Die Forschung mit Aufstellungen hat mir einen tieferen Blick auf mein originäres Untersuchungsfeld ermöglicht und dabei auch immer wieder Einblicke in größere Bereiche von Wirklichkeit gewährt. Mein Verhältnis zur Welt hat sich dadurch nachhaltig verändert. Diese Erfahrung finde ich in einem Zitat des Quantenphysikers Werner Heisenberg (1901–1976) sehr treffend formuliert:

„Wenn man wirklich Neuland betreten will, kann es vorkommen, dass nicht nur neue Inhalte aufzustellen sind, sondern dass auch die Struktur des Denkens sich ändern muss, wenn man das Neue verstehen will.“ (Heisenberg zitiert nach Warnke, 2017:206)

Aufstellungen machen intersubjektiv erfahrbar, dass eine Wirklichkeit existiert, die nicht durch die Wahrnehmung der Betrachtenden konstruiert ist. Damit hat die Methode aus meiner Sicht das Potenzial, das aktuelle, vom Konstruktivismus geprägte Verständnis sozialwissenschaftlicher Beobachtung um entscheidende Perspektiven zu erweitern. Ein rein konstruktivistisches Denken kann bei der Entdeckung tatsächlicher Unterschiede hinderlich sein, weil es dazu neigt, Widersprüche zu nivellieren.Footnote 1

Systemische Erkundungen mittels Aufstellungen führen den:die Beobachtende wieder näher an die Realität des Ganzen heran dadurch, dass die „Wirklichkeit“ im Aufstellungsraum ihre Autonomie zurückerhält. Dies macht die Methode besonders in der Transformationsforschung zu einem nützlichen Werkzeug. Die fünf Aufstellungen dieser Arbeit bieten reichliche Beispiele dafür, dass die Methode irritierende Raumbilder produziert. Überraschende Beobachtungen sind hilfreich für den Forschungsprozess, denn sie führen oft zu kreativen Assoziationen und zu neuen Fragestellungen, die vielleicht noch unentdeckte Schichten im Untersuchungsfeld hervorholen.

1 Methodenreflexion der Aufstellung „Konsumsystem“

Bei der prototypischen Aufstellung „Konsumsystem“ (Kapitel 6) sind Raumbilder entstanden, durch die mein Verstehen des systemischen Wechselspiels im Akteursfeld wesentlich an Tiefe und Komplexität gewonnen hat. Dennoch drängte sich mir bei der iterativen Durchsicht der Schlüsselsequenzen die Frage auf, ob sich in dem gewählten Format etwas Wesentliches noch nicht zeigen konnte.

Der Impuls, den theoretischen Bezugsrahmen der Aufstellung methodisch zu reflektieren, hat sich mir intuitiv beim Raumbild aus der integralen Perspektive (Abbildung 6.6) übermittelt; in der Sequenz als Wissenschaft seine (erstmalige) Verbindung zu den Konsumenten hervorhebt. Diese Beobachtung brachte mich auf die Idee, die Rolle von Konsumierenden noch weiter mithilfe des integralen Vier-Quadranten-Modells (Wilber, 1995; 2001a/2010) zu analysieren.

Meine Überlegung dabei war: Die in der Aufstellung „Konsumsystem“ generierten Daten bilden zwar wichtige, bisher unsichtbare Aspekte aus der Tiefe des Systems ab, möglicherweise sind dennoch weitere entscheidende Teilaspekte verborgen geblieben, die erst aus einer dezidiert integralen Betrachtung sichtbar werden. Nach meinem VerständnisFootnote 2 liefert die Luhmannsche Systemtheorie – bezogen auf die Kategorien von Wilbers Vier-Quadranten-Modell – sehr nützliche multiperspektivische Erklärungsangebote zu den rechtsseitigen Quadranten (OR und UR) sowie partiell zum Quadranten UL. Der Quadrant OL – die Ich-Position – wird von der Luhmannschen Systemtheorie jedoch – explizit – nicht abgebildet.

