Den Hauptteil des Forschungsprozesses habe ich genutzt, um mögliche Denk- und Handlungsmöglichkeiten eines zukunftsorientierten Marketing zu erkunden. Dieser Prozess, bei dem ich mich weniger von theoretischen Präkonzepten als von konkret-inhaltlichen Kriterien der Aufstellungsdaten leiten ließ, war von drei Hauptlinien bzw. Schwerpunktthemen durchzogen.

  • Durchgehend im Fokus geblieben ist der Modus des transformativen Konsumwandels. Denn dieser bildet die Folie, auf der sich Möglichkeitsräume eines zukunftsorientierten Marketing abbilden als Antworten auf die forschungsleitende Frage: Was ist der Zweck eines anderen, zukunftsorientierten Marketing? Wie kann Marketing seiner Funktion, das Gemeinwohl zu fördern, unter den gegenwärtigen Bedingungen gerecht werden?

  • Als wichtige Wegweiser für ein zukunftsorientiertes Marketing haben sich Konsumierende bzw. Kund:innen erwiesen. Das Forum, das ich dieser Akteursgruppe in den drei Aufstellungen des Hauptteils bewusst geboten habe, wurde von dieser intensiv genutzt. In zahlreichen Schlüsselsequenzen haben Konsumierende bzw. Kund:innen ein differenziertes Bild zu ihrer möglichen Rolle bei einem transformativen Konsumwandel gezeichnet.

  • Mit der Frage nach positiven Zukunftsbildern bzw. Narrativen ist noch ein drittes Thema relativ unvermittelt in prominente Erscheinung getreten, das in der Transformationsforschung oft unterschätzt wird und bezüglich Marketing noch nahezu unbesprochen ist.

Mit diesen drei Fokussen hat mich mein (Aufstellungs-)datenbasierter Forschungsprozess – wie ich rückblickend feststelle – zu zentralen Fragestellungen der neueren Transformationsliteratur geführt (Wittmayer & Hölscher, 2017:91). Footnote 1

Nach insgesamt drei Aufstellungen und mehreren iterativen Auswertungszyklen hat der zweite Teil meiner Untersuchung damit – zumindest vorläufig – den Grad einer theoretischen Sättigung erreicht. Mit zusätzlichen Datenerhebungen ließen sich lediglich – wenn auch sicherlich spannende – Konkretisierungen gewinnen, jedoch keine grundlegend neuen Erkenntnisse bezüglich der emergierten Kernfragen. Im Ergebnis des explorativen, zentralen Teils meiner Arbeit sind – zumindest auf meiner inneren Landkarte und soweit ich es überblicke auch auf der von Forschung und Praxis – eine ganze Reihe gehaltvoller Unterschiede entstanden, die vorher nicht greifbar waren. Ich fasse sie im Folgenden zusammen.

1 Der Zweck eines anderen, zukunftsorientierten Marketing (II)

Den Zweck eines zukunftsorientierten Marketing hatte ich im Ergebnis des ersten Untersuchungsabschnitts (Abschnitt 8.3.) definiert als die konsequente Ausrichtung des gesamten Unternehmens an den Bedürfnissen der (materiellen wie immateriellen) Ressourcengemeinschaft. Diese erweiterte Funktion von Marketing hat sich im Hauptteil meiner Analyse noch weiter konkretisiert. Deutlich hat sich gezeigt, dass Konsumwandel mit der bisherigen linear-kausalen Logik („weg von – hin zu“) nicht adäquat erfasst werden kann. Die Transformation des Konsumsystems ist vielmehr eine Herausforderung, die einen systemischen Ansatz verlangt.

Konsumwandel ist keine Frage der individuellen Moral bzw. Ethik, sondern ganz klar eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die im Hauptteil erhobenen Aufstellungsdaten haben den Befund aus der frühen Aufstellung „Konsumsystem“ eindrücklich bestätigt, dass es letztlich um eine andere, (ressourcen-)gerechtere Einkommensverteilung geht – national wie global. Konsumwandel bedeutet somit in der Konsequenz immer auch eine De-Privilegierung in den wohlhabenden Konsumgesellschaften und damit verbunden: die Gefahr politischer Instabilität. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Zweck eines zukunftsfähigen Marketing konkretisieren: Es geht um weit mehr, als bewährte Kommunikationsstrategien fürs Gegenteil zu nutzen, indem Verbraucherbedürfnisse in ressourcengerechte, „klimaneutrale“ Bereiche gelenkt werden. Die Entwicklung und Vermarktung nachhaltigerer Geschäftsmodelle ist wichtig und gehört zweifelsohne zu den ursächlichen Aufgaben eines zukunftsorientierten Marketing. Jedoch liegt hier – das wird in der repräsentierenden Wahrnehmung sehr deutlich – nicht der strategische Hebel eines transformativen Konsumwandels.

