Die Werkanmeldung stellt die notwendige Voraussetzung und damit den Startpunkt jeder über die Verwertungsgesellschaften durchgeführten Wahrnehmung der Urheberrechte an einem Musikwerk dar. Sind Werke nicht oder nicht korrekt gemeldet, können auch Tantiemenabrechnungen nicht oder nur fehlerbehaftet durchgeführt werden.

Verlage sind als Vertreter zahlreicher Rechteinhaber*innen für eine große Anzahl von Werken verantwortlich. Daher gilt es im Sinne der Wirtschaftlichkeit, die Verwaltung, Verarbeitung und Nutzung dieser Werkdaten möglichst effektiv und effizient zu gestalten. Es gibt dabei verschiedene Wege Werkdaten zu übermitteln, welche im Abschn. 4.1 vorgestellt werden.

Auch wenn keine allgemeingültige Definition von Inhalt und Form einer Werkanmeldung existiert, enthält eine solche Werkanmeldung üblicherweise nicht nur Metadaten zum Werk selbst (wie z. B. Titel), sondern auch eine Vielzahl an Informationen über die Beteiligten (z. B. Urheber*innen, Verlage), wie bspw. ihre Rollen (z. B. Komponist*in, Textdichter*in) sowie ihre Anteile. Das zunächst leicht verständlich klingende Prinzip birgt jedoch insbesondere hinsichtlich der Anteile einige Komplexität, daher wird darauf detailliert im Abschn. 4.2 eingegangen.

Werkdaten werden aber nicht nur zur initialen und einmaligen Anmeldungen von Werken durch Rechteinhaber*innen bei Verwertungsgesellschaften genutzt. Sie werden auch zwischen Verlagen oder anderen Akteuren der Musikwirtschaft übermittelt, beispielsweise wenn ein Verlag einen anderen in einem bestimmten Territorium vertritt und somit als Subverlag tätig wird. Ebenso sind Werkdaten auch bei Revisionen bereits gemeldeter Werke zu übermitteln, beispielsweise bei Korrekturen oder Aktualisierungen von Beteiligten bzw. Anteilen. Da Verarbeitungsschritte und verwendete Formate dieser Szenarien größtenteils denen einer initialen Werkanmeldung ähneln, werden diese Anwendungsfälle im Folgenden nicht dediziert betrachtet.

Mit steigender Internationalisierung der Verwertung gewinnt auch ein reibungsloser Prozess der Werkanmeldungen an Bedeutung. Wenn ein Verlag den Weg direkter Mitgliedschaften bei ausländischen Verwertungsgesellschaften wählt (siehe auch Abschn. 2.2.2 und 3.2), sind Werkanmeldungen für jede Verwertungsgesellschaft durchzuführen. Die besonderen Herausforderungen dabei beleuchtet Abschn. 4.1.

4.1 Übermittlung von Werkanmeldungen

Es gibt unterschiedliche Wege der Werkanmeldung in Abhängigkeit der Beteiligten und der Anzahl der zu meldenden Werke. Kleinere Volumina von Werkdaten können über partnerspezifische Formulare übermittelt werden. Diese Formulare sind zumeist webbasiert. Einige Verwertungsgesellschaften bieten jedoch auch weiterhin Formulare in Papierform anFootnote 1 (siehe Kategorie 1 in Tab. 4.1).

Tab. 4.1 Optionen zur Werkanmeldung

Bei der Anmeldung einer größeren Anzahl an Werken sind formularbasierte Ansätze prinzipbedingt im Nachteil, weil sie hinsichtlich Erstellung und Verarbeitung kaum Möglichkeiten für Skalierung bzw. (Teil-)Automatisierung bieten. Insbesondere im Verlagsumfeld ist jedoch oftmals eine große Zahl von Werkanmeldungen nötig, beispielsweise wenn ein Verlag die Rolle des Subverlags (Verlag A vertritt Verlag B in einem bestimmten Territorium) übernimmt. Ebenso ist bei der Nutzung von Software zur Verlagsverwaltung die automatisierte Anmeldung sinnvoll. Aus diesem Grund wurden seitens der Verwertungsgesellschaften Datenformate erstellt, die einen IT-basierten Austausch von Werkdaten ermöglichen (siehe Kategorie 2 in Tab. 4.1).

Die Herausforderung dieser Formate liegt nun darin, dass diese individuell von Verwertungsgesellschaften entworfen wurden und somit einerseits nur den Anforderungen der jeweiligen Gesellschaft entsprechen, andererseits auch zwischen den Gesellschaften keine Kompatibilität herrscht. Hat nun ein Verlag das Ziel, die internationale Verwertung der von ihm vertretenen Werke voran zu treiben, müsste er sich mit den individuellen Datenformaten der verschiedenen Gesellschaften auseinandersetzen. Auch hinsichtlich des Austauschs von Werkdaten zwischen Verlagen ist auf internationaler Ebene ein einheitliches EDI-FormatFootnote 2 gewinnbringend, weil aufwendige Konvertierungsschritte entfallen. Aus diesem Grund wurde ein solches von der CISAC entwickelt (siehe Kategorie 3 in Tab. 4.1).

Wenn es nun scheint, dass es einen internationalen Standard bezüglich solch eines Datenformats für Werkanmeldungen gibt, stellt sich die Frage, warum dieses nicht in allen Fällen genutzt wird? Die Antwort liegt irgendwo im Spektrum gewachsener technischer Infrastrukturen und den unterschiedlichen technischen Ansprüchen dieser Formate. Während die Zugänglichkeit (webbasierter) Formulare im Allgemeinen hoch ist, ist für die Erstellung und Verarbeitung spezifischer Datenformate eine entsprechende Software notwendig. Eine solche ist insbesondere für die Vielzahl der nicht vertretenen Künstler*innen, aber auch für kleine Verlage oftmals nicht zugänglich.

Tab. 4.1 stellt noch einmal die verschiedenen Anwendungsszenarien sowie die Vor- und Nachteile der verschiedenen Optionen zur Werkanmeldung dar. Zu berücksichtigen ist, dass obgleich Werk- und Beteiligtendaten im Allgemeinen nicht von einer hohen Dynamik gekennzeichnet sind, ist die Meldung nicht in jedem Fall ein einmaliger Prozess, weshalb auch die Revision von Werk- und Beteiligtendaten mittels dieser Formate möglich ist.

