Die Bedeutung von Akzeptanz nimmt bei der Realisierung von Projekten zu – seien sie wirtschaftlicher, politischer oder gesellschaftlicher Art (Hitschfeld & Lachmann, 2013). Sachargumente von Politiker- und Industrievertrer:innen werden oft nicht mehr akzeptiert, Aussagen von Expert:innen zum Teil infrage gestellt und Vorhabensträger:innen, Parlamente, Genehmigungsbehörden und selbst Gerichte erfahren öffentlich Kritik (SzéIl, 1992; Brettschneider, 2012, 2013, 2016). Davon sind nicht nur einzelne Branchen betroffen, sondern es handelt sich um einen gesellschaftlichen Wandel, in dem Akzeptanz ein Teil des gesellschaftlichen Wertekanons ist (Bentele et al., 2015). Ein Laisser-faire in Wirtschaft und Industrie ist insofern nicht gegeben, dass die Bürger:innen per se kritischer sind, größeres Interesse an Diskussionen und Entscheidungen sowie in Teilen stärkeres Engagement zeigen und ihre Meinungen öffentlich äußern (Bentele, 2016). Dieses Spannungsfeld wird folgend in Bezug auf Industrie-/Infrastrukturprojekte näher erläutert. Anschließend wird der Forschungsstand zur Akzeptanz der Energie- und Rohstoffbranche wiedergegeben sowie die Wirkung strategischer Unternehmenskommunikation auf sie erörtert und kritisch reflektiert.

2.1 Akzeptanz als (mit-)bestimmender Faktor für unternehmerisches Handeln

UnternehmenFootnote 1 gelten als „quasi-öffentliche Institution[en]“ (Ulrich, 1977, o. S.), deren Einbindung in die Gesellschaft vielschichtig ist (Zerfaß, 2016), sodass ihr Handeln permanent „die Interessen ihrer Umwelt [berührt]“ (Vonier, 2013, S. 2). Die kritische Betrachtung der unternehmerischen Aktivitäten durch verschiedene Teilöffentlichkeiten führt zu einem verstärkten Rechtfertigungszwang gegenüber der Gesellschaft (Palazzo & Scherer, 2006; Verčič et al., 2012), der durch steigende Erwartungen der Bürgerschaft weiter zunimmt (Terium, 2012). Für Unternehmen, wie für alle Organisationen, ist gesellschaftliche Legitimität eine existenzielle Notwendigkeit: „ohne eine ,licence to operate‘ wird ihnen Vertrauen und Reputation entzogen und damit die Grundlage ihrer Existenz“ (Sandhu, 2014, S. 1162). Der neue, weiche Standortfaktor Akzeptanz wird dabei bedeutender: Unternehmen sind „auf ein Mindestmaß an Akzeptanz aus ihrem Umfeld angewiesen“ (Zöller, 2005, S. 182), er bildet immer häufiger die Voraussetzung für erfolgreiches unternehmerisches Handeln und ist folglich beinahe obligatorisch (Zöller, 2004, 2005). Besonders die Social Licence to Operate als „Streben nach sozialer Akzeptanz“ (Haedrich, 1982, S. 67–68, Hervorhebung aus dem Original entfernt) gewinnt für deutsche Unternehmen zunehmend an Bedeutung.

Einfluss der Öffentlichkeit auf die Industrie

Bei wirtschaftlich und technisch sinnvollen Industrieprojekten hängt eine erfolgreiche Projektrealisierung nicht zuletzt von der Bevölkerung ab, die zu akzeptieren bereit sein muss, dass sich ihre physische Umwelt verändert (Renn, 1986b). Selbst wenn Projekte von der Bevölkerung als notwendig angesehen werden, wehren sich betroffene Bewohner:innen gegen die Umsetzung (Würtenberger, 1993; Frey, 1997). Eine zustimmende Haltung ist selten: Es gibt derzeit kaum technische oder bauliche Großvorhaben, die widerspruchsfrei realisiert werden können (Vassiliadis, 2014); begleitender Bürger:innenprotest scheint die Regel zu sein und zuzunehmen (Hennecke & Kronenberg, 2014; Wilk, 2016). Dies zeigt sich, wenn bspw. eine Müllverbrennungsanlage, Abfalldeponie, Chemieanlage, ein Flughafen, gentechnisches Versuchsfeld, eine Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete oder ein Gefängnis errichtet werden soll (Renn, 1986b; Würtenberger, 1993; Frey, 1997; Trattnigg & Schneider, 2011). Hinzu kommt, dass Akzeptanz gegenüber Großtechnik gesamtgesellschaftlich häufig nicht gegeben ist (Renn & Zwick, 1997). Das kann dazu führen, dass der lokale Protest durch Gruppen verstärkt wird, die keinen lokalen Bezug aufweisen. Die Proteste gegen Vorhaben sind zwar nicht auf eine bestimmte Branche beschränkt, insbesondere bei Infrastrukturprojekten lassen sich diese wegen des Eingriffs in das gewohnte Landschaftsbild aber besonders häufig beobachten (Vonier, 2013; Muschick, 2015; Nagel, 2016).

Der Erfolg der Industrie ist von der Öffentlichkeit abhängig, die durch Mittel innerhalb, aber auch außerhalb des Marktes Einfluss nimmt (Ehrenfeld & Nash, 1998). Fehlende Akzeptanz und damit Konflikte können sich in bürgerschaftlichem Protest und Widerstand in Form einer Mobilisierung der lokalen oder regionalen Öffentlichkeit, juristischen Auseinandersetzungen und sogar Gewalt äußern (Würtenberger, 1993; Zoellner et al., 2011; Rugenstein, 2017). Als unmittelbare Folge kann dies die Reduktion der geplanten Anlagen bedeuten, ihre Realisierung erschweren, über Jahre und Jahrzehnte verzögern, durch die aufschubbedingten Zusatzkosten verteuern oder sogar vollständig verhindern (Würtenberger, 1993; Frey, 1997; Spiegel, 1998; Schlegel & Bausch, 2007; Hauff et al., 2011; Zoellner et al., 2011; Vonier, 2013; Schönauer, 2013; Brettschneider, 2013, 2014, 2016; VDI, 2015; Rugenstein, 2017; Süptitz & Schlereth, 2017). Die Generierung gesellschaftlicher und lokaler Akzeptanz bestimmt deshalb das unternehmerische Handeln mit. Um ihre Tätigkeit zu ermöglichen, müssen Unternehmen innerhalb verschiedenster Interessensgruppen vermehrt um die Generierung von Akzeptanz bemüht sein, ihr Handeln extern legitimieren und sich der kritischen Diskussion stellen (Palazzo, 2000; Zerfaß, 2016). Geschieht dies nicht und die Akzeptanzgenese misslingt, ist dies ein unternehmerischer Risikofaktor (Lucke, 1995).

Zu erwartender Protest ist in die unternehmerische Kosten-Nutzen-Abwägung zu inkludieren und ein Standort im Zweifelsfall zugunsten eines anderen aufzugeben (Rugenstein, 2017). Unternehmen aus dem Energie- und Rohstoffsektor können dies jedoch nur eingeschränkt, weil ihre Tätigkeit in der Regel standortgebunden ist: Betriebsstätten zur Rohstoffgewinnung und Energieumwandlung sind an die Existenz von Lagerstätten oder etwa ein ausreichendes Windpotenzial gebunden sowie durch Schutzgebiete begrenzt (Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. – BDI, 2010). Legitimation zu erreichen, gilt folglich als „eine der größten Herausforderungen für die Rohstoffgewinnung der Zukunft“ (Wellmer et al., 2017, S. 235) und bedingt einer Steigerung der Akzeptanz, um drohenden Protest zu begrenzen. Dies stellt vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMUFootnote 2) aufgrund ihrer beschränkten personellen und finanziellen Ressourcen (Kraus et al., 2016) vor Herausforderungen.

Potenzielle Folgen von Inakzeptanz gegenüber der Energie- und Rohstoffwirtschaft

Die Folgen von Inakzeptanz (Tabelle 2.1) können dabei über solche hinausgehen, die nur einzelne Unternehmen betreffen und bspw. zur Schwächung des Wirtschaftsstandorts, unsicherer Versorgung mit Energie und Rohstoffen oder steigenden Preisen für Industrie und Privathaushalte führen (Eiselt, 2012; Brettschneider, 2013, 2014, 2016). Dies gilt insbesondere, wenn die Inakzeptanz nicht nur auf lokaler, sondern gesellschaftlicher Ebene gegeben ist und damit Einfluss auf die politischen Rahmenbedingungen in Form stärkerer Regulierung bestimmter Wirtschaftsbereiche nimmt.

Tabelle 2.1 Mögliche Folgen fehlender Akzeptanz gegenüber der Energie- und Rohstoffbranche nach Kontexten. In Anlehnung an Würtenberger (1993), Zöller (2004, 2005), Eiselt (2012), Brettschneider (2013, 2014, 2016) sowie Institut für Innovation und Technik – iit (2015)

Um die potenziellen Folgen von Inakzeptanz zu vermeiden und weil Akzeptanz Standortfaktor und somit Voraussetzung erfolgreichen unternehmerischen Handelns ist, sollten Unternehmen danach streben, Akzeptanz in ihrem Sinne zu beeinflussen.

2.2 Stand des wissenschaftlichen Diskurses

Die Akzeptanzforschung untersucht Akzeptanz sowie ihre Gründe (Endruweit, 1986; Kromrey, 1988; Kollmann, 1998; Hüsing et al., 2002; Quiring, 2006; Schäfer & Keppler, 2013). Sie offeriert jedoch keine konkreten Mittel, um Inakzeptanz zu mindern. Die gezielte Beeinflussung öffentlicher Meinungen ist dagegen einer der Bestandteile der angewandten Kommunikationswissenschaften (Jarren & Röttger, 2004; Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Bei der in dieser Arbeit verfolgten Untersuchung von Akzeptanz gegenüber Energie- und Rohstoffprojekten in Verbindung mit ihrer Steigerung durch Kommunikationsmaßnahmen handelt es sich daher um eine vielschichtige und mehrdimensionale Thematik, die eine inter- und transdisziplinäre Sicht- und Herangehensweise erfordert. Sie tangiert die Disziplinen Umweltbewusstseins-, Bewegungs-/Protest-, Partizipations- und Beteiligungsforschung; Kern der Arbeit sind aber Akzeptanzforschung und Kommunikationswissenschaft sowie ihre Verbindung in Form der Akzeptanzkommunikation. Der Forschungsstand dieser drei Schwerpunkte wird nachfolgend erörtert.

