In dieser Forschungsarbeit wurde zum Verständnis des Phänomens der Akzeptanz beigetragen, die (In-)Akzeptanz der sächsischen Bevölkerung gegenüber Anlagen der Energie- und Rohstoffwirtschaft ermittelt sowie akzeptanzsteigernde Maßnahmen bestimmt. Um den Wissenstransfer zu befördern und insbesondere KMU der untersuchten Branchen zu unterstützen, wurden Teile der Forschungsergebnisse in der Webapplikation Akzeptanz-O-Meter zusammengeführt. In diesem Kapitel werden die Erkenntnisse gebündelt wiedergegeben, kritisch diskutiert sowie der zukünftige Forschungsbedarf abgeleitet.

5.1 Zusammenfassung

Die inter- und transdisziplinäre Sicht- und Herangehensweise trug zu einem verbesserten Verständnis der Akzeptanz bei und widmete sich erstmals den Energie- und Rohstoffprojekten in Sachsen. Die Anwendung von sozialwissenschaftlichen Methoden und Übertragung von kommunikationswissenschaftlichen Erkenntnissen auf die technischen Untersuchungsgegenstände ist in dieser Form bisher einmalig.

FK 1: Soziopolitische und lokale (In-)Akzeptanz der sächsischen Bevölkerung

Die sachsenweite Umfrage mit ihrer achtstufigen Skala ermittelte erstmals differenziert und repräsentativ das (In-)Akzeptanzniveau der Bevölkerung hinsichtlich elf Anlagearten der Energie- und Rohstoffwirtschaft. Die Befragungsergebnisse tragen dazu bei, zukünftiges Verhalten auf Basis der aktuellen Einstellungen zu prognostizieren und ermöglichen eine theoretische wie praktische Ableitung potenziell akzeptanzsteigernder Maßnahmen und kommunikativer Motive.

Dabei konnte nachgewiesen werden, dass die Akzeptanz bei lokal geplanten Projekten in allen Fällen geringer ist als für die Technik als solche (Abbildung 5.1). Die soziopolitische und lokale (In-)Akzeptanzstufe \(\overline{X}_{SA}\) bzw. \(\overline{X}_{LA}\)Footnote 1 sind gegenüber einer Wasserkraft- und Solaranlage am höchsten. Während das Akzeptanzniveau für Windkraft und Biomasseanlagen soziopolitisch höher ist als für Geothermieanlagen, sinkt sie lokal, sodass die Geothermie in der Reihenfolge der Anlagearten lokal den dritten Rang belegt. Unter den Anlagen zur fossilen Energieumwandlung wird das Gaskraftwerk am ehesten akzeptiert, gefolgt vom Öl- und Kohlekraftwerk. Bei der Rohstoffgewinnung werden Tage- und Untertagebau ähnlich bewertet.

Abbildung 5.1
figure 1

Lokale \(\overline{X}_{LA}\) und soziopolitische \(\overline{X}_{SA}\) (In-)Akzeptanzstufen gegenüber Anlagearten. Nmin = 995, Nmax = 1.006; Mittelwert von eins für Aktive Gegnerschaft, zwei für Ablehnung, drei für Zwiespalt, vier für Gleichgültigkeit, fünf für Duldung, sechs für Konditionale Akzeptanz, sieben für Zustimmung bis acht für Engagement

Dass in den Landkreisen und kreisfreien Städten die lokalen (In-)Akzeptanzniveaus unterschiedlich sind, wurde erstmalig nachgewiesen und mittels Landkarten visualisiert: Bspw. ist die lokale (In-)Akzeptanzstufe \(\overline{X}_{LA}\)Footnote 2 für Kohlekraftwerke im Landkreis Zwickau am höchsten, diese Anlageart folglich akzeptierter als im Landkreis Nordsachsen, wo \(\overline{X}_{LA}\) am niedrigsten ist. Bezüglich Windkraftanlagen ist \(\overline{X}_{LA}\) ebenfalls im Landkreis Zwickau am höchsten, im Vogtlandkreis am niedrigsten. Das lokale (In-)Akzeptanzniveau gegenüber einem Tagebau ist im Landkreis Zwickau am höchsten, während es im Landkreis Nordsachsen am niedrigsten ist.

Unabhängig davon, dass frühere Untersuchungen der sächsischen Bevölkerung eine kritischere Einstellung gegenüber erneuerbarer Energieumwandlung im Vergleich zu Bürger:innen anderer Bundesländer feststellten, bevorzugt die sächsische Bevölkerung diese jedoch gegenüber fossiler Energieumwandlung. Die soziopolitische und lokale (In-)Akzeptanzausprägung \(\overline{X}_{sa}\) und \(\overline{X}_{la}\)Footnote 3 ist bei den erneuerbaren Energien am höchsten, es folgt die fossile Energieumwandlung; die Rohstoffgewinnung ist allgemein und vor Ort am wenigsten von der Bevölkerung akzeptiert (Abbildung 5.2). Zwar sinkt die Akzeptanz grundsätzlich, sobald die Planung konkreter Anlagen im Umfeld der Befragten thematisiert wird, die Differenz ist bei Anlagen der fossilen Energieumwandlung mit a = −0,6 im Vergleich zu erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen allerdings doppelt so hoch.

Abbildung 5.2
figure 2

Lokale \(\overline{X}_{la}\) und soziopolitische \(\overline{X}_{sa}\) (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber Kategorien. Nmin = 995, Nmax = 1.006; Mittelwert von eins für Inakzeptanz, zwei für Gleichgültigkeit bis drei für Akzeptanz

Gleichzeitig wurde anhand des Kohlekraftwerks Boxberg und Kohlekraftwerks Lippendorf sowie dem Tagebau Groitzscher Dreieck aufgezeigt, dass die Akzeptanz bei Personen, die bereits Erfahrung mit einer Anlage vor Ort haben, größer sein kann; der Faktor Vorerfahrung mit Anlagearten hat folglich einen Einfluss. Im Umkreis des Windparks Zerre zeigt sich dagegen ein umgekehrter Effekt. Die Ursache dafür könnte die langjährige Prägung der Region im Fall von Kohlekraftwerk und Tagebau sein, während der Windpark erst ab dem Jahr 2002 errichtet wurde, weshalb die industriekulturelle Prägung für diese Energieumwandlung bisher fehlt.

