1 Einleitung

Heutzutage machen sich viele Unternehmen Gedanken über die Auswirkungen der digitalen Transformation auf ihr Geschäft. Während sich die meisten Unternehmen darauf konzentrieren, wie sie die digitale Transformation nutzen können, um ihren Kunden einen Mehrwert zu bieten, sollten auch die Auswirkungen auch bei den Unterstützungsprozessen berücksichtigt werden. Das Personalwesen (HR) ist eine Unternehmensfunktion von besonderer strategischer Relevanz, die ebenfalls stark von der Digitalisierung betroffen ist. Der vor 107 Jahren gegründete Technologiekonzern ZF sieht das Personalwesen in einer zentralen Position, eine digitale Unternehmens-DNA zu etablieren. ZF kommt aus einem Umfeld mit dezentralen Standorten weltweit, mit mehreren Firmenübernahmen in jüngster Vergangenheit und Angestellten mit unterschiedlichen Erwartungen. Diese Situation stellte ZF bei der digitalen Transformation ihres Personalwesen vor einige Herausforderungen. Deshalb bat uns ZF, den Erfolg der Transformation zu überprüfen und Verbesserungsvorschläge zu präsentieren.

Wir analysierten den Erfolg der Transformation mit einer Fallstudienmethode auf Grundlage von Interviews und Literaturrecherchen. Zuerst geben wir einen Überblick über den Begriff der digitalen Transformation und seine Zusammenhänge mit dem Personalwesen. Weiter geht es mit einer Darstellung der Produkte und Eigenschaften von ZF. Anschließend beschreiben wir Trends der digitalen Transformation im Personalwesen. Dies umfasst einen Marktüberblick über die digitalen Transformationsbemühungen von Wettbewerbern sowie einen Überblick über neue Technologien und ihre Anwendungsfälle im Personalwesen. Anschließend fassen wir die digitale Transformation von HR bei ZF zusammen. Dies umfasst eine Beschreibung des Kontextes der Transformation, der Situation des Personalwesens vor der Transformation, der Transformationsinitiative generell und ihrer Wahrnehmung. Wir enden dazu mit einer Sammlung von Herausforderungen, die den Erfolg der digitalen Transformation der Personalabteilung bei ZF erschwert haben. Schließlich werden unsere Empfehlungen dargelegt, wie ZF den Erfolg der Transformation verbessern kann.

2 Theoretischer Überblick

Wir folgen der Definition von Sahu et al. (2018), gemäß der digitale Transformation die Änderungen in einer Organisation beschreibt, die sich aus der Adoption von digitalen Technologien ergeben, um schnell die Leistung des Unternehmens zu steigern. Dies betrifft insbesondere Änderungen der Struktur, Prozesse, Funktionen und Geschäftsmodelle des Unternehmens (Weking et al. 2020b; Hein et al. 2019; Schreieck et al. 2021). Die Auswirkungen auf die Leistung, die Prozesse und die Struktur der Personalfunktion von ZF stehen im Mittelpunkt dieses Beitrags. Die digitale Transformation wird meist mit der Veränderung der Art und Weise assoziiert, wie Unternehmen ihren Kunden einen Mehrwert bieten. Sie hat jedoch auch erhebliche Auswirkungen auf die interne Arbeitsweise von Unternehmen (Larkin 2017). Viele Unternehmen streben eine digitale Transformation an, weil sie dadurch neue Produkte in besserer Qualität herstellen, die Kundenerfahrung verbessern und Mitarbeitern die Möglichkeit geben können, interessantere anstatt repetitiver Aufgaben zu erledigen. (Westerman und Bonnet 2015). Wie wichtig die digitale Transformation ist, wurde an den jüngsten Beispielen von Unternehmen deutlich, die gescheitert sind, weil sie mit den digitalen Geschäftsmodellen oder -prozessen nicht Schritt gehalten haben (Weking et al. 2020a; Floetgen et al. 2021), wie z. B. das Filmverleihunternehmen Blockbuster (Reis et al. 2018). Daher sind digitale Technologien für den Geschäftsbetrieb unerlässlich, und viele Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle überdenken, um wettbewerbsfähig zu bleiben (Carcary et al. 2016; Böttcher et al. 2021).

Um eine digitale Transformation erfolgreich durchzuführen, sind „Human Capital“ (Hitt et al. 2001) und Wissen notwendig (Fenech et al. 2019). Die Personalabteilung spielt bei der digitalen Transformation eine entscheidende Rolle, da qualifiziertes Personal benötigt wird, um die Transformation durch den Einsatz neuer Technologien und die Anpassung von Prozessen voranzutreiben. In dieser Hinsicht ist das Personalmanagement von strategischer Bedeutung und trägt zum Wettbewerbsvorteil einer Organisation bei.

Personalabteilungen spielen nicht nur eine Rolle in der digitalen Transformation, sondern werden auch von ihr beeinflusst. Einerseits müssen Entscheidungsträger das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeiter berücksichtigen, um eine digitale Transformation erfolgreich umzusetzen (Henriette et al. 2015). Andererseits verändert sich das Arbeitsleben der Mitarbeiter durch neue digitale Technologien, wovon ebenso Mitarbeiter der Personalabteilung betroffen sind (Strohmeier und Parry 2014). Darüber hinaus verdeutlicht der Anstieg der Ausgaben für HR-Software die Bedeutung der Digitalisierung in diesem Bereich (Laurim et al. 2021). Während die Ausgaben für HR-Software im Jahr 2015 nur zwei Milliarden USD betrugen (Larkin 2017), stieg das Marktvolumen auf 16 Mrd. US$ im Jahr 2020 und es ist prognostiziert, dass es im Jahr 2027 38 Mrd. US$ erreicht (Grand View Research 2020).

3 ZF-Unternehmensprofil

ZF ist ein weltweit aktiver Technologiekonzern mit Hauptsitz in Friedrichshafen. ZF wurde 1915 gegründet und hat sich unter anderem zu einem der international führenden Automobilzulieferer entwickelt. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 150.000 Mitarbeiter an 270 Standorten in 42 Ländern. Im Jahr 2020 erwirtschaftete ZF einen Umsatz von 32,6 Mrd. EUR. Das Unternehmen liefert Systeme für die Mobilität von Pkws, Nutzfahrzeugen und Industrietechnik. In den vier Technologiefeldern Vehicle Motion Control, integrierte Sicherheit, automatisiertes Fahren und Elektromobilität bietet ZF umfassende Produkt- und Softwarelösungen für etablierte Fahrzeughersteller sowie für neu entstehende Anbieter von Transport- und Mobilitätsdienstleistungen. Mehr als sieben Prozent des Umsatzes gab ZF 2020 für Forschung und Entwicklung aus (ZF Friedrichshafen 2021).

Anteilseigner des Konzerns sind mit 93,8 % die Zeppelin-Stiftung, die von der Stadt Friedrichshafen verwaltet wird, sowie mit 6,2 % die Dr. Jürgen und Irmgard Ulderup Stiftung, Lemförde.

Von den Anfängen als Spezialanbieter der Luftfahrtindustrie bei Unternehmensgründung im Jahr 1915 hat sich ZF zu einem Weltkonzern der Mobilitätstechnik entwickelt. In den vergangenen Jahren ist ZF durch Übernahmen stark gewachsen. Im Mai 2015 übernahm ZF TRW Automotive für 9,6 Mrd. EUR (ZF Friedrichshafen 2014). Infolgedessen verdoppelte sich die Belegschaft von ZF nahezu auf 136.000 Mitarbeiter. Im Mai 2020 schloss ZF die Übernahme von WABCO Holdings für 7 Mrd. US$ ab, wodurch das Unternehmen zunächst auf rund 160.000 Mitarbeiter anwuchs (ZF Friedrichshafen 2020). Zwischen 2017 und 2019 blieben die Einnahmen auf einem Level (siehe Abb. 1).

Abb. 1
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Umsätze von ZF in Mio. EUR von 2015–2019

4 Trends der digitalen Transformation im Personalwesen

Bevor wir an späterer Stelle tiefer in die digitale Transformation im Personalbereich bei ZF eintauchen, haben wir eine umfangreiche Markt- und Technologieanalyse durchgeführt, um den aktuellen Stand der digitalen Transformation im HR-Bereich von ZF mit den Wettbewerbern und anderen führenden Unternehmen der Automobilbranche zu vergleichen. Zusätzlich haben wir den allgemeinen Stand der Technik in Bezug auf HR-Technologien und -Potenziale ermittelt. Dazu wurde in einem ersten Schritt die Peergroup von ZF, also Automobilzulieferer und deren Hauptkunden, die OEMs, analysiert. Die dort eingesetzten Technologien, Anwendungen und Instrumente für die Personalarbeit sowie die Erfolgsfaktoren für die HR-Geschäftsmodelle werden in im Folgenden vorgestellt. Anschließend beschreiben wir ein breites Spektrum moderner Technologien wie Künstliche Intelligenz, Gamification oder RPA, um die aktuellen und zukünftigen Trends in der digitalen HR-Landschaft aufzudecken und zu zeigen, wie diese Technologien die HR-Branche potenziell prägen werden.

4.1 Marktüberblick der digitalen Transformation der Wettbewerber

Vergleicht man die etablierten Unternehmen der Automobilindustrie hinsichtlich ihrer Technologien, Anwendungen oder auch der Unternehmenskultur, so wird deutlich, dass sich die Branche in einem starken Wandel befindet. Die meisten Automobilzulieferer und OEMs haben die Bedeutung des Personalwesens für ihre tägliche Arbeit und insbesondere auch die digitale Transformation des Personalwesens erkannt, um Wettbewerbsvorteile für das gesamte Unternehmen zu erzielen. Dies wurde bei unserer Recherche deutlich, bei der wir Unternehmenswebseiten, Fachzeitschriften, Artikel und Stellenausschreibungen durchforsteten. Im Allgemeinen befinden sich die Wettbewerber von ZF in einem ähnlichen Stadium der Digitalisierung ihrer HR-Praktiken und die am weitesten verbreitete Software sind die HR-Softwarelösungen von SAP wie SuccessFactors oder andere Module. Obwohl einige Unternehmen die Einführung von SAP-Software bereits abgeschlossen haben und andere sich noch in diesem Prozess befinden, setzen viele Unternehmen zusätzliche oder ergänzende selbst entwickelte Lösungen ein, darunter Chatbots oder Apps, um ihre HR-Abläufe abzurunden. Im Folgenden werden die HR-Digitalisierungsmaßnahmen der OEMs und der Wettbewerber von ZF skizziert.

Bosch setzt an allen deutschen Standorten die HR-Software von SAP ein und hat agiles Arbeiten und die Schaffung neuer innovativer Lösungen für seine Personalarbeit aus dem Unternehmen heraus an die Spitze seiner Agenda gesetzt (Bosch 2021a, b). Zu diesem Zweck hat das Unternehmen vor einigen Jahren die HR-Labs in Leinfelden (Deutschland) eingerichtet (Wainewright 2019). Darüber hinaus bietet der Bosch-Geschäftsbereich Energy and Building Solutions auch eine selbst entwickelte HR-Software an, die z. B. die Anwendungsfälle Zeit- und Personalmanagement abdeckt (Bosch Energy und Building Solutions Deutschland 2021). In diesem Zusammenhang werden Kollaboration und Selbstmanagement als wesentlich für den Erfolg der digitalen HR-Operationen von Bosch beschrieben (Wainewright 2019). Continental befindet sich im Gegensatz zu Bosch noch im Roll-out von SAP SuccessFactors weltweit in zehn Ländern, während es bisher bereits in fünf Ländern eingeführt wurde (Continental 2021b). Darüber hinaus wird in der EMEA-Region ein SAP HCM-System eingesetzt (Continental 2021b). Neben dem Roll-out und der Implementierung von SAP SuccessFactors nutzt Continental eine globale HR-Cloud mit Integration von SAP Employee Central und anderen Modulen und konzentriert sich darüber hinaus auf organisatorische Transformationsinitiativen, z. B. flexibles und agiles Arbeiten, auch durch ein eigenes, dediziertes HR-IT-Team (Continental 2021a, b).

Die HR-Aktivitäten von Eaton umfassen flexibles Arbeiten und die Einbindung der Mitarbeiter über Umfragen und spezielle Ressourcengruppen, die Mitarbeiter mit gemeinsamen Zielen oder Interessen zusammenbringen, sowie gemeinsame HR-Dienste, die wie ein interner Dienstleister implementiert werden (Magna 2021a, b; Valeo 2021a, b). SAP HR dient hierbei als Basis für Informations- und Lohnabrechnungszwecke für das Personalwesen von Eaton (Eaton 2020, 2021). Valeo nutzt ebenfalls SAP HR-Lösungen, z. B. für die Lohn- und Gehaltsabrechnung und das Personalstammdatenmanagement, wie aus ihren Stellenausschreibungen hervorgeht, während Magna Powertrain sich mitten in der digitalen Transformation hin zu einem zentralen globalen IT-HR-Tool befindet. Daher wird hier Workday global ausgerollt und das bestehende SAP HCM-System für die Zeit- und Gehaltsabrechnung in den europäischen Divisionen entsprechend in die globalen Workday-Prozesse integriert (Magna 2021a, b; Valeo 2021a, b). Veoneer zeichnet sich durch eine mehrsprachige Mitarbeiter-Hotline und agiles Arbeiten aus, nennt aber keine konkreten technischen Initiativen zur kontinuierlichen HR-Optimierung (Veoneer 2019, 2020). Aisin erkennt die Bedeutung einer effizienten und modernen Personalarbeit an, hat aber im Gegensatz zu den anderen Wettbewerbern von ZF keine technischen Initiativen zur Umgestaltung seiner Personalfunktion angekündigt (Ise 2021).

Betrachtet man die Automobilhersteller in der Branche, so ist das Bild der HR-Lösungen und der digitalen Transformation im Personalwesen sehr viel diversifizierter. Mercedes-Benz zum Beispiel hat unterschiedliche HR-Software für verschiedene Tochtergesellschaften: Während Mercedes-Benz Consulting 2018 die DinERP Operational HR-Suite eingeführt hat, nutzt Mercedes AMG die SAP SuccessFactors-Module Employee Central, Recruiting, Learning sowie Performance and Goals (DinERP 2018; SAP News 2017). Auf organisatorischer Ebene stellt die Leadership-Initiative von Mercedes die Weichen für das Change Management und die künftige Entwicklung der Unternehmenskultur, einschließlich flexibler, agiler Arbeitsformen (Daimler 2020).

