In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Analysen analog der Reihenfolge der FK vorgestellt. Zuerst wird die (In-)Akzeptanz der Bevölkerung sowie die Befunde zu den Akzeptanzfaktoren dargelegt. Daran schließen sich die Ergebnisse zur sächsischen Energie- und Rohstoffbranche an. Es folgen Ausführungen zum Nutzen und den Möglichkeiten der Akzeptanzsteigerung mittels Kommunikation. Die Erkenntnisse führen zur Vorstellung der auf dieser Grundlage entwickelten Webapplikation sowie deren Evaluierung. Beendet werden die Ausführungen mit Ableitungen zur Steigerung der soziopolitischen Akzeptanz.

4.1 (In-)Akzeptanz der sächsischen Bevölkerung gegenüber Projekten des Energie- und Rohstoffsektors

Im Rahmen dieser Arbeit ist es möglich, die Antworten von 1.006 in Sachsen wohnenden, deutschsprachigen, volljährigen, nach einem mehrstufigen, geschichteten Zufallsprinzip ausgewählten Personen auszuwerten; damit ist die Umfrage für den Freistaat Sachsen repräsentativ.

Neben der (In-)Akzeptanz wird erfragt, wie groß das Interesse der Bevölkerung an der Energieversorgung ist, wie die Teilnehmer:innen ihren Wissensstand zu den Themen Energie und Rohstoffe einschätzen sowie wie oft und über welche Kanäle sie sich informieren. Ebenfalls wird abgefragt, wie gut sie sich zu den Anlagearten informiert fühlen. Im Bereich des Rohstoffabbaus ist zudem von Interesse, ob die sächsische Bevölkerung diesen im eigenen Land durchgeführt wissen will oder ob sie die Rohstoffversorgung mittels Importen bevorzugt und wie sie dies jeweils begründet. Daran schließt sich an, welche Vorbehalte die Bevölkerung gegenüber der fossilen sowie erneuerbaren Energieumwandlung hat und welche Faktoren wie bspw. die Schaffung neuer Arbeitsplätze oder Bekanntheit des durchführenden Unternehmens einen Einfluss auf die (In-)Akzeptanz haben. Diese weiterführenden Fragen werden genutzt, um akzeptanzbeeinflussende Faktoren festzustellen und zu überprüfen.

4.1.1 Soziopolitische und lokale (In-)Akzeptanz

Die Befragten ordnen sich bezogen auf die ausgewählten Anlagen bzw. Vorhaben aus dem Energie- und Rohstoffsektor einer der acht (In-)Akzeptanzstufen zu (explizite Einstellungsmessung). Der Fragenkomplex beinhaltet dazu zwei Fragestellungen, eine zur soziopolitischen (In-)Akzeptanz: Wie würden Sie Ihre generelle Einstellung gegenüber den folgenden Arten der Energiegewinnung bzw. Abbauarten beschreiben?Footnote 1 und zur lokalen (In-)Akzeptanz: Stellen Sie sich vor, in Ihrer Nähe (Umkreis 5 km) wird [Anlageart] errichtet. Wie stehen Sie dazu?

Soziopolitische (In-)Akzeptanz

Die Auswertung der (In-)Akzeptanzstufen gegenüber den Anlagearten zeigt, dass die sächsische Bevölkerung denen der erneuerbaren Energieumwandlung am ehesten akzeptierend gegenübersteht (Tabelle 4.1). Die soziopolitische (In-)Akzeptanzstufe \(\overline{X}_{SA}\)Footnote 2 ist für Wasser-, Solar- und Windkraftanlagen am höchsten. Biomasse- und Geothermieanlagen sowie fossile Energieumwandlung mittels Gas und Öl werden geringer bewertet und sind damit weniger akzeptiert. Die soziopolitische (In-)Akzeptanzstufe für das Kohlekraftwerk sowie den Tage- und Untertagebau weisen die geringsten Bewertungen auf und sind dementsprechend am wenigsten akzeptiert.

Tabelle 4.1 Soziopolitische (In-)Akzeptanzstufen gegenüber Anlagearten. Nmin = 995, Nmax = 1.006; Mittelwert von eins für Aktive Gegnerschaft, zwei für Ablehnung, drei für Zwiespalt, vier für Gleichgültigkeit, fünf für Duldung, sechs für Konditionale Akzeptanz, sieben für Zustimmung bis acht für Engagement; samt Hervorhebung der höchsten und niedrigsten Prozentwerte je Anlageart

Exemplarisch wird auf Unterschiede in den soziopolitischen (In-)Akzeptanzstufen in den Befragungsgebieten eingegangen. Der Energieumwandlung aus Kohle stehen die Bürger:innen eher gleichgültig gegenüber, \(\overline{X}_{SA}\) = 4,4. Innerhalb des Freistaats zeigen sich dabei Unterschiede: In Nord- und Mittelsachsen ist \(\overline{X}_{SA}\) = 3,8 und damit im Landesvergleich am geringsten. Beide teilen die Kreisgrenze mit dem Landkreis Leipzig, wo \(\overline{X}_{SA}\) = 4,9 und Kohle damit akzeptierter ist; die Bewertung ist im Landkreis Görlitz ebenso hoch. Der Windkraft steht die Bevölkerung in Sachsen grundsätzlich eher positiv gegenüber, \(\overline{X}_{SA}\) = 5,6. In Dresden ist die soziopolitische (In-)Akzeptanzstufe mit \(\overline{X}_{SA}\) = 6,3 besonders hoch, im Vogtlandkreis mit \(\overline{X}_{SA}\) = 4,6 am niedrigsten. Beim Abbau von Rohstoffen in einem Tagebau (sachsenweit \(\overline{X}_{SA}\) = 4,2), sticht der Landkreis Bautzen mit \(\overline{X}_{SA}\) = 5 im Vergleich zu den angrenzenden Landkreisen Görlitz und Dresden mit \(\overline{X}_{SA}\) = 4 hervor. In Nordsachsen ist die soziopolitische (In-)Akzeptanzstufe mit \(\overline{X}_{SA}\) = 3,8 am geringsten, der Rohstoffabbau wird in dieser Region nur wenig akzeptiert.

Zur übersichtlicheren Darstellung werden die (In-)Akzeptanzstufen den entsprechenden (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber den Anlagearten zugeordnet (Abbildung 4.1). Daraus resultiert bei der Wasserkraftanlage zu 86,1 % die Ausprägung Akzeptanz, gefolgt von 81,2 % bei Solar-, 66,2 % bei Windkraft- und 58,1 % bzw. 57,5 % bei Biomasse- bzw. Geothermieanlage. Mit 51,9 % akzeptierenden Befragten führt Gas die Liste der fossilen Energieumwandlungsanlagen an, gefolgt von Öl mit 38,9 % und Kohle mit 31,9 %. 19,5 % akzeptieren untertägigen Abbau nicht, 2,0 Prozentpunkte weniger Tagebaue nicht. Ein Atomkraftwerk akzeptieren 42,4 % nicht, 40,2 % stehen dieser Anlageart eher gleichgültig gegenüber und 17,4 % akzeptieren sie.

Abbildung 4.1
figure 1

Soziopolitische (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber Anlagearten. Nmin = 995, Nmax = 1.006

Damit die soziopolitische (In-)Akzeptanzausprägung der sächsischen Bevölkerung gegenüber der fossilen und erneuerbaren Energieumwandlung sowie dem Rohstoffabbau (Kategorien) abgeleitet werden können, werden die aus den (In-)Akzeptanzstufen in die entsprechende (In-)Akzeptanzausprägung umgewandelten Angaben den Kategorien zugeordnet.

In Sachsen ist die Inakzeptanz mit 18,5 % und Gleichgültigkeit mit 53,2 % gegenüber dem Rohstoffabbau im Vergleich zu den anderen Kategorien am höchsten (Tabelle 4.2). Die soziopolitische (In-)AkzeptanzausprägungFootnote 3 beim Rohstoffabbau beträgt \(\overline{X}_{sa}\) = 2,1. Mit 11,7 % Inakzeptanz folgt die fossile Energieumwandlung, welcher 47,4 % der Bevölkerung gleichgültig gegenübersteht. Die erneuerbare Energieumwandlung weist mit 4,5 % für Inakzeptanz und 25,7 % für Gleichgültigkeit die geringsten Werte in diesen Ausprägungen auf. Die Energieumwandlung aus erneuerbaren Quellen erfährt mit 69,9 % die größte Akzeptanz, gefolgt von 40,9 % bei der fossilen Energieumwandlung und 28,3 % beim Rohstoffabbau.

Tabelle 4.2 Soziopolitische (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber Kategorien. Nmin = 995, Nmax = 1.006; Mittelwert von eins für Inakzeptanz, zwei für Gleichgültigkeit bis drei für Akzeptanz

In den soziodemografischen Gruppen sind für die fossile Energieumwandlung mehrere Abweichungen auffällig (Tabelle 4.3). Die Inakzeptanz ist bei den 18- bis 29-Jährigen am höchsten und die Akzeptanz am geringsten. Je einkommensstärker, desto höher die Akzeptanz und desto geringer die Werte bei der Inakzeptanz. Je interessierter oder involvierter die Befragten, desto höher die Akzeptanz und geringer die Inakzeptanz. Je informierter sich die Befragten fühlen, desto höher sind die Werte bei der Akzeptanz. Diejenigen, die sich häufiger informieren, weisen geringere Inakzeptanzwerte auf als die Befragten, die dies seltener tun. Je mehr Bedenken die Befragten gegenüber der fossilen Energieumwandlung haben, desto höher die Werte der Inakzeptanz und umgekehrt: Je weniger Bedenken die Befragten haben, desto höher die Akzeptanz.

Tabelle 4.3 Soziopolitische (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber fossiler Energieumwandlung nach Gruppen. Samt Hervorhebung der höchsten und niedrigsten Akzeptanz- und Inakzeptanzwerte; Auszug

Bei der soziopolitischen (In-)Akzeptanzausprägung gegenüber der erneuerbaren Energieumwandlung stehen mehr Männer dieser kritischer gegenüber als Frauen (Tabelle 4.4), wobei dies ebenso für die fossile Energieumwandlung und den Rohstoffabbau gilt (Tabelle 4.3, 4.5). Bei der soziopolitischen (In-)Akzeptanzausprägung ist auffällig, dass zwischen der Inakzeptanz gegenüber erneuerbarer Energieumwandlung und der Akzeptanz fossiler Energieumwandlung ein direkter Bezug besteht: Je weniger Bedenken die Befragten gegenüber der fossilen Energieumwandlung haben, desto höher die Werte für die Inakzeptanz gegenüber der erneuerbaren Energieumwandlung. Gleichzeitig nimmt die Gleichgültigkeit gegenüber der erneuerbaren mit den Bedenken gegenüber der fossilen Energieumwandlung ab und die Akzeptanz steigt. Erkennbar ist zudem, dass die Inakzeptanz zunimmt, je informierter sich die Teilnehmer:innen gegenüber der erneuerbaren Energieumwandlung fühlen, wobei der höchste Inakzeptanzwert bei denjenigen gegeben ist, welche sich selten informieren. Eine mögliche Erklärung dafür könnte sein, dass diejenigen, die sich aufgrund negativer Einstellung zu erneuerbarer Energie über das Thema informieren, ihre Meinung dadurch festigen.

Tabelle 4.4 Soziopolitische (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber erneuerbarer Energieumwandlung nach Gruppen. Samt Hervorhebung der höchsten und niedrigsten Akzeptanz- und Inakzeptanzwerte; Auszug

Der Wert für Gleichgültigkeit nimmt mit dem Bildungsstand ab und der Wert für Akzeptanz zu. Die Akzeptanz nimmt zudem zu, je involvierter die Befragten sind. Mit steigender Anzahl der Bedenken gegenüber der erneuerbaren Energieumwandlung nehmen die Inakzeptanz- ebenso wie die Akzeptanzwerte zu, die Gleichgültigkeit sinkt. Der Grund für den scheinbaren Widerspruch aus Bedenken und höherer Akzeptanz ist den Daten nicht zu entnehmen, mutmaßlich könnten die Befragten jedoch ihre Bedenken als nachgeordnet betrachten, weil sie der Energiewende durch erneuerbare Energieumwandlung höhere Priorität zuschreiben.

Dem Rohstoffabbau stehen weniger Männer als Frauen gleichgültig gegenüber (Tabelle 4.5). Die Inakzeptanz ist bei den jüngsten und ältesten Befragten am höchsten, den höchsten Wert bei der Akzeptanz haben die 46- bis 59-Jährigen. Beim Bildungsniveau zeigt sich, dass die Akzeptanzwerte mit dem Bildungsgrad steigen; beim Einkommen verhält es sich ebenso. Je involvierter die Befragten, desto höher die Werte bei der Inakzeptanz und Akzeptanz und desto geringer die Gleichgültigkeit. Zudem steigen die Werte bei der Akzeptanz, je informierter sich die Befragten fühlen und die Werte bei der Inakzeptanz nehmen mit der Häufigkeit der Information zu. Je mehr Bedenken die Befragten gegenüber der fossilen Energieumwandlung haben, desto eher sind sie dem Rohstoffabbau gegenüber ablehnend eingestellt.

Tabelle 4.5 Soziopolitische (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber Rohstoffabbau nach Gruppen. Samt Hervorhebung der höchsten und niedrigsten Akzeptanz- und Inakzeptanzwerte; Auszug

Lokale (In-)Akzeptanz

In der zweiten Frage des Blocks sollten sich die Teilnehmer:innen vorstellen, dass eines der Vorhaben im Umkreis von 5 km von ihrem Wohnort umgesetzt werden soll. Anschließend sollten sie ihre (In-)Akzeptanzstufe gegenüber dieser Anlageart angeben.Footnote 4 Die lokale (In-)AkzeptanzstufeFootnote 5 ist bei der Wasserkraft- und Solaranlage mit \(\overline{X}_{LA}\) = 5,6 und \(\overline{X}_{LA}\) = 5,5 am höchsten, sie werden eher akzeptiert (Tabelle 4.6). Eine Geothermie-, Windkraft- und Biomasseanlage ist weniger akzeptiert. Ein geringeres (In-)Akzeptanzniveau weisen Gas- und Ölkraftwerk auf, gefolgt von einem Tagebau und einem Kohlekraftwerk.

Tabelle 4.6 Lokale (In-)Akzeptanzstufen gegenüber Anlagearten. Nmin = 995, Nmax = 1.002; Mittelwert von eins für Aktive Gegnerschaft, zwei für Ablehnung, drei für Zwiespalt, vier für Gleichgültigkeit, fünf für Duldung, sechs für Konditionale Akzeptanz, sieben für Zustimmung bis acht für Engagement; samt Hervorhebung der höchsten und niedrigsten Prozentwerte je Anlageart

Wie bei der soziopolitischen werden bei Betrachtung der lokalen (In-)Akzeptanz die (In-)Akzeptanzstufen gegenüber den Anlagearten den entsprechenden (In-)Akzeptanzausprägungen zugeordnet (Abbildung 4.2). Daraus resultiert bei der Wasserkraftanlage zu 65,6 % die Ausprägung Akzeptanz. Bei der Solaranlage liegt der Wert bei 62,7 %, bei der Geothermieanlage bei 43,5 %, bei der Windkraftanlage bei 38,8 % und bei der Biomasseanlage bei 35,6 %.

Abbildung 4.2
figure 2

Lokale (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber Anlagearten. Nmin = 995, Nmax = 1.002

Wird die durch ihre Mittelwerte bestimmte Reihenfolge der Anlagearten bei der soziopolitischen und lokalen (In-)Akzeptanzausprägung (Abbildung 4.1, Abbildung 4.2) verglichen, ist diese bei den ersten zwei Plätzen gleich: Die Akzeptanz für eine Wasserkraft- und Solaranlage ist am höchsten. Die Windkraft- und Biomasseanlage verlieren im Vergleich zur soziopolitischen Betrachtung einen Platz, während die Geothermie bei lokaler Betrachtung auf Position drei vorrückt. Wie bei der soziopolitischen folgen bei der lokalen (In-)Akzeptanzausprägung Gas- und Ölkraftwerk. Anstatt Kohlekraftwerk, Tagebau und Untertagebau ist bei der lokalen Betrachtung der untertägige Abbau akzeptierter als der Tagebau. Am Ende folgt jeweils das Kohle- vor dem Atomkraftwerk. Allgemein nimmt die durchschnittliche Akzeptanz im Lokalen ab. Die Abweichung lässt sich durch die Differenz a von lokaler und soziopolitischer (In-)AkzeptanzausprägungFootnote 6 ausdrücken (Formel 4.1).

$$\Delta_{a} {{ = \overline{X}}}_{{la}} - {{ \overline{X}}}_{{sa}}$$

Formel 4.1: Differenz der lokalen (\(\overline{X}_{la}\)) und soziopolitischen (\(\overline{X}_{sa}\)) (In-)Akzeptanzausprägungen a

Bei Geothermie-, Solar- und Wasserkraftanlage ist \(\overline{X}_{la}\) um 0,2 geringer (Tabelle 4.7). Bei Gas- und Kohlekraftwerken nimmt \(\overline{X}_{la}\) um 0,6 ab. Die größten Unterschiede bei der Inakzeptanz sind bei einem Kohlekraftwerk (+39,9 Prozentpunkte) und einem Tagebau (+35,5 Prozentpunkte) festzustellen. Die größte Abweichung bei der Akzeptanz ist bei einem Gaskraftwerk (−32,7 Prozentpunkte) erkennbar.

Tabelle 4.7 Abweichungen der lokalen von den soziopolitischen (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber Anlagearten. Nmin = 995, Nmax = 1.006; samt Hervorhebung der höchsten und niedrigsten Inakzeptanz- und Akzeptanzabweichungen

Werden soziopolitische und lokale (In-)AkzeptanzstufenFootnote 7 verglichen, zeigen sich unterschiedliche Grade der Abweichung in den Befragungsgebieten. Für eine übersichtliche Analyse wurde die Differenz der lokalen und soziopolitischen (In-)Akzeptanzstufen A gebildet (Formel 4.2).

$$\Delta_{A} {{ = \overline{X}}}_{LA} - {\overline{{X}}}_{SA}$$

Formel 4.2: Differenz der lokalen (\(\overline{X}_{LA}\)) und soziopolitischen (\(\overline{X}_{SA}\)) (In-)Akzeptanzstufen A

Bei der Energieumwandlung mittels Kohlekraftwerk liegt die Differenz von lokaler und soziopolitischer (In-)Akzeptanzstufe zum sachsenweiten Mittel bei A = −1,4. Im Erzgebirgskreis ist sie mit A = −0,9 am geringsten, im Landkreis Zwickau mit A = −1,9 am höchsten (Abbildung 4.3). In Nordsachsen beträgt die lokale (In-)Akzeptanzstufe \(\overline{X}_{LA}\) = 2,3, das Kohlekraftwerk ist dort am wenigsten akzeptiert; im Landkreis Zwickau ist \(\overline{X}_{LA}\) = 4,5, damit am höchsten und die Anlage akzeptierter.

Die lokale (In-)Akzeptanzstufe gegenüber der Energieumwandlung mittels Windkraft weicht im Durchschnitt um eine von acht (In-)Akzeptanzstufen von der soziopolitischen ab. In Dresden ist die Differenz von lokaler und soziopolitischer (In-)Akzeptanzstufe am höchsten, A = −1,7 (Abbildung 4.4). Im Vogtlandkreis ist die lokale (In-)Akzeptanzstufe \(\overline{X}_{LA}\) = 3,8, die Windkraftanlage dort am wenigsten akzeptiert. Im Landkreis Görlitz ist \(\overline{X}_{LA}\) = 5,1 und die Anlage dort im Vergleich zu den anderen Befragungsgebieten stärker akzeptiert. Nur im Landkreis Nordsachsen sind lokale und soziopolitische (In-)Akzeptanzstufe identisch, \(\overline{X}_{SA}\) = \(\overline{X}_{LA}\) = 5,0.

Die durchschnittliche Differenz zwischen lokaler und soziopolitischer (In-)Akzeptanzstufe beim Rohstoffabbau in einem Tagebau beträgt A = −1,1. In den Landkreisen Nord- und Mittelsachsen sowie dem Vogtlandkreis ist der Unterschied mit A = −1,4 am höchsten, im Landkreis Görlitz und dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ist er am geringsten, A = −0,9 (Abbildung 4.5). Absolut ist die lokale (In-)Akzeptanzstufe in Nordsachsen mit \(\overline{X}_{LA}\) = 2,4 am geringsten und damit im Vergleich zu den anderen Befragungsgebieten am wenigsten akzeptiert. Im Landkreis Leipzig ist \(\overline{X}_{LA}\) = 3,7 und damit am höchsten.

Abbildung 4.3
figure 3

Soziopolitische \(\overline{X}_{SA}\) (normal) und lokale \(\overline{X}_{LA}\) (fett) (In-)Akzeptanzstufen gegenüber Kohlekraftwerk nach Befragungsgebieten. Mittelwert von eins für Aktive Gegnerschaft, zwei für Ablehnung, drei für Zwiespalt, vier für Gleichgültigkeit, fünf für Duldung, sechs für Konditionale Akzeptanz, sieben für Zustimmung bis acht für Engagement

Abbildung 4.4
figure 4

Soziopolitische \(\overline{X}_{SA}\) (normal) und lokale \(\overline{X}_{LA}\) (fett) (In-)Akzeptanzstufen gegenüber Windkraftanlage nach Befragungsgebieten. Mittelwert von eins für Aktive Gegnerschaft, zwei für Ablehnung, drei für Zwiespalt, vier für Gleichgültigkeit, fünf für Duldung, sechs für Konditionale Akzeptanz, sieben für Zustimmung bis acht für Engagement

Abbildung 4.5
figure 5

Soziopolitische \(\overline{X}_{SA}\) (normal) und lokale \(\overline{X}_{LA}\) (fett) (In-)Akzeptanzstufen gegenüber Tagebau nach Befragungsgebieten. Mittelwert von eins für Aktive Gegnerschaft, zwei für Ablehnung, drei für Zwiespalt, vier für Gleichgültigkeit, fünf für Duldung, sechs für Konditionale Akzeptanz, sieben für Zustimmung bis acht für Engagement

Damit die lokale (In-)AkzeptanzausprägungFootnote 8 der sächsischen Bevölkerung gegenüber den Kategorien abgeleitet werden kann, werden die Anlagearten den Kategorien zugeordnet. Erneuerbare Energieumwandlung im eigenen Umfeld weist im Vergleich zu fossiler Energieumwandlung und Rohstoffabbau die höchste lokale Akzeptanz auf: 49,2 % der Befragten stehen der erneuerbaren Energieumwandlung akzeptierend, 35,8 % gleichgültig und 11,9 % negativ gegenüber (Tabelle 4.8). Anlagen der fossilen Energieumwandlung empfinden 15,0 % in ihrer Umgebung als akzeptabel, 42,7 % stehen ihnen gleichgültig und 42,3 % negativ gegenüber. Dem Rohstoffabbau in ihrem Umfeld stehen 13,6 % akzeptierend, 35,8 % gleichgültig und 50,7 % negativ gegenüber.

Tabelle 4.8 Lokale (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber Kategorien. Nmin = 995, Nmax = 1.002; Mittelwert von eins für Inakzeptanz, zwei für Gleichgültigkeit bis drei für Akzeptanz

Bei der lokalen (In-)Akzeptanzausprägung gegenüber der fossilen Energieumwandlung im eigenen Umfeld überwiegt bei 37,7 % der Männer und 46,7 % der Frauen Inakzeptanz (Tabelle 4.9). Akzeptieren würden die Anlagen 18,1 % der Männer und 12,0 % der Frauen. Mit steigendem Interesse am Thema Energie nimmt die Zahl der Befragten ab, die der fossilen Energieumwandlung negativ gegenüberstehen, die Akzeptanzwerte nehmen zu. Mit höherem Involvement- und Informationsgrad nimmt die Akzeptanz ebenso zu und die Inakzeptanz ab. Bei zunehmenden Bedenken gegenüber der fossilen Energieumwandlung steigen die Inakzeptanz- und sinken die Akzeptanzwerte. Personen, die mehr Bedenken gegenüber der erneuerbaren Energieumwandlung haben, weisen geringere Werte bei der Inakzeptanz und höhere Akzeptanzwerte bei der fossilen Energieumwandlung auf.

Tabelle 4.9 Lokale (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber fossiler Energieumwandlung nach Gruppen. Samt Hervorhebung der höchsten und niedrigsten Akzeptanz- und Inakzeptanzwerte; Auszug

Werden soziopolitische und lokale (In-)Akzeptanzausprägung gegenüber fossiler Energieumwandlung verglichen, sind Unterschiede feststellbar. Allgemein zeigen 13,4 % der Männer und 10,1 % der Frauen Inakzeptanz gegenüber fossiler Energieumwandlung; betrifft ein konkretes Vorhaben im lokalen Umfeld sie persönlich, übertrifft die Inakzeptanz der Frauen die der Männer: 46,7 % der Frauen und 37,7 % der Männer würden die fossile Energieumwandlung in ihrem Umfeld nicht akzeptieren. Die höchste Abweichung ist bei der ältesten Altersgruppe zu erkennen: 9,2 % der über 76-Jährigen geben an, der fossilen Energieumwandlung negativ gegenüberzustehen, sind sie persönlich betroffen, steigt der Inakzeptanzwert auf 44,2 %.

Anlagen zur Energieumwandlung aus erneuerbaren Quellen im näheren Umfeld stehen 11,9 % der Befragten negativ, 38,9 % gleichgültig und 49,2 % akzeptierend gegenüber (Tabelle 4.10). Mit dem Alter sinken die Akzeptanzwerte, mit dem Bildungsgrad, Interesse, Involvement- und Informationsgrad steigen sie, ebenso wie mit den Bedenken gegenüber der fossilen und paradoxerweise gegenüber der erneuerbaren Energieumwandlung.

Tabelle 4.10 Lokale (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber erneuerbarer Energieumwandlung nach Gruppen. Samt Hervorhebung der höchsten und niedrigsten Akzeptanz- und Inakzeptanzwerte; Auszug

Werden die Angaben zu den erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen im Allgemeinen und ihrem Bau im Umkreis verglichen, zeigt sich, dass die Abweichung zu einer höheren lokalen Inakzeptanz mit steigendem Alter größer ausfällt: Bei den Jüngsten beträgt diese 3,1 Prozentpunkte, bei den Ältesten 12,2 Prozentpunkte. Die Abweichung bei der Akzeptanz ist bei der ältesten Gruppe ebenfalls am höchsten, lokal ist sie 26,8 Prozentpunkte niedriger.