2.2.1 Akzeptanzforschung

Der Beginn der Akzeptanzforschung in Deutschland wird auf Ende der 1960er Jahre datiert (Kollmann, 1998; Cremer et al., 2008). Aufgrund des Technisierungsschubs, der zu einer schnelleren Durchdringung nahezu jedes Lebensbereiches mit neuen Geräten führte, standen zunächst die Einführung von neuen Informationstechniken im Arbeitsalltag im Vordergrund (Davis, 1989; Lucke, 1995; Cremer et al., 2008; Olbrecht, 2010). Die Akzeptanzforschung wandte sich etwa zehn Jahre später vermehrt gesellschaftlichen Themen zu (Olbrecht, 2010). Wesentlicher Impuls war die Impression feindlicher, mindestens skeptischer Einstellungsmuster betreffs Technik und Wissenschaft im Allgemeinen und einzelner Anwendungen wie der Atomenergie im Besonderen (Renn, 1986a; Petermann & Scherz, 2005). Die Akzeptanzforschung ist u. a. Teil der Sozial-, Sprach-, Wirtschafts-, Rechts-, Religionswissenschaften sowie der Philosophie, Psycho- und Politologie (Lucke, 1995; Olbrecht, 2010). Akzeptanz ist folglich eine interdisziplinär behandelte Thematik, wobei die Forschungsrichtungen den Begriff in ihrem jeweiligen Kontext unterschiedlich definieren (Lucke, 1995; Bovet & Lienhoop, 2017). Dabei unterscheidet sich das Begriffsverständnis teils erheblich und reicht vom Kauf in der Marketinglehre und dem Befolgen eines Gesetzes in der Rechtssoziologie bis hin zu aktivem Unterstützen eines Sachverhalts (Würtenberger, 1996; Bentele et al., 2015; Bovet & Lienhoop, 2017). Folglich muss von einer heterogenen Verwendung gesprochen werden (Wohlfahrt, 2004). Der Begriff selbst ist als unscharf zu beschreiben und es existiert keine einheitliche oder allgemeingültige Definition (Olbrecht, 2010; Schweizer-Ries et al., 2010b; acatech, 2011; Strohmaier, 2012; Schäfer & Keppler, 2013; Hillebrand & Erdmann, 2015; Halwachs et al., 2017; Bovet & Lienhoop, 2017).

Ziele der Akzeptanzforschung

Die Akzeptanzforschung gewinnt an Bedeutung und Brisanz, weil die Akzeptanz wirtschaftlicher, politischer oder gesellschaftlicher Projekte selbst an Bedeutung gewinnt (Ullrich, 2008). Dabei werden mit der Akzeptanzforschung zwei grundlegende Zielstellungen verfolgt:

  1. 1.

    Zu analysieren, welche Faktoren, Mechanismen und Gründe fördern oder erschweren, dass Akzeptanz entsteht oder nicht (Endruweit, 1986; Kromrey, 1988; Kollmann, 1998; Hüsing et al., 2002; Quiring, 2006; Schäfer & Keppler, 2013). Ziel ist, das Verständnis des Phänomens Akzeptanz zu verbessern (Schäfer & Keppler, 2013). Dabei wird der Wahrnehmungs- und Bewertungsprozess auf individueller Ebene und innerhalb sozialer Gruppen näher betrachtet, sodass zu größtmöglicher Akzeptanz für bspw. Technik und technische Innovationen bei Einführung und Etablierung beigetragen werden kann (Renn, 1986a, 1986b; Kromrey, 1988; Kollmann, 1998; Hüsing et al., 2002; Quiring, 2006; Schäfer & Keppler, 2013).

  2. 2.

    Zuverlässige Aussagen darüber zu treffen, wie wahrscheinlich eine positive, billigende oder ablehnende Reaktion gegenüber Technik ist, um die angestrebte Erhöhung der Akzeptanz zu ermöglichen (Endruweit, 1986; Grunwald, 2005; Schäfer & Keppler, 2013). Ziel ist, zukünftiges Verhalten auf Basis des analysierten gegenwärtigen Verhaltens oder aktueller Einstellungen zu prognostizieren (Endruweit, 1986). Dies basiert auf der Erkenntnis, dass „zum Gelingen eines Projektes ein frühzeitiges Auseinandersetzen mit der gesellschaftlichen Akzeptanz … maßgeblich ist“ (Süptitz & Schlereth, 2017, S. 407).

Begriffsabgrenzung

Akzeptanz beschreibt verkürzt, ob etwas akzeptiert wird, wovon die Akzeptabilität abzugrenzen ist (Ott, 2002; acatech, 2011; Pietzner, 2015). Letzteres meint, dass etwas akzeptiert werden sollte, weil es „Anerkennung aufgrund guter Gründe verdient“ (Ott, 2002, S. 75). Dabei basiert die grundsätzliche Bejahung des Objekts auf gesellschaftlich anerkannten Werten und Normen und ergibt sich aus dem Objekt selbst (Sauer et al., 2005; Schäfer & Keppler, 2013). Der Abgrenzung entsprechend ergeben sich für das Spannungsfeld aus Akzeptanz und Akzeptabilität vier mögliche Konsequenzen (Ott, 2002):

  1. 1.

    Ein Objekt erfährt keine Akzeptanz, da es inakzeptabel ist.

  2. 2.

    Ein Objekt erfährt keine Akzeptanz, obwohl es akzeptabel ist.

  3. 3.

    Ein Objekt erfährt Akzeptanz, obwohl es inakzeptabel ist.

  4. 4.

    Ein Objekt erfährt Akzeptanz, weil es akzeptabel ist.

Die Wissenschaftler:innen in der Diffusions- und Adaptionsforschung untersuchen den Zeitverlauf der Annahme und Verbreitung neuer Produkte oder Ideen in einem sozialen System (Rogers, 1962/2003; Berndt, 2005; Quiring, 2006). Die Akzeptanzforschung hingegen untersucht die Gründe für das Annehmen oder Ablehnen der Neuerung, nachdem sie bereits eingeführt ist (Quiring, 2006); dies kann „auch noch nicht am Markt verfügbare Angebote erfassen“ (Schlohmann, 2012, S. 125).

Akzeptanz wird teils synonym zum Begriff Einstellung genutzt (Schönauer, 2017). Darunter wird „a psychological tendency that is expressed by evaluating a particular entity with some degree of favor or disfavor“ (Eagly & Chaiken, 1993, S. 1) verstanden, die nicht direkt beobachtbar ist (Schönauer, 2017). Demzufolge wird Akzeptanz mit einer positiven Einstellung gegenüber einem Einstellungs- oder Akzeptanzobjekt verbunden, Nicht- bzw. Inakzeptanz mit einer negativen (ebd.).

Dimensionen des Akzeptanzbegriffs

Die Definition von Akzeptanz als bloße Einstellung birgt die Schwäche, dass sie keiner Betroffenheit bedingt: Positive, negative oder neutrale Einstellungen und Meinungen können sämtliche Personen haben, obwohl sie weder betroffen sind, noch sich betroffen fühlen (Ullrich, 2008). Zwar ist Einstellung als Bewertung des Akzeptanzobjekts die zentrale Dimension der Akzeptanz und wird in den meisten Definitionen berücksichtigt (Schäfer & Keppler, 2013), Autor:innen wie Lucke (1995) erweitern diese Dimension jedoch, indem sie neben der Einstellung die Handlungsbereitschaft inkludieren. Handlungsbereitschaft meint, dass beobachtbares Handeln „erfolgen kann, aber nicht muss“ (Schäfer & Keppler, 2013, S. 12, Hervorhebung aus dem Original entfernt).

Akzeptanz kann sich bei Inklusion der Handlungsbereitschaft sowohl durch aktives Handeln als auch durch passive Haltung manifestieren (Lucke, 1995). Dabei herrscht Uneinigkeit, inwiefern aktives Handeln die Akzeptanz ausdrückt: Lucke (1995) setzt bei Technik eine „natürliche“ Nutzung voraus; Schweizer-Ries et al. (2010b) inkludieren das Handeln nicht, sondern lediglich eine positive Einstellung zum Objekt, die eine Handlung möglich macht.

Durch Kombination der Dimensionen Bewertung und Handlungsbereitschaft entstehen letztlich vier Ausprägungen des Akzeptanzbegriffs: Befürwortung, Unterstützung/Engagement, Ablehnung und Widerstand (Abbildung 2.1). Die beiden letztgenannten können unter Inakzeptanz zusammengefasst werden.

Abbildung 2.1
figure 1

Dimensionen des Akzeptanzbegriffs. In Anlehnung an Zoellner et al. (2009, S. 32)

Diesem Ansatz folgend ist das Ausbleiben von Protest und Widerstand trotzdem kein zuverlässiger Indikator von Akzeptanz (Schäfer & Keppler, 2013). Stattdessen kann es genauso bedeuten, dass Inakzeptanz in Form ablehnender Haltungen gegeben ist, sich aber nicht oder noch nicht in Handlungen manifestiert hat (ebd.). Lucke (1995) definiert Akzeptanz folglich als die „Chance, für bestimmte Meinungen, Maßnahmen, Vorschläge und Entscheidungen bei einer identifizierbaren Personengruppe ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung zu finden“ (S. 104). Im Umkehrschluss wird unter Inakzeptanz „die Wahrscheinlichkeit, mit Meinungen, Maßnahmen etc. bei einer identifizierbaren Personengruppe auf ausdrückliche oder stillschweigende Ablehnung zu stoßen“ (ebd., S. 105) verstanden.

Hauptelemente der Akzeptanz

In diversen Akzeptanzdefinitionen finden sich die Begriffe Akzeptanzsubjekt, -objekt sowie -kontext (Hüsing et al., 2002; Sauer et al., 2005; Schweizer-Ries et al., 2010b), die als Hauptelemente bezeichnet werden (Abbildung 2.2). Stoll (1999) ergänzt die Akzeptanzchance, verstanden als Ausprägung der Akzeptanzentscheidung, die ihr zufolge als Ergebnis des Beziehungsgeflechts im Mittelpunkt steht.

Abbildung 2.2
figure 2

Akzeptanztriade. In Anlehnung an Lucke (1995, S. 89) sowie Stoll (1999, S. 44)

Bei verschiedenen Modellen wird die Perspektive des Akzeptanzsubjekts eingenommen, da sowohl -objekt als auch -kontext nur aufgrund der Wahrnehmung des Subjekts Relevanz erfahren (Lucke, 1995; Schäfer & Keppler, 2013; Halwachs et al., 2017). Akzeptanzsubjekte können sowohl Individuen, Gruppen als auch die gesamte Gesellschaft sein (Lucke, 1995; Schäfer & Keppler, 2013).

Das Akzeptanzobjekt fungiert als themen- bzw. gegenstandsbezogener Bezugspunkt und wird abhängig vom -subjekt im jeweiligen -kontext bewertet (Lucke, 1995). Der Begriff Objekt wird dabei in einem weiten Sinne verstanden, gemeint ist ein materieller oder immaterieller Gegenstand wie bspw. Planungen, Entscheidungen, Personen, Institutionen, Meinungen, Werte, Einstellungen, Gesetze oder Regierungen (ebd.; Schäfer & Keppler, 2013; Bentele et al., 2015).

