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1 Einleitung

Für einen Teil der Menschen mit Unterstützungsbedarf ist das Leben in besonderen Wohnformen und damit organisationalen Zusammenhängen Alltagsrealität (vgl. BAGüS, 2020). Es ist ein Leben in verschiedenen Abhängigkeiten, die aber beeinflussbar sind. Eine partizipative Gestaltung von Veränderungsprozessen ihrer Lebenszusammenhänge sollte ein bedeutsames und anzustrebendes Ziel in der Begleitung und Assistenz dieser Personengruppe sein.

Für eine passende Gestaltung partizipativer Veränderungsprozesse werden differenzierte Erkenntnisse über die Lebensrealität der Zielgruppe in unterschiedlichen Wirkungskreisen benötigt. Vorhaben im Bereich der Teilhabeforschung können solche Erkenntnisse hervorbringen. Allerdings sind Prozesse der Teilhabeforschung mit spezifischen Herausforderungen verbunden. Diese sind in Teilen durch den organisationalen Kontext bedingt und oft nur schwer identifizierbar. Ein Modell der Organisationskultur kann hier einen Zugangsweg zum Verstehen dieser Herausforderungen leisten.

Das Phänomen ,Organisationskultur‘ soll in diesem Beitrag exemplarisch durch das praxisnahe Modell von Edgar Schein (2010) erläutert und diskutiert werden. Scheins Modell bietet mit den drei Ebenen der „Basisannahmen“, der „Normen und Standards“ und der „Symbole und Zeichen“ ein differenziertes Verstehens- und Analyseinstrument. Die nachfolgenden Ausführungen können dazu anregen, gelingende, schwierige oder scheiternde Prozesse der Teilhabeforschung in Organisationen anders zu verstehen und erste Ansatzpunkte der Veränderung zu diskutieren. Dazu ist zunächst eine Orientierung im Themenfeld der Teilhabe notwendig, um nachfolgend das Modell von Schein vorzustellen und dann die Basisannahmen in Bezug auf Teilhabe zu konkretisieren.

2 Das komplexe Feld der Teilhabe – eine Orientierung

Zur Annäherung an das Themenfeld der Teilhabeforschung soll zunächst der Begriff der Teilhabe expliziert werden, auf den sich die Autorinnen beziehen. Der Diskurs um den Begriff der Teilhabe und seine inhaltlichen Bedeutungen ist von einer großen Heterogenität geprägt. Es lassen sich verschiedene Definitionen des Teilhabebegriffs mit vielfältigen Bedeutungsebenen finden (vgl. z. B. Grampp, 2015; Aktionsbündnis Teilhabeforschung, 2015; Beck et al., 2018; BHP et al., o. J.).

2.1 Begriffsverständnis Teilhabe

In Anlehnung an das Aktionsbündnis Teilhabeforschung wird Teilhabe von den Autorinnen verstanden als „Wechselwirkungsverhältnis zwischen Gesellschaft, Umwelt und Individuum. Strukturell, auf der Ebene von Gesellschaft und Umwelt beinhaltet Teilhabe die Bedingungen, Ressourcen und Möglichkeiten für das barrierefreie und vielfältige Eingebunden-Sein in gesellschaftliche und kulturelle Lebensbereiche und Funktionssysteme. Auf der Ebene von Prozessen meint Teilhabe die Möglichkeiten zur (An-)Teilnahme, Beteiligung, Mitwirkung und Mitbestimmung in den persönlichen, öffentlichen und politischen Angelegenheiten. Auf individueller Ebene lässt sich Teilhabe als Verwirklichungschancen im Sinne von Handlungs- und Gestaltungsspielräumen in persönlicher Lebensführung und Alltagsbewältigung verstehen. Deskriptiv-empirisch gesehen ist Teilhabe ein Konzept, um Bedingungen, Prozesse und Ergebnisse von gesellschaftlichen Inklusions- und Exklusionsvorgängen besser zu verstehen. Auf normativer Ebene ist Teilhabe positiver Ausdruck gesellschaftlicher Zugehörigkeit und damit ein Gegenbegriff zu sozialer Ausgrenzung“ (Aktionsbündnis Teilhabeforschung, 2015, S. 3, kursive Hervorhebung durch Fettdruck im Original).

Ebenso ist, in Anlehnung an Beck (2009, S. 47), der Aspekt der Prozesshaftigkeit von Teilhabe relevant. Teilhabeprozesse, die an den Lebenslagen der Individuen und den aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen orientiert und durch diese gerahmt sind, sollten für die Realisierung von Teilhabechancen differenziert erfasst und analysiert werden. Dies ist u. a. Ziel der Teilhabeforschung.