Bei der soziopolitischen (In-)Akzeptanzausprägung gegenüber der fossilen und erneuerbaren Energieumwandlung sowie der Rohstoffgewinnung stehen mehr Männer als Frauen diesen negativ gegenüber; im Lokalen ist es umgekehrt. Zudem zeigte sich, dass bei der fossilen Energieumwandlung die Akzeptanzwerte mit steigendem Interesse am Thema Energie, höherem Involvement, Informationsgrad und Bedenken gegenüber erneuerbarer Energie zunehmen. Je weniger Bedenken die Befragten gegenüber der fossilen Energieumwandlung haben, desto höher die Akzeptanzwerte. Gegenüber der Rohstoffgewinnung nehmen die Akzeptanzwerte mit dem Bildungsgrad, Einkommen und Informationsgrad zu, wobei Männer der Gewinnung tendenziell positiver als Frauen gegenüberstehen. Bei der erneuerbaren Energieumwandlung steigt mit dem Bildungsgrad, dem Interesse am Thema Energie, Involvement sowie den Bedenken gegenüber der fossilen Energieumwandlung das Akzeptanzniveau. Ebenso steigt auch bei Bedenken gegenüber der erneuerbaren Energieumwandlung die Akzeptanz für selbige. Eine mögliche Erklärung dieses Paradoxons ist, dass die Bedenkenträger:innen gegenüber erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen ihre Bedenken als weniger relevant einstufen als den Beitrag zur Energiewende.

Bisher wurde angenommen, dass mit längerer Wohndauer die räumliche Bindung der Anwohner:innen größer ist (Gebhardt & Schweizer, 1995), sodass eher „Maßnahmen ergriffen [werden], um unerwünschte Veränderungen der Umgebung zu vermeiden“ (Di Nucci, 2016, S. 124). Ein solcher Zusammenhang zwischen Wohndauer und (In-)Akzeptanz besteht in Sachsen nicht. Hingegen konnte gezeigt werden, dass es einen positiven Einfluss hat, wenn Arbeitsplätze in der Region geschaffen werden, Strom günstiger wird und nach Projektende neue Naturschutzflächen entstehen. Einen negativen Einfluss haben hingegen steigende Grundstückspreise.

Bezüglich des Interesses an Energieversorgung gaben 54,3 % der Befragten an, es sei hoch. Durch den Vergleich mit anderen Untersuchungen zeigte sich, dass die Bevölkerung stärker an erneuerbarer Energieumwandlung, Umwelt- und Naturschutz sowie diversen Themen wie Unterhaltung und Urlaub interessiert ist. Solche Themen können in Bezug zu Rohstoff- und Energieumwandlungsvorhaben gesetzt und damit als Motive für die strategische Kommunikation genutzt werden. Täglich setzen sich 6,0 % mit den Themen Energie und Rohstoffe auseinander, 22,2 % mehrmals in der Woche und 71,8 % seltener. Dies kann als Indiz für fehlende Berührungspunkte mit diesen Themen angesehen werden. In der Regel setzt sich die sächsische Bevölkerung mit Energie und Rohstoffen am häufigsten mittels regionaler und überregionaler Medien auseinander, gefolgt vom Austausch mit nicht-verwandten Personen. Daher ist eine professionelle und proaktive Presse- und Medienarbeit, welche die Vorteile für die verschiedenen Zielgruppen transportiert, für die Akzeptanzkommunikation wichtig.

Am besten informiert fühlt sich die Bürgerschaft zu einer Solar- und Windkraftanlage, es folgen Kohle- und Gaskraftwerk. Zur untertägigen Rohstoffgewinnung sowie einer Geothermieanlage fühlen sich die Bürger:innen am schlechtesten informiert. Werden die Informationsgrade \(\overline{X}_{Ig}\)Footnote 4 gegenüber den Anlagearten in die Kategorien überführt, zeigt sich, dass die sächsische Bevölkerung sich zur fossilen Energieumwandlung am besten informiert fühlt (\(\overline{X}_{Ig}\) = 2,4). Die Spannweite des Informationsgrads ist bei der fossilen Energieumwandlung am geringsten (Abbildung 5.3). Der Informationsgrad gegenüber der Rohstoffgewinnung ist um 0,2 geringer und die Spannweite größer. Der Informationsgrad gegenüber erneuerbarer Energie ist \(\overline{X}_{Ig}\) = 2,5, die Spannweite reicht dabei von \(\overline{X}_{Ig}\) = 2,2 bei einer Solaranlage bis \(\overline{X}_{Ig}\) = 2,8 bei einer Geothermieanlage.

Abbildung 5.3
figure 3

Spannweite der Informationsgrade \(\overline{X}_{Ig}\) gegenüber Kategorien. N = 1.006; Mittelwert von eins für sehr gut, zwei für gut, drei für eher schlecht bis vier für schlecht

67,5 % der sächsischen Bevölkerung sprachen sich dafür aus, Rohstoffe überwiegend in Deutschland zu gewinnen, 15,4 % befürworteten die Gewinnung ausschließlich im eigenen Land. Die Befragten gaben als Vorteile u. a. an, dass es kostengünstiger sei und Arbeitsplätze sichere. Für den Rohstoffimport spreche, dass in Deutschland nach Meinung der Befragten kaum Rohstoffe vorhanden seien und die heimische Natur nicht geschädigt werde. Allerdings konnten 25,3 % nicht begründen, warum sie den Abbau eher oder ausschließlich im Ausland befürworten. Die Rohstoffindustrie sollte dieser Gruppe besondere Aufmerksamkeit in ihrer Kommunikationsarbeit widmen. Gelingt es, denjenigen Mitgliedern der Gruppe, deren Meinung nicht gefestigt ist, frühzeitig Argumente für die Rohstoffgewinnung in Deutschland glaubhaft zu vermitteln, bevor sich eine negative Meinung verfestigt, kann sie das soziopolitische Akzeptanzniveau steigern.