Akzeptanzobjekt und -subjekt sind in den Akzeptanzkontext, ihr Umfeld, eingebunden (Lucke, 1995; Schäfer & Keppler, 2013). Er umfasst die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und damit alle Gegebenheiten, die auf den Prozess einwirken oder für ihn relevant sind, aber weder Subjekt noch Objekt sind (Hüsing et al., 2002; Schäfer & Keppler, 2013). Der Kontext variiert abhängig von sozialem und kulturellem Bezugsrahmen (Schäfer & Keppler, 2013).

Betrachtungsebenen der Akzeptanz

Bei der Auseinandersetzung mit Akzeptanz ist neben der Bestimmung der Hauptelemente die jeweilige Betrachtungsebene zu identifizieren bzw. einzugrenzen. Wüstenhagen et al. (2007) klassifizieren die soziopolitische Akzeptanz als die allgemeinste Form. Sie kann als generelle Einstellung bezeichnet werden, da sie die übergeordnete Ebene der gesellschaftlichen Akzeptanz abbildet. Dabei bezieht sie sich auf die allgemeine Öffentlichkeit und ihre Schlüsselakteur:innen, darunter jene in Medien und Politik. Diese Betrachtungsebene kann als raumunabhängig klassifiziert werden und betrifft die thematischen Inhalte, nicht jedoch deren Umsetzung im konkreten Raum (ebd.; Kost, 2013). Dagegen hat die lokale Akzeptanz (auch lokal-öffentliche, community, regionale oder projektbezogene Akzeptanz) einen konkreten Raumbezug (ebd.). Ihr Ausmaß ist auf lokaler Ebene für die Verwirklichung von Projekten maßgeblich, weil die Gemeinschaft vor Ort erheblichen Einfluss ausüben kann (Wüstenhagen et al., 2007; Kress & Landwehr, 2012; Vonier, 2013). Dabei nehmen die Interessen von Anwohner:innen, lokalen Behörden und kommunalen Entscheidungsträger:innen die bestimmende Rolle ein (Wüstenhagen et al., 2007). Als dritte Ebene ist die Marktakzeptanz zu nennen, also die mögliche Investition in Produkte (ebd.; Kost, 2013). Von Bedeutung sind dabei die Konsument:innen, (Zuliefer-)Unternehmen, Investor:innen, Geldinstitute und Stromnetzbetreiber. Sie tritt nicht nur raumunabhängig, sondern auch lokal auf (ebd.).

Die Grenzen der Ebenen können fließend sein und sich zum Teil überschneiden, etwa bei den handelnden Akteur:innen (Halwachs et al., 2017). Abbildung 2.3 gibt eine Übersicht über die Betrachtungsebenen bezogen auf den Energie- und Rohstoffkontext, in welcher beispielhaft Subjekte und Objekte inkludiert sind.

Abbildung 2.3
figure 3

Betrachtungsebenen der Akzeptanz inkl. beispielhaften Akzeptanzsubjekten und -objekten aus dem Energie-/Rohstoffkontext. In Anlehnung an Wüstenhagen et al. (2007, S. 2684) sowie Wunderlich (2012, S. 5)

Allgemeine und technikbezogene Akzeptanzfaktoren

Den Prozess der Akzeptanzgenerierung beeinflussen verschiedene Faktoren: die Akzeptanzfaktoren. Sie ermöglichen bzw. fördern oder hemmen bzw. verhindern die Entstehung von Akzeptanz (Schäfer & Keppler, 2013). Zwar geht die Akzeptanz vom Subjekt aus, die Einflussfaktoren können sich aber ebenso auf Objekt oder Kontext beziehen, womit sie wiederum auf das Akzeptanzsubjekt wirken (Seiler, 2014).

Bei den Subjekten sind als allgemeine Einflussfaktoren soziodemografische Aspekte wie Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, Ausbildung, Beruf und soziale Klasse zu nennen (Prager, 2002; Hildebrand, 2011; Schäfer & Keppler, 2013; Zaunbrecher et al., 2014; iit, 2015). Persönliche Einstellungen, Normen, Werte, Wertvorstellungen und Emotionen zählen ebenso dazu (Prager, 2002; Schäfer & Keppler, 2013; Halwachs et al., 2017). Bezogen auf die Akzeptanz gegenüber einer Anlage vor Ort sind das objektive und subjektive Wissen, der wahrgenommene soziale Druck, das Umweltbewusstsein, die Vorerfahrungen mit der Technik und den durchführenden Unternehmen, das Vertrauen in die Akteur:innen sowie die Ortsverbundenheit als Einflussfaktoren zu nennen (Hildebrand, 2011; Kress & Landwehr, 2012; Huijts et al., 2012; Schäfer & Keppler, 2013; Krug, 2018).

Beim Akzeptanzobjekt setzen die Einflussfaktoren an dessen Eigenschaften an (Schäfer & Keppler, 2013). Darunter sind u. a. individuelle, gesellschaftliche, soziale sowie ökologische Kosten und Nutzen, Risiken, ästhetische Aspekte und Akzeptabilität (ebd.; Hildebrand, 2011). Bei technischen Anlagen beeinflussen bspw. Gerüche, akustische Emissionen, ökologische und ästhetische Auswirkungen auf Landschafts- und Ortsbild sowie die Wirkung auf die regionale Wertschöpfung die Akzeptanz der Bevölkerung (Hildebrand, 2011; Kress & Landwehr, 2012; Halwachs et al., 2017; Krug, 2018). Abhängig vom Subjekt können dieselben Eigenschaften unterschiedlichste Reaktionen auslösen, weil für die Akzeptanz relevant ist, wie das Subjekt die Eigenschaften wahrnimmt und bewertet (Schäfer & Keppler, 2013).

Prägen die Faktoren dagegen den Kontext, in dem die Akzeptanzgenese geschieht, und haben sie keinen direkten Bezug zu Akzeptanzsubjekt oder -objekt, sondern beeinflussen die Bewertung des Objekts durch das Subjekt von außen, sind sie kontextabhängige Einflussfaktoren (Schäfer & Keppler, 2013). Dazu zählen bspw. politisches Klima, Wirtschaftslage, Preisentwicklung, regionale Besonderheiten sowie Beteiligungskultur (ebd.; Prager, 2002). In Verbindung mit der Implementierung von technischen Anlagen sind standort- und regionsspezifische Faktoren (z. B. Topografie, geografische Merkmale, bisherige Nutzung, Eigentumsverhältnisse, regionale Mentalität), Gerechtigkeit, Transparenz im Entscheidungsprozess, Informationspolitik, Projektmanagement (bspw. lokale Verankerung des Unternehmens, Art und Weise der Informationsvermittlung), Partizipations-/Beteiligungsmöglichkeiten, politischer und gesetzlicher Rahmen (z. B. Förderprogramme, Landesstrategie) sowie Medienberichterstattung einflussnehmend (Renn & Zwick, 1997; Prager, 2002; Hildebrand, 2011; Halwachs et al., 2017).

Technik- und Industrieakzeptanz mit Fokus auf den Energie- und Rohstoffsektor

Die Wissenschaft ist sich heute einig, „dass Technikentwicklung ohne Akzeptanz in der Bevölkerung kaum erfolgreich sein könne“ (Petermann & Scherz, 2005, S. 46). Folglich widmet sich bspw. die von Bund und Ländern geförderte acatech mit dem Arbeitskreis Technik und Gesellschaft der Technikakzeptanz (acatech, 2021). Hochschulen wie die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (o. D.) betrachten Technikakzeptanz als eigenes Forschungsfeld und die Technische Universität Bergakademie Freiberg (TUBAF) strebt die Gründung eines Instituts für Industrieakzeptanz an.Footnote 3 Dabei ist Technikakzeptanz inkonsistent (Schäfer & Keppler, 2013) und umfasst „verschiedene Forschungsstränge, die sich mit … unterschiedlichen Aspekten“ (ebd., S. 7) befassen: Beispiele sind die individuelle Nutzer:innenakzeptanz, aber auch die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber neuartiger oder risikobehafteter Technik. Daraus resultierend wurden in den 1980er und 1990er Jahren erste Verbindungen zwischen der Untersuchung gesellschaftlicher Akzeptanz und dem erneuerbaren Energiesektor entwickelt (Wüstenhagen et al., 2007; Klagge, 2013). Dieses Forschungsfeld auszubauen, versäumten Energiekonzerne, Behörden und Wissenschaft zunächst, da sie „davon überzeugt waren, dass die Implementierung von Erneuerbaren Energien nicht problematisch sei, weil die ersten Umfragen zur öffentlichen Meinung stets positive Ergebnisse geliefert hatten“ (Strohmaier, 2012, S. 5). Konträr dazu zeigte sich, dass diese Zustimmung abstrakter Natur war und sie nicht vorausgesetzt werden kann, wenn konkrete Projekte geplant werden (Wüstenhagen et al., 2007).

Die politische Agenda zur Nutzung von erneuerbaren Energieträgern und der Ausbau selbiger hat die sozialwissenschaftlichen Veröffentlichungen zu energie-politischen Konflikten und Technikakzeptanz weiter befördert (Schäfer & Keppler, 2013; Becker et al., 2016). Es existieren zahlreiche sozialwissenschaftliche Studien in Form von Vor-Ort-Umfragen und Case Studies zur Energiewende (Neukirch, 2014), wobei die Windkraft stärker thematisiert wird als andere Techniken (Devine-Wright, 2007; Jenssen, 2010). Durch diese Fokussierung existiert eine Vielzahl an Forschungsarbeiten zu Akzeptanz bei erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen, die den Umfang der Probleme bei Planungsvorhaben ebenso wie einzelne relevante Einflussfaktoren und Muster aufzeigen (Strohmaier, 2012).

In einer Literaturarbeit über relevante Studien zur gesellschaftlichen Akzeptanz im Energie- und Rohstoffsektor zeigt sich, dass die Wissenschaft diese gegenüber dem Rohstoffabbau kaum betrachtet (Aschenbrand et al., 2017; Günther, 2020). Es existieren lediglich Veröffentlichungen zur Akzeptanz der Anlagen, welche Strom aus Energierohstoffen umwandelnFootnote 4, obwohl die Folgen von Aversionen der Bevölkerung gegenüber der Rohstoffgewinnung von Wissenschaft und Industrie vermehrt notiert werden, sodass auf Branchenkonferenzen die öffentliche Wahrnehmung stärker thematisiert wird und sich Initiativen der Thematik annehmen (RohstoffWissen!, 2019a; TUBAF, o. D.-a, o. D.-b; BGR, o. D.-b).

