Tantiemen werden von Verwertungsgesellschaften als Vergütungen an Rechteinhaber*innen für die Nutzungen ihrer Werke ausgezahlt. Neben dem Transfer der finanziellen Mittel sind dabei insbesondere die zugehörigen Abrechnungsdaten relevant. Diese sind, im Falle von Verlagen, für zwei Arbeitsschritte notwendig:

  1. 1.

    Verteilung: Die Tantiemen sind entsprechend der Anteile (siehe Kap. 4.2) an die durch den Verlag vertretenen Urheber*innen auszuschütten.

  2. 2.

    Überprüfung: Wenn entsprechende Referenzdaten zu den Nutzungen vorhanden sind, ist ggf. eine Überprüfung der Abrechnung hinsichtlich Korrektheit und Vollständigkeit sinnvoll (siehe Abschn. 6). Da dies unterschiedlich hohe Aufwände nach sich zieht, müssen entsprechende Ressourcen und/oder Automatisierungsansätze zur Verfügung stehen.

Nachfolgend werden verschiedene Datenformate vorgestellt, in welchen Verwertungsgesellschaften die Informationen über Tantiemenverteilungen an ihre Mitglieder übermitteln. Auch hier reicht die Spannweite von verwertungsgesellschaftsspezifischen (Abschn. 5.1) bis hin zu international standardisierten Datenformaten (Abschn. 5.2). Die Ausführungen bereiten dabei insbesondere den im nachfolgenden Kapitel beschriebenen Schritt der Überprüfung und Reklamation vor, wo sich zeigt, dass die internationale Variante CRD nicht in allen Belangen verwertungsgesellschaftsspezifischen Formate überlegen ist. Gleichwohl wird insbesondere unter der Prämisse einer angestrebten Internationalen Verwertung der Mehraufwand bei der Verarbeitung individueller Datenformate deutlich.

5.1 Abrechnungen im deutschsprachigen Raum (D-A-CH)

Die drei maßgeblichen Verwertungsgesellschaften im deutschsprachigen Raum sind die GEMA für Deutschland, die SUISA für die Schweiz und die zwei Gesellschaften AKM und austro mechana (AUME) für Österreich. Während GEMA und SUISA beide sowohl für AR- als auch MR-Belange zuständig sind, werden die Zuständigkeiten in Österreich getrennt: AKM kümmert sich um AR-, die AUME um MR-Fragen.

5.1.1 GEMA Sparten-Abrechnungen

Die von der GEMA aufgrund der Einräumung von Nutzungsrechten erzielten Einkünfte werden, nach Abzug von Verwaltungskosten, auf Grundlage des GEMA-Verteilungsplans an die Berechtigten verteilt.

Die GEMA unterteilt die von ihr verwalteten Nutzungsrechte in vier Kategorien (mit Überschneidungen), in denen wiederum jeweils Sparten unterschieden werden (GEMA 2022a):

  • Aufführungsrecht – 10 Sparten: u. a. Diskotheken (DK), Veranstaltungen (U, UD)

  • Senderecht – 8 Sparten: u. a. Fernseh- (FS, FS VR) und Tonrund-/Hörfunk (R, VR)

  • Vervielfältigungsrecht – 3 Sparten: u. a. Diskotheken (DK, DK VR) und Bildtonträger (BT VR)

  • Aufführungs- und Vervielfältigungsrecht – 8 Sparten: vor allem Online-Nutzungen wie Downloads (MOD D, VOD D …) und Streaming (MOD S, VOD S …), Ruftonmelodien (KMOD, KMOD VR). Das Verhältnis der Aufteilung in den Online-Sparten entspricht bei der GEMA 1/3 zu 2/3. Die Gewichtung basiert auf der Unterscheidung zwischen zeitbegrenztem Streaming (Betonung auf AR) und permanenten Downloads (Betonung auf VR).Footnote 1