Die zentrale Herausforderung, der die verbraucherpolitischen Akteure gegenüberstehen – die beobachteten Aufstellungsdaten verweisen wiederholt und nachdrücklich darauf hin – ist es, den notwendigen Paradigmenwechsel unter Bewahrung des gesellschaftlichen Friedens, konkret: der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, zu gestalten.

Bei der Bestimmung eines „rechten Maßes“ von Konsum als Gegenpol bisheriger Wachstumslogik – und damit untrennbar verbunden: einer (auch global) gerechten Einkommensverteilung – handelt es sich um eine normative Frage, auf die es keine einfachen Antworten gibt, sondern die es gesellschaftlich neu auszuhandeln gilt. Transformativer Konsumwandel erfordert eine von allen verbraucherpolitischen Akteuren gemeinsam zu gestaltende Suchbewegung, wie sich eine Beschränkung bzw. Mäßigung im Konsum konstruktiv bewältigen lässt.

2 Ein anderes, komplexeres Bild von Kund:innen respektive Konsumierenden

Das widersprüchliche Bild zur Rolle von Konsumierenden bzw. Kund:innen, das ich im ersten Untersuchungsabschnitt beobachtet hatte, – im Konsumsystem passiv und schwach einerseits, als „Wissensressource“ im Marketingkontext andererseits – habe ich als Einladung genommen, dieser Akteursgruppe in den noch folgenden Aufstellungen im Hauptteil besonders gut zuzuhören. So ist nach und nach ein komplexes Bild des Verbraucherverhaltens entstanden, das vielfältigere Rollen für Kund:innen möglich erscheinen lässt. Gleichzeitig ist ein zentraler Kategorienfehler im herkömmlichen Nachhaltigkeitsmarketing sichtbar geworden.

Green Marketing basiert auf der Vorstellung einer „Konsumentenmacht“: Der:die Konsumierende sei „ein schlafender Riese“ (Beck, 2002), der nur geweckt bzw. einfach nur auf die richtige Spur gesetzt respektive „gestupst“ werden müsse. In den Aufstellungsbildern zeigt sich eindrücklich, dass Green Marketing damit das Gegenteil von dem bewirkt, für das es vielleicht einmal angetreten ist. Das Versprechen, „Grüner Konsum rette die Welt“, hat zur Folge, dass der Ressourcenverbrauch unvermindert weitergeht, weil es Konsum „erlaubt“, und zusätzlich wird damit die Verantwortung für die globale Vielfachkrise in den privaten Bereich verschoben. Dies ist eine in vieler Hinsicht gefährliche Strategie. Den:die mündige:n Bürger:in durch den schuldigen, weil souveränen Konsumierenden zu ersetzen, sei letztlich eine „Absage an die [repräsentative] Demokratie“ analysiert die Juristin und Autorin Juli Zeh (2020). Auch in den Aufstellungsdaten ist zu beobachten (Kapitel 10; These ABG.3), dass die Politisierung von Konsum das Potenzial hat, auf der gesellschaftlichen Ebene gewalttätige Konfrontationen zu provozieren. Dieser Befund wird unterstützt von einer zunehmenden Zahl von kritischen Studien der Konsum- und Nachhaltigkeitsforschung (u. a. Busse, 2006; Grunwald, 2010; 2013, 2014; Hartmann, 2009; Kenning & Wobker, 2013; Mcdonald et al., 2016), in denen begründet dargelegt ist, dass der Lenkungsfunktion von Konsumierenden und der Wirkung von strategischem Konsum durch „politische Bedingungen, Steuern, die Rechtslage, Wirtschaftsstrukturen, Anreizsysteme und weitere nationale und internationale Faktoren“ (Grunwald, 2012:15) äußerst enge systemische Grenzen gesetzt sind. Kurzum, bezüglich des Topos vom „Riesen Konsument“ ist zu konstatieren: „Das Ende der Märchenstunde“ (Hartmann, 2009) ist erreicht.