Nachfolgend werden zwei der oben genannten Optionen zur Werkanmeldung näher betrachtet. Zunächst erfolgt die Vorstellung von IWA-XML der GEMA, eines verwertungsgesellschaftsspezifischen Datenformats. Anschließend wird eine kurze Einführung in das CWR-Format, einem internationalen Standard, gegeben

4.1.1 IWA-XML

Um eine größere Zahl an Werken effektiv und effizient übermitteln zu können und insbesondere einen nicht-manuellen Datenaustausch zu ermöglichen, wurde von der GEMA das IWA-XML-Format entwickelt. Statt Online-Formulare händisch auszufüllen, stellt dieser Ansatz ein GEMA-eigenes Datenformat zur IT-unterstützen Übermittlung von Werkdaten dar. Dabei werden die Werkdaten beispielsweise aus der Verlagssoftware exportiert und dann elektronisch an die GEMA übermittelt.

Bei dem IWA-XML-Format steht IWA für Internet-Werkanmeldung und XML für Extensible Markup LanguageFootnote 3. Im Folgenden wird zunächst auf den Anwendungskontext eingegangen (Werkanmeldung), bevor im weiteren Verlauf das Format technisch betrachtet wird (XML-Struktur).

4.1.1.1 Anwendung seitens der GEMA

Das IWA-XML Format (Internet-Werkanmeldung) wurde von der GEMA zur Übertragung der Werkanmeldung über das inzwischen abgelöste Webportal verwendetFootnote 4. Dabei wurden die Eingaben des Benutzers in die Webformulare in das IWA-XML-Format konvertiert und auf einem GEMA-internen Server abgelegt. Die dort gespeicherten Daten wurden dann von einem weiteren internen Programm regelmäßig ausgelesen und in eine der GEMA-Werk-Datenbanken übertragen.

Die Anmeldung großer Volumina an Werken erfolgt auch für Verlage auf einem ähnlichen Weg. Auf einem individuell einzurichtenden Server werden die XML-Dateien, bspw. durch die Verlagssoftware, abgelegt und von dort aus durch die GEMA weiterverarbeitet. Dies zeigt, dass IWA-XML ein Format darstellt, was seitens der GEMA erst ab einem bestimmten Aufkommen von Werkmeldungen genutzt wird.

Zusätzlich können Berechtigte (Urheber*innen oder Verlage) ihr Repertoire komplett oder in Auszügen im IWA-XML Format herunterladen. Dies ist jedoch zum aktuellen Zeitpunkt nur über das alte Portal möglich. Nichtsdestotrotz stellt der IWA-XML-Download zusammen mit dem GEMA-XML-DownloadFootnote 5 die momentan beste Möglichkeit dar, sein Repertoire von der GEMA zur elektronischen Weiterverarbeitung herunterzuladen.

4.1.1.2 Technisches

XML gehört zu den Auszeichnungssprachen, bei denen die Eigenschaften und Struktur von Daten beschrieben werden. Ganz allgemein ist eine XML-Datei eine hierarchisch strukturierte Textdatei, die zumeist sowohl menschen- als auch maschinenlesbar ist. Abb. 4.1 zeigt dies anhand des Beispiels für Anmeldedaten aus einer IWA-XML Datei.

Abb. 4.1
figure 1

Anmeldedaten einer IWA-XML-Datei der GEMA

Die technische Spezifikation zur Beschreibung welche Elemente, Attribute oder Inhalte an welcher Position erlaubt sind, kann bei XML auf verschiedene Weisen (DTD, XSD) erfolgen. Leider ist bei IWA-XML weder eine technische noch eine textuelle Beschreibung des Formats öffentlich verfügbar, sodass man sich die Eigenschaften des Formats nur mittels zur Verfügung stehender XML-Dateien herleiten kann. Dieser Ansatz funktioniert sicher in vielen Fällen aufgrund der vergleichsweise einfachen Dateistruktur recht gut. Dennoch kann nicht von einer Vollständigkeit und Korrektheit der Erläuterungen ausgegangen werden. Ebenso sind etwaige Änderungen am Format durch die GEMA nicht transparent und könnten jederzeit vorgenommen werden.

Bei Betrachtung der Anmeldedaten aus dem Beispiel in Abb. 4.1 werden zwei Aspekte erkennbar. Zum einen deutet der unter dem Element Anmeldedaten befindliche Name des Anmelder[s] mit dem Wert „GEMA“ darauf hin, dass die Datei aus der oben geschilderten Möglichkeit des Downloads eigener Werkdaten von der GEMA stammt. Die GEMA hat im Allgemeinen nicht die Rolle einer Anmelderin von Werken. Zum anderen wird durch die Nutzung deutscher Bezeichnungen der Elemente (z. B. Anmeldedaten, Verfahren, …) der nationale Charakter des Datenformats deutlich. Dies grenzt IWA-XML somit deutlich vom CWR-Format (Abschn. 4.1.2) ab.

Die eigentlichen Nutzdaten finden sich unter dem Element Werke. Jedes Werk hat dabei ein Unterelement Werk, in dem sich alle für das Format verfügbaren Informationen befinden. Neben dem Feld Nummer, bei dem es sich nur um eine aufsteigende Nummerierung der in der Datei befindlichen Werke handelt, finden sich unter dem Element Kopfdaten Informationen zum Titel, zur GEMA_Werknummer, der ISWC, der Dauer und ob es sich um ein Originalwerk oder eine Bearbeitung (Orginal_Bearbeitung [sic!]) handelt (siehe Abb. 4.2).

Abb. 4.2
figure 2

Beispiel für Kopfdaten zu einem Werk einer IWA-XML der GEMA

Den Kopfdaten folgt das Element Urheber, welches in die einzelnen Rollen (Rolle) unterteilt ist (siehe Abb. 4.3). Hier wird in „K“ für Komponist*in und „T“ für Textdichter*in (abweichend von den international gebräuchlichen Abkürzungen „C“ für „Composer/Compositeur“ und „A“ für „Author/Auteur“) unterschieden. Etwas irreführend platziert ist das Element Besetzung > Bezeichnung_Ins_Ens, das teilweise in der Rolle Komponist eingebettet ist. Dieses beschreibt die Instrumentierung des Werks und hat demzufolge eigentlich keinen Bezug zur Rolle Urheber und wäre unter der Wurzel des Werkes besser aufgehoben.