Ähnlich wie Mercedes-Benz nutzt auch Audi in seiner australischen Niederlassung die HR-Software von PeopleStreme (PeopleStreme 2020). Zusätzlich hat Audi zwei verschiedene Apps entwickelt, um seine Mitarbeiter digital zu befähigen: Audi HR ist eine App, die den Mitarbeitern in den verschiedenen App-Stores zur Verfügung steht und die sie auf ihren geschäftlichen, aber auch privaten Geräten nutzen können. Sie bietet sowohl Büro-Angestellten als auch Arbeitern in der Produktion und Fertigung Zugang und ermöglicht Self-Services, sodass sie aktiv ihre persönlichen Daten verwalten, Zeitstempel ein- und auschecken, ihr Zeitguthaben abrechnen oder ihre Gehaltsabrechnungen einsehen können (Audi 2020). Die zweite App ist für Personalverantwortliche gedacht, um ihnen einen Überblick über Mitarbeiterdokumente und die entsprechenden Daten an einem Ort zu geben (Activate HR 2020). Die HR-App ist mit den lokalen SAP HCM-Systemen der Volkswagen/Audi-Gesellschaften und dem globalen HCM-System von Volkswagen verbunden, da die App vom gesamten Konzern genutzt wird (Activate HR 2020). Generell hat der Volkswagen-Konzern verschiedene Initiativen und Maßnahmen angekündigt, um die derzeit ablaufende digitale Transformation anzugehen. Mit der Einführung und Umsetzung von SAP SuccessFactors will Volkswagen die HR-Prozesse zentralisieren und harmonisieren. Darüber hinaus soll die HR-Abteilung durch die Vereinfachung und Optimierung der zugrunde liegenden HR-Abläufe zukunfts- und wettbewerbsfähig gemacht werden (Mesmer 2019; Volkswagen 2020). Um den Transformationsprozess für die Mitarbeiter transparent und offen zu gestalten, wurde die sogenannte „HR-Querdenkerfabrik“ ins Leben gerufen, die ähnlich wie die HR-Lab-Strukturen bei Bosch aussieht und in der verschiedene Teams ihre Ideen, Wünsche und weiteren Input einbringen können. Die Umsetzung der Ideen wird in weniger als 100 Tagen angestrebt. Mit diesen agilen Lab-Strukturen und redundant Arbeitsbedingungen soll HR einen spürbaren Mehrwert für VW schaffen und die digitale Transformation vorantreiben (Mesmer 2019).

Porsche hingegen setzt Chatbots ein. 2017 wurde der Job & Career Chatbot eingeführt, um lange Antwortzeiten für Interessenten zu reduzieren, die HR-Mitarbeiter von sich wiederholenden Anfragen zu entlasten und ihnen zu ermöglichen, sich auf komplexere Anfragen zu konzentrieren (Botfriends 2017). Als Reaktion auf die weltweite Covid-19-Pandemie initiierte und entwickelte Porsche einen weiteren Chatbot zur Unterstützung der Mitarbeiter, die sich mit vielen Covid-bezogenen Fragen in erster Linie an die HR-Mitarbeiter wandten (Porsche 2020). Angesichts des Erfolgs des Covid-Chatbots will Porsche den Bot zu einem persönlichen Assistenten weiterentwickeln, der auch Self-Service-Möglichkeiten, z. B. zur Beantragung von Urlaubstagen, bieten soll (Porsche 2020). Erfolgsfaktoren für diese technische Initiative scheinen die agile Arbeitsweise und das spezielle HR-Digitalisierungsteam zu sein, das durch eine eigene IT der Personalabteilung ergänzt wird (Porsche 2020). Porsche sucht zudem weitere IT-Spezialisten mit Erfahrung im Umgang mit SAP SuccessFactors und SAP HCM-Systemen für sein HR-IT-Team, insbesondere für das Berechtigungsmanagement. Dies könnte auf einen Schwachpunkt des Einsatzes von SAP SuccessFactors bei Porsche hinweisen (Porsche 2021).

Sowohl Toyota als auch Ford betonen die Bedeutung von HR für das gesamte Unternehmen. Während Toyota seine Personalfunktion intensiv umgestaltet und neu entwickelt hat, konzentriert sich Ford auf eine verbesserte Mitarbeiterkommunikation und Unternehmenskultur (Liker und Hoseus 2010; Thibodeau 2019). Zu diesem Zweck setzt Ford Kultur-Hackathons und Town-Hall-Meetings ein und nutzt außerdem Videokommunikationstechnologien. Für eine cloudbasierte HR-Strategie setzt Ford seit 2017 auf die HCM Suite von Oracle, unter anderem mit den Modulen Performance Management, Payroll, Recruiting und Onboarding, Talent Review und Succession (HRchitect 2017).

BMW hält sich bezüglich seiner technischen Transformationskampagnen sehr bedeckt und hat lediglich Informationen über das 2019 neu eingeführte Bewerbungstool veröffentlicht, um die Erfahrungen potenzieller Bewerber zu optimieren, plant aber für die Zukunft die Integration weiterer innovativer Konzepte, insbesondere zur Mitarbeiterentwicklung (Queb 2020).

Unter Berücksichtigung all der geschilderten Erkenntnisse ist klar, dass ZF im Rennen um die Digitalisierung des Personalwesens gut aufgestellt ist, wie im Folgenden noch erläutert wird. Einige Unternehmen wie Bosch oder Ford sind schon weiter in ihrer Transformation und haben bereits Systeme implementiert. Andere, wie Porsche oder Audi, nutzen zusätzliche Tools wie Mitarbeiter-Apps und Chatbots. Aber auch viele Automobilunternehmen wie VW oder Continental befinden sich noch im Prozess der digitalen Transformation im Personalbereich. Dies kann ZF wertvolle Hinweise auf weitere nützliche Methoden, Tools oder potenzielle Erfolgsfaktoren geben, die bisher unbeachtet geblieben sind, wie zum Beispiel potenzielle Chatbot-Use Cases oder Laborstrukturen für kreatives Arbeiten in HR.

4.2 Anwendungsmöglichkeiten von aufkommenden Technologien in der Personalabteilung

Um die Anwendungsbereiche der Technologie im Personalwesen zu ermitteln, folgen wir dem Ansatz von Kim und Jasna (2010) der Anwendung qualitativer Inhaltsanalyse von webbasierten Inhalten. Wir haben Informationen der Webseiten der HR-Softwareanbieter SAP SuccessFactors, Personio, Breezy, von einem Marktüberblick über typische HR-Softwaremerkmale (TrustRadius 2020) und einige andere HR-Softwareunternehmen gesammelt (Cybergrants 2021; Entelo 2021; Glassdoor 2021; kununu 2021; Perkbox 2021). Entsprechend der Empfehlung von Fusch und Lawrence (2015) haben wir Websites mit „rich data“ (das heißt mit detaillierten Informationen) und mit „thick data“ (das heißt mit vielen Daten) analysiert. TrustRadius (2020) ist ein Marktüberblick über typische Merkmale von HR-Software und liefert damit „thick data“. Unternehmens-Webseiten wie von Personio (2021) erläutern jedes Feature genauer, wodurch wir ein tieferes Verständnis erlangen konnten.

Auf der Grundlage dieser Quellen haben wir das Framework entwickelt, das in Abb. 2 die wichtigsten HR-Technologien der Zukunft, relevante Start-ups und die häufigsten Anwendungsbereiche zeigt. Viele der Prozesse werden häufig von HR-Basissoftware wie SAP SuccessFactors oder Workday angeboten, aber die Struktur gibt auch Aufschluss über die Suche nach neuen HR-Services in jedem der Prozesse. Wir haben Mobile First, Künstliche Intelligenz (KI), Gamification, Datenanalyse/Big Data, Chatbots, RPA und Videotechnologien als die wichtigsten Technologietrends für HR identifiziert.

Abb. 2
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Anwendungsbereiche, Start-ups und Technologien, Die für die Zukunft der Personalabteilung Wichtig sind

Im Folgenden stellen wir die sieben Technologien sowie relevante Start-ups und HR-Anwendungsfälle für jede dieser Technologien vor.

„Mobile First“ ist ein wichtiger Trend, der durch die Erwartungen der Arbeitnehmer bestimmt wird, Zugang zu Daten zu haben und viele Arbeitsaufgaben überall erledigen zu können. Um von Mobile First zu profitieren, setzen Angebote voraus, dass die Mitarbeiter mobile Geräte nutzen können. Diese können entweder vom Unternehmen zur Verfügung gestellt werden oder die Mitarbeiter nutzen ihre privaten Geräte, wenn eine Bring-your-own-Device-Policy besteht. Zu den Start-ups, die ein Beispiel für Mobile First in der Personalabteilung geben, gehören Bunch, Slack, Expensify, Personio, Glassdoor und Northpass. Diese Liste zeigt, dass viele Anwendungsfälle im Personalwesen von einer Mobile-First-Richtlinie profitieren können.

Künstliche Intelligenz (KI) simuliert menschliche Intelligenz in Maschinen (Zahedi 1991). Sie ist eine Grundlagentechnologie für viele Arten von Anwendungen und unterstützt das Verstehen von Eingaben und liefert Ergebnisse. KI ermöglicht damit eine Vielzahl neuer Geschäftsmodelle in- und außerhalb des Personalwesens (Weber et al. 2021). Die meisten Anwendungsfälle im Personalwesen betreffen (1) Recruiting, (2) Weiterbildung und (3) das Projektmanagement in der Personalabteilung. (1) Für Recruiting können Lebensläufe von Bewerbern automatisch analysiert und in das Bewerbungsformular des Unternehmens kopiert werden (Nicastro 2020) (Laurim et al. 2021). KI kann auch erkennen, welche Kandidaten erneut kontaktiert werden sollten, um ihr Interesse zu ermitteln oder ihre Bewerberdaten zu aktualisieren (Miller-Merrell 2019). Beim Lernen ist die KI die zugrunde liegende Technologie für adaptives Lernen, bei dem die vorgeschlagenen Inhalte dem Wissen und Interessen des Nutzers angepasst werden. Dies wird zum Beispiel von HowNow (2021) genutzt. Im Bereich des HR-Projektmanagements könnte KI beispielsweise dazu genutzt werden, Verwaltungsaufgaben auf Managementebene zu übernehmen. So kann die Software Subzz beispielsweise prüfen, ob ein Mitarbeiter einen anderen Mitarbeiter vertreten könnte, und somit Urlaub genehmigen oder ablehnen, wenn ein Mitarbeiter einen Urlaub bucht (Rudenko 2017). Andere relevante Start-ups, die AI im Personalbereich nutzen sind edcast, gloat, Leena AI, Yva.ai, Elin und Signalfire (AI-Startups 2021).

Gamification bezeichnet die Verwendung von Elementen aus Spielen in Kontexten außerhalb von Spielen (Deterding et al. 2011). Wir haben Anwendungsfälle für Gamification in der Personalabteilung in den Bereichen 1) Recruiting, 2) Lernen und 3) Mitarbeiterbindung identifiziert. Beim Rekrutieren ermöglicht Gamification, virtuelle Umgebungen zu erschaffen, in denen die Kandidaten das Unternehmen erleben und ihre Fähigkeiten bewertet werden können (Aon 2021). Gemäß Zielinski (2015) setzen große Unternehmen wie Wal-Mart, SAP, T-Mobile, Dell, Hewlett-Packard, McAfee, PwC, Huawei und Booking.com Gamification in ihrem Bewerberbewertungsprozess ein. Unternehmen wie Marriott International und PwC nutzen Gamification, um interessierten Bewerbern Einblicke in die Stellen zu geben. Centrical (2021) nutzt Punkte, Abzeichen, Leaderboards, Verlosungen, Minispiele und unternehmensinterne soziale Netzwerke, um Mitarbeiter mit individuellen Herausforderungen zu motivieren. Die Plattform eloomi wendet Punkte und Leaderboards (von Mitarbeitern und Abteilungen) auf das Lernen an. Sie beinhaltet auch eine Bewertungsfunktion, um Feedback zu Lerninhalten zu geben und Mitarbeiter zu ermutigen, hoch bewertete Schulungen zu besuchen. Darüber hinaus kann die Erstellung von digitalen Inhalten verbessert werden, da die Autoren der Inhalte die Interessen der Nutzer besser kennenlernen (Andersen 2020). SAP SuccessFactors kann auch so angepasst werden, dass es Gamification-Funktionen im Lernmodul gibt (Shankar 2020). Gamification im Kontext des Lernens kann auch Belohnungssysteme umfassen, um den Wissenstransfer zwischen Mitarbeitern zu fördern (Janus 2016). Im Bereich Mitarbeiterbindung bietet das Start-up Levell (2021) eine Software zur Überwachung der Mitarbeiterzufriedenheit auf Grundlage von gamifizierten Umfragen und verbessert so das Verständnis und die Reaktionen auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Cluehub (2021) ist ein Start-up-Unternehmen, das sich ausschließlich auf die Bereitstellung von Spielen in einer virtuellen Umgebung konzentriert. Die Spiele reichen von Teambuilding mit Remote-Escape-Rooms bis hin zu Mitarbeiterschulungen zu den Unterehmenswerten. Damit will cluehub die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen.

Datenanalysen & Big Data

Gemäß Gartner (2021), bezeichnet Big Data umfangreiche, schnelle und/oder variantenreiche Informationsbestände, die kosteneffiziente, innovative Formen der Informationsverarbeitung erfordern. Diese ermöglichen eine bessere Entscheidungsfindung durch mehr Informationen und Prozessautomatisierungen. Datenanalysen konzentrieren sich auf die Analyse von Rohdaten, um Erkenntnisse aus den Informationen zu ziehen. Sie können zum Beispiel Trends und Kennzahlen aufzeigen, die aus einer großen Datenmenge nicht ersichtlich sind (Frankenfield 2020). Bei der Personalbeschaffung können Datenanalysen genutzt werden, um Lebensläufe automatisch nach Ausbildung, Leistungen, Kultur, Karriererelevanz und anderen Kriterien zu bewerten. Dies bietet zum Beispiel das deutsche Start-up Osterus an (Osterus 2021a). Osterus unterstützt auch Vorschläge für geeignete Projekte unter Berücksichtigung der Fähigkeiten der Bewerber und Mitarbeiter und verschafft sich einen Überblick über die Fähigkeiten aller Mitarbeiter (Osterus 2021b). Andere Start-ups bieten an, Bewerber zu suchen, sie zu filtern und die Einstellungsleistung des Unternehmens mit der Branche zu vergleichen (Moberries 2021). Moberries kann in SAP SuccessFactors, Personio, recruitee und andere Bewerbermanagementsysteme integriert werden, was es zu einer interessanten Option für ZF macht. Mindmatch (2021) ist ein Start-up, das Stellenanzeigen über mehr als 50 Stellenbörsen veröffentlicht. Es ermöglicht auch die gezielte Ansprache relevanter Kandidaten mit Anzeigen in sozialen Medien. Außerdem bietet es umfangreiche analytische Einblicke in die Conversion Rate, die Kosten pro Bewerber, die Aufrufe der Stellenanzeige und vieles mehr.