Dem Rohstoffabbau in ihrer Nähe stehen 50,7 % der Befragten negativ, 35,8 % gleichgültig und 13,6 % akzeptierend gegenüber (Tabelle 4.11). Männer würden den Abbau eher akzeptieren als Frauen. Die ältesten Befragten stehen den Vorhaben am kritischsten gegenüber. Sind Bildung, Einkommen und Informationsgrad höher, nimmt die Inakzeptanz ab und die Akzeptanz zu. Die älteste Gruppe verändert ihren Wert in Richtung höherer Inakzeptanz am stärksten: Allgemein geben 24,2 % dieser Altersgruppe Inakzeptanz an, bei der Umsetzung von Rohstoffvorhaben in ihrem Umfeld verändert sich dieser Werte auf 71,6 %.

Tabelle 4.11 Lokale (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber Rohstoffabbau nach Gruppen. Samt Hervorhebung der höchsten und niedrigsten Akzeptanz- und Inakzeptanzwerte; Auszug

Grundsätzlich ändern sich alle Akzeptanzwerte, sobald statt soziopolitischer die lokale (In-)Akzeptanz erfragt wird: Die Akzeptanz sinkt, die Inakzeptanz steigt (Abbildung 4.6; Tabelle 4.12). Während die Gleichgültigkeit gegenüber der fossilen Energieumwandlung und dem Rohstoffabbau im direkten Umfeld ebenso sinkt, steigt sie gegenüber erneuerbarer Energieumwandlung. Die Inakzeptanz gegenüber der fossilen Energieumwandlung steigt von 11,7 % auf 42,3 % im lokalen Umfeld. Gleichgültig stehen den Anlagearten im 5 km-Umkreis 42,7 % gegenüber und akzeptieren würden sie 15,0 %. Die Inakzeptanz gegenüber der erneuerbaren Energieumwandlung steigt von 4,5 % auf 11,9 %. Die Gleichgültigkeit nimmt von 25,7 % auf 35,8 % zu und akzeptieren würden sie 49,2 % und damit 20,7 Prozentpunkte weniger als soziopolitisch. Die Inakzeptanz gegenüber Abbauvorhaben steigt um 32,2 Prozentpunkte auf 50,7 % und die Akzeptanz sinkt von 28,3 % auf 13,6 %.

Abbildung 4.6
figure 6

a) Soziopolitische und b) lokale (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber Kategorien. Nmin = 995, Nmax = 1.006

Die Abweichungen lassen sich durch die Differenz der lokalen und soziopolitischen (In-)Akzeptanzausprägung ausdrücken. Die geringste Veränderung ist bei der erneuerbaren Energie mit a = −0,3 zu erkennen, es folgen der Rohstoffabbau mit a = −0,5 und fossile Energie mit a = −0,6 (Tabelle 4.12).

Tabelle 4.12 Abweichungen der lokalen von den soziopolitischen (In-)Akzeptanzausprägungen gegenüber Kategorien. Nmin = 995, Nmax = 1.006

NIMBY-Phänomen

Die Veränderungen des (In-)Akzeptanzniveaus bestätigen augenscheinlich das NIMBY-Phänomen, das für Not in My Backyard (Van der Horst, 2007; Schnelle & Voigt, 2012) steht. Der Begriff wird seit den 1980er Jahren (Wolsink, 2000; Kornwachs, 2011) verwendet und soll ausdrücken, dass Bürger:innen generell eine positive Einstellung gegenüber einer Technik haben. Sobald aber deren Umsetzung in ihrer Nähe geplant wird, stellen sie sich dagegen – auch wenn das Vorhaben gesellschaftlich sinnvoll und sogar notwendig ist (Dear, 1992; Wolsink, 1994; Van der Horst, 2007; Kornwachs, 2011). Die deutsche Entsprechung ist das St.-Florians-Prinzip (Jenssen, 2010; Hitschfeld & Lachmann, 2013; Vatter & Heidelberger, 2013, 2014; BWE, 2018a). Benannt ist es nach dem volkstümlichen Anruf des Schutzpatrons der Feuerwehrleute: „Heiliger Sankt Florian, verschon‘ mein Haus, zünd‘ andere an!“. Als Grund für die negative Einstellung gegenüber einem Projekt werden egoistische Motive, das reine Eigeninteresse angenommen (Wunderlich, 2012; Esaiasson, 2014; Kapeller, 2016). Selle (2006) erklärt dazu, dass es das Recht der Bürger:innen sei, zuvorderst ihre Interessen zu vertreten.

In einer Befragung von Infratest dimap (2012) geben 54 % der Befragten an, bei großen Bauvorhaben überwögen die Interessen der Allgemeinheit die der Anwohner:innen. 33 % urteilen gegensätzlich: Die Interessen der Anwohner:innen hätten Vorrang. 10 % sehen die Interessen als gleichrangig an. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2017 belegt den NIMBY-Effekt scheinbar (Schönauer, 2017): 5 % der Befragten sind voll und ganz gegen den Bau von industriellen Großanlagen in Deutschland, 10 % stimmen der Ablehnung eher zu, 41 % urteilen teils/teils. 28 % stimmen der Ablehnung eher nicht zu und 15 % stimmen nicht zu. Werden die Befragten zum Bau dieser Anlagen in ihrer Nähe befragt, lehnen 14 % (+9 Prozentpunkte) diese voll und ganz ab, 20 % (+10 Prozentpunkte) stehen ihnen eher ablehnend gegenüber, 40 % (−1 Prozentpunkt) teils/teils. 17 % (−11 Prozentpunkte) stimmen der Ablehnung eher nicht und 9 % (−6 Prozentpunkte) nicht zu.

Die Kritikpunkte am NIMBY-Erklärungsansatz sind jedoch vielfältig. Darunter u. a. der ungenügende Differenzierungsgrad, eine mangelnde theoretische Fundierung, dass er der komplexen Interessen- und Motivationslage insgesamt nicht gerecht werde, sowie es die NIMBYs diskreditiere und damit Lösungsansätze erschwere (Warren et al., 2005; Wolsink, 2007a; Van der Horst, 2007; Devine-Wright, 2009; Rau et al., 2011; Kubicek, 2013; BWE, 2018a). Entsprechend wird der NIMBY-Erklärungsansatz in der Wissenschaft als alleinige Erklärung für die in der Regel geringere lokale Akzeptanz nicht mehr akzeptiert (Devine-Wright, 2009; Rau et al., 2011; Wolsink, 2012). Politiker-, Unternehmensvertreter- oder Journalist:innen nutzen den Ausdruck zum Teil weiterhin (Wolsink, 2012), „um Bürgeropposition pauschal zu beschreiben oder zu diskreditieren und die Legitimität solcher Opposition in Frage zu stellen“ (Rau et al., 2011, o. S.). Eine Vielzahl weiterer Abkürzungen und Akronyme (Matthiesen, 2002; Strub & Ziegler, 2009; Jenssen, 2010; Steuer, 2013; Becker et al., 2014; Di Nucci, 2016) scheint diese motivierte Verwendung zu untermauern: Darunter Steigerungen des NIMBY-Akronyms wie BANANA (Build Absolutely Nothing Anywhere Near Anyone), CAVE (Citizens Against Virtually Everything), LULU (Locally Unwanted Land Use) bzw. LUPAE (Lokal unerwünschte Projekte, Anlagen und Einrichtungen)Footnote 9, NIABY (Not in Anyone's Backyard), NIMFOS (Not in My Field of Sight), NOPE (Not on Planet Earth), Variationen mit Bezügen zu Politiker:innen wie NIMEY (Not in My Election Year) sowie NIMTOO (Not in My Term of Office).

Aufbauend auf Wüstenhagen et al. (2007) hat Wunderlich (2012) für erneuerbare Energieumwandlungsprojekte eine Übersicht über die Widerstandstypen erarbeitet, wonach vier Typen klassifiziert werden (Tabelle 4.13). Die NIMBYs im engeren bzw. klassischen Sinn bewerten eine Technik allgemein als positiv und lehnen sie vor Ort ab. Dieser Widerstandstyp ist sehr selten. Die ebenfalls selten auftretenden NIABYs lehnen die Technik selbst und damit auch das Projekt vor Ort ab. Die dritte, ebenfalls selten auftretende Gruppe wandelt ihre zunächst positive Einstellung zur Technik und zum lokalen Projekt durch die Diskussion über das lokale Projekt sowohl für das Projekt als auch die Technik ins Negative. Häufiger ist der vierte Widerstandstyp anzutreffen, die lokalen Gegner:innen, welcher das Projekt aus „spezifischen lokalen Gründen“ (Wunderlich, 2012, S. 12) ablehnt.

Tabelle 4.13 Charakteristiken der Widerstandstypen bei lokalen erneuerbaren Energieumwandlungsprojekten. In Anlehnung an Wüstenhagen et al. (2007) sowie Wunderlich (2012, S. 12)

Die Veränderungen der (In-)Akzeptanzniveaus werden in dieser Arbeit aus den genannten Gründen nicht mit der NIMBY-Metapher erklärt, die geringeren Werte bei der lokalen im Vergleich zur soziopolitischen Akzeptanz sind aber gegeben. Wie in anderen Untersuchungen bereits festgestellt wurde, zeigt sich ebenso ein umgekehrter Effekt: Wenn eine Anlage vor Ort existiert, ist die Akzeptanz für ein neues Projekt höher (YouGov, 2020, zit. nach AEE, 2021). Sind die Betroffenen eines Projekts bspw. durch die Nähe zu Kohletagebauen oder -kraftwerken mit deren Effekten vertraut, bewerten sie ihn tendenziell positiver (Nippa et al., 2013). Für Sachsen lässt sich dies durch die Umfragedaten in einigen Fällen belegen: Die lokale (In-)AkzeptanzstufeFootnote 10 für ein neues Kohlekraftwerk im 5 km-Umkreis der Befragten ist im Umkreis von 30 km um das Kraftwerk Boxberg \(\overline{X}_{LA}\) = 4,1, während im umgebenden Umkreis von 60 km \(\overline{X}_{LA}\) = 3,2 ist und damit im weiteren Umfeld ein neues Kohlekraftwerk weniger akzeptiert ist (Tabelle 4.14). Gegeben ist dieser Effekt auch beim Kraftwerk Lippendorf bei Böhlen: Im 30 km-Umkreis ist die lokale (In-)Akzeptanzstufe \(\overline{X}_{LA}\) = 3,2, im 60 km-Umkreis ist \(\overline{X}_{LA}\) = 2,7.

Geringer fällt die Abweichung um den Tagebau Groitzscher Dreieck im Mitteldeutschen Braunkohlerevier aus. Im Umkreis von 30 km ist die lokale (In-)Akzeptanzstufe für einen neuen Tagebau \(\overline{X}_{LA}\) = 3,3 und im 60 km-Umkreis ist \(\overline{X}_{LA}\) = 3,0. Die geringere Abweichung im Vergleich zu den Kraftwerken kann für die Betrachtung des Tagebaus mutmaßlich auf die industriekulturelle Prägung der Region zurückgeführt werden: Das Mitteldeutsche Braunkohlerevier inkludierte Nordwestsachsen vollständig. Zudem wurde in der Umfrage nicht explizit die lokale (In-)Akzeptanzstufe von Kohletagebauen geprüft, weshalb der Wert für Tagebaue hierbei auch Projekte abbilden kann, die etwa der Sand- und Kiesgewinnung dienen.

Bei der lokalen (In-)Akzeptanzstufe gegenüber einer neuen Windkraftanlage konnte ein positiver Einfluss von Erfahrung für Clausnitz festgestellt werden: Im 30 km-Umkreis ist die lokale (In-)Akzeptanzstufe \(\overline{X}_{LA}\) = 5, im 60 km-Umkreis beträgt \(\overline{X}_{LA}\) = 4,7; die Ergebnisse sind aber nicht statistisch signifikant. Für den Windpark Zerre, bei welchem die Ergebnisse statistisch signifikant sind, ist dagegen ein negativer Einfluss festzustellen. Die lokale (In-)Akzeptanzstufe im 30 km-Umkreis beträgt \(\overline{X}_{LA}\) = 4,1, im 60 km-Umkreis ist \(\overline{X}_{LA}\) = 5. Die Gründe dafür sind unbekannt, allerdings könnte die Häufung von Windrädern als solcher vermutet werden. Ob die Erfahrung mit den bestehenden Windkraftanlagen oder andere lokale Einflüsse für diese negative Tendenz ursächlich sind, lässt sich aus den bestehenden Daten nicht ermitteln. Zudem kann bei Windrädern noch nicht von einer industriekulturellen Prägung der gesamten Bevölkerung gesprochen werden, da die Technik und die Anlagen vergleichsweise neu sind und damit keine Prägung gegeben sein kann.

Tabelle 4.14 Einfluss von Erfahrung auf lokale (In-)Akzeptanzstufen gegenüber Kohlekraftwerk, Tagebau und Windkraftanlage. Mittelwert von eins für Aktive Gegnerschaft, zwei für Ablehnung, drei für Zwiespalt, vier für Gleichgültigkeit, fünf für Duldung, sechs für Konditionale Akzeptanz, sieben für Zustimmung bis acht für Engagement

4.1.2 Interesse und Wissen

Ihr Interesse an der Energieversorgung geben die Befragten anhand einer fünfstufigen Skala an (Tabelle 4.15). Die Antworten werden für eine übersichtlichere Darstellung in den weiterführenden Vergleichen als Interessensgruppen geclustert.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Bürger:innen durchschnittlich eher für das Thema Energieversorgung interessieren: Im gesamten Freistaat haben laut eigenen Angaben 16,2 % der Befragten sehr hohes Interesse, bei 54,3 % ist es hoch, bei 26,2 % gering, bei 2,2 % sehr gering und bei 1,2 % nicht vorhanden. Das InteresseFootnote 11 an der Energieversorgung beträgt \(\overline{X}_{I}\) = 2,2. In den Befragungsgebieten weichen die Werte um maximal 0,2 ab.

Tabelle 4.15 Interesse und reduziertes Interesse an Energieversorgung. N = 1.006; Mittelwert von eins für sehr hoch, zwei für hoch, drei für gering, vier für sehr gering bis fünf für nicht vorhanden

Diese Werte lassen sich aufgrund der monothematischen Frage nicht direkt mit anderen Themengebieten vergleichen.Footnote 12 Zwei Untersuchungen werden nachfolgend angeführt, um die Ergebnisse einzuordnen: Bei der Umfrage von Stolle (2001, zit. nach Stolle, 2002) rangieren Energiefragen hinter Gesundheit, Unterhaltung, Umwelt und Urlaub/Reisen auf Platz fünf von zwölf und damit bspw. vor Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kunst/Kultur. Weiterhin haben Wolkersdorfer et al. (2022) in einer Bevölkerungsumfrage unter 1.500 Einwohner:innen dreier früherer deutscher Steinkohlereviere das Interesse der Bevölkerung an ähnlichen Themen mit derselben Fragestellung ermittelt (Tabelle 4.16).

Tabelle 4.16 Reduziertes Interesse sowie Interesse \(\overline{X}_{I}\) an ähnlichen Themen. In Anlehnung an Wolkersdorfer et al. (2022); Nmin = 1.475, Nmax = 1.500; Mittelwert von eins für sehr hoch, zwei für hoch, drei für gering, vier für sehr gering bis fünf für nicht vorhanden

Das InteresseFootnote 13 für Umwelt- und Naturschutz in der eigenen Region beträgt \(\overline{X}_{I}\) = 1,7, für Umwelt- und Naturschutz in Deutschland ebenso wie bei erneuerbarer Energie in der Region beträgt \(\overline{X}_{I}\) = 1,8. Das Interesse an erneuerbarer Energie in Deutschland ist \(\overline{X}_{I}\) = 1,9, mit \(\overline{X}_{I}\) = 2,7 folgt Rohstoffabbau in der Region und mit \(\overline{X}_{I}\) = 2,8 Rohstoffabbau in Deutschland. Das Interesse der sächsischen Bevölkerung an der Energieversorgung (\(\overline{X}_{I}\) = 2,2), ist verglichen mit dieser Untersuchung geringer als bei der erneuerbaren Energieumwandlung und Umwelt- und Naturschutz, aber höher als beim Rohstoffabbau/Bergbau.

Das Interesse an Energieversorgung ist bei verschiedenen soziodemografischen Gruppen unterschiedlich hoch (Tabelle 4.17). 76,3 % der Männer haben sehr hohes oder hohes Interesse an der Energieversorgung, bei den Frauen sind es 64,8 %. Das Interesse der 60- bis 75-Jährigen ist mit 23,9 %, gefolgt von den 46- bis 59-Jährigen mit 20,6 % besonders hoch. Bei der jüngsten und ältesten Gruppe der Befragten ist das Interesse mit \(\overline{X}_{I}\) = 2,4 am geringsten. Mit höherem Bildungsgrad, Einkommen und der Anzahl der Bedenken gegenüber fossilen und erneuerbaren Energiequellen erhöht sich die Anzahl der Befragten, welche sehr hohes Interesse an der Energieversorgung haben.

Tabelle 4.17 Reduziertes Interesse sowie Interesse \(\overline{X}_{I}\) an Energieversorgung nach Gruppen. Mittelwert von eins für sehr hoch, zwei für hoch, drei für gering, vier für sehr gering bis fünf für nicht vorhanden; samt Hervorhebung des höchsten und niedrigsten Werts je Cluster; Auszug

Sachsenweit gaben 6,0 % der Befragten an, sich täglich, 22,2 % mehrmals in der Woche, 37,4 % mehrmals im Monat, 31,0 % seltener und 3,4 % gar nicht mit den Themen Energie und Rohstoffen auseinanderzusetzen (Tabelle 4.18). Das InformationsverhaltenFootnote 14 im gesamten Freistaat liegt bei \(\overline{X}_{Iv}\) = 3, wobei die Befragungsgebiete davon um maximal 0,3 abweichen.

Tabelle 4.18 Informationsverhalten und reduziertes Informationsverhalten. N = 1.006; Mittelwert von eins für täglich, zwei für mehrmals in der Woche, drei für mehrmals im Monat, vier für seltener bis fünf für gar nicht

Beim Informationsverhalten zum Thema Energie und Rohstoffe, z. B. durch Medien, treten ebenfalls Unterschiede zwischen den soziodemografischen Gruppen auf (Tabelle 4.19). Männer beschäftigen sich in der Regel häufiger mit den Themen. Werden die gruppierten Antworten sehr häufig und häufig zusammengefasst, informieren sich die 46- bis 59-Jährigen mit 77,4 % am häufigsten, gefolgt von den 60- bis 75-Jährigen mit 73,1 %. Je gebildeter oder einkommensstärker die Befragten sind, desto häufiger beschäftigen sie sich mit Energie und Rohstoffen. Es zeigt sich auch, dass diejenigen, die sich sehr häufig mit diesem Thema beschäftigen, mehr Bedenken gegenüber der fossilen sowie der erneuerbaren Energieumwandlung angeben.

Tabelle 4.19 Reduziertes Informationsverhalten sowie Informationsverhalten \(\overline{X}_{Iv}\) nach Gruppen. Mittelwert von eins für täglich, zwei für mehrmals in der Woche, drei für mehrmals im Monat, vier für seltener bis fünf für gar nicht; samt Hervorhebung des höchsten und niedrigsten Werts je Cluster; Auszug

Geben die Teilnehmer:innen an, dass sie sich mit dem Thema beschäftigen (mindestens seltener) werden sie befragt, wie sie sich dazu informieren (Tabelle 4.20). In der Mehrfachauswahl stehen u. a. Austausch mit der Familie, regionale und überregionale Medien und ein Leerfeld für andere Angaben zur Verfügung. Um sich zu informieren nutzen 59,6 % der Befragten sowohl regionale als auch überregionale Medien. Als zweit- und dritthäufigste Informationsquelle folgen mit 47,3 % der Austausch mit Freund-, Nachbar:innen oder Bekannten, 44,1 % informieren sich durch Austausch mit der Familie, 21,9 % nutzen soziale Medien, ebenso viele geben Webseiten von Energieunternehmen und 19,2 % andere Internetangebote an. Die Nennungen unter Sonstiges lauten zum überwiegenden Teil Austausch mit Arbeitskolleg:innen oder Fachinformationen.

Tabelle 4.20 Nutzung von Informationsquellen. N = 968; Mehrfachauswahl

Dabei sind altersspezifische Unterschiede gegeben (Tabelle 4.21). Personen zwischen 18 und 29 Jahren nutzen am häufigsten den Austausch mit dem Freundeskreis, der Nachbarschaft und Bekannten (61,1 %), gefolgt von überregionalen (50,1 %) und sozialen Medien (48,4 %). Die Altersklasse der 30- bis 45-Jährigen nutzt ebenfalls am häufigsten den Austausch mit nicht-verwandten Personen (56,7 %), gefolgt von regionalen und überregionalen Medien (jeweils 49,4 %). Die übrigen, älteren Gruppen nutzen am häufigsten überregionale und regionale Medien zur Information. Weiterhin auffällig: Je höher das Interesse, desto öfter wird der Austausch mit anderen gesucht. Die Bedenkenträger:innen gegenüber der fossilen Energieumwandlung nutzen am häufigsten überregionale und regionale Medien. Bedenkenträger:innen gegenüber erneuerbarer Energieumwandlung nutzen im Vergleich zu denen ohne und mit wenigen Bedenken zusätzlich häufiger soziale Medien.

Tabelle 4.21 Informationsquellen nach Gruppen. Mehrfachauswahl; Auszug

Neben den Informationsquellen wurde auch der InformationsgradFootnote 15 erfragt. Zur Solaranlage fühlt sich die Bevölkerung am besten informiert: 12,5 % gaben sehr gut, 57,2 % gut an (Abbildung 4.7). Der Informationsgrad ist bei der Geothermie mit 3,7 % sehr gut und 32,4 % gut am geringsten. Der Tagebau rangiert im Mittelfeld der betrachteten Anlagearten, der untertägige Abbau ist auf dem vorletzten Rang.

Abbildung 4.7
figure 7

Informationsgrade gegenüber Anlagearten. N = 1.006

Bei Betrachtung des InformationsgradsFootnote 16 in den Befragungsgebieten sind für die Anlagearten keine auffälligen Abweichungen zu den durchschnittlichen Werten im Bundesland feststellbar. Lediglich im Landkreis Nordsachsen und im Landkreis Leipzig weicht der Informationsgrad gegenüber Kohlekraftwerken ab: Im Leipziger Land ist \(\overline{X}_{Ig}\) = 2,0 und damit um 0,4 geringer als im sächsischen Durchschnitt, im Landkreis Nordsachsen ist \(\overline{X}_{Ig}\) = 2,8 und folglich verglichen mit dem sächsischen Durchschnitt um 0,4 höher. Der Informationsgrad ist im Landkreis Nordsachsen zudem bezüglich des Abbaus in einem Tagebau mit \(\overline{X}_{Ig}\) = 2,9 um 0,4 höher als im gesamten Bundesland.

Zur übersichtlicheren Darstellung werden die Informationsgrade gegenüber den Anlagearten den entsprechenden Kategorien zugeordnet (Tabelle 4.22). Der Informationsgrad ist 2,4 ≤ \(\overline{X}_{Ig}\) ≥ 2,6. Am besten fühlt sich die sächsische Bevölkerung zur fossilen Energieumwandlung informiert: 8,2 % gaben sehr gut, 50,9 % gut an – beides sind die höchsten Werte in den Clustern. Zu den Anlagen der erneuerbaren Energieumwandlung fühlen sich 7,6 % der Bürger:innen sehr gut und 46,1 % gut informiert, zum Rohstoffabbau 6,1 % und 39,9 %. Der eigene Informationsgrad zum Rohstoffabbau wird von der sächsischen Bevölkerung am schlechtesten eingeschätzt: 38,1 % fühlen sich eher schlecht, 16,0 % schlecht informiert.

Tabelle 4.22 Informationsgrade nach Kategorien. N = 1.006; Mittelwert von eins für sehr gut, zwei für gut, drei für eher schlecht bis vier für schlecht

Hierbei lassen sich ebenso soziodemografische Unterschiede feststellen (Tabelle 4.23): Gegenüber der fossilen Energieumwandlung fühlen sich 9,8 % der Männer sehr gut und 56,4 % gut informiert; bei den Frauen sind es mit 6,7 % und 45,7 % weniger. Einen schlechten Informationsgrad attestieren sich 14,9 % der Frauen, das ist mehr als doppelt so hoch wie bei den Männern. Den höchsten Anteil bei der schlechten Selbstbewertung hat die älteste Altersgruppe sowie diejenigen, die der niedrigen Bildungsgruppe angehören oder ein geringes Einkommen haben. Befragte mit Hochschulabschluss oder hohem Einkommen haben die höchsten Werte unter sehr gut. Bedenken und Informationsgrad korrelieren im Bereich der fossilen Energieumwandlung: Diejenigen ohne Bedenken gegenüber fossiler und erneuerbarer Energieumwandlung haben innerhalb ihrer Gruppe den niedrigsten Informationsgrad. Die Befragten, die ausgeprägte Bedenken bezüglich erneuerbarer Energieumwandlung haben, fühlen sich zu 55,7 % gut und zu 15,5 % sehr gut zu fossiler Energieumwandlung informiert – dies sind jeweils die höchsten Werte. Ob die Befragten zu Bedenkenträger:innen wurden, weil sie sich informierten oder informierten, weil sie Bedenken hatten, ist aus der Untersuchung nicht ableitbar.

Tabelle 4.23 Informationsgrade gegenüber fossiler Energieumwandlung nach Gruppen. Samt Hervorhebung des höchsten und niedrigsten Werts je Informationsgrad; Auszug

Wie bei der fossilen fühlen sich Männer tendenziell besser zur erneuerbaren Energieumwandlung informiert (Tabelle 4.24). Schlecht informiert fühlen sich bei den Männern 9,3 % und bei den Frauen 16,7 %. Die ältesten Befragten geben am häufigsten an, sich schlecht informiert zu fühlen (22,7 %), gefolgt von der jüngsten Altersgruppe mit 18,0 %. Die 18- bis 29-Jährigen schätzen ihren Informationsgrad am häufigsten als sehr gut ein. Wie bei der fossilen existiert bei der erneuerbaren Energieumwandlung ein Zusammenhang zwischen Bildung und Informationsgrad: Je höher die Bildung, desto besser fühlen sich die Befragten informiert; je niedriger der Bildungsgrad, desto höher die Werte für schlechte Informiertheit. Gleiches gilt für die Gruppierung nach Einkommen. Der empfundene Informationsgrad ist zudem abhängig von der Häufigkeit der Auseinandersetzung mit den Themen. Diejenigen, die Bedenken gegenüber erneuerbaren Energien angeben, weisen gleichzeitig die höchsten Werte beim Informationsgrad sehr gut auf und diejenigen ohne Bedenken die höchsten bei schlecht.