Neben „fehlende[r] gesellschaftliche[r] Anerkennung der Leistungen der Industrie in Gänze“ (iit, 2015, S. 3) wird der deutschen Bevölkerung oftmals eine technik- und industriefeindliche Einstellung attestiert (acatech, 2011; Bohsem, 2014; Schönauer, 2017). Diverse Untersuchungen widerlegen eine generelle Industrie- oder Technikfeindlichkeit jedoch (Renn, 1986a; Hennen, 1997, 2002; Kirstler, 2005; acatech, 2011; Schönauer, 2013, 2017; iit, 2015; Nippa, 2015). Sie stellen konträr fest, dass der Anteil der Skeptiker:innen deutlich geringer ist als der der Befürworter:innen (Schönauer, 2017). Technik und technischer Fortschritt werden von der Bevölkerung positiv bewertet (Hennen, 2002). Lediglich eine Minderheit von deutlich weniger als 10 % wird als negativ zu Technik eingestellt identifiziert (ebd.); generelle Technikfeindlichkeit in Form einer konsistenten Einstellung ist damit Ausnahme und keinesfalls Regel (ebd.). Technikkritik erfolgt vielmehr bereichsspezifisch: Die Bevölkerung differenziert zwischen den verschiedenen Technikarten, ihrem Anwendungsfeld und -ziel (Hennen, 1997, 2002). Da fehlende Technikakzeptanz nicht in einer weitverbreiteten Technikfeindlichkeit begründet ist, muss es andere Gründe für die Erfahrungen der Industrie mit Inakzeptanz geben. Hennen (1994) sieht die „gestiegenen Ansprüche … der Bürger an Kontrolle und eine sozialverträgliche Gestaltung“ (S. IV) und das iit (2015) sowie Vassiliadis (2014) die Tertiarisierung als Gründe an, die zu einer „gesellschaftlichen Entfremdung von der Industrie“ (iit, 2015, S. 4) und der Wahrnehmung von „Eingriffe[n] in die eigene Lebenswelt als fremdbestimmte Bedrohung der eigenen Werte und Autonomie“ (ebd.) führen.

Insgesamt besteht eine deutlich skeptische Einstellung gegenüber externer Technik (acatech, 2011; Schönauer, 2017). Dabei handelt es sich um Technik, die von der Bevölkerung nicht individuell genutzt wird und auf deren Nutzung sie keinen direkten Einfluss hat (Renn & Zwick, 1997). Renn (2005) spricht in diesem Zusammenhang von „Technik als Nachbar“ (S. 31) und grenzt sie von Produkt- und Alltags- sowie Arbeitstechnik ab. Beispiele für externe Technik sind Chemie-, Kraft- und Stahlwerke (ebd.; Schönauer, 2017). Neben der ambivalenten Einstellung gegenüber Technik und ihren Folgen variiert auch die Einstellung gegenüber den verschiedenen Industriebranchen (Renn, 1986a; Hennen, 2002; Schönauer, 2017). Um ihre Einstellung gegenüber 21 Branchen gebeten, stufen Befragte die Energieversorgung auf Rang acht und den Bergbau negativer, vor der Tabakindustrie auf dem vorletzten Platz ein (Schönauer, 2017).

Unabhängig von der Frage nach den Ursachen für die Ambivalenz der Einstellungen gegenüber Technik lässt sich für Energie- und Rohstoffvorhaben feststellen, dass die fehlende Akzeptanz bspw. gegenüber der Kohleverstromung kein neues Problem ist (Tschernjadjev, 2018). Kritische Stimmen bezüglich der Energieumwandlung aus Steinkohle gibt es bereits zu Beginn der 1980er Jahre (Bechmann et al., 1985). Während die Demonstrierenden anfangs unzureichend und nicht entschwefelte Kraftwerke thematisieren (ebd.), erweitert sich der Widerstand in den folgenden Jahrzehnten und verhindert in den Jahren 2007–2012 den Bau von 17 Kohlekraftwerken (Setton, 2012). Pälchen und Lapp (2018) führt dies zur Aussage, man dürfe „das Wort ‚Kohle‘ nur noch mit schlechtem Gewissen und hinter vorgehaltener Hand aussprechen“ (S. 87), sofern man der vorherrschenden öffentlichen Meinung folge. Studien bestätigen, dass die deutsche Bevölkerung den Kohleausstieg (Andor et al., 2015; Setton et al., 2017; Frondel & Sommer, 2018) und die Energiewende bzw. die Energieumwandlung aus erneuerbaren Quellen tendenziell befürwortet (YouGov, 2020, zit. nach AEE, 2021), wobei die öffentliche Akzeptanz gegenüber der Energieumwandlung mittels erneuerbaren Quellen sich mittelfristig gesamtgesellschaftlich abschwächen könnte (Gabriel & Meyer, 2012).

Bei näherer Betrachtung wird offenkundig, dass bezüglich erneuerbarer Energie, wie bei Technikakzeptanz allgemein, zwischen den verschiedenen Techniken differenziert werden muss. Studien zeigen, dass z. B. Solaranlagen auf Dächern positiver als Freiflächen-Solaranlagen (Halwachs et al., 2017), Solaranlagen insgesamt besser als Biomasse- (Frondel & Sommer, 2018) aber schlechter als Windkraftanlagen (Kress & Landwehr, 2012) bewertet werden. Offshore-Windanlagen werden positiver als Windkraftanlagen an Land (Sonnberger & Ruddat, 2016; Setton et al., 2017; Frondel & Sommer, 2018) und Wasserkraft- schlechter als Windkraftanlagen (Jenssen, 2010) bewertet. Die Ergebnisse sind jedoch zum Teil widersprüchlich: In der Befragung von Halwachs et al. (2017) werden Wasserkraft- nach den Solaranlagen auf Dächern am besten bewertet, also besser als Windkraftanlagen, und Setton et al. (2017) stellten fest, dass der Ausbau von Solaranlagen von mehr Personen befürwortet wird als der von Windenergieanlagen. Besonders die Untersuchung der projektbezogenen Akzeptanz gegenüber Windkraftanlagen unterstreicht die Bedeutung jedes Hauptelements der Akzeptanztriade: Während die Windenergie an Land gesamtgesellschaftlich von einem breiten Konsens befürwortet wird, ist die lokale Akzeptanz bei Windkraftanlagen niedriger (Kress & Landwehr, 2012); je nach Fragestellung unterscheiden sich die Zustimmungswerte und reichen von projektbezogenen 44,2 % bis 98,0 % ohne Projektbezug (Jenssen, 2010; Frondel & Sommer, 2018).

Der Faktor Erfahrung kann Unterschiede in regional abweichender Akzeptanz erklären. Unabhängig ob Windkraftanlage, Gas- oder Kohlekraftwerk bewerten die Befragten, die bereits mit einer entsprechenden Anlage in der eigenen Nachbarschaft vertraut sind, diese tendenziell häufiger als eher gut oder sehr gut (Abbildung 2.4).

Abbildung 2.4
figure 4

Zustimmung zu Anlagearten in der eigenen Nachbarschaft, ohne und mit Vorerfahrung. In Anlehnung an YouGov (2020, zit. nach AEE, 2021)

Bezüglich des Rohstoffabbaus existieren keine vergleichbaren Studien. Betrachtet wird in der Regel lediglich die Akzeptanz gegenüber dem Bau von Anlagen zur fossilen Energieumwandlung. Nippa (2015) thematisiert als einer der wenigen den Energieträger Kohle. Seine Befragung ergibt, dass 8 % der Befragten Kohle sehr negativ, 40 % eher negativ, 10 % neutral, 37 % eher positiv und 4 % sehr positiv gegenüberstehen; 1 % machen keine Angabe. Bezüglich des Bergbaus sprechen Vertreter:innen aus Wissenschaft und Praxis von einem allgemeingültigen Negativimage (Greenpeace e. V., 2013; Moody, 2015; Angerer et al., 2016), einer schwindenden Akzeptanz (Weyer, 2018) und Widerständen, die eine Vielzahl der Vorhaben blockieren und es erschweren, neue Lagerstätten zu erschließen (Weyer, 2018); insbesondere die Umsetzung von Tagebauprojekten sei kritisch (Angerer et al., 2016).

Der Faktor Erfahrung in Form der industriekulturellen Prägung durch mehrere Kohlereviere und die jahrhundertelange Bergbautradition (AEE, o. D.-i; MDR, 2020) wirkt möglicherweise auch in Sachsen auf die Akzeptanz: 36,9 % der sächsischen Bevölkerung lehnen Kohle ab, das ist der geringste Wert aller deutschen Länder (Andor et al., 2015). Der Freistaat Sachsen ist zudem das Bundesland mit den meisten Befürworter:innen des Energieträgers, 35,9 % der Bewohner:innen befürworten diese Art der Energieumwandlung (ebd.). Im Gegensatz zur positiveren Einstellung gegenüber Kohle weist die sächsische Bevölkerung gegenüber erneuerbarer Energie und der Energiewende geringere Zustimmungswerte als die der übrigen Bundesländer auf: 86,0 % befürworten die Energiewende, während es deutschlandweit 92,0 % sind (KfW Research, 2018, zit. nach AEE, 2019). Folglich ist auch die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber dem Ausbau der erneuerbaren Energien in Sachsen mit 71,0 % um 10 Prozentpunkte geringer als im Bundesdurchschnitt (forsa, 2010, zit. nach AEE, o. D.-c). Ähnlich denken die Einwohner:innen Sachsens über einzelne erneuerbare Energieumwandlungsarten: 73,6 % befürworten Windkraft, bundesweit der geringste Wert; ablehnend stehen ihr 13,0 % gegenüber, bundesweit der höchste Wert (Andor et al., 2015).

Bezüglich der Akzeptanz konkreter Projekte in der eigenen Nachbarschaft unterscheiden sich die Einstellungen der Bewohner:innen der verschiedenen Bundesländer ebenfalls: Die Akzeptanz gegenüber Kohlekraftwerken liegt im bundesdeutschen Durchschnitt bei 8 %, die der sächsischen Bevölkerung liegt bei 13 % (TNS, 2012, zit. nach AEE, o. D.-h). Wie bei der allgemeinen Technikakzeptanz ist die sächsische Bevölkerung auch beim Einsatz von erneuerbarer Energietechnik in ihrer Nachbarschaft kritischer als der bundesdeutsche Durchschnitt: 62 % akzeptieren sie, nur in Brandenburg ist der Wert um einen Prozentpunkt geringer (TNS, 2012, zit. nach AEE, o. D.-d). Windkraftanlagen in ihrer Nähe beurteilt die sächsische Bevölkerung zu 51 % positiv, bundesweit liegt der Wert bei 61 % (TNS, 2012, zit. nach AEE, o. D.-g). Solarparks und Biomasseanlagen beurteilt die sächsische Bevölkerung ebenfalls kritischer (TNS, 2012, zit. nach AEE, o. D.-f; TNS, 2012, zit. nach AEE, o. D.-e).

Möglichkeiten der Akzeptanzbestimmung

Um Akzeptanz zu bestimmen, existieren generell drei Vorgehensweisen: Entweder wird versucht, sie durch theoretische Modelle (Akzeptanzmodelle) vorherzusagen, wobei rationales Verhalten von Individuen angenommen wird (Rienstra et al., 1999). Andererseits werden empirische Studien mit Fragebögen oder drittens Ex-post-Studien genutzt (ebd.).

