Zusammenfassung
Durch eine differenziertere Perspektive auf die Street-level-Experimente soll in diesem Kapitel überprüft werden, ob und inwiefern die alltägliche Praxis im Rahmen der untersuchten SLEs als politische Praxis angesehen werden kann. Dazu werden in einem ersten Schritt Politikkonzepte aus der Street-level-Forschung (Brodkin 2011, 2013) und aus dem Bereich der Science and Technology Studies (De Vries 2007; Brown 2015; Voß/Schroth 2018) aufgegriffen. In einem zweiten Schritt wird anhand der Prozesse der De-Politisierung, der Sub-Politisierung und der Re-Politisierung gezeigt, warum es sich lohnt, eine politische Dimension politischer Experimente auf dem Street-level zu betonen. In einem dritten Schritt wird schließlich vor dem Hintergrund von widerstreitenden Governance- und Postdemokratie-Diskursen für mehr Reflexivität und Diversität bezogen auf die experimentellen Prozesse auf dem Street-level plädiert.
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Notes
- 1.
Allerdings können die Ergebnisse der experimentellen Prozesse insofern als kollektiv bindend angesehen werden, als sie (zunächst und zumindest in ihrem konkreten Anwendungskontext auf dem Street-level) in gemeinsame Aktivitäten, Vorstellungen und Werte einfließen, Aussagen über bestimmte Zusammenhänge etablieren und materielle Arrangements bilden, die von den beteiligten Akteur*innen (bis zu einem gewissen Grad) respektiert und übernommen werden müssen, um weiterhin an einer gemeinsamen Realität teilhaben zu können (Voß/Schroth 2018).
- 2.
Voß und Schroth weisen darauf hin, dass vielen Entscheidungen im Verlauf von politischen Experimenten häufig keine größere politische Bedeutung beigemessen wird, da sie als epistemische Entscheidungen gerahmt und dadurch einer öffentlichen Diskussion entzogen werden Voß/Schroth 2018. Mit Blick auf die Veränderung des organisationalen Settings auf dem Street-level betont auch Brodkin, dass diese Veränderungen in der Regel unter der Rubrik Verbesserung von Abläufen, Effizienzsteigerung oder Qualitätssicherung verhandelt würden, während politische Auswirkungen der organisationalen Veränderungen wenig Beachtung fänden Brodkin 2013. Zudem werden bei der Auseinandersetzung mit experimentellen Verfahren der Politikgestaltung häufig ein vereinfachendes und idealisierendes Verständnis der Generierung von Wissen und Erfahrungen im experimentellen Prozess vermittelt. Allerdings gibt es viele Hinweise darauf, dass selbst wissenschaftliche Fakten eher durch soziale Aushandlungsprozesse als durch die neutrale Anwendung formaler Methoden zustande kommen Knorr-Cetina 1984, 1995; Latour/Woolgar 1986.
- 3.
Sabel und Zeitlin haben ihr experimentalist Governance-Konzept und den Ansatz der Directly-Deliberative Polyarchy vor allem mit Blick auf internationale politische Systeme wie die Europäische Union entwickelt und haben deshalb zum Teil andere empirische Konstellationen vor Augen (Sabel/Zeitlin 2008, 2012). Allerdings kann auch für diese Konstellationen bezweifelt werden, dass experimentelles Lernen in der skizzierten Form stattfindet.
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Maas, F. (2022). Zur politischen Dimension von SLEs. In: Politik zwischen Innovation und Machbarkeit. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-38335-0_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-38335-0_8
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