Diskriminierung kann unterschiedlich erforscht werden. Grundsätzlich können drei Forschungsansätze unterschieden werden (vgl. Beigang et al. 2017: 19), wenn der Fokus primär auf die DiskriminiertenFootnote 1 gerichtet wird: Erstens kann untersucht werden, wie sich der Zugang zu ausgewählten Ressourcen zwischen Personengruppen gestaltet, so z. B. die Besetzung von Führungspositionen zwischen den Geschlechtern (vgl. Holst et al. 2015). Zweitens kann erforscht werden, wie Diskriminierungsmechanismen sich strukturell widerspiegeln (bspw. Abdelhadi 2019; Khattab/​Hussein 2018; Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2016). Ein konkretes Beispiel hierfür ist die Untersuchung von Gomolla/​Radtke aus dem Jahr 2009, die die Leistungsbeurteilung von Schüler*innen mit und ohne Migrationsgeschichte genauer betrachtet und die ungleiche Bildungsbenachteiligung anhand des Konzepts der institutionellen Diskriminierung begründet (vgl. Gomolla/​Radtke 2009). Die dritte Möglichkeit, an der auch die vorliegende Forschungsarbeit ansetzt, besteht darin, die Wahrnehmung und somit die Erfahrung von Diskriminierten als Untersuchungsgegenstand zu definieren.

Diskriminierungsforschung steckt im deutschsprachigen Raum in den Kinderschuhen. Sie hat das Ziel, Diskriminierung als ein soziales Konstrukt zu verstehen und diese insgesamt als ein gesellschaftliches Phänomen zu erschließen (vgl. Scherr 2017: 39). Die (soziologische) Diskriminierungsforschung ist bei Weitem (noch) „nicht als eine eigenständige Teildisziplin etabliert und institutionell verankert“ (ebd.: 54). Jedoch kann sie an der Rassismusforschung, Ungleichheitsforschung und an der Frauen- und Geschlechterforschung ansetzen (vgl. Hormel/​Scherr 2010: 11 ff.). Eine Möglichkeit, die Diskriminierungsforschung voranzubringen, wäre nach Scherr – der sich wiederum auf Collins bezieht – „die Tragfähigkeit tradierter Beschreibungsmodelle von Makrostrukturen durch detaillierte Studien von Situationen zu überprüfen und durch solche Studien eine Grundlage für die Weiterentwicklung generalisierender Konzepte zu schaffen“ (Scherr 2017: 56). Der Entwicklungsstand der Diskriminierungsforschung wies Desiderate auf, worauf in den letzten Jahren zunehmend mit (weiterführenden) Studien reagiert wurde. Die hier vorliegende Studie möchte ebenfalls eine Forschungslücke schließen. Auch wenn die eigene Untersuchung sich vorwiegend in der Diskriminierungsforschung verorten lässt, sind es primär Studien aus anderen Forschungstraditionen, aus denen sich der aktuelle Stand der Forschung ableiten lässt. Dieser Umstand ist mit den oben angeführten Aspekten zu begründen. Durch das Aufzeigen der unerforschten Aspekte soll insbesondere die Relevanz der eigenen Untersuchung herausgearbeitet und wissenschaftlich legitimiert werden. Es sei darauf hingewiesen, dass an dieser Stelle nicht auf alle Ergebnisse einer Studie eingegangen werden kann. Es werden nur wesentliche Ergebnisse aufgegriffen und wiedergegeben, die einen relevanten Bezug zu meiner Forschungsfrage darstellen. In den nächsten drei Kapiteln werden Studien aufgezeigt, die nach einer thematischen Betrachtungsweise sortiert sind. Anschließend daran werden in einem gesonderten Kapitel die eigenen Forschungsfragen und das Erkenntnisziel dieser Arbeit vorgestellt.