Das herrschende Leitbild der Konsumentensouveränität, auf dem auch Green Marketing basiert, führt in eine analytische Sackgasse. Konsumwandel erscheint aus dieser Sicht als ein Feld individueller Verantwortung. Dieser „Kategorienfehler“ (Grunwald, 2014:20) bedeutet eine gefährliche Politisierung von Konsum.

In der Gesamtschau aller Aufstellungen ist nach und nach ein anderes, komplexeres Bild von Kund:innen respektive Konsumierenden entstanden. Kund:innen sind nicht nur in ihrer klassischen Rolle als Käufer:innen wichtig, sondern spielen im Rahmen co-kreativer Prozesse eine vitale Rolle als „Wissensressource“. Wichtige Unterschiede habe ich in den Raumbildern der Aufstellung „Attitude-Behaviour Gap“ (in Kapitel 10) erkannt. Auf der heuristischen Grundlage des Vier-Quadranten Modells in Kombination mit der Luhmannschen Systemtheorie hatte ich den Impuls, in der Analyse schärferFootnote 2 zu trennen zwischen der Rolle der Konsumierenden und der Rolle ihres „Zwillings“ (Trentmann, 2018:13), der Bürger:innen: Der Aktionsradius von Konsumierenden erstreckt sich auf die ökonomische Sphäre, der Handlungsraum von Bürger:innen liegt eher auf politischer Ebene. In der Praxis sind die Übergänge zwischen den Bereichen fließend, doch die analytische Differenzierung fokussiert den Blick auf mögliche erweiterte Handlungsräume von Konsumierenden innerhalb der ökonomischen Sphäre.

Ein zukunftsorientiertes Marketing beteiligt Konsumierende an der Entwicklung neuer, zukunftsfähiger Geschäftsmodelle, denn bei den Kund:innen liegt „das Wissen“ (Kapitel 7; Abbildung 7.3). Dabei steht nicht der:die einzelne Kund:in im Fokus, sondern kollektive, kollaborative Netzwerke. Kund:innen (mit gelben WMem) schreiten einem zukunftsorientierten Marketing im Transformationsprozess agil voran als „Auftraggeber“ (Kapitel 11; Abbildung 11.6). Ein zukunftsorientiertes Marketing sieht Kund:innen nicht allein in ihrer Funktion des Konsumierens bzw. Kaufens, sondern erkennt sie als ganze Menschen mit Kopf, Herz und Hand. Bereits die Wortaussage von Ethos, der Kunde sei ein „lebendiges Wesen“ (Kapitel 7; Abbildung 7.3) kann als klarer Hinweis auf diesen anderen ganzheitlichen Blick auf Konsumierende gelesen werden. Seine sublime Botschaft an Kund:innen lautet: „Ihr könnt mehr, als kaufen und passiv konsumieren. Ihr könnt Zukunft mitgestalten!“ Marketing stärkt damit das Prinzip, das für anstehende Transformationsprozesse konstituierend ist: die Teilhabe am gesellschaftlichen Dialog (und verhindert eine wütende Blockadehaltung, wie sie oft aus dem Gefühl der Ohnmacht erwächst).

Ein zukunftsorientiertes Marketing lässt den herkömmlichen Anbieter-Nachfrager-Dualismus hinter sich zugunsten eines – zu beiden Seiten – offenen, co-kreativen Dialogs. Die Abkehr vom herrschenden Leitbild der Konsumentensouveränität ist somit keineswegs eine „Bagatellisierung der Konsumentenverantwortung“ (Bilharz et al., 2011). Im Gegenteil:

Die Rolle von Konsumierenden wird im Mindset eines zukunftsorientierten Marketing aufgewertet. Konsumierende können in transformativen Kommunikationsprozessen Empfänger und auch Sender sein. Damit findet ein zukunftsorientiertes Marketing zurück zu seinem ursprünglichen paradigmatischen Kern der Kundenorientierung – jedoch in einer völlig neuen Qualität und Dimension.