Zudem konnten erstmals die Befürchtungen der sächsischen Bevölkerung gegenüber der Energieumwandlung aus fossilen und erneuerbaren Quellen analysiert werden; bisher wurde dies in den meisten Fällen nur bundesweit betrachtet. Die drei häufigsten Antworten gegen fossile Energieumwandlung waren die Endlichkeit der Ressourcen, Umweltschäden sowie Kohlenstoffdioxid-Ausstoß/Abgase/Luftverschmutzung. Bei den Argumenten gegen erneuerbare Energieumwandlung wurden der Eingriff in die Natur/Umweltauswirkungen, der geringe Wirkungsgrad sowie die Abhängigkeit vom Wetter genannt. Unternehmen sollten danach streben, fehlerhafte Argumente kommunikativ zu entkräften und so Befürchtungen abzubauen. Neben (kommunikativer) Arbeit zur Akzeptanzsteigerung empfiehlt sich für Unternehmen bei konkreten Befürchtungen zu prüfen, ob diese unter Umständen zu Inakzeptabilität führenden Eigenschaften durch technische, bauliche oder andere Veränderungen akzeptabel gestaltet werden können.

FK 2: Erfahrungen der Unternehmer:innen mit (In-)Akzeptanz sowie Kommunikations- und Stakeholder:innenmanagement

Die BedeutungFootnote 5 der regionalen Akzeptanz bewerteten die Unternehmer:innen als am wichtigsten (\(\overline{X}\) = 3,5), gefolgt von der überregionalen (\(\overline{X}\) = 2,7) und deutschlandweiten (\(\overline{X}\) = 2,4). Eine einseitige Konzentration auf die Steigerung des lokalen Akzeptanzniveaus wäre aber kontraproduktiv, weil u. a. die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Schranken des unternehmerischen Handelns auf Landes-, Bundes- oder der Ebene der Europäischen Union gesetzt werden.

Die Branchenvertreter:innen haben ein von der Realität abweichendes Gefühl für das (In-)Akzeptanzniveau der sächsischen Bevölkerung (Abbildung 5.4). Bei den Unternehmen aus dem fossilen Energiesektor ist die Differenz bei der lokalen (In-)Akzeptanzstufe mit drei (In-)Akzeptanzstufen am höchsten. Allerdings haben lediglich sechs der zehn Unternehmer:innen aus diesem Sektor die Frage beantwortet. Im Rohstoffsektor ist in der Kategorie Tagebau LA = −1,3, beim Untertagebau ist LA = −0,6. Die von den Unternehmen eingeschätzte (In-)Akzeptanzstufe der Bevölkerung ist bei den Unternehmen aus der Kategorie erneuerbare Energie am nächsten an der Angabe, die die Bevölkerung gemacht hat (LA = −0,4).

Abbildung 5.4
figure 4

Von Bevölkerung angegebene lokale und von Unternehmer:innen vermutete (In-)Akzeptanzstufen \(\overline{X}_{LA}\). Mittelwert von eins für Aktive Gegnerschaft, zwei für Ablehnung, drei für Zwiespalt, vier für Gleichgültigkeit, fünf für Duldung, sechs für Konditionale Akzeptanz, sieben für Zustimmung bis acht für Engagement

Die Abweichung kann damit erklärt werden, dass die Erfahrung der Unternehmer:innen auf ihren aktuellen Projekten beruht, welche zum Teil bereits seit Jahrzehnten existieren. Der Vergleich macht allerdings deutlich, dass die Bevölkerung zukünftigen Projekten der Unternehmen kritischer gegenüberstehen wird, als die Unternehmer:innen dies bisher kennen oder vermuten, sodass große Herausforderungen auf sie zukommen können. Dringend empfehlenswert ist daher, regelmäßig Meinungsforschung zu betreiben, die Ergebnisse in die Strategien einzubeziehen und den Dialog mit der Öffentlichkeit aktiver zu suchen und zu führen. Da KMU allein diesen Aufwand finanziell nicht bestreiten können, sind insbesondere die Verbände gefordert, ihren Mitgliedern genauere Daten und Erkenntnisse zur Verfügung zu stellen.

Erfahrungen mit Ablehnung innerhalb der letzten drei Jahre haben die meisten Unternehmen nur maximal ein bis zwei Mal gemacht, Unternehmen aus dem Rohstoffsektor dabei am häufigsten. 6,7 % gaben bspw. bei juristischen Maßnahmen an, dass sie damit in den letzten drei Jahren mehr als fünfmal konfrontiert waren. Wenn es Vorbehalte gab, kamen diese am häufigsten von Anwohner:innen (41,4 %), gefolgt von Behörden (32,2 %) und Naturschutzorganisationen (27,6 %). Diese Gruppen äußerten den Unternehmen gegenüber am häufigsten allgemeine Vorwürfe zur Schädigung von Natur und Umwelt sowie Lärm-/Geräuschbelästigungen. 48,8 % der Unternehmen gaben an, dass die Notwendigkeit für ihre Vorhaben nicht gesehen bzw. anerkannt werde und gegenüber 27,4 % werden konkrete persönliche Beeinträchtigungen von Privatpersonen vorgebracht.

Zudem konnte aufgezeigt werden, dass die Vielzahl der Stakeholder:innen den Unternehmensvertreter:innen nicht bewusst ist sowie der Kontakt zu Anwohner:innen bei 39,2 % selten erfolgt. Mit dieser Arbeit wird die Auffassung vertreten, dass den heterogenen Gruppen zu wenig Beachtung entgegengebracht wird. Schon die Interessen von Ortsanwohner:innen können sich stark unterscheiden: Während ein:e Anwohner:in von einer neuen Anlage persönlich profitiert, weil sie Eigentümer:in des Geländes ist, sehen andere darin eine Gefahr, weil der Verkehr zunimmt oder sie der Technik nicht vertrauen. Das Bewusstsein um solche Unterschiede, die auch in anderen Gruppen gegeben sind, erfordert neben einer detaillierten Stakeholder:innenanalyse den regelmäßigen, proaktiven Austausch mit allen Akteur:innen.

Der Kommunikation schreiben die Unternehmensvertreter:innen in der Ideenphase geringe Bedeutung (\(\overline{X}\) = 2,0Footnote 6) zu, sie nimmt für die Planungs- und Umsetzungsphase zu (\(\overline{X}\) = 2,7) und sinkt bei der Renaturierung/Rekultivierung auf \(\overline{X}\) = 2,1 (Abbildung 5.5).