2.1 Quantitativer Einblick zu Diskriminierungserfahrungen

Das Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung, eine Landesstiftung des Landes Nordrhein-Westfahlen mit Sitz in Essen, führt in regelmäßigen Abständen eine Mehrthemenbefragung durch. Die Befragung erstreckt sich auf eine repräsentative StichprobeFootnote 2 türkeistämmiger Menschen in Nordrhein-WestfalenFootnote 3 (vgl. Uslucan 2017: 136). Die Mehrthemenbefragung umfasst u. a. das Thema Diskriminierungserfahrung. So antworteten im Jahr 2010 insgesamt 81 % der Befragten, dass sie Diskriminierungserfahrungen erlebt hätten. In einem Artikel eines Sammelbandes führt Uslucan zu dieser Fragestellung an, dass 2010 – zur „der Hochphase der Sarrazin-Debatte“ (Uslucan 2017: 136) – der Höchstwert erzielt wurde. Während in den Jahren 2011 und 2012 Diskriminierungserfahrungen auf andere Weise erfasst wurden, pendelte sich der Wert im Jahr 2013 bei 64 % und 2015 bei 53 % ein. Zwei Jahre später stieg der Wert um weitere 5 % (vgl. Sauer 2018: 129). Insgesamt ist festzuhalten, dass im Vergleich zu 1999, als die Studie erstmalig durchgeführt wurde, ein Rückgang der Diskriminierungserfahrungen bei den Befragten zu beobachten ist. Die Begründungen hierfür bleiben vorerst aus und bedürfen näherer Untersuchungen. Was jedoch festzustellen war, ist ein Generationsunterschied: So fühlt sich die erste Generation seltener diskriminiert als die zweite und dritte Generation. Eine Annahme ist, dass dies mit den Unterschieden der Erwartungen der jeweiligen Generationen zusammenhängen könnte, wodurch von den Befragten die Wahrnehmung von Diskriminierung beeinflusst wird (vgl. Sauer 2016: 61 f.).Footnote 4 Neben der Frage, ob Diskriminierung wahrgenommen wurde, wurden auch die Lebensbereiche, in denen diese Diskriminierungserfahrungen gemacht wurden, miterfasst. Lebensbereiche wie Arbeitsplatz, Schule oder Wohnungssuche zählen zu den häufig angegebenen Bereichen. Diese werden ebenfalls in den Interviewgesprächen von den Befragten, die hier für die Analyse erhoben wurden, auffällig häufig benannt.

Die beispielhaft angeführten Zahlen aus der quantitativen Erhebung sollten eine erste Übersicht darüber geben, mit welcher Häufigkeit und Prävalenz Diskriminierungserfahrungen sowohl in der Forschung als auch bei den Befragten selbst eine bedeutende Rolle spielen.Footnote 5 Dabei wurde hier nur eine ausgewählte Personengruppe – türkeistämmige Zugewanderte in NRW – befragt. Die beschriebene Untersuchung gibt Auskunft darüber, ob und wie stark diese Thematik eine Relevanz bei den Befragten hat. Die Bedeutung der Thematik bekräftigt ebenfalls die Zweite Erhebung der Europäischen Union zu Minderheiten und Diskriminierung mit ihren quantitativen Ergebnissen, welche unter anderem Auskunft über die Diskriminierungsrate in den einzelnen Ländern gibt. Außerdem bietet sie auch eine Datengrundlage über die Kenntnis von Hilfsangeboten sowie Gesetzen und die Wahrnehmung von Diskriminierung aus der Sicht der Diskriminierten (vgl. EU-MIDIS II 2018), worauf im Folgenden nicht gesondert eingegangen wird.

Mit einem mixed-methods-Forschungsdesign arbeitete das Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung in seiner Studie, die die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Auftrag gab. Die im Jahr 2017 veröffentlichte Untersuchung umfasst Ergebnisse zu Diskriminierungserfahrungen. Das Erkenntnisziel bestand darin, „einen Einblick in die Erfahrungswelt der in Deutschland von Diskriminierung betroffenen Personen zu erlangen, indem individuelle und subjektive Diskriminierungserfahrungen untersucht [wurden]“ (Beigang et al. 2017: 22). Die quantitative Erhebung bestand aus einer telefonischen RepräsentativbefragungFootnote 6, welche im Zeitraum vom 1.11.​2015 bis 30.11.2015 erhoben wurde. Letztendlich wurden 1.007 standardisierte FragebögenFootnote 7 ausgewertet, die auch Angaben zu Diskriminierungserfahrungen in den letzten 24 MonatenFootnote 8 beinhalteten (vgl. ebd.: 22). Ergänzend hierzu wurde eine BetroffenenbefragungFootnote 9, die sich ebenfalls auf einen standardisierten Fragebogen stützte, angestrebt. Es wurden sowohl eigene als auch beobachtete Diskriminierungserfahrungen der vergangenen 24 Monaten miteinbezogen. Die nicht-repräsentative Erhebung erstreckte sich im Zeitraum vom 1.9.2015 bis 6.12.2015 und erreichte 18 162 Personen (vgl. ebd.).