Chatbot

Gemäß Shawar und Atwell (2007) ist ein Chatbot ein Softwaresystem, das mit menschlichen Nutzern durch natürliche Sprache wie Englisch interagieren kann. Chatbots basieren in der Regel auf natürlicher Sprachverarbeitung, Künstlicher Intelligenz und Big Data. Bei richtiger Integration in Prozesse können Chatbots Effizienzgewinne bringen (ArtificialSolutions 2021) + (Weber et al. 2020) und die Erfahrung von Mitarbeitern (Gigi und Gunaseeli 2020) sowie Bewerbern verbessern (ChatBoss Team 2021) + (Laurim et al. 2021) Im Recruiting bieten Chatbots einen 24/7 verfügbaren Kommunikationskanal für Bewerber. Zusätzlich können Vorstellungsgespräche für Bewerber automatisch geplant werden. Ferner können Chatbots mit dem Talentpool interagieren, z. B. die Chatbots von SmartRecruiters (2021), Xor (2021) und Wade & Wendy (2021). Chatbots können bei der Verwaltung persönlicher Daten von Mitarbeitern helfen, automatisch Änderungen auf der Grundlage von Rückfragen auslösen und als mehrsprachige 24/7-FAQ fungieren (ChatBoss Team 2021). Chatbots sind auch im Bereich Onboarding und Lernen von Bedeutung. Der Chatbot des Start-ups Chasma Lexy ermöglicht beispielsweise das Versenden von Erinnerungen oder Empfehlungen für Schulungen im Lernmanagementsystem (Westfall 2019). Vorstehend haben wir hauptsächlich Start-ups vorgestellt, die Chatbots speziell für die HR-Branche anbieten. Allerdings sind auch Start-ups, die allgemeine Chatbot-Plattformen anbieten, für die Personalabteilung relevant. Beispielsweise erlauben Kore.ai (2021) und Talla (2021), benutzerdefinierte Chatbots mithilfe von Bausteinen zu definieren. Personalabteilungen können diese Tools nutzen, um Self-Service-Angebote für Mitarbeiter zu erstellen. Tools wie AskHR (2021) bieten auch die Integration mit Kommunikationskanälen wie Microsoft Teams, Skype for Business, E-Mail und Web, was für ZF ebenfalls eine wertvolle Funktion sein könnte.

Robotic Process Automation (RPA)

RPA, auch „Roboter“ oder „Bots“ genannt, ist Software, die mit anderer Software interagieren kann, indem sie Nutzeraktionen nachahmt (Syed et al. 2020). Damit kann der Arbeitsanfall für die Arbeitskräfte verringert werden. RPA ermöglicht die Automatisierung manueller Prozesse durch die Replikation manueller Handlungen und eignet sich besonders für sich wiederholende Aufgaben ohne Schnittstellen. So kann RPA die Zufriedenheit der HR-Mitarbeiter verbessern (Zielinski 2018). Es kann auf der grafischen Benutzeroberfläche implementiert werden, sodass keine Programmierkenntnisse für die Verwendung erforderlich sind (Baez et al. 2020; Leivonen 2019). Gillen (2021) erklärt, dass RPA helfen kann, die Arbeit mitarbeiterzentrierter zu gestalten, da die Zeit mit monotonen und repetitiven Aufgaben reduziert wird. Da RPA jede Aufgabe übernehmen kann, die Benutzer manuell ausführen, gibt es unendlich viele Anwendungsfälle im Personalwesen und darüber hinaus. Die manuelle Übertragung von Daten zwischen Softwaresystemen ohne Datenschnittstellen erfordert oft viel Zeit und kann bei Fehlern zu Dateninkonsistenzen führen. Die Automatisierung solcher Aufgaben ist mit RPA jedoch relativ einfach und kann mit absoluter Genauigkeit durchgeführt werden (Deckard 2018). Deswegen ist RPA insbesondere zur Datenübertragung geeignet (Zielinski 2020), beispielsweise von einer Excel-Datei in eine andere Software oder umgekehrt.

Andere Anwendungsfälle der Datenverarbeitung und -analyse im Personalwesen, die mit RPA automatisiert werden können, umfassen die Prüfung von Datensätzen und die automatische Erstellung von Berichten (Zielinski 2020). Bei der Personalbeschaffung kann RPA automatisch personalisierte Angebotsschreiben an Bewerber versenden (Zielinski 2020). Bei der Verwaltung personenbezogener Daten kann RPA die Anmeldung bei Krankenversicherungen erleichtern oder Anträge auf Krankheits-, Urlaubs- und Fehlzeiten bearbeiten (Gillen 2021). Der RPA-Software-Anbieter PeopleDoc beschreibt den Anwendungsfall der Beförderung eines Mitarbeiters. Die Bearbeitung eines solchen Falles konnte bisher mehrere Stunden dauern, da eine Änderung der Position des Mitarbeiters im Organigramm sowie der Gehalts- und Leistungsinformationen notwendig sein könnten. RPA kann diesen Anwendungsfall in Sekundenschnelle durchführen. PeopleDoc ist für ZF besonders relevant, weil es in SAP SuccessFactors integriert ist (PeopleDoc 2021). Laut Gartner waren die größten RPA-Anbieter nach absteigendem Umsatz im Jahr 2018 UiPath, AutomationAnywhere und Blue Prism (Moore 2019). Darüber hinaus gibt es RPA-Lösungen, die auf HR-Systeme spezialisiert sind. Zum Beispiel sind PeopleDoc und SAP Intelligent RPA mit SAP SuccessFactors kompatibel (Grover 2020; PeopleDoc 2021).

Video

Die Videotechnologie ermöglicht es Mitarbeitern, unabhängig von ihrem Standort persönliche Gespräche zu führen. Sie eignet sich daher besonders für das Recruiting und die Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern, wenn sie in verschiedenen Büros arbeiten. Insbesondere aufgrund der Covid-19-Pandemie verbringen Mitarbeiter täglich Stunden mit Software wie Microsoft Teams und Zoom. Auch andere Video-Software kann für Personalabteilungen hilfreich sein. Videoanalysen sind in der Personalabteilung relevant, da sie z. B. Aufschluss darüber geben, welche Videoabschnitte in einem Video auf der Unternehmenswebsite übersprungen wurden. Dies ermöglicht die Optimierung von Videos, die Bewerbern und Mitarbeitern gezeigt werden, und wird von verschiedenen Videoanbietern wie Kaltura angeboten (Dovrat 2019). Bei der Rekrutierung vermitteln Videos nachweislich einen umfassenden Eindruck vom Unternehmen und ziehen Talente an (Solecky 2021). Das liegt daran, dass Videos im Vergleich zu Text auf einer Unternehmenswebsite mehr Emotionen transportieren können. Zu den Anwendungsfällen bei der Personalbeschaffung gehören Videos für Stellenausschreibungen, Videos über die Unternehmenskultur und spezifischen Stellenausschreibungen sowie Videos, die für einzelne Bewerber erstellt werden (Solecky 2021). Für Letztere können personalisierte Videos, die den Namen des Zuschauers enthalten, sehr hilfreich sein. Die Erstellung von personalisierten Videos ist z. B. möglich mit der Software von Vidzai (2021). Zu den Funktionen gehört auch die Erstellung interaktiver Videos, um die Interaktivität weiter zu erhöhen. Nachdem sich die Kandidaten zu einem Unternehmen informiert haben, werden ihre Bewerbung und das Vorstellungsgespräch per Video relevant. Videos gehören zu den gängigsten Medien beim Lernen und können in Kombination mit interaktiven Elementen wie Quizfragen hervorragende Bewerbererfahrungen bieten. BetterUp (2021) ist ein Unternehmen, das Mentoring-Lösungen anbietet. Wenn sich Unternehmen anmelden, können sich ihre Mitarbeiter für Einzel- und Gruppencoachings per Video anmelden. In Bezug auf Mitarbeiterbindung und Teamzusammenhalt können Videolösungen insbesondere helfen, wenn Mitarbeiter nicht vor Ort arbeiten. Möglich ist dies zum Beispiel mit der Software von GatherTown (2021). GatherTown ermöglicht die Schaffung virtueller Umgebungen, z. B. eines virtuellen Büros. Die Mitarbeiter können in diesem Gebäude navigieren und nur mit den Personen sprechen, die sich im selben Raum befinden.

Dieses Kapitel gibt einen Technologieüberblick über potenziell relevante Technologien für die Personalabteilung in der Zukunft. Die Befragten teilten jedoch Einschätzungen mit wie diese: „Die Digitalisierung allein macht uns nicht besser. Es bringt nichts, wenn wir einen ‚Scheißprozessʻ digitalisieren. Der wird deswegen nicht besser, der bleibt trotzdem noch scheiße“ (Interview #2).

Wir haben auch Meinungen gehört, die kritisieren, dass neue Technologien eingeführt werden, während die Prozesse noch nicht ausreichend digitalisiert sind:

Aber was bringt mir ein Chatbot, wenn der zu mir sagt: wenn du einen Elternzeitantrag brauchst, geh bitte in die Wordvorlage und drucke die aus. Da habe ich von dem digitalen Prozess für den Elternzeit-Antrag mehr. (Interview #2)

Diese Meinungen haben uns gezeigt, dass das Hauptproblem bei der digitalen Transformation im Personalbereich von ZF nicht die fehlende Implementierung von Technologien ist. Stattdessen behindern systematische Probleme eine erfolgreiche Transformation. Diese werden nachfolgend im Detail beschrieben.

5 Digitale Transformation in HR bei ZF

5.1 Hintergründe und Herausforderungen als Kontext der Transformation bei ZF

Die digitale Transformation im Personalbereich bei ZF ist durch verschiedene Herausforderungen und die einzigartige Unternehmensgeschichte geprägt. Seit 1926 hat ZF eine stark dezentrale Unternehmensstruktur, die den größeren Werken eine gewisse Autonomie gewährte und zu einer nur lose gekoppelten Gesamtstruktur von Teilunternehmen führte (ZF Friedrichshafen 2021). Erst im August 2011 wurden alle deutschen ZF-Teilgesellschaften reorganisiert und offiziell in vier Divisionen zusammengeführt, die seitdem unter dem Namen ZF Friedrichshafen AG firmieren (ZF Friedrichshafen 2021). Ziel dieser Reorganisation war es, nach außen eine gemeinsame Marke zu schaffen und eine ausgewogene Kompetenzverteilung zu signalisieren (ZF Friedrichshafen 2021). Aus einer dezentralen Organisation kommend, ist die Firmengeschichte auch heute noch eines der Themen, die ZF beschäftigen. Denn zehn vergangene Jahre seit der Reorganisation sind für ein Unternehmen mit mehr als 100 Jahren Geschäftshistorie ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum (Interview #6).

Die Dezentralisierung von ZF führte zu einer starken Legacy-Herausforderung für die IT-Infrastruktur des vereinten Unternehmens und die laufende digitale Transformation: Viele unterschiedliche IT-Systeme wurden von verschiedenen deutschen Standorten genutzt und sind über die Jahre gewachsen, wie bei zahlreichen anderen deutschen Industrieunternehmen auch. Anstatt diese alten IT-Systeme im Zuge des Fusionsprozesses effizient zu eliminieren, wurden die meisten von ihnen in die Gesamtinfrastruktur integriert, was zu einer hochkomplexen und heterogenen IT-Landschaft führte (Interview #4, Interview #9). Dieser Hintergrund muss bei der Bewertung der Zentralisierungs- und Standardisierungsbemühungen der digitalen Transformation berücksichtigt werden, „denn er ist der Ausgangspunkt dafür wo wir aktuell stehen und womit wir heute noch zu kämpfen haben“, wie Interviewpartner 4 zusammenfasst (Interview #4).

Neben der internen Reorganisation von ZF spielt auch das externe Wachstum durch die Übernahme von Wettbewerbern eine wichtige Rolle bei der digitalen Transformation von HR. Nach der Übernahme von Sachs im Jahr 2001 integrierte ZF mehrere kleinere Unternehmen, auch außerhalb Deutschlands, wie die belgische Hansen Transmission International NV im Jahr 2011 (ZF Friedrichshafen 2021). Vor allem aber hat ZF durch die Übernahme des ähnlich großen Wettbewerbers TRW Automotive im Jahr 2015 „seine Größe im Grunde verdoppelt“ (Interview #4), von zuvor 71.000 Mitarbeitern auf 136.000 Mitarbeiter (ZF Friedrichshafen 2014). Zusammen mit der jüngsten Übernahme von WABCO Holdings im Jahr 2020 hat ZF nun rund 150.000 Mitarbeiter und ist damit in den letzten zehn Jahren seit dem offiziellen Zusammenschluss der ZF-Unternehmen enorm gewachsen (ZF Friedrichshafen 2020, 2021). Folglich kauft ZF im Rahmen der Übernahmen auch etliche Systeme der Firmen mit, wie Interviewpartner 1 die anhaltenden Auswirkungen der Übernahmen auf die digitale Transformation beschreibt (Interview #1). Dieser Umstand von mehr zugekauften IT-Systemen schafft zusätzliche Komplexität und Heterogenität in der IT-Landschaft (Interview #1, Interview #4, Interview #9). Zudem erfordert die Verdoppelung der Mitarbeiterzahl auch erhöhte Anstrengungen, um alle 150.000 Mitarbeiter weltweit in die Transformationsprozesse einzubeziehen.