Kund:innen nehmen in einem zukunftsorientierten Marketing eine entscheidende Schlüsselposition ein. Aus den beobachteten Aufstellungsdaten lassen sich zwei unterschiedliche Kategorien ablesen:

  • Empfänger sind Konsumierende, die auf transformativen Konsumwandel – je nach individueller Disposition bzw. WMem in ganz unterschiedlicher Weise – reagieren. Ein zukunftsorientiertes Marketing geht mit Konsumierenden in Resonanz: Zum einen erkundet es die tatsächlichen Kundenbedürfnisse (was etwas anderes ist, als neue Bedürfnisse zu wecken: Kund:innen stehen nicht am Ende sondern am Ausgangspunkt der Wertschöpfungskette). Zum anderen entwickelt Marketing eine Sensibilität dafür, dass Verbraucher:innen im Zuge transformativen Konsumwandels „mit weniger Ressourcen alte Zwecke erreichen müssen“ (Müller-Christ, 2014:384) und versucht, die unvermeidlichen Trade-offs zielgruppensensibel zu vermitteln.

  • Sender sind Konsumierende, genauer: kollektive, kollaborative Netzwerke die den Transformationsprozess pro-aktiv vorantreiben, indem sie z. B. als Prosumierende zukunftsorientierte Produktions- und Konsumweisen erproben. Transformative Akteursgruppen erkennen in einem zukunftsorientierten Marketing einen Partner, der sie in ihren Anliegen wirkungsvoll unterstützt. Andersherum erkennt ein zukunftsorientiertes Marketing in den pro-aktiven Akteur:innen zum einen eine wichtige Wissensressource beim Entwickeln zukunftsfähiger Geschäftsmodelle und zum anderen eine wegweisende (Inspirations-)Quelle für transformativen Wandel, die es sichtbar zu machen gilt.

3 Zukunftsorientierte Konsumnarrative

Die transformative Aufgabe, die im Konsumsystem zu bewältigen ist, besteht in der Verständigung auf ein neues Mindset jenseits der bisherigen Wachstumslogik. Bei der Neubestimmung eines volkswirtschaftlich „rechten Maßes“ an Konsum geht es um normative Fragen, die es in einer demokratischen Gesellschaft neu auszuhandeln und zu begründen gilt: Welche Bedeutung hat Geld, wie ist Erfolg definiert, was ist unser neuer Maßstab für ein „gutes Leben“ – ressourcensensibel und auch sozialgerecht? Der anstehende Konsumwandel impliziert eine grundlegende Neuorientierung der Gesellschaft in sozialer, wirtschaftlicher sowie technologischer Hinsicht. Die Politik tut sich sichtlich schwer, dies zu erkennen respektive offen zu benennen und über die Konsequenzen zu sprechen. Die Verunsicherung vieler Menschen, z. B. die Angst vor einem drohenden Arbeitsplatzverlust wird durch das Schweigen der Politik nicht geringer sondern noch verstärkt. Demokratie ist eine sehr verletzliche Staatsform. In jüngster Zeit ist zu beobachten, wie schnell sich alte nationalistische Narrative und neue Verschwörungserzählungen ausdehnen. Auch in den Aufstellungsbildern hat sich diese Szenario an verschiedenen Stellen eindrücklich gezeigt, insbesondere in der Aufstellung „Kommunikationsstrategie“ im Auftritt von National (Kapitel 9; Abbildung 9.3). Gleichzeitig hat sich im Forschungsprozess nach und nach eine Möglichkeit in der repräsentierenden Wahrnehmung abgezeichnet, mit der Spannung konstruktiv umzugehen:

Ein zukunftsorientiertes Marketing operiert auf Basis der Realität eines zunehmenden inhärenten Widerspruchs wachstumswirtschaftlicher Konsumgesellschaften. Es gibt der Illusion vom grünen Wachstum keine neue Nahrung. Im Gegenteil: Ein zukunftsorientiertes Marketing öffnet die Gesellschaft für neue Wahrheiten, indem es den Entwicklungsprozess eines neuen Konsumnarrativs unterstützt.

Diese besondere Möglichkeit von Marketing, transformativen Konsumwandel zu fördern, hat sich in der Aufstellung „Attitude-Behaviour Gap“ zunächst mit der Metapher der „Fata Morgana“ angedeutet (Kapitel 10; Abbildung 10.4) und ist in der letzten Aufstellung dann bestätigt worden, namentlich in der Wortaussage Narrativ: „Ich konnte den Weg nur gehen, weil Ethos des Marketing da war als Begleiterin“ (Kapitel 11; Abbildung 11.6).