Tabelle 4.24 Informationsgrade gegenüber erneuerbarer Energieumwandlung nach Gruppen. Samt Hervorhebung des höchsten und niedrigsten Werts je Informationsgrad; Auszug

Soziodemografische Unterschiede sind beim Rohstoffabbau wie bei den Auswertungen zu fossiler und erneuerbarer Energie ebenfalls festzustellen (Tabelle 4.25). Männer fühlen sich zum Rohstoffabbau besser informiert als Frauen. Die jüngste Altersgruppe fühlt sich am häufigsten sehr gut, aber tendenziell auch oft schlecht informiert; schlechter informiert fühlt sich nur die älteste Gruppe. Am häufigsten als sehr gut informiert schätzen sich Befragte mit hoher Bildung und hohem Einkommen ein. In der Gruppe der Bedenkenträger:innen haben diejenigen mit ausgeprägten Bedenken gegenüber der erneuerbaren Energieumwandlung den höchsten Wert beim sehr gut empfundenen Informationsgrad.

Tabelle 4.25 Informationsgrade gegenüber Rohstoffabbau nach Gruppen. Samt Hervorhebung des höchsten und niedrigsten Werts je Informationsgrad; Auszug

4.1.3 Präferierte Lokalisation des Rohstoffabbaus

Die Frage, ob Rohstoffe im Inland abgebaut oder aus dem Ausland importiert werden sollten, beantworten 67,5 % der Befragten mit Überwiegend im eigenen Land abbauen (Tabelle 4.26). 15,4 % würden es befürworten, diese ausschließlich im eigenen Land abzubauen, nahezu gleich viele Befragte (15,1 %) würden Rohstoffe überwiegend importieren wollen und 2,1 % geben an, dass Rohstoffe ausschließlich importiert werden sollten.

Tabelle 4.26 Lokalisation, wo Rohstoffe abgebaut werden sollten. N = 938

Frauen präferieren den ausschließlichen Abbau von Rohstoffen in Deutschland zu 19,9 % und damit fast doppelt so häufig wie Männer. Bezogen auf die Altersgruppen befürworten die 18- bis 29-Jährigen die inländische Rohstoffgewinnung am stärksten. Mit dem Einkommen sinkt die Anzahl der Befürworter:innen des Abbaus im eigenen Land und die der Befürworter:innen des überwiegenden Imports steigt. Je weniger Bedenken die Befragten gegenüber der fossilen Energieumwandlung haben, desto eher sind sie für den ausschließlichen Abbau im eigenen Land: Bei der Gruppe ohne Bedenken sprechen sich 17,9 % für den Abbau ausschließlich in Deutschland aus. Die Präferenz zur Lokalisation des Rohstoffabbaus \(\overline{X}_{Lok}\)Footnote 17 in den Befragungsgebieten entspricht etwa dem sächsischen Durchschnitt (\(\overline{X}_{Lok}\) = 2), es gibt keine nennenswerten Abweichungen (\(\overline{X}_{Lok}\) ≤  ± 0,2).

Haben die Befragten Überwiegend im eigenen Land abbauen oder Nur im eigenen Land abbauen angegeben, wurden sie nach einer Begründung gefragt.Footnote 18 654 Teilnehmer:innen beantworteten die offene Frage, deren Antworten anschließend geclustert wurden (Tabelle 4.27). Der wichtigste Faktor ist für 26,1 % der Befragten, dass dies kostengünstiger sei. Des Weiteren sichere es Arbeitsplätze vor Ort und es gäbe eine Notwendigkeit, dass abgebaut wird, was vorhanden ist (jeweils ca. 22,0 %).

Tabelle 4.27 Argumente für Rohstoffabbau in Deutschland. N = 654; geclustert

Die Kostenaspekte sind den Frauen tendenziell wichtiger als den Männern. Je höher das Einkommen, desto öfter wird das Argument der Arbeitsplätze genannt. 30,7 % der über 75-Jährigen geben an, dass eine Notwendigkeit besteht, Vorhandenes abzubauen. Dies ist in dieser Altersgruppe das meistgenannte Argument, der Wert ist in keiner anderen Altersgruppe so hoch. Die Nennung dieses Arguments nimmt zudem in den verschiedenen Gruppen mit der Informiertheit, der Häufigkeit der Information sowie geringeren Bedenken zu. Transportwege zu reduzieren, wird von der jüngsten Altersgruppe im Vergleich zu den älteren am häufigsten genannt. Bedenkenträger:innen gegenüber der fossilen Energieumwandlung nennen die Reduktion der Transportwege wesentlich öfter als die ohne oder mit wenig Bedenken. 28,8 % der Befragten ohne Bedenken gegenüber der fossilen Energieumwandlung nennen Kostenaspekte als Vorteil, bei den Bedenkenträger:innen sind es weniger als die Hälfte. 22,9 % dieser Bedenkenträger:innen nennen die Reduktion der Transportwege als Vorteil, dies tun 9,9 % ohne Bedenken. Eine höhere Abweichung ist bei dem Argument der höheren Standards in Deutschland gegeben: Dieses Argument nennen 4,0 % der Befragten ohne Bedenken und 19,5 % der Bedenkenträger:innen gegenüber der fossilen Energieumwandlung. Den Bedenkenträger:innen sind diese und andere Argumente für den Rohstoffabbau in Deutschland folglich bewusst. Die Bedenkenträger:innen gegenüber der erneuerbaren Energieumwandlung nennen mehr als doppelt so häufig wie Personen ohne Bedenken die Stärkung der Wirtschaft, die Vermeidung der Ausbeutung anderer Länder, die Reduktion von Transportwegen und die in Deutschland höheren Standards. 12,0 % der Befragten machen keine Angabe zu den Vorteilen des Rohstoffabbaus ausschließlich oder überwiegend in Deutschland. Die Jüngsten nutzen diese Antwortmöglichkeit am seltensten (4,4 %), die Ältesten am häufigsten (19,7 %). Je gebildeter, desto seltener wird diese Antwort gegeben. Die Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit nennen Männer mit 16,2 % häufiger als Frauen. Je gebildeter oder einkommensstärker, desto häufiger wird dieses Argument genannt. Je gebildeter, desto häufiger wird auch das Argument genannt, andere Länder nicht auszubeuten. Niemand unter den Befragten mit niedriger Bildung nennt die Reduktion von Umweltbelastungen, hingegen 11,8 % der Befragten mit hoher Bildung. Die hohen Standards in Deutschland nennen 2,5 % der weniger gebildeten, dieser Wert steigt mit höherer Bildung auf 12,1 % und von niedrigem zu hohem Einkommen von 3,7 % auf 12,5 %. Die Stärkung der heimischen Wirtschaft wird durch die Ältesten mit 0,4 % am seltensten genannt.

129 Befragte antworten auf die offene Frage, warum ihrer Meinung nach Rohstoffe eher oder ausschließlich importiert werden sollten. Ihre Antworten wurden ebenfalls geclustert (Tabelle 4.28). Es zeigt sich, dass sie dies für nötig halten, weil in Deutschland ihrer Meinung nach kaum Rohstoffe vorhanden seien (25,3 %). Genauso viele Befragte können ihre Antwort nicht begründen. 19,7 % finden, Rohstoffe sollten nicht oder kaum in Deutschland abgebaut werden, weil dies die Natur schädige. 10,8 % finden es wichtig im Ausland abzubauen, damit in Deutschland noch Reserven vorhanden sind.

Tabelle 4.28 Argumente für Rohstoffimport. N = 129; geclustert

4.1.4 Befürchtungen gegenüber Energieumwandlung

Mittels zwei offener Fragen wird nach den Bedenken bei der Energieumwandlung aus fossilen und erneuerbaren Quellen gefragt (Tabelle 4.29, Tabelle 4.30). Die fossile Energieumwandlung halten 49,9 % für problematisch, weil die Ressourcen nur begrenzt zur Verfügung stehen. Genannt werden ebenfalls Umweltschäden (34,2 %) sowie Kohlenstoffdioxid-Ausstoß/Abgase/Luftverschmutzung (17,8 %).

Tabelle 4.29 Argumente gegen fossile Energieumwandlung. N = 454; Mehrfachnennung; geclustert; Auszug

Das Argument der Endlichkeit der Ressourcen wird von 64,8 % der 18- bis 29-Jährigen genannt, mit zunehmendem Alter sinkt dieser Wert bis auf 35,2 % bei den über 76-Jährigen. Die Anzahl der Nennungen von Umweltschäden nimmt mit zunehmendem Bildungsgrad zu. In das Cluster Kohlenstoffdioxid-Ausstoß/Abgase/Luftverschmutzung fallen 25,4 % der Antworten der Männer und 8,9 % der Frauen. Je höher das Einkommen und je informierter die Befragten, desto öfter wird diese Antwort gegeben. Keine Angaben machen tendenziell häufiger sowohl die Befragten mit geringerem Einkommen als auch diejenigen, welche sich selten informieren.

Die Anzahl der geclusterten Probleme bei der erneuerbaren Energieumwandlung ist mit 14 im Vergleich zu den zuvor sieben doppelt so hoch (Tabelle 4.30). 28,2 % nennen den Eingriff in die Natur und die Umweltauswirkungen als Bedenken, gefolgt vom geringen Wirkungsgrad. Der Eingriff in die Natur wird von 43,0 % der Frauen und 18,0 % der Männer als Problem angeführt, das Argument des geringen Wirkungsgrads hingegen häufiger von den männlichen Befragten. Die Abhängigkeit vom Wetter und die Belästigung der Menschen folgen mit 15,5 % und 15,0 %. 14,1 % konnten die Frage nicht beantworten. Genannt werden des Weiteren die große Flächeninanspruchnahme, der Energietransport, Akzeptanzprobleme, fehlende Speicherkapazität, der hohe finanzielle Aufwand, Probleme bei der Entsorgung/dem Recycling und höhere Strompreise.

Tabelle 4.30 Argumente gegen erneuerbare Energieumwandlung. N = 297; Mehrfachnennung; geclustert; Auszug

4.1.5 Weitere akzeptanzbeeinflussende Faktoren

Im vierten Fragenkomplex wird herausgearbeitet, inwiefern verschiedene Faktoren einen Einfluss auf die (In-)Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber unterschiedlichen Projekten haben. Die Frage lautet: Nehmen wir zum Abschluss der Befragung nochmal als Beispiel [Vorhaben]: Wie sehr würde sich Ihre Meinung dazu verändern, wenn [Argument]? Ein Drittel der Befragten erhält als Beispiel ein Kohlekraftwerk, ebenso viele eine Windkraftanlage und einen Tagebau. Für jede der drei Anlagearten werden diverse Einflussfaktoren abgefragt. Für alle z. B. Sie das Unternehmen, dass [Anlageart] errichtet, bereits kennen? und das Unternehmen soziale Einrichtungen in der Region unterstützt?

Die sachsenweite Umfrage zeigt, dass sich die Akzeptanz gegenüber einem Kohlekraftwerk bei über der Hälfte der Befragten leicht oder stark verbessern würde, wenn Arbeitsplätze in der Region geschaffen werden, Strom günstiger wird oder nach Projektende neue Naturschutzflächen entstehen: Die (In-)AkzeptanzveränderungFootnote 19 beträgt \(\overline{X}_{AV}\) ≥ 3,6 (Tabelle 4.31). Würden die Bürger:innen ausführlich über jeden Projektschritt informiert, würde dies bei 31,2 % einen positiven Einfluss auf die Akzeptanz haben, bei 63,3 % hätte es keinen Einfluss. Bei 44,4 % der Befragten würde sich die Akzeptanz verschlechtern, wenn die Grundstückspreise steigen.

Tabelle 4.31 Veränderung der Akzeptanz gegenüber Kohlekraftwerk nach Argumenten. Nmin = 375, Nmax = 378; Mittelwert von eins für stark verschlechtern, zwei für leicht verschlechtern, drei für nicht verändern, vier für leicht verbessern bis fünf für stark verbessern

Bezogen auf die Windkraftanlage zeigt die Umfrage (Tabelle 4.32), dass sich die Akzeptanz bei mindestens der Hälfte der Befragten leicht oder stark verbessern würde, wenn Strom günstiger wird (68,3 %), die Gemeinde davon finanziell profitiert (66,6 %), Arbeitsplätze in der Region geschaffen werden (65,8 %), das Unternehmen soziale Einrichtungen in der Region unterstützt (60,5 %), die Infrastruktur wie Straßen vor Ort ausgebaut wird (58,3 %) und sich Unternehmen in der Region ansiedeln (53,6 %). Bei 56,0 % der Befragten würde sich ihre Akzeptanz nicht verändern, wenn sie über jeden Projektschritt ausführlich informiert werden, bei 37,0 % hätte dies einen positiven Einfluss. Die Steigerung der Grundstückspreise hätte bei 54,0 % der Befragten einen negativen Einfluss.

Tabelle 4.32 Veränderung der Akzeptanz gegenüber Windkraftanlage nach Argumenten. Nmin = 301, Nmax = 305; Mittelwert von eins für stark verschlechtern, zwei für leicht verschlechtern, drei für nicht verändern, vier für leicht verbessern bis fünf für stark verbessern

Bezogen auf einen Tagebau (Tabelle 4.33) geben die Befragten an, dass sich ihre Akzeptanz verbessern würde, wenn Arbeitsplätze in der Region geschaffen werden (61,9 %), nach Projektende neue Naturschutzflächen (60,5 %) oder den Bürger:innen zugängliche Wasserflächen entstehen (53,4 %), die Infrastruktur ausgebaut wird (56,3 %), die Gemeinde davon finanziell profitiert (53,5 %), das Unternehmen soziale Einrichtungen unterstützt (51,4 %) und Rohstoffe dadurch günstiger werden (49,7 %). Eine ausführliche Informationspolitik hätte bei 32,8 % der Befragten einen positiven Einfluss auf ihre Akzeptanz, bei 62,5 % würde sie sich nicht verändern. Ein Anstieg der Grundstückspreise würde sich bei 42,2 % negativ auf die Akzeptanz gegenüber dem Tagebau auswirken.

Tabelle 4.33 Veränderung der Akzeptanz gegenüber Tagebau nach Argumenten. Nmin = 315, Nmax = 316; Mittelwert von eins für stark verschlechtern, zwei für leicht verschlechtern, drei für nicht verändern, vier für leicht verbessern bis fünf für stark verbessern

Jeweils unter 7,0 % der Befragten geben an, es hätte einen negativen Einfluss, wenn die Vorhaben von Unternehmen durchgeführt würden, die in der Region bereits aktiv sind. Für die Mehrheit würde dadurch keine Veränderung in ihrer Akzeptanz eintreten, bei 20,9–28,8 % hätte ein bereits in der Region aktives Unternehmen einen positiven Einfluss auf die Akzeptanz. Ist den Befragten das Unternehmen bekannt, hat dies für die Mehrheit ebenfalls keinen Einfluss, bei 16,6–18,2 % würde sich ihre Akzeptanz verbessern. Sowohl bei der Windkraftanlage als auch dem Tagebau wurde gefragt, ob die Erweiterung eines Projekts einen Einfluss auf die Akzeptanz hätte: Die Mehrheit gibt an, dies hätte keinen Einfluss, eine Verbesserung geben 25,0 % bzw. 20,7 % an.

Im abschließenden Fragenkomplex wurden die soziodemografischen Daten Geschlecht, Alter, Bildungsgrad und Einkommen sowie Wohndauer erhoben; für die Ableitungen von Unterschieden in den Befragungsgebieten zudem die Postleitzahl. Die Ergebnisse wurden in die bisherigen Ausführungen eingearbeitet, wenn ein Einfluss auf die (In-)Akzeptanz festzustellen war.

4.2 Untersuchung der sächsischen Energie- und Rohstoffbranche

Mittels Befragung von in Sachsen tätigen Energie- und Rohstoffunternehmen werden diese charakterisiert und ihre Erfahrungen mit (In-)Akzeptanz sowie ihr Kommunikationsmanagement und Stakeholder:innenbewusstsein abgefragt.

4.2.1 Charakteristik der Unternehmen

Durch die eingegangenen Antworten bei postalischer und Onlineumfrage können 133 Unternehmen bzw. Betriebsstätten betrachtet werden: 47 aus dem Energie-, 58 aus dem Rohstoffsektor und 28 Unternehmen, welche sich als Sonstige klassifizieren (Tabelle 4.34).Footnote 20 Unter die letzte Kategorie fallen Organisationen, die sich z. B. mit der Bergbausanierung oder Rekultivierung beschäftigen, Bau- und Baustoffunternehmen, Dienstleister und eine Gemeinde. Diese sind nicht explizit als Energie- oder Rohstoffunternehmen zu bezeichnen bzw. bezeichnen sich selbst nicht so, sind aber zum Teil im Besitz einer Abbaustätte oder als Dienstleister eng an die Branche gebunden; folglich werden sie inkludiert.

Den Unternehmen steht es frei, bei der Beantwortung nach dem Sektor, in welchem sie primär tätig sind, sowie der folgenden Frage nach der Art der Energieumwandlung bzw. der Abbauart eine Mehrfachauswahl zu treffen. Folglich werden Fälle in die Auswertung inkludiert, in denen Unternehmen sowohl fossile als auch erneuerbare Energieumwandlung betreiben oder dem Rohstoffsektor zugehörig sind, aber keine weiteren Angaben zur Art der Gewinnung tätigen.

Tabelle 4.34 Verteilung der in Sachsen tätigen Unternehmen nach Kategorien. Mehrfachauswahl

Die fossile Energieumwandlung findet in einem Fall mittels Kohle, in drei Fällen mittels Öl und in neun Fällen mittels Gas statt. Im Bereich der Windkraft existieren zehn, bei der Wasserkraft drei, bei der Solarenergie 29, bei Biogas/-masse acht und bei der Geothermie vier Fälle. Von den im Rohstoffsektor tätigen Unternehmen bauen 34 Sand und Kies, 14 Steine und Erden und drei Ton und Lehm ab. Der Tagebau dominiert mit 48 Fällen, gefolgt vom untertägigen Abbau mit vier und dem Bohrlochbergbau mit zwei Fällen.Footnote 21 Der Tagebau ist bei 41 Unternehmen ein Trockenabbau und bei 17 ein Nassabbau. Die Aufbereitung erfolgt bei 45 Unternehmen übertage, in zwei Fällen untertägig und bei fünf Unternehmen findet keine Aufbereitung statt.

Die befragten Unternehmen sind zu 65,4 % eigenständige Unternehmen, 28,3 % sind Teil einer Unternehmensgruppe und 6,3 % der Mutterkonzern einer Unternehmensgruppe. Letztere geben zu 55,6 % ihren Hauptsitz in Deutschland, zu 41,7 % in Sachsen und zu 2,8 % in Europa an. Von zwei Unternehmen abgesehen, sind alle Firmen anhand ihrer Mitarbeiter:innenanzahl als KMU zu klassifizieren: 47,0 % der Unternehmen geben an, dass weniger als zehn, 37,4 % weniger als 50 und 13,9 % weniger als 500 Mitarbeiter:innen in Sachsen tätig sind. Die im Energiesektor tätigen Unternehmen sind tendenziell seit weniger Jahren in Sachsen tätig als die im Rohstoffsektor verorteten. Die Betriebsstätten der Unternehmen sind in der überwiegenden Zahl im unmittelbaren Umfeld von Wohngebieten (75,5 %) und landwirtschaftlichen Flächen oder Wald (72,6 %) angesiedelt. Jede:r Unternehmer:in gibt an, dass im Umkreis von 10 km eine besiedelte Fläche existiert. Dabei handelt es sich zu 59,3 % um einen oder mehrere Orte mit weniger als 5.000 Einwohner:innen, zu 38,9 % um eine oder mehrere Kleinstadt/-städte mit 5.000–20.000 Einwohner:innen, zu 16,7 % um eine oder mehrere Mittelstadt/-städte mit 20.000–100.000 Einwohner:innen sowie in 23,1 % der Fälle um eine oder mehrere Großstädte mit über 100.000 Einwohner:innen.

4.2.2 Erfahrung mit (In-)Akzeptanz

Die Bedeutung regionaler Akzeptanz schätzen 59,4 % der Unternehmensvertreter:innen als sehr hoch ein, 30,2 % beschreiben sie als hoch, 9,4 % als gering. Nur ein Unternehmen gibt an, die lokale Akzeptanz habe keine Bedeutung, hierbei handelt es sich um ein Tagebauunternehmen. Die in vier Stufen bewertete Bedeutung der regionalen Akzeptanz beträgt aus Sicht der in Sachsen tätigen Unternehmensvertreter:innen \(\overline{X}\) = 3,5Footnote 22, das ist im Vergleich zur überregionalen und nationalen Akzeptanz am höchsten. Die sechs Unternehmen der fossilen Energieumwandlung schätzen die Bedeutung regionaler Akzeptanz dabei um 0,7 Punkte geringer ein als der Durchschnitt aller in Sachsen tätigen Unternehmen.

Der überregionalen Akzeptanz schreiben 20,2 % sehr hohe, 39,4 % hohe, 28,7 % geringe und 11,7 % keine Bedeutung zu. Der Mittelwert der Bedeutung überregionaler Akzeptanz aus Sicht der in Sachsen tätigen Unternehmen beträgt \(\overline{X}\) = 2,7. Die sechs Fälle aus der fossilen Energieumwandlung weichen von diesem um fast einen Punkt in Richtung einer geringer empfundenen Bedeutung ab.

Bezogen auf die Bedeutung deutschlandweiter Akzeptanz nimmt \(\overline{X}\) für den gesamten Datensatz um 0,3 Punkte ab: Für 28,3 % der Befragten hat die nationale Akzeptanz keine Bedeutung, für 25 % eine geringe, für ebenfalls 28,3 % eine hohe und für 18,5 % eine sehr hohe. Für die Unternehmen aus dem fossilen Sektor ist die deutschlandweite Akzeptanz, ebenso wie die regionale und die überregionale tendenziell von geringerer Bedeutung als für die anderen Unternehmen. Die drei Fälle aus der untertägigen Rohstoffgewinnung bewerten die deutschlandweite Akzeptanz am höchsten, für sie ist – als einzige Unternehmensart in der Befragung – die deutschlandweite Akzeptanz nach regionaler und vor überregionaler Akzeptanz am wichtigsten.

Auf die Frage nach dem Einfluss fehlender regionaler Akzeptanz auf das Unternehmen charakterisieren 16,7 % diesen als immens, 31,3 % als stark, ebenso viele als kaum spürbar und 20,8 % als nicht spürbar. Erneut weichen die Fälle aus der fossilen Energieumwandlung sowie der im untertägigen Abbau tätigen Unternehmen von \(\overline{X}\) = 2,4Footnote 23 ab: Bei der fossilen Energieumwandlung zu einem geringeren, beim untertägigen Abbau zu einem stärkeren Einfluss. Dies wiederholt sich bei der Einschätzung im überregionalen Raum: Für 40,4 % der Unternehmen ist der Einfluss nicht spürbar, für 28,7 % kaum spürbar, 27,7 % charakterisieren ihn als stark und 3,2 % als sehr stark (\(\overline{X}\) = 1,9). Der Einfluss der deutschlandweiten Akzeptanz ist für die Unternehmen nur marginal weniger spürbar (\(\overline{X}\)= 1,8). Keines der Unternehmen aus der fossilen Energieumwandlung spürt einen Einfluss, ebenso beschreiben dies zwölf Unternehmen aus dem erneuerbaren Energiesektor, acht charakterisieren den Einfluss als kaum spürbar, stark beschrieben ihn zehn Unternehmen und drei als immens.

Den Mehraufwand durch fehlende Akzeptanz können die wenigsten Unternehmer:innen konkret beziffern. Die Angaben reichen von 10–100 Arbeitsstunden über ¼ Mitarbeiter:innenstelle zu 150.000 € und 500.000 € jährlich. Ein:e Unternehmer:in schreibt von der Verhinderung einer Investitionssumme in Höhe von 400 Mio. € für Wasserkraftanlagen und eine:r antwortet, „ohne Akzeptanz würde das Unternehmen nicht existieren“ (Unternehmensbefragung).

Die Unternehmer:innen bewerten die Aussage, dass ihr Unternehmen bzw. die Projekte ein gutes Image im 5 km-Umkreis haben, durchschnittlich als eher zutreffend. Die Aussage, dass sie überregional ein gutes Image haben, empfinden sie ebenfalls als eher zutreffend. Dass die Projekte gelegentlich auf Ablehnung treffen, entspricht nicht der Erfahrung der Mehrzahl der Unternehmer:innen: Der Aussage, dass sie Ablehnung erfahren, stimmen 34,8 % eher zu, 41,6 % geben eher nicht an. Das heißt nicht, dass die Unternehmer:innen die Ablehnung stattdessen als groß empfinden: 57,0 % stimmen dieser Aussage nicht und 31,2 % eher nicht zu. Zwei Unternehmen stimmen der Aussage hingegen zu, beide aus dem Sektor Tagebau. Die anderen 46 Unternehmen aus dem Rohstoffsektor bzw. 37 Unternehmen aus dem Bereich Tagebau bewerten die Aussage als nicht bzw. eher nicht zutreffend. Ablehnung bei einzelnen Aktivitäten wie einer Standorterweiterung können die Unternehmer:innen im Durchschnitt ebenfalls nicht bestätigen. Der Protest bzw. die Ablehnung hat in den vergangenen drei Jahren nach Meinung der Befragten eher nicht zugenommen und laut eigenen Angaben wissen die Unternehmer:innen mit der ablehnenden Haltung der Bevölkerung eher umzugehen.

Formen der Inakzeptanz und Phase des Auftretens

In den letzten drei Jahren haben 15,7 % der Unternehmer:innen in persönlichen Gesprächen nie den Eindruck gehabt, auf eine ablehnende Haltung zu treffen. Ein bis zwei Mal erlebten dies 43,8 %, drei bis fünf Mal 24,7 % und mehr als fünf Mal 15,7 %. Briefe, E-Mails oder Anrufe erhielten die Unternehmer:innen tendenziell seltener, Plakate oder Flugblätter in der Mehrheit nicht, gleiches gilt für Petitionen, juristische Maßnahmen, Demonstrationen im unmittelbaren Umfeld, Besetzung des Geländes oder Sabotage der Anlagen sowie körperliche Übergriffe auf Mitarbeiter:innen (Nmin = 86, Nmax = 87). Negative Berichterstattung in regionalen Medien haben vier Unternehmer:innen mehr als fünf Mal in den letzten drei Jahren wahrgenommen, alle aus dem Rohstoffsektor (Tagebau). Branchenübergreifend betrachtet dominiert mit 52,3 % jedoch die Angabe, in regionalen Medien nie Ablehnung erfahren zu haben. Von negativer Berichterstattung in überregionalen Medien berichten 75,9 % der Unternehmer:innen, dass dies nie und in 17,2 % nur ein bis zwei Mal der Fall war. Zwei Unternehmen aus dem Rohstoffsektor haben dies mehr als fünf Mal erlebt. Die Befragten haben die Möglichkeit, andere Formen der Ablehnung darzulegen, zwei Unternehmen nennen Ablehnung durch Behörden, z. B. eine fehlende Bearbeitung von Unterlagen aufgrund persönlicher Ablehnung.