Abb. 4.3
figure 3

Element „Rolle“ einer IWA-XML

Unter Beteiligter findet man dann die Angaben zu den jeweiligen Urheber*innen, mit Namen und Identifikationsnummern (siehe Abb. 4.4). Ebenso werden die Anteile am Werk angegeben. Diese werden in die Hauptkategorien der von Verwertungsgesellschaften wahrgenommenen Musikurheberrechte unterteilt: „AR“ für Aufführungsrechte und „VR“ für (mechanische) Vervielfältigungsrechte (siehe auch Abschn. 2.1.2). Dabei werden jedoch nur die Collection Shares ausgewiesen, das heißt der Verteilungsschlüssel der abzurechnenden Tantiemen (siehe auch Abschn. 4.2).

Abb. 4.4
figure 4

Element „Urheber“ einer IWA-XML

Sollte einer der Urheber von einem Verlag vertreten werden, folgt nun das Element Verleger, in dem ebenfalls nach der Rolle (Originalverlag, Subverlag) strukturell unterschieden wird. Alle beteiligten Verlage werden mit Namen und Identifikationsnummern aufgeführt, ebenso – analog zu den Urhebern – die anteilsmäßigen Rechte am Werk. Zusätzlich gibt es das Feld Vereinbarungs_Indikator, welches eine kommaseparierte Liste von Werten der Form „VPxx“ enthält, wobei „x“ eine natürliche Zahl ist. Es wird vermutet, dass es sich dabei um die Abkürzung des Wortes Vertragspartner handelt und die Nummer auf jeweiligen die Urheber*innen des Werkes verweist.

Zusätzlich – und vermutlich bis auf einige Sonderfälle redundant – werden diese Urheber-Verleger-Beziehungen unter dem Element Vereinbarungen aufgeführt (siehe Abb. 4.5). Jede Beziehung wird dabei unter einem Element Vereinbarung geführt und enthält neben den Informationen zur Vertragspartei auch ein Element Typ. In diesem findet sich der Wert „PWR“, was ein Hinweis auf das CWR-Format der CISAC ist, in dem der PWR-Record die Publisher for Writer Beziehung angibt.

Abb. 4.5
figure 5

Element „Vereinbarungen“ einer IWA-XML

Gleiches gilt für das in einigen der uns vorliegenden Testdateien folgende Element Sonst_Titel_Inhalt_Mix, unter dem u. a. Angaben zu sonstigen Titeln als Schlüssel-Werte-Paar (Art, Titel_Inhalt_Mixangabe) geführt werden. Art spezifiziert dabei, ob es sich um einen Titel, Inhalt, Mix oder Sonstiges handelt, das Element Titel_Inhalt_Mixangabe enthält dann die Angabe des eigentlichen Wertes (Abb. 4.6).

Abb. 4.6
figure 6

Element „Sonst_Titel_Inhalt_Mix“ einer IWA-XML

4.1.1.3 Zusammenfassung

Das IWA-XML-Format enthält, zumindest in der Form, wie es aus der GEMA-Datenbank exportiert werden kann, nicht alle der GEMA bekannten Daten über das Werk. Dennoch stellt es die günstigste Option dar, um die eigenen Werke aus der GEMA-Datenbank inhaltlich verlässlich zu exportieren und maschinell weiterverarbeiten zu können.

Das Format ist auf der einen Seite für Menschen gut lesbar, ermöglicht auf der anderen Seite aber auch skalierte Anwendungen, da Werkdaten maschinenlesbar und somit auch in großer Anzahl effizient mit der GEMA ausgetauscht werden können.

Gleichzeitig ist es ein Beispiel eines proprietären Formats einer Verwertungsgesellschaft, da die Spezifikation nicht öffentlich verfügbar ist. Die Nutzung ist damit auf die Interaktion mit der GEMA beschränkt. Ist das Ziel die internationale Anmeldung von Werken bei verschiedenen Verwertungsgesellschaften, ist ein standardisiertes, universelles Format notwendig.

4.1.1.4 Ausblick

Im Geschäftsjahr 2021/2022 findet seitens der GEMA eine grundlegende Überarbeitung des IWA-XML-Schemas und der Werkanmelde-Logik statt. Dies betrifft insbesondere die Knoten zu Vereinbarungen sowie die Art und Weise, wie Verlagsanteile dargestellt werden.

Neu ist die Methodik der sogenannten Vertragsschienen. Diese gehen immer von Urheber*innen aus und beschreiben, welche Verlagsanteile einen bestimmten Urheberanteil vertreten (Abb. 4.7).

Abb. 4.7
figure 7

Beispiel 1 – zwei verlegte Komponisten und ein verlegter Textdichter

Folglich werden Vertragsschienen nur auf verlegte Urheber*innen angewandt, von unverlegten Urheber*innen gehen keine Vertragsschienen aus (Abb. 4.8).

Abb. 4.8
figure 8

Beispiel 2 – ein verlegter Komponist, der von zwei Verlagen vertreten wird, die anderen zwei Komponisten sind unverlegt

Die Summe der Rollenanteile (ROLE%) aller Verlage einer Vertragsschiene muss 100 % ergeben. Ebenso muss die Summe der Rollenanteile der Urheberrollen Komponist*in (K), Textdichter*in (T), Bearbeiter*in (B) und Spezialtextdichter*in (TS) wie gehabt, jeweils für Aufführungsrechte (AR) und mechanische Rechte (MR), 100 % ergeben (Abb. 4.9).

Abb. 4.9
figure 9

Beispiel 3 – Drei Komponisten, einer mit ungleichem Co-Publishing zwischen zwei Verlagen und ein Split-Publishing mit Verlag 3, jeweils mit Rollenanteilen

Für den Fall, dass ein Verlag an mehreren Vertragsschienen beteiligt ist, muss er pro Schiene jeweils einmal dargestellt werden, d. h. pro Datei mehrfach. Wenn der Verlag bspw. in drei Vertragsschienen vorkommt, dann erscheint er dreimal in der IWA-XML als Beteiligter (Abb. 4.10).