Ein zukunftsorientiertes Marketing dient einer neuen Wahrheitsfindung. Diese auf den ersten Blick absurd erscheinende Aussage markiert eine der zentralen Thesen, die ich aus den Aufstellungsdaten synthetisiert habe. Es ist das besondere Verhältnis von Marketing zur Wahrheit, für das die Branche – nicht erst seit Niklas Luhmann (1995a/2017) – in der Kritik steht, das ein einzigartiges Potenzial von Marketing für Konsumwandel begründet. Im Unterschied zu anderen medialen Akteuren im Konsumsystem, wie z. B. dem Journalismus, ist Marketing nicht auf eine objektive Wahrheit angewiesen, um als glaubwürdig zu gelten:

Wenn Marketing wirkt, ist es glaubwürdig; und nur vielleicht auch „wahr“. Marketing kann damit auch eine emergente Zukunft, also eine Wirklichkeit, die gesellschaftlich (noch) nicht „wahr“ ist, wirkungsvoll kommunizieren und ans Licht bringen. In dieser mäeutischen Wirkung liegt das besondere Potenzial eines zukunftsorientierten Marketing.

In der Transformationsforschung dominiert das Bild einer gesamtgesellschaftlichen „großen Transformation“ (Polanyi, 1957; WBGU, 2011). In der repräsentierenden Wahrnehmung zeigt sich jedoch, dass es – zumindest im Konsumsystem – nicht um die eine große transformative Erzählung geht, sondern um „heterophoben“ WandelFootnote 3:

Konsumwandel erscheint als ein modulares Projekt aus sehr vielen kleinen Transformationen – sozialen Innovationen und praktischen Lösungen –, die Marketing zusammenträgt und aus der Nische holt. In diesem Prozess reift ein neues Konsumnarrativ heran.

Das transformative Potenzial dieses Strategieansatzes wird in einem Vergleich der Aufstellung „Kommunikationsstrategien“ mit der Aufstellung „Narrativ“ deutlich. Während in der ersteren die Kunden der verschiedenen WMeme angesichts verschiedener herkömmlicher Strategien kaum Bewegungsimpulse registrieren und angesichts der aufgestellten Suffizienz-Strategie teils eine ausgesprochen destruktive Haltung einnehmen (Kapitel 9; Abbildung 9.2), zeigt sich in der letzteren eine kritisch-konstruktive, den Gesamtprozess unterstützende Veränderungsdynamik bei den Kunden.

In den Aufstellungen hat sich wiederholt gezeigt, dass ein zukunftsorientiertes Marketing einen äußerst pragmatischen Ansatz verfolgt. Es appelliert weder an die Moral und fordert eine Veränderung des Bewusstseins noch will es Kund:innen „erziehen“. Es geht von dem aus, was ist: Von einem transformativen Konsumwandel sind die verschiedenen Akteur:innen – je nach Bewusstseinsebene und/oder gesellschaftlicher Rolle sowie systemischem Interesse – sehr unterschiedlich betroffen. Ein zukunftsorientiertes Marketing unterstützt individuelle Entwicklungsprozesse durch zielgruppengerechte, mem-adäquate Erzählungen. So gibt es beispielsweise viele gute Gründe, weniger Fleisch zu konsumieren: für ein gesundes blaues WMem machen das vielleicht bestimmte Regeln (Gesetze, religiöse Vorgaben) erforderlich; ein oranges WMem erkennt die gesundheitlichen Vorteile; und ein gesundes grünes WMem sorgt sich um das Wohl von Tieren und das Klima. Die Geschichten vom Wandel, die Marketing transportiert, sind ohne jeden ideologischen Überbau, sondern ganz einfach – und gleichwohl überzeugend – materiell unterlegt. Dieser pragmatische Ansatz ist stimmig zur Theorie der Spiral Dynamics (Beck & Cowan, 2007/2014), wonach es nicht das Ziel sei, dass alle Individuen den Sprung auf die integrale Stufe vollziehen, sondern vielmehr, Menschen darin zu unterstützen, sich sukzessive durch die Spirale zu entwickeln, und zwar auf jeweils eigene Weise. Denn jedes WMem – in seiner gesunden Form – leistet einen wertvollen, unverzichtbaren Beitrag zum Ganzen (Wilber, 2001a/2010:70).