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Gatekeeping-Prozesse als Grundlage der Nachrichtenverbreitung in Sozialen Medien

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Journalistische Gatekeeper in den Sozialen Medien

Zusammenfassung

In diesem Kapitel werden die theoretischen Grundlagen der journalistischen Nachrichtennutzung und -verbreitung in den Sozialen Medien erläutert. Dabei geht es insbesondere um die Identifikation von den Nachrichten und den ihnen zu Grunde liegenden Ereignissen inhärenten Einflussfaktoren auf die Selektionswahrscheinlichkeit der Nachrichten durch die journalistischen Akteure. Als theoretischer Überbau wird sich zunächst mit der Gatekeeping-Theorie auseinandergesetzt. Diese Theorie wird genutzt, um die für die Nachrichtenverbreitung in den Sozialen Medien relevanten Akteure bzw. Einflussfaktoren zu identifizieren und ein grundsätzliches theoretisches Verständnis für die relevanten Vorgänge zu schaffen. Im Anschluss wird als kokreter Erklärungsansatz die Theorie der Nachrichtenwerte und -faktoren beschrieben, die Die erklärt, welche Eigenschaften von Meldungen und Ereignissen es wahrscheinlich machen, dass diese Ereignisse von den journalistischen Gatekeepern als berichtenswert ausgewählt werden Beide Theorien werden zunächst in ihrer klassischen Form vorgestellt und anschließend auf den Forschungsgegenstand der Sozialen Medien übertragen.

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Notes

  1. 1.

    Allerdings stellt dies im Hinblick auf das bei der Verbreitung von journalistischen Nachrichten in den Sozialen Medien relevante Schleusentor ein geringeres Problem dar, da sowohl der Input auf der Seite der journalistischen Webseiten als auch der Output auf den jeweils zugehörigen öffentlichen Profilseiten in den Sozialen Medien vergleichsweise frei zugänglich ist. Hier liegt die technische Schwierigkeit eher darin begründet, die jeweiligen Posts den entsprechenden Artikeln (auch bei größeren Datenmengen) zweifelsfrei zuzuordnen und mit den zunehmenden Bemühungen der Plattformbetreiber umzugehen, eine automatisierte Erfassung der an sich öffentlich sichtbaren Beiträge zu verhindern.

  2. 2.

    Dem gegenüber steht das Problem, dass die finanziellen Ressourcen eines einzelnen Nachrichtenanbieters (z. B. die Anzahl der dort beschäftigten Journalist*innen) weiterhin begrenzt ist, sodass ein einzelnes Medium trotzdem nicht über wirklich alle Ereignisse berichten kann. Auch über viele Medienorganisationen aggregiert würde zudem die Zahl der professionellen Journalist*innen bei Weitem nicht ausreichen, um tatsächlich jedes Ereignis abzudecken. Dennoch wäre es nun immerhin möglich, z. B. alle Meldungen der ohnehin abonnierten Nachrichtenagenturen auch tatsächlich auf der eigenen Webseite zu veröffentlichen oder diese über den eigenen Social Media-Kanal auszuspielen. Auch Bürgerjournalist*innen könnten unabhängig von Nachrichtenagenturen, als Laien über eine deutlich größere Anzahl an Ereignissen berichten, da Zugangsbarrieren im Internet und in den Sozialen Medien entfallen.

  3. 3.

    Daneben können sie auch durch die Nutzung ihrer individuellen Profilseiten als journalistische Akteure Gatekeeping betreiben (Eisenegger et al., 2015; Lasorsa et al., 2012).

  4. 4.

    Es kann jedoch umgangen werden, indem Rezipient*innen selbst die vom journalistischen Gatekeeper nicht ausgewählten Meldungen (z. B. in der Form kopierter Hyperlinks) selbstständig in die Sozialen Medien einbringen (Handlung g in der schematischen Darstellung in Abbildung 3.5).

  5. 5.

    An dieses selektive Teilen von Hyperlinks schließen dann in weiteren Schritten aber ggf. mehrere weitere Schleusentore an, die mit Rezipient*innen (partizipative Vermittlung, Abschn. 4.3.2) oder mit algorithmischen „Akteuren“ (technische Vermittlung, Abschn. 4.3.4) als Schleusenwärter*innen besetzt sind (Welbers & Opgenhaffen, 2018). Diese Schritte unterliegen dann nicht mehr der Kontrolle der professionellen, journalistischen Schleusenwärter*innen. Sie sind stattdessen von anderen Faktoren abhängig, etwa der Art des Posts oder dem spezifischen Nachrichteninteresse der Rezipient*innen (C. W. Anderson et al., 2016; Tandoc & Maitra, 2018).

  6. 6.

    Im Kontext der Sozialen Medien (und auch der Online-Medien generell) spielen zudem auch andere Einschränkungen eine geringere Rolle, die im Gatekeeping-Prozess der traditionellen Medien eine große Relevanz besitzen, etwa zeitliche Routinen wie der Redaktionsschluss. Allerdings bleiben einige zeitliche Einflussgrößen ggf. bestehen (z. B. die Tages- bzw. Nachtzeit).

  7. 7.

    Allerdings wurden in dieser Studie nur so genannte „hot topics“ untersucht und nicht die alltägliche Nachrichtenberichterstattung, was die Befunde einschränkt.

  8. 8.

    Auch journalistische Akteure können theoretisch als spreader agieren, wenn sie beispielsweise Nachrichteninhalte von Konkurrenzmedien weiterverbreiten.

  9. 9.

    Der Begriff des Katalysators entstammt ursprünglich den Naturwissenschaften und beschreibt etwa in der Chemie feste, flüssige oder gasförmige Stoffe, die durch eine Erniedrigung der Aktivierungsenergie chemische Reaktionen beschleunigen (Spektrum Akademischer Verlag, 1999).