Abb. 4.10
figure 10

Beispiel 4 – Ein Verlag, der an mehreren Vertragsschienen beteiligt ist und seine mehrfache IWA-XML-Darstellung

Hintergrund dieser Neuerungen ist die von der GEMA einzuführende „Ableitungslogik“Footnote 6 (siehe auch Abschn. 2.3.3 und 4.2.8). Auf diese Weise lassen sich nun auch komplexere Urheber-Verlag-Zuordnungen eindeutig abbilden.

Weitere Neuerungen betreffen u. a.:

  • die Validierung von IWA-XML Werkanmeldungen,

  • den Scope der Anteile, die ein Verlag melden soll (s. u.),

  • die Meldung von Besetzungen, wenn Bearbeiter-Anteile vorhanden sind sowie

  • das Abfangen spezifischer IPI-Nummern.

Zukünftig sollen Musikverlage im Regelfall nur autoritative, d. h. im engeren Sinne von ihnen vertretene Anteile, im weiteren Sinne Anteile, zu denen sie eine vertrauenswürdige Aussage treffen können, melden. Zu definieren ist jedoch, was genau die GEMA unter einem autoritativen Anteil versteht und ob es Ausnahmen gibt, in denen nicht-autoritativen Anteile dennoch zu melden sind. So ist noch diskussionswürdig, wie mit Co-Publishing-Anteilen, unverlegten Autorenanteilen und von einem anderen Verlag vertretenen Autorenanteilen zu verfahren ist. Dies sind Beispiele nicht-autoritativer Anteile, die vermutlich dennoch im Rahmen einer GEMA-Werkanmeldung gemeldet werden sollen.

4.1.2 CWR

Onlineformulare oder verwertungsgesellschaftsspezifische Datenformate stellen Möglichkeiten für Anmeldungen von Werken an einen bestimmten Partner dar, beispielsweise Verwertungsgesellschaften. Bei einer stark internationalisierten Verwertung eines Verlagskatalogs sind diese Ansätze jedoch unwirtschaftlich, da sowohl die manuelle Eingabe zahlloser Werkdaten in Onlineformularen als auch die Implementierung individueller Datenformate für jede einzelne adressierte Verwertungsgesellschaft ressourcenintensiv sind. Darüber hinaus werden Werkdaten nicht nur an Verwertungsgesellschaften, sondern auch an internationale Geschäftspartner wie Subverlage oder Webdienste (Streaminganbieter, Textdatenbanken etc.) gesendet. Demzufolge sind für eine effiziente und effektive Verarbeitung von Werkdaten auf internationaler Ebene die Existenz und Nutzung entsprechend international einheitlicher Datenformate notwendig.

Ein solches international etabliertes Format ist CWR. CWR steht für Common Works Registration und ist ein standardisiertes Datenformat zum Austausch von Werk- und Beteiligtendaten zwischen Verwertungsgesellschaften, Musikverlagen sowie anderen Beteiligten. Verbreitete Anwendungsfälle sind die Registrierung musikalischer Werke sowie die Aktualisierung der Werkdaten durch Verlage bei einer Verwertungsgesellschaft. Da Verwertungsgesellschaften auch oftmals Webformulare oder eigene Datenformate zur Beschreibung von Werkdaten haben, bspw. IWA-XML der GEMA (siehe Abschn. 4.1.1), findet es insbesondere im Datenaustausch zwischen internationalen Partnern sowie beim Transfer großer Verlagskataloge AnwendungFootnote 7.

Der CWR-Standard wird von der CISAC verwaltet. Die CWR Working Group, ein Gremium mit Vertreter*innen verschiedener Verwertungsgesellschaften und anderer Akteure befasst sich dabei mit Pflege und Weiterentwicklung des Standards. Obgleich Version 3 die jüngste Spezifikation darstellt, ist in der Praxis bislang Version 2.1 sehr verbreitet (siehe auch Abschn. 8.1.3), weshalb sich nachfolgende Ausführungen primär auf diese Version beziehen, genau genommen auf die Spezifikation CWR v2.1 Revision 7Footnote 8.

4.1.2.1 Der Ablauf

Zur Anmeldung seiner Werke erstellt der Verlag eine CWR-Datei mit den entsprechenden Werk- und Beteiligtendaten und sendet diese an die Verwertungsgesellschaft (siehe auch Abb. 4.11). Diese überprüft die erhaltenen Daten und sendet ein sogenanntes Acknowledge-File zurück, welches über Erfolg bzw. Misserfolg der Meldung Auskunft gibt.

Abb. 4.11
figure 11

Ablauf der CWR-Werkanmeldung

Dazu enthält dieses Acknowledge-File Transaktionen, wobei jede Transaktion die Meldung zu genau einem Werk darstellt. Diese Transaktionen werden in einen ACK-Record einfügt, der die gesendete Transaktion mit eventuell von der Verwertungsgesellschaft vorgenommenen Änderungen enthält. Zusätzlich kann noch ein MSG-Record eingefügt werden, welcher einem Original-Record zugeordnet ist und Fehlermeldungen oder Warnungen zu diesem enthält. Außerdem wird angegeben, ob das Werk oder die Werkänderung erfolgreich in die Datenbank der Verwertungsgesellschaft übernommen wurde.

Nach Überprüfung dieser Antwort durch den Verlag sind dann ggf. noch Korrekturschritte vorzunehmen, für welche wiederum das CWR-Format zur Revision erfolgreicher aber falscher oder zur Neuanmeldung fehlgeschlagener Werkanmeldungen genutzt werden kann. Eine vollständigere Übersicht zum Ablauf der CWR-Werkanmeldung findet sich im CWR-Nutzerhandbuch (Zetterlund, Anders (STIM) 2011, S. 42).