Eine wesentliche Grundlage für die Verteilung ist die Nutzungshäufigkeit der Werke: In der Regel sind Musiknutzer*innen, die Nutzungslizenzen bei der GEMA nehmen, dazu verpflichtet, Meldungen über aufgeführte, gesendete und vervielfältigte Musikwerke einzureichen (siehe auch Abschn. 6.1). Ausnahmen gelten für kleine Betriebe, bei denen der Zugewinn durch die Erhebung von Nutzungsdaten in einem Missverhältnis zu den Verwaltungskosten stehen würde und bei denen die Abrechnung auf statistischen Hochrechnungen und Analogien beruht.Footnote 2

Die daraufhin von der GEMA erstellten spartenbezogenen Abrechnungen an Urheber*innen und Musikverlage bieten den Rechteinhaber*innen die Möglichkeit, die Nutzungen ihrer Musikstücke und die daraus resultierenden Tantiemenbeträge nachzuvollziehen. In der Praxis stößt diese theoretische Transparenz auf Grenzen (siehe dazu auch Abschn. 5.1.4).

5.1.1.1 GEMA-Datenformate

Die GEMA stellt Sparten-Abrechnungen in den Formaten CSV, PDF und GDF für ihre Mitglieder bereit. Das GDF-FormatFootnote 3 basiert auf dem CISAC-EDI-Format, einem Fixed-Length-Format, welches die genaue Position und Länge eines Datenfeldes in der Zeile (dem Record) festlegt (siehe auch Abschn. 7.1).

Bemerkenswert ist, dass in jeder Abrechnungszeile und für jeden Tantiemenbetrag das sogenannte Kontentripel (KTO) des Beteiligten eingetragen ist. Dies ist laut GEMA der berechtigte oder federführende Empfänger des jeweiligen Betrages.

KTO steht für die drei hierarchischen Identifikationsnummern

  • ÜKTO Überkontonummer,

  • HKTO Hauptkontonummer sowie

  • UKTO Unterkontonummer

die zusammen einen Beteiligten im GEMA-System eindeutig identifizieren. Die UKTO entspricht zugleich der sogenannten Beteiligten- und auch der GEMA-Mitgliedsnummer des Beteiligten. Neben dem KTO ist vor allem die IPI-Nummer als Identifikator für Beteiligte geläufig.

In neueren GEMA-Systemen, insbesondere jenen auf SAP-Basis, erscheint zudem eine „BusinessPartnerID“ (BPID). Dies ist eine interne Identifikationsnummer, die jeder „BusinessPartner“ im Urheberbereich bei der GEMA erhält, d. h. insbesondere Mitglieder (Verlage und Urheber*innen) und deren Bevollmächtigte.

Eine Besonderheit der GEMA-Spartenabrechnungen und der GEMA-Werkdatenbank allgemein ist die explizite Unterscheidung zwischen Werknummern und Fassungsnummern. Die Hauptwerkfassung hat die Endung -001, während die Endung jeder weiteren Fassung bzw. Bearbeitung um 1 erhöht wird (also -002, -003 usw.). Diese Unterscheidung wird in Zukunft, aufgrund der Zusammenarbeit mit ICE und der Angleichung der GEMA an internationale Standards, wegfallen. Derweil ist die Werkfassungsnummer der GEMA weiterhin der sicherste Identifikator für ein Werk und für das Matching in Lizenzabrechnungssystemen, mehr noch als ISWC oder ICE Work Keys.

Weiterhin sind in den GEMA-Spartenabrechnungen die „Konten“, unter denen die GEMA Verteilungen vornimmt, ausgewiesen. Die zwei wichtigsten Konten sind:

  • BG4 Hauptkonto: für Tantiemen, die der Musikverlag in der Regel für sich beanspruchen und behalten kann

  • BG9 Sonderkonto: für Tantiemen, die der Musikverlag in der Regel weiterverrechnen muss, z. B. an ausländische Autor*innen oder Verlagspartner*innen

Die obige Einschränkung „in der Regel“ deutet bereits darauf hin, dass es hiervon Ausnahmen gibt (siehe auch Abschn. 5.1.4). Hinsichtlich weiterer Besonderheiten wie Ausfallzuschlägen sowie der Unterscheidung von originalverlegten Werken („OVW“) und subverlegten Werken („SVW“) wird auf den Verteilungsplan sowie die einschlägigen Portale und Hilfen der GEMA verwiesen.Footnote 4

5.1.2 SUISA Sparten-Abrechnungen

Die SUISA ist das schweizerische Pendant zur GEMA und als Genossenschaft der Komponist*innen, Textautor*innen und Musikverleger*innen der Schweiz und Liechtensteins organisiert. Die Abkürzung kommt aus dem Französischen und steht für „Suisse Auteurs“ also „Schweizer Autor*innen“.