Zwar existiert kein einheitliches methodisches Konzept, um Technikakzeptanz zu messen (Cremer et al., 2008), bei den Akzeptanzmodellen zur Technikakzeptanz dominiert (Legris et al., 2003; Schepers & Wetzels, 2007) aber das in Abbildung 2.5 dargestellte Technology Acceptance Model nach Davis (1985) bzw. Davis et al. (1989).

Abbildung 2.5
figure 5

Technology Acceptance Model. In Anlehnung an Davis (1985, S. 24) sowie Davis et al. (1989, S. 985)

Das Modell erlaubt eine Berechnung von wahrgenommenem Nutzen, wahrgenommener Bedienbarkeit, Intention zur Nutzung und letztlich Akzeptanzverhalten (Davis et al., 1989). Es zielt, erkennbar am Ausgangspunkt Design Features, jedoch auf einzelne technische Produkte, die von Nutzer:innen selbst angewendet werden. Dabei beurteilen die Personen, inwieweit die Technik ihre Leistung verbessert und wie viel Aufwand das Erlernen der Anwendung der Technik erfordert.

Beim Technologieakzeptanzmodell nach Huijts et al. (2012) handelt es sich um ein Inputmodell, welches auf erneuerbare Energie angewendet werden kann (Abbildung 2.6). Es gibt Aufschluss über die auf die Akzeptanz einflussnehmenden, übergeordneten Faktoren Erfahrung und Wissen, nennt Akzeptanzfaktoren wie u. a. Vertrauen, wahrgenommene Risiken und verdeutlicht ihre Beziehungen. Das Modell offeriert jedoch keine Formel zur Berechnung.

Abbildung 2.6
figure 6

Technologieakzeptanzmodell. In Anlehnung an Huijts et al. (2012, S. 530)

In der soziologischen Forschung findet der eindimensionale Ansatz von Fishbein (1966) Verwendung (Formel 2.1). Die Messung der Akzeptanz wird dabei ausschließlich durch die affektive Komponente ermittelt; die kognitive und verhaltensbezogene Komponente werden unter Beliefs zusammengefasst. Fishbein (1966) folgend werden verschiedene Überzeugungen und Merkmale mit einzelnen Objekten verbunden. Die Merkmale sind die Verknüpfung von Subjekt und Objekt, wobei die Summe der Wertungen des Subjekts Σ die Einstellung zum Objekt ausmacht. Weil nicht jedes der Merkmale identisch stark mit dem Einstellungsobjekt verknüpft ist, muss im Vorhinein eine Wichtung der wertenden Reaktionen bezüglich ihrer Relevanz erfolgen. Die Gesamteinstellung Eij beschreibt, wie Person i insgesamt dem Objekt j gegenübersteht. Die beschreibende Komponente Bijk ist der Eindruck, wie wahrscheinlich es ist, dass Person i das Merkmal k dem Objekt j zuschreibt. Die wertende Komponente Aijk gibt an, wie Person i es beurteilt, dass Objekt j das Merkmal k aufweist.

$${{E}}_{{{{ij}}}} { = }\mathop \sum \limits_{{{k = 1}}}^{{{n}}} {{B}}_{{{{ijk}}}} \times {{A}}_{{{{ijk}}}}$$

Formel 2.1: Berechnung der Gesamteinstellung Eij

In Anlehnung an Fishbein (1966)

Die Akzeptanzmessung mittels Umfragen nutzt in der Regel zwei- oder mehrpolige Skalen, mit denen die Befragten ihre Einstellung gegenüber dem Akzeptanzobjekt äußern (de Vries & Hoffmann, 2017; YouGov, 2020, zit. nach AEE, 2021). Die Ableitung, welche Technik akzeptiert ist, erfolgt dabei ausschließlich aus einem großen Zustimmungswert. Sauer et al. (2005) bilden hingegen das theoretische Konstrukt einer Akzeptanz-Inakzeptanz-Skala (Abschnitt 3.2).

Volatilität von Akzeptanz

Die Schwierigkeit der Akzeptanzforschung besteht in der Aussagekraft von Prognosen, weil ihre Untersuchungen nur die gegenwärtige Akzeptanz ermitteln, die sich jedoch z. B. durch Veränderungen des Kontexts wandeln kann (Grunwald, 2005; Sauer et al., 2005). Damit ist Akzeptanz ein instabiles Konstrukt, dessen Messergebnisse situationsabhängig variieren und sich im Zeitverlauf wandeln (Lucke, 1995; Schäfer & Keppler, 2013). Eine Veränderung des Objekts oder veränderte Rahmenbedingungen können die normativ-evaluative Bewertung verändern (Sauer et al., 2005; Schäfer & Keppler, 2013).

So wie Akzeptanz allgemein volatil ist, gilt dies ebenso im Lokalen. Bei konkreten Projekten hat sie eine zeitliche Dimension und ändert sich in der Regel von der Ideen- über die Planungs- bis hin zur Betriebsphase (Wolsink, 1989, 2007b). Die Akzeptanz folgt dabei einem U-förmigen Verlauf (Abbildung 2.7): Akzeptanz für die jeweilige Technik ist oftmals vor Beginn der Planungen gegeben, wandelt sich während der Planungen in der Regel zu Inakzeptanz und verbessert sich in der Betriebsphase (ebd.). Begründet ist dieser Verlauf in den Vorbehalten der Bevölkerung, die sich in der Planungsphase manifestieren und für Unternehmer:innen oft erschwerte Standortentscheidungen bedeuten (ebd.). Die Befürchtungen der Anwohner:innen werden erst dann größtenteils abgebaut, wenn die Anlage fertiggestellt und erfolgreich in Betrieb genommen wurde. Dies liegt daran, dass die von der Bevölkerung befürchteten, negative Auswirkungen nicht eintreten oder positive Effekte auftreten, die vorab nicht erwartet wurden (Van der Horst, 2007; Zoellner et al., 2009).

Abbildung 2.7
figure 7

Verlauf der lokalen Akzeptanz. In Anlehnung an Wolsink (1989, S. 201 sowie 2007b, S. 1198)

Die Volatilität der Akzeptanz (Schäfer & Keppler, 2013) macht eine Beurteilung der Ist- und zukünftigen Situation für Unternehmen herausfordernd. Gleichzeitig eröffnet ihnen diese Eigenschaft ein breites Handlungsfeld.

2.2.2 Kommunikationswissenschaft

Die dargestellte Veränderlichkeit von Akzeptanz ist die Voraussetzung, die es ermöglicht, kommunikative Maßnahmen zur Akzeptanzgenese bzw. -steigerung einzusetzen. Ihr strategischer Einsatz zielt darauf, die Rahmenbedingungen zu verändern und damit auch die normativ-evaluative Bewertung des Akzeptanzsubjekts zu wandeln (Sauer et al., 2005; Schäfer & Keppler, 2013). Das Themenfeld Infrastruktur und Energieversorgung innerhalb der kommunikator:innenorientierten Kommunikationswissenschaft ist bislang jedoch lediglich punktuell bearbeitet worden (Mast & Stehle, 2016). Die gezielte Ableitung von kommunikativen Maßnahmen zur Akzeptanzgenerierung für Unternehmen der Energie- und Rohstoffbranche bedingt zunächst ein tieferes Verständnis der strategischen Unternehmenskommunikation. Auf dieser Grundlage wird es möglich, die Komplexität kommunikativen Handelns zwischen Unternehmen und Bürger:innen durch geeignete Maßnahmen zu reduzieren und die Akzeptanzgenese der Bevölkerung durch verständigungsorientierte Handlungen der Unternehmen zu steuern.

Kommunikation im weitesten Sinne findet immer statt (Watzlawick et al., 1967/2011). Dies stellt Unternehmen, welche mit ihren Handlungen in einem komplexen Beziehungsgeflecht „die Interessen ihrer Umwelt“ (Vonier, 2013, S. 2) tangieren, vor enorme Herausforderungen. Dabei bietet zielgruppengerechte Kommunikation, die nicht nur wahrgenommen, sondern auch verstanden wird, die Möglichkeit zu einer besseren Akzeptanz beizutragen, wenn sie z. B. diejenigen erreicht, die noch unentschieden und beeinflussbar sind (Grünwald et al., 2015; Popp, 2018).

Kommunikations- und Stakeholder:innenmanagement

Basis für erfolgreiche Kommunikation und die Erreichung der Kommunikationsziele ist Kommunikationsmanagement, das „Management durch Kommunikation und Management der Kommunikation“ (Mast, 2019, S. 12, Hervorhebung zum Teil nicht im Original), welches einen großen Einfluss der Kommunikation innerhalb der Organisation bedingt (Interview mit Kommunikationsexpert:innen). Die Kommunikationsstrategie ist dafür zwingend mit der Unternehmensstrategie verknüpft und als Teil selbiger zu verstehen. Kommunikative Beratung ist besonders effektiv, „wenn sie bereits im Stadium der Strategie- und Projektentwicklung … einbezogen ist“ (Krebber, 2018a, S. 7). Die Steigerung der Anzahl der Kommunikationskanäle und die dadurch ausgelöste Individualisierung der Kommunikation verstärkt die Bedeutung dieses systematischen Ansatzes, der auf einer klaren Markenstrategie beruhen sollte (Achilles, 2018). Allgemeine Managementprozesse des Unternehmens sollten wechselseitig mit dem Kommunikationsmanagement abgestimmt sein (Schmidt & Lyczek, 2008). Letzteres übernimmt beim Strategieprozess insbesondere die Aufgabe, den Stakeholder:innen und ihren Bedürfnissen adäquate Aufmerksamkeit zu gewähren (ebd.).

Dem Stakeholder:innenmanagement kommt eine besondere Bedeutung zu, weil Unternehmen eine Vielzahl von Bezugsgruppen aufweisen (Freeman & Reed, 1983; Riede, 2012; Karmasin & Weder, 2014; Bues et al., 2016). Stakeholder:innen, im Deutschen nicht eindeutig als Anspruchsgruppen, Akteur- und Interessenspartner:innen bezeichnet (Dyllick, 1984; Vonier, 2013; Theuvsen, 2014; Karmasin & Weder, 2014; Bues et al., 2016; Lindow, 2016), sind jene Gruppen oder Individuen, die durch Unternehmensziel, -zweck, -handlungen und -entscheidungen beeinflusst werden oder sie beeinflussen (Freeman & Reed, 1983; Hemmati, 2002; Lindow, 2016).