Die Untersuchung von Beigang et al. belegt, dass bei antimuslimischen Diskriminierungserfahrungen bei Kopftuchträgerinnen die Geschlechtskomponente von den Befragten selbst nicht erkannt wird. Dabei spielt nicht nur der religiöse Bezug, sondern durch das Kopftuchtragen (ausschließlich Frauen tragen das Kopftuch) auch die geschlechtliche Komponente im Zusammenhang mit Diskriminierungserfahrungen eine bedeutende Rolle (vgl. ebd.: 169, 288). Ähnliche Befunde konnte ich in den Interviewgesprächen der vorliegenden Arbeit erzielen. Auf die Besonderheiten des Kopftuchtragens werde ich noch in Kapitel 7 zu sprechen kommen. Vorwegzunehmen ist, dass Frauen mit Kopftuch besondere Diskriminierungserfahrungen machen, als Frauen ohne religiöse Kopfbedeckung. Es geht hierbei nicht darum, die Erfahrungen miteinander zu vergleichen, um dann herauszuarbeiten, welche schwerwiegender sind. Vielmehr geht es darum, die Besonderheit der einzelnen Diskriminierungserfahrung und ihre Ausdrucksform darlegen zu können. Ergänzend hierzu beschreiben Beigang et al. die Vulnerabilität der muslimischen Frauen wie folgt:

„Im Bereich der Öffentlichkeit und Freizeit wird religiöse Diskriminierung häufig in Form von verbaler und körperlicher Gewalt erfahren. Dies betrifft vor allem muslimische Personen. Hierbei spielt das Kopftuch als deutlich erkennbares äußeres Merkmal der Religionszugehörigkeit eine große Rolle“ (ebd.: 291).

Zudem geht aus der Repräsentativbefragung hervor, dass die Befragten an erster Stelle im Arbeitsbereich und an zweiter Stelle in der Öffentlichkeit oder der Freizeit Diskriminierung erfahren (vgl. ebd.: 120 f.).Footnote 10

Insgesamt geben die Ergebnisse aus der Betroffenenbefragung Auskunft über die Reaktionsformen der Befragten, wie sie mit Diskriminierungserfahrungen umgehen. Die Autor*innen der Studie sprechen dann von getroffenen Maßnahmen. Beispielhaft kann hier das Einreichen einer Klage oder die Suche nach Beratungsmöglichkeiten angeführt werden. Die Autor*innen unterteilen die Reaktionen in drei Dimensionen: (1) Reaktion richtet sich gegen Diskriminierende/​Gegebenheit, (2) Reaktion richtet sich nicht gegen Diskriminierende/​Gegebenheit und (3) Reaktion erfolgt gar nicht (vgl. ebd.: 270 f.). Sechs von zehn Menschen gaben in der Repräsentativbefragung an, „schon mal in irgendeiner Weise auf Benachteiligung reagiert zu haben, wobei die Handlungsstrategien höchst unterschiedlich ausfallen können“ (ebd.: 269). Wobei nicht außer Acht gelassen werden darf, dass eine Nicht-Reaktion auch eine Form der Handlung ist. Eine nähere Auseinandersetzung mit Nicht-Handlungen erfolgte auch im Rahmen der hier durchgeführten Analysen.Footnote 11