In der systemtheoretischen Lesart ist eine schwache Rolle der Konsumierenden, wie sie sich in der Aufstellung „Konsumsystem“ gezeigt hat, plausibel, da in der Marktlogik Einkommensaspekte die bestimmende Rationalität sind, was die Handlungsfreiheit von Verbraucher:innen entsprechend einschränkt. Diese Erkenntnis widerspricht jedoch dem im Marketing herrschenden Axiom der Konsumentensouveränität. Aus diesem Grund war die Beobachtung von hoher Relevanz für den weiteren Untersuchungsverlauf. Der Schluss, dass die Rolle der Konsumierenden bei einer sozialökologischen Transformation des Konsumsystems vernachlässigbar sei, erschien mir jedoch falsch. In dieser sehr frühen Forschungsphase und vor dem Hintergrund meiner methodisch-theoretischen Reflexionen zum Aufstellungssetting konnte ich nicht davon ausgehen, dass die vorliegenden Daten bereits ein umfassendes Bild zur Rolle der Konsumierenden lieferten.

Im weiteren iterativen Forschungsverlauf hat sich diese anfänglich rein methodisch-theoretisch abgeleitete Annahme bestätigt – und noch weiter ausdifferenziert. In der repräsentierenden Beobachtung ließen sich grundsätzlich zwei Kategorien von Konsumierenden unterscheiden: neben der Gruppe, die auf Prozesse reagiert (so wie in der Aufstellung „Konsumsystem“ beobachtet) zeigte sich in folgenden Aufstellungen noch eine zweite Kundengruppe, die Prozesse pro-aktiv vorantreibt. Der Unterschied zwischen den beiden Rollen entscheidet sich mit den Bewusstseinsebenen und damit verbundenen mentalen Vorstellungen, Absichten und Bedürfnissen etc.Footnote 3 Diese inneren Dimensionen wurden, wie dargelegt, im systemischen Setting der Aufstellung „Konsumsystem“ noch nicht abgebildet.

2 Methodenreflexion der Aufstellung „Das innere Wesen des Marketing“

In der Forschung mittels der Aufstellungsmethode gilt das Axiom, „dass sich das System in seiner Soheit zeigt und nicht in reiner Beliebigkeit“ (Müller-Christ & Pijetlovic, 2018:6). Diese Annahme fand ich sehr ausdrücklich in dem Verlauf der Aufstellung „Das innere Wesen des Marketing“ (Kapitel 7) bestätigt. Diese zweite Aufstellung im Rahmen meiner Forschungsarbeit war eine doppelt-verdeckte Impro-Aufstellung, d. h. es war kein expliziter theoretischer Bezugsrahmen definiert.

Bei der Auswertung der Aufstellungsdaten hatte ich sehr schnell den Eindruck, dass der zu beobachtende Energiefluss trotz des unbestimmten Referenzrahmens keineswegs beliebig zu sein schien. Nach einigen Vergleichen stellte ich eine Analogie zu den Strukturen fest, wie sie im Eisbergmodell (Abschnitt 4.2, Abbildung 4.2) beschrieben sind:

So liegt die Aufmerksamkeit der Stellvertretenden zu Beginn der Aufstellung auf der Ich-Du-Beziehungsklärung (Phase 1; Abbildung 7.1). Im weiteren Verlauf verschiebt sich ihre Perspektive immer mehr auf das Gemeinsame, bis sich spätestens mit dem Auftritt von Glaubwürdigkeit der Fokus auf die Systemebene verlagert (Phase 2; Abbildung 7.2). Die Wortaussagen machen deutlich, dass sich die Elemente von da an als eine funktionale Einheit begreifen: „Vielleicht sollten wir einfach mal anfangen und herausfinden, wofür wir da sind?!“, fordert das A-Marketing (Phase 2.1). Im weiteren Prozess (Phase 2.2) bildet sich aus der triadischen Formation heraus ein Rechteck, in dem sich auf den Diagonalen jeweils Ethos & A-Marketing sowie Glaubwürdigkeit & BO-Marketing gegenüberstehen. In diesem Bild (Abbildung 7.2) wird für mich die Tiefenstruktur des Marketingsystems mit wichtigen Grundspannungsfeldern sichtbar.