Als Reaktion auf die „partizipative[.] Neudefinition der Rolle des Bürgers“ (Brand, 2010, S. 123) wurde das ursprüngliche Shareholder- zum Stakeholder:innen-Value-Prinzip erweitert (Karmasin & Weder, 2014). Dabei wird das Unternehmen als Teil des sozialen Systems verstanden, das keine selbstreferenzielle Definition zulässt, sondern es zu einem mindestens öffentlich exponierten System macht (Karmasin, 2007). Die neuen Kommunikationsmöglichkeiten üben hierbei eine verstärkende Wirkung aus: Soziale Medien erlauben es den tertiären Stakeholder:innen zunehmend, direkt und öffentlich auf die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens mit Lob und Kritik zu reagieren (Bues et al., 2016; Lintemeier & Rademacher, 2016). Diese Gruppen haben zwar keine direkte Verhandlungs- oder Entscheidungsmacht, wie sie etwa bei Eigentümer:innen gegeben ist, dennoch üben sie teils wirkungsvollen Legitimationsdruck aus (Braun, 2002). Um die Kommunikation mit ihnen erfolgreich zu gestalten, ist eine Stakeholder:innenanalyse elementar (Thyen, 2015). Sie ermöglicht zu erkennen, welche verschiedenartigen Wahrnehmungen vom und Erwartungen gegenüber dem Unternehmen unterschiedliche Gruppen haben (Einwiller, 2014). Die Betrachtung dieser Motive zielt laut Lintemeier und Rademacher (2016) darauf, teils in der Zukunft liegende Risiken für das unternehmerische Handeln zu mindern oder auszuschließen. Die aus der Stakeholder:innenanalyse zu entwickelnden kommunikativen Maßnahmen sollen Reputation und Glaubwürdigkeit ebenso steigern wie die Akzeptanz der unternehmerischen Tätigkeit sichern. Gleichzeitig ermöglicht sie, die Expertise und Kompetenz der mit dem Unternehmen verbundenen oder an ihm und seinen Handlungen interessierten Gruppen für das Unternehmen zu nutzen, sowie Entwicklungen zu beobachten und Schlüsselthemen zu identifizieren. Die Stakeholder:innenanalyse ist daher mehr als ein Frühwarnsystem oder Mittel zur Lobbyarbeit.

Das Vorgehen beim Stakeholder:innenmanagement basiert auf Identifizierung, Zusammenfassung und Kategorisierung, Charakterisierung und Bewertung der Stakeholder:innen (Abbildung 2.8). Als Analysemethoden können interne und externe Befragungen, Stakeholder:innenmapping zur inhaltlich-visuellen Darstellung der Positionen und Netzwerke sowie Medienbeobachtung genutzt werden (Einwiller, 2014; Lintemeier & Rademacher, 2016). Darauf aufbauend werden Strategien und Maßnahmen entwickelt, umgesetzt und evaluiert (Spang & Clausen, 2016). Das Stakeholder:innenmanagement beginnt deshalb zum frühestmöglichen Zeitpunkt des Projekts mit der Machbarkeitsstudie, spätestens jedoch mit der Vorplanung (ebd.).

Stakeholder:innenmanagement ist kein linearer Prozess, der für das Unternehmen oder ein Projekt einmalig durchgeführt wird (Altenburger, 2016). Als iterative, sich permanent aktualisierende Analyse der Unternehmensumwelt kann es nie abgeschlossen werden, weil sich Bedürfnisse und Interessen der Stakeholder:innen ändern und neue Gruppen entstehen können (Spang & Clausen, 2016).

Abbildung 2.8
figure 8

Prozess des aktualisierenden Stakeholder:innenmanagements. In Anlehnung an Horak und Speckbacher (2013) sowie Spang (2013, zit. nach Spang und Clausen, 2016, S. 225)

Für das jeweilige Projekt kritische Stakeholder:innen müssen identifiziert, kategorisiert, charakterisiert sowie die Strategie zum Umgang mit diesen Gruppen festlegt werden, damit sie in die weitere Planung einbezogen werden können (Spang & Clausen, 2016). Für KMU mit begrenzten Ressourcen ist dieses Vorgehen besonders wichtig, da bei einer Vielzahl von Stakeholder:innen mit verschiedenen Ansprüchen jene Gruppen priorisiert und selektiert werden müssen, die besonders starken Einfluss auf die Zielerreichung haben (Einwiller, 2014).

Die eigene Kommunikation auf Basis der Stakeholder:innenanalyse strategisch zu organisieren, ist für den Unternehmenserfolg entscheidend. Dies erlaubt einerseits, Themen und Motive zu bestimmen, die die Reputation des Unternehmens fördern oder belasten können und sie gezielt zu bearbeiten (Krebber, 2018a). Weiterhin ermöglicht es, durch Kommunikationsmanagement die kommunikativen Handlungen mit der strategischen Ausrichtung des Unternehmens zu harmonisieren. Die Unternehmenskommunikation ist damit Teil des Stakeholder:innenmanagements. Ohne diesen strategischen Ansatz würden einerseits die direkt abzuleitenden operativen Ziele für die Kommunikation fehlen, andererseits könnte kein Kommunikationscontrolling und damit keine Erfolgsbewertung stattfinden. Letztlich besteht sogar die Möglichkeit, dass verschiedene Kommunikationsmaßnahmen sich konterkarieren und somit insgesamt einen negativen Effekt haben.

Theoretischer Rahmen der strategischen Kommunikation

Eine Kommunikationsstrategie legt als Absichtserklärung die Grundlage, aus der konkrete Maßnahmen und Aktivitäten generiert werden, die das kommunikative Handeln des Unternehmens prägen (Vonier, 2013). Die Theorie des kommunikativen Handelns basiert darauf, dass Kommunikation immer Handlung ist (Habermas, 1981/2016). Habermas (1981/2016) unterscheidet zwischen der verständigungsorientierten und strategischen Kommunikation. Erstere dient der Erzielung eines auf gemeinsamen Überzeugungen basierenden Einverständnisses und ist rational motiviert (Burkart & Lang, 1992). Bei der strategischen Kommunikation, welche er als defizitär charakterisiert, soll die Einstellung des Gegenübers durch Manipulation beeinflusst werden (Habermas, 1981/2016). Während Habermas die strategische Kommunikation negativ konnotiert, setzt Zerfaß (2010) dem verständigungsorientierten das erfolgsorientierte Handeln entgegen, das im Sinne vorab gesetzter Ziele persuasiv wirkt. Zerfaß‘ erfolgsorientiertes Handeln entspricht damit letztlich Habermas‘ strategischer Kommunikation; in beiden Fällen geht es um das Erreichen vorher festgelegter strategischer Ziele durch kommunikative Mittel, wobei Zerfaß die Überredung wertfrei konnotiert.

Strategische Kommunikation ist für Unternehmen nicht optional, sondern obligatorisch (Zerfaß & Piwinger, 2014), u. a. weil kommunikative Mittel teils hauptsächlich den Wettbewerb um Akzeptanz entscheiden. Es handelt sich um einen zweiseitigen Prozess, in dem neue Wirklichkeiten durch Mitteilungs- und Verstehenshandlungen geschaffen werden (Zerfaß, 2010; Noelle-Neumann et al., 2014). Persönliche Erfahrungen verlieren dabei zunehmend an Bedeutung, da Massenmedien und soziale Medien die Informations- und Wissensvermittlung im Zeitalter der Medialisierung übernehmen (Hagedorn et al., 2004; Zerfaß & Piwinger, 2014). Vielfach wurde nachgewiesen, dass Menschen in Industriegesellschaften ihre Zeit, abgesehen vom Arbeiten und Schlafen, den (Massen-)Medien widmen (Schildt, 2001). Massenmedien beeinflussen deshalb den öffentlichen Diskurs nicht nur, er konstituiert sich maßgeblich über sie (Imhof, 2006). Luhmann (1996) stellt fest, dass „was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien“ (S. 9). Dieser Argumentation folgend ist die Wirkung von Kommunikation auf Image und Reputation eines Unternehmens immens, das gilt ebenso unternehmensintern für Motivation und Leistung der Mitarbeiter:innen (Jäger, 2017). Dieses Potenzial ist der Grund, warum Kommunikationsmanagement und Unternehmenskommunikation ein besonderer Stellenwert zukommen muss.

Ziele und Bereiche der Unternehmenskommunikation

Zerfaß (2010, 2014) zufolge besteht die Leistung der Unternehmenskommunikation in der sozialen Integration und Koordination, wobei er die Integration im Nah- von der im Fernbereich unterscheidet. Während erstere unter Anwesenden erfolgt, wird zweitere durch medial vermittelte Kommunikation erreicht. Als Unternehmenskommunikation sind dabei sämtliche gesteuerten Kommunikationsprozesse in gewinnorientierten Wirtschaftseinheiten zu verstehen, die zur Aufgabendefinition und -erfüllung und weiterhin zur Handlungskoordination und Interessenklärung der Unternehmen zu ihren internen wie externen Stakeholder:innen beitragen. Sie kann dann als strategisch bezeichnet werden, wenn sie die übergeordneten Ziele der Organisation unterstützt. Das geschieht entweder, indem die Unternehmenskommunikation die laufende Leistungserstellung und damit den Erfolg stützt oder indem sie immaterielle Werte als Erfolgspotenziale schafft und erhält.

Zu unterscheiden sind dabei die Teilbereiche der internen und externen Unternehmenskommunikation (Zerfaß, 2010, 2014). Letztere umfasst die Marktkommunikation und Public Relations als gesellschaftsorientierte Kommunikation (Abbildung 2.9). Die Teilbereiche können nicht unabhängig voneinander behandelt werden, da sie gemeinsam dem Ziel der Formulierung, Ausführung und Durchsetzung der Unternehmensstrategie dienen. Dies ist der Grund, warum der optimale Beitrag der Kommunikation zur sozialen Integration eines Unternehmens immer dann erreicht wird, wenn ihre Teilaspekte aufeinander abgestimmt sind.

Abbildung 2.9
figure 9

Bereiche der Unternehmenskommunikation. In Anlehnung an Zerfaß (2014, S. 44)

Innerhalb der internen Kommunikation beeinflussen verfassungskonstituierende Organisationsmitglieder wie Gesellschafter- oder Eigentümer:innen die Unternehmenspolitik, -ziele und -strategie (Zerfaß, 2014). Bezogen auf diese Gruppe ist das Ziel der internen Kommunikation, einen generellen Orientierungskonsens herzustellen (Schimank, 2005). Diesem Rahmen sind die übrigen Angehörigen des Unternehmens wie Mitarbeiter:innen verpflichtet, sie können ihn jedoch nicht direkt beeinflussen (Zerfaß, 2010, 2014). Neben den verfassungskonstituierenden Beziehungen umfasst die interne Kommunikation zudem jene Aktivitäten, die dazu dienen, den Leistungsprozess mittels Delegation fortlaufend zu strukturieren und zu steuern (ebd.).

Die externe Kommunikation lässt sich nach Zerfaß (2010, 2014) in Marktkommunikation und Public Relations unterteilen. Ziel ist u. a. Koalitionsteilnehmer:innen zu werben sowie notwendige Beiträge verschiedener Stakeholder:innen zu sichern. Dazu zählt, dass Handlungsspielräume gewährt sowie Produkte und Produktionsprozesse akzeptiert werden. Die notwendigen, prinzipiell von der Unternehmensführung sowie sämtlichen Mitarbeiter:innen zu erbringenden Aktivitäten, werden an eigene Abteilungen oder Agenturen delegiert. Public Relations, auch Öffentlichkeitsarbeit genannt, bearbeitet die „kommunikativen Beziehungen im gesellschaftspolitischen Umfeld“ (Zerfaß, 2014, S. 49) und verfolgt dabei in verschiedenen Handlungsfeldern wie Politik, Wissenschaft und Bildung das Ziel, die Unternehmensstrategie durchzusetzen. Dazu gehört, Widerspruchspotenziale, aber auch gesellschaftliche Anforderungen in das entsprechende Entscheidungssystem einfließen zu lassen, die nötigen Handlungsspielräume zu sichern und konkrete Strategien zu legitimieren (Zerfaß, 2010, 2014). Dabei beginnt Public Relations nicht mit Kommunikation. Voraussetzung ist, dass das Handeln der Unternehmensführung und dessen Resultate zu den strukturellen Imperativen der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen kompatibel sind.

