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Soziale Nachhaltigkeit und Generativität – Eine Begriffs- und Verhältnisbestimmung aus phänomenologischer Sicht

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Zusammenfassung

In Anknüpfung an die phänomenologische Soziologie wird ein Zusammenhang zwischen einer historisch-generativen Struktur der Lebenswelt und den gesellschaftlichen Bedingungen der Wahl vor dem Hintergrund des Handlungsverstehens hergestellt. Hierbei wird der Begriff der Nachhaltigkeit geprüft und kontextualisiert im Hinblick auf Entwerfen und Wirken von Handlungen. Dieser Zugang fokussiert keine Nachhaltigkeitsziele oder deren normativen Leitkategorien, vielmehr geht es um eine theoretische Perspektive auf die Frage, welche Rolle lebensweltliche und generative Kontexte für die Entwicklung von Nachhaltigkeitsbewusstsein spielen.

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Notes

  1. 1.

    Schütz zählt zu den Hauptakteuren im Bemühen um eine phänomenologische Fundierung der Soziologie. Einen umfassenden Überblick über die aktuellen Debatten und Themenfelder zur Verhältnisbestimmung zwischen Phänomenologie und Soziologie liefert der Sammelband Phänomenologie und Soziologie. Theoretische Positionen, aktuelle Problemfelder und empirische Umsetzungen (2008, Hrsg. Raab et al.); außerdem Srubar (2007): Phänomenologie und soziologische Theorie. Aufsätze zur pragmatischen Lebenswelttheorie.

  2. 2.

    Mit dem Begriff der ‚Appräsentation‘ wird das Phänomen der Fremdwahrnehmung bzw. Intersubjektivität auf der Ebene der Analogie expliziert. Ausführlicher dazu vgl. Schütz und Luckmann (2003, S. 634 ff.); Husserl (1986, S. 166 ff).

  3. 3.

    Merleau-Ponty macht einen Unterschied zwischen der leib-subjektiven Situationsräumlichkeit und einer Positionsräumlichkeit der bloßen Gegenstände (Merleau-Ponty, 1966, S. 125; vgl. Orlikowski, 2019, S. 125). Erst in der Verflechtung der Leiblichkeit mit den räumlich-situativen Möglichkeiten der Lebenswelt werden Handlungsspielräume konstituiert. Ferner gewinnt der Begriff der Situation im Kontext der Existenzphilosophie – u. a. bei de Beauvoir und Sartre – an Bedeutung und verweist auf eine geschichtliche, soziale und biographische Situiertheit des Subjekts.

  4. 4.

    Heidegger entwickelt in seiner Analyse des alltäglichen Miteinanderseins das Neutrum Man, das eine Form der „Uneigentlichkeit“ im Kontrast zum Selbstsein darstellt. „Das Man kann es sich gleichsam leisten, daß ‚man‘ sich ständig auf es beruft.“ (Heidegger, 1993 [1927], S. 127).

  5. 5.

    In diesem Beitrag spielt der Aspekt der leiblichen Generativität eine eher untergeordnete Rolle. Ich verweise auf die fundierte Auseinandersetzung mit dem Begriff der Generativität im Anschluss an Husserl in Schües (2008).

  6. 6.

    „Zu den vorgegebenen Elementen der biographischen Situation gehört eine historische Sozialstruktur“ (Schütz & Luckmann, 2003, S. 332).

  7. 7.

    Aktuell gibt es auch einen kontroversen Diskurs, der zum Verzicht auf den Nachwuchs („Birthstrike“) aufruft zugunsten des Klimaschutzes. Siehe dazu den Beitrag „Wie klimaschädlich sind Kinder wirklich?“ (Franck, 2019): https://www.quarks.de/umwelt/klimawandel/wie-klimaschaedlich-sind-kinder-wirklich/.

  8. 8.

    Franzen hat in seinem Essay Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen? (2020) auf die irreversiblen Folgen des Klimawandels wie auch auf die irrationalen Haltungen und Hoffnungen hinsichtlich dieser Krisenbewältigung hingewiesen. Trotz der „unlösbaren Probleme“ sieht der Autor eine Notwendigkeit, der Realität des Klimawandels ins Auge zu sehen und „ethische Entscheidungen“ zu treffen.

  9. 9.

    Insbesondere in Die Ordnung der Dinge (1974) und in Archäologie des Wissens (1981) entwickelt Foucault eine analytische Perspektive auf das historische Zustandekommen von Wissens- und Diskursformationen.

  10. 10.

    Bauman (2009) rekurriert auf die Begriffsprägung von Althusser (1977), worin der appellative Charakter der Konsumgesellschaft hervorgehoben wird: „Die ‚Konsumgesellschaft‘ ist eine Gesellschaft, die […] ihre Mitglieder primär in ihrer Eigenschaft als Konsumenten ‚interpelliert‘ oder ‚anruft‘ […]“ (S. 71).

  11. 11.

    Zur Begriffstradition sowie zum Verständnis von Mündigkeit verweise ich auf die ausführliche Auseinandersetzung von Cannaday (2018): Mündigkeit. Eine Praxis der Selbst- und Mitbestimmung. Cannaday verweist zudem auf „einen Kompetenzunterschied […], ob jemand mündig ist, wenn er sein Leben nach universellen Prinzipien gestaltet, persönliche Präferenzen als Maßstab heranzieht oder seine Mündigkeit erst […] in und über soziale Aushandlungsprozesse realisiert.“ (2018, S. 11).

  12. 12.

    Der Diskurs zur Nachhaltigkeitsvermittlung und -zielen im Kontext der Bildung für Nachhaltige Entwicklung – BNE (https://www.bne-portal.de/) und zur Bestimmung von Nachhaltigkeitskompetenz(en) muss kritisch im Hinblick auf die bloße Kompetenzorientierung geprüft werden. Zur fundierten Auseinandersetzung mit dem BNE-Konzept siehe den Beitrag von Onnen und Stein-Redent in diesem Band.

  13. 13.

    Zur Differenzierung der Begriffe und Konzepte ‚Bildung‘, ‚Erziehung‘ und ‚Sozialisation‘ wird auf den Beitrag von Gaus (2012) verwiesen.

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Orlikowski, A. (2022). Soziale Nachhaltigkeit und Generativität – Eine Begriffs- und Verhältnisbestimmung aus phänomenologischer Sicht. In: Onnen, C. (eds) Gelegenheitsfenster für nachhaltigen Konsum. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37543-0_3

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-37542-3

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