist Gegenstand eines kontroversen Diskurses.Footnote 13 Zunächst ist hinsichtlich der Operationalisierung zu unterschieden, ob (1) Nah-Vertrauen zu einzelnen Personen und Gruppen, zu denen man eine direkte Beziehung hat, (2) identitätsbasiertes Vertrauen zu Personen, zu denen man zwar keine direkte Beziehung hat, mit denen man aber soziale Merkmale und Eigenschaften teilt, (3) institutionelles oder politisches in politische Institutionen und Prozesse oder eben (4) soziales Vertrauen als ein Grundvertrauen in Menschen generell gemessen werden soll. Letzteres kann auch als Fremd-Vertrauen betrachtet werden, das heisst Vertrauen in Personen und Gruppen, zu denen man keine direkte Beziehung hat und mit denen man auch keine Merkmale oder Eigenschaften direkt teilt. Hier soll letzteres gemessen werden. Dies geschieht mit einer einzelnen, dichotom ausgerichteten Frage mit zwei inhaltlich besetzten Polen («man kann den meisten Menschen vertrauen» vs. «man kann nicht vorsichtig genug sein»). Hierzu stellen sich drei Fragen: Kann soziales Vertrauen mit einer einzigen Frage hinreichend gemessen werden? Kann es mit einer dichotomen Frage gemessen werden? Kann es mit diesen zwei inhaltlich besetzten Polen valide gemessen werden? Alle drei Fragen werden in der Forschung unterschiedlich beantwortet und es herrscht Uneinigkeit, was die beste Lösung sei (Bauer und Freitag 2018, 18).

Zur ersten Frage: Kann soziales Vertrauen mit einer einzigen Frage gemessen werden oder braucht es dazu mehrere Variablen? Hierzu gibt es unterschiedliche Meinungen. Für eine Messung mit mehreren Variablen spricht, dass damit Messfehler ausgeglichen werden können und die Konstruktvalidität steigt (Bauer und Freitag 2018, 21). Soziales Vertrauen wird dann als ein latentes Konstrukt betrachtet und so beispielsweise in Strukturgleichungsmodellen verwendet (Davidov 2009; Freitag und Bauer 2013). Bedingung dafür ist aber, und das ist die Kritik daran, dass die verschiedenen Einzelitems dann auch tatsächlich dasselbe Konstrukt messen müssen (Uslaner 2012, 75). So wäre es plausibel, mit mehreren Items beispielsweise Fremdvertrauen in verschiedene Fremd-Gruppen oder im Rahmen von verschiedenen Alltagssituationen abzufragen (Bauer und Freitag 2018, 23ff). Die Herausforderung besteht hier dann aber in der konkreten Definition dessen, was als Fremd-Gruppe gelten soll und was nicht. Gegen eine Erfragung mit mehreren Items spricht sodann auch die Tatsache, dass mehrere Items im Rahmen von gross angelegten Umfragen schlicht mehr Interviewzeit und damit mehr Ressourcen benötigen. So fanden denn auch in der Vergangenheit Fragebatterien mit mehreren Items aufgrund ihrer Länge häufig keinen Eingang in die Forschung (Bauer und Freitag 2018, 18). Das ist denn auch wohl der Grund dafür, dass die Einzelfrage, wie hier verwendet, die am weitesten verbreitete Fragestellung für die Messung sozialen Vertrauens ist (Bauer und Freitag 2018, 17).