Abbildung 5.5
figure 5

Bedeutung der Kommunikationsarbeit innerhalb der Projektphasen. a) Spannweite sowie b) nach Kategorien; Nmin = 3, Nmax = 85; Mittelwert von eins für keine, zwei für geringe, drei für hohe bis vier für sehr hohe Bedeutung

Diese Einschätzung deckt sich nicht mit der in dieser Arbeit vertretenen, Kommunikation sollte als Teil des Projektmanagements seit Projektbeginn einbezogen werden (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Damit wird es einerseits möglich, die öffentliche Meinung derart zu formen, dass unwahre Gerüchte entkräftet werden und keine übermäßige Beeinflussung durch falsch informierte Personen auftritt. Andererseits ermöglicht ein frühzeitiger Diskurs, Änderungen am Projekt vorzunehmen, die Akzeptabilität und Akzeptanz positiv beeinflussen und die Gefahr juristischer Auseinandersetzungen mindern, womit hierdurch ausgelöste Verzögerungen der Realisierung und teure Änderungsplanungen in späten Projektphasen verhindert werden.

Bei den Kommunikationsmaßnahmen besteht zudem Verbesserungspotenzial. Die Maßnahmen sind überwiegend reaktiver Art und setzen auf das Pull-Prinzip: Bürger:innen müssen etwa aktiv die Website der Unternehmen aufrufen, um Informationen zu erhalten. Damit werden diejenigen erreicht, die Interesse am Unternehmens(-projekt) ausdrücken. 8,0 % der befragten Unternehmen nutzen keine Öffentlichkeitsarbeit, 83,9 % haben eine eigene Website und über die Hälfte betreibt Sponsoringmaßnahmen. Die für die Akzeptanzgenerierung wichtige Gruppe der Unentschlossenen drückt ein solches Interesse jedoch nicht aus. Sie muss mit Maßnahmen aktiviert werden, die sie in ihrer Lebenswelt erreichen. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer aktiven Medienarbeit. Gleichzeitig sind die Angaben zur Öffentlichkeitsarbeit logisch, da 81,8 % der Unternehmen über keine Presse-, Marketing oder Öffentlichkeitsabteilung verfügen, zumeist die Geschäftsführung als Kommunikationsverantwortliche fungiert und 52,8 % der befragten Unternehmen angaben, zu wenig Personal bzw. zu geringes Budget für die Öffentlichkeitsarbeit zu haben. Um gesellschaftliche Akzeptanz für ihren unternehmerischen Zweck zu generieren, muss das Kommunikationsmanagement als integraler Teil des Projektmanagements und Notwendigkeit für den unternehmerischen Erfolg verstanden werden. Entsprechend sollte, um soziopolitisch über einen längeren Zeitraum Akzeptanz zu generieren, auch dem Bereich der schulischen Aktivitäten mehr Beachtung zukommen: 58,8 % der Unternehmer:innen gaben an, dass sie sich in der Vergangenheit dort engagierten, bezogen dabei aber auch die Teilnahme an Ausbildungsmessen und Schüler:innenpraktika ein. Hierbei gilt ebenso: Wer mit den Unternehmen in aktiven Kontakt tritt, gehört in der Regel nicht der Gruppe der Unentschlossenen an. Maßnahmen, die geeignet sind, die Akzeptanz zu erhöhen, involvieren gesamte Klassen-, Stufen- oder Schulverbände und werden idealerweise zu einem Zeitpunkt umgesetzt, zu dem zu erwarten ist, dass die Schüler:innen noch keine Inakzeptanz entwickelt haben – im Grundschulalter und in den unteren Klassen der weiterführenden Schulen.

FK 3: Akzeptanzsteigernde Kommunikationsmaßnahmen

Unter den befragten Kommunikationsexpert:innen besteht weitgehende Übereinkunft darin, dass Akzeptanzgenerierung für Rohstoffgewinnung und fossile Energieumwandlung allein durch Kommunikation schwer möglich ist. In Bezug auf Rohstoffe verweist ein:e Interviewte:r auf die „kommunikativ sehr angespannte Situation“ (Interview mit Kommunikationsexpert:innen) und ein:e andere:r Expert:in beschreibt Rohstoffe als hochemotionales Thema, bei welchem Veränderungen in der Sichtweise der Bevölkerung kaum möglich seien (ebd.). Dargelegt wurde zudem, dass die wirtschaftlich starke Position Bayerns mit hohen Grundstücks-, Immobilien- und Mietpreisen dazu führe, dass Rohstoffgewinnung dort „nicht mehr durchsetzbar und nicht mehr akzeptabel [sei]“ (ebd.) und ein:e Unternehmer:in „über kurz oder lang … seinen Betrieb einstellen müssen [wird], weil er keine Abbauflächen mehr politisch durchgesetzt bekommt“ (ebd.). Es werde „ohne geeignete Kommunikation … keine Umsetzung von Abbau, von Energieerzeugung möglich sein“ (ebd.). Ein:e Expert:in kommt für fossile Energieumwandlung sogar zu dem Schluss, sich „kommunikativ rauszuhalten“ (ebd.).

Für viele Unternehmen ist dies jedoch keine Option, da ihr Fortbestand von der Realisierung neuer oder dem Ausbau bestehender Projekte abhängig ist. Ein:e Expert:in schlägt vor, die Forderung der Gesellschaft nach erneuerbarer Energie für die Markenbildung zu nutzen (ebd.). Somit würden auch Projekte des Rohstoffabbaus und der fossilen mit erneuerbarer Energieumwandlung verbunden. Im Idealfall müsste die erneuerbare Energieumwandlung den kommunikativen Schwerpunkt jedes Projekts bilden, der Anteil von Rohstoffgewinnung oder fossiler Energieumwandlung in den Hintergrund treten. Jedoch ist zweifelhaft, ob ein solches Greenwashing im Lokalen erfolgreich umsetzbar wäre, wenn die Bevölkerung sich detailliert mit den Plänen auseinandersetzt. Weiterhin ist fraglich, ob bei der Mehrzahl der Projekte eine solche Vorgehensweise überhaupt möglich wäre, weil sie weitere Investitionen bedingen würde.