Nicht zuletzt erfordert Teilhabe Lernprozesse bei allen beteiligten Akteur*innen: „Teilhabe [ist] nicht voraussetzungslos […]: Teilhabe setzt Lernprozesse voraus, nicht nur aufseiten der behinderten Menschen, sondern auch aufseiten der Organisationen: Mehr Partizipation von Nutzer*innen gelingt nur auf der Basis einer partizipativen Kultur, die soziale Organisationen insgesamt verändert.“ (BHP et al., o. J., S. 11). In der Konsequenz der angezeigten stetigen Veränderung der systemischen Bedingungen von Teilhabe sind Forscher*innen allgemein herausgefordert, ihr Verständnis von Teilhabe stetig zu reflektieren und anzupassen.

2.2 Teilhabekonzepte in Organisationen

Forscher*innen im Bereich der Teilhabeforschung werden in ihren Forschungsprozessen – so ist anzunehmen – mit vielfältigen Begriffsverständnissen von Teilhabe konfrontiert. Dies wird auch der Fall sein, wenn die Lebens- und/oder Arbeitsbedingungen von Menschen mit Unterstützungsbedarf, die in Organisationen leben, unter dem Fokus der Teilhabemöglichkeiten oder -barrieren differenzierter erforscht werden sollen. Zwangsläufig kommt die Organisation als Rahmenbedingung von Leben und Arbeit der Menschen mit Unterstützungsbedarf in den Blick.

Ein umfassendes, konsensuelles, organisationsinternes Verständnis von Teilhabe ist weder zu erwarten noch in einer Organisation herzustellen. Diese Heterogenität des Verständnisses von Teilhabe wird sich durch verschiedene Einstellungen und Grundannahmen auf unterschiedlichen, nun darzustellenden Ebenen zeigen. Jetzke (2015, S. 38) nutzt den Begriff des „Konzepts“ für solche mehrdimensionalen Begriffsverständnisse und organisationsinterne Annahmen zu zentralen Inhalten der Organisation (bei Jetzke exemplarisch zum Thema „Zukunft“ ausgeführt). Für den Begriff der Teilhabe kann also sein Konzeptbegriff analog zum Verstehen der verschiedenen inhaltlichen Ebenen von Teilhabe beitragen. Es lässt sich folgern, dass jede Organisation nicht nur vielfältige eigene Teilhabekonzepte entwickelt, sondern diese auch im Grad der Bewusstheit und weiteren Bearbeitung unterschiedlich zugänglich sind. Dimensionen von Teilhabekonzepten umfassen räumliche und zeitliche Orientierungen sowie Einstellungen und Haltungen der Organisation gegenüber Teilhabe (in Anlehnung an Jetzke, 2015, S. 38). Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass Forscher*innen im Forschungsfeld Organisation höchst unterschiedlichen Konstruktionen von Teilhabe-Wirklichkeiten begegnen.

Für Forscher*innen kann demgemäß ein Überblick über die verschiedenen Definitionen und Konstruktionen von Teilhabe aus den Wissenschafts- und Praxisdiskursen hilfreich sein, um flexibel und erkennend der Praxis begegnen zu können.

2.3 Teilhabeforschung in Organisationen

Organisationale Rahmenbedingungen stellen nach Auffassung und Erfahrung der Autorinnen eine besondere Umwelt für die Forscher*innen mit ihren Anliegen dar. Zum einen sind Organisationen faktisch ein bedeutsamer, struktureller Einflussfaktor für Teilhabeprozesse. Dies gilt besonders für Organisationen, in denen die Menschen mit Beeinträchtigungen viel Zeit verbringen, weil diese ihre zentralen Lebensbereiche (wie z. B. Wohnen, Arbeit) abdecken. Hier ist ein hoher Einfluss zu vermuten. Für diese Organisationen gilt per se, dass sie in bestimmten Bereichen Wahlfreiheiten einschränken, z. B. mit Blick auf Wohngruppen und die Wahl der Mitbewohner*innen. Individuelle Wünsche und Bedarfe müssen sich mit strukturellen Bedingungen vereinbaren lassen (vgl. Ortland, 2016, S. 114 ff.).

Zum anderen ist der Zugang zu Menschen mit Behinderungen, die in Organisationen der Eingliederungshilfe wohnen, in der Regel vermittelt durch Mitarbeitende. Der Zugang der Forscher*innen zu den Nutzer*innen erfolgt über einen Weg, der oft – als interne Vorgabe der Einrichtungen – Hierarchieebenen berücksichtigen muss. Die Anfrage bei der Leitung der Einrichtung ist häufig der erste Kontakt der Forscher*innen. Je nach Forschungsanliegen, das an dieser Stelle geprüft wird, sind weitere Mitarbeitende zu kontaktieren, bevor die Bewohner*innen oder Beschäftigten Probanden*innen werden können. Die Kontakte sind selten bis nie unmittelbar herzustellen. Es zählt zu den Erfahrungen der Autorinnen in entsprechenden Forschungskontexten, dass selbst Bewohner*innen-Beiräte selten eine eigene Mailadresse besitzen, sodass sie kaum direkt kontaktiert werden könnten.