Aus der hier angeführten Studie von Beigang et al. ist bereits abzuleiten, dass Reaktionen der Betroffenen, ob sie unmittelbar in einer diskriminierenden Situation oder erst im Nachhinein erfolgten, nicht differenziert genug untersucht worden sind. Eine Präzisierung erscheint mir deshalb von Bedeutung zu sein, da durch eine differenzierte Perspektive der Handlungsansätze von Betroffenen genauere Aussagen über ihre Handlungsmöglichkeit bzw. -fähigkeit vorgenommen werden kann. Insgesamt lassen die bisher angeführten Studien mögliche Hypothesen darüber ableiten, wann letztendlich reagiert wurde. Meine Anregung lautet konkret, dass der zeitliche Faktor, in welchem Abschnitt der Diskriminierungserfahrung gehandelt wird, unzureichend berücksichtigt wurde. Unter Umständen könnte jedoch die zeitliche Reaktion mehr Hinweise über das Reaktionsverhalten der untersuchten Gruppe geben, weshalb ich diesen Gesichtspunkt in meiner Erhebung einbezogen habe.

Die quantitative Erfassung von Diskriminierungserfahrungen gibt nur einen Teil der sozialen Wirklichkeit wieder und kann kaum etwas über die Zusammenhänge zwischen sozialen Kategorien aussagen. Hier ist es notwendig, auf qualitative Untersuchungen zurückzugreifen.

2.2 Qualitative Studien zu Diskriminierungserfahrungen

Über die tieferliegenden Zusammenhänge der Diskriminierungserfahrungen der Betroffenen ist durch quantitative Studien nur wenig zu erfahren, weshalb auf qualitative Studien zurückgegriffen werden muss. Es gibt eine Reihe von qualitativen Erhebungen mit Jugendlichen zu ihren Rassismuserfahrungen, die einen indirekten Bezug zu meiner Forschungsfrage haben. Da wäre zunächst das Forschungsprojekt Transformation des Alltagslebens durch Migrationsprozesse. Eine Studie mit eingewanderten und eingeborenen Jugendlichen in zwei Hamburger BezirkenFootnote 12 zu nennen. Hierzu wurden insgesamt 160 Jugendliche in zwei verschiedenen Bezirken aus Hamburg befragt. Die Forschenden legten den Fokus auf zwei Aspekte: Zum einen interessierten sie sich für die Mechanismen, die aus Ausschließungs- und Abwertungsprozessen von Jugendlichen aus Einwanderer*innenfamilien hervorgehen. Zum anderen wollten sie herausfinden, wie mit diesen Mechanismen umgegangen wird (vgl. Räthzel 2003).Footnote 13 Ein Ergebnis ist, dass Rassismus, Diskriminierung und Ethnisierung von den Befragten teilweise ignoriert wurden. Diesen Befund versucht Räthzel damit zu erklären, in dem sie sich auf Goffman bezieht: Dieser Umgang stellt eine Art Ausgleichsstrategie der Beteiligten dar, die als Selbstschutz interpretiert werden kann. Es kann der Fall auftreten, wo Diskriminierte den Fehler bei sich suchen: „Eine Form, ihre Integrität aufrecht zu erhalten, besteht daher darin, Diskriminierung zu ignorieren“ (Räthzel 2003). An dieser Stelle möchte ich auf die Arbeit von Erving Goffman ausdrücklich verweisen. Goffman arbeitete mit dem Konzept des Stigmas Techniken von Betroffenen aus, wie sie mit Stigmatisierung umgehen (vgl. Goffman 2020). Seine Arbeit ist meines Erachtens einer der wichtigsten Grundlagen für die Untersuchung von Diskriminierungserfahrungen. Damit lassen sich meine Ergebnisse, die später ausführlich dargestellt werden, gut an die Arbeit von Goffman anknüpfen. Seine theoretischen Vorüberlegungen werden in Abschnitt 4.3 nochmals gesondert aufgegriffen. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, gehe ich an dieser Stelle nicht näher auf die Arbeit von Goffman ein.

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts, das sich auf die Hamburger Bezirken konzentrierte, beziehen sich ausschließlich auf Jugendliche. Der Umgang mit Diskriminierung bzw. mit ihren Erfahrungen wird sich im Vergleich zwischen Jugendlichen und Erwachsenen aufgrund mehrerer Faktoren unterscheiden. Nichtsdestotrotz bereichern diese Ergebnisse – und vor allem die theoretischen Vorüberlegungen aus Goffmans Arbeit – meine Untersuchung mit muslimischen Sozialarbeiterinnen.