Die Forschung verfolgte das Ziel, Unternehmen des Energie- und Rohstoffsektors die Arbeit am (In-)Akzeptanzniveau gegenüber ihrem unternehmerischen Handeln zu ermöglichen und zu vereinfachen. Aufgrund des steigenden Energie- und Rohstoffbedarfs in Kombination mit dem verstärkten gesellschaftlichen Legitimationsdruck auf Unternehmen (BWE, 2018a) und der Zunahme bürgerschaftlichen Protests wird die Auseinandersetzung mit soziopolitischer und insbesondere lokaler (In-)Akzeptanz für Wirtschaft, Wissenschaft und Politik bedeutender. Folglich werden auch die Akzeptanzforschung und Akzeptanzkommunikation weiter an Bedeutung gewinnen müssen. Eine Verbesserung des Akzeptanzniveaus, selbst wenn es nicht zur Befürwortung und Unterstützung durch alle Stakeholder:innen führt, sondern lokal begrenzt gelingt, erleichtert den Unternehmen ihr Wirken. Ohnehin müssen „Akzeptanz und Legitimation heute immer stärker dezentral und projektspezifisch“ (Zerfaß, 2016, S. 5) gewonnen werden. Um dies zu ermöglichen, mussten zunächst solche Maßnahmen identifiziert werden, die eine potenziell akzeptanzsteigernde Wirkung haben. Dies erfolgte insbesondere mithilfe der Bewertung anhand der Media Richness Theory. Werden die Maßnahmen herausgegriffen, welche durch die Beurteilung mit mindestens acht von zwölf Punkten überdurchschnittlich geeignet sind, bleiben von 59 betrachteten 26, die potenziell zur Akzeptanzsteigerung geeignet sind (Tabelle 5.1).

Tabelle 5.1 Potenziell akzeptanzsteigernde Maßnahmen inkl. Bewertung anhand Media Richness Theory

Instrumente, die immer geeignet sind, eine Akzeptanzsteigerung für Anlagen der Energie- und Rohstoffwirtschaft zu bewirken, und damit bei jedem Projekt genutzt werden sollten, kann diese Arbeit nicht nennen. Ebenso wenig lassen sich einzelne Maßnahmen einer bestimmten Vorhabensart zuordnen: „Unterschiedliche Probleme erfordern selbstverständlich verschiedene Lösungen. Eine einheitlich durchsetzbare ‚Unique Communication Proposition‘ muss deshalb eine Fiktion bleiben“ (Zerfaß, 2014, S. 56). Kommunikation ist immer kontextabhängig, die Auswahl der bestgeeigneten Instrumente hängt neben ihrer potenziellen Eignung immer von der konkreten Zielstellung, den Rahmenbedingungen und den Interessen und Einstellungen der zu adressierenden Zielgruppen ab (Krebber, 2015; Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Deshalb muss, um eine Steigerung des Akzeptanzniveaus zu erreichen, zunächst die Stakeholder:innen- und Interessenkonstellation bekannt sein sowie Diskussions- und Kontaktpunkte identifiziert werden, bevor die Instrumente festgelegt werden können (Interview mit Kommunikationsexpert:innen).

Dafür leistet diese Arbeit aber einen in dieser Art noch nicht dagewesenen Beitrag. Sie hat akzeptanzbeeinflussende Faktoren identifiziert und bearbeitet, die in der Kommunikation beachtet werden sollten. Positiv beeinflussende Faktoren sind Wissen, Vertrauen, Partizipation/Beteiligung, fairer Entscheidungsprozess, finanzielle Beteiligung, Risiko-Nutzen-Bilanz und regionale Wertschöpfung. Positive Medienberichterstattung, die Nutzung erfolgreicher Beispiele, die Identifikation befördern, und eine als positiv wahrgenommene Landschaftsveränderung, etwa durch die Inklusion von Gebieten, deren Nutzung bisher als negativ empfunden wurde, sind ebenso positive Einflussfaktoren.

Die Unternehmen müssen sich insgesamt „ihrer kommunikativen Wirkung bewusster werden“ (Meister & Oldenburg, 2008, S. 97). Sie müssen beständig kommunizieren, wenn sie Meinungen ändern und negative Einstellungen korrigieren wollen, weil sich die (In-)Akzeptanz durch sich ändernde Rahmenbedingungen selbst verändert. Sie müssen transparent Vor- und Nachteile kommunizieren, wobei sie ihren Fokus auf die konkreten Vorteile legen sollten. Sie müssen auf Befürchtungen durch konstruktiven Dialog eingehen und sie durch die Vermittlung von Wissen und Fakten abbauen und gleichsam offen für Änderungen sein, die Akzeptabilität und Akzeptanz fördern. Dabei müssen sie früher agieren, als es gesetzlich vorgesehen ist. Lokal und überregional muss es Unternehmen und Verbänden gelingen, die Fürsprache Anderer zu institutionalisieren, indem sie unterstützende Meinungen Externer und gleichsam die Mittel der Public Relations für sich nutzen. Medienmonitoring, Marktforschung (Interview mit Kommunikationsexpert:innen) und branchenrelevante Newsletter wie der Diskurs Themen-Monitor Energiewende (Diskurs Communication GmbH, o. D.) können dabei helfen, die richtigen Themen auszuwählen. Netzwerkanalysen können relevante Fürsprecher- und Gegner:innen identifizieren (Walter & Hanke, 2020).

Die sächsische Bevölkerung gibt an, dass ausführliche Informationen ihre Meinung zu verschiedenen Anlagearten kaum ändern würde (Tabelle 5.2). Dass diese Selbstwahrnehmung zutrifft, ist jedoch nicht sicher. Akzeptanzgenese erfolgt nicht als bewusster Entscheidungsprozess. Kommunikation kann diesen Prozess, wie jede Meinungsbildung, beeinflussen. Dabei darf sie nicht ausschließlich rationale, technikerklärende Informationen vermitteln. Sie muss, um erfolgreich zu sein, die individuellen Interessen der jeweiligen Zielgruppe befriedigen. Die integrierende Wirkung von Kommunikation als verständigungsorientierte Handlung hilft Unternehmen, die sich als Teil der Gesellschaft begreifen, Unentschlossene zu überzeugen. Die Wahrnehmung des Unternehmens als Teil der Gesellschaft ginge mit einer Veränderung der eigenen Anspruchshaltung einher. Die stärkere Ausrichtung auf das Handeln für das Gemeinwohl anstelle einer Maximierung des Profits würde bedeuten, zu akzeptieren, „dass nicht alles, was erlaubt ist, auch machbar ist. Machbar ist heute nur noch, was vermittelbar ist“ (Sasse, 2015, S. 337). Diesen Korridor des Vermittelbaren zu erweitern, ist das Ziel der in dieser Arbeit aufgezeigten strategischen Akzeptanzkommunikation.