Über 39.000 Komponist*innen, Textautor*innen und Musikverlage sind in der 1923 gegründeten Genossenschaft organisiert. Die SUISA vertritt, wie die GEMA, die sogenannten „kleinen Rechte“. Sie erteilt ihren Kund*innen wie Konzertveranstalter*innen, Plattenproduzent*innen, Radio- und Fernsehstationen usw. Lizenzen, damit diese Musik aufführen, senden, weiterverbreiten und vervielfältigen dürfen. Große Rechte wie Opern oder Musicals vertritt die Société Suisse des Auteurs (SSA).Footnote 5

Was bei der GEMA „Verteilungsplan“ genannt wird, nennt die SUISA „Verteilungsreglement“. Die Komplexität des Reglements ergibt sich wie bei der GEMA aus zwei Faktoren:

  • Den Regeln für Werkanmeldungen und Anteilsberechnungen sowie

  • Den Verteilungsschlüsseln und -klassen.

Die Verteilungsschlüssel der SUISA ergeben sich aus mehreren Tabellen für Werkanmeldungen. Die genauen Zahlen hängen von zahlreichen Faktoren ab, wie beispielsweise:

  • ob für Musik ohne Text oder Musik mit Text,

  • ob Musik und Text urheberrechtlich geschützt oder ob die Musik und/oder der Text frei sind,

  • ob es sich um Aufführungen oder Sendungen, Ton- oder Tonbildträger handelt,

  • ob der Verlag bei den Aufführungs- und Senderechten mit dem normalen Anteil von 33,33 % oder im Falle der Filmmusik mit 50 % beteiligt ist (bei Werkanmeldungen bis 31.12.2017) oder

  • ob der Verlag bei den Rechten zur Herstellung von Ton- und Tonbildträgern mit dem normalen Anteil von 40 % oder im Falle eigener Aufnahmen mit 50 % beteiligt ist.

Bei der Berechnung des Werkertrages und der Zuweisung der Einnahmen innerhalb einzelner Tarife und Verteilungsklassen greift ein Regelwerk, dessen Komplexität dem der GEMA in nichts nachsteht.

5.1.2.1 SUISA-Datenformate

Musikverleger*innen erhalten von der SUISA Abrechnungen in den Datenformaten F, E3 und M2Footnote 6, sowie auf Anfrage im internationalen CRD-Format (siehe Abschn. 5.2). Die Beschreibung der ersten drei Datenformate stammt noch aus den 70er Jahren und liegt als Schreibmaschinen-Manuskript vor.

In jüngerer Zeit wünscht sich die SUISA eine verstärkte Nutzung des CRD-Formats, was aufgrund mangelnder technischer Ausstattung der Verlage und der bislang nur lückenhaften Unterstützung der Musikverlage durch die SUISA auf Hindernisse stößt.

Für den elektronischen Datenaustausch hält die SUISA FTP-Zugänge für ihre Musikverlage bereit, sowohl für das Hochladen von Werkanmeldedaten und ihre korrespondierenden CWR-Dateien mit Acknowledgements (siehe Abschn. 4.1.2) als auch für das Herunterladen von Abrechnungsdateien. Letzteres ist ein Service, den die GEMA nicht bietet: dort müssen Musikverlage ihre GDF-Spartenabrechnungen von der Webseite herunterladen und in geeignete Spezialsoftware importieren.