Mitarbeitende verschiedener Hierarchieebenen werden somit zu sogenannten Gatekeepern, die Zugang zu den Menschen mit Behinderungen ermöglichen oder verwehren. Eine mögliche Ursache dafür könnte aus einem noch paternalistisch geprägten Verständnis der Begleitung resultieren (vgl. Trescher, 2018, S. 310 ff.). Solche Annahmen darüber, welche Begleitung von Menschen mit Unterstützungsbedarf in Organisationen „richtig“ und „angemessen“ ist, kann bei Mitarbeitenden trotz des Wissens um Selbstbestimmung und Teilhabe noch durch andere Haltungen geprägt sein. Dahinter können sich unausgesprochene, der Reflexion wenig zugängliche sog. Basisannahmen verbergen, die Teil der Organisationskultur sind. Mitarbeitende sind Träger*innen von Organisationskulturen, die Teilhabeprozesse verhindern, erschweren oder auch hilfreich unterstützen können. Dies wird nun im Folgenden als eine ergänzende Perspektive für die Forscher*innen im Themenbereich Teilhabe erläutert.

3 Das Phänomen Organisationskultur

3.1 Funktionen von Organisationskulturen

Organisationskulturen sind komplexe Phänomene mit vielfältiger Wirkmächtigkeit auf alle Akteur*innen, die in Organisationen leben oder arbeiten. In ihr wirken informelle Kräfte, sogenannte implizite Prozesse und Strukturen (Greving, 2016, S. 221).

Für Organisationen werden die Organisationskulturen als sinnvoll erlebt. Sie können in ihrem Entstehungsprozess nicht verhindert werden und verschiedene Funktionen haben (vgl. Jetzke, 2015, S. 35). Zunächst lässt sich eine Stabilisierungsfunktion beschreiben: Organisationskulturen geben den Mitgliedern einen Orientierungsrahmen für ihr Handeln. Auf diesem Weg wird tradiert, welche Handlungen in einer Organisation erwünscht/richtig/akzeptiert sind. Darüber hinaus kann eine Organisationskultur für die Mitglieder wie ein Wahrnehmungsfilter wirken und hat in diesem Fall eine Komplexitätsreduktionsfunktion. Sie ermöglicht die Differenzierung zwischen Informationen und Problemen, die für eine Organisation relevant sind oder auch nicht. In einer Organisationskultur ergeben sich weiterhin eigene Deutungsmuster der Realität. Organisationskultur erlangt somit eine sinnstiftende Funktion, die den Organisationsmitgliedern die Interpretation und Konstruktion von Realität ermöglicht. Da Organisationskulturen in jeder Organisation spezifisch sind und sich aus der Geschichte der einzelnen Organisation entwickeln, haben Organisationskulturen für ihre Mitglieder eine identitätsstiftende Funktion. Nicht zuletzt trägt Organisationskultur auch zur Lösung von Problemen der Anpassung an die Umwelt oder der Integration der Mitglieder und des Systems bei – sie hat folglich auch eine Problemlösefunktion.

Aus der Explikation der verschiedenen Funktionen der Organisationskulturen wird deren hohe Bedeutung für die Mitglieder und das Funktionieren der Organisation nachvollziehbar. Im Folgenden wird das – exemplarisch ausgewählte – Modell der Organisationskulturen nach Schein (2010) vorgestellt. Durch die differenzierte Betrachtung von drei Ebenen der Organisationskultur wird deren zum Teil geringe Veränderbarkeit deutlich. Als besonders wirkmächtig und schwer beeinflussbar stellt Schein diesbezüglich die dritte Ebene – die Basisannahmen – dar.

3.2 Drei-Ebenen-Modell einer Organisationskultur

Nach Schein (2010) ist bei der Betrachtung von Organisationen und dem Versuch, diese in den vielfältigen Reaktionen auf mögliche Anliegen von Forscher*innen zu verstehen, der Blick auf die „Kultur wichtig, weil individuelle Überzeugungen, Werte und Verhaltensweisen oft nur im Kontext kultureller Identitäten verständlich werden“ (ebd., S. 29). Das Drei-Ebenen-Modell der Organisationskultur kann ein differenziertes Verstehens- und Analyseinstrument für solche, möglicherweise die Forscher*innen irritierende, Reaktionen bieten.

Die Organisationskultur bezeichnet in Analogie zum allgemeinen Kulturbegriff die Wert- und Denkmuster sowie die Symbolsysteme einer Organisation. Diese sind im Laufe der Geschichte einer Organisation entstanden und entstehen weiterhin durch das alltägliche Handeln aller Organisationsmitglieder. Die Mitglieder einer Organisation können folglich als Kulturschaffende bezeichnet werden, die eine eigene Kulturgemeinschaft entwickeln. Es entstehen unverwechselbare Vorstellungen und Orientierungsmuster, die sowohl das Verhalten der Mitarbeitenden (in Dienstleistungsorganisationen) als auch das der Klient*innen, Nutzer*innen und Kund*innen nach innen und außen prägen (vgl. Greving, 2016, S. 222).