Wann die Projekte auf Ablehnung treffen, vollzieht sich nach Erfahrung der Unternehmer:innen in unterschiedlichen Phasen (Tabelle 4.35). Energie- und Rohstoffunternehmen zusammengefasst wird Ablehnung am häufigsten in der Planungsphase (75,0 %), gefolgt von der Entscheidungsphase (57,5 %) empfunden. Ein Teil der Unternehmen aus jedem Sektor außer dem Untertagebau, gab In keiner Phase an.

Tabelle 4.35 Phasen, in denen Ablehnung am häufigsten auftritt. Samt Hervorhebung des höchsten und niedrigsten Werts je Kategorie; Mehrfachauswahl

Bei den Gruppen, durch welche die Unternehmer:innen in den letzten drei Jahren Widerstand erfahren haben, nennen 41,4 % Anwohner:innen im Umkreis, 32,2 % Behörden, 27,6 % Naturschutzorganisationen, 20,7 % Einzelpersonen, welche nicht im Umkreis des Projekts wohnen oder arbeiten, sowie ebenso 20,7 % Bürger:inneninitiativen; 21,8 % geben an, dass sie durch keine dieser Gruppen Widerstand erfahren haben.

Zur Art der entgegengebrachten Vorbehalte geben 21,4 % der Teilnehmer:innen an, dass ihnen keine entgegengebracht werden. 58,3 % charakterisieren die Vorbehalte als allgemeine Aussagen zur Schädigung von Natur und Umwelt, Lärm-/Geräuschbelästigung etc. 48,8 % geben an, dass die Notwendigkeit für die Vorhaben nicht gesehen wird, und 27,4 % nennen konkrete persönliche Beeinträchtigungen von Privatpersonen.

Von Unternehmensvertreter:innen vermutete (In-)Akzeptanzstufe der Anwohner:innen

Basierend auf ihrer Erfahrung sollen die Unternehmer:innen die Anwohner:innen einer der acht (In-)AkzeptanzstufenFootnote 24 zuordnen. Nach Auffassung der Vertreter:innen sind die Anwohner:innen duldend eingestellt (\(\overline{X}\) = 5). Nur ein Unternehmen gibt aktiv dagegen an, wobei es sich um ein Unternehmen handelt, das einen Tagebau betreibt (Tabelle 4.36). Vier Unternehmen geben an, die Anwohner:innen stünden dem Unternehmen bzw. seinen Projekten ablehnend gegenüber, alle sind aus dem Rohstoffsektor. Vier Unternehmen aus der fossilen Energieumwandlung beschreiben die (In-)Akzeptanzstufe der Bevölkerung als akzeptierend und zwei als zustimmend. Inwiefern bzw. ob die geringere Streuung und positive Einschätzung der Unternehmensvertreter:innen aus der fossilen Energieumwandlung insbesondere auf der geringen Fallzahl beruht, kann nicht geklärt werden. Im Bereich der erneuerbaren Energieumwandlung zeigt sich ein abweichendes Bild: Die Spannbreite der (In-)Akzeptanzstufen ist größer.

Tabelle 4.36 Von Unternehmer:innen vermutete (In-)Akzeptanzstufen der Anwohner:innen nach Kategorien

In dieser Forschung steht die (In-)Akzeptanz der Bevölkerung im Vordergrund, folglich werden nachfolgend die von den Unternehmer:innen vermuteten (In-)AkzeptanzstufenFootnote 25 der Bevölkerung vor Ort den Angaben aus der Bevölkerungsumfrage gegenübergestellt. Dazu wird jeweils die entsprechende Differenz gebildet (Formel 4.3, Formel 4.4).

$$\Delta_{SA} {{ = \overline{X}}}_{SA} - {\overline{{X}}}$$

Formel 4.3: Differenz der soziopolitischen (In-)Akzeptanzstufen SA

$$\Delta_{LA} {{ = \overline{X}}}_{LA} - {\overline{{X}}}$$

Formel 4.4: Differenz der lokalen (In-)Akzeptanzstufen LA

Die Frage an die Unternehmensvertreter:innen nach ihrem Eindruck der durchschnittlichen (In-)Akzeptanzstufe der Anwohner:innen bezieht sich auf das Lokale, da nicht nach der Bevölkerung allgemein gefragt wurde. Es kann aber nicht sicher davon ausgegangen werden, dass die Unternehmensvertreter:innen ihre Angabe ausschließlich auf die Anwohner:innen beziehen, sodass zu Vergleichszwecken ebenfalls die soziopolitische (In-)AkzeptanzstufeFootnote 26 der Bevölkerung aufgeführt wird (Tabelle 4.37). Dabei zeigt sich, dass die Unternehmen der fossilen Energieumwandlung die (In-)Akzeptanzstufe der Bevölkerung um mehr als eine Stufe besser einschätzen, als es die Bevölkerung selbst angibt. Die Unternehmen aus der erneuerbaren Energiebranche sowie dem untertägigen Abbau hingegen bewerten die soziopolitische (In-)Akzeptanzstufe geringer, als sie ist. Bei der lokalen (In-)AkzeptanzstufeFootnote 27, auf welche sich der Vergleich bezieht, sind die Abweichungen höher. Unternehmer:innen der fossilen Energiebranche vermuten, dass die Anwohner:innen der (In-)Akzeptanzstufe Konditionale Akzeptanz zuzuordnen sind, die Befragten ordnen sich allerdings drei Stufen niedriger ein, sollte ein Projekt vor Ort umgesetzt werden. Vertreter:innen aus dem Rohstoffsektor gehen von einer (In-)Akzeptanzstufe von \(\overline{X}\) = 4,5 bei den Anwohner:innen aus, die sächsische Bevölkerung weicht davon ab: Die Differenz der lokalen (In-)Akzeptanzstufen beträgt LA = −1,4. Die Einschätzung der Unternehmensvertreter:innen aus der erneuerbaren Energiebranche ist mit LA = −0,4 am realistischsten.

Tabelle 4.37 (In-)Akzeptanzstufen, von Unternehmensvertreter:innen vermutet und von Bevölkerung angegeben nach Kategorien. Mittelwert von eins für Aktive Gegnerschaft, zwei für Ablehnung, drei für Zwiespalt, vier für Gleichgültigkeit, fünf für Duldung, sechs für Konditionale Akzeptanz, sieben für Zustimmung bis acht für Engagement

Die Unternehmen schätzen die (In-)Akzeptanzstufe der Politiker:innen vor Ort mit \(\overline{X}\) = 5,7 als eher akzeptierend, die Unternehmen im Bereich der fossilen Energieumwandlung vollständig als zustimmend und die Unternehmen aus dem Tagebausektor als duldend ein. Aufgrund der Zielstellung dieser Arbeit sowie der zum Teil geringen Fallanzahl werden die vermuteten (In-)Akzeptanzstufen der anderen Anspruchsgruppen hier nicht ausgewertet.

4.2.3 Stakeholder:innen- und Kommunikationsmanagement

Bei der schriftlichen Befragung sind den Unternehmensvertreter:innen als Anspruchsgruppen Anwohner- sowie Lokalpolitiker:innen vor Ort vorgegeben. Sie werden gebeten, weitere zu ergänzen. Im Durchschnitt nennen die Befragten eine weitere Gruppe. Dies lässt vermuten, dass den Unternehmer:innen die Vielzahl der Stakeholder:innen und deren Einfluss nicht bewusst ist. In der Onlineumfrage werden den Befragten neun Stakeholder:innen vorgegeben. Dabei geben 78,8 % an, zu Anwohner:innen, 73,1 % zu Politiker:innen vor Ort und 63,5 % zu Behörden Kontakt zu haben. Es folgen Naturschutzorganisationen (26,9 %), Medienvertreter:innen (25,0 %), Politiker:innen auf Landes-/Bundesebene (23,1 %), Einzelpersonen, die nicht im Umkreis des Projekts wohnen/arbeiten (22,1 %), Bürger:inneninitiativen (21,2 %) sowie organisierte Gruppen (13,5 %). Vier Unternehmen geben an, zu keiner der Anspruchsgruppen Kontakt zu haben; drei davon gehören dem Rohstoffsektor an, das andere Unternehmen der Kategorie Sonstige.

Wenn Kontakt zu den Stakeholder:innen besteht, ist dieser laut Unternehmensvertreter:innen zumeist selten (Nmin = 12, Nmax = 79). Der Kontakt zu den Anwohner:innen findet zu 20,3 % häufig, zu 40,5 % regelmäßig und zu 39,2 % selten statt. Dabei ist der Kontakt zu den Stakeholder:innen zumeist proaktiv (Nmin = 10, Nmax = 75). Den Kontakt zu den Anwohner:innen beschreiben jeweils 42,7 % als zufällig oder proaktiv, 14,7 % als zwangsweise.

81,8 % der Unternehmer:innen haben keine Presse-, Marketing- oder Öffentlichkeitsabteilung. Von den anderen Unternehmen ist diese, außer in einem Fall, in der Unternehmenszentrale angesiedelt und nicht an der sächsischen Betriebsstätte. Als Anzahl der Mitarbeiter:innen für die Kommunikationsabteilungen geben vier Unternehmer:innen eine Person an, drei Unternehmen zwei oder drei und vier 8–15 Personen. Die Entscheidung, welche Kommunikationsmaßnahmen durchgeführt werden, fällt in 90,9 % der Fälle die Geschäftsführung.

Bei neun vorgegebenen Kommunikationsmaßnahmen geben 8,0 % der Unternehmer:innen an, keine zu nutzen. Eine Website haben 83,9 %, Sponsoring betreiben 54,0 %, Veranstaltungen führen 49,4 % durch, Pressearbeit betreiben 44,8 % (davon 60,5 % aktiv, 39,5 % passiv). 37,9 % geben an, Unternehmensbroschüren bzw. -flyer, 34,5 % öffentliche Vorträge oder Gesprächsrunden, 33,3 % Werbeanzeigen (davon 76,0 % in regionalen Zeitungen, 36,0 % in Fachzeitschriften), 20,7 % Social Media-Kanäle, 19,5 % Publikation von Artikeln in Fachzeitschriften oder Vorträge auf Fachkongressen/-tagungen zu nutzen.

Die Wichtigkeit der Kommunikationsarbeit bewerten die Befragten auf einer vierstufigen Skala: eins für keine, zwei für geringe, drei für hohe bis vier für sehr hohe Bedeutung. Sie empfinden sie am wichtigsten in der Planungs- und Umsetzungsphase, gefolgt von der Betriebsphase sowie der Entscheidung- und Verhandlungsphase (Nmin = 74, Nmax = 85). Die Rekultivierung/Renaturierung sowie Ideenphase empfinden sie im Rahmen ihrer Kommunikationsarbeit als weniger bedeutsam.

14,0 % der Befragten geben an, dass die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit in Sachsen für ihr Unternehmen groß ist, 37,2 % stimmen dem eher zu, 32,6 % eher nicht und 16,3 % nicht zu. Die Pressearbeit erfolgt bei der Hälfte der Unternehmen (eher) reaktiv, also durch das Beantworten von Medienanfragen. Ein umfassendes Konzept für die Kommunikationsarbeit haben 3,5 % der Unternehmen. Die Öffentlichkeitsarbeit bezieht sich bei 77,6 % der Befragten überwiegend auf die Region und soll bei 74,4 % die regionale Unterstützung sichern. Der Aussage, dass die Öffentlichkeitsarbeit (eher) überregional ausgerichtet ist, stimmen 21,2 % zu. Dem Ziel, dass das Image und die Bekanntheit im weiteren Umfeld erhöht werden soll, stimmen 53,0 % (eher) zu. Eine auf die unterschiedlichen Zielgruppen ausgerichtete Öffentlichkeitsarbeit betreiben laut eigenen Angaben 13,4 %, 32,9 % stimmen der Aussage eher zu.

Aktivitäten für Schüler- oder Lehrer:innen führen 58,8 % der Befragten durch. Dabei dominieren Exkursionen und Projekte an Schulen, gefolgt von Schüler:innenpraktika. Als Gründe, warum bisher keine Aktivität stattfindet, wird hauptsächlich die fehlende Zeit/Kapazität genannt. Weiterhin, dass kein Kontakt zu Schulen sowie kein Interesse von Seiten der Schüler:innen oder Lehrer:innen bestünde.

29,2 % sehen keine Probleme bei der Öffentlichkeitsarbeit. Als meistgenannte Antwort bezüglich der Probleme geben 52,8 % zu wenig Personal bzw. zu geringes Budget an, 33,3 % wissen nicht, welche Maßnahmen genutzt werden sollten, 23,6 % geben an, dass das Personal nicht ausreichend geschult sei und 18,1 % nennen negative Resonanz in der Vergangenheit.

4.3 Kommunikation als Mittel zur Akzeptanzsteigerung im Energie- und Rohstoffsektor

Das Akzeptanzniveau vor Ort für konkrete Projekte zu steigern, setzt ein strategisches Vorgehen voraus, das die theoretischen Erkenntnisse der Kommunikationswissenschaften und der Akzeptanzforschung gezielt in der Praxis anwendet. Für die Erarbeitung dieser Strategie und die Auswahl zielführender Instrumente ist zunächst die grundlegende Analyse der Stakeholder:innen des Projekts nötig. Diese Ausarbeitung ermöglicht die effektive Bearbeitung der Zielstellung.

Wenn dieser Schritt erfolgt ist, stehen Unternehmen allerdings vor einer Herausforderung: Bisher existieren keine wissenschaftlichen Quellen, die geeignete Maßnahmen zur Steigerung der Akzeptanz darlegen. Um diesem Mangel zu begegnen und ihn zu beheben, werden in dieser Arbeit verbreitete Maßnahmen aus der wissenschaftlichen Literatur mithilfe der Media Richness Theory (Daft & Lengel, 1983) auf ihre Eignung bewertet. Weiterhin werden die Hinweise aus den Interviews mit den Kommunikationsexpert:innen zu Maßnahmen und Strategien inkludiert.

4.3.1 Kommunikator- und Stakeholder:innen

Wird geplant, ein Projekt aus dem Energie- oder Rohstoffsektor umzusetzen oder zu erweitern, muss für die Kommunikationsarbeit zunächst das Personal bestimmt, Verantwortlichkeiten und Befugnisse, das Budget und die Abläufe festgelegt werden (Brettschneider, 2014). In der Umfrage unter den in Sachsen tätigen Unternehmen wurde festgestellt, dass 81,8 % der Unternehmen über keine Presse-, Marketing- oder Öffentlichkeitsabteilung verfügen, und als häufigste Antwort bei der Frage nach Problemen in der Öffentlichkeitsarbeit wird zu wenig Personal bzw. zu geringes Budget genannt. Die Geschäftsführer:innen entscheiden in der Regel, welche Kommunikationsmaßnahmen – wenn überhaupt – durchgeführt werden. Die Unternehmer:innen übernehmen ergo neben ihrer Verantwortung für die Führung des Unternehmens zusätzlich die implizite Aufgabe, Akzeptanz für die Projekte ihrer Unternehmen zu generieren, dies sollte durch geeignetes Kommunikationsmanagement erfolgen. Ein:e interviewte:r Kommunikationsexperte:in hebt hervor, dass „Kommunikation … ein professionelles Handwerk [ist], das man lernen muss und für das es Experten braucht“. Erst mit einer „profunden Kommunikationsausbildung“ (ebd.) sei es möglich, sinnvoll über Kommunikationsmaßnahmen zu entscheiden, „weil dazu auch so etwas wie Erfahrungswissen gehört und auch theoretisches Wissen über Kommunikationsprozesse, über öffentliche Meinungsbildungsprozesse, über den politischen Prozess“ (ebd.). Folglich raten die für diese Arbeit befragten Kommunikationsexpert:innen dazu, im Unternehmen mindestens eine:n Public Relations-Manager:in zu beschäftigen; welche:r eng an die Projektleiter:in angebunden ist, und sich fallweise einer Public Relations-Agentur zu bedienen.

Eine solche Vorgehensweise stellt jedoch insbesondere KMU vor eine Herausforderung, weil ihre finanziellen Mittel begrenzt sind. Statt die Akzeptanzkommunikation in den einzelnen Unternehmen anzusiedeln, erscheint die Option prüfenswert, das strategische Kommunikationsmanagement diesbezüglich durch die Verbände zu organisieren, in denen sie sich engagieren. Eine Möglichkeit wäre, dass die Unternehmen dafür freiwillig eine monatliche oder jährliche Zusatzgebühr, ähnlich einer Versicherung, an die Verbände entrichten und diese sie bei einem neuen Vorhaben kommunikativ unterstützen. Die Verbände würden ihre eigene Kommunikationsabteilung aufstocken, diese Mitarbeiter:innen auf die Kommunikationsarbeit in dem jeweiligen Sektor schulen und deren Arbeitsleistung den Unternehmen bereitstellen, wenn konkreter Bedarf besteht.

Unabhängig von einer potenziellen Zentralisierung der operativen Kommunikation auf Verbandsebene sollte zumindest die Möglichkeit einer übergreifenden Instanz zur Beratung und Information (Mast & Stehle, 2016) geprüft werden. Sie könnte einerseits die Unternehmen beraten. Andererseits stünde sie, ähnlich einer Verbraucher:innenzentrale als neutrale Ansprechstelle für Bürger:innen bereit, die konkrete Bedenken oder Befürchtungen gegenüber einem Projekt haben, das in ihrem Umfeld umgesetzt werden soll.

Für ein konkretes Vorhaben ist in der Vorplanung auf Unternehmensseite zunächst eine Stakeholder:innen- und Themenanalyse notwendig (Brettschneider, 2016; Abschnitt 2.2.2; Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Wie die Befragung der im Freistaat tätigen Unternehmen gezeigt hat, ist den Unternehmensvertreter:innen die Bedeutung und Vielzahl der Stakeholder:innen wenig bewusst, nur zu einem Teil der Gruppen besteht bisher Kontakt und dieser ist in der überwiegenden Zahl selten (Abschnitt 4.2.3). Des Weiteren betreiben laut eigenen Aussagen nur 13,4 % der Firmen eine auf die unterschiedlichen Zielgruppen ausgerichtete Öffentlichkeitsarbeit. Dabei ist für die Gefährdung eines Projekts bereits der Widerstand einer einzelnen Anspruchsgruppe ausreichend (Thyen, 2015). Potenziert wird dieses Risiko, sobald es zur Koalition mehrerer Stakeholder:innen kommt (ebd.). Entsprechend gilt es, die Anspruchsgruppen innerhalb der „unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette“ (Rogall et al., 2016, S. 91) mit ihren ungleichen Bedürfnissen zu erarbeiten; die Bürgerschaft ist dabei nur eine der Anspruchsgruppen.

Grundsätzlich sind bei Bau- und Infrastrukturprojekten die Akteur:innen häufig ähnlich (Vonier, 2013), dennoch kann in dieser Arbeit keine vollständige Liste der Stakeholder:innen erarbeitet werden. Dies ist u. a. darin begründet, dass die Akteur:innenlandschaft regional sehr differenziert ausgeprägt ist und die Einflussnahme der Stakeholder:innen zum Teil auf dem Engagement Einzelner beruht (Kanning et al., 2009; Klagge, 2013). Zudem gilt, dass die Art und Anzahl der Beteiligten sich je nach räumlichem, sachlichem und personellem Ausmaß des Projekts, nach Ausführungsfortschritt und Komplexität des Verfahrens sowie nach Art und Anzahl der beteiligten Behörden unterscheidet (Spiegel, 1998). Eine allumfassende ListeFootnote 28 wäre deshalb bei veränderten Rahmenbedingungen und speziell an einem anderen Ort obsolet. Als Anhaltspunkt für die Unternehmensvertreter:innen wurde beispielhaft eine Übersicht von möglichen Stakeholder:innen(-gruppen) zusammengestellt (Abbildung 4.8). Die Stakeholder:innen sind Teil folgender Gruppen: Bevölkerung, bürgerschaftliche Interessengruppen, Exekutive, Legislative, Judikative, Verbände, unternehmensinterne Stakeholder:innen, andere Unternehmen, Wissenschaft/Forschung sowie Medien. Die Stakeholder:innengruppen sind auf Grundlage der Nähe zum Unternehmen/-sprojekt unterteilt. Dies bezieht sich zumeist auf die Ebenen lokal, regional, landes- und bundesweit.

Abbildung 4.8
figure 8

Übersicht über Stakeholder:innengruppen

Unter Bevölkerung werden die An- und Einwohner:innen zusammengefasst. Sie können gleichzeitig in einer Rolle als Kund-, Privatinvestor-, Arbeitnehmer- und Verbraucher:innen von Bedeutung sein. Auf der ersten, der lokalen Ebene sind die Anrainer- und Ortsanwohner:innen zu nennen. Im regionalen Umfeld sind die Einwohner:innen der Gemeinde, im landesweiten Umfeld die Bürger:innen des Bundeslands und auf Bundesebene die Bürger:innen Deutschlands aufzuführen. Aus der Bevölkerung bilden sich die bürgerschaftlichen Interessensgruppen: Auf lokaler Ebene bspw. Bürger:inneninitiativen für oder gegen Projekte, regional können Kirchgemeinden, landesweit Verbraucher:innenverbände oder in Sachsen der Naturschutzverband Sachsen e. V. und bundesweit Umweltverbände wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) oder Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU) genannt werden. Als Vertreter:innen der Exekutive, Legislative und Judikative sind in die jeweiligen Ebenen z. B. die entsprechenden Gerichte, Bürgermeister:innen, Parlamente, Landes-, Bundesregierung mit ihren Ministerien, Behörden, Anstalten, Ämtern und Beiräten zu beachten. Zu anderen Unternehmen besteht zum Teil nicht nur ein Konkurrenzverhältnis, sondern auch Geschäfts-, Kooperations- und Zulieferbeziehungen und Interessengemeinschaften. Als Zusammenschlüsse von Unternehmen in Form von Verbänden können auf Bundesebene der Verein der Kohlenimporteure e. V., Bundesverband Erneuerbare Energie e. V., AEE, Verband Bergbau, Geologie und Umwelt e. V., BDI, VRB, RDB und weitere genannt werden; auf Landesebene sind dies zumeist Landesverbände der Bundesverbände. Den direktesten Einfluss haben Unternehmer:innen in der Regel auf ihre internen Stakeholder:innen. Am engsten sind Eigentümer:innen, Vorstand, Betriebs-, Personalrat sowie Mitarbeiter:innen angebunden. Die letzte Gruppe hat eine Doppelrolle: Sie ist Zielgruppe und gleichzeitig Vermittler:in des Unternehmensimages. Auf den anderen Ebenen sollten Verwaltungs-, Aufsichtsrat, Tochtergesellschaften, Business Units, Anteilseigner- und Fremdkapitalgeber:innen beachtet werden. Der Bereich Wissenschaft/Forschung inkludiert regionale Vereine, bspw. das Geokompetenzzentrum Freiberg e. V., aber auch Hochschulen und Institute. Je nach Zielstellung gilt es lokale, regionale, landes- oder bundesweite Medienvertreter:innen einzubinden.

Die Stakeholder:innen(-gruppen) lassen sich noch detaillierter darstellen, bspw. ist eine Erweiterung auf europäische oder internationale Ebene möglich, sodass z. B. International Energy Agency, European Federation of Energy Traders, Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien e. V. inkludiert werden.

Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit, die Übersicht zeigt allerdings die Vielzahl und deutet die Heterogenität der Stakeholder:innen(-gruppen) an. Ergänzend sei zudem darauf hingewiesen, dass diese und andere Stakeholder:innen sich in sozialen Netzwerken bewegen und dort gegebenenfalls als Meinungsführer:innen fungieren. Welche Personen und Institutionen bspw. bei Twitter zu erneuerbarer Energie als solche gelten können, wurde bereits in einem vorab veröffentlichten Artikel erläutert (Walter & Hanke, 2020).

Sind die Stakeholder:innen des Projekts bekannt, erfolgt eine Analyse des Einflusspotenzials der verschiedenen Akteur:innen und eine Erarbeitung ihrer Interessen und Befürchtungen.Footnote 29 Ist dies gegeben, können Unternehmer:innen eine angepasste Kommunikationsstrategie sowie daraus resultierend ein -instrumentarium zur Akzeptanzsteigerung entwickeln (Interview mit Kommunikationsexpert:innen).

4.3.2 Bewertung potenziell akzeptanzsteigernder Maßnahmen

Nachfolgend werden auf Basis der Analyse kommunikationswissenschaftlicher Literatur, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, Instrumente aufgelistet, die genutzt werden können, um operativ die Akzeptanz von Bürger:innen gegenüber Unternehmen und ihren Projekten zu steigern. Diese Übersicht dient einerseits dazu, die Vielfältigkeit kommunikativen Handelns von Unternehmen darzustellen. Sie nimmt gleichzeitig eine Systematisierung vor, indem sie die Instrumente den PEO-Kategorien (Corcoran, 2009) zuordnet. Die Instrumente werden für diese Arbeit anhand der Media Richness Theory (Daft & Lengel, 1983) bewertet. Dabei werden die vier Kriterien Feedbackfähigkeit, Vielfalt analoger Zeichen, sprachliche Vielfalt und Übertragbarkeit von Persönlichem einzeln betrachtet, wobei eine dreistufige Skala genutzt wird. Der Wert eins bedeutet, dass dieses Kriterium nicht auf die Maßnahme zutrifft, die Zahl zwei wurde vergeben, wenn das Kriterium zutreffen kann, aber nicht muss und mit drei wurde bewertet, wenn die Maßnahme das Kriterium aufgrund ihrer Eigenschaften per se erfüllt. Für die Maßnahmen mit hoher Bewertung gilt, dass sie potenziell besser geeignet sind, die Akzeptanz zu steigern, wobei sie immer auf die lokalen Gegebenheiten des konkreten Projekts abgestimmt werden müssen.

Paid inkludiert kommunikative Instrumente, bei denen Unternehmen bezahlen, um ihre Botschaften über einen Kanal zu verbreiten, den sie nicht selbst kontrollieren (Auler & Huberty, 2019). Bei den Paid-Instrumenten wird den Paid Social Media-Maßnahmen mit jeweils neun Punkten die höchste Punktzahl vergeben; Affiliate-Marketing, Außenwerbung/Plakate sowie die Formen der Print-Werbung erhielten jeweils nur vier Punkte (Tabelle 4.38).

Tabelle 4.38 Liste potenziell akzeptanzsteigernder Paid-Instrumente inkl. Bewertung anhand Media Richness Theory

Earned umfasst Instrumente, bei denen Besitzer:innen von Kanälen, die das Unternehmen nicht kontrolliert, die Botschaften des Unternehmens aufgreifen und verbreiten, ohne dass das Unternehmen sie dafür entlohnt (Auler & Huberty, 2019). Unter den Earned-Instrumenten werden sowohl die Beteiligungsformate auf den Stufen der Anhörung und Konsultation, Kooperation und Mitentscheidung als auch Bürger:innenbüro, Diskussionsveranstaltungen sowie unter Medien-/Pressearbeit die Pressekonferenz und Hintergrundgespräche mit der Maximalpunktzahl von zwölf Punkten bewertet (Tabelle 4.39).