4.1.2.2 Grundlegende Struktur

Der CWR-Standard basiert auf dem von der CISAC eingeführten CIS-EDI Format, welches eine allgemeine Strukturierung der Informationen vorgibt (siehe auch Abschn. 7.1.1). Dabei gibt es bezüglich allgemeiner Daten Überschneidungen zwischen den Formaten CWR und CRD (siehe insbesondere Abschn. 7.1.3). Zu den Gemeinsamkeiten zählen u. a. Vorgaben zu den Dateinamen oder die Abbildung allgemeiner Informationen zur Transmission (Übertragung) in dem die Nutzdaten umschließenden Envelope. Auf diese Punkte wird in der nachfolgenden Darstellung nicht eingegangen, vielmehr sollen zunächst die CWR-spezifischen Aspekte beschrieben werden. Dazu gehört, wie Objekte wie musikalische Werke oder Urheber-Verlags-Beziehungen sowie die zugehörigen Informationen, wie zum Beispiel Titel, Kennnummern und Urheber, bei Werken beschrieben werden.

Die im folgenden Abschnitt verwendeten Abbildungen zeigen jeweils den Record mit der entsprechenden Zeile aus der CWR-Datei sowie eine strukturierte Darstellung der Daten dieser Zeile in einzelnen Feldern (siehe Abb. 4.12). Für diese Darstellung wurde das Tool CWR-ValidatorFootnote 9 verwendet, welches in Abschn. 7.1.3 vorgestellt wird.

Abb. 4.12
figure 12

Beispielhafte Zuordnung der Abschnitte eines SPT-Records zu den entsprechenden Feldern

4.1.2.3 Der Inhalt

Eine sogenannte Transaction (Transaktion) soll im CWR-Format alle Daten übermitteln, die für die Registrierung von Werken, Vereinbarungen (Agreements) und anderen Angaben zu den Beteiligten (Interested Party Information, abgekürzt IPIFootnote 10) im elektronischen Datenaustausch erforderlich sind. Tab. 4.2 gibt eine Übersicht möglicher Typen von Transaktionen. Eine Transaktion besteht aus einem Header Record (Transaktionsheader) sowie den zugehörigen Detail Records (Transaktionsrecords). In Abb. 4.13 ist der Transaktionsheader (die NWR-Zeile) und die zugehörigen Transaktionsrecords (die beiden SPU-Records) zu sehen, doch dazu kommen wir gleich genauer.

Tab. 4.2 Übersicht möglicher Typen von Transaktionen
Abb. 4.13
figure 13

Beispiel eines Transaktionsheaders sowie Transaktionsrecords

Eine Transaktion wird zum einen vom Beginn der nächsten Transaktion bzw. dem Erreichen des Gruppentrailers begrenzt, zum anderen haben alle Records einer Transaktion einschließlich des Transaktionsheaders die gleiche Transaktionsnummer (im untenstehenden Beispiel 00000000). Dies gilt für jede in der Transmission enthaltene Gruppe (siehe auch Abschn. 7.1.1).

4.1.2.4 Meldung von Werken

Das CWR-Format dient vorwiegend zur Meldung von Werken. Es wird bei der Anmeldung neuer oder bei der Änderung bereits gemeldeter Werke genutzt, wobei sich die beiden Fälle nur dadurch unterscheiden, ob das Werk bereits in der Zieldatenbank der Gesellschaft vorhanden ist. Eine Änderungsmeldung muss alle Informationen zum Werk enthalten, auch die, die sich nicht geändert haben.

Unterschieden werden die einzelnen Records durch die ersten drei Zeichen einer Zeile. Eine Werk-Neumeldung hat den Code NWR, eine Änderungsmeldung REV. Inhaltlich und strukturell sind die beiden wie gesagt identisch. Ein NWR- oder REV-Record enthält Daten über das Werk, einschließlich des Titels, der ISWC-Nummer, der Musikart, der Länge des Werkes, ob es sich um ein Originalwerk handelt, usw. (siehe auch Abb. 4.13).

4.1.2.5 Meldung von Anteilen

Den Daten zum Werk folgen Angaben zum Verlag bzw. zur Verlagsstruktur. Diese unterteilen sich in SPU-Records und OPU-Records und umfassen Informationen zu Originalverlag(en) sowie, falls zutreffend, administrierenden oder Subverlagen. Die Struktur dieser unterschiedlichen Konstellationen wird dabei in einer Hierarchie, bzw. Abfolge von entsprechenden SPU-Records festgehalten (siehe Abb. 4.14).

Abb. 4.14
figure 14

SPU-Record (Informationen zum Verlag)

Diesen kann ein SPT-Record folgen, der die Gültigkeit der Verlagsangaben für ein bestimmtes Territorium einschränkt (siehe Abb. 4.15). An diesen SPT-Records werden auch die Collection Shares vermerkt, also die Prozentsätze, die den jeweiligen Verlagen für zugehörige Werke in entsprechenden Territorien zustehen, während die Ownership Shares an den SWR-Records vermerkt sind (siehe auch Abschn. 4.2).

Abb. 4.15
figure 15

SPT-Record (Informationen zum Territorium)

Sollten mehrere Verlage Urheber*innen des betreffenden Werkes vertreten, können diese anderen Verlage in „OPU“ Records vermerkt werden. OPU-Records beinhalten Daten zu Originalverlagen der anderen Urheber*innen, welche Anteile an dem Werk vertreten, aber nicht von dem meldenden Verlag kontrolliert werden. Die Angaben hierzu sind optional, da im Idealfall jeder Verlag das Werk und seine eigene Verlagsstruktur eigenverantwortlich meldet. Wenn also drei verschiedene (Co-)Verlage Urheber*innen ein und desselben Werkes vertreten, dann sollten Verwertungsgesellschaften jeweils drei Meldungen zum selben Werk von den beteiligten Verlagen erhalten. Im Falle von Konflikten zwischen den Meldungen müssen Verwertungsgesellschaften für entsprechende Klärungen sorgen.

4.1.2.6 Meldung von Beteiligungen

Den Informationen zum Verlag folgen dann Informationen zu den Urheber*innen. Auch hier wird wieder unterteilt in Urheber*innen, die vom meldenden Verlag vertreten werden (SWR-Records) und Urheber*innen, die nicht vom meldenden Verlag vertreten werden (OWR-Records). Hier werden unter anderem der Name des Urhebers, dessen Rolle bei der Entstehung des Werkes und die Ownership-Anteile festgehalten (siehe Abb. 4.16). Auch hier können wiederum Records für Geltungsbereiche in unterschiedlichen Territorien folgen (SWT). Zwingend muss aber ein oder mehrere PWR-Records folgen, welche die Zuordnung zwischen Verlag und Urheber*in darstellt. Dies ist wichtig, wenn nicht alle Urheber*innen vom selben Verlag vertreten werden.