Um eine Überlastung ihrer Server mit Leeranfragen zu vermeiden, benachrichtigt die SUISA ihre Musikverlage über neu bereitgestellte Dateien im FTP-Bereich per E-Mail (siehe Abb. 5.1).

Abb. 5.1
figure 1

Benachrichtigung auf FTP-Servern bereitgestellter Dateien per Mail

5.1.2.2 Nutzungscodes

Eine Besonderheit der SUISA-Abrechnungen ist die extensive Verwendung von Nutzungsidentifikatoren oder „Distribution Class Codes“. Je nach Datenformat (E3, M2, F) stehen diese an unterschiedlichen Stellen und schlüsseln über Zahlen und Buchstabenformate wie „SUISA Film AR 1 C“ oder „SUISA MR 21X“ diverse Nutzungsarten auf.

Für eine lizenzgebergerechte Verarbeitung von Abrechnungen ist es daher erforderlich, dass die Spezialsoftware der Musikverlage ein Mapping dieser Nutzungsidentifikatoren aufweist und Erkenntnisse über die Musiknutzung anhand lesbarer und verständlicher Übersetzungen wie „MR Online Downloads“ ermöglicht.

5.1.3 AKM/AUME Sparten-Abrechnungen

Die AKM und ihre Tochtergesellschaft austro mechana (AUME) sind die Verwertungsgesellschaften der Komponist*innen, Textdichter*innen und Musikverleger*innen in Österreich. Die AKM nimmt Aufführungs- und Senderechte wahr, die AUME mechanische Rechte.

Mitglieder erhalten von AKM und AUME mit jeder Abrechnung einen Kontoauszug, eine Gutschrift und ggf. ein Dokument für gewährte Vorauszahlungen sowie im Falle von Sonderleistungen, wie für verrechnete Spesen, eine separate Rechnung. Vor allem erhalten sie die sogenannten „Detaillierungen“. Diese zeigen dem Mitglied werkweise die in den einzelnen Abrechnungssparten an sie abgerechneten Tantiemen.

5.1.3.1 TXT-Abrechnungen

Musikverlage können detaillierte, kostenpflichtige Abrechnungen in einem textbasierten CISAC EDI-Format anfordern, ähnlich zu den GEMA GDF- und SUISA-Abrechnungsdateien. Abb. 5.2 zeigt ein Beispiel einer solchen Abrechnung. Kostenfrei stellt die AKM ihren Mitgliedern Abrechnungen im CSV-Format bereit, für diese gibt es im Gegensatz zu den „Verleger-Abrechnungen“ aber keine Datensatzbeschreibungen der Verwertungsgesellschaft.

Abb. 5.2
figure 2

Abrechnungen der AKM im TXT-Format

5.1.3.2 Mechanische Abrechnungen von AKM

Im Grunde ist die AKM für Abrechnungen von Tantiemen aus Aufführungs- und Senderechten (AR) verantwortlich. Dass es zusätzlich Abrechnungen für mechanische Rechte (MR) von der AKM gibt, liegt daran, dass, wenn ein Tonträger in Österreich verkauft und bereits über die AUME abgerechnet wurde, dieses Werk etwas wie einen „Zuschlag“ im MR erhält. Dies ist im Verteilungsplan der AKM geregelt und mit dem „M-Zuschlag“ der GEMAFootnote 7 vergleichbar. Dasselbe Verfahren greift bei Online-Nutzungen.

Die Begründung hierfür ist, dass sobald ein Tonträger in Österreich verkauft oder einer Online-Nutzung zugeführt wurde, die AKM annimmt, dass die Aufnahme auch im Hintergrund z. B. in einem Restaurant laufen könnte. Diese Hintergrundnutzungen werden aber nicht werkbezogen abgerechnet. Die Art und Weise, wie dieser Zuschlag errechnet wird, ist im Verteilungsplan der AKM, den „Abrechnungsregeln“ im zweiten Hauptkapitel, Punkt 7 „Mechanische Musik (MM)“Footnote 8 erläutert und umfasst mehrere Unterkapitel, von der prozentualen Entsprechung zu Live-Aufführungen der Unterhaltungsmusik bis zur „Wienerlied-Quote“.