In der empirischen Studie aus dem Jahr 2006 forschte Claus Melter im Handlungsfeld der ambulanten Jugendhilfe. Dabei interessierte ihn die Kommunikation zwischen Sozialpädagog*innen und ihren jugendlichen Adressat*innen der Jugendhilfe. Hierzu führte der Autor sieben Einzelinterviews mit männlichen Jugendlichen und weitere sieben mit Sozialpädagog*innen. Hinzu kommen Paarinterviews mit den Jugendlichen und den jeweiligen zu betreuenden Sozialpädagog*innen (vgl. Melter 2006: 130). Melters Publikation Rassismuserfahrungen in der Jugendhilfe. Eine empirische Studie zu Kommunikationspraxen in der Sozialen Arbeit belegt, dass Rassismuserfahrungen zum Alltag der befragten Jugendlichen gehören und diese entsprechende Umgangsformen hierfür entwickeln. Mithilfe der ergänzenden Gespräche mit den Fachkräften wird offengelegt, dass die Rassismuserfahrungen der Jugendlichen entweder gar nicht oder wenn, dann nur anklagend in den Gesprächen zwischen Jugendlichen und Fachkräften thematisiert werden. Melter gelingt es, die systematische Ausgrenzungspraxis der Professionellen in der Sozialen Arbeit mit seiner Erhebung nachzuweisen (vgl. Melter 2006: 293–314). Dabei reproduzieren die befragten Sozialpädagog*innen kontrastierende Konstrukte, wie bspw. „Deutsche“ vs. „Ausländer*innen“ (vgl. ebd.: 297). Rassistische Erlebnisse der Jugendlichen werden von den Fachkräften relativierend von sich gewiesen. Das Abstreiten der Rassismuserfahrung von Jugendlichen beschreibt Melter als sekundären Rassismus (vgl. ebd.: 319). Der Autor beschreibt damit eine Abwehrhaltung der Sozialpädagog*innen, die mit ausgewählten Handlungs- und Argumentationsmuster das Thema Rassismus zu verharmlosen und dadurch eine Auseinandersetzung damit zu umgehen (vgl. ebd.: 311). Passend hierzu befasst sich Kuster-Nikolić im Rahmen ihrer Magisterarbeit mit Migrantinnen in der Suchtberatung als Zielgruppe der Sozialen Arbeit. Die Autorin arbeitete rassistische Verhältnisse, die Sozialarbeitende im Umgang mit ihrer Zielgruppe reproduzieren, aus. Im Gegensatz zu Melter führte sie qualitative Interviews ausschließlich mit erwachsenen Frauen mit Migrationsgeschichte, die von Rassismuserfahrungen in sozialarbeiterischen Beratungsgesprächen berichteten. Anhand ihrer Befunde kommt die Autorin zum Entschluss, dass Rassismus(erfahrungen) in den eigenen Reihen viel zu wenig thematisiert wird (vgl. Kuster-Nikolić 2012: 87). Die Ergebnisse bestätigen Melters Befunde. Die Interviewpartnerinnen erzählten zudem von rassistisch gedeuteter non-verbaler Kommunikation, die während des Gesprächs nicht weiter angesprochen wurde, jedoch erheblichen Einfluss auf das Beratungssetting hatte (ebd.). Sowohl Melter als auch Kuster-Nikolić interessieren sich für die Reproduktion von rassistischen Verhältnissen in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit. Beide differenzieren zwischen der Klientel, die Rassismuserfahrung macht, und dem pädagogischen Personal, das rassistische Strukturen reproduziert.Footnote 14 Im Gegensatz zu den beiden interessiere ich mich primär für die Position von Sozialarbeiterinnen, die gleichzeitig von rassistischen Verhältnissen benachteiligt sein können.