Jetzke (2015) formuliert u. a. in Bezug auf Schein: „Organisationskultur sind die kollektiv konstruierten, impliziten und expliziten Muster von und für Verhaltensweisen, die durch Lernprozesse entwickelt und verändert werden und Wahrnehmungs- sowie Interpretationsfilter für die Organisationmitglieder darstellen“ (ebd., S. 35).

Nach Schein (2010, S. 31–41) manifestieren sich diese Werte, Denkmuster und Symbolsysteme auf drei Ebenen der Organisation. Als veranschaulichendes Element für diese drei Ebenen kann das Bild der Avocado (vgl. Schreyögg & Koch, 2014, S. 249) genutzt werden:

  • Artefakte bzw. Symbole/Zeichen – Schale der Avocado

  • Öffentlich propagierte Werte bzw. Normen/Standards – Fruchtfleisch der Avocado

  • Grundlegende unausgesprochene Annahmen bzw. Basisannahmen – Kern der Avocado

Alle drei Ebenen werden nachfolgend inhaltlich ausdifferenziert. Wichtig ist bei der Betrachtung, dass die Elemente einer Organisationskultur zum großen Teil sowohl für die Mitglieder der Organisation auf allen Hierarchieebenen als auch für Außenstehende unsichtbar sind. Wie bei einem Eisberg nur ein geringer Teil des Eises oberhalb der Wasseroberfläche sichtbar ist, sind nur wenige Elemente der Organisationskultur – vornehmlich die Artefakte der ersten Ebene – wahrnehmbar, spürbar und somit der direkten Beobachtung zugänglich (vgl. Greving, 2016, S. 222).

3.2.1 Artefakte bzw. Symbole/Zeichen – Schale der Avocado

Wie die Schale der Avocado sind die Artefakte einer Organisation nach außen gut sichtbar. Es handelt sich um diejenigen Charakteristika einer Organisation, die man sehen, hören und spüren kann. Sie umfassen z. B. die Architektur des Gebäudes einer Organisation oder die Art und Weise, wie Mitarbeitende untereinander und mit ihren Klient*innen, Kund*innen und Nutzer*innen umgehen. Es sind sowohl „materielle (Architektur, Kleidung etc.) als auch immaterielle Aspekte (Sprache, Verhaltensweisen, Rituale und Geschichten)“ (Jetzke, 2015, S. 36).

„Auf der Ebene der Artefakte ist die Kultur sehr klar und hat unmittelbare emotionale Auswirkungen. Aber man kann im Grunde nicht sagen, warum sich die jeweiligen Mitarbeiter so verhalten […]. Beobachtung allein reicht nicht aus, um die Vorgänge zu entschlüsseln.“ (Schein, 2010, S. 32) Zum genaueren Verstehen der Organisationskultur braucht es also die beiden weiteren Ebenen, die die Beobachtungen ergänzen.

3.2.2 Öffentlich propagierte Werte bzw. Normen/Standards – Fruchtfleisch der Avocado

Die öffentlich propagierten Werte als „Fruchtfleisch der Organisation“ sind nicht von außen beobachtbar, aber mit dem richtigen Handwerkszeug dennoch gut zu durchdringen. Dieses Handwerkszeug sind vor allen Organisationsmitglieder, die über Werte, Normen und Standards der Organisation berichten können. Eine zentrale Frage für die Erfassung der öffentlich propagierten Werte und damit für die Annäherung an das Verstehen einer Organisationskultur ist: „Warum arbeiten sie [die Organisationsmitglieder] so, wie Sie es [auf der Ebene der Artefakte] beobachtet haben?“ (Schein, 2010, S. 33). Diese zweite Ebene dient also der vertieften Analyse dessen, was auf der ersten Ebene beobachtet wurde und ist daran anschließend besonders bei den Artefakten wichtig, die verwirrend wirken oder nicht den Erwartungen an die Organisation entsprechen (vgl. ebd.).

„Werte, verstanden als erstrebenswerte Zustände, können bewusst von Organisationsmitgliedern formuliert und kodifiziert werden oder unbewusst in ihren Köpfen existieren“ (Jetzke, 2015, S. 37). Normen hingegen weisen im „Vergleich zu den Werten (…) einen höheren Konkretisierungsgrad auf und manifestieren sich als Erwartungen der Organisationsmitglieder an die Art und Weise, wie situativ zu handeln und zu entscheiden ist“ (ebd.). Für den Bereich der Teilhabe könnten bspw. Mitarbeitende in einer Wohngruppe in ihrem Reden sehr von der hohen Bedeutung von Teilhabe überzeugt sein, die konkreten Teilhabemöglichkeiten im Alltag der Bewohner*innen aber gleichzeitig durch eine eher starre Struktur im Tagesablauf verhindern. So können angenommene Werte von „Ruhe und Ordnung“ in der Wohngruppe durch eine enge Tagesstruktur, in der es für einzelne Bewohner*innen keine „Extrawürste“ geben soll, Teilhabemöglichkeiten erschweren.