5.1.4 Verlagsabrechnungen

Nach Erhalt der Abrechnungsdaten der Verwertungsgesellschaften und unter der Annahme der Korrektheit der Abrechnungsdaten (siehe Kap. 6) sind diese durch die Verlage zu verarbeiten. Diese Weiterverrechnung von Spartenabrechnungen der Verwertungsgesellschaften durch die Musikverlage ist komplex und undokumentiert. Das (Teil-)Wissen hierüber sammelt sich bei den Mitarbeitenden der Musikverlage über die Jahre an und wird von ihnen an neue Kolleg*innen weitergegeben.

Eine Ausnahme bildet Spezialsoftware für Verlagsverwaltung mit integrierten Funktionen für Lizenzabrechnungen, die dieses Know-how in digitaler Form beinhalten. Ein öffentlich erhältliches, schriftliches Kompendium, welches diese Regeln kontextualisiert, kodifiziert und in sinnvolle Zusammenhänge bringt, existiert nicht.

In der Theorie ist es ganz einfach: ein Teil der Tantiemen verbleibt beim Musikverlag, ein anderer Teil muss weiterverrechnet werden. Dies bedingt bereits, dass Tantiemen von den Verwertungsgesellschaften überhaupt zielgenau aufgeteilt und verteilt werden. Dies ist in der Praxis jedoch nicht immer zutreffend. In zahlreichen Fällen will die Verwertungsgesellschaft mit der Abrechnung an bestimmte Lizenzgeber*innen nichts zu tun haben und leitet das Geld an einen Musikverlag weiter, mit der impliziten Aufforderung: „mach’ du mal“.

Zu den Ursachen für die Herausforderungen bei der Weiterverrechnung von Tantiemen zählen u. a.:

  • Die unterschiedliche Behandlung von Tantiemen durch in- und ausländische Verwertungsgesellschaften und Einkünften von Subverlagspartnern

  • Komplexität und Umfang der Regelungen in den Verteilungsplänen der Verwertungsgesellschaften, die von den Mitgliedern (zumindest mittelbar) mitgestaltet wurden

  • Die verschiedenen Verteilungsklassen und Konten, wie GEMA BG4 Hauptkonto- und BG9-Sonderkontogelder

  • Mangelnde oder unzuverlässige Metadaten über einzelne Tantiemen, wie irreführende COLL% (insbesondere bei Online-Abrechnungen), falsche bzw. unklare Werkzuordnungen oder fehlende Identifikation der Lizenzgeber*innen, für die ein bestimmter Tantiemenbetrag einkassiert wurde

  • Tantiemen, die gar nicht für einen Musikverlag bestimmt sind, ihm aber dennoch überlassen werden

  • Vertragliche Konstruktionen mit Haupt- und Unterkatalogen, insbesondere bei Co-Publishings zwischen Kombinationen derselben

  • Bewusste „Fehlleitungen“ von Tantiemen für indirekten Nutzen (bspw. GEMA-Tantiemen für SVW, die über BG4 Hauptkonto abgerechnet werden, um die Wertung des Subverlegers positiv zu beeinflussen)

  • Nicht ausregistrierte, „geparkte“ Werkdaten (GEMA Status-2-Werke)

  • Refundierungsvereinbarungen mit einem oder mehreren Urheber*innen am Werk, die über ihren VVG-regelspezifischen Split einen Anteil vom Verlagsanteil ausgezahlt („refundiert“) haben wollen; dies gepaart mit möglicherweise unvollständigen Daten bezüglich der Zuordnung von Urheber*innen zu Verlagen in den Werkdaten.