In ihrer Dissertation, die im Jahr 2014 veröffentlicht wurde, geht Wiebke Scharathow der Frage nach, wie Jugendliche Rassismus erfahren und wie sie damit umgehen. Dabei legt die Autorin im Rahmen ihrer qualitativen Forschung den Fokus auf die Herausforderungen in den Handlungsinteraktionen, vor denen die Jugendlichen stehen (vgl. Scharathow 2014: 10). Hierzu wurden unter anderem acht problemzentrierte Interviews und drei Gruppendiskussionen mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 13 und 22 Jahren durchgeführt, die eine Migrationsgeschichte aufweisenFootnote 15 (vgl. ebd.: 150, 183; Scharathow 2017: 110). Scharathow stellte fest, dass Rassismus als eine Art Normalität in der Lebenswelt der Jugendlichen vorkommt. Darauf bezugnehmend besteht nach Aussage von Scharathow eine Diskrepanz zwischen „ihren Erfahrungen mit Rassismus und ihrem Wissen über Rassismus“ (ebd. 2014: 414), sodass die Betroffenen vor Handlungsherausforderungen stehen.Footnote 16 Solange Jugendliche Schwierigkeiten haben, Rassismuserfahrungen einzuordnen und sie in ihrer Komplexität zu verstehen, ist ihre Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Es fehlt an einem Deutungsrahmen, ohne den die Betroffenen an ihre Grenzen stoßen und rassistische Erfahrungen als irritierend und verunsichernd empfinden. Eine Konsequenz hieraus ist, dass Jugendlichen das Sprechen über ihre Rassismuserfahrungen erschwert ist (vgl. ebd.: 416 ff.). Scharathow zeigt anhand der Erzählungen der Jugendlichen auf, dass die Befragten in der sozialen Positionierung zu anderen Personen, die keine Rassismuserfahrung machen, einen Unterschied erkennen. Dabei bleibt die privilegierte Positionierung von Jugendlichen ohne Rassismuserfahrung unerkannt. Diese Tatsache begünstigt vorherrschende Verhältnisse, in der rassistische Praktiken eingebunden sind, als eine Normalität zu betrachten. Schlussfolgernd wird dadurch verhindert, dass Rassismus als ein gesamtgesellschaftliches Phänomen behandelt wird, wodurch sich entsprechende Strukturen verfestigen (vgl. ebd.: 417 f.) können. Ein weiteres zentrales Ergebnis der Forschung ist, dass die Jugendlichen sich in ihrer Wahrnehmung nicht als handlungsunfähig, sondern eher als aktive bzw. handlungsfähige Akteur*innen in rassistisch gedeuteten Situationen beschreiben. Dabei betont die Autorin, dass das direkte und offene Ansprechen von rassistischer Diskriminierung in der Untersuchung nicht als ein Handlungsmuster aufkam. Scharathow verweist darauf, dass diese Beobachtung mit den marginalisierten oder sozialen Positionen sowie den Deutungsschwierigkeiten und Bedeutungskonstruktionen der Jugendlichen zusammenhängt (vgl. ebd.: 420). Außerdem führt Scharathow aus, dass die Handlungsmöglichkeitsräume der Jugendliche begrenzt sind und sie trotzdem beschränkte Umgangsweisen mit ihren Rassismuserfahrungen pflegen. Um die eigene soziale Position nicht zu gefährden, reagieren die Jugendlichen wie folgt: „Sie relativieren, negieren oder ignorieren ihre Erfahrungen mit Rassismus, womit sie oft jedoch auch ihre eigenen Gefühle relativieren und abwerten und nicht nur diese, sondern auch die ihnen zugrunde liegenden Praktiken normalisieren“ (Scharathow 2017: 124).

