Zusammenfassung
Dieses Zitat beinhaltet einerseits die zeithistorischen Kriterien einer Freundschaft in der spätmodernen Welt und stellt andererseits die Schwierigkeit ihrer Definition als soziale Beziehung heraus: Als freiwillige Verbindung können Ausgestaltung und Dauer einer Freundschaft beliebig variieren und von den beteiligten Personen unterschiedlich definiert werden. Im Gegensatz zu Paaren, die sich ihrer Liebe immer wieder gegenseitig und teilweise öffentlich sichtbar für Außenstehende versichern, bestätigen sich Freunde in der Regel ihre Freundschaft nicht verbal, wie Sullivan dargelegt. Manche Menschen definieren Freundschaften daher in sehr spezifischer Form, zum Beispiel ausschließlich als Spaßfreundschaften oder nur mit besonders nahestehenden Personen, mit denen sie vertrauliche Gespräche führen.
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Notes
- 1.
Im Zusammenhang mit der antiken Freundschaftsforschung wird mitunter Aristoteles’ „Nikomachische Ethik“ (Aristoteles, ca. 350 v. u. Z./2006, S. 284–285) angesehen. Als einer der ersten historischen Vertreter von Freundschaft als freiwillige soziale Beziehung (Nötzoldt-Linden, 1994, S. 154), rekurrieren auch heute noch viele Freundschaftsforschende auf Aristoteles’ Werke (s. a. Chambers, 2013; Eberhard & Kosta, 2004; Elder, 2018; Forbes, 2016; Hansen, 2009; Heuser & Schobin, 2016; Hruschka, 2010; Nötzoldt-Linden, 1994; Rawlins, 2009; Sullivan, 1999).
- 2.
Teilnehmende der Studie von Spencer und Pahl bezeichneten beispielsweise ihre platonischen Freunde dann als Brüder oder Schwestern, wenn ihre Verhältnisse zu den realen Geschwistern nicht so eng waren oder es keine Brüder und Schwestern in der Familie gab (Spencer & Pahl, 2006, S. 118). Obwohl der Fokus der Studie von Spencer und Pahl (2006) auf Freundschaften lag, fragten sie die Forschungsteilnehmenden nicht direkt danach, sondern untersuchten auch familiäre Strukturen und verwandtschaftliche Bindungen, die von den Befragten genannt wurden. In ihrer Analyse gingen sie des Weiteren auf die Stärke der Verbindung sowie auf Unterschiede zwischen den Beziehungen, das gegenseitige Engagement und die Wahrnehmung bestehender Verpflichtungen ein (Spencer & Pahl, 2006, S. 41).
- 3.
In der gegenwärtigen Zeit sind diese noch immer als brisante Beziehungsform zwischen Freundschaft und Liebe verortet (Blatterer, 2016, S. 74) oder als romantische Relationen mit weniger konfliktreichen Eigenschaften (Halatsis & Christakis, 2009, S. 935), als „erotic friendships“ (Blatterer, 2016, S. 71) oder „friends with benefits“ (Heuser & Schobin, 2016, S. 191). In vielen sozialwissenschaftlichen Freundschaftsstudien (Allan, 1989; Auhagen, 2006; Eberhard & Kosta, 2004; Heuser & Schobin, 2016; Spencer & Pahl, 2006) wurden diese bislang als Definitionsgrundlage für Freundschaften kategorisch ausgeschlossen, obwohl friends with benefits von manchen Forschungsteilnehmenden sogar als beste Freunde (Morgan, 2013, S. 173) bezeichnet werden.
- 4.
Obwohl die hohe Anzahl wissenschaftlicher Arbeiten zu homosexuellen Männerfreundschaften (Anderson, 2008; Barrett, 2015; Nardi, 1992; Rumens, 2018; Sedgwick, 1985) für ein ebenso interessantes Forschungsfeld spricht, werden weitere Gender-Identitäten in diesem Zuge erneut ausgeschlossen, wie auch Barrett (2015, S. 367) feststellt.
- 5.
Jurczyk et al. (2009, S. 18) sprechen in diesem Zusammen von „doing boundary“, einer persönlichen Grenzziehung von Familie, Arbeit und Freundschaften, die bewusst separat gehalten werden.
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Teichert, J. (2023). Freundschaft – Definitionen aus unterschiedlichen Perspektiven. In: Digital occupants – Wie digitale Medien die kommunikative Aushandlung von Freundschaften verändern. Medienbildung und Gesellschaft, vol 50. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-40623-3_3
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