Zur zweiten Frage: Kann soziales Vertrauen mit einer dichotomen Frage gemessen werden? Hierzu ist zunächst die Feststellung wichtig, dass in letzter Zeit vermehrt Operationalisierungen eingesetzt wurden, die soziales Vertrauen nicht dichotom, also mit zwei Ausprägungen, sondern ordinal oder metrisch messen, also mit mehr als zwei, aufeinander aufbauenden, Ausprägungen (Bauer und Freitag 2018, 22). Sebastian Lundmark et al. (2016) kamen zum Schluss, dass insbesondere Fragestellungen mit einer 7er-Skala oder einer 11er-Skala Vorteile brächten: Damit würde insbesondere der Schwierigkeitsgrad der Frage herabgesetzt, da die Zielpersonen mit einer solchen Antwortskala intuitiv besser zurechtkämen, als wenn sie sich zwischen zwei Ausprägungen entscheiden müssten. Nicht zu unterschätzen ist, dass eine metrisch operationalisierte Variable statistisch betrachtet vielfältigere Rechenmethoden zulässt, da mit dem metrischen Skalenniveau der Informationsgehalt der Variable potentiell steigt.Footnote 14 Ob dieser Informationsgehalt aber tatsächlich und nicht nur mathematisch steigt, ist zu hinterfragen: Denn mit dem metrischen Skalenniveau ergibt sich die Herausforderung der Interpretation, das heisst die Frage, was eine Verschiebung eines Skalenpunkts konkret bedeutet. Bei zwei Ausprägungen, die klar umschrieben sind, besteht dieses Problem weniger.

Zur dritten Frage: Kann soziales Vertrauen mit zwei inhaltlich besetzten Polen valide gemessen werden? Diese Frage entstammt der Kritik, dass nicht klar sei, was der Ausdruck «den meisten Menschen» bedeute beziehungsweise welche Menschen noch darunter fallen und welche nicht, sowie dass dies im Ländervergleich auch unterschiedlich sein könne (Delhey et al. 2011, 789). Oscar Gabriel et al. (2002, 57) kritisieren zudem, dass die beiden Pole Unterschiedliches messen würden, einmal «Vertrauen» und einmal «Vorsicht». Im Rahmen eines Umfrage-Experiments in einem Pilotsurvey für die American National Election Study (ANES) hat Uslaner (2002, 72–74) im Anschluss an die dichotome Standardfrage in einer offenen Frage danach gefragt, was die Befragten mit der vorangegangenen Vertrauensfrage assoziieren würden. Tatsächlich, so das Ergebnis, verbinden die meisten Menschen mit dieser Frage nicht konkrete persönliche Erfahrungen oder ähnliches, sondern eine diesbezügliche allgemeine Einstellung. Damit bezieht sich die Reichweite der Frage klar auf Menschen allgemein. Das deckt sich mit der Definition von sozialem Vertrauen, nämlich als Überzeugung und der damit verbundenen Erwartungshaltung, dass Menschen allgemein vertrauenswürdig sind. Und mit der Negativausprägung «Man kann nicht vorsichtig genug sein» wird die Vertrauenswürdigkeit der anderen Menschen angesprochen, die sich in der Vorsicht des Einzelnen widerspiegelt. Es wird mit der dichotomen Standardfrage, die auch im KONID Survey 2019 verwendet wurde, also das erfragt, was hier theoretisch definiert wurde.Footnote 15

2.3 Kontrollvariablen für Alternativerklärungen

Als Kontrollvariablen dienen auf Individualebene jene Faktoren, die gemäss dem Forschungsstand Einfluss entweder auf freiwilliges Engagement oder auf soziales Vertrauen haben. Das sind zunächst das Geschlecht (d01), das Alter (d02), der Bildungsgrad (d10), der Zivilstand (d03), die Erwerbstätigkeit (d11), die finanzielle Ressourcenausstattung, bzw. hier umgekehrt erfragt Armutsbetroffenheit, das heisst materielle Deprivation (d14), relative Deprivation (i17), Schichtzuordnung (i03), Migrationshintergrund (d05, d06, d07), Grund für Migration (m02), Urbanisierungsgrad des Wohnorts (d09), Autoritarismus (i10_5), Häufigkeit von Fremdkontakt (c01) und Qualität von Fremdkontakterfahrungen (c02) (vgl. zu den einzelnen Variablenausformulierungen Anhang A1 im elektronischen Zusatzmaterial).

Wie im Forschungsstand erläutert, sollte gemäss van Ingen und Bekkers (2015, 292) und Sturgis et al (2017, 17) einerseits ein Augenmerk auf die frühen Entwicklungsphasen der Kindheit und Jugend gelegt werden und andererseits auf Persönlichkeitsmerkmale.