Zwar müssen nicht sämtliche Stakeholder:innen die Produkte und Prozesse befürworten, gesamtgesellschaftliche Unterstützungspotenziale für das konkrete unternehmerische Handeln müssen jedoch zwingend gegeben und die Unternehmensstrategie akzeptabel sein (Zerfaß, 2010, 2014). Public Relations wirkt dabei sozial integrierend. Bei der verfahrensregulierten Integration, bspw. bei Genehmigungsverfahren, bei denen Bürger:innen und Interessensvertretungen beteiligt werden, kommen zu diesem Zweck informative Public Relations-Maßnahmen zum Einsatz, die eine persuasive Wirkung entfalten sollen. Abseits der durch Rechtsnormen bestimmten Verfahren mit koordinativer Wirkung ist Public Relations jedoch noch bedeutender. Die kommunikative Integration ist von zentraler Bedeutung für die soziale Integration, weil bspw. in den Beziehungen von Unternehmen zu Bürgerschaft und besonders zu Kritiker:innen normierte Koordinierungsmechanismen fehlen.

Kommunikativ integrierend wirkt Public Relations im direkten Gespräch unter Anwesenden, wenn die Abstimmungsprobleme zeitlich und räumlich lokalisierbar sind und damit Verständigung möglich ist (Zerfaß, 2010, 2014). Dies kann der in Teilen der publizistischen Medien gegebenen Skandalisierungstendenz entgegenwirken, die ein gegenüber Unternehmen kritisches Meinungsbild auslöst (Pörksen & Detel, 2012). Die Stakeholder:innen- und Unternehmensdialoge werden daher der verständigungsorientierten Öffentlichkeitsarbeit oder dialogorientierten Unternehmenskommunikation zugeordnet (Zerfaß, 2010, 2014; Burkart, 2012, 2019). Darüber hinaus trägt Public Relations dazu bei, die unternehmerischen Handlungsspielräume zu sichern oder zu erweitern, indem sie Interpretationsschemata, Deutungsmuster und Normen beeinflusst (Röttger, 2000). Diese Gestaltungsmacht der eigenen Umwelt setzt durch Marktmacht begründeten gesellschaftlichen Einfluss voraus, den eigenständig agierende KMU nicht haben. Als Zusammenschluss ähnlicher Organisationen besteht aber auch für sie die Möglichkeit, ihr Umfeld im Sinne der eigenen Interessen zu beeinflussen, etwa durch Lobbyarbeit (Preisendörfer, 2011).

Unabhängig davon, welchem Teilgebiet der Unternehmenskommunikation die Maßnahmen zugeordnet sind und ob sie von Führungskräften und Kommunikationsverantwortlichen ausgeführt oder dafür Agenturen beauftragt werden, sind sie symbolische Handlungen, die zunächst eine Verständigung mit bestimmten Rezipient:innen und nachgelagert deren Beeinflussung beabsichtigen oder das Wissen der eigenen Institution verändern sollen (Zerfaß, 2010, 2014).

Die Kommunikationsziele lassen sich anhand ihrer zeitlichen Dimension unterscheiden, dies spiegelt gleichzeitig die Komplexität der Zielerreichung wider (Avenarius, 2000; Vonier, 2013; Abbildung 2.10). Langfristige Ziele bezwecken Einstellungen, Verhalten und Denkmuster zu verändern, kurzfristige Ziele stehen als Reaktionen zeitlich unmittelbar zu ihrem Auslöser. Von Ebene zu Ebene nimmt dabei das Niveau der Zielerreichung zu. Insbesondere für Bau- und Infrastrukturprojekte gilt, dass kein Unternehmen dabei das Ziel verfolgt bzw. verfolgen kann, einen sozialen und kulturellen Wandel auszulösen, weshalb das Streben nach einer Änderung der Verhaltensweise von beteiligten Akteur:innen das komplexeste Ziel der projektbezogenen Kommunikation ist.

Abbildung 2.10
figure 10

Kurzfristige und langfristige Kommunikationsziele. In Anlehnung an Avenarius (2000, S. 202) sowie Vonier (2013, S. 76)

2.2.3 Akzeptanzkommunikation

Diese Arbeit thematisiert primär die erst in den vergangenen 20 Jahren entstandene und noch am Anfang der Forschung befindliche Akzeptanzkommunikation (Höhne et al., 2018b). Die Erklärung Technische Großprojekte und Akzeptanz des VDI und Bundesverbands der Kommunikatoren e. V. (VDI & Bundesverband deutscher Pressesprecher, 2014) sowie der Sammelband Akzeptanzkommunikation (Höhne et al., 2018a) können als wichtige Meilensteine in diesem Forschungsfeld bezeichnet werden. Aufgrund der Neuartigkeit des Themas ergibt die Kombination von Akzeptanzkommunikation und Energie bei Google Scholar 48 Einträge, wobei diese nur teilweise Akzeptanzkommunikation zum Thema Energie darstellen (Google, o. D.-a). Die Suche nach Akzeptanzkommunikation und Rohstoffe ergibt acht Beiträge, wobei keiner Akzeptanzkommunikation zum Thema Rohstoffe untersucht oder darstellt (Google, o. D.-b).

Akzeptanzkommunikation ist kein Teilbereich der Unternehmenskommunikation, sondern vielmehr ein Handlungsfeld der strategischen Kommunikation (Deutsche Public Relations Gesellschaft – DPRG, 2018; Krebber, 2018b), das Querschnittsaufgabe aller Bereiche professioneller Unternehmenskommunikation ist (DPRG, 2018). Kommunikationsmaßnahmen bieten dabei Handlungsmöglichkeiten für Unternehmensvertreter:innen, um die Akzeptanz zu steigern, denn Kommunikation gilt neben Beteiligung als zentraler Einfluss- und Erfolgsfaktor für die Akzeptanzgenerierung bzw. -steigerung (Brettschneider, 2014, 2015; Bentele et al., 2015; Mast & Stehle, 2016; Becker, 2016; Lindow, 2016) und wird zum Teil sogar als Voraussetzung dafür angesehen (Mast & Stehle, 2016). Neben die bspw. durch Planfeststellungsverfahren erreichbare „Legitimation durch Verfahren“ (Brettschneider, 2015, S. 298) muss eine „Legitimation durch Kommunikation“ (ebd.) treten, die die rechtlich obligatorischen Verfahren nicht ersetzen, sie jedoch maßgeblich ergänzen kann (Brettschneider, 2015). Die Akzeptanzkommunikation verfolgt deshalb das Ziel, Organisationen und ihr Handeln zu legitimieren, indem Projekte u. a. aus den Bereichen Technik, Industrie und Infrastruktur im Einvernehmen mit der Gesellschaft und ihren Erwartungen realisiert werden (DPRG, 2018). Folglich ist Akzeptanzkommunikation besonders dann relevant, wenn die Organisationsziele und -handlungen tatsächlich oder potenziell konfliktär zu den Wertvorstellungen der Gesellschaft einzuordnen sind (ebd.). Akzeptanzkommunikation trägt damit zur sozialen Integration bei, indem sie durch kommunikative Maßnahmen die Problemlösung befördert (Krebber, 2015).

Kommunikation allein kann keine Akzeptanz schaffen, sie leistet aber einen Beitrag zu ihrer Ausprägung (Krebber, 2015). Akzeptanzprozesse werden deshalb als das „Produkt von Kommunikationsprozessen“ (Leucht, 2012, S. 76) angesehen. Akzeptanz wird von Subjekten öffentlich durch kommunikative und teilweise verobjektivierende Handlungen ausgedrückt (Kneer, 2000). Akzeptanzprobleme sind deshalb oft kommunikative Probleme: Sie können, müssen jedoch nicht nur kommunikativ gelöst werden (Krebber, 2015). Ziel der Akzeptanzkommunikation ist letztlich nicht, die Inakzeptanz aller Subjekte in Akzeptanz umzukehren. Vielmehr dient Akzeptanzkommunikation dazu, gesellschaftliche Integration zu erreichen.

Potenzial und kommunikative Begleitung von Großprojekten

Die kommunikative Begleitung von Großprojekten verursacht zwar Kosten, ihr Nutzen übertrifft diese jedoch oftmals, weil sie das Potenzial bietet, die Projektakzeptanz zu steigern (Brettschneider & Müller, 2018). Da ohne Legitimität letztlich die Licence to Operate infrage gestellt werden kann, strebt die strategische Unternehmenskommunikation danach, diese zunächst zu sichern und leistet damit einen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration des Unternehmens (Zerfaß, 2010). Strategisches Kommunikationsmanagement dient in der kommunikations- und medienbeeinflussten Gesellschaft dazu, die soziale Integration der Unternehmen zu befördern, indem Zweck- und Mittelkonflikte gelöst sowie umstrittene Situationsdefinitionen ebenso geklärt werden wie Handlungsinterpretationen im Nahbereich (ebd.). Dabei kann sich die Akzeptanzkommunikation sämtlicher Kommunikationsmaßnahmen bedienen (DPRG, 2018). Aufgrund der kommunikativ integrierenden Absicht sind jedoch insbesondere Dialog- und Beteiligungsformate sinnvoll (ebd.), die den Public Relations-Maßnahmen zugeordnet werden können. Bentele et al. (2015) fordern sogar, dass die „dialogorientierte Kommunikation Leitbild für die Akzeptanzkommunikation sein [muss]“ (S. 17, Hervorhebung aus dem Original entfernt). Die Forderung ergibt Sinn, weil der lokale Raum stets der konkrete Bezugspunkt von Infrastrukturprojekten ist (Krebber, 2016), eine zeitliche und örtliche Lokalisierung der Abstimmungsprobleme ermöglicht und, Zerfaß (2014) folgend, eine Koordinierung durch kommunikative Integration mittels Gesprächen unter Anwesenden sinnvoll erscheinen lässt.

Ausschließlich Public Relations-Maßnahmen anzuwenden, ist für die Akzeptanzkommunikation dennoch nicht zielführend. Zum einen haben viele Infrastrukturprojekte eine überregionale Bedeutung (Krebber, 2016). Zum anderen, und dies überwiegt, sind Massenmedien für die Meinungs- und Willensbildung bedeutend (ebd.). Dabei ist die lokale Publizistik eine wesentliche Informationsquelle der Bürger:innen (Hasebrink & Schmidt, 2012), die allerdings nicht isoliert betrachtet werden kann (Krebber, 2015). So wie der lokale Diskurs insbesondere bei Infrastrukturprojekten mit einer überregionalen Dimension verbunden ist, sind es auch die Massenmedien, die sich in ihrer Berichterstattung auf die verschiedenen Ebenen des öffentlichen Diskurses beziehen – lokal, regional, überregional (ebd.).