  • Punktwerte für Werke und Nutzungen, d. h. Gewichtungen je nach Einstufung der Werk-„Qualität“ sowie von Sendern (nach „Hochwertigkeit“ der Beiträge eines Radiosenders, beispielsweise „AKM Minutenwerte Sendung ORF“ zwischen 1,51 € für Tirol und 12,07 € für Ö1). Diese Einstufungen nehmen zwar die Verwertungsgesellschaften vor, sie können jedoch von Musikverlagen kontrolliert und ggf. reklamiert werden

  • Reklamation von Nutzungsaufstellungen für Live, Fernsehen, Radio und zunehmend auch Online

  • Teilweise mit hoher Wahrscheinlichkeit als fehlerhaft zu klassifizierende Monitoring-Ergebnisse von Dienstleistern, welche die Nutzung von Musik in TV, Radio und Werbung überwachen und identifizieren sollen. Auch in diesen Fällen muss der Musikverlag kontrollieren und reklamieren (innerhalb enger Fristen)

  • Production Music-Abrechnungen nicht nur nach Tracks oder Werken, sondern nach Katalogen oder Labels

  • autorisierte Bearbeitungen mit Beteiligungen bzw. Arrangements freier Werke

Hierbei handelt es sich nur um einen Ausschnitt der besonderen Schwierigkeiten, sowohl mit Verwertungsgesellschafts- wie auch mit Subverlagsabrechnungen.

5.2 CRD

Abgesehen vom unterschiedlichen technologischen Anspruch sowie verwertungsgesellschaftsspezifischen Anforderungen, Regularien und Inhalten, stellen alle in den vorangegangenen Abschnitten vorgestellte Datenformate die aus den Lizenzierungen erlösten Tantiemen dar. Ist ein Verlag nun international geschäftlich aktiv, müsste dieser für jede Verwertungsgesellschaft für die Verarbeitung detaillierter Abrechnungen deren Datenformat implementieren. Hier werden bei global agierenden Verlagen schnell Komplexitätsstufen erreicht, die sowohl für kleine als auch mittlere Verlage nicht umsetzbar sind. Dies gilt natürlich ebenso für den Austausch von Abrechnungsinformationen zwischen Verwertungsgesellschaften selbst, die aufgrund von Gegenseitigkeitsverträgen Tantiemeninformationen zahlreicher kooperierender Gesellschaften zu verarbeiten haben.

Aus diesen Gründen wurde zur Vereinfachung der Kommunikation bzw. Interaktion ein international standardisiertes Datenformat für Abrechnungsinformationen entwickelt. Spezifikation sowie Weiterentwicklung des Common Royalty Distribution (CRD) Formats fand, analog zu CWR, unter der Ägide der CISAC statt. Auch auf technischer Ebene haben das CRD und das CWR Format einige Überschneidungen, welche in Abschn. 7.1.3 erläutert werden. Die nachfolgenden Ausführungen fokussieren die CRD-spezifische Abbildung von Abrechnungsinformationen und basieren auf der CRD Spezifikation 2.0 in Revision 4Footnote 9.

Für die folgenden Abbildungen wurde auf das Tool CRD-ViewerFootnote 10 zurückgegriffen, welches ebenfalls in Abschn. 7.1.3 näher vorgestellt wird. Die Darstellung der Inhalte des CRD-Formats erfolgt analog zu den Abbildungen aus Abschn. 4.1.2.

5.2.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Wie das CWR-Format besteht auch das CRD-Format aus einer Reihe von Transaktionen, die Informationen zum Ursprung der an Urheber*innen oder Verlage ausgeschütteten Tantiemen enthalten. Im Gegensatz zum CWR-Format, wo z. B. Angaben zu Verlagen und Urheber*innen redundant an jeder einzelnen Transaktion aufgeführt werden, gibt es beim CRD-Format zwei Listen. Die eine umfasst die Beteiligten, die andere die Quellen der Tantiemen. Diese werden dann bei den jeweiligen detaillierten Angaben zu den Tantiemen per ID referenziert.

Ebenso werden Gruppen stärker zu einer Strukturierung genutzt, auch wenn das technisch gesehen eigentlich verzichtbar ist, da Dateien im CRD, bzw. allgemein im CISAC-EDI Format für eine maschinelle Verarbeitung gedacht sind und die Strukturierung nur der Lesbarkeit ohne maschinelle Hilfsmittel zu Gute kommt. Die nachfolgenden Ausführungen greifen dennoch diese Strukturierung auf und stellen die Inhalte gegliedert in die drei Gruppen SDN (allgemeine Informationen), MWN (Tantiemenzahlungen zu einem bestimmten Werk) sowie AHP (Zahlungen ohne Werkzuordnung) vor.