Tabelle 4.39 Liste potenziell akzeptanzsteigernder Earned-Instrumente inkl. Bewertung anhand Media Richness Theory

Unter Owned werden Instrumente eingeordnet, bei denen das Unternehmen Kanäle nutzt, die es selbst kontrolliert (Auler & Huberty, 2019). Ambush-Marketing, Infotafeln, Naturschutzprojekte am Standort, Newsgroups sowie Social Bookmarking scheinen für die Akzeptanzkommunikation durch Owned-Instrumente am wenigsten geeignet (Tabelle 4.40, 4.41). Die Maximalpunktzahl erhalten Besucher:innen-/Infozentren, Bürger:innensprechstunde sowie Informationsveranstaltungen, gefolgt von Bildungsprojekten für Kinder/Jugendliche und Erwachsene mit elf Punkten.

Tabelle 4.40 Liste potenziell akzeptanzsteigernder Owned-Instrumente inkl. Bewertung anhand Media Richness Theory, Teil 1
Tabelle 4.41 Liste potenziell akzeptanzsteigernder Owned-Instrumente inkl. Bewertung anhand Media Richness Theory, Teil 2

Nachfolgend werden die Instrumente dargelegt, die mindestens acht von zwölf möglichen Punkten erreichen oder von den interviewten Kommunikationsexpert:innen für den Umgang mit den Stakeholder:innen hervorgehoben werden.

4.3.3 Einsatz akzeptanzsteigernder Maßnahmen

Kommunikation ist Teil jedes Projekts, aber nur dann erfolgreich, wenn sie „nicht am Ende eine Schleife um ein fertiges Paket macht, sondern den Inhalt des Paketes mitbestimmen kann“ (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Für die Akzeptanzkommunikation kann dabei auf das gesamte Spektrum der Kommunikationsinstrumente zurückgegriffen werden, wobei sich insbesondere Dialog- und Beteiligungsformate anbieten (DPRG, 2018; Abschnitt 4.3.2). Die befragten Kommunikationsexpert:innen unterstreichen neben der massenmedialen Vermittlung die Wichtigkeit von persönlichen, dialogorientierten Maßnahmen (Brettschneider, 2014; Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Die globale Empfehlung bestimmter Maßnahmen ist nicht zielführend, „sondern muss auf den jeweiligen kommunikativen Kontext in der jeweiligen Kommunikationssituation“ (Interview mit Kommunikationsexpert:innen) abgestimmt sein. Dies inkludiert neben den Stakeholder:innen und ihren Interessen u. a. Ort, Umfeld und Zeitpunkt der Planung/Durchführung (ebd.).

In dieser Arbeit wird die Anspruchsgruppe der Bürger:innen fokussiert. Dabei soll nicht versucht werden, die Einstellung überzeugter Gegner:innen zu verändern. Sie sind für die Akzeptanzgenerierung nicht erreichbar, weil sie weder für Dialog noch für rationale Argumente zugänglich sind und ihre fundamentale Ablehnung durch kommunikativ-diskursive Bemühungen nicht aufgehoben werden kann (Hübner, 2016; Rugenstein, 2017). Ohnehin stellt diese Gruppe in der Regel einen „kleinen Kern von Personen“ (Rugenstein, 2017, S. 161) dar, den Unternehmen als „dauerhafte radikale Opposition“ (ebd.) hinnehmen müssen. So stellt ein:e Kommunikationsexpert:in fest, dass „Kommunikationsmaßnahmen tendenziell die öffentliche Meinung im Hinblick auf Projekte und Unternehmungen beeinflussen können“ (Interview mit Kommunikationsexpert:innen), jedoch nicht geeignet seien, sie vollkommen umzukehren. Professionelle Kommunikation strebt zwar nicht danach, Widerstand und Proteste zu unterdrücken, sie können gleichzeitig aber nicht ignoriert werden. Öffentlichkeitswirksame Handlungen müssen durch die Unternehmen einkalkuliert werden (Schmidtke, 2016). Ziel muss es sein, die Meinungshoheit im öffentlichen Diskurs von Beginn an zu übernehmen, indem die Unternehmen die Diskussion über Argumente leiten, um damit Proteste zu neutralisieren oder zu übertönen (ebd.). Aufgrund der unveränderlichen Einstellung der Oppositionellen und um die Einflussnahme auf andere Gruppen zu verhindern, muss mit gezielter, strategischer Kommunikation die „schweigende Mehrheit“ (Krug, 2018, S. 15, Hervorhebung nicht im Original) der unentschiedenen Bürger:innen proaktiv adressiert werden. Zielführend ist, die Chance zu nutzen, zuerst zu kommunizieren und damit den öffentlichen Diskurs zu lenken (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Gleichzeitig ist kommunikatives Erfahrungswissen notwendig, weil das Themenfeld Energie „sehr aktuell und brisant diskutiert wird. Da muss man … sensibler rangehen“ (ebd.), wohingegen Rohstoffe „abstrakter oder schwieriger zu kommunizieren [sind]“ (ebd.).

Information und Wissen

Ob und inwiefern Wissen und Information zur Akzeptanzsteigerung beitragen, ist wissenschaftlich nicht eindeutig belegt. Ein:e interviewte:r Kommunikationsexpert:in spricht in diesem Zusammenhang von einem alten Fehler, „der in der Theorie immer wieder vorzufinden ist, dass man durch Information mehr Akzeptanz schafft. Das ist schlicht nicht der Fall“. Einstellungen zu Technik seien „nur in bedingtem Maße wissensbasierte Entscheidungen“ (Jenssen, 2010, S. 198) und „ein Mehr an Information und Wissen [muss] nicht automatisch zu mehr Akzeptanz [führen]“ (iit, 2015, S. 4). Dagegen stellen Zoellner et al. (2011) heraus, dass „frühzeitige Information und Kommunikation … die Basisvoraussetzung für die Akzeptanz der Anlagen auf lokaler Ebene [bilden]“ (S. 25). Wissen kann mindestens als beförderndes Merkmal für die Einstellungs- und Meinungsbildung gelten (Schäfer & Keppler, 2013). Ein Indiz dafür ist, dass die Akzeptanz einem U-förmigen Verlauf folgt (Wolsink, 1989, 2007b), sie steigt nach Projektrealisierung an, weil die erwarteten negativen Auswirkungen nicht oder positive, zuvor nicht beachtete Folgen eintreten. Dies weist auf ein Informations- und Wissensdefizit über die positiven Auswirkungen der Anlagen hin.

Den Kenntnisstand der deutschen Bevölkerung bezüglich der Kohlenutzung beschreiben Nippa et al. (2013) als „äußerst unzureichend bzw. fehlerhaft“ (S. 2). Bei der erneuerbaren Energieumwandlung ist ein solches Informations- oder Wissensdefizit über positive Aspekte der Technik und einzelner Anlagen ebenso zu verorten (TNS, 2016, zit. nach BWE, 2018b). Laut Rentsch (1988) sind Informationsdefizite bezüglich des Objekts kennzeichnend für die Gruppe der Unentschlossenen, die aufgrund der Wissenslücken das jeweilige Objekt labil, nach sozialer Erwünschtheit bewertet. Bei der Geothermie stellt ein:e interviewte:r Kommunikationsexpert:in heraus, es fehle den Anwohner:innen an der Vorstellung bezüglich der Technik. Die unter der sächsischen Bevölkerung durchgeführte Umfrage bestätigt diese Aussage: Zu Biomasse, dem untertägigen Abbau sowie Geothermie fühlen sich mehr als die Hälfte der Befragten eher schlecht oder schlecht informiert. Die Nichtinformierten weisen zudem im Vergleich zu den anderen Gruppen sowohl bei der soziopolitischen als auch lokalen (In-)Akzeptanzausprägung gegenüber fossiler und erneuerbarer Energieumwandlung und dem Rohstoffabbau die geringsten Akzeptanzwerte auf (Abschnitt 4.1.1). Folglich kann eine angepasste, früh ansetzende Informationsstrategie dazu beitragen, dass Fehlinformationen und Gerüchte vermieden, Missverständnisse aufgeklärt und Verständnis für Planungs- und Baumaßnahmen vermittelt werden (Rugenstein, 2017). Sie dient auch dazu, bürgerschaftliche Kritik nicht Überhand nehmen zu lassen: Die Kanalisierung, die z. B. ein koordinierter Austausch ermöglicht, macht es für Unternehmen einfacher, Protest zu begegnen und zu bearbeiten (ebd.). Erfolgt keine solche Kanalisierung, stehen den Unternehmen erst konkrete Ansprech- und Verhandlungspartner:innen zur Verfügung, wenn aus der diffusen Bewegung von Protestbereiten durch strukturierten Protest eine konkrete Gruppe entstanden ist (ebd.).

Um ein solches Defizit fehlender Ansprechpartner:innen vor Ort auszugleichen, sind u. a. Besucher:innen-/Infozentren, Beteiligungsformate auf der Stufe der Information, Bürger:innensprechstunden, Corporate/Executive Blogs oder Corporate/Brand Web- und Microsites mit häufig gestellten Fragen, englisch: FAQ, inkl. Informationen zur Technik sowie ihren Vor- und Nachteilen und Visualisierungen geeignet (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Zusätzlich sind Informationsveranstaltungen, kurze, bebilderte und in verständlicher Sprache gehaltene Broschüren/Flyer/Infoblätter sowie Presse-/Medienarbeit in den Gemeinde- und Anzeigenblättern insbesondere im ländlichen Raum dienlich (ebd.). Für alle Beteiligten kann als einfaches Argumentarium das Joint Fact Finding ein geeignetes Instrumentarium sein (ebd.). Über Veranstaltungen sollte neben den Onlinepräsenzen via Pressearbeit sowie mit Plakaten im öffentlichen Raum aufmerksam gemacht werden (ebd.). Bei Veranstaltungen ist darauf zu achten, dass sie einen Infotainment-Charakter haben und die Besucher:innen in die Gespräche einbezogen werden (ebd.). Im Rahmen von Veranstaltungen und anderen Instrumenten ist die Einbeziehung von Expert:innen zu prüfen. Wissenschaftler:innen werden von der Bevölkerung als kompetenter wahrgenommen (Mast & Stehle, 2016), ihnen wird mehr Vertrauen entgegengebracht als anderen Gruppen und mehr als die Hälfte der Deutschen denkt, dass sie die gesellschaftlichen Folgen von technischer und wissenschaftlicher Entwicklung am besten erklären können (Europäische Kommission, 2010). Werden Wissenschaftler:innen in die Kommunikationspolitik inkludiert, gilt es zu beachten, dass diese zuvorderst objektiv auf der Sachebene argumentieren, während Medien und Öffentlichkeit eher moralisch-ethische Fragen diskutieren (Renn & Zwick, 1997). Das reine Erklären einer Technik muss daher ergänzt werden. Weiterhin ist die Reaktion der Bürger:innen gegenüber Wissenschaftler:innen ambivalent. Expert:innen, die positive Gutachten für Firmen erstellen, wird Misstrauen entgegengebracht oder ihre Unabhängigkeit infrage gestellt (Hanisch & Messinger-Zimmer, 2017). In solchen Fällen kann das Hinzuziehen anderer Expert:innen diesen Vorwurf mildern oder beseitigen (ebd.).

Die alleinige Erklärung technischer Fakten kann kaum Akzeptanz erzeugen, sodass Unternehmen die positiven Auswirkungen ihres konkreten Projekts für die lokale Bevölkerung hervorheben müssen. Zuverlässigkeit, Bezahlbarkeit, niedrige Endverbraucher:innenpreise sowie eine dauerhafte Unabhängigkeit von Stromimporten sind der deutschen Bevölkerung in Bezug auf die Energieversorgung tendenziell wichtig (Schubert, 2016). Die fossile Energieumwandlung erfüllt diese und weitere Kriterien. Mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung stimmt voll und ganz oder eher zu, dass Kohle die Energieversorgungssicherheit gewährleistet, Umweltbelastungen durch den heimischen Abbau wegen des entfallenden Transports aus dem Ausland reduziert werden und die Unternehmen und verbundenen Industriezweige viele Arbeitsplätze sichern (Nippa et al., 2013). Um vor Ort Akzeptanz zu generieren, muss die Bedeutung des Projekts ebenso wie sein Nutzen deutlich aufgezeigt werden (Schönauer, 2017). Wenn dies gelingt und eine positive Identifikation möglich wird, ist mit einem höheren Akzeptanzniveau zu rechnen (Renn, 2015a; Renn et al., 2017). Jedoch sind die positiven Aspekte zuvorderst soziopolitischer Natur, sofern der lokalen Bevölkerung nicht aufgezeigt wird, welche Vorteile sich für sie persönlich ergeben. Die sachsenweite Umfrage hat gezeigt, dass sich die Akzeptanz bei mehr als der Hälfte der Befragten leicht oder stark verbessern würde, wenn Arbeitsplätze in der Region geschaffen würden, Strom günstiger würde oder nach Projektende neue Naturschutzflächen entstünden (Abschnitt 4.1.5).

Gleiches gilt für erneuerbare Energie. Als Vorteile der Energieversorgung mittels erneuerbarer Quellen nennt die deutsche Bevölkerung den Beitrag zu einer sicheren Zukunft für folgende Generationen, zum Schutz von Ressourcen, zum Klima- und Umweltschutz und die stärkere Unabhängigkeit Deutschlands von Importen (TNS, 2012, zit. nach AEE, 2012; AEE, 2016). Auch für erneuerbare Energie gilt jedoch, dass die soziopolitische Akzeptanz allein nicht ausreicht, um Akzeptanz für konkrete Projekte zu sichern. Der abstrakte Beitrag zu einem nationalen oder weltweiten Projekt Energiewende muss greif-, sichtbar und vorteilhaft im persönlichen Erleben sein. Folglich sollte der Beitrag des einzelnen Projekts zu einem größeren Konzept kommuniziert werden. Die regionale Nutzung der vor Ort in Strom gewandelten Energie ist für die Akzeptanz von Bedeutung: Bürger:innen tolerieren Windkraftanlagen in ihrem unmittelbaren Umfeld eher, wenn sie den Strom selbst nutzen (Bovet & Lienhoop, 2017). Dies geht so weit, dass sie Stolz empfinden würden, wenn ihr Dorf eigenständig durch erneuerbare Energie versorgt würde (ebd.). Die Energiewende und die dafür notwendigen Anlagen bieten insbesondere ländlichen Regionen zudem neue Chancen und Möglichkeiten: Zu nennen sind u. a. die regionale/kommunale Wertschöpfung z. B. durch Pachten, Abgaben und Steuern wie die Gewerbesteuer sowie die positiven Effekte auf die lokale Beschäftigung entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Tischer et al., 2006; Karpenstein & Rüppel, 2010; Gabriel et al., 2011; Eiselt, 2012; Steuer, 2013; Halwachs et al., 2017). Die erneuerbare Energiebranche bietet deutschlandweit über 370.000 Menschen Arbeit (AEE, o. D.-a); in Sachsen sind 1.600 Unternehmen in diesem Sektor tätig (FirmenWissen, 2018, zit. nach AEE, o. D.-a), die Bruttobeschäftigung lag im Jahr 2018 bei 15.140 Personen (GWS, 2018, zit. nach AEE, o. D.-b). Die Bevölkerung hat dafür jedoch kein Bewusstsein, Wind- und Sonnenenergie werden von ihr nicht als Branchen wahrgenommen, die für die Beschäftigung wichtig sind (IfD-Allensbach, 2004). Personalwerbung und -akquise im nahen Umfeld geplanter Projekte sind daher ein möglicher Ansatzpunkt, um Akzeptanz zu generieren.

Bei konkreten Windkraftprojekten gilt es den geringeren Flächenbedarf (Krugmann, 2015) im Vergleich zu Solaranlagen als Vorteil für die lokal Betroffenen hervorzuheben. Beschäftigte in der Landwirtschaft sind eine lohnenswerte Zielgruppe, da die Verpachtung von Flächen für sie lukrativ ist (Steuer, 2013) und sie gleichzeitig als Fürsprecher:innen in der dörflichen Gemeinschaft aktiv werden können. Die Umfrage unter der sächsischen Bevölkerung hat zudem gezeigt, dass sich die Akzeptanz bei über der Hälfte der Befragten leicht oder stark verbessern würde, wenn Strom günstiger, die Gemeinde finanziell profitieren, Arbeitsplätze in der Region geschaffen, das Unternehmen soziale Einrichtungen in der Region unterstützen, die Infrastruktur wie Straßen vor Ort verbessert und sich Unternehmen in der Region ansiedeln würden (Abschnitt 4.1.5).

Für Solarenergie als leise und unerschöpfliche Energiequelle, für Biomasse als jene ohne meteorologische Beeinflussung sowie für Geothermie als geräuscharme, unerschöpfliche Energiequelle, die zudem unabhängig von Tages- und Jahreszeit (Bundesverband Wärmepumpe e. V., o. D.) wie auch dem Wetter (Bauer et al., 2018) ist, gilt ebenso: Um lokale Akzeptanz zu generieren, muss der Bevölkerung neben Information zur technischen Funktionsweise ein individueller Nutzen vermittelt werden. Geothermie bietet bspw. die kommunikative Option, neben der Grundlastfähigkeit (Kluge & van Douwe, 2014), vor allem den geringen Flächenbedarf (Bauer et al., 2018) und die optische Unauffälligkeit im Vergleich zu anderen technischen Anlagen der Energieumwandlung zu thematisieren (BGR, 2020a).

Generell kann als Handlungsempfehlung für alle Unternehmen gelten, die konkreten Vorteile der Energiewende vor Ort zu kommunizieren und diese zu visualisieren (Hildebrand, 2011; Fuchs et al., 2016). Dies geht über die Eigenschaften der Anlagen hinaus. Um die Akzeptanz lokal zu steigern, sollten in die Kommunikation Vorteile integriert werden, die sich aus ihrer Errichtung und ihrem Betrieb für die lokale Bevölkerung ergeben – wo möglich, sollten diese Vorteile bewusst geschaffen werden. Dies kann eine finanzielle Beteiligung der Gemeinde oder Bürger:innen an den Gewinnen der Anlage sein (Fuchs et al., 2016), die ihnen unmittelbar zugutekommt wie bspw. die Ausstattung und der Betrieb neuer Kinderspielplätze, Kindertagesstätten, Freizeitangebote samt dafür nötiger Gebäude wie Dorfgemeinschaftshäuser oder karitative Unterstützung von Vereinen und gemeinnützigen Organisationen wie der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr durch Anschaffung neuer Geräte. Zusätzlich muss bei Errichtung der Anlage durch kommunale Träger die Sicherung, im Optimalfall Senkung der Endverbraucher:innenkosten sowie die Entlastung des kommunalen Haushalts durch diese Investition und damit abermals der Nutzen für die Haushalte vor Ort betont werden (BWE, 2018a). Ein Profit durch günstige Energiekosten kann ebenso durch nicht-kommunale Träger umgesetzt und kommuniziert werden (Schlegel & Bausch, 2007). Dabei ist es nicht zwingend nötig, die Preise zu senken. Bereits das Ausbleiben von direkten und indirekten Kosten wie Strompreiserhöhungen, Steuererhöhungen oder Straßenbaukosten kann zur Akzeptanzsteigerung beitragen (Rau et al., 2011).

Die lokale Akzeptanz für Rohstoffprojekte zu befördern scheint dagegen zunächst schwerer. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung hält die Unabhängigkeit von einigen wenigen Rohstofflieferanten zwar für tendenziell sehr wichtig oder wichtig (Schubert, 2016). Für den Rohstoffabbau in Deutschland sprechen nach Meinung der sächsischen Bevölkerung insbesondere geringere Kosten, Sicherung von Arbeitsplätzen, Reduzierung von Transportwegen, Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit von Importen (Abschnitt 4.1.3). Die positiven Folgen von Projekten für diese Motive sollten deshalb kommunikativ herausgestellt werden, sind aber eher soziopolitischer Natur. Die sachsenweite Umfrage hat gezeigt, dass sich die Akzeptanz für einen Tagebau bei mehr als der Hälfte der Befragten leicht oder stark verbessern würde, wenn Arbeitsplätze in der Region geschaffen würden, nach Projektende neue Naturschutzflächen oder den Bürger:innen zugängliche Wasserflächen entstünden, die Infrastruktur vor Ort ausgebaut, die Gemeinde davon finanziell profitieren, das Unternehmen soziale Einrichtungen unterstützen und Rohstoffe günstiger würden (Abschnitt 4.1.5). Zu prüfen ist durch die Unternehmen folglich, wie sie diese akzeptanzbeeinflussenden Faktoren abdecken und als Motive in ihre lokale Kommunikation einbeziehen können, um die Akzeptanz frühzeitig zu befördern. Die Frühzeitigkeit ist nötig, damit keine festen Muster etabliert werden, die die unentschlossene Bevölkerung beeinflussen. Der wahrgenommene soziale Druck (iit, 2015), welchen Subjekte verspüren, wenn Bezugspersonen in ihrem direkten Umfeld oder in sozialen Medien sich gegen Industrie, Techniken oder bestimmte Anlagen aussprechen, beeinflusst die Akzeptanz negativ; konträr bietet frühzeitige Information und Aufklärungsarbeit die Möglichkeit, Fürsprecher:innen zu gewinnen, deren Akzeptanz sich auf andere Anwohner:innen überträgt und sich damit positiv auf das Akzeptanzniveau auswirkt (ebd.). Ist oder wird das Unternehmen durch das in Planung befindliche Vorhaben zu einem maßgeblichen Arbeitgeber in der Region, kann dies das Projekt zusätzlich in einem positiven Licht erscheinen lassen, wobei die Integration hilft: Eine Verbundenheit mit der Region, die sich z. B. in CSR-Projekten niederschlägt, entkräftet den Vorwurf einer Profitgier (Jobert et al., 2007; Hanisch & Messinger-Zimmer, 2017), weshalb karitatives Wirken immer auch medial begleitet werden sollte. Vorurteilen einer Zerstörung der Natur ist dabei faktenbasiert zu begegnen, indem Naturschutzverbände über die Folgen der Rohstoffgewinnung aber auch über die Chancen wie einer Ansiedlung von schützenswerten Arten während und nach dem Abbau berichten (Aschenbrand et al., 2017; Weber et al., 2017). Dies kann einer negativen Assoziation entgegenwirken, bei der Anwohner:innen den für Rohstoffprojekte teils nötigen Eingriff in das Landschaftsbild als Diebstahl empfinden (Jobert et al., 2007).

Regionale Wertschöpfung

Besonders für Bergbauprojekte ist anzuraten, die langfristigen Chancen der Nachnutzung zu planen, zu thematisieren und zu visualisieren. Bergbaufolgelandschaften weisen beinahe einmalige Gestaltungsfreiräume auf (Kabisch & Linke, 2001). Eine Folgenutzung als Erholungsgebiet mit Seen (ebd.; MDR, o. D.) bietet der Bevölkerung etwa nicht nur einen Vorteil für die eigene Freizeitgestaltung, sie kann gleichzeitig ein Faktor der regionalen Wertschöpfung werden, die ein beeinflussender Akzeptanzfaktor ist (Schweizer-Ries et al., 2010a; Rau et al., 2011; Hildebrand, 2011; Kress & Landwehr, 2012; Halwachs et al., 2017; BWE, 2018a). Bei kleineren Projekten kann als langfristige Perspektive ebenso die individuelle Nutzung durch die heimische Bevölkerung thematisiert werden – etwa Schlittschuhlaufen, Skifahren, Angeln und Rudern (Kabisch & Linke, 2001).

Der Faktor der regionalen Wertschöpfung gilt ebenso für die Akzeptanz von erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen (Halwachs et al., 2017), die lokal deutlich höher ist, wenn positive Auswirkungen wahrgenommen werden (Schweizer-Ries et al., 2010a). Für die Bevölkerung sind Informationen bedeutsam, die dabei helfen zu begreifen, welchen Stellenwert geplante Projekte für die Entwicklung des Ortes haben (Renn, 2015a). Folglich sollte dieser Aspekt auf allen Kanälen mit konkreten, greifbaren Informationen und Beispielen, die den Nutzen für das angesprochene Individuum thematisieren, kommuniziert und damit besetzt werden (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Die Einbindung von Testimonials, die ihre persönlichen Vorteile glaubhaft darlegen, empfiehlt sich (ebd.). Ebenso kann bei erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen eine direkte finanzielle Erleichterung der Anlieger:innen durch eine Stromkostensenkung geprüft werden (ebd.; Abschnitt 4.1.5). Von starker Bedeutung ist bei vielen Akzeptanzfaktoren, regionale Besonderheiten zu beachten. Das Schaffen von Arbeitsplätzen, wirtschaftlicher Aufschwung, steigende Grundstücks- und Immobilienpreise sind für strukturschwächere Regionen oft positiv, können jedoch bei strukturstärkeren Regionen ein negativer Akzeptanzfaktor sein, wenn etwa auf einem angespannten Mietmarkt die Preise weiter steigen, weil neue Unternehmen sich ansiedeln und somit mehr Personen in die Region ziehen (Interview mit Kommunikationsexpert:innen).

Finanzielle Beteiligung

Da die finanzielle Beteiligung von Bürger:innen keine Kommunikationsmaßnahme (Interview mit Kommunikationsexpert:innen) ist, soll auf Möglichkeiten der konkreten Ausgestaltung nur verwiesen werden. Es gibt z. B. Bürger:innengenossenschaften und unterschiedliche Anlageformen wie Unternehmensanleihen, die einen positiven Einfluss auf das Akzeptanzniveau haben können (ebd.; Abbildung 4.9).

Abbildung 4.9
figure 9

Facebook Post des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr bezüglich der hohen Akzeptanz des Windparks Schlalach aufgrund von finanzieller Beteiligung. Auszug aus Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (2019)

Vorteilhaft ist, wenn nicht nur Einzelne, sondern die Gemeinschaft profitiert (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Die Befragung der sächsischen Bevölkerung zeigt, dass bei mindestens 41,0 % ihre Akzeptanz steigen würde, wenn die eigene Gemeinde finanziell von dem geplanten Vorhaben profitieren würde (Abschnitt 4.1.5). Die finanzielle Beteiligung kann auch in Form der Reduktion von Energie- oder Rohstoffpreisen erfolgen (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Die Bevölkerungsumfrage zeigt, dass sich bei mindestens 50,0 % der Befragten die Akzeptanz verbessern würde, wenn Kostensenkungen auftreten würden (Abschnitt 4.1.5). Ein:e interviewt:e Kommunikationsexpert:in führt allerdings an, dass dies „keinerlei Veränderung der übergreifenden Akzeptanz [sei]“ und es dazu führen könne, dass die Industrie bei sämtlichen Projekten Geld bezahle. Dies ist zu hinterfragen: Was bedeutet echte Akzeptanz? Die soziopolitische Akzeptanz ändert sich durch die Beteiligung der lokalen Bevölkerung nicht. Die lokale Akzeptanz gegenüber konkreten Vorhaben kann jedoch deutlich steigen, sofern die Beteiligung räumlich begrenzt wird, weil die abstrakte Zustimmung zur gesellschaftlichen Notwendigkeit mit konkreten Vorteilen für die Betroffenen kombiniert wird. Ob die finanzielle Beteiligung sinnvoll wäre, ist daher von der strategischen Zielstellung abhängig und ob die Generierung soziopolitischer Akzeptanz oder lokaler Unterstützung im Vordergrund steht.

