Zusammenfassung
Die skizzierte Unschärfe der Theorieebene und die praxissoziologischen Schwierigkeiten, die die Methodendiskussion stagnieren lassen, geben damit die Anlässe des vorliegenden Buches und ziehen zahlreiche Fragen nach sich, auf die die Ausarbeitung des Verhältnis von Diskurs, Ereignis und Praxis eine von zahlreichen Antwortmöglichkeit bietet. Aus dem Fragenpool, werden im Folgenden drei zentrale Forschungsfragen in den Fokus gestellt:
Abstract
The outlined vagueness of the theoretical level and the difficulties in the sociology of practice, which have caused the stagnation of the methodological discussion, thus provide the impetus for the present book and give rise to numerous questions. Questions, to which the elaboration of the relationship between discourse, event and practice offers one of many possible of numerous possible answers.
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Notes
- 1.
Die Geschichtswissenschaften partizipierten beispielsweise an Foucaults historischem Verständnis einer seriellen Geschichtsauffassung, die Politikwissenschaften ziehen bis heute vor allem das Foucaultsche Machtverständnis sowie die Überlegungen zur Biopolitik heran und das Interesse der Linguistik an den Schriften Foucaults zum Diskurs liegt auf der Hand.
- 2.
Grundsätzlich bescheinigen Foucaults Arbeiten zu Bedingungen und Ereignissen, die in der Konsequenz zur heutigen Situation der Moderne geführt haben, seinem Diskursbegriff, von dem aus er alle seine Überlegungen startet, überhaupt ein Höchstmaß an Aktualität und Brisanz, da sich Foucaults Erläuterung des Prozesses, der zu so etwas wie einer Moderne geführt hat, gut eignet, um ihn zur Grundlage der in der Soziologie nicht abgeschlossenen Diskussion darum, ob wir nun nie modern gewesen sind (Latour, 2008), wer gegenüber wem warum moderner ist (Schwinn, 2006), oder ob wir nicht viel eher in verwobenen Modernen in der Mehrzahl leben (Randeria, 1999; Eisenstadt, 2000). Weiterführend zur kritischen Modernitätsdiskussion in der Soziologie z. B. Hillebrandt (2010).
- 3.
Das, was wir als soziale (Un)Ordnung wahrnehmen, ist für Foucault immer nur die sichtbare (Un)Ordnung des Sozialen, die von der nur zeitweise stabilisierten Wissensordnung aufrechterhalten wird. Soziale Ordnung bzw. Unordnung ist bei Foucault also Diskursordnung bzw. -unordnung.
- 4.
Dass der Mensch Individualität entwickeln kann, weil er ein autonomes und aus Traditionen herausgelöstes Subjekt ist, dieser Vorstellung der verbreiteten Individualisierungsthesen à la Beck und Co. gegenüber ist Foucault mehr als skeptisch und fragt sich, wie schon in Bezug auf alles andere: Warum gibt es diese Wissensordnung, die zur Vorstellung eines modernen Erkenntnissubjekts führt?
- 5.
Performanz soll hier am ehesten in der Wortbedeutung von das Aufgetretene, das Vollzogene benutzt werden und sich nicht nur auf sprachliche Äußerungen beschränken, sondern vollzogene Aussagen, die sich physisch-materiell in der Praxis finden, umfassen. Bei Performanz hilft es, sich die englische Wortbedeutung vor Augen zu führen und an performance im Sinne von Darbietung und Aufführung zu denken, als das, was sich darbietet. Hier ist aber wieder Vorsicht geboten, weil es in der poststrukturellen Perspektive der Diskurstheorie nicht darum geht, was ein intentional handelndes Individuum aufführt, wenn es spricht. Deshalb werde ich im Folgenden besser von der Performativität einer Aussage sprechen, da dieser Begriff impliziert, dass stets mitgedacht wird, dass die Aussage, das Äußerungssubjekt und die Handlung, die sie bezeichnet, in und durch diesen Äußerungsakt erst hervorgebracht wird (vgl. weiterführend Posselt, 2005).
- 6.
HUB ist eine Abkürzung der Netzwerktechnologie und steht für HauptUmschlagsBasis.
- 7.
Ähnlich könnte die Figur des Siebs von Deleuze und Guattari eingeordnet werden, das im Chaos die Intensitätszonen einzieht.
- 8.
Foucault fokussiert immer wieder die Genese von Lehren, die sich noch in einem vorwissenschaftlichen oder sehr frühen Stadium einer Wissenschaft befinden, und die Herausbildung von Körpern mit Expertise, statt sich bereits institutionalisierte Wissenschaften anzuschauen. Diese Strategie erleichtert es ihm ebenfalls, den Fokus auf die Herkünfte diskursiver und nicht diskursiver Praktiken zu legen, was einen weiteren Hinweis für die Methodendiskussion liefert (Power, 2011, S. 47).
- 9.
Hierbei geht gegenüber der Live-Soziologie (Scheffer und Schmidt, 2013) und teilnehmenden Beobachtung allerdings die physische Dimension des Geruchs und der Temperatur verloren.
- 10.
Die Ausführungen zum Verhältnis von Theorie und Empirie sowie der Interdisziplinarität der Praxisforschung orientieren sich an einem 2018 im Springer VS veröffentlichten Aufsatz: Schäfer, F. „Protestkultur im Diskursgewimmel – eine diskurstheoretische Erweiterung praxissoziologischer Protestkulturforschung“. In Kultur – Interdisziplinäre Zugänge, hrsg. F. Schäfer et al. 127–152. Wiesbaden: Springer VS.
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Schäfer, F. (2023). Diskussion der theoretischen und methodologischen Grundlagen. In: Diskurs : Ereignis : Praxis. Neue Soziologische Theorie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-40768-1_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-40768-1_2
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Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-40767-4
Online ISBN: 978-3-658-40768-1
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