Abb. 4.16
figure 16

SWR-Record (Information zum Urheber)

Zu den weiteren in einer CWR-Datei enthaltenen Informationen gehören die Angaben zu alternativen oder lokalisierten Titeln (ALT), zur Instrumentierung in den INS- bzw. IND-Records sowie Informationen zu speziellen Werkarten, wie Exzerpte (EWT), Werkversionen (VER), ausführenden Künstlern (PER), Informationen zu Aufnahmen des Werkes (REC) oder bei Coverversionen zum Originaltitel (ORN).

4.1.2.7 Zusätzliche Felder, zusätzliche Herausforderungen

Obgleich das CWR-Format einen standardisierten Austausch von Werkdaten ermöglichen soll, existieren zu den meisten Records zusätzliche Felder, die nur von bestimmten Verwertungsgesellschaften benötigt bzw. verarbeitet werden. Eine CWR-Datei, welche an die deutsche Verwertungsgesellschaft GEMA gesendet wird, kann sich also vom einer für die englische Verwertungsgesellschaft PRS unterscheiden, selbst wenn es Informationen zu denselben Werken enthält.

Weitere Herausforderungen liegen in einer – in der Praxis leider sehr verbreiteten – „pragmatischen“ Interpretation der Vorgaben des Standards. So werden häufig inhaltlich sicher diskutable, aber in der Spezifikation klar formulierte Regeln ignoriert.

All diese Einschränkungen führen dazu, dass Nutzen bzw. Vorteile von CWR als internationales, durch die CISAC standardisiertes Datenformat nicht in dem Maße erschlossen werden können wie eigentlich möglich (siehe auch Abschn. 8.1).

4.1.2.8 Zusammenfassung

In der Internationalisierung der Wahrnehmung von Verwertungsrechten an musikalischen Werken spielt das CWR-Format eine zentrale Rolle, da es einen standardisierten Weg eröffnet, international einheitlich Werkdaten zu Verwertungsgesellschaften oder zwischen Verlagen zu übermitteln. Dennoch zeigen sich in der Praxis verschiedene Probleme bei der Nutzung des Formats, angefangen von nicht-spezifikationskonformen Implementierungen bei der Verwertungsgesellschaften bis hin zu Unstimmigkeiten in der Spezifikation. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesen Aspekten erfolgt daher in Abschn. 8.1.

Nach der Werkanmeldung erfolgt in der Interaktion zwischen Verwertungsgesellschaften und Verlagen die Tantiemenabrechnung. Hier bestehen bei der internationalen Wahrnehmung die gleichen Herausforderungen wie bei der Werkanmeldung hinsichtlich Skalierung und Automatisierung. Ein auf der gleichen technischen Grundlage wie CWR basierendes Datenformat zur Übermittlung der Tantiemen ist das CRD-Format. Dieses wird in Abschn. 5.2 eingeführt.

4.2 Zur Nomenklatur der Anteilsarten von Musikwerken

Die Schaffung und die Verwertung musikalischer Werke sind komplexe und interdisziplinäre Arbeitsschritte, bei der zahlreiche Personen in unterschiedlichen Rollen beteiligt sein können. Die Anteile der unterschiedlichen Akteure können wiederum aus unterschiedlichen Perspektiven beschrieben werden. Das Ergebnis ist in der Realität ein komplexes Konstrukt möglicher und parallel existierender Anteilsangaben, wobei die Komplexität zunächst nicht in der Mathematik steckt – es sind ja nur Anteilsangaben, die zumeist in der Summe 100 % ergeben sollen – sondern vielmehr im Verständnis der unterschiedlichen Semantik und der widerspruchsarmen Überführung der Anteile ineinander. Die Anteile spiegeln in ihrer Gesamtheit die mathematischen Vorgaben für die Berechnung weiterer Anteilsarten oder die Verteilung von Tantiemen wider, jeweils aus unterschiedlichen Perspektiven (siehe Abb. 4.17).

Abb. 4.17
figure 17

(Quelle: ALVDIGITAL Systems)

Vier Anteilsarten pro Werk und Beteiligten, darunter INTL% für den Export von Werkdaten im CWR-Format.

Diese Perspektiven lassen sich durch die Formulierung von Leitfragen verdeutlichen, die die jeweiligen Anteilsarten beantworten sollen (siehe Tab. 4.3).

Tab. 4.3 Anteilsarten und zugehörige Leitfragen

Die meisten Musikverlage beschäftigen sich in ihrer täglichen Arbeit zumeist mit zwei Arten von Anteilen an Musikwerken, die sie als „Rollenanteile“ und „Werkanteile“ kennen. Die nachfolgenden Ausführungen stellen diese näher vor und erweitern dabei den Betrachtungshorizont um drei weitere, wichtige Anteilsarten, welche insbesondere im Kontext der Internationalisierung ihre Relevanz entwickeln.

4.2.1 Rollenanteile – ROLE%

Unter Rollenanteilen (ROLE%) versteht man die Anteile von Beteiligten innerhalb ihrer Rollenzugehörigkeit, man könnte sagen: ihrer Peer-Group. Man betrachtet Komponist*innen, Textdichter*innen und Musikverleger*innen jeweils untereinander und spezifiziert, welchen Anteil sie am Musikwerk in der jeweiligen Rolle haben (siehe auch Abb. 4.18).

Abb. 4.18
figure 18

Beispiel der Rollenanteile ROLE%

Wenn beispielsweise vier Komponist*innen gleichwertig am Werk beteiligt waren, so halten sie jeweils 25 % der Rollenanteile innerhalb der Komponistenrolle. Die Anteile aller Beteiligten einer Rolle müssen immer 100 % ergeben.

4.2.2 Werkanteile – OWN%

Werkanteile ist ein dehnbarer Begriff, welcher so verstanden wird, dass er jene Anteile beschreibt, die bei der Heimatverwertungsgesellschaft des Originalverlags als absolute Anteile am Musikwerk in deren Werkedatenbank hinterlegt werden (siehe auch Abb. 4.19).