Wie bereits im vorigen Abschnitt erwähnt, zeichnet sich die ZF durch einen hohen Grad an Internationalisierung aus. Von den insgesamt 150.000 Mitarbeitern sind nur 50.000 in Deutschland beschäftigt und ZF ist insgesamt in mehr als 40 Ländern weltweit tätig (Interview #6, (ZF Friedrichshafen 2021)). Die digitale Transformation im Personalwesen ist also stark von geografischen Faktoren und lokalen Gegebenheiten geprägt (Interview #1, Interview #4, Interview #6). Gerade im HR-Bereich haben viele Länder ihre eigenen HR-Systeme und häufig sogar mehrere Systeme gleichzeitig, wie zum Beispiel in Italien (Interview #1). Dies erschwert ebenfalls eine reibungslose digitale Transformation von Unternehmen. Die Vielzahl an Systemen auch innerhalb eines Landes liegt auch daran, dass viele Länder ihre eigenen Lohn- und Gehaltsabrechnungssysteme benötigen, da globale Systeme die jeweiligen Gesetzgebungen nicht abdecken und Lohn- und Gehaltsabrechnungsprozesse zu den komplexesten Prozessen gehören, die global standardisiert werden müssen (Interview #1, Interview #4). Neben der starken geografischen Differenzierung von IT- und HR-IT-Systemen sind auch organisatorische Faktoren zu berücksichtigen: Sprachbarrieren und unterschiedliche Mentalitäten können ebenfalls eine Herausforderung für den Erfolg einer digitalen Transformation darstellen (Interview #5, Interview #6).

Die vierte Herausforderung, vor der ZF bei der digitalen Transformation steht, ist die Einbindung der Arbeiter in den weltweiten Produktionsstätten. Mehr als 50 % der ZF-Belegschaft arbeiten nicht am Schreibtisch, sondern sind im operativen Bereich tätig (Interview #4). Daher können die Arbeiter – obwohl sie eine wesentliche Zielgruppe für die Transformation sind – nicht so einfach erreicht werden, weil sie oft keinen Zugang zu HR-IT-Systemen wie SuccessFactors haben (Interview #4, Interview #5). Der mangelnde Zugang ist auf fehlende Firmentelefone oder Use-your-own-Device Policies zurückzuführen, wie Interviewpartner 5 beschreibt: „Wir haben noch keinen Zugang für Produktionsarbeiter. Sie nutzen myHRSuite hier also nicht. Das wird eine Herausforderung für uns sein, weil sie keine Geräte dafür haben“ (Interview #5).

Infolgedessen müssen Umgehungslösungen gefunden werden, z. B. für Lern- oder Schulungsinitiativen, da Produktionsarbeiter noch nicht durchgehend digital befähigt sind und die für Büroangestellte definierten Prozesse nicht gleichermaßen angewendet werden können (Interview #4, Interview #5).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die digitale Transformation im Personalbereich bei ZF durch die dezentrale Historie des Unternehmens, ein erhebliches Wachstum, vor allem durch Akquisitionen in der jüngeren Vergangenheit, einen hohen Grad an Internationalisierung sowie einen hohen Anteil an Produktionsarbeitern bestimmt wird. Diese Faktoren machen die Transformation für eine so große Anzahl von Mitarbeitern zu einer besonderen Herausforderung, für die viele Anstrengungen über die gesamte Organisation hinweg und viele Ressourcen benötigt werden.

5.2 Die digitale Transformationsinitiative von ZF im Personalbereich

Als Grundlage für diese Studie haben wir die Details der Initiative zur digitalen Transformation im Personalbereich von ZF untersucht. Dies war eine wesentliche Voraussetzung, um die Hintergründe der Aussagen der Interviewpartner zu verstehen und später wertvolle Lösungsansätze aufzuzeigen. Bevor wir in die Tiefe der Interview-Erkenntnisse eintauchen, wollen wir daher einen kurzen Überblick über die digitale Transformationsinitiative im Personalbereich geben. Insbesondere stellen wir die Kommunikation der Transformation, die angebotenen Schulungen und den Zeitrahmen der Transformation vor. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf diesen stark korrelierenden Themen, die für eine erfolgreiche Transformation entscheidend sind.

Die Transformation begann 2017 mit der Implementierung der ersten Module, wobei zwei Prozesse auf das SAP-System SuccessFactors umgestellt wurden. ZF nennt seine Implementierung von SuccessFactors myHRSuite. Im Jahr 2019 liefen bereits viele Prozesse auf dem System und bis 2022 soll eine große Mehrheit der ZF-Mitarbeiter Zugang zur Plattform haben und potenziell auch mobil zugreifen können.

Aus dem Kontext bei ZF wissen wir bereits, dass eine wesentliche Herausforderung darin besteht, alle betroffenen Mitarbeiter zu erreichen und in den Transformationsprozess einzubinden. Dazu fanden bereits 2018 erste Expertenschulungen in Person statt und kurz darauf wurde eine globale Lernplattform ausgerollt. Zusätzlich wurden alle HR-Mitarbeiter und sogenannte „Key User“ pro HR-Standort geschult. Diese Schulungen wurden lokal durchgeführt. Später wurden Webinare und webbasierte Trainings für Geschäftspartner sowie alle Führungskräfte und Mitarbeiter von ZF angeboten. Insgesamt waren dies über 100 webbasierte Schulungen in 84 Sprachversionen für die verschiedenen Module. Wie nachfolgend dargelegt, wird deutlich, dass die Schulungen einer der kritischen Aspekte waren, die genannt wurden, als wir die Interviewpartner fragten, was ihnen am Transformationsprozess besonders gefiel.

Was den Zeitplan für die Kommunikation betrifft, so sind die ZF-Manager seit 2017, als die ersten Module implementiert wurden, mit SuccessFactors vertraut. In den darauffolgenden Jahren wurden verschiedene Kommunikationsmaßnahmen ergriffen, unter anderem (1) E-Mails mit Informationen zum Start von myHRSuite, (2) Newsletter an HR-Manager mit einer Informationskaskade an HR-Mitarbeiter sowie an ZF-Führungskräfte und Assistenten der Geschäftsleitung weltweit, (3) Unternehmensmeldungen inklusive Video-Statements und (4) Informations-Webinare und Workshops zum Roll-out. Neben der Online- wurden auch Offline-Kommunikationsmaßnahmen ergriffen. So wurden beispielsweise (1) Broschüren über myHRSuite in verschiedensten Sprachen für die drei Zielgruppen HR-Professionals, ZF-Führungskräfte und ZF-Mitarbeiter zur Verfügung gestellt. Auch Roll-ups, Tischzelte und Poster standen zum Download bereit, ebenso wie Produktions- und Anwendungshandbücher.

Trotz der umfangreichen Kommunikations- und Schulungsmaßnahmen und aufgrund des hohen Tempos der globalen Umstellung besteht weiterhin der Bedarf, Informationen für die Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. Im Folgenden stellen wir unterschiedliche Meinungen zur Transformation vor und zeigen Lösungsmöglichkeiten für die verbleibenden Pain Points auf.

5.3 Stimmen zum Erfolg der digitalen HR-Transformation bei ZF

Zunächst stellen wir die zahlreichen positiven Stimmen zur digitalen Transformation in der Personalabteilung von ZF vor. Anschließend gehen wir auf die identifizierten Verbesserungspotenziale ein, bei denen wir den größten Hebel für mögliche Lösungen sehen.

Bemerkenswerterweise wurden die Etablierung und Vereinheitlichung von Prozessen sowie die Verfügbarkeit globaler Daten als größter Mehrwert durch das neue System wahrgenommen. Darüber hinaus wurden das Lernportal, der geringere Bedarf an IT-Beratung bei wiederkehrenden Prozessen und die Möglichkeit der Mitarbeiter-Selbstbedienung positiv erwähnt.

5.3.1 Vereinheitlichte Prozesse und Systeme

Eines der Hauptziele der digitalen Transformation in der Personalabteilung von ZF war es, globale Prozesse zu etablieren. Dies ist die Grundlage für ein einheitliches System und bringt mehrere langfristige Vorteile mit sich, wie z. B. die Erhöhung der Transparenz und Effizienz sowie die Senkung der Wartungskosten. Dieses Ziel schien von den Befragten erkannt zu werden, die die Vereinheitlichung als hilfreich und zukunftsweisend empfanden. Ein Mitarbeiter weist darauf hin, dass „man versucht hat, einen einheitlichen Prozess zu finden, der im Grunde die Zukunft ist“ (Interview #2). Ein anderer beschreibt ausführlicher:

Aber der große Mehrwert hier ist dadurch entstanden, dass wir es geschafft haben, unsere wesentlichen globalen Prozesse in ein System zu bringen und das allen Mitarbeitern verfügbar zu machen. Also seit 2 Jahren kann man eigentlich sagen, haben wir auch das erste Mal – das klingt jetzt vielleicht krass – alle Mitarbeiter Stammdaten in einer Systemlösung. Das war davor schlichtweg nicht der Fall. Und damit ist es uns möglich, heute überhaupt diese globalen Prozesse durchzufahren. (Interview #4)

Durch vereinheitlichte Prozesse und die daraus resultierenden transparenten, zugänglichen Systeme konnten zahlreiche weitere Vorteile realisiert werden. Ein Mitarbeiter erwähnt den geringeren Aufwand und Bedarf an IT-Unterstützung durch die Standardisierung. „[Bei den] prozessualen Themen glaube ich haben wir schon einen Mehrwert durch Standardisierung. Das heißt z. B. im Bewerbungsprozess, den kann man dann eben weltweit ausrollen für bestimmte Personengruppen“ (Interview #1). Auch neue IT-Services, die durch die Transformation erst ermöglicht wurden, werden genannt: „Wenn wir jetzt das lokale System weiter benutzt hätten, dann hätten wir jetzt z. B. keine SuccessFactors App“ (Interview #1).

Bezogen auf das globale System stellt ein Interviewpartner fest: „ZF hat heute ein globales HR-IT-System mit SuccessFactors und myHRSuite“ (Interview #6). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Bemühungen, einheitliche Prozesse und Systeme zu etablieren, innerhalb der Organisation anerkannt zu sein scheinen und die Mitarbeiter die Vorteile spürbar wahrnehmen. Dies führt uns direkt zur nächsten entscheidenden Errungenschaft der digitalen Transformation in der Personalabteilung von ZF: globale Daten.

5.3.2 Globale Daten

Ein Aspekt, der sehr stark mit den vereinheitlichten Prozessen und dem daraus resultierenden gemeinsamen System zusammenhängt, sind die global verfügbaren Daten, ein „single Set of Truth“ für die gesamte Personalabteilung von ZF. Ein Mitarbeiter sagt: „Wir sind immer noch nicht bei 100 %, aber wir sind wesentlich besser geworden. […] das Thema Stammdaten, das Thema Job Families ist grandios im Vergleich zu früher“ (Interview #7). Die Tatsache, dass globale Daten als einer der Hauptvorteile der digitalen Transformation wahrgenommen werden, wird durch das folgende Zitat unterstrichen:

Was mir am besten gefällt, ist die Grundidee, dass uns dieses System in die Lage versetzt, weltweite Daten zu erheben und z. B. für Statistiken zur Verfügung zu stellen. Das ist aus meiner Sicht einer der großen Benefits, den wir aus dem System generieren könnten. (Interview #3)

Eine andere Mitarbeiterin erwähnt: „[…] das System ist robuster. Es gibt mehr Berichte und mehr KPIs und wir haben alles zusammen in SuccessFactors. Und das hatten wir vorher nicht. Das ist also wirklich gut für uns“ (Interview #5).

Obwohl globale Daten einer der Hauptvorteile der Umstellung zu sein scheinen, haben wir eine Diskrepanz zwischen den Personen, die diese Daten benötigen und nutzen, und den Personen, die sie pflegen, festgestellt. Obwohl globale Daten von großer Bedeutung sind und überwiegend positiv wahrgenommen werden, zeigt sich, dass ihre Pflege auch zu Ineffizienzen geführt hat. Den Mitarbeitern ist häufig nicht klar, ob der Vorteil der verfügbaren Daten und der Transparenz den zusätzlichen Aufwand für die Pflege dieser Daten aufwiegt (z. B. Interview #3).

5.3.3 Effizienzgewinne

Um den hohen Aufwand einer digitalen Transformation zu rechtfertigen, sind Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen die wichtigsten gewünschten Resultate. In unseren Interviews hörten wir überwiegend kritische Stimmen zu diesem Aspekt, möglicherweise weil die digitale Transformation noch im Gange ist und Effizienzgewinne erst nach Abschluss der Umstellung sichtbar werden. Darüber hinaus könnten Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen nur dann nachgewiesen werden, wenn man das gesamte System versteht und sicherstellt, dass ein von einem Mitarbeiter wahrgenommener Effizienzgewinn nicht zu einem Mehraufwand für einen anderen Mitarbeiter führt. Ein Beispiel, das in diesem Zusammenhang häufig genannt wurde, ist die neu eingeführte Mitarbeiter-Selbstbedienung. Durch das neue System sollten die Mitarbeiter in der Lage sein, einfache, sich wiederholende Aufgaben wie Adressänderungen, Krankmeldungen oder Stellenausschreibungen ohne Hilfe der Personalabteilung zu erledigen. Eine Mitarbeiterin der Personalabteilung beschreibt:

Ich denke, das Positive daran ist, dass es ein benutzerfreundliches System ist, eine benutzerfreundliche Art, auf Informationen zuzugreifen, und auch die Mitarbeiter können selbst darauf zugreifen. Das ist wirklich positiv, denn vor einigen Jahren mussten wir ihnen alles zur Verfügung stellen, Papiere ausdrucken und sie verschicken. Jetzt ist das wirklich einfacher für uns. (Interview #5)

Dies verringert zwar den Aufwand für die Personalabteilung, kann aber den Zeitaufwand für die Führungskräfte erhöhen, die nun selbst Mitarbeiterdaten hinzufügen und pflegen müssen. Um die Effizienzgewinne zu überprüfen, wäre daher eine ganzheitliche Analyse des Systems erforderlich, möglicherweise mithilfe von Fragebögen und einer quantitativen Studie anstelle punktueller Interviews. Wir gehen jedoch davon aus, dass es sinnvoll ist, die Aspekte, die die Mitarbeiter subjektiv als Effizienzgewinne wahrnehmen, als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen zu betrachten.