In der Rechteck-Formation erkannte ich abduktiv etwas Besonderes. Ich begann über die Bedeutung verschiedener geometrischer Figuren in der Aufstellungsarbeit zu recherchieren und suchte weiter in der Mathematik und Philosophie. Im Ergebnis erkannte ich in der Rechteckformation, die sich in der zweiten Phase der Aufstellung gebildet hatte, die Form eines Goldenen Rechtecks. Ein Goldenes Rechteck hat durch geometrische Mittelbildung teil an der Gleichmäßigkeit des Quadrats. Mathematisch lässt sich die Figur dadurch definieren, dass nach Abspaltung eines größtmöglichen Quadrats ein ähnliches, also eines mit gleichem Seitenverhältnis, übrigbleibt. (Stegmann, o. J.:19)

Auf der Grundlage dieser Rechercheergebnisse sowie meiner Beobachtungen aus der Aufstellung „Das innere Wesen des Marketing“ habe ich für rechteckige Formationen in Aufstellungen folgende formenanalytische Interpretationsangebote entwickelt:

Quadrat

Bei Platon („Über das Gute“) steht die reguläre Form des Quadrats für die reine, noetische Erkenntnis, für die absolute Wahrheit der Ideenwelt. Das ungleichmäßige Viereck eines Rechtecks dagegen symbolisiert die Irrationalität der (empirischen) Sinnenwelt bzw. (Schein-)Welt.

Abbildung 15.1
figure 1

(Eigene Abbildung)

Der Unterschied zwischen DIN-A-Format (oben) und Goldenem Rechteck (unten) liegt im Seitenverhältnis: 1:1,4 versus 1:1,6.

Goldenes Rechteck

Einen Sonderfall bildet das Goldene Rechteck mit einem Seitenverhältnis 1:1,6 bzw. 5:8. Nach platonischer Lesart bildet ein Goldenes Rechteck den idealen Zustand. Es beschreibt den Raum zwischen realer Welt und potenziellen Alternativen. (Abbildung 15.1)

Im Goldenen Rechteck erfährt sich das System ontologisch in seiner Soheit. Aus einer systemtheoretischen Perspektive erkenne ich im „Goldenen Rechteck“ den raumsprachlichen Ausdruck des „Sinns“ eines Systems. Sinn ist nach Niklas Luhmann die Gesamtheit dessen, was in einem System möglich ist: die „Differenz von gerade Aktuellem und Möglichkeitshorizont“ bzw. „laufendes Aktualisieren von Möglichkeiten“ (Luhmann 1984/1991:100; vgl. auch Emlein, 2012:372 ff.).

Jede realisierte Möglichkeit bricht die virtuelle Symmetrie des Goldenen Rechtecks auf. In den Wortaussagen der Stellvertretenden scheint sich genau dieser Wirkmechanismus zu spiegeln: „Gerade schlägt die Waage etwas aus“, beschreibt z. B. Glaubwürdigkeit den Moment, als das System in Gestalt des Kunden mit der Außenwelt konfrontiert wird (Abbildung 7.3). Ähnlich formuliert A-Marketing: „Du, Kunde, bist eine Unwucht in unserem Gleichgewicht.“ Und das Ethos benennt den Wechsel von Aktualität und Potenzialität, das „Sinnprozessieren“ (Luhmann, 1984/1991), das durch den Kunden ausgelöst wird, treffsicher mit der Feststellung: „Jetzt sollen wir etwas tun. (…) Es war natürlich bequemer, einfach nur zu sein.“

Diagonale eines Rechtecks

Mathematisch gesehen ist durch die Diagonale eines Rechtecks das komplette Rechteck rekonstruierbar. Daraus ergibt sich für mich eine formenanalytische Lesart von Diagonalen als Reflexionslinien: Die Position auf der Diagonalen eines Rechtecks ermöglicht einem Stellvertretenden tiefe (Selbst-)Erkenntnis: Das Element kann sich selbst als Ganzes im Ganzen erkennen und im jeweiligen Gegenüber findet es seine maßgebende Reflexionsinstanz. Unterstützt wird diese Lesart von den Aussagen der Stellvertretenden in Phase 2.2 (Abbildung 7.2): So erkennt z. B. A-Marketing sich selbst in seinem diagonalen Gegenüber: „Jetzt kann ich in Dir, Ethos, das sehen, was ich mich nicht traue zu sein.“

Zur Interpretation von Rechtecken in Aufstellungen liegen noch keine validierten Erfahrungen vor (Müller-Christ & Pijetlovic, 2018:374). Es wäre daher sicher interessant, meine hier entwickelten Vorschläge zur Formenanalyse auch in anderen (Impro-)Aufstellungen anzuwenden und auf ihre Nützlichkeit zu prüfen. Im Rahmen dieser Arbeit habe ich nicht die Gelegenheit dazu, weil bei den weiteren Aufstellungen keine freigebildeten Rechteckformationen zu beobachten waren.

