Der empirische Forschungsprozess der vorliegenden Arbeit setzt sich aus einer qualitativen und einer quantitativen personenzentrierten Analyse zusammen (vgl. 3.2.3). Dieses Kapitel dient zur ersten Evaluation der empirischen Vorüberlegungen, die in den Abschnitten 3.2.1 bis 3.2.3 zusammengentragen wurden, vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus der vorangehenden Analyse in Kapitel 4. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, ob und inwiefern Anpassungen des weiteren Forschungsprozesses nötig sind.

Die Interviews geben Grund zu der Annahme, dass neben neu identifizierten Stressoren (vgl. 4.6), die vereinzelt genannt werden, insbesondere die aus der Literatur bekannten Stressoren wie Aufgabenvielfalt und Zeitdruck (vgl. 3.1.2) zum Alltag von Pflegekräften gehören. Demnach eignen sich für die anknüpfende quantitative Studie (vgl. Kapitel 6) etablierte Skalen zu Stressoren von Pflegekräften wie die Skala zur Arbeitsbelastung in der Krankenpflege (vgl. Bartholomeyczik 2014). Diese können neu auftretende Stressoren zwar nicht mit abdecken, dies stellt allerdings auch nicht das Ziel der vorliegenden Arbeit dar. Vielmehr reichen etablierte Skalen aus, um einen Teil der Realität von Stressoren für Pflegekräfte abzubilden.

Die beschriebene Problematik der Kategorisierung von Coping (vgl. 3.2.4) wurde auch im Zuge der qualitativen Studie deutlich. In dieser Hinsicht zeigt sich, dass Individuen verschiedene Strategien (gleichzeitig) anwenden und eine reine Unterscheidung zwischen generalistischen Klassifikationen (vgl. 2.2.2.1) für die Zielsetzung dieser Arbeit nur bedingt nützlich ist. Es wird in diesem Zusammenhang u. a deutlich, dass Individuen emotionsorientierte und problemorientierte Copingstrategien gleichzeitig anwenden und diese sich zusätzlich im Aktivitätsgrad (proaktiv, reaktiv) sowie in der Adaptivität (adaptiv, maladaptiv) unterscheiden können. Daher eignen sich insbesondere Messinstrumente für die quantitative Studie, die es erlauben, einzelne Copingstrategien zu (nicht vorgegebenen) Faktoren zu kombinieren. Die Skala „Brief COPE“ ermöglicht in diesem Zusammenhang bspw. die Faktorenbildung auf verschiedenen Ebenen und nicht (ausschließlich) generalistische Klassifikationen (vgl. Knoll/Rieckmann/Schwarzer 2005).

Die qualitative Studie legt weiterhin die Annahme nahe, dass die Kombination aus Coping und Resilienz mit unterschiedlichen Auswirkungen verbunden sein kann. In diesem Zuge zeigt sich bspw., dass Typen existieren, die trotz vermeidenden Copings eine relativ ausgeprägte Resilienz aufweisen. Daher lässt sich darauf schließen, dass Bewältigungsstile existieren, die das Individuum zu Lasten von Organisation und Patienten schützen. Die Grundannahmen der vorliegenden Arbeit (vgl. 2.4) werden in der qualitativen Studie nicht widerlegt, daher werden diese auch für die folgende quantitative Studie herangezogen.

Skalen können die in Kapitel 4 beschriebenen Sachverhalte nur bedingt erfassen, da diese nur eingeschränkte Antwortmöglichkeiten liefern. Anhand der Kombination aus qualitativen und quantitativen Erkenntnissen, die sich aus den Ergebnissen der Kapitel 4 und 6 ergeben, lassen sich aber Annahmen ableiten, die die Erkenntnisse zwar für eine größere Grundgesamtheit annehmen können, aber in zukünftigen empirischen Studien getestet werden müssen. Die Diskussion darüber, inwiefern sich die Erkenntnisse aus Kapitel 4 und 6 kombiniert interpretieren lassen, findet in Kapitel 7 der vorliegenden Arbeit statt.