Im modernen Verständnis des Marketing als marktorientierte Unternehmensführung fokussiert dieses die Bedürfnisse von nachfragenden Gruppen bei allen Unternehmensaktivitäten und verfolgt das Ziel Bedürfnisse und Verhalten der Kundinnen/Kunden zu verstehen, zu antizipieren und zu befriedigen (Meffert et al., 2019). Erkenntnisse aus der Marketingforschung und im Speziellen der Käufer- und Konsumentenverhaltensforschung bilden die Grundlage für Marketingentscheidungen, indem zugrundeliegende Bedürfnisse der Kundinnen/Kunden und Konsumentinnen/Konsumenten durch Nutzung geeigneter Methoden analysiert und antizipiert werden. Dabei charakterisiert sich die Käufer- und Konsumentenverhaltensforschung durch ein hohes Maß an Interdisziplinarität, wobei Ansätze aus betriebswirtschaftlich fachfremden Disziplinen integriert werden, um Konsumentenentscheidungsprozesse umfassender zu beschreiben und zu erklären. Entsprechend entstehen Synergien, aber auch Kontroversen, die sich in verschiedenen Modellen widerspiegeln, jedoch alle das ultimative Ziel verfolgen, die Bedingungen und Prozesse zu identifizieren, die den Phänomenen zugrunde liegen. Einen wichtigen Beitrag zur Prüfung und Modifizierung der Modelle leistete die Integration von neurowissenschaftlichen Erkenntnissen, Theorien, Konzepten und Methoden zur Untersuchung des Entscheidungsverhaltens von Konsumentinnen/Konsumenten mit dem übergeordneten Ziel, eine Unified Theory zur Erklärung der Konsumentenentscheidungsprozesse zu beschreiben. Entsprechend konstituiert sich die Consumer Decision Neuroscience, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit definiert wird und anhand der wissenschaftlichen Beiträge dem übergeordneten Ziel näherkommen soll, um Evidenzen für zugrundeliegende Entscheidungsprozesse zu identifizieren und diese in einen theoretisch konzeptionellen Rahmen einzugliedern. Unter Berücksichtigung eines neurowissenschaftlich fundierten Dual-Process Modells wurden ausgewählte Beiträge vorgestellt und Erkenntnisse für die Wissenschaft und Praxis auf theoretischer und methodischer Ebene herausgearbeitet, die die Weiterentwicklung der Disziplin und insbesondere der Konsumentenverhaltensforschung ermöglichen. So konnte gezeigt werden, dass ein neurowissenschaftlich fundiertes Modell einen Rahmen für die Consumer Decision Neuroscience bietet, um Konsumentenentscheidungsprozesse beschreiben zu können und durch Annahme dieses Modells Konsumentenentscheidungen effektiver zu unterstützen sowie Konsumentenverhalten erfolgreich vorherzusagen. Die vorliegende Arbeit trägt dazu bei, die Consumer Decision Neuroscience weiterzuentwickeln, um sie im Sinne eines wissenschaftlichen Fortschritts unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen und durch kritische Reflexion innerhalb der Wirtschaftswissenschaften zu etablieren.