Ein Vorteil, der sich aus vereinheitlichten Prozessen ergibt, ist der geringere Wartungsbedarf, insbesondere zur Vermeidung von Sicherheitsproblemen. Anders als bei einer Vielzahl kleinerer Systeme können in einem gemeinsamen System Sicherheitsmängel in einem Zug behoben werden.

Wir müssen dieses System also nicht mehr pflegen und haben nun auch den Vorteil, dass sich SAP direkt um all diese Sicherheitsfragen kümmert. Wo wir früher zum Beispiel selbst prüfen mussten, ob das System auf dem neuesten Stand ist, ob wir es richtig gepatcht haben, damit zum Beispiel neue Browserversionen mit dem System arbeiten können und so weiter. (Interview #1)

5.3.4 Transformationsprozess

Der erste Schritt, um die beschriebenen Vorteile der Digitalisierung zu realisieren, ist ein erfolgreicher Transformationsprozess. Obwohl dieser Aspekt nicht direkt mit dem Ergebnis der digitalen Transformation zusammenhängt, wurde er häufig positiv erwähnt. Insbesondere das Lernportal wurde von den Mitarbeitern als hilfreich empfunden. Ein Mitarbeiter beschreibt:

Also was definitiv gut läuft bei der Digitalisierung, ist das Learning Portal. Das finde ich tatsächlich wirklich gut. Die Führungskräfte können dort Mitarbeitern Trainings zuweisen und dort wäre es möglich immer überall auf der Welt auch mit mobilen Devices, Trainings abzuhalten, die man machen möchte. (Interview #2)

Auf die Frage nach einer Bewertung des Lernsystems auf einer Skala von 1–9 gibt eine andere Mitarbeiterin eine 7 (Interview #4) und über die praktischen Vorteile des Lernsystems spricht ein Mitarbeiter der Personalabteilung. In Bezug auf die Leistung des Teams für digitale Transformation lobt ein Mitarbeiter: „Wir haben eine hervorragende Unterstützung von Global [HR]“ (Interview #5). Eine andere Mitarbeiterin sagt: „Ehrlich gesagt, man kann es immer besser machen. Aber ich würde gerne sehen, wer es mit dieser Kapazität und Zeit besser gemacht hätte. Ich denke also, dass sie aus meiner Sicht gute Arbeit geleistet haben“ (Interview #3).

Insgesamt wurden viele positive Stimmen laut, die die großartigen Leistungen des Transformationsteams, die schnelle Durchführung und die daraus resultierenden Vorteile betonten. Trotz all der großartigen Ergebnisse und des Lobes sind wir, wie eingangs erwähnt, der Meinung, dass es von großem Wert ist, auch die Probleme der Mitarbeiter genau unter die Lupe zu nehmen. Ein Befragter fasst zusammen: „Da ist sicherlich noch Verbesserungsbedarf, aber er ist okay. Im Vergleich zu dem, was wir vorher hatten, ist er sogar super. Aber ich denke, dass man schon noch ein bisschen etwas verbessern könnte“ (Interview #7). Um nun zu diesem „Verbesserungspotenzial“ überzuleiten, werden wir die identifizierten Verbesserungsbereiche, die als Grundlage für unsere Lösungsvorschläge dienten, im Folgenden erläutern.

5.4 Identifizierte Bereiche für Verbesserungsmöglichkeiten bei der digitalen Transformation von HR

Um Gemeinsamkeiten und wiederkehrende Themen zwischen den verschiedenen Interviews zu finden, haben wir zunächst die Aussagen gruppiert. Auf dieser Grundlage haben wir fünf Schwerpunktbereiche für Verbesserungen identifiziert, die wir später als Ausgangspunkt für unsere Lösungsansätze verwendet haben: Daten, Prozesse, Organisation, IT-System und Veränderungsprozess.

5.4.1 Daten

Wie bereits erwähnt, war die Verfügbarkeit globaler, zuverlässiger Daten eines der Hauptziele der Initiative zur digitalen Transformation in der Personalabteilung von ZF. Sie wurde auch als einer der Hauptvorteile der Transformation wahrgenommen. Dennoch gibt es noch Raum für Verbesserungen.

Ein mehrfach genanntes Problem war, dass das neue System an vielen Standorten die Funktionalitäten des alten Systems noch nicht vollständig ersetzt. Ein Interviewpartner beschreibt: „Bisher war es ja so, dass es global ganz viele verschiedene Systeme gab und myZF ist eines davon und die sollten alle abgeschafft werden, damit global alle gleiche Prozesse haben“ (Interview #10). Da die Ablösung durch myHRSuite aber noch nicht überall vollständig erfolgt ist, müssen viele Standorte zwei Systeme mit den gleichen Daten pflegen.

Diese doppelte Datenpflege führt nicht nur zu einem Mehraufwand für die Mitarbeiter, die davon nicht unbedingt profitieren, sondern auch zu einer schlechten Datenqualität. Die Datenkonsistenz ist also eine der größten Herausforderungen, die wir in den Interviews festgestellt haben. Einer der Lösungsansätze, die sich aus dieser Problematik ergeben, wäre, den Mitarbeitern, die die Daten pflegen, den Wert von konsistenten Daten zu verdeutlichen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Datenzugang. Es liegt auf der Hand, dass globale Daten nur für die Mitarbeiter hilfreich sind, die auf sie zugreifen und sie nutzen können. Durch strengen Datenschutz, begrenzte Zugriffsrechte und einen Mangel an Geräten, die an das System angeschlossen sind, ist der Datenzugang auf einen relativ kleinen Teil der Mitarbeiter beschränkt. Initiativen wie „Bring-your-own-Device“, bei denen die Mitarbeiter ihre persönlichen Mobilgeräte für den Zugriff auf Teile des Systems „onboarden“ lassen können, stoßen bei den Produktionsmitarbeitern noch nicht auf ausreichende Akzeptanz. Da ein zuverlässiger Datenzugriff einen Mehrwert für die Mitarbeiter darstellt und durch das neue System wesentlich besser möglich ist, setzen zwei unserer Lösungsansätze beim Thema Datenzugriff an: klare organisatorische Rollen und mobile Geräte, die den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden.

5.4.2 Prozesse

Ein zentrales Element bei den Pain Points der Mitarbeiter waren die Prozesse. Neben den bereits erwähnten „Doppelprozessen“, die in den meisten Interviews genannt wurden, waren sogenannte „Schmerzprozesse“ ein weiteres wiederkehrendes Thema, unter anderem Ineffizienzen, ein hoher Papieraufwand, Nebenprozesse und Workarounds, um fehlende Funktionalitäten im System zu kompensieren.

Da diesem Bereich viele Aussagen zur Verbesserung zugeordnet werden können, setzen mehrere unserer Lösungsansätze an den genannten Punkten an. Dazu gehören RPA zur automatischen Erledigung sich wiederholender Aufgaben und Process Mining zur Identifizierung von Prozessineffizienzen. Darüber hinaus wurde häufig berichtet, dass auch kleine Tools, wie das kürzlich eingeführte DocuSign, die Prozesse deutlich verbessern können. Weiteres Potenzial sehen wir daher in der Nutzung vorhandener Tools, z. B. für das Einscannen, das Zurücksetzen von Passwörtern, die Stundenerfassung und für digitale Krankmeldungen. Wir haben diese Lösungen unter dem Begriff „Lean Processes“ zusammengefasst.

5.4.3 Organisation

Der vierte von uns identifizierte Verbesserungsschwerpunkt bezieht sich auf die Organisationsstruktur bei ZF. In diesem Zusammenhang wurden unter anderem eine hohe organisatorische Komplexität, fehlende Kapazitäten zur Unterstützung der digitalen Transformation, eine mangelnde Einbindung der Organisation in den Transformationsprozess und eine unzureichende Unterstützung durch das Top-Management genannt.

Viele dieser Probleme lassen sich erklären, wenn man die dynamische Geschichte des Unternehmens betrachtet, einschließlich der großen Fusionen und Übernahmen, wie bereits beschrieben. Wir werden hier nicht näher darauf eingehen, da wir davon ausgehen, dass sich diese Probleme im Laufe der engeren Zusammenarbeit zwischen den ehemals unterschiedlichen Unternehmen lösen werden. Im Schwerpunktbereich der Organisation fanden wir jedoch einen Pain Point, der unserer Meinung nach bei zukünftigen Transformationsprojekten angegangen werden sollte: die Unterstützung durch das Management.

5.4.4 IT-System

IT-Systeme und Software sind selbstverständlich Schlüsselkomponenten bei der digitalen Transformation. Neben der technischen Komplexität und den zusätzlichen Schwierigkeiten durch Legacy-Systeme bestand eine große Herausforderung darin, dass die IT-Systeme reale Prozesse abbilden müssen. Vielfach wurde erwähnt, dass die Prozessharmonisierung der Einführung eines einheitlichen Systems vorausgehen muss. Ein Großteil der Kritik an den IT-Systemen ließe sich also damit erklären, dass die Prozesse vor der Einführung eines „one-size-fits-all“-Systems aufgrund des Zeitdrucks nicht ausreichend harmonisiert wurden. Wir gehen davon aus, dass diese Probleme durch ähnliche Aspekte gelöst werden können, die wir im vorherigen Abschnitt „Prozesse“ erwähnt haben. Außerdem wurden die fehlende Flexibilität und Variabilität des einheitlichen Systems bemängelt: „Aber wenn Sie mich jetzt fragen zu dem System, das ist mir zu unflexibel an der Stelle“ (Interview #6).

Es ist klar, dass bei der Einführung global vereinheitlichter Systeme nicht alle lokalen Bedürfnisse berücksichtigt werden können. Wir sind jedoch der Ansicht, dass viele der Beschwerden durch die Schaffung von Transparenz, die Einbeziehung verschiedener Interessengruppen und die Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse beseitigt werden könnten. Eine Möglichkeit dazu könnte eine strukturierte Feedback-Plattform sein, wie im Folgenden beschrieben wird.

Eine weitere häufige Beschwerde über das IT-System betraf dessen hohe Komplexität. Während viele der Probleme systembedingt sind und möglicherweise nur vom Softwareanbieter gelöst werden können, könnte eine weitere Lösungsmöglichkeit in wiederholten Schulungen bestehen. Obwohl viele Schulungen durchgeführt und positiv aufgenommen wurden, wie bereits dargestellt, gehen wir davon aus, dass wiederholte, technologiegestützte interaktive Schulungen die Mitarbeiter bei der Arbeit mit dem „nicht benutzerfreundlichen“ System unterstützen könnten.

5.4.5 Veränderungsprozess

Zuletzt haben wir uns mit der Wahrnehmung der Transformation selbst befasst. Wie bereits erwähnt, wurde viel Lob für das Veränderungsteam geäußert. Allerdings gab es auch kritischere Stimmen, die darauf hinwiesen, dass die Relevanz der Veränderung noch nicht erkannt wurde und der Mehrwert der neuen Technologie für viele Mitarbeiter noch unklar ist. Zwei wichtige Aspekte, die in diesem Zusammenhang genannt wurden, waren Schulung und Kommunikation. Trotz der zuvor beschriebenen Bemühungen, umfangreiche Schulungsmöglichkeiten anzubieten, bemängelten einzelne Befragte außerdem einen hohen Bedarf an Selbststudium und zu komplexe Prozesse im System (z. B. Interview #2). Es liegt auf der Hand, dass persönliche Schulungen für alle Mitarbeiter und nicht nur für Personalverantwortliche und Key User in einem so großen Unternehmen wie ZF und angesichts der Corona-Pandemie nicht durchführbar sind. Wir sind jedoch der Ansicht, dass technologiegestützte Schulungen, z. B. durch virtuelle Assistenten oder bessere Suchoptionen für geeignete Schulungsvideos, die Schulungserfahrung erheblich verbessern könnten. Darüber hinaus könnte auch die Unterstützung durch das Management eine wichtige Rolle bei der besseren Nutzung des Schulungsangebots spielen, indem dieses seinen Mitarbeitern bestimmte Zeiten für die Teilnahme an den Schulungen einräumt.

Zusammenfassend wurden fünf Schwerpunktbereiche für Verbesserungen identifiziert und eingehend geprüft. Nachdem wir uns einen Überblick über die Haupt-Pain-Points der Befragten verschafft und sie in den Kontext vergangener Transformationsbemühungen bei ZF gestellt hatten, führten wir eine Ideation durch und erarbeiteten entsprechende Lösungsansätze.

6 Empfehlungen für ZF

6.1 Lösungen für die Bereiche mit Verbesserungsmöglichkeiten

Entsprechend der Design-Thinking-Methode (Razzouk und Shute 2012) basieren die nachfolgend vorgestellten Lösungsansätze auf den Problemen, die wir in unseren Interviews identifiziert haben. Ausgehend von einer Longlist mit Ideen wurden die zehn Vielversprechendsten ausgewählt und anhand einer zweidimensionalen Matrix bewertet, wie in Abb. 3 dargestellt. Wir definieren Machbarkeit als die Einfachheit, mit der die Lösung unter Berücksichtigung personeller, zeitlicher und organisatorischer Beschränkungen umgesetzt werden kann. Die Relevanz wurde als eine Kombination aus Lösungs- und Problemrelevanz definiert, wobei beide Unterkategorien gleich gewichtet wurden. Als Lösungsrelevanz bezeichnen wir die Auswirkungen der Lösung auf den zukünftigen Erfolg von ZF und die Anzahl der Personen, die von der Lösung profitieren würden. Die Problemrelevanz ist definiert als die Anzahl der Erwähnungen der damit verbundenen angesprochenen Probleme in unseren Interviews und die Betonung, die die Befragten dem Problem beimessen, wenn sie darüber sprechen. Auf der Grundlage langer Diskussionen haben wir eine Matrix erstellt, die drei Lösungen zeigt, die unserer Meinung nach das höchste Umsetzungspotenzial und Relevanz für ZF haben. Unsere vorgeschlagenen Lösungsansätze werden im Folgenden vorgestellt, wobei diese drei Lösungen näher erläutert werden.

Abb. 3
figure 3

Bewertung der Entwickelten Lösungsvorschläge

6.1.1 Unterstützung des Digitalisierungs-Change-Teams

Kurzbeschreibung

Grundgedanke unseres ersten Lösungsansatzes sind die hohe Relevanz der Unternehmenskultur und die Akzeptanz sowie das Engagement der Mitarbeiter für die Digitalisierung. Mit „Unterstützung des Digitalisierungs-Change-Teams“ ist vor allem die Unterstützung für das Team durch das Management gemeint, die für eine erfolgreiche Transformation unabdingbar ist. Durch eine höhere Wertschätzung und unterstrichene Bedeutung des Digitalisierungsteams durch das Top-Management könnten das Bewusstsein und die Unterstützung der Mitarbeiter erhöht werden, was zu einem schnelleren und effektiveren Transformationsprozess führen würde.