Für alle aufgeführten Maßnahmen gilt: Neben den Besonderheiten des Projekts sollten die der Umgebung und Bevölkerung beachtet werden. Die Wahl der richtigen Kanäle hat einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg der kommunikativen Begleitung. Für die Veränderung der Akzeptanz der Unentschlossenen spielen neben dem direkten Gespräch mit Projektträger- und Expert:innen ebenso die regionalen Medien und Gespräche mit dem persönlichen Umfeld eine bedeutende Rolle: 59,6 % der Befragten nutzen regionale Medien, 47,3 % den Austausch mit Freund-/Nachbar:innen/Bekannten, um sich zu informieren (Abschnitt 4.1.2). Folglich zielen Kommunikations- und andere Maßnahmen immer auch darauf ab, Medien und andere Bürger:innen als Multiplikator:innen zu gewinnen, die die Botschaften weiterverbreiten. Für diese Gruppen gilt ebenfalls: Ein konkreter regionaler Bezug und die Thematisierung der Vorteile für die Region steigern die Chancen, dass die Berichterstattung nicht nur die Meinungen und subjektiven Aussagen von Ablehnenden beinhaltet. Positiv geprägte Berichte tragen dazu bei, dass unterschwellige Befürchtungen abgebaut werden.

Befürchtungen

Während bei unbekannten Anlagen vielfältige Bedenken und Befürchtungen auf die Akzeptanz einwirken können, erfahren Projekte, deren Technik bereits bekannt ist, in der Regel deutlich weniger Widerstand (Kapeller, 2016; Fachagentur zur Förderung eines natur- und umweltverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land e. V. – FA Wind, 2017; YouGov, 2020, zit. nach AEE, 2021). Begründet ist dies in der vorhandenen, individuellen Erfahrung aus dem eigenen Umfeld, die eine realistischere Beurteilung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses ermöglicht und verhindert, dass die Bevölkerung immun gegenüber überzogener Panik hinsichtlich negativer Auswirkungen wie Gesundheitsbeeinträchtigungen, Lärmemission, Schattenwurf, Einfluss der Anlagen auf die Tierwelt etc. ist (Kapeller, 2016). Gestützt wird diese Sichtweise durch den festgestellten, U-förmigen Verlauf der Akzeptanz (Wolsink, 1989, 2007b). Bei der (In-)Akzeptanzentscheidung werden negative und emotionale Aspekte stärker gewichtet als positive oder faktenorientierte (Joffe, 2003), weshalb ihnen unternehmensseitig besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Eine Kernfrage ist: Welche Befürchtungen hat die lokale Bevölkerung gegenüber dem konkreten Projekt? Können diese Befürchtungen entkräftet werden, etwa indem Betroffene eines gleichartigen Projekts an einem anderen Ort schildern, dass diese Befürchtungen unbegründet sind? Als Argumente gegen die fossile Energieumwandlung (Abschnitt 4.1.4) nennen 49,9 % der sächsischen Bürger:innen die Endlichkeit der Ressourcen, gefolgt von Umweltschäden (34,2 %) und Kohlenstoffdioxid-Ausstoß/Abgase/Luftverschmutzung (17,8 %). Bei 44,0 % der Befragten würde sich ihre Akzeptanz leicht oder stark verschlechtern, wenn die Grundstückspreise steigen würden (Abschnitt 4.1.5). Es gilt also herauszustellen, wie lange die fossilen Energieträger für die Energieumwandlung genutzt, inwiefern Umweltschäden vermieden, verringert oder ausgeglichen werden können sowie Aussagen zu Kohlenstoffdioxid-Ausstoß/Abgase/Luftverschmutzung zu treffen und diese zu verbessern (Arbeit an der Akzeptabilität). Die Argumente gegen erneuerbare Energieumwandlung sind aufgrund der verschiedenartigen Anlageformen diverser (Abschnitt 4.1.4). Am häufigsten wurden Eingriffe in die Natur/Umweltauswirkungen, ein geringer Wirkungsgrad, die Abhängigkeit vom Wetter sowie die Belästigung von Menschen genannt. Es muss herausgestellt werden, wie groß – oder besser: klein – die negativen Umweltauswirkungen sind und wie diese ausgeglichen werden und wie groß der Wirkungsgrad der Anlagen gegebenenfalls im Vergleich zu anderen Anlagearten ist.

Akzeptabilität

Zu untersuchen ist, ob die Bedenken gegenüber den Anlagen der (In-)Akzeptanz oder der Akzeptabilität zugeordnet werden müssen. Da Inakzeptabilität unveränderlich ist, müssten in diesem Fall Änderungen am Akzeptanzobjekt vorgenommen werden, die es akzeptabel machen, um die Akzeptanzsteigerung zu befördern. So kann die Befeuerung der Windkraftanlage durch synchrone oder bedarfsgerechte Schaltung (BWE, 2015, 2018a), die nur dann befeuert, wenn Flugzeuge sich nähern, weniger störend umgesetzt werden. Dadurch ist nachts zu 90 % keine Lichtkennzeichnung nötig. Selbst scheinbar immanente Eigenschaften der Technik, die die Bevölkerung als inakzeptabel empfindet, können durch gezielte Anpassungen akzeptabel gestaltet werden. So kann der Diskoeffekt durch eine matte Beschichtung der Rotoren minimiert werden (Centrales Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk – C.A.R.M.E.N, 2014; EnergieAgentur.NRW GmbH, 2019). Ebenso wäre es möglich, den Effekt zu verhindern, indem die Anlage nur dann betrieben wird, wenn die Sonne über dem Ort und damit der Schatten der Windkraftanlage auf die vom Ort abgewandte Seite fällt. Der Schattenwurf kann zudem beschränkt werden, wenn auf Grundlage meteorologischer Daten eine Schattenwurfprognose erstellt und die Anlage mit einer elektronischen Abschaltautomatik versehen wird, die dann einschreitet, wenn die Schattenimmission an einem bestimmten Ort die vereinbarte Tagesdauer überschritten hat. Eine Abschaltautomatik ist ebenso einsetzbar, wenn witterungsbedingte Eisbildung an den Rotorblättern Eiswurf wahrscheinlich macht (C.A.R.M.E.N, 2014). Zudem besteht die Möglichkeit, Rotorblattheizungen an den Anlagen zu nutzen und so die Akzeptabilität zu gewährleisten (ebd.). Generell, jedoch besonders bei geringer Entfernung zu einem Wohnort, ist die Schallemission von Windkraftanlagen eine oft von der Bevölkerung geäußerte negative Eigenschaft. Auch dabei bietet sich eine (Um-)Gestaltung an (Schäfer & Keppler, 2013). Es gibt Low Noise-Modelle (Windkraft-Journal, 2016), zudem kann Luft- und Raumfahrttechnik genutzt werden, wenn spezielle Aerodynamik-Applikationen eingesetzt werden, die sogenannte Trailing Edge Serrations und Hinterkantenkämme inkludieren. Durch diese Innovationen wird mehr Laufruhe und ein höherer Wirkungsgrad erreicht, wobei gleichzeitig die Schallemissionen geringer ausfallen (BWE, 2018a). Der Befürchtung, Windkraftanlagen gefährdeten durch Vogelschlag Umwelt und Artenvielfalt, kann dabei zusätzlich mit einer Annäherungssensorik begegnet werden (C.A.R.M.E.N, 2014).

Sind die Anlagen akzeptabel, können trotzdem Konflikte mit der Bevölkerung auftreten, auch wenn es bei der überwiegenden Zahl keine Beeinflussung der Lebensqualität der Menschen im Umfeld von Windkraftanlagen gibt (Moidl, 2011). Auf fachlicher Ebene betreffen diese Konflikte oftmals die zuvor skizzierten technischen Eigenschaften und den Einfluss der Anlagen auf Umwelt und Natur. Gutachten und Studien eignen sich zur Entkräftung dieser Vorbehalte ebenso wie die Festlegung von einzuhaltenden oder zu übertreffenden Standards (C.A.R.M.E.N, 2014). Beispielsweise wäre es bei starkem Widerstand gegenüber einem neuen Windpark möglich, die Anlagenzahl zu reduzieren, kleinere Anlagen zu errichten, den Abstand zum Wohngebiet zu vergrößern oder neueste Technik anzuwenden (Kapeller, 2016). Ein solches Entgegenkommen wird die Gegner:innen nicht überzeugen, es kann jedoch die Haltung des unentschlossenen Bevölkerungsteils positiv beeinflussen (ebd.). Auf den Komplex Geothermie bezieht sich in der sachsenweiten Bevölkerungsumfrage nach den Befürchtungen gegenüber erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen direkt keine der geclusterten Antworten (Abschnitt 4.1.4). Aussagen zu den Befürchtungen der sächsischen Bevölkerung können daher nicht abgeleitet werden; Erdbeben werden in anderen Untersuchungen aber häufig als Befürchtung genannt (Kluge & van Douwe, 2014). Die Schaffung eines Entschädigungsfonds, die Einrichtung einer Schlichtungsstelle oder die Umkehr der Beweispflicht zugunsten der Geschädigten bei Schadensfällen sind weitere Möglichkeiten, um die Akzeptanz zu erhöhen (Himmelberger et al., 1991; Ewen et al., 2012; Süptitz & Schlereth, 2017).

Verstärkung durch Berichte und Erleben

Allgemein gilt für den Energiesektor, dass Akzeptanz keinesfalls ausschließlich durch Kommunikation zu erreichen ist. Vielmehr kann Kommunikation Aspekte verstärken, die aus Sicht der Bevölkerung positiv sind. Deshalb ist sowohl an der Akzeptabilität der Anlagen zu arbeiten als auch die Rahmenbedingungen entsprechend zu gestalten. Möglichkeiten wären u. a. zur Befürchtung Lärm: LKW-Nachtfahrverbot, Lärmschutzmauern, Tracking der LKW, Einrahmen der Stätte mit Bäumen, zeitlich befristete anteilige Übernahme der Strom- oder Heizkosten der Anwohner:innen, Bürgerschaft in die Entscheidungsprozesse einbeziehen, Vorschlagswesen für Bürger:innen einrichten (Ewen et al., 2012; Süptitz & Schlereth, 2017). Neben klassischer Presse-/Medienarbeit und Gesprächsrunden mit Politiker:innen können Informationsveranstaltungen u. a. in Form von Exkursionen genutzt werden (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Durch die Besichtigung von Betrieben und Anlagen inkl. Gesprächen mit den Betreiber-, Bewohner:innen und Testimonials vor Ort werden die positiven Auswirkungen vorstellbar und reale und befürchtete Probleme relativiert. Die Exkursionen tragen außerdem zu einem Kompetenz- und Wissenstransfer bei (Keppler, 2007). Dazu bedarf es der Präsentation guter Beispiele durch glaubhafte Personen (ebd.), die als individuelle Vorbilder Überzeugungsarbeit leisten (Keppler, 2013). Bezogen auf erneuerbare Energieumwandlungsanlagen sprechen Plöger und Böttcher (2015) dabei von Personen, die einzeln eine „Ikone der Energiewende [sind]“ (S. 14). Jede dieser Personen stehe für das Thema und motiviere, mache Lust auf Veränderung und bereits erreichte Erfolge sichtbar, wobei sie überzeugend darstelle, dass durch die Technik langfristig Kosten gespart werden (Plöger & Böttcher, 2015). Stademann-Steffen et al. (2018) betonen die Wichtigkeit der Glaubwürdigkeit derjenigen Personen oder Organisationen, die für die Technik eintreten und unterstreichen den positiven Effekt für die Umsetzungschance von Projekten, wenn dies lokal erfolgt. Für Exkursionen zu Orten, an denen neue Projekte geplant sind, oder zu ähnlichartigen Anlagen, deren Betrieb die lokale Bevölkerung unterstützt, gilt es folglich, solche Fürsprecher:innen zu identifizieren und sie in die Veranstaltung einzubinden, wobei sie über ihre eigenen Erfahrungen mit der Technik berichten. Der Effekt der Exkursionen kann verstärkt werden, indem ein Video-Zusammenschnitt mit Interviews der Teilnehmer:innen und Testimonials über die Social Media-Präsenz, die Corporate/Brand Web- oder Microsite, den Corporate/Executive Blog, den Audio-/Videopodcast oder das Web-TV des Unternehmens veröffentlicht und dessen Reichweite zusätzlich durch den Einsatz von Werbebudget vergrößert wird. Zudem eignen sich AR- und VR-Anwendungen sowie Erklärfilme, um der Bevölkerung eine Vorstellung von den Projekten zu vermitteln (Interview mit Kommunikationsexpert:innen).

Landschaftsveränderung

Die Gründe für (In-)Akzeptanz gegenüber dem Rohstoffabbau unterscheiden sich von denen gegenüber erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen. Gegen den Rohstoffabbau in Deutschland spricht nach Meinung der sächsischen Bevölkerung u. a., dass kaum Rohstoffe vorhanden seien, die Natur nicht geschädigt werden solle, Einfluss auf Menschen/Umsiedlungen zu vermeiden sei sowie Kostenaspekte wie die günstigere Förderung im Ausland (Abschnitt 4.1.3). Diese Argumente, sofern unzutreffend, gilt es kommunikativ zu entkräften und dabei jenen 25,3 % der Befragten, die nicht begründen können, warum sie dafür sind, Rohstoffe eher oder ausschließlich im Ausland abzubauen, zu vermitteln, warum dies keine wesentlichen Vorteile bringen würde. Dass in Deutschland und Sachsen Rohstoffe vorhanden und förderbar sind, betrifft den bereits thematisierten Aspekt des Informations- und Wissensdefizits. Die Befürchtung einer langfristigen Schädigung von Natur und Umwelt kann durch Einrichtung von und Information über Ausgleichsflächen, die Schaffung von Biotopen, Einrahmung der Abbauflächen durch Bäume und Gebüsch sowie die nach dem Abbau durch Renaturierung entstehenden, einzigartigen Flächen zum Teil entgegengewirkt werden (Ewen et al., 2012). Abbauflächen einzurahmen hat neben Umweltaspekten eine weitere positiv akzeptanzbeeinflussende Wirkung. Die Veränderung der Landschaft ist ein Faktor, der von der Bevölkerung zumeist negativ assoziiert wird. Der Landschaftswandel hat zuvorderst Aufmerksamkeit bezüglich des Ausbaus erneuerbarer Energieumwandlungsanlagen erfahren (Pasqualetti, 2001; Leibenath & Otto, 2013), geht jedoch ebenfalls mit dem Rohstoffabbau einher, wobei die Abbaustätten oft durch Pflanzungen oder andere Maßnahmen unauffällig(er) für das menschliche Auge gestaltet werden können. Die Chance, durch solche optischen Maßnahmen höhere Akzeptanzwerte zu erreichen, verdeutlicht u. a. die Erfahrung mit erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen und speziell Windkraftanlagen. Obwohl ihr Anblick seit Jahren gewohnt ist, sieht die Bevölkerung sie bisher nicht als selbstverständlichen Teil des Landschaftsbilds an (Kühne, 2006). Teile der Bevölkerung sprechen von einer „Landschaftsverschandelung“ (Plöger & Böttcher, 2015, S. 76) oder „Verspargelung“ (Kress & Landwehr, 2012, S. 11). Sowohl bei Rohstoffvorhaben wie auch bei erneuerbaren Energieumwandlungsprojekten gilt deshalb, dass die ländlichen Räume von den Vorhabensträger:innen keinesfalls als reine „Installationsräume“ (Gailing & Röhring, 2014, S. 37) betrachtet werden dürfen. Diese Räume haben sich Bürger:innen zum Teil ganz bewusst als ihren Wohn- und Heimatort ausgesucht und dabei eine enge, teils emotionale Bindung entwickelt. Aufgrund dieser Verbundenheit können Veränderungen des Landschaftsbilds zu starkem Widerstand führen, weshalb standortspezifische Faktoren bei Planung und Kommunikation berücksichtigt werden müssen. Dazu zählen geografische Bedingungen bzw. der Landschaftseingriff, der mit einem Projekt einhergeht, die Eigentumsverhältnisse der gewählten Standorte, Aspekte der lokalen Wirtschaft sowie die bisherige Nutzung des Gebiets (Jobert et al., 2007). Um die Akzeptanz zu steigern, können etwa solche Flächen in ein neues Projekt integriert werden, deren bisherige Nutzung nicht von der Mehrheit befürwortet wird oder die keine emotionale Bedeutung für sie haben. Dazu zählen militärisch genutzte Flächen (ebd.). Auch industriell genutzte Flächen bieten sich an, wenn deren Nutzung als negativ empfunden wird, weil das Akzeptanzniveau durch eine neue Nutzung, mit der sich die Gemeinde stärker identifiziert, steigt (Van der Horst, 2007).

Auch wenn im Lokalen bei konkreten Projekten noch Inakzeptanz festzustellen ist, kann die soziopolitisch hohe Akzeptanz sich langfristig insbesondere bei erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen auswirken und so trotz Auswirkungen auf das Landschaftsbild eine Verbesserung des lokalen Akzeptanzniveaus bewirken. Ästhetische Zuschreibungen sind veränderlich und werden individuell wie auch gesellschaftlich aktualisiert (Kühne, 2008; Linke, 2017). Geänderte soziale, politische und ökonomische Einstellungen wirken sich auf die Akzeptanz der erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen aus (Hook, 2006). Jüngere Menschen, die qua Alter an sie gewöhnt sind, empfinden die Anlagen als normaler, bzw. zum Landschaftsbild gehörig (Kress & Landwehr, 2012; Kühne & Weber, 2016). Plöger und Böttcher (2015) stellen fest: „Der Strommast war ‚immer‘ schon da, er gehört seit unserer Kindheit zum Landschaftsbild und stört uns deshalb nicht“ (S. 83). Analog zu Masten großer Stromtrassen könnte bei Windkraftanlagen eine ausgeprägtere Duldung einsetzen, wenn die Anlagen längere Zeit in Betrieb sind. Um kurzfristig diejenigen Stimmen abzuschwächen, die Windkraftanlagen aufgrund der optischen Wirkung ablehnen, und eine Ausbreitung dieses Arguments auf Unentschlossene zu verhindern, ist die kommunikative Konzentration auf das Motiv der Erhabenheit empfehlenswert. Sie ist bei erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen aufgrund ihrer räumlichen Ausdehnung assoziierbar, während das Motiv der Schönheit kaum vermittelbar wäre (Kühne, 2013).

Dabei gilt für die Unternehmen in erster Linie, offen, redlich und ernsthaft mit den Bedenken der Bevölkerung gegenüber der Landschaftsveränderung umzugehen (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Insbesondere sollten optische Beeinträchtigungen minimiert werden (ebd.). Entsprechende Befürchtungen und Lösungsmöglichkeiten können durch Beteiligungsformate eingebracht und evaluiert werden. Des Weiteren ist von Bedeutung, das Vorhaben kommunikativ mit dem Heimatgefühl zu verknüpfen (ebd.). Es gilt optimalerweise ein Gefühl von Stolz zu befördern und damit Begeisterung zu schaffen, wobei vor allem Chancen und Zukunftsperspektiven thematisiert werden sollten (ebd.). Visualisierungen spielen bei diesem Faktor eine entscheidende Rolle (ebd.). Das Spektrum ist hier sehr breit: von Vorher-Nachher-Bildern über 3D-Planung zu Animationsfilmen, VR-, AR- oder Echtzeitsimulationen (ebd.). Die Effekte können durch eine entsprechende Namensgebung oder auch einen Aussichtsturm verstärkt werden (ebd.).

Risiko-Nutzen-Bilanz

Wird die negativ empfundene Risiko-Nutzen-Bilanz von der Bevölkerung kritisiert, gilt es dieser Befürchtung mit einer geeigneten Informationspolitik entgegenzuwirken. Bei diesem Einflussfaktor spielt die Erstkommunikation eine entscheidende Rolle (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Hat die Bevölkerung erst falsche Informationen bezüglich Risiken verinnerlicht, sind diese nur schwer mit korrekten zu entkräften (ebd.). Zudem können die Menschen bei externer Technik nicht selbst über deren Einsatz entscheiden, sondern den Eindruck gewinnen, sie werde ihnen „scheinbar von außen aufgedrückt“ (ebd.). Folglich sollte die Bevölkerung mittels Beteiligungsverfahren auf der Stufe der Mitentscheidung in die Prozesse eingebunden werden, damit das Gefühl einer Fremdbestimmtheit nicht eintritt (ebd.). Für die Information über die Risiken und den Nutzen können klassische Informationsveranstaltungen und -broschüren geeignet sein (ebd.). Bei den Veranstaltungen, aber auch darüber hinaus, sollten Expert:innen als Brückenbauer:innen inkludiert werden (ebd.). Zudem sollten Testimonials gefunden werden, welche nicht ökonomisch von dem Projekt profitieren, also intrinsisch motiviert sind (ebd.). Existieren Ängste, können diese durch Besichtigungen von Anlagen im Umfeld und Gespräche mit der Bürgerschaft vor Ort gemindert werden. Klassische Informationsbroschüren können in Informationsordner umgewandelt werden (ebd.). Dabei handelt es sich um ein Druckerzeugnis, welches auch digital zur Verfügung gestellt werden sollte. Damit kann die Bevölkerung sich ein Bild von der Sachlage machen; es beinhaltet dabei nicht nur positive Aspekte und Meinungen, sondern auch Auffassungen der Vertreter:innen von Interessensgruppen, welche sich gegen das Projekt aussprechen (ebd.). Entsprechend erhalten die Bürger:innen Argumente für und gegen das Projekt und können sich selbst eine Meinung bilden, wobei das Unternehmen durch den transparenten Umgang eine Vertrauensbasis schaffen kann. Unabhängig davon muss es den Unternehmen gelingen, den überregionalen Nutzen aufzuzeigen: Sie leisten durch die Projekte einen Beitrag zum gesellschaftlichen Wohlstand (ebd.) – mit Unterstützung der Bürger:innen. Anstatt nur positive Aspekte der Technik aufzuzählen, hilft dieser Ansatz, ein Motiv zu etablieren, dass emotionale Gegenstimmen konstrastieren kann. Durch den Vergleich mit anderen Projekten kann zudem eine realistischere Risikoeinschätzung befördert und übertriebene Befürchtungen entkräftet werden. Dabei sind Bekanntheitsgrad der Technik, Beherrschbarkeit, Katastrophenpotenzial, Verständnis der Schadensauswirkung, Unsicherheit in Bezug auf unbekannte Risiken, Bestimmbarkeit potenzieller Opfer, Schrecklichkeit, Vertrauen in die Institution, Auswirkungen auf zukünftige Generationen solche Parameter, die die Akzeptanzentscheidung beeinflussen und denen mit einer freiwilligen Risikoübernahme durch die Vorhabensträger:innen begegnet werden kann (Renn & Zwick, 1997). Die Abwägung von Nutzen und Risiken geschieht individuell, wobei die Bevölkerung die Projekte danach beurteilt, wie die Risiko-Nutzen-Bilanz anhand der verfügbaren Informationen ausfällt (Renn, 2015b). Zwar können Maßnahmen für die Allgemeinheit Akzeptanz generieren, zu erwarten ist sie jedoch insbesondere dann, wenn die einzelnen Bürger:innen individuelle Vorteile ausmachen, oder jene Gruppen oder Individuen profitieren, die ihnen nahestehen (ebd.; Renn, 2015a).

Partizipation und Beteiligungsformate

Einen positiven und entscheidenden Einfluss auf die Akzeptanz können Partizipation und Beteiligungsformate haben (Zoellner et al., 2011; Halwachs et al., 2017). Die befragten Kommunikationsexpert:innen bestätigen dies. Einzig ein:e Interviewte:r widerspricht, räumt allerdings ein, dass die Meinung nicht der in der Wissenschaft vorherrschenden entspricht (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Partizipation und Beteiligung können abmindern, dass die Bevölkerung Energie- oder Rohstoffprojekte als von der Politik oktroyiert empfindet und tragen u. a. in der Planungsphase erheblich zur lokalen Akzeptanz bei (Rau et al., 2011). Grundlegend gilt es dabei die Faktoren Frühzeitigkeit, Transparenz, Klarheit, Glaubwürdigkeit, Handlungs-/Einflussmöglichkeiten (Interview mit Kommunikationsexpert:innen), Offenheit, Angemessenheit, Respekt, Kontinuität und persönliche Verantwortung zu beachten (VDI, 2015). Als Grundsatz kann dabei gelten: „so früh wie möglich, so viele [bzw. viel] wie möglich, so umfassend wie möglich“ (Schlicht, 2014, S. 4, Hervorhebung nicht im Original). Diese Aussage ist wegen des Partizipationsparadoxons von besonderer Bedeutung (Abbildung 4.10). Gemeint ist damit, dass zu Beginn eines Projekts die Möglichkeiten der Einflussnahme am höchsten, Engagement und Interesse der Stakeholder:innen aber in der Regel sehr niedrig sind (VDI, 2015). Das Engagement nimmt mit der Zeit bis zur Projektrealisierung stetig zu, die Möglichkeiten der Einflussnahme sinken hingegen (ebd.). Dieses Paradoxon führt oftmals zu einer Frustration der Öffentlichkeit, die sich ungerecht behandelt fühlt, weil sie sich zu dem Zeitpunkt einbringen will, wenn sie das Vorhaben versteht und sich betroffen fühlt; dieser Zeitpunkt ist jedoch oft erst dann erreicht, wenn große Teile des Projekts bereits geplant sind und somit kaum eine Möglichkeit der Einflussnahme mehr gegeben ist (Roßnagel et al., 2014). Die Beteiligungsformate sollten deshalb frühzeitig ermöglicht werden, wenn es noch Spielräume in der Planung gibt und können genutzt werden, um mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen (Interview mit Kommunikationsexpert:innen), Zuspruch von Befürworter:innen zu erhalten, der sich auf andere, mit ihnen verbundene Personen übertragen kann, und um „das Potenzial der Unentschiedenen aus[zuschöpfen]“ (Fuchs et al., 2016, S. 9).