Für mich war die Formenanalyse bei der Aufstellung „Das innere Wesen des Marketing“ eine äußerst wichtige Orientierungshilfe (Vgl. hierzu Tabelle 2.1). Die formenanalytische Auswertung hat mich sehr darin unterstützt, die Aussagen der Stellvertretenden inhaltlich zu verorten und miteinander in Beziehung zu setzen. Vor diesem Hintergrund möchte ich als allgemeinen Satz für die Auswertung von Aufstellungsdaten formulieren:

Die Formenanalyse ist bei der Auswertung von Aufstellungsdaten eine wichtige Ergänzung zur Interpretation von Wortaussagen. Dies gilt im besonderen Maße für Aufstellungen im Impro-Format, die ohne expliziten Bezugsrahmen sind.

3 Methodenreflexion der Aufstellung „Kommunikationsstrategien“

In Familienaufstellungen, so heißt es, zeige sich immer genau das, was für die Seele des:der Anliegengebenden zu dem Zeitpunkt hilfreich sei. In Erkundungsaufstellungen scheint mir eine ähnliche „Fürsorge“ am Werk: Ich habe den Eindruck, dass sich in den Aufstellungen meiner Arbeit stets auch das zeigte, was für mich als Forschende zum Erkennen von Unterschieden jeweils wichtig gewesen ist. Ähnliches beschreiben Georg Müller-Christ und Denis Pijetlovic (2018):

„Tatsächlich erweckt es zuweilen den Eindruck, als wollte das System etwas mitteilen. Wir wollen hier nicht so weit gehen zu behaupten, dass Systeme Intentionen haben und deswegen auch etwas mitteilen wollen. Tatsächlich ist unser Staunen aber weiterhin sehr groß, mit welcher Klarheit sich eine Erkenntnis zeigt, die gerade in diesem Moment für die Anliegengeber/innen sehr wichtig zu sein scheint. Und so sieht es manchmal so aus, als wenn wir in Aufstellungen nicht nur mit dem System reden, indem wir es befragen, sondern auch so, dass das System etwas mitteilen möchte.“ (Müller-Christ & Pijetlovic, 2018:78)

Ein Beispiel liefert die Aufstellung „Kommunikationsstrategien“ (Kapitel 9): Aufgrund zeitlicher Vorgaben seitens der Workshop-Leitung musste ich mich auf drei statt der von mir geplanten vier Interventionen beschränken. Die ausgelassene Intervention – die Informationsstrategie – trat dann im Aufstellungsverlauf (Phase 1; Abbildung 9.1) dennoch sehr deutlich in Erscheinung: Die Stellvertretende des blau-memischen Kunden insistierte vehement und wiederholt, dass ihr Informationen fehlten. Ihre Wortaussagen interpretierte ich als einen deutlichen Wink dafür, dass eine selbstständige Urteilskraft von Konsumierenden für gelingenden transformativen Konsumwandel unverzichtbar ist. In der rückblickenden Gesamtschau hat sich die beobachtete Sequenz dann als ein früher Hinweis auf ein zentrales Ergebnis meiner Arbeit erwiesen: Das Empowerment, d. h. die Selbstermächtigung von Konsumierenden ist ein Ziel, das ein zukunftsorientiertes Marketing aktiv unterstützt, weil Partizipation für gelingende Transformationsprozesse konstituierend ist (vgl. These ABG.6).

Dieses Beispiel beschreibt eine Sequenz aus einer Reihe vieler weiterer Situationen, in denen ich auf meinen Erkundungen mittels der Aufstellungsmethode eine eigenständige Kraft erfahre, die mir den Weg weist, mich führt und von der ich mich zum Teil regelrecht an die Hand genommen fühle.