Bei der gemeinsamen Betrachtung der Artefakte einer Organisation mit den berichteten Normen, Werten und Standards kann – wie auch für die oben genannten Studien aufgezeigt – deutlich werden, dass sich Diskrepanzen zwischen beiden Ebenen zeigen. „Diese Widersprüche zeigen, dass das offene Verhalten von einer tieferen Denk- und Wahrnehmungsebene gesteuert wird.“ (Schein, 2010, S. 34, Hervorhebung im Original). Im Modell nach Schein sind die tieferen Denk- und Wahrnehmungsprozesse auf einer dritten Ebene der Organisationskultur verortet – der Ebene der Basisannahmen.

3.2.3 Grundlegende unausgesprochene Annahmen bzw. Basisannahmen – Kern der Avocado

Die Basisannahmen einer Organisation können auch mit dem Kern einer Avocado verglichen werden. Sie sind sehr stabil und fest, kaum zu durchdringen. Es handelt sich um unbewusste, für selbstverständlich gehaltene Überzeugungen, Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle, die in einer Organisation herrschen. Sie sind die grundlegende Quelle der Werte (zweite Ebene) und des Handelns (erste Ebene) der Organisationsmitglieder. Schein (2010, S. 35) beschreibt die Entstehung der Basisannahmen als einen Lernprozess in der Organisation. Werte, Überzeugungen und Annahmen der Gründer, die die Organisation erfolgreich gemacht haben, werden in das implizite Wissen übernommen und wirken als unausgesprochene Annahmen über das Wesen der Welt und des Erfolgs weiter. Folglich gilt: „Wenn man […] Unternehmenskulturen wirklich verstehen will, muss man die Annahmen aufspüren, die wirksam, aber den Mitarbeitern nicht mehr bewusst sind, weil sie selbstverständlich wurden.“ (ebd., S. 35).

Mit dem Aspekt der Selbstverständlichkeit ist ein weiteres wesentliches Merkmal der Basisannahmen angesprochen. Es wird in der Regel davon ausgegangen, dass alle Organisationsmitglieder die Basisannahmen teilen und es gibt – solange keine Irritationen im Organisationsgeschehen entstehen – keine Anlässe und Notwendigkeit, sie zu thematisieren und zu diskutieren. So werden sie von Generation zu Generation in unbewussten Prozessen tradiert und in ihrer Wirksamkeit verstärkt (vgl. Ortland, 2020, S. 154 f.). Jetzke (2015, S. 37) formuliert folgendermaßen: „Im Vergleich zu den beiden anderen Ebenen sind sie [die Basisannahmen] nur sehr schwer zu erfassen. Ein Zugang zu ihnen ist einzig über einen interpretativen Prozess möglich, bei dem schrittweise von der Erfassung alltäglicher Wahrnehmungs- und Interpretationsmuster auf die grundlegenden Weltbilder der Organisation geschlossen wird (Schreyögg & Koch, 2014).“

Da die Basisannahmen einer Organisation besonders stabil und wirkmächtig sowie gleichzeitig schwer bewusst zu reflektieren sind, sollen sie im Folgenden in ihrer inhaltlichen Ausdifferenzierung vertieft betrachtet werden.

3.3 Basisannahmen als wirkmächtige Ebene der Organisationskultur

Nach Schein (2010, S. 62–68) lassen sich die Basisannahmen einer Organisation in fünf Bereiche untergliedern.

  1. 1.

    Annahmen über die Beziehung des Menschen zur Natur

    1. a.

      Annahmen darüber, ob der Mensch als dominant, symbiotisch oder passiv der Natur gegenübersteht.

  2. 2.

    Annahmen über den Menschen

    1. a.

      Annahmen darüber, ob der Mensch gut oder böse ist; ob er als lern- und entwicklungsfähiges Wesen oder als determiniert gesehen wird

  3. 3.

    Annahmen über menschliche Beziehungen

    1. a.

      Annahmen darüber, ob der Mensch in der Organisation als Individuum mehr Bedeutung gegenüber der Gruppe der Organisationsmitglieder hat oder ob die Gruppe mehr Bedeutung hat als die einzelnen Individuen

  4. 4.

    Annahmen über das Wesen der Wirklichkeit und der Wahrheit

    1. a.

      Annahmen darüber, welche Aussagen welchen Ursprungs in der Organisation für wirklich und real gehalten werden

  5. 5.

    Annahmen über Zeit und Raum

    1. a.

      Annahmen darüber, was Zeit bedeutet und wie mit Zeiten/Terminen umgegangen wird

    2. b.

      Annahmen darüber, wie Räume einzurichten sind, welche räumliche Nähe/Distanz angemessen ist und wie/durch wen vorhandene Räumlichkeiten genutzt werden

Nachfolgend soll der postulierte Zusammenhang von Aktivitäten der Teilhabeforschung in Organisationen und dem hinderlichen oder förderlichen Einfluss der Organisationskultur ausdifferenziert werden.