Behandelte Probleme

Angesichts der Tatsache, dass die digitale Transformation für den wirtschaftlichen Erfolg von ZF von großer Bedeutung ist, überraschte die Diskrepanz zum Status quo: eine eher geringe Beteiligung und Unterstützung des Managements im Transformationsprozess. Dies drückte sich insbesondere in der begrenzten Kapazität des Digitalisierungsteams aus, in der Entsendung von Mitarbeitern mit wenig Prozesserfahrung als Key User und im mangelnden Bewusstsein für Digitalisierungsinitiativen innerhalb der Organisation. So sind die Verantwortlichen für den Fortschritt der Transformation und die entsprechenden Ansprechpartner nicht für alle Mitarbeiter eindeutig genug benannt (Interview #5).

Erwartete Vorteile

Indem die Bedeutung der digitalen Transformation im Personalwesen klar kommuniziert wird, können alle Mitarbeiter in die gleiche Richtung positioniert und mitgezogen werden. Dies könnte zu einer Beschleunigung des ohnehin unvermeidlichen Wandels und zu weniger Widerstand führen, wenn z. B. die entsprechenden Ansprechpartner im Team für den Digitalisierungswandel deutlich sichtbar und erreichbar sind. Langfristig könnten durch die Betonung des Konsolidierungsprozesses die Effizienz gesteigert und organisatorische Konflikte besser vermieden werden.

Risiken/Kosten

Wie bei jeder Initiative ist auch diese Empfehlung mit Kosten verbunden. Eine stärkere Unterstützung durch das Management und mehr Ressourcen für das Veränderungsteam der Digitalisierung bedeuten vor allem höhere Personalkosten und in der Regel mehr Zeitaufwand, z. B. durch einen längeren Konsolidierungsprozess. Das damit verbundene Risiko ist ein mögliches Scheitern der digitalen Transformation und der Rückschluss auf das Top-Management, das dafür verantwortlich gemacht werden würde. Da ZF bereits erste Erfolge und sinnvolle Meilensteine der digitalen Transformation erreicht hat, ist dies allerdings ein unwahrscheinlicher Ausgang, für den es keine Anhaltspunkte gibt.

Bewertung der Auswirkungen

Die Unterstützung des Change Teams für die Digitalisierung hat für uns aufgrund ihrer hohen Relevanz und hohen Machbarkeit höchste Priorität. Wie nachfolgend näher ausgeführt wird, sind die Unterstützung des Change Teams durch das Management und entsprechende Ressourcen das Rückgrat jeder digitalen Transformation. Ohne klare organisatorische Rollen des Change Teams und klar kommunizierte Unterstützung durch das Management wird die Arbeit des Teams für die Digitalisierung behindert und ist vermutlich deutlich weniger effektiv. Daher ist diese Empfehlung für den Erfolg der Transformationsinitiative von ZF von großer Bedeutung. Darüber hinaus ist sie auch sehr gut umsetzbar, da für diese Maßnahme eine Änderung der Einstellung und des Mindsets gegenüber der digitalen Transformation zuerst von nur sehr wenigen Personen in der obersten Führungsebene erforderlich ist – und nicht im gesamten Unternehmen. Dies deutet auch darauf hin, dass diese Empfehlung relativ schnell umgesetzt werden könnte, was sie praktikabler macht. Sie erfordert zudem wenig materielle Ressourcen, aber mehr immaterielle, organisatorische Ressourcen, um die Bedeutung des Teams für den Digitalisierungswandel zu erhöhen. ZF verfügt über die dafür notwendigen Ressourcen und Kompetenzen, sodass die Umsetzung einfacher ist als z. B. bei speziellen technischen Lösungen.

Umsetzungsansätze

Wie beschrieben, liegt der Vorteil dieser Lösung in ihrer Einfachheit, kombiniert ihrer inhärenten Wirkung. Die Umsetzung einer umfassenderen Unterstützung des Teams für den digitalen Wandel würde wie beschrieben vor allem eine Änderung der Einstellung der obersten Führungsebene und eine klare, regelmäßige Kommunikation der digitalen Transformation als Hauptpriorität erfordern. Darüber hinaus wäre eine personelle Verstärkung des Teams für den digitalen Wandel von Vorteil, um die derzeitigen Zeit- und Kapazitätsbeschränkungen des Teams zu überwinden. Da es sich hierbei um einen sozialen und nicht um einen technischen Lösungsansatz handelt, könnten Diskussionen und Workshops erforderlich sein, um diesen Einstellungswandel zu erreichen. In den Diskussionen und Workshops sollte großer Wert darauf gelegt werden, dass die Menschen das „Warum?“ der digitalen Transformation bei ZF hinterfragen und entschlüsseln. Dies könnte die hohe Relevanz und Notwendigkeit des Prozesses in den Köpfen der Mitarbeiter verankern und einen nachhaltigen Wandel vorantreiben. Wir sind der Ansicht, dass diese Lösung das Potenzial hat, große positive Effekte zu erzielen, um ZF langfristig besonders innovativ und wettbewerbsfähig zu machen.

6.1.2 Feedback-Community-Plattform

Kurzbeschreibung

Unsere zweite Empfehlung ist die Initiierung einer Plattform, auf der die ZF-Mitarbeiter Feedback zur digitalen Transformation geben können. Für eine solche Feedback-Plattform gibt es verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten, die später beschrieben werden. Generell wäre es ein Ort, an dem alle Mitarbeiter anonym oder unter ihrem echten Namen Fragen stellen oder Feedback zu verschiedenen Themen geben können. Mögliche Anwendungsfälle wären z. B. technische Fragen zur Nutzung bestimmter Funktionen von SAP SuccessFactors oder positives Feedback z. B. darüber, was den Mitarbeitern im Rahmen des Change-Prozesses besonders gut gefallen hat. Natürlich kann auch konstruktive Kritik geäußert werden, z. B. über die fehlende Unterstützung durch die Führungskraft des Mitarbeiters bei der Transformation, um in der Zukunft für Verbesserungen sorgen zu können. Insgesamt könnte die Feedback-Plattform ein leistungsfähiges Werkzeug sein, um eine breite Palette von Anwendungsfällen und zugrunde liegenden Problemen zu adressieren.

Behandelte Probleme

Diese Lösung adressiert die Verbesserungsschwerpunkte „System & Software“, „Prozesse“ und „Veränderungsprozess“. Am wichtigsten ist, dass es immer noch sogenannte Schmerzprozesse gibt, die schwierig zu harmonisieren und für die Mitarbeiter besonders ärgerlich sind – quasi die „Pain Points“ jeder digitalen Transformation (Interview #8, Interview #9). Dies liegt auch an der aus Sicht der Mitarbeiter bisher verbesserungswürdigen Usability der Systeme und Software (Interview #8, Interview #9). Diese beiden Aspekte können mit der Feedback-Plattform besser aufgedeckt werden, außerdem können auf diese Weise Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter aufgegriffen werden, ohne dass sie in den hierarchischen Strukturen der Organisation untergehen und im Sande verlaufen. Neben den technischen Aspekten könnte über die Feedback-Plattform zudem die Kommunikation des Veränderungsprozesses angegangen werden, die in Transformationen üblicherweise als teils unzureichend empfunden wird. Sie könnte auch das Engagement der Mitarbeiter verbessern, das bis dato als eher mittelmäßig wahrgenommen wird (Interview #2, Interview #4, Interview #6). Dies ist vor allem auf die unzureichenden Ressourcen zurückzuführen, mit denen z. B. der derzeitige Ideeneinreichungsprozess begrenzt ist (Interview #4). Mehr Tools und Ressourcen könnten die Kommunikation des Wandels und das Engagement der Mitarbeiter also verbessern, um alle in die digitale Transformation miteinzubinden.

Erwartete Vorteile

Wir sind der Ansicht, dass die Einführung einer Feedback-Plattform für ZF auf verschiedenen Ebenen von Vorteil wäre. Mitarbeiter, die Fragen stellen oder Anmerkungen haben, können entweder von anderen Mitarbeitern oder von den Administratoren der Plattform Hilfe erhalten. Die Feedback-Plattform könnte genutzt werden, um Rückmeldungen zu konsolidieren, Fragen zu sammeln und die Arbeit an den eingereichten Problemen gleichmäßig zu verteilen. Dadurch könnte die Anzahl der Anfragen für einzelne HR-Mitarbeiter reduziert werden. Anstelle eher subjektiver Wahrnehmungen über die Kritik oder Fragen aus der Belegschaft an die Personalabteilung macht das Feedback-Tool die Art der Anfragen viel transparenter und bündelt sie objektiv. Neben diesen Vorteilen für die Personalabteilung ergeben sich auch Vorteile für alle ZF-Mitarbeiter: Mithilfe der Feedback-Plattform kann die bestehende Feedback-Kultur, zu der es kontrastierende Meinungen gibt, verbessert und erweitert werden (Interview #2, Interview #3, Interview #4, Interview #5, Interview #8). Die Plattform kann eine wesentliche Rolle dabei spielen, den Mitarbeitern das Gefühl zu geben, „gehört zu werden“ und ihnen eine Stimme zu geben, insbesondere im Transformationsprozess und besonders auch denen, die sich eventuell abgehängt fühlen. Dies kann dazu beitragen, die Akzeptanz der Mitarbeiter für die Initiativen zur digitalen Transformation des Personalwesens zu erhöhen, da sie konstruktive Kritik äußern können, wenn ihrer Meinung nach etwas schiefläuft. Diese Einbindung der Mitarbeiter in den Transformationsprozess könnte durch Ideenwettbewerbe oder Hackathons noch einen Schritt weiter gehen. Dies wären hoch innovative Formen des Mitarbeiterengagements und die Formate könnten an das gesammelte Feedback oder die Fragen anknüpfen, was wiederum den Eindruck verstärkt, dass ZF dieses schätzt und darauf reagiert.

Risiken/Kosten

Natürlich ist die Einführung eines Feedback-Tools auch mit Risiken und Kosten verbunden. Zum einen muss eine solche Plattform zunächst technisch ermöglicht werden und kann je nach Ausgestaltung mehrere Programmierstunden erfordern, was zusätzlich zu den laufenden Transformationsbemühungen eine Belastung darstellen kann. Zum anderen müssen auch organisatorische oder personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Diese sind wichtig, um ein Team zu haben, das für die Plattform zuständig ist, die Anfragen beantwortet und entsprechend weiterleitet, wenn eine einfache Antwort nicht möglich ist. Darüber hinaus birgt ein solches Feedback-Tool das Risiko, dass eben keine konstruktive Kritik geäußert wird, sondern z. B. Vorwürfe in einer unangemessenen Art und Weise geäußert werden. Damit könnte der Zweck der Plattform verfehlt werden.

Bewertung der Auswirkungen

Die Bewältigung der zuvor genannten Probleme durch ein Feedback-Tool rangiert in der Wirkungsbewertungsmatrix an zweiter Stelle hinter der verstärkten Unterstützung des Change-Teams Digitalisierung. Wir gehen davon aus, dass die Relevanz dieser Empfehlung hoch ist, da sie viele Verbesserungsbereiche adressiert und insbesondere technische Fragen sowie organisatorisches Feedback verbindet und Transparenz über den Veränderungsprozess schaffen kann. Zudem unterstreicht sie die Bedeutung eines kulturellen Wandels bei ZF im Zuge der digitalen Transformation, der bei rein technischen Lösungen auf der Strecke bleiben könnte. Im Vergleich zu den anderen vorgestellten Lösungen ist die Feedback-Plattform unserer Meinung nach aber nicht nur sehr relevant, sondern auch sehr gut umsetzbar für ZF. Eine Implementierung des Feedback-Tools ist insbesondere mit begrenzten Ressourcen möglich und erfordert einen einmaligen Initialaufwand und weniger kontinuierlichen Aufwand, um die Einträge der Plattform zu organisieren und zu beantworten. Das Feedback-Tool erfordert auch insgesamt geringere technische Fähigkeiten. Wir bewerten daher ein Feedback-Tool als sehr relevant und machbar für ZF.

Umsetzungsansätze

Es gibt mehrere mögliche Ansätze, um ein Feedback-Tool oder eine -Plattform in einer Organisation wie ZF zu implementieren. Die Ausführlichkeit bzw. Ausarbeitung der Plattform hängen von den verfügbaren Ressourcen ab. Wenn nur wenige technische Ressourcen zur Verfügung stehen, kann anstelle einer ausgefeilten Plattform auch ein Formular eingerichtet werden. In dieses Formular könnten die Mitarbeiter ihre Anliegen eintragen. Das Formular könnte z. B. gut sichtbar im Intranet platziert werden, um für die Mitarbeiter weltweit möglichst zugänglich und sichtbar zu sein. Nach dem Absenden wird die Anfrage dann von einem speziellen Team bearbeitet oder an das entsprechende Team weitergeleitet, dessen Kompetenzen der Anfrage entsprechen. Stehen dagegen mehr technische und auch personelle Ressourcen zur Verfügung, kann eine fortschrittlichere Plattform entwickelt und den Mitarbeitern zugänglich gemacht werden. Der Vorteil einer umfangreicheren Plattform ist, dass die Mitarbeiter ihre Fragen, Anregungen oder Kritik nicht nur über ein Formular an das zuständige Team senden können, sondern dass diese nach Freigabe durch den Mitarbeiter auf der Plattform auch veröffentlicht werden können. Auf diese Weise könnten die Mitarbeiter gegenseitig auf ihre Fragen oder Anregungen reagieren, sodass wie weiter oben beschrieben weniger Anfragen durch das Plattform-Team bearbeitet werden müssten.