5.2.2 Allgemeine Informationen

Die erste Gruppe beschreibt allgemeine Informationen zur vorliegenden CRD-Datei. Diese umfasst genau eine Transaktion, die SDN-Transaktion. Der SDN-Record ist der Transaktionsheader für die Angaben zu Empfänger und der für die Ausschüttung verwendeten Währung (siehe Abb. 5.3). Zu dieser Transaktion gehören dann ESI-Records, die Quellen der Tantiemenzahlungen beschreiben, welche sich jedoch jeweils nur auf einen Namen, einen Typ sowie ein Territorium beschränken.

Abb. 5.3
figure 3

SDN-Record (Allgemeine Informationen zur Ausschüttung) und zugehörige ESI-Records (Quellen der Tantiemenzahlungen)

Weiterhin gibt es IPI-Records, welche die Beteiligten mittels Name und IPI-Nummer beschreiben (siehe Abb. 5.4), sowie eventuell Records zu Umrechnungsraten von Währungen oder gebietsspezifischen Besonderheiten. Sollte die Datei Informationen zu audiovisuellen Werken enthalten, werden diese in API-Records festgehalten. Daten zu Werkvertonungen werden in RPI-Records beschrieben.

Abb. 5.4
figure 4

IPI-Record zur Angabe von Beteiligten

5.2.3 Tantiemenzahlungen

Den allgemeinen Informationen der SDN-Gruppe folgt die Gruppe der Musical Work Notification Transaction (MWN). Diese enthält Daten über alle Tantiemenzahlungen für ein bestimmtes Werk. Das jeweilige Werk wird im Transaktionsheader, dem MWN-Record, identifiziert. Dabei werden unter anderem der Titel des Werkes, der Werknummer bei der ausschüttenden Gesellschaft und die ISWC-Nummer des Werkes angegeben (siehe Abb. 5.5). Dem folgt ein Statusrecord „MDS“, der eigentlich dafür gedacht ist, die Tantiemen nach Share-Struktur, Auszahlungsregeln und Abrechnungszeiträume zu gruppieren. Faktisch wird aber ebenso für jedes Territorium eine MDS-Gruppe angelegt – auch wenn es strukturell ausreichen würde, mehrere MDT-Records (explizit für Territorien gedacht) pro Status zu verwenden. Zusätzlich wird noch eine Hierarchieebene für jeweils die Ausschüttungsrechteart (Performance Right (PR) oder Mechanical Right (MR)) eingezogen, auch wenn den Autoren dieses Buches keine Fälle von einer gemischten Ausschüttungsmeldung bekannt sind.

Abb. 5.5
figure 5

MWN-Record (Werkinformationen zur Tantiemenzahlung)

Dem folgen Daten zu den Beteiligten an einem Werk (MIP-Record) mit den jeweiligen Ausschüttungen. Je nach Quelle der Tantiemen handelt es sich dabei um einen anderen Record-Typen. So stehen WEP-Records für Performance (inkl. Streaming), WEA-Records für Aufführungen im audiovisuellen Bereich und WER-Records für Einnahmen aus mechanischen Rechten wie physischen Verkäufen oder Wiedergaben. Abb. 5.6 zeigt eine solche Abrechnung für die Wiedergabe im Radio. Die ausgezahlte Summe in diesem Beispiel sind die 0,14 CHF (Remitted Royalty Amount), welche für eine Radioaufführung (Distribution Category), die am 06.10.2020 lizenziert oder gesendet wurde (Sales Period Start/Sales Period End), anfielen.

