Zusammenfassung
Max Horkheimer und Theodor W. Adorno (1947) haben in der Dialektik der Aufklärung einen der ambitioniertesten strukturtheoretischen Ansätze innerhalb der Antisemitismusforschung formuliert, der zum Ausgangspunkt genommen wird, weil mit ihm die Ambivalenzen des Antisemitismus in seinen Beziehungen zwischen Individuum und Gesellschaft am ehesten begreifbar gemacht werden können. Horkheimer/Adorno haben betont, dass der Antisemitismus nicht den ökonomischen Nutzen im Blick hat, sondern dass es vielmehr um psychische Dispositionen geht, wobei Antisemitismus nur vordergründig rational intentionslos ist: Die Intention bildet allerdings der (unbewusste) Affekt, der entladen werden soll – womit sie den entscheidenden theoretischen Schritt über Jean-Paul Sartre (1945) hinausgegangen sind, der noch einen rational-ökonomischen Interessenbegriff vertreten hatte und nicht konsequent genug sah, dass das menschliche Interesse auch triebbedingt, sprich: unbewussten Phantasien zur Ausagierung verhelfend, dominiert sein kann, wie dies auch beim Antisemitismus der Fall ist. In Anlehnung an Béla Grunberger (1962) kann gesagt werden, dass der Antisemit seine Konflikte auf „den Juden“ projiziert und einige seiner psychischen Komplexe auf ihn abreagiert.
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Salzborn, S. (2022). Antisemitismus und Individuum: die Mikroebene. In: Antisemitismustheorien. essentials. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-38695-5_2
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