6.1.3 Process Mining

Kurzbeschreibung

Die dritte Empfehlung ist die Implementierung von Process Mining. Process Mining ermöglicht die Visualisierung, Analyse und Verbesserung von Unternehmensprozessen auf der Grundlage von Ereignisdaten. Da die meisten Geschäftsprozesse mit Informationssystemen verknüpft sind, werden bei Ausführung eines Prozesses Ereignisdaten erzeugt. Die Verknüpfung dieser Ereignisdaten mit Prozessmodellen kann Unterschiede zwischen Prozessvorgaben und gelebter Prozessrealität visualisieren. Darauf aufbauend können Optimierungspotenziale identifiziert und implementiert werden. Process Mining ermöglicht so Entscheidungsfindung basierend auf Echtzeit Daten statt subjektiven Meinungen (Van Der Aalst 2012).

Behandelte Probleme

Process Mining adressiert insbesondere das Problem von Ineffizienzen in Prozessen. Bei internationalen Großkonzernen wie ZF kann die Technologie dabei unterstützen, Prozesse über verschiedene Geschäftsstandorte hinweg zu harmonisieren. Denn trotz globaler Prozessstandards für viele zentrale HR-Aktivitäten existieren häufig standortspezifische Teilprozesse, die bei fehlender Abbildung in einem globalen HR-Tool zu Nebenprozessen oder Doppelarbeit führen. Falls lokale Standards oder Vorgaben nicht abgebildet sind, tendieren Mitarbeiter häufig dazu, die benötigten Daten in anderer Form zu erfassen. Das Ergebnis ist Dateninkonsistenz zwischen den verschiedenen IT-Systemen. Diese Unterschiede sollten durch Process Mining aufgezeigt werden.

Erwartete Vorteile

Process Mining kann dabei helfen, „Schmerz-Prozesse“ zu identifizieren, die aktuelle Prozesslandschaft abzubilden und Prozessausnahmen an verschiedenen Standorten zu finden. Der eigentliche strategische Wert liegt jedoch in dem daraus resultierenden Gewinn an Transparenz über die Gesamtorganisation. Denn das Wissen um die gelebte Prozessrealität und Anwendungsnutzung in den verschiedenen Standorten kann Management-Entscheidungen deutlich verbessern (Eggers et al. 2021; Eggers und Hein 2020). Beispielsweise könnten durch eine Gap-Analyse vor der Einführung neuer globaler Prozesse Standorte identifiziert werden, die stärker von den Änderungen betroffen sind als andere. Diesen Standorten könnten dann während der Einführung des globalen Prozesses mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, damit ihnen die Umstellung leichter fällt. Nicht nur betroffene Mitarbeiter vor Ort wären dankbar für die Unterstützung, sondern auch die erwarteten Effizienzgewinne durch den neuen Prozess würden schneller erreicht werden. Ein weiterer Anwendungsfall findet sich in der Entwicklungsphase neuer globaler Prozesse, wo eine Übersicht über die bestehenden Geschäftsprozesse an verschiedenen Standorten es erlauben würde, den neu initiierten Prozess im Vorfeld auf bestimmte Standortspezifika auszurichten. Langfristig würde so die Datenkonsistenz steigen und damit das Fundament für weitere Business-Intelligence-Technologien gelegt werden.

Risiken/Kosten

Eine Implementierung von Process Mining kann aus technischer Sicht kostspielig sein, besonders wenn die IT-Landschaft komplex und vielfältig ist. Denn um einen hohen Nutzen zu erzielen, müssen möglichst viele Ereignisdaten aus unterschiedlichen Systemen zusammengeführt werden. Die Verbindung der verschiedenen Systeme und die anschließende Verknüpfung mit Geschäftsprozessmodellen können sich als schwierig erweisen – vor allem, wenn sich die IT-Infrastruktur schnell ändert. Daneben ergeben sich aus organisatorischer Sicht weitere Risiken durch das Schaffen einer neuen Unternehmensfunktion. So müssen neue Stellen in der Organisation verankert werden und die benötigten Fähigkeiten rund um Process Mining am Arbeitsmarkt eingekauft werden. Aufgrund der hohen Popularität der Technologie kann dies ein kostenintensiver und langwieriger Prozess sein. Zudem muss die neu entstandene Funktion in andere Managementinitiativen integriert werden und die Frage beantwortet werden, wo die Funktion im Unternehmen richtig positioniert wird. Die damit einhergehenden Change-Prozesse bergen weitere Risiken.

Bewertung der Auswirkungen

Unabhängig von den Kosten und Risiken, die mit dem Einsatz von Process Mining einhergehen, ist ein Einsatz der Technologie empfehlenswert. Die Relevanz der Lösung ist hoch, da viele Probleme im Unternehmen durch die Lösung adressiert werden. Aufgrund der technischen Schwierigkeiten ist die Umsetzung jedoch nur als mittel einzustufen. Dennoch sollten jetzt schon erste Anwendungsszenarien ausprobiert werden, um Unternehmenswissen für zukünftige Einsätze aufzubauen.

Umsetzungsansätze

Am Anfang sollten gemeinsam mit einem Process-Mining-Dienstleister erste Pilotprojekte durchgeführt werden, um die vorhandene Infrastruktur zu beurteilen und erste Nutzenabschätzungen zu erhalten. Im Anschluss kann der Umfang der Projekte vergrößert werden und damit einhergehend auch die benötigten Ressourcen ins Unternehmen geholt werden. Ein guter Startpunkt für solche Projekte findet sich im HR-Bereich im Recruiting, wo Shared-Services vorher standortspezifische Prozesse ersetzen sollen.

6.1.4 Weitere Empfehlungen für die HR-Funktion von ZF

Im Folgenden werden weitere Verbesserungsideen vorgestellt. Eine Übersicht über diese Ideen mit den jeweils dazugehörigen Verbesserungsbereichen ist in Abb. 4 dargestellt. Die Vorstellung der Lösungen folgt folgender Struktur: beginnend mit einer kurzen Beschreibung der Lösung, gefolgt von den behobenen Problemen und abschließend einer kurzen Analyse von Nutzen, Kosten und Auswirkungen.

Abb. 4
figure 4

Weitere Empfehlungen

RPA zur Systemintegration

Wie bereits dargelegt, besitzt RPA ein großes Anwendungspotenzial für die Personalabteilung, indem die Technologie repetitive oder manuelle Aufgaben automatisiert. Zudem kann RPA als Brückentechnologie eingesetzt werden, wenn Systeme oder Anwendungen derzeit nicht miteinander integriert werden können. Ein Einsatz der Technologie ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die aktuelle HR-IT-Landschaft um eine Anwendungsschicht erweitert wurde und für manche lokal existierenden Systeme noch keine Integration möglich ist, wie im Fall von ZF. Durch RPA können Integrationsprobleme pragmatisch gelöst werden, bis eine native Integration von lokalen und globalen Systemen möglich ist. So wird umgangen, dass vor Ort beide Systeme gepflegt werden müssen. Denn oft werden Daten manuell zwischen den Systemen übertragen. Eine Automatisierung dieses Vorgangs würde die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter verringern und sie für wertschöpfende Aufgaben freimachen. Darüber hinaus würde die Datenqualität steigen, wenn die gewählte Lösung die Daten zuverlässig überträgt. Letzteres ist von großer Bedeutung, um die erwarteten Vorteile des neuen globalen Systems zu erzielen, insbesondere die Verfügbarkeit aktueller Managementinformationen. Die Vorteile der Technologie haben jedoch ihren Preis. Da es sich bei RPA häufig um eine Brückentechnologie und somit nicht um eine langfristige Lösung handelt, sollte sich die Investition schnell amortisieren. Systeme, die nicht migriert werden können, werden höchstwahrscheinlich langfristig abgeschaltet und ersetzt, wodurch der Bedarf an RPA entfällt. Dennoch kann die Technologie die Mitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit unterstützen und die Akzeptanz neuer Systeme erhöhen. Es ist zu prüfen, ob RPA sich als temporäre Lösung rechnet.

Mobilgeräte

Im Einklang mit dem vorgestellten Trend „mobile First“ empfiehlt es sich, die Belegschaft mit mobilen Geräten auszustatten. Derzeit ist es nicht möglich, von mobilen Geräten auf das HR-System zuzugreifen, wenn diese nicht Teil des Bring-your-own-Device-Programms oder Firmengeräte sind. Vor allem Produktionsmitarbeiter sind vom Zugriff auf das IT-System von ZF ausgeschlossen, da sie selten Zugang zu Firmencomputern oder mobilen Geräten haben. Falls „Self-Service-HR“ das strategische Ziel sein sollte, bedeutet der fehlende Zugang zu einem Gerät, dass die Umsetzung der Strategie für einen Großteil der Mitarbeiter nicht möglich sein wird. Zum einen führt dies zur Notwendigkeit lokaler HR-Funktionen, zum anderen sinkt die Akzeptanz der Angestellten, die „Self-Services“ zu nutzen. Die Ausstattung der Mitarbeiter mit Mobilgeräten würde sie in die Lage versetzen, sich an der Transformation zu beteiligen und die Glaubwürdigkeit der Strategie zu erhöhen. Langfristig ermöglicht der mobile Zugang auch die Einrichtung durchgängiger digitaler Prozesse. Die Mitarbeiter könnten auf Schichtpläne zugreifen, ihre Adresse ändern, ihre Bankdaten selbst aktualisieren oder Urlaubsanträge digital einreichen. All dies erfordert hohe Investitionen in die Geräte, aber auch in die unterstützende IT-Governance und -Infrastruktur. Dennoch empfehlen wir, fest angestellte Produktionsmitarbeiter zumindest an Schlüsselstellen mit Mobilgeräten auszustatten. Für die Authentizität des Selbstbedienungsparadigmas ist es entscheidend, ihnen den Zugang zum System zu ermöglichen.

Globale Prozessimplementierung

Der Vorschlag der globalen Prozessimplementierung ruft dazu auf, Anreize für die Einhaltung global gesetzter Standards zu schaffen bzw. diese durchzusetzen. Ein Mangel an globaler Prozessharmonisierung birgt das Risiko, dass die erwarteten Vorteile der Migration zu einem neuen System wie SuccessFactors nicht erreicht werden. SuccessFactors ist nur das Werkzeug, das die Mitarbeiter in ihrer Geschäftsrealität unterstützt. Der wahre Wert liegt jedoch in der Standardisierung der Prozesse. Hierfür müssen optimierte und nachhaltige Prozesse aufgesetzt und incentiviert werden. Vorstehend sind die Folgen von nicht nachhaltigen Prozessen aufgezeigt worden. Das Entstehen von Nebenprozessen, standortspezifische Abweichungen oder gar die fehlende Bereitschaft, die definierten Prozesse zu nutzen, machen Effizienzgewinne zunichte. Es ist daher notwendig, die globale Prozessharmonisierung zu forcieren. Dabei muss das richtige Gleichgewischt zischen einer schlanken Einführung neuer Prozesse und der Berücksichtigung lokaler Sonderfälle gefunden werden. Daneben sollten lokale Standorte bei Einführung unterstützt werden, bevor Prozessstandards durchgesetzt werden, da die Abwehrhaltung beim Erzwingen unpraktischer Prozesse nachhaltig die Adaptierung beeinflusst. Hierfür könnte Process Mining die Grundlage sein.

Endnutzer-Marketing

Darüber hinaus ist zu empfehlen, den persönlichen Nutzen der Veränderung der Personalpraxis für die Mitarbeiter zu analysieren und zu kommunizieren (Laurim et al. 2021). Es entsteht der Eindruck, dass viele Mitarbeiter die Veränderungen derzeit nicht als Erleichterung in ihrer persönlichen Arbeit wahrnehmen. Daher sollten Vorteile für jeden Mitarbeiter aufgezeigt werden. Für Nicht-HR-Mitarbeiter ermöglicht ein übergreifendes HR-Tool wie SuccessFactors eine bessere Erreichbarkeit, ein vereinfachtes Ändern von persönlichen Informationen oder schnellere Reaktionszeiten. Zukünftig wären auch digitalisierte Prozesse wie digitale Elternzeitanträge möglich. An HR-Mitarbeiter sollte kommuniziert werden, dass das neue System die Grundlage für den Einsatz weiterer neuer Technologien ist, die die Effizienz und Effektivität steigern können. Die Relevanz des Endnutzer-Marketings ist hoch, da der Erfolg der digitalen Transformation vom Buy-in der Mitarbeiter abhängt. Jedoch kann es schwierig sein kann, die Vorteile auf persönlicher Ebene zu ermitteln und sie dann schlüssig zu kommunizieren. Die Herausstellung des Nutzens für die Endnutzer sollte daher in eine übergreifende Strategie für die digitale Transformation integriert werden.

Trainings Governance

Die Schulungsmaßnahmen zur Einführung des neuen Systems waren umfangreich und aufwendig. Es war richtig, Hauptnutzer zu identifizieren und zu schulen, damit sie selbst zu Trainern werden. Dieser gesamte Prozess wurde durch eine ausführliche Dokumentation und Online-Videos unterstützt, was sich insbesondere während der Covid-19-Pandemie als vorteilhaft erwies. Darüber hinaus wurde eine globale virtuelle Schulung eingerichtet, damit sich die Mitarbeiter mit der neuen Software vertraut machen konnten. Empfehlenswert ist jedoch, die Governance-Struktur im Zusammenhang mit dieser Schulung zu schärfen, um ein höheres Bewusstsein und mehr Verantwortung zu schaffen. Führungskräfte sollten die Teilnahme ihres Teams an der Online-Schulung für SuccessFactors mindestens fördern oder notfalls erzwingen. Die mangelnde Beschäftigung mit dem System hat dazu geführt, dass viele Effizienzgewinne noch nicht realisiert werden konnten. Wenn viele Mitarbeiter immer noch die HR-Spezialisten anrufen, weil sie nicht bereit sind, an der Schulung teilzunehmen, ist HR entweder damit beschäftigt, das System zu erklären oder die gewünschte Tätigkeit selbst auszuführen. Beides führt zu Unzufriedenheit auf beiden Seiten. Wir halten es daher für notwendig, die zentralen Schulungsmodule verpflichtend zu machen und bald einen virtuellen Assistenten einzurichten, der versucht, die Anfragen auf vorhandene Erklärvideos umzuleiten. Dies sollte Ressourcen im HR-Team freisetzen und die Zufriedenheit mit dem System für beide Seiten, HR und die übrige Organisation, erhöhen.