Tabelle 5.2 Veränderung der Akzeptanz durch ausführliche Information nach ausgewählten Anlagearten. Nmin = 304, Nmax = 378; Mittelwert von eins für stark verschlechtern, zwei für leicht verschlechtern, drei für nicht verändern, vier für leicht verbessern und fünf für stark verbessern

FK 4: Wissenstransfer mittels Webapplikation Akzeptanz-O-Meter

Um den Wissenstransfer der in dieser Forschung gewonnen Erkenntnisse zu befördern, wurde die Webapplikation Akzeptanz-O-Meter entwickelt. Ihre Praxistauglichkeit wurde im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls geprüft. Die vier befragten Unternehmen waren aufgefordert, eine Bewertung anhand von acht Kategorien vorzunehmen (Tabelle 5.3). Bereits die Befragung von 133 in Sachsen tätigen Unternehmen in FK 3 hatte ergeben, dass 33,3 % der befragten Unternehmen nicht wissen, welche Maßnahmen in der Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden sollten. Dieses Defizit kann das Akzeptanz-O-Meter mindern. Sowohl bei der MIBRAG/MIBRAG Neue Energie GmbH als auch bei eins energie in sachsen GmbH & Co. KG waren die Kommunikationsverantwortlichen anwesend und bewerteten die Maßnahmenvorschläge der Webapplikation mit sehr gut oder gut. Mit jeweils 19 von 20 Punkten wurden die Bedienfreundlichkeit sowie der Akzeptanzvorhersage- und Informationswert bewertet. Jeweils 18 Punkte wurden bei den Maßnahmenvorschlägen und dem Gesamteindruck vergeben. Die Kategorien Gestaltung und Erläuterungen wurden mit jeweils 17 Punkten bewertet, der Informationswert – aufgrund der langjährigen Erfahrung der Unternehmensrepräsentant:innen – mit 14 Punkten.

Tabelle 5.3 Bewertungen der Kategorien durch Unternehmensrepräsentant:innen. Punktzahl von eins für sehr schlecht, zwei für schlecht, drei für in Ordnung, vier für gut bis fünf für sehr gut (Interview mit Unternehmensrepräsentant:innen)

Nach Kenntnisstand der Unternehmensrepräsentant:innen ist das Akzeptanz-O-Meter einzigartig. Es ist praxisrelevant, bietet Orientierung bezüglich der (In-)Akzeptanz der sächsischen Bevölkerung gegenüber den Projekten, unterstützt die Verantwortlichen bei Unternehmensentscheidungen maßgeblich und ist wegen der Maßnahmenvorschläge als Arbeitsgrundlage für die externe Kommunikationsarbeit geeignet. Dabei wurde der Nutzen insbesondere für regional noch nicht tätige Unternehmen hervorgehoben. Zudem äußerte ein:e Vertreter:in, dass sie die Applikation zusätzlich als Argumentationshilfe nutzen würde, um bei der Budgetplanung unternehmensintern Gelder für die Akzeptanzkommunikation zu akquirieren

Künftig gilt es, das Akzeptanz-O-Meter einem weiteren Kreis von Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Dies soll geschehen, wenn die Applikation überarbeitet wurde. Dabei sollen die Anmerkungen der Unternehmensvertreter:innen berücksichtigt und die empfohlenen Maßnahmen nochmals genauer betrachtet werden: Die Bewertung anhand der Media Richness Theorie soll durch weitere Wissenschaftler:innen vorgenommen oder der Analytic Hierarchy Process (Saaty, 2008) angewandt werden, um eine objektive Einstufung der Empfehlungen zu sichern. Die Inklusion weiterer Landkreise und kreisfreier Städte außerhalb Sachsens würde das Anwendungspotenzial stark erhöhen. Dies erfordert weitere Markt- und Meinungsforschung.

Nach Abschluss der Überarbeitung könnte das Akzeptanz-O-Meter als kostenlose Webapplikation ohne Zugangsbeschränkung bereitgestellt werden, indem der Login entfällt. Das Angebot kann den Unternehmen über Interessenverbände der Industrie wie die Industrie- und Handelskammern bekanntgemacht werden.

5.2 Kritische Reflexion und Forschungsdesiderata

Das betrachtete Akzeptanzsubjekt sächsische Bevölkerung sollte in folgenden Untersuchungen weiter spezifiziert werden: Erstens können unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben auch Minderjährige inkludiert werden. Sie engagieren sich bspw. in der Fridays for Future-Bewegung und sind die Wähler-, Entscheider:innen, Auszubildenden, Studierenden und Arbeitnehmer:innen von morgen. Zweitens kann sich an Gesellschafts- und Zielgruppentypologien wie den Sinus-Milieus (Sinus Markt- und Sozialforschung GmbH, o. D.) orientiert und drittens die Befragungsgebiete detaillierter betrachtet werden. Die Befragungsgebiete standen nicht im Fokus dieser Arbeit, dennoch konnten ortsabhängige Unterschiede festgestellt werden. Die Aussagen dazu können allerdings noch nicht als repräsentativ klassifiziert werden, da jeweils eine höhere Anzahl an Befragten notwendig gewesen wäre. Bei weiterführenden Untersuchungen sollte dies deshalb intensiver beleuchtet sowie die Gründe für die Unterschiede ermittelt werden.