4 Konkretisierung der Basisannahmen für den Bereich Teilhabe/Teilhabeforschung

Spätestens angestoßen durch die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention und durch die Verabschiedung des neuen Bundesteilhabegesetzes prägen Diskurse über Teilhabe die Aktivitäten und Grundeinstellungen von Organisationen im Bereich der Eingliederungshilfe. Es ist davon auszugehen, dass sich organisationsinterne Annahmen über (Nicht-)Teilhabe und deren (Nicht-)Umsetzung seit deren jeweiliger Gründung in den Basisannahmen der jeweiligen Organisationen manifestiert haben. Entsprechend inhaltlich nah verwandte Themen sind schon vor Jahrzehnten durch Diskussionen und Entwicklungen um Integration, Normalisierung und Selbstbestimmung usw. von Menschen mit Behinderungen angestoßen worden.

Von einem Vorhandensein entsprechender Ideen/Gedanken/Annahmen und deren Wirkmächtigkeit im alltäglichen Handeln, auch in Bezug auf Teilhabeforschung, ist also auszugehen. Welche Formen der Teilhabeforschung für welche Menschen mit Behinderungen in Organisationen umgesetzt werden können und wie Forschungsprojekte bewertet werden, hängt maßgeblich von diesen Basisannahmen über Teilhabe, Teilhabeprozesse und Teilhabeforschung – also den Teilhabekonzepten – ab.

Um diese Vermutungen zu konkretisieren und eine Reflexionshilfe für die Forscher*innen zu bieten, werden nachfolgend Basisannahmen für verschiedene Aspekte von Teilhabekonzepten hypothetisch konkretisiert. Die Formulierung der Aussagen basieren auf Praxiserfahrungen der Forscher*innen und/oder Kolleg*innen und sind zugespitzt formuliert worden. Diese Auflistung von möglichen Aussagen hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder inhaltliche Stringenz. Sie soll sensibilisieren für das Phänomen der Basisannahmen und Ideen geben für die mögliche inhaltliche Widersprüchlichkeit von Aussagen oder Denkmustern innerhalb einer Organisation bei den verschiedenen Mitgliedern. Eine Annäherung an vorherrschende Basisannahmen in einer konkreten Organisation ist z. B. über verschiedene Methoden der Organisationkulturforschung möglich (vgl. z. B. Klemm & Liebold, 2020). Bei der Untergliederung der Basisannahmen richten wir uns nach dem bereits vorgestellten Vorschlag von Schein. Bei Greving (2016) und Jetzke (2015) finden sich zum Teil andere Schwerpunktsetzungen, inhaltlich werden aber die gleichen thematischen Schwerpunkte abgedeckt. In Greving (2016) werden zudem weitere Anregungen zur Analyse von Organisationskulturen und deren Weiterentwicklung in einer lernenden Organisation gegeben.

Die Vorzeichen „+/- “ sollen für förderlich/hinderlich wirkende Konkretisierungen in Bezug auf die unterschiedliche Offenheit gegenüber Teilhabe und/oder Teilhabeforschung stehen. Dabei geht nicht unbedingt eine organisationale „Offenheit für Teilhabe“ mit einer „Offenheit für Teilhabeforschung“ einher, sondern die Basisannahmen in beiden Feldern können ganz unterschiedlicher Art sein und ebenso heterogen aufeinander wirken.

4.1 Annahmen über die Umwelt

Konkretisierung:

Wird die gesetzliche Verpflichtung zur Teilhabe als Chance oder als Hindernis gesehen?

+:

„Gut, dass Teilhabe gefordert wird, damit endlich der Prozess der Umsetzung der Teilhabe realisiert werden kann. Endlich können wir uns auf gesetzliche Grundlagen berufen!“

_:

„, Die da oben‘ haben doch keine Ahnung von unserem Alltag. Ständig verordnen sie Neuerungen, immer noch mehr/höher/weiter. Entsprechende Ressourcen gibt es aber nicht dazu. Wie soll das denn gehen?“

_:

„Jetzt sollen wir auch noch Teilhabe erweitern – da werden wir zu etwas getrieben, was unsere Bewohner*innen doch sowieso nicht können. Das geht nicht – zumindest nicht bei den Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen.“

Welche Einstellungen zu Teilhabeforschung herrschen in der Organisation vor?

+:

„Diese Forschungsprojekte sind für uns eine echte Chance. Wir wissen durch die Ergebnisse genauer, was Teilhabe für unsere Bewohner*innen bedeutet und können viel passendere Angebote zur Teilhabe machen.“

_:

„Jetzt kommen auch noch Wissenschaftler*innen und wollen Teilhabe erforschen, das kostet uns nur wieder Zeit. Und die Ergebnisse, die da im Tempel der Universitäten produziert werden, haben mit uns doch sowieso nichts zu tun.“

4.2 Annahmen über Wahrheit und Zeit

Konkretisierung:

Wie werden die Möglichkeiten zur Umsetzung von Teilhabe bewertet, d. h. welche werden als wahr angesehen?