Abbildung 4.10
figure 10

Beteiligungsparadoxon. In Anlehnung an VDI (2015, S. 59)

Zudem kann Beteiligung zur Kostensenkung beitragen, weil so Anpassungen vermieden werden, die zu einem späteren Projektzeitpunkt auf Druck der Bevölkerung teurer wären. Wichtig ist dabei, dass das Unternehmen die Partizipation nicht als gesetzlich notwendiges „Übel“ begreift, das es ohne Eingeständnisse zu absolvieren gilt. Als kommunikatives Mittel sind Beteiligungsformate dazu geeignet, eine Integration zu erreichen, weil sie Verständigung befördern. Ziel der Unternehmen muss es daher sein, mit diesen Instrumenten einen Konsens mit der lokalen Bevölkerung zu erzielen, wofür sie sich als dessen Teil begreifen sollten. Diese Herangehensweise erscheint nur deshalb betriebswirtschaftlich nicht direkt logisch, weil zusätzliche Kosten für Kommunikation und Organisation der Partizipations- und Beteiligungsformate ebenso entstehen wie solche für Anpassungen am Vorhaben. Jedoch ist der Nutzen einer durch die Beteiligung ausbleibenden Eskalation des potenziellen Konflikts nur schwer monetär zu bemessen. Festgestellt wurde, dass Bürger:innenbeteiligung die Projektkosten deutlich senkt, wenn die Bevölkerung bereits in der Planfeststellung eingebunden wird (VDI, 2014; Abbildung 4.11).

Abbildung 4.11
figure 11

Korrelation von öffentlicher Wahrnehmung und Kosten a) ohne und b) mit Bürger:innenbeteiligung im Projektverlauf. In Anlehnung an VDI (2014, S. 10)

Essenziell für den Erfolg dieser Maßnahmen ist, dass nicht nur die gesetzlich vorgesehene Beteiligung erfolgt, sondern das Unternehmen aktiv und frühzeitig zur freiwilligen Beteiligung animiert. Die Bürgerschaft sollte durch aktive Pressearbeit und Werbung auf die Möglichkeit der Partizipation aufmerksam gemacht werden, u. a. durch klassische Pressearbeit über Zeitungen, Beilagen in Gemeindeblättern und online oder durch allgemeinverständliche Haushaltssendungen (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Visualisierungen der Vorplanung, die statt zweidimensionalen (Grund-)Plänen die Anlagen dreidimensional im Raum abbilden, können der besseren Anschauung dienen und das Problem eines fehlenden Verständnisses für die Auswirkungen des geplanten Vorhabens durch den Bulldozereffekt mindern, bei dem der größte Teil der Menschen kein Interesse an der abstrakten Diskussion zeigt, sondern erst dann aktiv und ablehnend reagiert, wenn die Veränderungen sichtbar sind (Renn, 2015b).

Es gibt eine Fülle von Beteiligungs- und Partizipationsformaten.Footnote 30 Die Wahl eines bestimmten Formats ist dabei nicht so wichtig wie die Beachtung der Grundsätze wie Dialogbereitschaft, Mitgestaltungsmöglichkeiten, Transparenz, frühzeitige Information (Bertelsmann Stiftung, 2017). Ein:e befragte:r Kommunikationsexpert:in empfiehlt jedoch, „weg von frontalen Infoveranstaltungen … hin zu kleinteiligeren Dialogveranstaltungen“ (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). In diese können Expert- und Mediator:innen inkludiert werden, es gilt die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu vermitteln und ein:e Interviewte:r empfiehlt, schon frühzeitig vor den formellen Verfahren zu beginnen (ebd.). Die elektronische Beteiligung erweitert die analogen Instrumente sinnvoll, bietet neue Möglichkeiten für die Partizipation und könnte in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen (ebd.). Sie erreicht die vermittelnde Wirkung des direkten Gesprächs aber nicht. Elektronische Beteiligungsinstrumente können begleitend eingesetzt werden und damit Personen das Äußern von Vorschlägen und Bedenken ermöglichen, die bspw. aufgrund ihrer beruflichen, familiären oder gesundheitlichen Situation nicht in Präsenz an den Veranstaltungen teilnehmen können.

Vertrauen

Als Vertrauen haben die Haltung des Unternehmens und die bisherige Erfahrung der Betroffenen mit ihm einen direkten Einfluss auf die Akzeptanz (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Energiekonzerne erfahren im Vergleich zu wissenschaftlichen Einrichtungen und Umweltorganisationen weniger Vertrauen (Sonnberger & Ruddat, 2016). Für unbekannte, bisher in der Region nicht aktive Unternehmen ist der Vertrauensaufbau schwer, da es über eine längere Zeit entsteht (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Unternehmen außerhalb der Region wird deshalb in der Regel geringeres Vertrauen entgegengebracht als kommunalen Akteur:innen (Kress & Landwehr, 2012). Dies schafft für KMU kommunikatives Potenzial: Positive Erfahrungen bei früheren Projekten können Vertrauen und damit größere Akzeptanz bei folgenden Projekten befördern (Schmid & Schuppli, 2009). Gleichzeitig führen negative Erfahrungen aus der Vergangenheit als emotionale Vorbelastung zu einer starken, negativen Beeinflussung des Akzeptanzniveaus gegenüber neuen Projekten (Lindow, 2016). Es gilt daher, dauerhaft und langfristig in den Vertrauensbildungsprozess zu investieren und das aufgebaute Vertrauen zu bestätigen (Hubig, 2014). Hierfür ist Kommunikation elementar: Die Unternehmen müssen ihren Stakeholder:innen beweisen, dass sie die getroffenen Versprechungen erfüllen und Absprachen einhalten. Die Grundlagen dafür sind Offenheit, Aufrichtigkeit, Empathie, Fairness und Kompetenz (Renn, 2015b). Vertrauen lässt sich u. a. durch Authentizität sowie Transparenz aufbauen, etwa indem das Unternehmen selbst proaktiv und aufgeschlossen agiert, weil es z. B. Gutachten offenlegt (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen, eignet sich direkter Kontakt am besten (Zöller, 2005). Bei der direkten Kommunikation führt ein verständnisvoller Dialog zur Vertrauensgenese, weil das Unternehmen als aufgeschlossen für die Bedürfnisse und Erwartungen der Bevölkerung wahrgenommen wird. Dabei ist es empfehlenswert, eine Person als Kommunikator:in zu etablieren, die diesen kontinuierlichen Prozess dauerhaft begleitet und als das Gesicht des Unternehmens auftritt (Borg, 2017).

Ein:e befragte:r Kommunikationsexpert:in rät grundsätzlich zu persönlichen Maßnahmen und glaubwürdiger Pressearbeit. Schriftliche Informationen sind weniger geeignet als die personale Kommunikation, um Vertrauen aufzubauen (Röglin & Grember, 1988). Entscheidend ist, dass das Unternehmen durch sein Handeln und Verhalten für die Bürgerschaft als verlässlicher Partner greifbar wird (Vonier, 2013). Die Erfahrung der Stakeholder:innen mit dem Unternehmen kann durch Events wie Tage der offenen Tür geschaffen oder verbessert werden (ebd.). Zu den persönlichen Maßnahmen zählen weiterhin u. a. Bürger:innenbüros, Besucher:innen-/Infozentren und Bürger:innensprechstunden. Ein:e interviewte:r Kommunikationsexpert:in nennt zudem das Engagement via CSR als vertrauensfördernd (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Zuträglich sind Beteiligungsformen wie Bürger:innengenossenschaften, weil die Unternehmen damit zeigen, dass sie neben dem Gewinnstreben einen Beitrag für die Gesellschaft leisten (ebd.).

Gerechtigkeit und Fairness

Der Einfluss von Gerechtigkeit und Fairness auf die (In-)Akzeptanz konnte zu erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen nachgewiesen werden (Gross, 2007; BWE, 2018a). Er unterliegt der subjektiven Wahrnehmung, wobei zwei Arten von Gerechtigkeit zu unterscheiden sind: die distributive und prozedurale (Gross, 2007; Wunderlich, 2012). Die distributive, auch Verteilungsgerechtigkeit genannt, betrifft eine angemessene Verteilung von Vor- und Nachteilen (Wunderlich, 2012; Krug, 2018). Für Energie- und Rohstoffprojekte ist dies von Bedeutung, weil die wahrgenommene Gerechtigkeit der Verteilung der Kosten bzw. Lasten und des Nutzens (Zoellner et al., 2009; Krug, 2018) von der lokalen Bevölkerung als negativ empfunden werden kann: Die Projekte werden in ländlichen Regionen umgesetzt, Energie und Rohstoffe jedoch nicht (ausschließlich) dort eingesetzt. Die emotionale Verbundenheit der Bürger:innen mit ihrem Umfeld kann als moralischer Besitzanspruch verstanden werden, auch wenn keine Eigentumsverhältnisse bestehen. In ihrer Wahrnehmung leisten die Anwohner:innen durch Einschränkungen, die sich aus den Projekten für sie ergeben, einen Beitrag für Andere, für den sie, um ihn zu akzeptieren, einen Nutzen erwarten. Liegt der Nutzen ausschließlich bei anonymen Konsument- oder Produzent:innen, während die Anwohner:innen am Standort das Risiko tragen und Nachteile erfahren, ist mit geringer Akzeptanz zu rechnen (Rayner & Cantor, 1987; Renn, 2006; Vassiliadis, 2014). Ebenso gefährdet eine als unverhältnismäßig empfundene und einseitige Verteilung des Nutzens, die das Fairness-Prinzip (Renn, 1992, 2006) verletzt, ein hohes Akzeptanzniveau im Lokalen, etwa wenn ausschließlich einzelne Anwohner- wie Flächenbesitzer:innen durch Pachteinnahmen von den Projekten profitieren (BWE, 2018a). Es ist nicht zielführend, sondern oftmals kontraproduktiv, wenn als Begründung der Notwendigkeit einzelner Vorhaben ein Nutzen oder Beitrag auf überregionaler Ebene (Hirschfeld & Heidrich, 2013), außerhalb der betroffenen Region angeführt wird. Wichtiger ist, z. B. Kompensationsmaßnahmen für die betroffenen Kommunen anzubieten (Fuchs et al., 2016) und den Betroffenen ein „Recht auf finanzielle Beteiligung [einzuräumen]“ (BWE, 2018a, S. 14).

Mit der prozeduralen Gerechtigkeit ist die Verfahrensgerechtigkeit im Planungs-/Genehmigungs-/Beteiligungs- und Entscheidungsprozess gemeint (Wunderlich, 2012; Krug, 2018). Vom Entscheidungsprozess hängt die Akzeptanz mit ab (Burkart, 1993), er sei „mindestens ebenso bedeutend wie die Entscheidung selbst“ (Renn, 1992, S. 278). Zielstellung ist dabei zunächst, Akzeptanz für das oder die Verfahren zu erlangen (Grünwald et al., 2015). Konnte sie erreicht werden, kann individuelle Akzeptanz für das Ergebnis der Verfahren und damit für das Projekt erreicht werden, auch wenn es nicht den persönlichen Wünschen aller Einzelpersonen entspricht (BWE, 2018a). Dazu muss der Prozess transparent gestaltet sein, das beinhaltet auch die Bereitstellung umfassender Informationen über das Verfahren, und es müssen sich alle Betroffenen mit ihren Interessen, Bedürfnissen und Befürchtungen gehört fühlen (ebd.).

Im Bereich der Fairness gilt es sowohl die strukturelle als auch prozessuale Fairness zu beachten (Riede, 2012). Strukturelle Fairness meint den finanziellen Ausgleich von struktureller Ungleichheit, die Einbeziehung unabhängiger Moderator- und Expert:innen sowie eine Grundhaltung, die Offenheit, Akzeptanz, Ehrlichkeit und Wertschätzung für die Belange der Stakeholder:innen ausdrückt (ebd.). Fairness schafft einen Ausgleich von Machtverhältnissen, der sich in respekt- und vertrauensvollem Umgang, dem Einhalten von Vertraulichkeit und Informationstransparenz ausdrückt (ebd.). Die empfundene Fairness ist für Sachsen, wie für alle Bundesländer, die aus der DDR hervorgingen, von starker Bedeutung für die Akzeptanz (Fuchs et al., 2016). Ein:e befragte:r Kommunikationsexpert:in betont die Wichtigkeit von geregelten und vorab klar definierten Prozessen, wie sie bei formellen Verfahren gegeben sind, auch für informelle Verfahren: „In welcher Stufe wird über was geredet? Wie wird etwas abgeschlossen und an wen wird es weitergegeben?“ (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Offenheit bezüglich des Ergebnisses (ebd.), der vorgebrachten Vorschläge, Anregungen und kritischer Stimmen ist dabei existenziell. Es müssen Stakeholder:innen wie Fachpolitiker- und lokale Mandatsträger:innen eingebunden werden, wobei die Entscheidungsfindung begleitend kommuniziert werden sollte, wofür sich Presse-/Medienarbeit sowie die Information über soziale Medien anbieten (ebd.). Über Onlinekanäle wie Owned Social Media, Corporate/Brand Web- oder Microsites sowie einen Corporate/Executive Blog können Veranstaltungen, welche der Entscheidungsfindung dienen, gestreamt sowie Kommentare eingespielt werden. Die Aufzeichnung der Veranstaltung kann, nach eventuell nötiger Aufbereitung und unter Einhaltung rechtlicher Bestimmungen, als Audio- oder Videopodcast veröffentlicht werden.

Presse- und Medienberichterstattung

Die Umfrage unter der sächsischen Bevölkerung hat gezeigt, dass sich die meisten Bürger:innen über regionale und überregionale Medien zum Thema Energie und Rohstoffe informieren; erst dahinter folgt der persönliche Austausch (Abschnitt 4.1.2). Für die Presse- und Medienarbeit sollte eine langfristige Strategie verfolgt werden (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Dabei spielen Kontinuität und Frühzeitigkeit eine wesentliche Rolle (ebd.). Unter Beachtung der Nachrichtenwertfaktoren (von La Roche, 2013) gilt es, geeignetes Pressematerial zu entwerfen, wobei für Pressemitteilungen auf Verständlichkeit sowie geeignete Bilder und Infografiken zu achten ist (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Eigene Projektmedien wie Zeitungen oder Postwurfsendungen können unterstützend eine wichtige Rolle spielen (ebd.). Neben dem Versand von Pressemitteilungen sollten regelmäßig Hintergrundgespräche für Journalist:innen organisiert werden (ebd.); sie tragen zu einem langfristigen Vertrauensverhältnis bei (ebd.), außerdem wird so die Fachkenntnis wenig themenaffiner Journalist:innen verbessert, womit sie kritisch-falsche Stimmen besser einordnen können. Damit über das Vorhaben berichtet wird, gilt es geeignete Kommunikationsanlässe wie Gesprächsrunden, Spatenstiche, Exkursionen oder Einweihung zu schaffen, die z. B. durch Liveformate begleitet werden (Interview mit Kommunikationsexpert:innen).

Projekt- und Kommunikationsmanagement

Eine strategische Herangehensweise für eine effiziente und effektive Akzeptanzkommunikation erfordert neben der Auswahl adäquater Instrumente ebenso deren Einsatz zum richtigen Zeitpunkt, wofür Projekt- und Kommunikationsmanagement zu verzahnen sind (Abbildung 4.12).

Abbildung 4.12
figure 12

Darstellung des verzahnten Projekt- und Kommunikationsmanagements. In Anlehnung an Brettschneider (2012, S. 437–439 sowie 2016, S. 230)

Parallel zur Vorplanung des Projekts muss die Vorbereitung der Kommunikation erfolgen. Dies geschieht einerseits durch eine Stakeholder:innenanalyse, andererseits indem an Projekt und Umfeld angepasste Kommunikationsziele, -themen und -kernbotschaften erarbeitet werden. Zudem sollte schon in dieser Phase Kontakt zu entscheidenden Stakeholder:innen aufgebaut bzw. intensiviert werden, wozu u. a. Hintergrundgespräche mit Medienvertreter- und Politiker:innen förderlich sind, um Faktenwissen über die Technik zu vermitteln, bevor eine unsachliche Diskussion entsteht. Die lokalen Entscheidungsträger:innen wie Bürgermeister:innen und Ortsvorstände müssen zuerst überzeugt werden, weil sie als Pressure Group, die das Projekt unterstützt und befürwortet, aufgrund von Ansehen und Vertrauen im Ort die übrigen Bewohner:innen überzeugen können (Karpenstein-Machan et al., 2013). Zusätzlich sollte, um falsche Gerüchte zu verhindern, auf der Unternehmenswebsite bereits grundlegend über die Planung informiert und so Transparenz geschaffen werden. FAQ können schon zu diesem Zeitpunkt angelegt und in den weiteren Phasen mit neuen, genaueren Informationen erweitert werden.

Spätestens sobald die Entwurfsplanung beginnt, sollte die Beteiligung der weiteren Öffentlichkeit intensiviert werden. Erste Aufgabe ist die Information, bspw. mit Flugblättern, Broschüren, Pressemitteilungen und einer Projektwebsite (VDI, 2015), wobei Vor- und Nachteile offen thematisiert werden sollten. Druckerzeugnisse sollten dabei genutzt werden, um die Bürger:innen darüber aufzuklären, wie sie von dem geplanten Projekt profitieren, wer ihre Ansprechpartner:innen sind (ebd.) und auf welchem Weg sie sich beteiligen können. Möglich ist neben Webformularen und Präsenzveranstaltungen auch eine Telefon-Hotline (ebd.). Die dadurch gesammelten Rückmeldungen sollten gesichtet, ausgewertet und in die Planung des Projekts einbezogen werden, um bei den weiteren Phasen des Projekts die Bemühung des Unternehmens darzustellen, auf die Sorgen und Wünsche der Bevölkerung einzugehen. Bei sämtlichen Kommunikationsmaßnahmen ist darauf zu achten, dass die Technik allgemeinverständlich erklärt wird; mögliche Erscheinungsformen der Anlage können schon zu diesem Zeitpunkt als Visualisierung (Interview mit Kommunikationsexpert:innen) integriert werden.

Während der Genehmigungs- und Ausführungsplanung sollte der Stakeholder:innendialog intensiviert werden, indem die aktualisierten Pläne und durch die Bevölkerung ausgelösten Änderungen vorgestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt sollten zwingend Visualisierungen eingesetzt werden, die es den Bewohner:innen bestenfalls ermöglichen, die Sichtbarkeit der neuen Anlage von ihrem eigenen Grundstück aus einzuschätzen. Exkursionen zu ähnlichen, bereits in Betrieb befindlichen Anlagen können in dieser Phase ebenfalls eingesetzt werden.

Mit der Ausführung des Baus sollte der Diskurs fortgesetzt und die Bevölkerung über den Fortgang informiert werden, indem die Baustelle für Besucher:innen regelmäßig geöffnet wird (VDI, 2015; Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Diese Veranstaltungen können in ihrer Wirkung verbessert werden, indem bspw. Grillabende ausgerichtet und deren Kosten vom Unternehmen getragen werden. Die Erwartung dabei ist, dass die Anwohner:innen sich aufgrund des Engagements des Unternehmens für ihre Gemeinschaft positiver über dessen Handeln äußern und dadurch unterbewusst diejenigen Unentschlossenen durch den Eindruck sozialer Erwünschtheit beeinflussen.

Social Media kann während aller Phasen genutzt werden, um transparent den Fortschritt des Projekts und die Beteiligung der Öffentlichkeit darzustellen. Mit der Bauausführung bieten die sozialen Medien die Möglichkeit, Veränderungen auf der Baustelle täglich zu dokumentieren und mit Fotos und Videos die Erhabenheit der Technik zu präsentieren. Gleichzeitig ist Social Media kein klassischer Medienkanal, auf dem eine Sender:in an viele Empfänger:innen ihre Botschaften aussendet – die Unternehmen müssen die personellen Kapazitäten schaffen, um über Social Media mit der Bevölkerung in den Dialog zu treten (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Zudem kann z. B. bei der Einrichtung eines Tagebaus ein Besichtigungsturm am Rand des Geländes eingerichtet werden, um mehr Transparenz über die Vorgänge auf dem Gelände zu schaffen. Mit einer Kamera ausgestattet, kann dieser Effekt über das Internet erweitert werden (ebd.).

4.4 Webapplikation Akzeptanz-O-Meter

Ziel des Akzeptanz-O-Meters ist, den voraussichtlichen AkzeptanzvorhersagewertFootnote 31 sowie akzeptanzsteigernde Maßnahmen für konkrete Projekte aufzuzeigen. Für die Nutzung der Webapplikation wird über einen Internetbrowser die Webadresse aufgerufen. Es erscheint die Startseite, welche über die Zielstellung und Methodik Auskunft gibt (Abbildung 4.13). Über den dort implementierten Start-Button kann auf die Anwendung zugegriffen werden.

Abbildung 4.13
figure 13

Startseite der Webapplikation

Wurde die Passworteingabe korrekt getätigt, kann die Nutzer:in im Userinterface Angaben zum Projekt tätigen (Abbildung 4.14, 4.15). Dazu gehören:

  • Sektorauswahl (Energie- oder Rohstoffsektor),

  • Vorhabensklasse (nur im Energiesektor: fossil oder erneuerbar),

  • Anlageart (entsprechend der Sektorauswahl und Vorhabensklasse: Windkraft-, Wasserkraft-, Solar-, Biomasse-, Geothermieanlage, Kohle-, Öl- oder Gaskraftwerk sowie Abbau in Tagebau oder Untertagebau),

  • Lokalisation (über Landkreis oder Postleitzahl),

  • Art des Projekts (neues oder Ausbau eines bestehenden Projekts),

  • Projektphase (Ideen-, Entscheidungs-, Verhandlungs-, Umsetzungs-, Betriebs- oder Renaturierungs-/Rekultivierungsphase),

  • regionale Verortung des Unternehmens (ja oder nein),

  • gesellschaftliches Engagement (wenn bei bisheriger Unternehmestätigkeit vor Ort mit ja geantwortet wurde: ja oder nein),

  • Bekanntheit der Anspruchsgruppen (ja oder nein) sowie

  • Kontakt zu Anspruchsgruppen (wenn bei Bekanntheit der Anspruchsgruppen mit ja geantwortet wurde: ja oder nein).

Die Angaben werden über Radio-Checkboxen und eine Dropdown-Input-Box getätigt. Nachdem die Nutzer:in dies getan hat, kann sie oder er auf den Analyse-Starten-Button klicken.

Abbildung 4.14
figure 14

Userinterface der Webapplikation, Teil 1. Auszug

Abbildung 4.15
figure 15

Userinterface der Webapplikation, Teil 2. Auszug

Anschließend erscheint der Akzeptanzvorhersagewert, weiterführende Erläuterungen sowie akzeptanzsteigernde Instrumente mit Fokus auf Kommunikationsmaßnahmen (Abbildung 4.16). Die getätigten Angaben bleiben erhalten und können verändert werden.

Abbildung 4.16
figure 16

Webapplikationsseite. Auszug

Entsprechend der Angaben der Nutzer:in wird der Akzeptanzvorhersagewert für den Freistaat Sachsen in Anlehnung an die Inakzeptanz-Akzeptanz-Skala mit einem Ampelsystem visualisiert (Abbildung 4.17). Ergänzend wird der ermittelte Wert im gewählten Landkreis dargestellt. Unter dem Akzeptanzvorhersagewert wird ein erklärender Text eingebunden. Dieser enthält Aussagen zur (In-)Akzeptanz im Freistaat, dem Informationsgrad und den Befürchtungen der sächsischen Bevölkerung sowie Hinweise zur Wichtigkeit des Umgangs mit Stakeholder:innen für die durch die Nutzer:in gewählte Anlageart.

Abbildung 4.17
figure 17

Darstellung des Akzeptanzvorhersagewerts in Webapplikation. Für einen Tagebau im Landkreis Mittelsachsen

Zudem werden den Unternehmensvertreter:innen an die Vorhabensituation angepasste Maßnahmen vorgeschlagen. Diese sind in Paid-, Earned- und Owned-Maßnahmen unterteilt; die drei Kategorien werden kurz erläutert (Abbildung 4.18). Die Maßnahmen werden aufgrund der ausgewählten Projektphase dargestellt und anhand der Bewertung nach der Media Richness Theory (Abschnitt 4.3.2) absteigend inkl. der Punktzahl aufgelistet.

Abbildung 4.18
figure 18

Darstellung potenziell akzeptanzsteigernder Instrumente mit Fokus auf Kommunikationsmaßnahmen in Webapplikation. Auszug

Die Webapplikation wird mit vier Unternehmensrepräsentant:innen, welche jeweils ein Vorhaben umsetzen (wollen), auf ihre Praxistauglichkeit und somit den Nutzen getestet. Im heterogenen Sampling wird erneuerbare Energie, vertreten durch die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG)/MIBRAG Neue Energie GmbH und eins energie in sachsen GmbH & Co. KG, fossile Energieumwandlung sowie Rohstoffgewinnung gegenübergestellt. Bei ihren Projekten handelt es sich u. a. um die Errichtung neuer Windkraftanlagen oder eines Holzheizkraftwerks. Für diese Veröffentlichung liegt die Genehmigung von zwei der vier Unternehmen vor (Tabelle 4.42).

Tabelle 4.42 Auswahl befragter Unternehmen und deren Projekte. Auszug; in Anlehnung an HeidelbergCement AG (2020, o. D.-a, o. D.-b), Heidelberger Sand und Kies GmbH (o. D.), eins energie in sachsen GmbH & Co. KG (o. D.-a, o. D.-b, o. D.-c, o. D.-d), MIBRAG (2018, 2020, 2021a, 2021b, 2021c)

In persönlicher oder virtueller Anwesenheit werden die projektspezifischen Eingaben der Unternehmensvertreter:innen durch sie selbst getätigt und die Ergebnisse von ihnen eingesehen (Interview mit Unternehmensrepräsentant:innen). Anschließend werden die Repräsentant:innen um ihre Einschätzung zu Bedienfreundlichkeit, Gestaltung, Akzeptanzvorhersagewert, Erläuterungen, Maßnahmenvorschlägen, Informationswert, Neuigkeitswert und Gesamteindruck gebeten. Für die Auswertung vergeben sie in den jeweiligen Kategorien Punkte von eins für sehr schlecht, zwei für schlecht, drei für in Ordnung, vier für gut bis fünf für sehr gut.

Die Bedienfreundlichkeit stufen drei von vier Unternehmen mit sehr gut ein, es heißt, die Applikation sei logisch aufgebaut und gut zu verstehen. Bei der Gestaltung wird zwei Mal die höchste Punktzahl, einmal das Feedback gut und einmal in Ordnung vergeben. Zur Bewertung in Ordnung wurde ergänzt, dass die Gestaltung zu simpel sei und mehr Informationen sowie Beispiele inkludiert werden sollten (Interview mit Unternehmensrepräsentant:innen). Ein:e andere:r Unternehmensrepräsentant:in würde dieser Aussage augenscheinlich nicht zustimmen, er bzw. sie bewertet die Gestaltung mit der Höchstpunktzahl und äußert, „man hatte ja echt auf einer Seite mit ein bisschen scrollen alles drauf“ (ebd.).