Die repräsentativen Ergebnisse bezüglich der (In-)Akzeptanz der sächsischen Bevölkerung gegenüber den betrachteten Anlagearten bleiben in ihrer Prognosewirkung begrenzt (Endruweit, 1986; Cremer et al., 2008; Pietzner, 2015). Dies liegt einerseits daran, dass es schwierig ist, aus Befragungen auf die Wirklichkeit bei Vorhabensumsetzung zu schließen (Ott, 2002). Die Erforschung der „Zusammenhänge zwischen gegenwärtigen Einstellungen und späterem Verhalten“ (Cremer et al., 2008, S. 46) sowie der möglichen Diskrepanz zwischen ihnen (Herrmann, 1999) bleiben auch nach dieser Arbeit notwendig. Ullrich (2008) spricht zudem von einer „systematischen Schieflage“ (S. 25), da Handlungen, die auf Inakzeptanz schließen lassen, besser zu beobachten sind als jene, die von Akzeptanz zeugen. Zum anderen konnte und kann nur die gegenwärtige Situation, eingebettet in den aktuellen Akzeptanzkontext erfasst werden (Endruweit, 1986; Pietzner, 2015). Die Umfrage wurde im Jahr 2019 durchgeführt, mittlerweile könnten andere Meinungen vorherrschen. Kommt es in Zukunft zu kritischen Ereignissen wie Unfällen, kann dies kurzfristig zu Änderungen des (In-)Akzeptanzniveaus führen (Hunnius, 1988). Dies konnte bereits bei der Atomkraft nachgewiesen werden (Mackenthun, 2007) und ist bspw. auch bei Windkraftanlagen denkbar, wenn diese brennen, ihre Flügel brechen oder Menschen durch Eiswurf verletzt werden.

Durch die abgewandelte Inakzeptanz-Akzeptanz-Skala wurde eine differenzierte Ermittlung des (In-)Akzeptanzniveaus ermöglicht, eine eindeutige Selbstzuordnung zu den acht Stufen ist für die Befragten jedoch schwierig. Lässt die dicho- oder trichotome Abfrage kaum Raum für Abstufungen bei Unsicherheit, sind bei der achtstufigen Skala die Übergänge und Unterschiede zwischen den Stufen zum Teil marginal (Lindow, 2016). Die Zuordnung der acht Stufen in drei (In-)Akzeptanzausprägungen ist nicht in gleicher Anzahl möglich, drückt aber trotzdem die (In-)Akzeptanz aus. Wäre nur eine Einteilung in Inakzeptanz, Gleichgültigkeit und Akzeptanz abgefragt worden, wären die Angaben der Bevölkerung weniger differenziert und möglicherweise anders ausgefallen.

Für die vorliegende Untersuchung wurden als Akzeptanzobjekte elf Anlagearten abgefragt. In weiteren Untersuchungen sollte weiter differenziert werden, bspw. in Off- und On-Shore-Windkraftanlagen, solartechnische Dachanlagen und Solarparks sowie Tiefen- und oberflächennahe Geothermie. Das Spektrum lässt sich um neue Anlagearten wie Flugwindkraftanlagen (EnerKíte GmbH, o. D.), vertikale (Jüttemann, 2020) oder schaufellose Windkraftanlage (Yáñez Villarreal, 2018), Solid-State Wind-Energy Transformer (Epstein, 2019), Electrostatic Wind Energy Convertor (Djairam et al., 2005) und neue Gewinnungsarten wie Tiefsee- (TUBAF, 2015; Goedecke, 2017) und Weltraumbergbau (Goedecke, 2017; TUBAF, 2021) erweitern. Von der vorgeschlagenen Präzisierung abgesehen, fehlt es in Deutschland an einer kontinuierlichen und umfangreichen Industrieakzeptanzmessung (iit, 2015), welche alle Branchen und deren zum Teil neuartige Techniken abbildet.

Bei der Unternehmensbefragung konnten 133 Fälle betrachtet werden. Der Rücklauf ist üblich, überraschte dennoch: Nach Vorträgen zur (In-)Akzeptanz gegenüber dem Energie- und Rohstoffsektor auf Branchen- und wissenschaftlichen Konferenzen wurde stets großes Interesse der Unternehmensvertreter:innen gegenüber der Autorin geäußert, die die hohe Bedeutung der Forschung für ihr Unternehmenswohl unterstrichen. Diese Einsicht und der wahrgenommene Legitimationszwang sind aber offenbar nicht derart groß oder nur bei einem Teil der Unternehmen gegeben, weshalb die Rücklaufquote überraschte.

Den befragten Unternehmen scheint die Bedeutung des Stakeholder:innenmanagements und die Diversität der Anspruchsgruppen nicht vollumfänglich bewusst zu sein. Deshalb wurde zusätzlich zu den für diese Arbeit ursprünglich geplanten Inhalten eine grundlegende Übersicht der für Unternehmensprojekte relevanten Stakeholder:innen(-gruppen) erarbeitet. Sie ist in weiteren Veröffentlichungen zu erweitern sowie Bewertungen z. B. anhand der Kriterien Macht/Interesse (Spang, 2013), Macht/Legitimität/Dringlichkeit (Mitchell at al., 1997), Ausmaß/Wahrscheinlichkeit der Auswirkungen (Olander, 2007), Bedrohungs-/Kooperationspotenzial (Savage et al., 1991) oder Berechnungen mittels Vested interest-Impact Index (Bourne & Walker, 2005) vorzunehmen.

Die Forschung zur Akzeptanzkommunikation steht noch am Anfang (Höhne et al., 2018b), daher ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Maßnahmenkatalog um eine Auflistung handelt, welche keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat. Zudem basiert die Bewertung anhand der Media Richness Theory auf individueller Bewertung, andere Kommunikationswissenschaftler:innen könnten zu anderen Ergebnissen gelangen. Die Umwandlung des in dieser Arbeit vorgenommenen Scorings zu einem komplexeren Verfahren der Entscheidungswissenschaften wie dem Analytic Hierarchy Process (Saaty, 2008) könnte dies verbessern und dabei die Parameter der Media Richness Theorie durch die Einbeziehung mehrerer Expert:innen wichten.

Bei der Befragung der Kommunikationsexpert:innen hätte explizit erfragt werden können, welche Maßnahmen nicht geeignet sind, um Akzeptanz zu steigern, womit die noch immer umfangreiche Liste gekürzt hätte werden können. Bei dieser Befragung ist, wie bei der Methode allgemein, zu beachten, dass es sich um Erfahrungswissen handelt und kein empirischer Beweis für die Aussagen gegeben ist (Bogner et al., 2014). Folglich äußerten die Expert:innen sich unterschiedlich bezüglich der Bedeutung von Wissen sowie Beteiligungsmöglichkeiten. Diese abgefragten Faktoren geben zudem nur einen Teil der Akzeptanzfaktoren wieder. Dabei fehlt es auch an Nachweisen, dass und wie ein Faktor, dessen Einfluss bei erneuerbarer Energieumwandlungsanlage W nachgewiesen wurde, auch bei erneuerbarer Energieumwandlungsanlage X oder der fossilen Energieumwandlungsanlage Y oder Rohstoffgewinnungsanlage Z Einfluss nimmt.