  10. 10.

    Um mehrere Schleusentore handelt es sich, wenn ein Artikel beispielsweise vom Hauptaccount einer Onlinezeitung und zusätzlich von an die einzelnen, thematischen Ressorts gebundenen Unteraccounts in die Sozialen Medien eingebracht wird.

  11. 11.

    Allerdings ist die angewendete Methodik in der Studie von An et al. (2011) zu kritisieren: So wurde es bereits als Retweet eines von Akteur A produzierten Nachrichtenhyperlinks durch Akteur B aufgefasst, wenn B ein Follower von A war, B den Link erst nach A postete und B nicht bereits Teil der Retweet-Kette war. Dieses Verfahren stellt allerdings nicht zweifelsfrei sicher, dass es sich auch tatsächlich um Retweets handelte. Es könnte auch sein, dass Akteur B stattdessen den Link eigenständig über linking in den alternativen Kanal eingebracht hatte und somit selbst der influencer und nicht lediglich ein spreader war.

  12. 12.

    Die konkrete Forschungfrage lautete dabei: „What proportion of the total user engagement with a news item on Facebook is the result of the publication of this item on the newspaper’s own public Facebook page?“ (Welbers und Opgenhaffen, 2018, S. 4733).

  13. 13.

    Dieser Anteil dürfte in der Realität sogar noch höher liegen, da in der Studie nur die jeweiligen Hauptaccounts der Zeitungen auf Facebook, nicht aber thematische Unteraccounts (z. B. vom Hauptaccount der Zeitung unabhängige Accounts der einzelnen, thematischen Ressorts) berücksichtigt wurden. Diese Accounts teilten die Artikel aber ggf. ebenfalls und waren damit ebenfalls für einen Teil der Interaktionen verantwortlich, die hier (fälschlicherweise) dem alternativen Kanal zugerechnet wurden. Eigentlich gehörten diese aber zum redaktionellen Kanal und unterlagen damit einem Katalysatoreffekt.

  14. 14.

    Darüber hinaus können die Nachrichteninhalte aber auch auf den jeweiligen Profilseiten (im Falle von Facebook auf der so genannten Wall) der sie postenden oder teilenden Nutzer*innen (darunter öffentliche Profilseiten von Medienorganisationen aber auch private Accounts) angesehen werden.

  15. 15.

    Auch bei der professionellen Vermittlung dienen teilweise andere Faktoren als Zielgröße, etwa die Maximierung von Werbekontakten (Tandoc & Vos, 2016).

  16. 16.

    Hierbei ist kritisch anzumerken, dass diese für Facebook vorteilhaften Befunde aus einer Studie stammen, die von Facebook selbst initiiert wurde und die kaum extern replizierbar ist.

  17. 17.

    Wurden hingegen journalistische Akteure zur Thematik befragt, so zeigt sich, dass die Mehrzahl der Journalist*innen sich des algorithmischen Einflusses bewusst war. Die Befunde von Rashidian et al. (2018) zeigen hier, dass 69 % der befragten Journalist*innen in den USA glaubten, dass Social Media-Plattformen einen größeren Einfluss darauf haben, welche Nachrichten die Rezipient*innen letztlich zu sehen bekamen, als Journalist*innen. Umgekehrt glaubten dies nur 15 % der Befragten. In Bezug auf die Frage, wie groß der Einfluss der konkreten Algorithmusänderung vom Januar 2018 auf die Reichweite des eigenen Mediums war, waren die Meinungen unter den Journalist*innen hingegen etwa gleich verteilt. Etwa die Hälfte der Befragten ging von keinen größeren Einflüssen aus.

  18. 18.

    Gemessen wurden hier die letzten fünf angezeigten Hyperlinks im Feed der Nutzer*innen.

  19. 19.

    Daneben fand sich ein kleiner Anteil sonstiger Links zu Medienseiten, etwa auf die Startseite der Onlinezeitung oder andere eher technische Unterseiten (z. B. das Impressum).

  20. 20.

    Für eine noch detailliertere theoretische Begründung, warum die jeweils einzelnen Nachrichtenfaktoren als Relevanzkriterien herangezogen werden, sei auf Weber (2012) verwiesen. Auch seine Ausführungen orientieren sich aber im Großen und Ganzen an den oben dargestellten Begründungen (z. B. Notwendigkeit über Schaden und Kontroversen auf dem Laufenden zu sein, um sich selbst zu schützen).

  21. 21.

    Vorwegzuschicken ist jedoch, dass nach Ansicht einiger Autor*innen (z. B. Fürst, 2013) der Katalog der Nachrichtenfaktoren trotzt aller Anpassungen weitestgehend stabil geblieben ist und sich seit der Pionierstudie nicht mehr grundlegend gewandelt hat, sodass die ursprünglich von Galtung und Ruge (1965) identifizierten Faktoren nach wie vor relevant sind.

  22. 22.

    Ein Befund, der jedoch im Kontext eines Lokalteils weniger überrascht.

  23. 23.

    Dies ist ggf. am ehesten auf Bookmarking-Plattformen in Form von Nachrichten aggregierenden Portalen wie Reddit oder Digg denkbar, bei denen die Nutzer*innen in der Rolle von Gatewatchern (Bruns, 2009) externe Nachrichtenartikel hoch- oder runtervoten und ihnen somit Sichtbarkeit verleihen oder eben nicht.

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Wehden, LO. (2023). Gatekeeping-Prozesse als Grundlage der Nachrichtenverbreitung in Sozialen Medien. In: Journalistische Gatekeeper in den Sozialen Medien. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-40257-0_4

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-40257-0_4

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-40256-3

  • Online ISBN: 978-3-658-40257-0

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