+:

„Es ist perspektivisch mehr Teilhabe möglich, als wir vermuten!“

+:

„Wir können neue Ideen entwickeln und kreativer schauen.“

_:

„Unsere Bewohner*innen sind so behindert – da geht nichts mehr.“

_:

„Wir haben alles versucht, in den Behinderungen liegen einfach Grenzen der Teilhabe. Es ist Augenwischerei, wenn man das nicht wahrhaben will.

Wie werden die Möglichkeiten der Teilhabeforschung bewertet, d.h. welche werden als wahr angesehen?

+:

„Teilhabeforschung kann mit ihren Ergebnissen aufzeigen, wo noch mehr Teilhabe möglich sein kann.“

+:

„Durch Teilhabeforschung und den ,Blick von außen‘ erhalten wir neue Anstöße und Ideen.“

_:

„Ergebnisse der Teilhabeforschung haben mit unserer Wirklichkeit so gar nichts zu tun.“

_:

„Die Menschen mit Behinderungen an Forschung zu beteiligen – das ist doch nur etwas für das gute Gewissen.“

Konkretisierung:

Welche Annahmen über notwendige Zeit zur Umsetzung von Teilhabe gibt es?

+:

„Auch mit wenig Zeit können wir schon viel bewirken.“

+:

„Manche Dinge brauchen länger, das ist es uns wert.“

_:

„Bei Menschen mit Behinderungen dauert doch alles so lang, das wird bei Teilhabe nicht anders sein. Muss man mal schauen, ob sich die Zeit dann wirklich lohnt.“

_:

„Erst recht bei den schwerstbehinderten Menschen lohnt sich die Zeit auf jeden Fall nicht. Bis wir damit fertig sind, gibt es schon ein neues Gesetz und dann war alles umsonst.“

Welcher Stellenwert wird Teilhabe und Teilhabeforschung in der Organisation zugeschrieben?

+:

„Teilhabe ist ein sehr wichtiges Thema. Die Zeit nehmen wir uns!“

_:

„Es gibt so viele andere Themen im Alltag, die dringender sind!“

4.3 Annahmen über die Natur des Menschen

Konkretisierung:

Welche Kompetenzen werden den Organisationsmitgliedern in Bezug auf Teilhabe zugesprochen?

Wird davon ausgegangen, dass sie – mit Blick auf Teilhabe – lernen können?

+:

„Unsere Bewohner*innen sind zu viel mehr Teilhabe und Selbstbestimmung fähig, als wir ihnen zutrauen. Gut, dass das nun mehr in den Blick genommen wird. Wir müssen es ihnen nur zutrauen!“

+:

„Wir alle dürfen viel Neues lernen – das wird uns weiterbringen und mehr Teilhabe möglich machen!“

_:

„Die Bewohner*innen sind in ihren Kompetenzen einfach eingeschränkt, da ist nicht viel zu lernen. Besser ist, wir entscheiden für sie – das hat ja immer geklappt.“

_:

„Für die Bewohner*innen ist der ganze Teilhabekram eh zu viel. Das kostet alle viel zu viel Energie und ist überfordernd.“

Wie wird die Teilnahme an Teilhabeforschung bewertet?

+:

„Wir sind davon überzeugt, dass jede*r an Forschung teilnehmen kann und sollte. Nur so können die Bedarfe aller im Blick sein!“

+:

„Jede*r kann mehr teilhaben und darüber Auskunft geben. Wir müssen nur genau hinschauen!“

_:

„Forschung ist nun wirklich zu schwer für unsere Bewohner*innen. Was die Leute aus der Hochschule immer denken – die haben wohl noch nie Menschen mit Behinderungen gesehen.“

_:

„Vielleicht haben wir ein paar Personen, die bei dieser Forschung mitmachen können. Da müssen wir mal aussuchen, wer überhaupt geeignet ist.“

4.4 Annahmen über das menschliche Handeln

Konkretisierung:

Wie wird über konkreten Aktivitäten zu Umsetzung von Teilhabe gedacht?

+:

„Es ist gut, dass wir immer wieder darüber sprechen, wie wir Teilhabe umsetzen können.“

+:

„Wir achten darauf, dass jede Person die passenden, individuellen Teilhabechancen bekommt.“

+:

„Teilhabeforschung kann uns helfen, gerechte Teilhabechancen zu verwirklichen.“

_:

„Hier hat jeder sein eigenes Verständnis von Teilhabe und jeder setzt das so um, wie es für die Bewohner*innen gerade passend scheint.“

_:

„Manche Teamleitungen sind so überengagiert, dass sie das immer wieder besprechen wollen, damit wir es für die Bewohner*innen gleich machen. Da kapiert keiner, dass das einfach nicht geht.“

_:

„Was die Forscher*innen der Teilhabeforschung machen, das bringt uns für unseren Alltag gar nichts. Das ist wieder so eine neumodische Erscheinung. Die denken, sie können die Welt verändern – man wird sehen, da ist nichts dran!“

4.5 Annahmen über die Natur sozialer Beziehungen

Konkretisierung:

Welche Annahmen gibt es über das Verhältnis zwischen Bewohner*innen und Mitarbeitenden?