Die Sozialisierung durch das Elternhaus und die Schule sollten einen Effekt auf die Ausübung von freiwilligem Engagement (Şaka 2016) und die Ausbildung von sozialem Vertrauen haben. Dies geschieht einerseits durch direkte Sozialisierung, das heisst Wertweitergabe, andererseits aber auch durch die bewusste entsprechende Förderung der Kinder und Jugendlichen. Ein zentraler Indikator sind Aktivitäten in der Kindheit ausserhalb der Primärsozialisierungsorte wie Familie und Schule. Die diesbezügliche Fragestellung (c13), die hierfür im Rahmen des KONID-Projekts neu entwickelt wurde, lautet: «Wenn Sie zurückdenken an Ihre Kindheit: Haben Sie vom Angebot eines Vereins oder einer Organisation, irgendwo mitzumachen oder teilzunehmen, Gebrauch gemacht bzw. waren Sie entsprechend tätig? (mehrere Antworten möglich)» (1) Ja, im Sport, (2) Ja, im kirchlich-religiösen Bereich, (3) Ja, in einem Kinder- und Jugendverband, (4) Ja, in einem anderen Bereich, (5) Nein.

Persönlichkeitsmerkmale spielen hinsichtlich der Übernahme eines freiwilligen Engagements, aber auch hinsichtlich der Ausbildung sozialen Vertrauens, eine Rolle. Um auf diese Merkmale hin kontrollieren zu können, wurde im Rahmen des KONID Surveys 2019 das Big Five Inventory (BFI) anhand von 10 Items (daher BFI-10) erfasst. Der Big Five Ansatz entstammt der Persönlichkeitspsychologie (Lang und Lüdtke 2005; Rammstedt und John 2007; Müller 2011; Specht et al. 2011; Rammstedt et al. 2014). Dabei lassen sich Unterschiede zwischen Individuen anhand folgender fünf Persönlichkeitsdimensionen beschreiben: Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und Offenheit für Erfahrungen.Footnote 16 Jede Dimension wird mit zwei Items erfasst, einem positiv und einem negativ gerichteten. Um die finalen Messwerte für die individuelle Ausprägung der Befragungsperson auf den fünf Persönlichkeitsdimensionen zu ermitteln, werden pro Dimension die Antworten der beiden zugehörigen Items gemittelt (Rammstedt et al. 2014). Anhand einer konfirmatorischen Faktorenanalyse konnten die fünf Faktoren im KONID Survey 2019 zwar nachgewiesen werden, es zeigten sich aber problematische Querladungen zwischen den Dimensionen Neurotizismus und Verträglichkeit sowie zwischen Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit (vgl. dazu Tabelle A4.2 im elektronischen Zusatzmaterial). Da das BFI-10 bezweckt, mit möglichst wenig Variablen relativ umfassende Persönlichkeitseigenschaften zu messen, sind solche Probleme bisweilen erwartbar und dürfen nicht überinterpretiert werden. Ein weiteres Problem mit den Items des BFI-10 könnte sein, dass die Verträglichkeitsdimension dasselbe misst wie soziales Vertrauen. Einzelne Forschende verstehen soziales Vertrauen tatsächlich als ein PersönlichkeitsmerkmalFootnote 17. Es ist daher hier zu kontrollieren, ob es zu problematischen Effekten kommt und ob die Verträglichkeitsdimension so stark mit sozialem Vertrauen zusammenhängt, dass andere Effekte überlagert würden.Footnote 18

Als Kontrollvariablen auf Kontextebene dienen die sprachregionale Zugehörigkeit, die kantonale Ressourcenausstattung anhand des Bruttoinlandprodukts pro Einwohner gemäss BFS (2020) sowie die kantonale Ungleichheitsverteilung der Vermögen anhand des GINI Koeffizienten gemäss den Daten der Eidgenössischen Steuerverwaltung von 2015 (Peters 2019, 7).

Zusammengefasst beinhaltet der KONID Survey 2019 die für die Prüfung der Hypothesen dieser Studie notwendigen Erhebungsinstrumente zu Religiosität, freiwilligem Engagement, sozialem Vertrauen, aber auch solche zur Kontrolle auf mögliche Alternativerklärungen. Um auf Kontexteffekte hin kontrollieren zu können, greife ich zusätzlich auf historisches Kartenmaterial und Daten des BFS zurück.