Abb. 4.19
figure 19

Beispiel der Werkanteile OWN%

Anstelle von Werkanteilen wird bevorzugt von „Eigentums“-Anteilen (OWN%) gesprochen, in Anlehnung an Unternehmensbeteiligungen, für die man Anteile an einem Unternehmen erhält. Sie sind die absoluten, d. h. nicht nur rollenbezogenen Anteile jedes Beteiligten am Musikwerk. Genutzt werden sie derzeit beispielsweise bei der CWR-gestützten Werkanmeldung bei Verwertungsgesellschaften weltweit (siehe auch Abschn. 4.1.2) und der Anmeldung subverlegter Werke bei der GEMA.

In diesem Prozess meldet man Werke mit OWN% und COLL%, lässt die Verwertungsgesellschaft diese prüfen, ggf. modifizieren oder ergänzen, und erhält mit der Ausregistrierung des Werkes COLL% von der Verwertungsgesellschaft zurück.

4.2.3 Internationale Anteile – INTL%

Internationale Anteile, d. h. eine Umrechnung der „krummen“ GEMA-Anteile in ein international übliches Format, wo Autor*innen und Verlage sich sowohl für Aufführungsrechte als auch für mechanische Rechte 50:50 teilen und innerhalb der Autorenrollen sich auch Komponist*innen und Textdichter*innen 50:50 teilen, kürzen wir als INTL% ab (siehe Abb. 4.20).

Abb. 4.20
figure 20

Beispiel der internationaler Anteile INTL%

Mit „international“ ist primär „nicht Kern-Europäisch“ gemeint, da insbesondere der angelsächsische Raum die 50:50 Aufteilung seit jeher verinnerlicht und um eine weitere Vereinfachung, die kombinierte Rolle „CA“ (Komponist und Textdichter), ergänzt hat. INTL% sind die Ausgangsbasis für den Werkdatenaustausch mit ausländischen Verwertungsgesellschaften und Musikverlagspartnern.

Eine Umrechnung von ROLE% nach INTL% ist meist problemlos möglich und kann in entsprechenden Verlagsmanagementsystemen vorgenommen werden.

4.2.4 Manuskriptanteile – MANU%

Bei Manuskript-Anteilen (MANU%) sind Musikverlage außen vor, es finden nur die Beiträge der Autor*innen Berücksichtigung. Der jeweilige kreative Anteil der am Werk beteiligten Komponist*innen, Textdichter*innen und Bearbeiter*innen wird bewertet und in eine prozentuale Beteiligung auf 100 % – ohne Verlagsanteile – überführt (siehe auch Abb. 4.21). Beispielweise könnten sich drei Komponist*innen mit 15 %, 20 % und 25 % sowie zwei Textdichter*innen mit jeweils 20 % der Anteile am Werk die 100 % der kreativen Urheberanteile teilen.

Abb. 4.21
figure 21

Beispiel der Manuskriptanteile MANU%

Auf den ersten Blick erscheinen MANU% wie ROLE% ohne Verlagsanteile, doch gehen MANU% noch einen Schritt weiter: sie heben die Trennung zwischen der Komponisten- und der Textdichter-Rolle auf. Es wird allein das „Manuskript“, das Gesamtwerk, fraktioniert: „welche Person hat zu welchem Prozentsatz zum Werk beigetragen?“

Zukünftige Spezifikationen für Werkdaten-Formate wie CWR 3.x werden, nach Meinung von Experten, auf MANU% abstellen und damit das bislang auf OWN% und COLL% basierte Datenmodell ablösen. Andere Ansätze wie die Anteilsart GLOC% (siehe Abschn. 4.2.7) gehen noch einen Schritt weiter als MANU%: sie überwinden darüber hinaus die Teilung zwischen den Rechtearten und Rechtssystemen.

4.2.5 Collection-Anteile – COLL%

Collection-Anteile (COLL%) sind die raison d’être von Verwertungsgesellschaften, die mit dem Inkasso von Lizenzeinnahmen aus Nutzungen der ihnen anvertrauten Musikwerke beauftragt sind. Die Tantiemen werden eingesammelt („collect“) und anhand verwertungsgesellschaftsspezifischer Regelwerke nach dem Einbehalt von VerwaltungsgebührenFootnote 11, an die berechtigten Autor*innen und Verlage ausgeschüttet. Die mathematische Grundlage für diese Ausschüttungen beschreiben die COLL% (siehe Abb. 4.22). Konsequenterweise betrachten moderne Repertoire-Managementsysteme die bei den Verwertungsgesellschaften hinterlegten Anteile als COLL% und nicht wie landläufig gemeint als OWN% oder Werkanteile.

Abb. 4.22
figure 22

Beispiele der Collection-Anteile COLL%

Da für ein und dieselben Werke theoretisch und manchmal auch praktisch bei unterschiedlichen Verwertungsgesellschaften verschiedene Beteiligtenlisten und Anteile hinterlegt sein können, müssen diese spezifisch pro Verwertungsgesellschaft dargestellt werden (siehe Abb. 4.23).

Abb. 4.23
figure 23

(Quelle: ALVDIGITAL Systems)

Collection-Anteile der Verwertungsgesellschaft, bei denen ein Werk registriert ist. Da es zwischen den Verwertungsgesellschaften zu Abweichungen bei den Anteilen und Beteiligten kommen kann, sind die COLL% jeder Verwertungsgesellschaft separat dargestellt.

4.2.6 Author Shares – AUTH%

Die oben genannten Anteilsarten stellen die in der Praxis gebräuchlichsten dar, sind aber keinesfalls abschließend und können zukünftig durch verschiedene, neuartige bis disruptive Anteilsarten ergänzt werden. Ein Beispiel hierfür sind Autorenanteile (AUTH%).

AUTH% weisen grundlegend eine Ähnlichkeit zu MANU% auf, nur dass bei ihnen die Darstellung der Anteile unabhängig von der Rolle der Urheber*innen erfolgt. Während bei MANU% noch eine Zuordnung zu den klassischen Rollen ersichtlich ist, zeigen AUTH% nur, welche Person welchen Anteil an der Schaffung des Werkes hat, die Summe aller Anteile ergibt immer 100 %. Dies ermöglicht eine deutliche Vereinfachung (keine Hierarchie) bei gleichzeitiger Flexibilisierung (da diese Darstellung nicht nur auf die Rollen Komponist oder Textdichter) beschränkt ist. Eine genauere Beschreibung und Diskussion des Ansatzes erfolgt in Abschn. 8.2.