Die Einschätzung des Akzeptanzvorhersagewertes wird insgesamt mit 19 von 20 zu erreichenden Punkten bewertet, aus der Grafik sei u. a. wegen der farblichen Einteilung alles einfach abzuleiten (ebd.). Der Akzeptanzvorhersagewert führt bei einer bzw. einem Unternehmensrepräsentant:in zur unmittelbaren Reaktion, dass vorbeugend für das Projekt etwas getan werden müsse (ebd.). Ein:e Vertreter:in entnimmt den weiterführenden Erläuterungen zum Akzeptanzvorhersagewert, dass mit den der (In-)Akzeptanzausprägung Gleichgültigkeit zugeordneten Personen gearbeitet werden und versucht werden sollte, diese argumentativ auf die Seite des Unternehmens zu führen (ebd.). Die Person äußert zudem den Gedanken, dass die der (In-)Akzeptanzausprägung Akzeptanz zugeordneten Teile der sächsischen Bevölkerung „vielleicht sogar für uns sprechen oder uns dabei helfen“ (ebd.). Positiv werden auch die Erläuterungen bezüglich der Stakeholder:innen sowie des Wissensstands der Bevölkerung eingeschätzt. Die Repräsentant:innen charakterisieren die Erläuterungen als verständlich, nachvollziehbar und detailliert.

Die Maßnahmenvorschläge in der rechten Spalte werden insgesamt mit 18 von 20 Punkten bewertet: Sie seien umfangreich und beinhalten für einen Teil der Repräsentant:innen neue Maßnahmen. Dazu heißt es z. B., dass die Einteilung, Auflistung und Bewertung eine Nicht-Kommunikationsexpert:in, die „das nebenbei machen muss“ (Interview mit Unternehmensrepräsentant:innen), unterstützen würde. Auch die für die Kommunikation verantwortlichen Vertreter:innen bewerten die Maßnahmenvorschläge als sehr gut/gut. Insbesondere die Bereiche Bildungsprojekte und Social Media werden reflektiert. Dazu heißt es u. a., dass das Unternehmen „durchaus aktiver in sozialen Medien sein sollte[.]“ (ebd.) und „da sind wir eigentlich ziemlich schwach auf der Brust“ (ebd.).

Der Informationswert des Akzeptanz-O-Meters wird mit 19, der Neuigkeitswert mit 14 von 20 Punkten bewertet. Letzteres Urteil verwundert nicht, da die Unternehmensrepräsentant:innen seit Jahren persönlich Erfahrung mit der (In-)Akzeptanz der Bevölkerung gemacht haben oder für die Unternehmenskommunikation verantwortlich und folglich mit der Thematik grundlegend vertraut sind. Die Applikation als Ganzes betrachtend vergeben zwei Unternehmen das Urteil sehr gut und zwei die Bewertung gut. Alle Unternehmensrepräsentant:innen geben an, die Anwendung zukünftig nutzen zu wollen.

4.5 Ableitungen zur Steigerung der soziopolitischen Akzeptanz

Dieses Forschungsprojekt thematisiert zuvorderst das lokale (In-)Akzeptanzniveau gegenüber konkreten Projekten; die grundsätzliche Einstellung hat auf diese aber Einfluss (Zoellner et al., 2009; Wunderlich, 2012; iit, 2015; Fuchs et al., 2016). Deshalb werden nachfolgend Ansätze angeführt, mit denen soziopolitische Faktoren das lokale (In-)Akzeptanzniveau beeinflussen können, wenn sie kommunikativ thematisiert werden.

Bewusstseinsbildung

Das in der Ausgangslage angedeutete, fehlende Bewusstsein für Energie und Rohstoffe sollte in der kommunikativen Begleitung von Projekten thematisiert werden. Einige Autor:innen attestieren der Bevölkerung eine gewisse Sorglosigkeit, die durch das hohe infrastrukturelle Niveau begründet wird: Bei Strom führe die permanente, unterbrechungsfrei Verfügbarkeit zu ihrer vermeintlichen Gewissheit (Schubert et al., 2013; Fischer et al., 2015) und „das Rohstoffbewusstsein ist … in der Bevölkerung wenig ausgeprägt“ (Kulik, 2018, S. 71, Hervorhebung aus dem Original entfernt). Die Rohstoffgewinnung wird in Deutschland als ebenso selbstverständliche Dienstleistung wahrgenommen (Angerer et al., 2016). Dies kann mit fehlendem Wissen bezüglich der Bedeutung von Rohstoffen und absentem Interesse an diesem Thema begründet werden, die auf den allgemeinen Bedeutungsverlust der Rohstoffindustrie zurückzuführen sind (ebd.). Bundesländer und Bundesregierung sowie ihre nachgeordneten Behörden versuchen diesem mangelnden Bewusstsein durch Sachinformationen zu begegnen (Kulik, 2018). Es existiert jedoch eine tiefgreifende Diskrepanz zwischen der alltäglichen Rohstoffnutzung, die gesellschaftlich akzeptiert ist, und dem Unwissen über Herkunft, Abbau-, Verarbeitungs- und Transportbedingungen (RohstoffWissen!, 2019b). Eine allgemeine Information der Öffentlichkeit über Rohstoffverfügbarkeit und-nutzung (Kulik, 2018) ist zur Schaffung einer Wissensbasis obligatorisch, weil soziopolitisches und lokales Akzeptanzniveau gegenüber Rohstoffabbau, fossiler und erneuerbarer Energieumwandlung bei nicht informierten Personen am geringsten ist (Abschnitt 4.1.1). Alleinige Information ist aber nicht ausreichend (Bleicher & David, 2015). Um Akzeptanz allgemein und vor Ort zu befördern, müssen Vorbehalte zunächst abgebaut, Kosten und Nutzen auch aus Sicht der Bevölkerung abgewägt und neben Nutzungsoptionen die Vorteile für die Bürger:innen entdeckt werden (Schäfer & Keppler, 2013). Voraussetzung ist, das Wissen für Nichtfachleute aufzubereiten (Klagge et al., 2013).

Kommunikation kann jedoch offenkundige Missstände nicht beseitigen. Für Geothermie bspw. gilt es, jegliche Schadensfälle zu vermeiden (Deinhardt & Dilger, 2018), da „die meisten Menschen ein hohes Risiko gleichzeitig mit einem geringen Nutzen und umgekehrt einen hohen Nutzen mit einem geringen Risiko verbinden“ (Renn, 2015a, S. 137). Die Bevölkerung würde, sobald sie eine Energietechnik als riskant oder sogar gefährlich einstuft, automatisch den Nutzen selbiger als geringer einstufen (Renn, 2015a). Dieser Effekt dürfte bei der Atomkraft eingetreten sein (Mackenthun, 2007). Gleichzeitig muss die Informations- und Wissensvermittlung derart gestaltet sein, dass Geothermie (ein-)eindeutig als Form der erneuerbaren Energieumwandlung wahrgenommen wird, um Befürchtungen durch das positive Image regenerativer Energien zu minimieren (Borg et al., 2018). Dies inkludiert auch die Technik des Framings.

Framing

Beim Framing werden bestimmte Informationen ausgewählt und betont, wobei andere bewusst ausgeschlossen werden (Entman, 1993; Scheufele, 2003). Durch diese Selektion kann die Einstellung der Rezipient:innen beeinflusst werden (Price et al., 1997). Dieser Effekt wurde für die Technikakzeptanz durch Studien belegt (Davis, 1995; Shen, 2004; Cobb, 2005; Vishwanath, 2009; Stoefs & Mathijs, 2009). So führten positive Frames wie der Effizienz- und Entlastungsframe zu mehr Akzeptanz gegenüber dem Netzausbau, während negative wie Verwundbarkeits- und Interessensframe zu weniger führten (Schmidt et al., 2013). Im Bereich der Rohstoffe ist vor diesem Hintergrund bereits der Begriff Rohstoffabbau kritisch zu 3, da Abbau als nichtumkehrbarer Vorgang negativ konnotiert ist – unabhängig davon, ob er verantwortungsvoll und nachhaltig erfolgt. Positives Framing würde stattdessen den Begriff Gewinnung nutzen, da dieser positiv konnotiert wird.

Eindeutig negative Auswirkungen oder Folgeerscheinungen sind jedoch auch durch Framing nicht positiv darzustellen. Beispielsweise können die Rotorblätter von Windkraftanlagen, für die Bevölkerung zumeist das Symbol dieser Technik, bisher nur schwer wiederverwertet werden, da sie aus Faserverbundstoffen bestehen (BWE, 2017; Crome, 2018). Problematisch ist, dass sie außerhalb Deutschlands teils durch Deponierung entsorgt werden (Abbildung 4.19).

Abbildung 4.19
figure 19

Entsorgung von Rotorblättern von Windkraftanlagen durch Vergraben in den USA. Auszug aus Rasmussen (o. D.)

Dies schafft Bilder, die den Frame einer ausschließlich regenerativen Energieumwandlung brechen – auch wenn diese Option in Deutschland nicht möglich ist, weil die Deponierung von Faserverbundstoffen verboten ist.

Leuchtturmprojekte und Testimonials

Neben der Betonung positiver Aspekte gilt für Kommunikation zur Steigerung der Akzeptanz: Das Abstrakte muss greifbar werden. Es braucht „Leuchtturmprojekte, die jeder sehen kann und die im Idealfall andere – auch aus monetären Gründen – nachmachen wollen“ (Plöger & Böttcher, 2015, S. 173, Hervorhebung nicht im Original). Journalistische Berichterstattung befördert dies (ebd.), wenn anhand der Leuchtturmprojekte Gemeinwohleffekte thematisiert werden (Krug, 2018). Der dadurch ausgelöste Abbau von Vorurteilen kann durch die kommunikative Einbeziehung von legitimierten Personen verstärkt werden, darunter Politiker- und Leiter:innen angesehener Einrichtungen (Schäfer & Keppler, 2013). Dabei eröffnet das persönliche Gespräch mit Expert:innen sowie das direkte Erleben in Form von Anlagenbesichtigungen weitere Möglichkeiten (ebd.). Neben positiven Berichten in sozialen Medien ist aktive Pressearbeit notwendig. Dem Protest gegen die Infrastruktur der Energiewende wird aufgrund des augenscheinlichen Konflikts von publizistischen Medien Gewicht beigemessen, wobei dieser Protest die Berichterstattung dominiert und damit die öffentliche Meinungsbildung beeinflusst (Grünwald et al., 2015).

Positivbeispiele können als Testimonials diesen Effekt minimieren, Kleinanlagenbetreiber:innen bspw. zur Akzeptanz beitragen. Sie drücken als positives Beispiel Akzeptanz für die von ihnen verwendete Technik aus und dienen als Vorbild für die Transformation von bisherigen Konsument- zu Produzent:innen. Es ist zu erwarten, dass Betreiber:innen privater Solaranlagen die Technik als solche befürworten und damit auch Solarparks positiver gegenüberstehen (Tischer et al., 2006). Entscheidender sind jedoch Transformationsmöglichkeiten. Ein bundesweites Programm Von der Land- zur Energiewirt:in (ebd.) könnte für prekarisierte Familienbetriebe in der Landwirtschaft eine Perspektive sein, die es erlaubt, die teils jahrhundertelange Familientradition mit neuem Schwerpunkt fortzuführen, indem Agrarflächen stärker für die erneuerbare Energieumwandlung genutzt werden. Um Inakzeptanz bei anderen Einwohner:innen zu verhindern und den Landwirt:innen finanziell diese Neuausrichtung zu erlauben, könnten sie einen Teil ihrer Fläche an Gemeinde, Land oder Staat verkaufen oder verpachten und gleichzeitig günstige Kredite erhalten. Diese vergesellschafteten Flächen würden nicht veräußert oder anderweitig genutzt, sondern zur erneuerbaren Energieumwandlung. Am Gewinn dieser öffentlichen Anlagen würde die Bürgerschaft direkt monetär beteiligt (Plöger & Böttcher, 2015). Gleichzeitig würden durch die verstärkte Nutzung der Windenergie weitere positive Beschäftigungseffekte ausgelöst, die beinahe ausschließlich dem ländlichen Raum zugutekämen (BWE, o. D.). Im Jahr 2013 arbeiteten deutschlandweit über 370.000 Menschen in der erneuerbaren Energiebranche (AEE, o. D.-a), dennoch sehen die Bürger:innen z. B. die Wind- und Solarenergiebranche noch nicht als Wirtschaftszweige an, die wichtig für die Schaffung von Arbeitsplätzen sind (IfD-Allensbach, 2004). Die Form der Vergesellschaftung und finanziellen Beteiligung ist nicht nur bei Projekten der erneuerbaren Energieumwandlung möglich. Sie kann gleichsam die Akzeptanz für Rohstoffvorhaben erhöhen, wenn ein bestimmter Anteil des Gewinns unmittelbar der Entwicklung der Region zugutekommt. So wie die Rohstoffgewinnung einst Reichtum und Wohlstand für Staaten bedeutete (Tenfelde, 1979), würde sie künftig das Einkommen derjenigen erhöhen, die unmittelbare Auswirkungen in Landschaft und Umwelt erfahren.

(Aus-)Bildungsprojekte

Unabhängig von Transformations- und Beteiligungsoptionen sollte die Informations- und Wissensvermittlung nicht nur eingesetzt werden, um kurzfristige Effekte im Lokalen zu erzielen. Um langfristig zu einer größeren soziopolitischen Akzeptanz beizutragen und damit künftig einen Beitrag zur Energie- und Rohstoffsicherheit zu leisten, muss es gelingen, jüngeren Menschen konkretes Wissen in Form von Sach- und Methodenkompetenz zu vermitteln, damit diese nicht ebenfalls die abstrakte Vorstellung einer selbstverständlichen Energie- und Rohstoffversorgung entwickeln. Bildungsprojekte mit Kindern und Jugendlichen können dazu dienen, frühzeitig kindliche Begeisterung für Technologie zu wecken und damit die Grundlagen für künftige Verbesserungen des (In-)Akzeptanzniveaus zu legen. Die Einbeziehung künftiger Generationen von Entscheider:innen bietet die Chance zu verhindern, dass das Wissen um die Rohstoffsituation weiter in den Hintergrund gedrängt wird (Weyer, 2018). Sie zielt darauf, jene Menschen zu erreichen, die noch keine Inakzeptanz entwickelt haben und glaubhaft zu vermitteln, warum Rohstoffe und Energie wesentliche Grundlage der Gesellschaft sind, damit ein schwieriges „Aufbrechen“ dieser Haltung zukünftig nicht nötig wird (Angerer et al., 2016).

Verschiedene Bergbauzweige und Institute haben deshalb Material für Schulen erstellt (Kulik, 2018). Die Maßnahmen sollten sich jedoch nicht auf kognitive Wissensvermittlung beschränken, sondern ein Erleben ermöglichen (Schäfer & Keppler, 2013). Anwendungs- und Erfahrungswissen baut Berührungsängste ab, sodass Computerspiele und -visualisierungen ebenso zum Repertoire gehören sollten wie Exkursionen, bei denen die Technik ausprobiert werden kann (ebd.). Als Beispiele sei auf die Projekte SOCIAL NATURE (Walter, 2018), die ARCHE Naturprojekte (Walter, 2021) und die Ausstellung Vom Salz des Lebens (Drebenstedt & Kleeberg, 2021) verwiesen. Die aktive Einbindung des Lehrpersonals kann dazu beitragen, diese als Multiplikator:innen zu gewinnen, die die Projekte zukünftig mit neuen Klassenstufen wiederholen.

Unterstützend auf die Akzeptanzgenese würde zudem wirken, wenn das Personal auch abseits der Kommunikationsabteilungen mehr Kenntnisse über Akzeptanzforschung und angewandte Kommunikationswissenschaften erwerben würde. Dies käme insbesondere den KMU zugute. Die Befragung der sächsischen Unternehmensvertreter:innen hat ergeben, dass die Kommunikationsarbeit und die Akzeptanzgenerierung oftmals als Nebenaufgabe zur eigentlichen Tätigkeit erfolgt (Abschnitt 4.2.3; Interview mit Unternehmensrepräsentant:innen). Da professionelle strategische Kommunikation nach Meinung der befragten Expert:innen Wissen und Erfahrung erfordert (Interview mit Kommunikationsexpert:innen), sollten die Unternehmensvertreter:innen zumindest ein grundlegendes Verständnis aufbauen. Neben unternehmensinterner Schulung wäre hierfür eine Integration in die Aus- und Weiterbildung von Studierenden hilfreich, weil die Alumni ihr Wissen direkt nach der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit in die Unternehmen einbringen könnten.

Akzeptabilität

Den Fokus kommunikativer Bemühungen ausschließlich auf Informations- und Wissensvermittlung zu setzen, greift jedoch zu kurz: Die Motivationslagen der Bevölkerung sind allein mit einem Wissensdefizit nicht zu erklären (Bleicher & David, 2015). Die zuvor skizzierten Maßnahmen tragen vor allem dazu bei, gegebene soziopolitische Akzeptanz auf konkrete Projekte zu übertragen und damit durch eine Vielzahl von Projekten Erfahrungswissen zu schaffen und so auch die soziopolitische Akzeptanz langfristig zu verbessern. Entscheidend ist unterdessen oft, welche Maßnahmen ergriffen werden können, wenn die Akzeptabilität infrage steht. Da sie aus dem Objekt selbst resultiert, ist sie nicht veränderbar – außer das Objekt wird verändert.

Konkret bedeutet dies etwa für Rohstoffvorhaben, dass geprüft werden sollte, ob ein Tagebau ebenso als Tiefbau möglich und damit für die Bevölkerung akzeptabler ist. Die für Untertagebau nötigen Einrichtungen wie Schacht- und Aufbereitungsanlagen sowie Teiche für Aufbereitungsabgänge ähneln in ihren optischen Auswirkungen auf das Landschaftsbild denen anderer Industrien (Angerer et al., 2016). Ein solches Vorgehen wird bereits u. a. in Österreich eingesetzt, wenn auch nicht aus Gründen der Inakzeptabilität, sondern solchen des Umweltschutzes (ebd.). Beispielhaft seien für Österreich die Wolframgewinnung in den Hohen Tauern und für Deutschland die Flussspat-/Schwerspat-Grube Clara im Schwarzwald angeführt, die, obwohl in sensibler Natur gelegen, eine hohe Akzeptanz der Bevölkerung aufweisen (ebd.).

Zudem kann geprüft werden, ob die Aufbereitung der gewonnenen Rohstoffe vor Ort erfolgen muss oder in Gebieten erfolgen kann, deren Bewohner:innen aufgrund lokaler Bergbautradition eine industriekulturelle Prägung aufweisen, die eine höhere Akzeptanz für derartige Industrien wahrscheinlich macht (Angerer et al., 2016). Obwohl die angeführten Anpassungen keine kommunikativen Maßnahmen sind, bieten sie durch ihren Charakter der Begrenzung von Folgen der Rohstoffgewinnung für Umwelt und Landschaft kommunikatives Potenzial, weil mindestens die Wahrscheinlichkeit steigt, dass solche untertägigen Vorhaben toleriert werden – erst recht, wenn ihre Auswirkungen kontrastierend zu denen des für die Bevölkerung inakzeptablen Tagebaus kommuniziert werden.

Ein Verzicht auf Tagebaue ist jedoch nicht immer möglich, auch weil er aufgrund Unwirtschaftlichkeit bestimmter Untertagebauprojekte eine Selektion bestimmter Rohstoffarten bedeuten würde (Angerer et al., 2016). In diesen Fällen sollten bei fehlender Akzeptabilität oder nichtgegebener soziopolitischer und lokaler Akzeptanz andere Formen einer Veränderung des Akzeptanzobjekts geprüft werden. Denkbar wäre etwa, die „Tendenz zu immer größeren Tagebauen umzukehren“ (ebd., S. 166) oder die Umsetzung dadurch zu ermöglichen, dass die Rohstoffe vor allem in Senken abgebaut und damit eine durch die Bevölkerung wahrnehmbare Veränderung der Landschaft verringert wird (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Einen vergleichbaren Effekt kann die systematische Außenverkleidung von Betriebsstätten erreichen (ebd.).

Regulatorische Rahmenbedingungen

So vielfältig die Anknüpfungspunkte für Unternehmen sind, sie sind abhängig von Exekutive und Legislative. Dabei scheint ein Gefühl der Unsicherheit gegeben, das ein:e Unternehmensrepräsentant:in im Interview beispielhaft zum Ausdruck bringt: „Wichtig ist natürlich ein energiepolitisches Umfeld, was einigermaßen stabil ist. … Die regulatorischen Rahmenbedingungen müssen natürlich auch einen gewissen Bestand haben, eine Halbwertzeit also größer eines Jahres“ (Interview mit Unternehmensrepräsentant:innen). Gerade die Energiepolitik befindet sich aktuell in einem einschneidenden Wandlungsprozess. Die Energiewende wurde in den letzten Jahren konkretisiert: Erneuerbare-Energien-Gesetz samt Novellen zur Weiterentwicklung (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, o. D.), Ende der Steinkohleförderung im Jahr 2018 (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 2018), Beschluss des Kohleausstiegsgesetzes mit Zielvorgaben zur schrittweisen Umsetzung und Festschreibung des Ausstiegsdatums bis spätestens 2038 (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, o. D.). Gleichzeitig sind das wirtschaftspolitische Ziel, Wohlstand und Beschäftigung zu sichern, indem die Wertschöpfung von Unternehmen gestärkt werden soll, und das rohstoffpolitische Ziel, eine bedarfsgerechte Versorgung der Bürger:innen und der Wirtschaft zu sichern, ebenso Bestandteile des aktuellen Koalitionsvertrags der sächsischen Regierung (CDU et al., o. D.).

Die in Teilen ausgedrückte Unzufriedenheit von Unternehmen mit den regulatorischen Bedingungen resultiert letztlich aus der Demokratie selbst: Die Exekutive ist um Kompromisse bemüht, die Zustimmung und Akzeptanz eines breiten Teils der Bevölkerung erfahren, um bei der nächsten Wahl ein gutes Ergebnis zu erzielen (Würtenberger, 1993; Weyer, 2018). Die öffentliche Meinung und damit die Akzeptanz der Bevölkerung wirkt letztlich wie ein „unsichtbares Parlament“ (Lucke, 1995, S. 11). Hat die Bevölkerung etwa kein Bewusstsein, dass Rohstoffe für die Industrie und ihren Alltag existenziell sind, können politische Entscheidungen, die positiv für die Tätigkeit der Unternehmen sind, nicht faktenbasiert erfolgen oder sind zumindest erschwert, weil die politische Debatte immer mit Rücksicht auf die vorherrschende öffentliche Meinung geführt wird (Weyer, 2018; RohstoffWissen!, 2019b). Obwohl es als Aufgabe der Politik begriffen werden kann, die Rohstoffversorgung durch faire und verlässliche Rahmenbedingungen zu sichern (BGR, 2020b), kann es für Politiker:innen nötig sein, weitreichende Änderungen in mehreren Schritten durchzuführen, sofern starker Widerstand zu erwarten ist, weil so die ablehnende Reaktion abgeschwächt werden kann. Es bedeutet aber gleichsam, dass Unternehmen sich nicht sicher sein können, dass in der nächsten Legislaturperiode dieselben Rahmenbedingungen für sie gelten. Trotzdem nennen bspw. Unternehmen der Geothermiebranche, dass politische Unterstützung (21,7 %) und Förderprogramme (20,6 %) den Ausbau von Geothermie befördern würden, während nur 14,4 % Öffentlichkeitsarbeit für geeignet halten (Hegele & Knapek, 2014).

Ein alleiniger Verweis auf die Verantwortung der Politik, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, um die politisch gewollte Zielstellung der stabilen Rohstoffversorgung zu erreichen, kann aufgrund der Abhängigkeit der Regierenden von der öffentlichen Meinung nicht zum gewünschten Erfolg führen. Um die Situation zu ändern, können Unternehmen nur zwei Optionen wählen: Einerseits können sie danach streben, die soziopolitische Akzeptanz zu verbessern und durch Befürwortung ihrer Interessen durch die Bürger:innen die Politik beeinflussen. Langfristig kann bspw. Bildungs- und Projektarbeit in Schulen zu höherer Akzeptanz beitragen, wenn sie Befürchtungen und Vorurteile durch individuelles Erleben abbaut sowie Verständnis für die Notwendigkeit von Energieumwandlung und Rohstoffgewinnung generiert. Verstärkte Aktivitäten in diesem Bereich, neben Aktivitäten in der Politik als zweitem Schwerpunkt der Bemühungen, fordert der erste Vorsitzende des RDB für die Rohstoffbranche (Drebenstedt, 2018). Andererseits können die Unternehmen die Mittel der Public Relations nutzen, um etwa durch Lobbying ihre Interessen gegenüber der Politik zu vertreten. Was auf Bundes- und Landesebene gilt, trifft gleichsam auf das Lokale zu: Ob etwa erneuerbare Energieumwandlungsanlagen erfolgreich in einer Kommune oder Region realisiert werden, hängt vom Engagement der Akteur:innen in Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft ab (Schlegel & Bausch, 2007). Kommunale Politiker:innen sind gleichsam gezwungen, auf Protest und Widerstand zu reagieren, weil ihre politische Zukunft vom lokalen Meinungsklima abhängig ist (Rugenstein, 2017). Ihre Reaktion kann, sofern sie Widerstand erwarten oder bereits wahrnehmen, zu Verzögerungen führen oder dazu, dass Projekte nicht umgesetzt werden. Dieses Nichthandeln und das Warten auf gesetzlichen Zwang kann zudem mit Verweisen auf die Verantwortlichkeit anderer Stellen wie Wissenschaft und Bundespolitik kombiniert sein (Renn, 2006). Bundes- und Landtagsabgeordneten kommt deshalb eine Schlüsselrolle zu, wenn sie zu den auf ihrer Ebene getroffenen Entscheidungen in den Dialog treten, sie erläutern und die Beteiligung in ihrem Wahlkreis organisieren, um so die bundesweite Strategie mit den lokalen Ansprüchen zu harmonisieren. Zwar kann Lobbying zum Erfolg in dem Sinne führen, dass die regulatorischen Grundlagen auf Bundes- und Landesebene gelegt werden; Akzeptanz im Lokalen schafft dies jedoch nicht. Transparenz, Beteiligung und die Einbeziehung aller Interessengruppen sind hier zielführender (Renn, 2015a). Hauff et al. (2011) fordern deshalb, das energiepolitische Zieldreieck aus Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit zu erweitern und als vierte Dimension die Akzeptanz der Bevölkerung einzubeziehen (ebd.). Gleichwohl können Regierungen und Parlamente die von ihnen beschlossene Energiewende aktiv unterstützen, indem sie indirekt selbst für zusätzliche Akzeptanz sorgen, die es ihnen dann ermöglicht, die Rahmenbedingungen unternehmensfreundlicher zu gestalten: Förderprogramme wie 50 Solarsiedlungen in Nordrhein-Westfalen (EnergieAgentur.NRW GmbH, o. D.) können lokal Impulse für konkrete Vorhaben setzen. Ebenso kann Forschungsförderung weitere Lösungen zur Akzeptanzverbesserung generieren, indem das Phänomen Akzeptanz und akzeptanzsteigernde Maßnahmen weiter untersucht und andererseits die Anlagen und Gewinnungsbedingungen so weiterentwickelt werden, dass sie weniger Widerstand und mehr Befürwortung erfahren (Steinbach et al., 2011).