+:

Die Bewohner*innen wissen selbst am besten, was gut für sie ist. Wir Mitarbeitenden unterstützen sie dabei, ihre Wünsche umzusetzen.“

+:

„Wir Mitarbeitenden müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir eine große Verantwortung haben. Von uns hängt an vielen Stellen ab, ob es Teilhabechancen gibt und wie sie genutzt werden können.“

_:

„Ohne uns Mitarbeitenden hätten die Bewohner*innen gar keine Teilhabechancen:“

_:

„Es ist schon besser, wenn wir Mitarbeitenden für die Bewohner*innen entscheiden. Das haben wir schließlich in unserer Ausbildung auch gelernt. Die Bewohner*innen wissen nicht, was wirklich gut für sie ist.“

Welche Annahmen über die Beziehung zu Forscher*innen herrschen vor?

+:

„Gemeinsam mit den Forscher*innen kann es noch besser gelingen, die Bedarfe der Menschen mit Behinderungen zu erfassen.“

+:

„Der ,Blick von außen‘ bereichert der Erweiterung von Teilhabechancen.“

_:

„Die sollen uns bloß nicht wieder die Leute von der Universität ins Haus kommen lassen. Setzen den Bewohner*innen fixe Ideen in den Kopf. Und dann dürfen wir das ausbaden. Was verstehen die schon von Wohneinrichtungen und deren Möglichkeiten, Teilhabe umzusetzen.“

_:

„Diese Forscher*innen tun immer so, als seien sie die Überwacher*innen des Staates. Da halte ich gar nichts von. Forschung ist Forschung und Praxis ist Praxis. Mit denen arbeiten wir nicht zusammen.“

5 Fazit

Abschließend zu den bisherigen Ausführungen stellt sich die Frage, welchen Gewinn die Forscher*innen aus diesen dargestellten Überlegungen zu Organisationskulturen ziehen können. Fragen nach dem Gelingen oder Misslingen von Forschungsvorhaben stellen sich vor allem, wenn Schwierigkeiten auftauchen, sich Barrieren zeigen und Abläufe ins Stocken geraten. Bei Forschungsprozessen, die in organisationalen Kontexten realisiert werden, bietet der Blick auf die Organisationskultur einen weiteren Erklärungsrahmen für das Verstehen von möglichen Schwierigkeiten – mehr nicht. Dies kann als hilfreich und den Blick erweiternd bewertet werden.

Durch das Wissen um die Wirkmächtigkeit von Organisationskulturen sowie deren innere mögliche Inkonsistenz können sich Erfahrungen der Zurückweisungen von Forscher*innen und deren Vorhaben einer anderen Interpretation öffnen. Ebenso ließen sich analog Rückschlüsse auf erlebte Kooperationsbereitschaft ziehen, sodass Gelingensbedingungen klarer zu erfassen sind. Dann kann z. B. deutlich werden, dass es weder an der Person der Forscher*in noch an dem zu erforschenden Inhalt liegt, dass eine Organisation sich dem Anliegen öffnet oder nicht öffnet. Diese Metaebene macht es möglich, Absagen (aber auch Zusagen) von Forschungsanfragen nicht persönlich zu nehmen. Eine solche Erklärung kann durchaus entlastende Wirkung haben sowie dazu führen, dass Stichproben oder Sample neu überdacht werden. Organisationen mit einer Forschung eher ablehnenden Organisationskultur scheinen auch bei großer Anstrengung nicht von der Güte eines Vorhabens überzeugt werden zu können.

Weitere Handlungsmöglichkeiten ergeben sich für die Forscher*innen und ihren Zugang zum Forschungsfeld durch die neue Reflexionsfolie, die das Wissen um Organisationskulturen hier bietet. So können Erfahrungen, die z. B. mit Mitarbeitenden gemacht werden, in ihrer Verschiedenheit erfasst und möglicherweise in einem reflektierenden Gespräch mit Leitungskräften höherer Hierarchieebene thematisiert und damit geöffnet werden. Somit können Organisationen neue Chancen der Weiterentwicklung offeriert werden. Der Wert von Organisationsanalysen für den Weg zu lernenden Organisationen kann sicherlich geebnet werden oder in dessen Bedeutsamkeit für die Organisation erkannt werden.

Schließlich kann die Erfahrung von Organisationen, die sich der Teilhabeforschung öffnen, genutzt werden, um deren Organisationskultur forschend zu erfassen. Dies ist bspw. über leitfadengestützte Interviews und deren qualitative Auswertung möglich. Somit könnten diesbezügliche Ergebnisse den Blick auf förderliche Basisannahmen öffnen und eine inhaltliche Basis für die Zukunftsarbeit und Lernprozesse in anderen Organisationen sichtbar werden lassen. Auf dieser Grundlage kann die Implementierung von Konzepten erfolgversprechender umgesetzt werden.