Anforderungen an erfolgreiche projektbezogene Kommunikation

Nicht nur für die Akzeptanzkommunikation, aber besonders für sie gilt, dass Handeln und Kommunikation der Organisation stets konsistent sein sollten, da sonst Vertrauensverluste drohen (Bentele et al., 2015). Diese geforderte Konsistenz bedingt, dass die Kommunikation selbst zu jeder Zeit wahrheitsgemäß und offen sein muss (ebd.). Unwahre Kommunikation über die Projektziele in einer frühen Phase würde letztlich von einer andersartigen Umsetzung in einer späteren Phase konterkariert; Widerstand wäre nicht auszuschließen und sogar wahrscheinlich. Neben Glaubwürdigkeit, Klarheit und Offenheit kann Aktualität als grundlegende Eigenschaft erfolgreicher Akzeptanzkommunikation benannt werden. Diese Faktoren können Legitimität ebenso wie Vertrauen auslösen, aus denen eine Verbesserung der Akzeptanz erwachsen kann – ohne die sie jedoch nicht erreicht wird (ebd.). Die Akzeptanz, die einem Vorhaben entgegengebracht wird, ist nicht unveränderlich, sondern wird durch das kommunikative Handeln der Organisation maßgeblich beeinflusst. Dabei ist nicht zwingend entscheidend, was, sondern vielmehr wie kommuniziert wird (Mast & Stehle, 2016). Neben Informationen sollte den Anspruchsgruppen die Möglichkeit gegeben werden, sich aktiv zu beteiligen, indem sie konsultiert und zur Mitgestaltung aufgefordert werden (VDI, 2014, 2015). Wahrheit, Transparenz und damit Widerspruchsfreiheit, Wertschätzung und Dialogbereitschaft auf Augenhöhe sind die maßgeblichen Merkmale, die Vorhabensträger:innen verinnerlichen müssen (Kalka & Schlabbers, 2014). Allein die Kommunikation auf Augenhöhe erfordert in vielen Fällen ein Umdenken. Auf Augenhöhe bedeutet: „für jeden Beteiligten verständlich“ (ebd., S. 29). Kommunikation, die Akzeptanz bewirken will, muss daher nicht nur diejenigen informieren, die Vorwissen einbringen, sondern auch jenen, die es nicht haben, die Hintergründe und Motive verständlich erklären.

Bei Energie- und Rohstoffprojekten erwarten Bürger:innen mehr und bessere Informationen, die mit lokalem Bezug verfügbar, ansprechend, übersichtlich und kompakt aufbereitet sein sollen (Mast & Stehle, 2016). Die Bürger:innen setzen gleichzeitig Bürger:innennähe voraus, etwa durch Ansprechpartner:innen direkt vor Ort (ebd.). Ohne eine offensive und proaktive Kommunikation, die strategisch ausgerichtet ist und zu einem frühen Zeitpunkt des Projekts ansetzt, ist es kaum möglich, diese Bedürfnisse zu befriedigen (Kalka & Schlabbers, 2014; VDI, 2015). Die Heterogenität der Stakeholder:innengruppen lässt dabei einen breiten Mix von Kommunikationsmaßnahmen vorteilhaft erscheinen (VDI, 2015).

Ebenso wie die Projekte komplex sind, überwiegen für die verschiedenen Anspruchsgruppen unterschiedliche Argumente. Dies muss die Kommunikation widerspiegeln. Statt ausschließlich über Fakten zu informieren, sollten Emotionen bedacht, Alternativen diskutiert und erläutert werden, warum andere verworfen wurden (Brettschneider, 2014). Für viele Anspruchsgruppen geht es nicht um die Technik des Projekts, sondern um eine potenzielle oder reale Veränderung ihrer Lebenswelt. Den Dialog frühzeitig und dauerhaft, proaktiv zu suchen, aufgeschlossen für die Sorgen und Bedenken zu sein und verschiedene Kommunikationsmaßnahmen aufeinander abzustimmen, bilden die Grundlage guter Akzeptanzkommunikation (ebd.).

2.3 Kritische Reflexion

Akzeptanz ist mehr als ein theoretisches Konzept, sie ist ein gesellschaftliches Phänomen (Lucke, 1995; Ullrich, 2008). Entsprechend existiert eine Vielzahl von Veröffentlichungen über Teilaspekte (Vonier, 2013), die als Basis für diese Forschung genutzt werden. Dennoch fehlt es „an interdisziplinären und integrationsorientierten Beiträgen“ (ebd., S. 6) und umfassenden Forschungsüberblicken, die statt einzelner Sachverhalte das gesamte Spektrum der Akzeptanzforschung abdecken (Schäfer & Keppler, 2013). Zudem bleibt unklar, was genau gemeint ist, wenn von Akzeptanz gesprochen wird (Wunderlich, 2012; Kubicek, 2013). Das erschwert eine Messung nach einheitlichem Schema (ebd.). Einige Autor:innen umgehen dies, indem sie den Terminus gar nicht definieren (Davis, 1989; Kneer, 2000; Venkatesh et al., 2003).

Bei der Auseinandersetzung mit Akzeptanz wird zudem offenkundig, dass in der Wissenschaft Uneinigkeit darüber besteht, ob Akzeptanz lediglich als Einstellung einer mental positiven Bewertung, als die konkrete Verhaltensintention als Ausdruck dieser positiven Haltung oder als das konkrete Verhalten selbst zu verstehen ist (Kollmann, 1998; Schäfer & Keppler, 2013; Seiler, 2014; Halwachs et al., 2017).Footnote 5

Es existiert eine Vielzahl an Akzeptanzmodellen (Schäfer & Keppler, 2013). In diesen werden auf Basis existenter Theorieansätze oder empirischer Untersuchungen u. a. Einflussfaktoren aufgezeigt, welche die Akzeptanzgenese und -steigerung beeinflussen oder beeinflussen können (ebd.; Seiler, 2014). Die kommunikative Bearbeitung der Akzeptanzfaktoren in dieser Arbeit orientiert sich an diesen Modellen. Zur Messung des Grads der Akzeptanz sind sie allerdings nicht geeignet, da sie nicht auf Energie- und Rohstoffprojekte als externe Technik anwendbar sind:

  • Das Technology Acceptance Model (Davis, 1985; Davis et al., 1989) ist ungeeignet, weil eine Bedienbarkeit für die Bevölkerung bei den Anlagen nicht gegeben ist; auch eine Intention zur Nutzung kann nicht ausgelöst werden, weshalb folglich das Akzeptanzverhalten nicht zu bestimmen ist. Wenn die Nutzer:innen von Energieumwandlungs- und Rohstoffgewinnungsarten – wie im vorliegenden Fall – weder Einsicht in, noch Einfluss auf die Anlagen haben, unterliegt die Akzeptanz anderen Maßstäben, Wahrnehmungsmustern und Meinungsbildungskontexten als bei jenen Geräten, die sie selbst bedienen und die durch das Technology Acceptance Model abgedeckt werden (Arning et al., 2010; Borg et al., 2018).

  • Eine Bestimmung des Grads der Akzeptanz nach Huijts et al. (2012) ist nicht möglich, weil das Modell keine Berechnung erlaubt.

  • Fishbeins (1966) Vorgehen und damit die Berechnung der Gesamteinstellung Eij eignet sich für die betrachteten Vorhaben ebenfalls nicht, da weder Erkenntnisse zur Gesamtheit aller Einflussfaktoren noch zu deren Gewichtung vorliegen.

Zur Akzeptanz gegenüber dem Rohstoffabbau sind kaum Studien vorhanden, lediglich zu Anlagen der Energieumwandlung aus fossilen Rohstoffen. Untersuchungen zu erneuerbaren Energieumwandlungsanlagen gibt es viele; häufig werden jedoch Wind- und Solaranlagen betrachtet (AEE, 2016) und andere Anlagearten vernachlässigt.

Systematische Analysen der Situation vor Ort, in den Regionen und teils in den Bundesländern sind ebenso kaum existent (Andor et al., 2015; Mast & Stehle, 2016). Die gesellschaftlich befürwortete Energiewende kann aber nur erfolgreich geplant und realisiert werden, wenn die dazu nötigen Anlagen vor Ort errichtet werden (Becker et al., 2016). Außerdem können Rohstoffe nur dort gewonnen werden, wo entsprechende Vorkommen existieren; was lokale Akzeptanz der vor Ort Betroffenen bedingt. Obwohl Studien aufzeigen, dass Einstellungen stark regionsabhängig sind (Andor et al., 2015; Krug, 2018), vernachlässigen Modelle und Meinungsumfragen bisher zumeist die Ebene der Regionen (Kress & Landwehr, 2012; Andor et al., 2015). Für erfolgreiche Akzeptanzkommunikation gilt es deshalb, Landkreise zu betrachten. Im Lokalen werden die Zielvorgaben des Bundes und der Länder umgesetzt, sie sind der „Ort von Aushandlungen, kollektiven Willensbildungsprozessen und natürlich auch Konflikten“ (Becker et al., 2016, S. 40).

Zudem wird Akzeptanz bisher zumeist undifferenziert erfasst, da die Befragten, wenn überhaupt, nur wenige Abstufungen vornehmen können (de Vries & Hoffmann, 2017; YouGov, 2020, zit. nach AEE, 2021). Statt konkreter Projekte mit lokalem Bezug wird nur eine bestimmte Technik allgemein betrachtet (Wunderlich, 2012). Derartige Analysen ermöglichen keine Aussagen über Akzeptanz der in ihrem eigenen, lokalen Umfeld betroffenen Bevölkerung (Jenssen, 2010). Zudem erfolgt die Betrachtung meist isoliert, auf ausgewählte Techniken beschränkt. Das erschwert bspw. den Vergleich erneuerbarer Energieumwandlungsanlagen untereinander, beschneidet den mit fossilen Energieträgern und schließt den mit Rohstoffvorhaben aus. Zwar sind in der Literatur teils beeinflussende Akzeptanzfaktoren notiert, in den meisten Fällen erfolgt jedoch keine Übertragung selbiger auf andere Akzeptanzobjekte.

Von Interesse ist zudem die Perspektive der Industrie, insbesondere der KMU, die bisher kaum betrachtet wird. Verglichen mit Konzernen haben sie weniger finanzielle und personelle Ressourcen (Kraus et al., 2016), um Akzeptanz mittels Kommunikationsmaßnahmen zu generieren. Die der Akzeptanzgenerierung möglicherweise förderlichen Maßnahmen wurden bisher weder umfänglich gesammelt noch ihr Einflusspotenzial bewertet.