Klare organisatorische Rollen und Organigramm

Neben den Prozessen und Systemen war im Rahmen des Projekts auch die übergreifende Organisationsstruktur von Interesse. Die derzeitige Situation mit den jüngsten Fusionen und Übernahmen und den Umstrukturierungsmaßnahmen haben zu einer komplexen Ist-Situation geführt, in der die Erstellung eines Organigramms oder die Definition von Rollen schwierig geworden ist. In einer sich schnell ändernden Organisationswelt ist dies jedoch notwendig. Denn resultierende Probleme wie fehlende Zugriffsrechte und unklare Kommunikationswege behindern die effektive Nutzung neu eingeführter Systeme. SuccessFactors sollte dafür genutzt werden, diese Organisationsstruktur abzubilden und mit Rollenstandards zu verbinden. Diese Rollenstandards sollten dann auch Rechte, Verantwortlichkeiten, zentrale Aktivitäten und Fähigkeitsanforderungen definieren. Dies könnte viele Vorteile mit sich bringen. So könnte es beispielsweise einfacher werden, auf verbreitetes Wissen zuzugreifen, Menschen zu verbinden oder standortunabhängige Funktionen einzurichten. In Verbindung mit der Angleichung globaler Prozesse könnte die Definition von Rollen und Zugriffsrechten die Organisation straffen und die Komplexität der Verwaltung verringern. Solche Projekte brauchen in ihrer Umsetzung jedoch viele Ressourcen und einen Zeitraum, in dem die Organisation nicht von Restrukturierungen geprägt ist. Unabhängig davon sollten jedoch bestehende Zugriffsrechte überprüft werden, um akute Engpässe zu verringern und sicherzustellen, dass die Mitarbeiter nicht an der Ausführung ihrer Aufgaben gehindert werden.

Smarte/Schlanke Prozesse

Im Gegensatz zu den anderen Prozess-bezogenen Vorschlägen versucht dieser, nicht bestehende Probleme zu lösen, sondern hochwertige neue Prozesse zu implementieren. Wir sind der Ansicht, dass durch die Einführung von Success-Factors zwar die Kosten gesenkt, aber auch die Qualität der HR-Services erhöht werden sollten. Wenn das künftige Ziel darin besteht, HR-Anfragen über Chatbots zu beantworten, wäre es paradox, wenn dieser zu einem Papierprozess weiterleitet. Häufig setzen Systeme Prozesse aus der Vergangenheit um, nicht aber digital optimierte Prozesse. Ein Beispiel dafür findet sich im Recruiting: Wenn eine Person neu eingestellt wird, sollte dies automatisch nachgelagerte Prozesse auslösen, was derzeit nicht der Fall ist. So sollte z. B. die IT-Abteilung benachrichtigt werden, damit sie Geräte einrichtet und pünktlich an den Vorgesetzten liefert. Auch andere Onboarding-Prozesse, wie die Gehaltsabrechnung oder Schulungen, sollten dann automatisch ausgelöst oder zumindest vom System überwacht werden. Häufig wird dies noch nicht praktiziert. Daneben sollte das übergreifende Prinzip bei der Einführung oder Änderung von Prozessen darauf abzielen, diese schlanker zu gestalten. Wenn ein Prozess derzeit gut läuft und die Einführung einer digitalen Lösung hohe Investitionen erfordern würde, sollte eine Entscheidung auf der Grundlage des komparativen Kostenvorteils getroffen werden. Das Verschieben von Arbeit in höhere Gehaltsklassen erfordert eine Bewertung aller indirekten Kosten. Wenn ein Manager 30 min seines Tages mit ungewohnten Prozessen verbringt, für die die Personalexperten vorher zehn Minuten brauchten, wird die Änderung der Verantwortung für den Prozess die Kosten nicht senken. Vielmehr muss der Prozess so einfach und intelligent sein, dass die fünf Minuten, die der Manager dafür aufwendet, ein Vielfaches der Zeit kompensieren, die die Personalexperten zuvor benötigten. Es ist daher empfehlenswert, Prozesse nach dem Lean-Prinzip einzurichten und eine Longlist mit digitalfähigen Prozessen zu entwickeln, die schnell integriert werden können.

6.2 Strategische Einordnung

Nachdem wir unsere Verbesserungsvorschläge vorgestellt haben, möchten wir sie in einen übergeordneten Zusammenhang bringen. Für uns sind drei Ebenen von großer Bedeutung, um die digitale DNA von ZF zu stärken: (1) die Schaffung von Transparenz, (2) die Entwicklung der Kultur und (3) die deutliche Unterstützung der digitalen Transformation seitens oberster Führungsebenem. Jeder unserer Verbesserungsvorschläge für die Personalabteilung zielt auf eine dieser Ebenen ab. Einen Überblick über diese Ebenen und die zugehörigen Lösungen gibt Abb. 5.

Abb. 5
figure 5

Strategischer Kontext der Empfehlungen

Wir sind der Meinung, dass die Grundlage für erfolgreiche digitale Transformation Transparenz sein sollte. Das Verständnis bestehender Geschäftspraktiken und das Wissen um standortspezifische Besonderheiten in den frühen Phasen von Veränderungsprojekten können über deren Erfolg entscheiden. Gerade bei der Einführung neuer Tools oder Prozesse ist es notwendig zu verstehen, woher die Mitarbeiter und Standorte kommen. Wenn zu erwarten ist, dass ein Bereich stärker als andere leidet, kann die Unterstützung der betroffenen Bereiche Unzufriedenheit oder gar Anpassungsunwilligkeit verhindern. Process Mining könnte helfen, diese Schwierigkeiten vor und nach der Einführung neuer Prozesse und IT-Tools zu erkennen. Die Schaffung von mehr Transparenz könnte das Management dabei unterstützen, die richtige Strategie zur Lösung von Problemen zu finden und Initiativen zum Erfolg zu verhelfen.

Wir halten die Schaffung der richtigen Kultur ebenfalls als eine entscheidende Ebene. Wie bereits erwähnt, haben viele Mitarbeiter das Gefühl, dass sie nicht in den Transformationsprozess einbezogen werden. Wir schlagen vor, dies zunächst mit einer Feedback-Community-Plattform zu adressieren, sind aber überzeugt, dass noch mehr getan werden muss. Da die digitale Transformation ein zentrales Unternehmensziel ist, sollte allen Teilen der Organisation bewusst gemacht werden, dass sie für Erfolg oder Misserfolg verantwortlich sind. Dies würde auch den Management-Aufwand an der Spitze des Unternehmens verringern und die Verantwortung über die gesamte Organisation verteilen. Eine Zentralisierung von Initiativen zur digitalen Transformation wird langfristig zu Isolation der Einheit und ständigen Diskussionen zwischen Top-Management und Geschäftsfunktionen führen. Stattdessen sollte das HR-Digitalisierungsteam als integraler Bestandteil der HR-Funktion angesehen werden. Die Klarstellung, dass die Geschäftsfunktionen für die Digitalisierung ihrer Prozesse verantwortlich sind, könnte zu einem veränderten Arbeitsparadigma führen. Dieses Umdenken könnte nicht nur den Grundstein für eine agile Organisation legen, sondern auch eine neue Kultur ermöglichen, in der die Mitarbeiter selbst innovativ sind, zusammenarbeiten und mehr Zeit damit verbringen, die Wertströme zu verbessern, als sich mit der Unternehmenspolitik zu beschäftigen.

Die dritte Ebene ist die Unterstützung der digitalen Transformation durch das Top-Management. Wie oben erläutert, hängt der Kulturwandel in hohem Maße von der Ausrichtung der obersten Führungsebene ab. Wie Bughin et al. (2019) darlegt, sind die zentralen Erfolgsfaktoren die Festlegung klarer Prioritäten, die Bereitstellung von Zeit und Geld, die Förderung von Agilität und die Befähigung der Mitarbeiter. Wir stimmen zu, dass ein nachhaltiges Engagement des Managements, insbesondere in Bezug auf diese Faktoren, unvermeidlich ist und dass Authentizität unerlässlich ist. Das gesamte Unternehmen muss von der digitalen Transformation überzeugt sein – wenn nur einzelne Teile daran glauben, werden sie gegen Windmühlen kämpfen. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass Letzteres oft der Fall ist, und möchten die Notwendigkeit eines neu geschärften Narrativs der digitalen Transformation betonen.

Wir empfehlen, eine übergreifende digitale Transformationsstrategie aufzustellen, die für Mitarbeiter glaubwürdig und transparent ist und sich an der Gesamtorganisation orientiert. Die zentralen Ziele könnten die Förderung des kulturellen Wandels und die Suche nach der richtigen Organisationsstruktur sein. Es ist notwendig, dass sich die Geschäftsbereiche für ihre eigene digitale Transformation verantwortlich fühlen. Es sollte auch in ihrem Interesse sein, etwas besser zu machen als bisher. Diese Haltung könnte die Arbeitsbeziehungen zwischen den Unternehmensfunktionen und den zentralen Funktionen verändern. Darüber hinaus sind wir der Meinung, dass die Transformation nicht von Transformationseinheiten abhängen sollte, sondern von Transformationsnetzwerken innerhalb der Geschäftsfunktionen. Dadurch könnten die Transformationskräfte auf die gesamte Organisation verteilt werden. Die Erfahrungen aus der Isolierung der IT-Funktion und ihrer Entkopplung vom Geschäft sollten berücksichtigt werden. Es ist daher notwendig, Grenzen zwischen Teams aufzulösen und Mitarbeiter selbst zu befähigen, indem die neue Strategie Verbesserungen durch die digitale Transformation auf persönlicher Ebene des Mitarbeiters vermarktet. Wenn dann auch noch monetäre Anreize für positives Verhalten gesetzt werden, gehen wir davon aus, dass der Gegendruck sinkt.

Da die digitale Transformation ein soziotechnischer Prozess ist, muss diese Strategie mit der richtigen Infrastruktur und Anwendungslandschaft untermauert werden. Auch wenn Systeme und Software eher ein Werkzeug als eine Lösung sind, kann der erste Kontakt mit einem neu eingeführten IT-Tool eine lang anhaltende Meinung über die digitale Transformation bilden. Um das Risiko zu mindern, dass sich diese Meinung als schädlich erweisen könnte, empfehlen wir ein aktives Erwartungsmanagement. Im Einklang mit der oben empfohlenen geänderten Verantwortung für die digitale Transformation entscheidet das Engagement der Fachabteilungen bei der Definition der Funktionalität und der Benutzerabläufe von Software über deren Erfolg. Darüber hinaus sollte bei der Einführung neuer Systeme ein starker Fokus auf die Benutzerfreundlichkeit gelegt werden. Wenn viele Mitarbeiter mit den Tools zufrieden sind, glauben auch viele, dass die digitale Transformation ihre Situation verbessert. Deshalb denken wir, dass Unternehmen bei der Einführung neuer Standardsoftware auf spürbare Verbesserungen setzen sollte. Neue Prozesse, die mit dem Tool einhergehen, werden nur dann gelebt, wenn sie nicht mehr Aufwand erfordern als vorher.

7 Fazit

Es ist deutlich einfacher, die digitale Transformation eines Unternehmens wie ZF in der Retrospektive zu analysieren, als im Prozess Entscheidungen zu treffen. Deshalb wollen wir die Ergebnisse dieser Fallstudie in den richtigen Kontext stellen, bevor wir abschließen. Die Bewertung der aktuellen Situation und der vorangegangenen Transformation ist dementsprechend mehr ein Prozess des Lernens aus den Erfahrungen der Vergangenheit als eine Suche nach Fehlern und deren Verursachern.

Im Rahmen der Case Study wurden fünf Problemfelder identifiziert, die den erwarteten Nutzen der Unternehmenstransformation behindern. Die fünf verbesserungswürdigen Bereiche sind Daten, Prozesse, Organisation, System und Software sowie der Veränderungsprozess. Mangelnde Wahrnehmung des Mehrwerts der digitalen Transformation und mangelnde Bereitschaft, sich auf die Innovationen einzulassen, waren wiederkehrende Muster, die identifiziert wurden. Für diese Verbesserungsbereiche wurden zehn Empfehlungen für das Personalwesen von ZF entwickelt. Ein zentraler Faktor ist die klare Positionierung des Top-Managements. Außerdem unterstützen wir die Einrichtung einer Feedback-Plattform, um mehr Mitarbeiter in die digitale Transformation einzubinden. Unsere dritte Empfehlung ist der Einsatz von Process Mining, um die Transparenz über aktuelle Unternehmensprozesse zu erhöhen. Weitere Empfehlungen beziehen sich auf die Verbesserung der Prozesslandschaft, das Schaffen von Anreizen für Prozessinnovationen und die Erleichterung des Zugangs zu HR-Dienstleistungen. All diese Empfehlungen sollten in eine übergreifende Strategie integriert werden. Aus soziologischer Sicht ist es notwendig, den kulturellen Wandel zu fördern und die Organisationsstruktur anzupassen. Wir sind der Ansicht, dass ZF klarstellen muss, dass die Geschäftsfunktionen für die Verbesserung ihrer digitalen Fähigkeiten verantwortlich sind. Integrierte Transformationsnetzwerke sollten eingerichtet werden, anstatt Geschäftsfunktionen und Transformationsinitiativen zu entkoppeln. Langfristig kann dieser Paradigmenwechsel helfen, eine agilere Organisation zu werden. Auf technischer Seite sollte dies durch gut abgestimmte Software und Systeme unterstützt werden. Die Bereitschaft, neue Software und Prozesse zu implementieren, sollte jedoch von betroffenen Teilen des Unternehmens selbst ausgehen. Um diesen Willen zu stärken, könnte das Management Digitalisierungsziele für die Geschäftsfunktionen festlegen.

Wir enden mit drei allgemeingültigen Erkenntnissen zur digitalen Transformation. Erstens ist die Unterstützung der obersten Führungsebene für den Erfolg der digitalen Transformation unabdingbar. Es ist von größter Bedeutung, eine glaubwürdige digitale Vision aufzustellen und sich zu dieser zu bekennen. Zweitens müssen die Unternehmensgeschichte und die gelebten Praktiken bei der digitalen Transformation berücksichtigt werden. So ist es notwendig, Transparenz zu schaffen und ein Verständnis für das Geschäft aufzubauen, um datengetriebene Entscheidungen zu treffen. Drittens ist die digitale Transformation kein Mittel zum Zweck, sondern eine Notwendigkeit für den zukünftigen Erfolg. Alle Marktteilnehmer sind dabei, sich zu verändern, um Kosten zu senken und den Wert ihrer Angebote zu steigern. Unternehmen müssen sich wandeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben, und das gilt auch für ZF.