Bei der Übertragung der Forschungsergebnisse durch die Unternehmen in ihr Handeln wird das Controlling der Kommunikationsaktivitäten herausfordernd. Zum einen, da es „keine Garantie [gibt], dass eine bestimmte Intervention bei allen Angesprochenen gleichermaßen zu einer höheren Akzeptanz führt“ (Schäfer & Keppler, 2013, S. 42) und zum anderen, da schwer zu evaluieren ist, ob eine Änderung in der Einstellung oder Akzeptanz wegen einer Kommunikationsmaßnahme eintrat oder andere Einflüsse dazu führten (Besson, 2008). Die Forschungslage in diesem Bereich sollte deshalb um Ex-post-Studien oder Wertbaumanalysen erweitert werden. Letzteres Verfahren dient der Erfassung von relevanten Beurteilungskriterien für die Entscheidungsfindung (von Winterfeldt, 1999; Renn, 2015c), welche bspw. mittels Multiattribute Utility-Analyse gewichtet werden können (von Winterfeldt, 1999), sodass der Prozess der Entscheidungsfindung verhältnismäßig genau nachgezeichnet und zukünftig in das Projekt- und Kommunikationsmanagement einbezogen werden kann.

Derzeit zeigt sich in Wissenschaft und Praxis die Tendenz, dass Kommunikationsmanagement nachhaltig zu gestalten. Unter nachhaltigem Kommunikationsmanagement wird eine ganzheitliche und integrationsorientierte Herangehensweise verstanden, bei der innerhalb der Kommunikation positive Einflussfaktoren wie die Botschaften oder die Art der Kommunikation verstärkt berücksichtigt, negative reduziert sowie die Prozesse effektiver gestaltet und langfristige Wirkungen angestrebt werden (Vonier, 2013). Die Auseinandersetzung mit nachhaltigem Kommunikationsmanagement kann insbesondere bei KMU und Verbänden zu einer höheren Akzeptanz durch Kommunikation beitragen, die das Aufwand-Nutzen-Verhältnis verbessert, und so die geringeren Ressourcen der KMU berücksichtigt.

Der Wissenstransfer in die Wirtschaft mit dem Akzeptanz-O-Meter kann aufgrund der Interviews mit den Unternehmensrepräsentant:innen als geglückt beschrieben werden. Die Vertreter:innen gaben aber auch Hinweise zum Verbesserungspotenzial. Die Anregungen lassen sich über zusätzliche Informationsfelder umsetzen: Erläuterungen zu den (In-)Akzeptanzstufen, Beispiele zu den Maßnahmen sowie Erklärungen zu ihrer Bewertung. Der Wunsch, die Datenbank regelmäßig zu aktualisieren sowie auf andere Bundesländer auszuweiten, kann nur durch weiterführende Forschung erfüllt werden. Dadurch könnte sichergestellt werden, dass die Nutzer:innen die Applikation langfristig anwenden.

Unabhängig von der Unterstützung für Unternehmen durch diese Forschung und der aus ihr entstandenen Applikation können Maßnahmen auch direkt bei den Verbraucher:innen ansetzen. Zu prüfen wäre dabei bspw. das aus der Verhaltensökonomie stammende Konzept des Nudgings (Sunstein & Thaler, 2003). Nudge kann mit Schubs, Stubs oder Anstoß übersetzt werden (Renn, 2015b; Huber-Heim, 2017). Kern ist, das Verhalten von Personen gezielt und verdeckt, allerdings nicht erzwungen zu beeinflussen, indem die gemeinwohlförderliche Option als simpler präsentiert wird (Sunstein & Thaler, 2003; Renn, 2015b). So könnte der Bulldozereffekt (Renn, 2015b) minimiert werden, indem der Durchführungswillen genutzt wird: Fragen wie Werden Sie Ihr Kind impfen lassen? führen zu einer höheren Anzahl an Impfungen (Sunstein, 2014). Fragen wie Werden Sie sich am Beteiligungsverfahren zum neuen Windpark beteiligen? könnten folglich dazu führen, dass mehr Personen diese Veranstaltungen besuchen. Weiterhin können soziale Normen durch finanzielle Beteiligung inkludiert werden: Die Förderung von Kindern ist ein positives Motiv, finanzielle Unterstützung von Kindergärten und Projekte mit Grundschulen, die direkt mit Projekten verbunden sind, könnten – obwohl sie dem kinderlosen Anteil der Gesellschaft keinen direkten Nutzen bringen – positiv für die Akzeptanz des Vorhabens wirken. Die Offenlegung von Informationen, teils auch über getroffene Entscheidungen, kann ebenso akzeptanzfördernd sein: Geschieht die kommunale Versorgung durch lokale Energieumwandlung und werden die dabei erzielten Gewinne gemeinwohlorientiert durch kommunale Träger eingesetzt, sollten diese Effekte anhand spezifischer Vorstellung von Projekten und Energiebilanzen kommuniziert werden.

Es bleibt festzustellen, dass bei künftigen Energie- und Rohstoffprojekten im Freistaat Sachsen weiterhin Plakate mit Slogans wie „STOPPT WINDRAD-WAHNSINN“ (Lehmann, 2015) oder „KIES IST MIES“ (NEIN zum Sand- und Kiesabbau in Königshain, Claußnitz & Altmittweida, 2020b) zu sehen sein werden. 100 %-ige Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung zu erreichen, ist unmöglich, weil es immer Individuen gibt, in deren Wahrnehmung die Nachteile überwiegen. In dieser Arbeit konnte gleichwohl durch ein differenziertes Bild der (In-)Akzeptanz der sächsischen Bevölkerung sowie der Situation der Unternehmer:innen und die Bestimmung der potenziell akzeptanzsteigernden (Kommunikations-)Maßnahmen dazu beigetragen werden, dass bei Beachtung der Erkenntnisse sowie gezielter Ansprache und Überzeugung der bisher Unentschlossenen das Akzeptanzniveau bei der Bevölkerung steigen und somit die Transformation des Energiesystems ebenso wie die heimische Rohstoffversorgung gesichert werden kann.