4.2.7 Global Creative Shares – GLOC%

Während sich AUTH% in die bisherigen Konzepte von Urheberrechtsanteilen einfügen, kann der Fokus auch über diese Perspektive hinaus erweitert werden. Die Global Creative Shares (GLOC%) als holistische Anteile verwerfen dabei die übliche Trennung von Urheber- und Leistungsschutzrechten.

Sie werden nicht Werken, sondern Tracks (also Aufnahmen von Werken) zugeordnet und listen sämtliche am Erlös eines Tracks Beteiligten auf, unabhängig von ihren Rollen (Komponist*in, Sänger*in, Gitarrist*in, Produzent*in…).Footnote 12

4.2.8 Zukünftige Share Pictures, Freie Vereinbarkeit und die Ableitungslogik

Auch wenn es sich bei dem Großteil der Anteilsarten um etablierte Konzepte handelt, sind dies keine statischen Gebilde. Neben den in den vorangegangenen Kapiteln beschriebenen, teilweise disruptiven Ansätzen, unterliegen auch etablierte Herangehensweisen einer stetigen Weiterentwicklung. Der folgende Abschnitt zeigt exemplarisch anhand aktueller Entwicklungen bei der GEMA mögliche Dynamiken und daraus entstehende Herausforderungen (siehe auch Abschn. 2.3.3).

Der Begriff der Share Pictures (deutsch: „Anteilsbilder“) hat sich für Abbildungen bzw. Auflistungen von Anteilsstrukturen bei der GEMA etabliert und findet aktuell viel Beachtung. Insbesondere das Narrativ, dass sich die Share Pictures der GEMA kurzfristig und durchgehend ändern werden. Woher kommt dies? Im Rahmen der GEMA-Mitgliederversammlung Ende September 2020 wurde mit der Annahme des Antrags zu TOP 19 eine grundlegende Neuordnung der Anteilsregeln beschlossen. Dies betraf alle Mitglieder, Urheber*innen wie Verlage, und verlangte nach einer engen Abstimmung zwischen der GEMA-Dokumentation und den IT-Systemen der Verlage zur reibungslosen Umsetzung der zukünftigen, rein digitalen Werkanmeldeprozesse.

Die zwei zentralen Elemente der Neuregelung sind zum einen die Freie Vereinbarkeit im Aufführungsrecht (AR) und zum anderen die Einführung einer Ableitungslogik.

4.2.8.1 Freie Vereinbarkeit

Die Neuregelung ermöglicht es, die freie Vereinbarkeit der Urheberanteile im AR für alle neu angemeldeten Werke als Standard in den Werkanmeldeprozess zu integrieren. In diesem Zusammenhang wurde die bisherige Standardverteilung, die sich an der Vergabe von Zwölftel-Anteilen orientierte, in 64:36 zwischen Komponisten und Textdichtern geändert. Der Split zwischen Urheber*innen und Verlagen von 2/3 (66,67 %) zu 1/3 (33,33 %) bleibt hiervon unberührt. Seit 1. Juli 2020 können Werke dergestalt angemeldet werden, dass die Komponisten- und Textdichterrollen in einem beliebigen Verhältnis zueinander gesetzt werden können, beispielsweise 50:50, jedoch im Rahmen folgender Grenzen:

  • für die Komponistenrolle minimal 55 % von 64 % (neue Standardverteilung) = 35,2 %, d. h. maximal 64,8 % für die Textdichter*innen

  • für die Textdichterrolle minimal 55 % von 36 % (neue Standardverteilung) = 19,8 %, d. h. maximal 80,2 % für die Komponist*innen

4.2.8.2 Einführung einer Ableitungslogik

Das zweite Element der Neuerungen besteht in der Einführung einer Ableitungslogik, d. h. einer Berechnung der Verlegeranteile ausschließlich aufgrund der von ihnen vertretenen Urheberanteile – eine einfache, gerechte und klare mathematische Funktion. Dies ermöglicht es, die aktuelle „Schubladenlogik“ des GEMA Verteilungsplans mit ca. 1500 unterschiedlichen Anteilschlüsseln durch wenige, logisch aufeinander aufbauende Regeln für die Berechnung der Verlegeranteile abzulösen. Diese Ableitungslogik wird sowohl auf das bei der GEMA hinterlegte Altrepertoire wie auch für alle neu angemeldeten Werke zukünftig gelten. In diesem Zusammenhang werden mehr als 16 Mio. „GEMA Share Pictures” geprüft und ggf. im Sinne der neuen Standardverteilung sowie der Ableitungslogik angepasst.

Beide Elemente, Freie Vereinbarkeit und Ableitungslogik, flexibilisieren und vereinfachen den GEMA-Verteilungsplan erheblich und beseitigen Inkonsistenzen. Gleichzeitig gelingt eine Annäherung an internationale Standards, die es der GEMA erleichtert, in Kooperationen wie ICE zu agieren.

Nicht beseitigt werden durch diese Maßnahmen Unschärfen bei den Anforderungen an Anmeldungen von Split- und Co-Publishing-Werken sowie Schwierigkeiten beim Abgleich parallel einlaufender Werkanmeldungen und Counterclaims auf Ausregistrierungen. Counterclaims sind widersprüchliche durch andere Verlage oder Rechteinhaber*innen gemeldete Ansprüche an einem bereits gemeldeten Werk, welche aufzulösen sind.

Ebenfalls eine offene Flanke sind die sogenannten asymmetrischen VRT-Werke, deren Bereinigung ein Upgrade der Verwertungsgesellschaft- und Verlag-Systeme auf mindestens CWR-Standard 2.2 erfordert, zur Ergänzung von Indizes in PWR-Records. Die bisherige Dokumentation im DIDAS-System der GEMA kumulierte die Verlagsanteile, was dazu führte, dass bei asymmetrischen VRT-Werken die Verlagsanteile bei Werken mit mehreren Urheber*innen und Originalverlagen nicht eindeutig ermittelt werden konnten und eine kompromissbehaftete Gleichverteilung auf die Originalverlage zur vorläufigen Auflösung herangezogen wurde (GEMA 2022c).