4 Methodenreflexion der Aufstellung „Attitude-Behaviour Gap“

Die Entscheidung, die Rolle von Kund:innen im Setting des Vier-Quadranten-Modells (Wilber, 1995; 2001a/2010) aufzustellen, hat sich – rückblickend – als ausgesprochen hilfreich erwiesen. Die Aufstellung „Attitude-Behaviour Gap“ (Kapitel 10) war sehr erkenntnisreich. Doch anfänglich wirkten die erzeugten Daten sehr verwirrend auf mich, so dass ich sie zunächst nicht einzuordnen wusste. Die Raumbilder waren zu konfliktär zu wesentlichen marketingtheoretischen Grundannahmen, die ich bis dato vollkommen unhinterfragt übernommen hatte. Ich erinnere mich gut daran, wie sehr mich der Aufstellungsverlauf und die Wortaussagen der Repräsentanten irritiert hatten. Rückblickend weiß ich, dass diese intensive, keineswegs leichte Auseinandersetzung mit der Aufstellung „Attitude-Behaviour Gap“ notwendig war, um den Wert von „Abduktion“ für den wissenschaftlichen Forschungsprozess tiefer begreifen zu lernen.

Abduktion verstehe ich i. S. von Reichertz (2015b:284) als den Entschluss, Daten ernst zu nehmen, Irritationen nicht zu leugnen und der bewährten Sicht der Dinge nicht unbedingt zu folgen. Dies klingt zunächst einfach. In der Auseinandersetzung mit der Aufstellung „Attitude-Behaviour Gap“ stellte es sich für mich jedoch als große Herausforderung dar. Treffend beschrieben finde ich mein streckenweise zähes Ringen mit den beobachteten Daten in der Metapher Hannah Arendts vom „Denken ohne Geländer“ (Arendt, 1972:110; vgl. auch Knott, 2011). Die Allegorie illustriert den Versuch der Forschenden, vermeintlich „sichere Wegweiser“ auf dem Erkenntnisweg zu ignorieren und stattdessen „den Pfad des Denkens neu [zu] entdecken und mühsam [zu] bahnen“ (Arendt, 1979/1989:206).

Im Zuge des Auswertungsprozesses habe ich die wundervolle Erfahrung gemacht, dass Aufstellungsbilder einen Rahmen schaffen, in dem ich mich als Forschende – trotz aller Irritiertheit – sicher aufgehoben weiß. Dieses Vertrauen ist eine gute Grundlage dafür, sich auf freie gedankliche Prozesse einzulassen. Die Aufstellungsmethode erschafft Freiräume, die in der Forschung wichtig sind.

5 Methodenreflexion der Aufstellung „Narrativ“

Aufstellungen sind eine Methode, die das Entstehen von Neuem sehr fördert. Der Denkraum, der sich Forschenden mit der repräsentierenden Wahrnehmung öffnet, bietet das erforderliche Maß zugleich an Freiheit wie an Sicherheit, um Gedanken frei fließen zu lassen und neue Verknüpfungen zu entdecken. Die epistemische Erfahrung der Abduktion, wie sie in der Aufstellungsarbeit möglich ist, kann verlässlich um einen weiteren Aspekt ergänzt werden. Die Aufstellung „Narrativ“ (Kapitel 11) zeigt – dank ihres Settings als geleiteter U-Prozess besonders gut – dass Aufstellungen utopisches Denken fördern.

Die Methode schützt Forschende davor, zukünftige Entwicklungen nur analog zur Vergangenheit zu denken. Die Zukunftspotenziale, die sich in Raumbildern zeigen, sind im Sinne von Bateson tatsächlich neu. Die Visionen emergieren aus einer empirischen Basis. Sie sind deshalb auch nicht zu verwechseln mit „utopischen Tagträumen“ (Fromm, 1976/2011:159).

Die Forschung mit Aufstellungen ergänzt das empirische Methodenrepertoire mit spekulativen, zugleich empirisch belastbaren Ausblicken auf die Zukunft. Die letzte Aufstellung meiner Forschungsreihe hat dies sehr eindrücklich illustriert. Vor diesem Hintergrund kann ich mir sehr gut vorstellen, dass die Methode auch in der Praxis eines zukunftsorientierten Marketing nützlich ist. In Aufstellungen können Ideen einer möglichen, anderen Zukunft eine erste – teils erstaunlich konkrete – Gestalt annehmen. Für Stellvertretende (sowie auch häufig für Beobachtende) wird in diesem Prozess unmittelbar körperlich erfahrbar, dass Zukunft veränderbar ist – und vor allem, dass sie gestaltbar ist, wenn wir sie gemeinsam mit anderen antizipieren.