Abb. 5.6
figure 6

WER-Record einer mechanischen Wiedergabe

Dabei werden diese Tantiemen-Records nur für die Partei eingefügt, für welche die Abrechnung gedacht ist. Dies mag auf den ersten Blick aus Datenschutzgründen naheliegend sein, auf den zweiten Blick wäre diese Begründung allerdings nicht zu halten, da für sämtliche Beteiligte jeweils ein MIP-Record vorhanden ist, in welchem auch die Prozente des Beteiligten vermerkt sind und sich so die Ausschüttungen für alle Beteiligten mit einem einfachen Dreisatz ausrechnen lassen. Somit wäre zu hoffen, dass diese Einschränkung nicht aus Datenschutz, sondern bspw. aus Datensparsamkeitsgründen geschehen ist.

Eine weitere offene Frage bezüglich der Abrechnungen ist, wie die beim Streaming anfallenden Minimalbeträge aufgeteilt bzw. wie deren Aufteilung dargestellt werden können. Die Tantiemen beim Streaming umfassen häufig nur sehr geringe Beträge. Bei mehreren Urheber*innen und mit höchstens vier Nachkommastellen darstellbaren Beträgen in den CRD-Files (Amount decimal places) muss vermutlich an irgendeiner Stelle aggregiert werden.

5.2.4 Zahlung ohne Werk

Die nächste Gruppe sind Zahlungen, die aus verschiedenen Gründen keinem Werk zugeordnet werden können. Diese werden als AHP-Records geführt und haben neben dem Betrag ein Kommentarfeld, welches Raum bietet, die Herkunft der Zahlungen kurz zu erläutern. Im Beispiel aus Abb. 5.7 bekommt also der oder die Beteiligte mit der IPI-Nummer 555555555 von den angefallenen 2,56 CHF (Payment Amount) nach Abzug der Kommission der SUISA (Interested Party Society) 2,36 CHF ausgezahlt (Remitted Royalty Amount). Der aufgeführte Grund dabei war „Additional Payment“ – ein bis auf die Zahlen reales Beispiel aus der Praxis, was zeigt, dass auch nach Angabe eines Grundes die Herkunft des Geldes nicht unbedingt klarer sein muss. Und wie diese Beträge dann durch den erhaltenden Verlag an wen verteilt werden, sind weitere ungeklärte Fragen.

Abb. 5.7
figure 7

(Zusätzliche, werkunabhängige Zahlungen)

AHP-Record.

Abschließend folgt eine Gruppe mit genau einer Transaktion (RGT), die zudem auch nur den Transaktionsheader enthält. In diesem Record werden die Summen der Zahlungskategorien zusammengefasst, wobei für einige Felder der Bruttobetrag verwendet wird und für andere der Nettobetrag.

5.2.5 Zusammenfassung

CRD ist ein Datenformat zur Übermittlung von Abrechnungsdaten, welches sich nicht zwangsläufig durch seine technischen Eigenschaften gegenüber den individuellen Lösungen der Verwertungsgesellschaften absetzt. Sein größter Vorteil ist die internationale Standardisierung, sodass die verschiedenen Akteur*innen ggf. ohne großen Anpassungsaufwand diese Daten in ihre Infrastruktur übernehmen können.

Dieses Format kommt dabei zur Übermittlung von Abrechnungsdaten sowohl zwischen Verwertungsgesellschaften als auch zwischen Verwertungsgesellschaften und deren Mitgliedern zur Anwendung. Insbesondere im letzten Anwendungsbereich setzt sich das Format erst langsam durch, da oftmals die verwertungsgesellschaftsspezifischen Datenformate auf nationaler Ebene weiter verbreitet sind. Mit Zunahme internationaler Verwertung durch direkte Mitgliedschaften von Rechteinhaber*innen in mehreren internationalen Verwertungsgesellschaften gewinnt ein solches Format an Relevanz.

Schwierig ist, dass im Vergleich zu einigen verwertungsgesellschaftsspezifischen Abrechnungen einige Informationen nicht in den CRD-Dateien enthalten sind. Dies erschwert bzw. verhindert beispielsweise Controlling und Reklamationen von Abrechnungen, was, wie nachfolgend dargestellt, insbesondere im Livebereich immer noch von großer Relevanz ist.