In Scharathows Untersuchung wurde der schulische Kontext nur gelegentlich von den Befragten angesprochen. Dagegen untersucht Aylin Karabulut gezielt die Rassismuserfahrungen von Schüler​*​innen. In ihrer Monografie, die im Jahr 2020 veröffentlicht wurde, verfolgt Karabulut das Erkenntnisziel, Rassismuserfahrungen von Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte sowohl in der schulischen als auch in der außerschulischen Sphäre zu erforschen (vgl. Karabulut 2020: 10). In der qualitativen Studie führte die Autorin mehrere Gruppendiskussionen mit Jugendlichen durch. Letztendlich wurden nach bestimmten Auswahlkriterien zwei Gruppendiskussionen in die Auswertung einbezogen. Die Teilnehmenden besuchten zum Zeitpunkt der Erhebung die Jahrgangsstufen neun bis zwölf. Für die Studie wurden Schüler*innen aus unterschiedlichen Schulformen in Nordrhein-Westfalen angeworben. Das Alter der Zielgruppe lag zwischen 15 und 18 Jahren (vgl. ebd.: 67 ff.). Ein wichtiges Ergebnis der Erhebung war, dass die Jugendlichen Rassismuserfahrungen überwiegend mit Lehrkräften machten. Karabulut begründet dies mit dem asymmetrischen Verhältnis von Macht zwischen Schüler*in und Lehrpersonal. Die Rassismuserfahrungen hatten erhebliche Auswirkungen auf die Bildungsbiographie der Befragten. Die Autorin spricht daher von einem Abhängigkeitsverhältnis (vgl. ebd.: 120 f., 134). Durch die Rekonstruktion und das Vergleichen von Rassismuserfahrungen der Schüler*innen konnte die Forscherin außerdem feststellen, dass sich die Rassismuserfahrungen der SchwarzenFootnote 17 Schüler*innen von den anderen maßgeblich unterscheiden. Schwarze Schüler*innen machen besondere Rassismuserfahrungen,Footnote 18 weshalb Karabulut zur folgenden Aussage kommt:

„Entsprechend sind die Rassismuserfahrungen von people of color und Schwarzen als querliegende kollektive Erfahrungen markiert, die einerseits den Erfahrungsraum der Gruppen rahmt und andererseits den Erfahrungsraum Schwarzer Schüler*innen umfasst, der spezifischen Erfahrungen und Mechanismen unterliegt“ (Karabulut 2020: 122; Hervorhebung im Original).

Rassismuserfahrungen der Menschen sind daher nicht pauschal gleichzusetzen. Diese Beobachtung spielt in meiner Untersuchung ebenfalls eine zentrale Rolle. Die Vielfältigkeit von Rassismuserfahrungen kam vor allem durch das Theoretical SamplingFootnote 19 zum Vorschein. Weiter führt Karabulut an, dass die Betroffenen selbstentwickelte Bewältigungsstrategien für den Umgang mit Rassismuserfahrungen anwenden (vgl. ebd.: 121 f.). Wie bereits erwähnt wurde, setzt meine Forschung an diesem Punkt an und möchte verschiedene Verhaltensweisen zusammenführen, um entsprechende Handlungsmuster auszuarbeiten. Dabei interessieren mich insbesondere die Bedingungen, die die Auswahl der Handlungsmöglichkeiten beeinflussen.

Eine weitere wichtige Studie, die ich als Grundlage für meine Arbeit betrachte, stellt die Arbeit von Scherr/​Breit dar. Die Monografie, die den Titel Diskriminierung, Anerkennung und der Sinn für die eigene Position. Wie Diskriminierungserfahrungen Bildungsprozesse und Lebenschancen beeinflussenFootnote 20 trägt, wurde 2020 publiziert. Dabei geht es um das Zusammenspiel von Diskriminierungserfahrungen von Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen und ihren Lebenschancen mit der folgenden Fragestellung: Wie wirken sich Diskriminierungserfahrungen insbesondere auf schulische und berufliche Bildungsprozesse aus?Footnote 21 Hierbei fokussieren sie soziale Bedingungen, die unter Umständen Auswirkungen auf die Reaktionen der Betroffenen haben könnten (vgl. Scher/​Breit 2020: 11)Footnote 22, sowie ich es in meiner Untersuchung angestrebt hatte. Insgesamt wurden in der Untersuchung von Scherr/​Breit im Zeitraum von Juli 2017 bis September 2018 insgesamt 24 problemzentrierte Interviews durchgeführt (vgl. ebd.: 236). Ohne dabei die Gesprächsführung auf Diskriminierungserfahrungen direkt hinzuführen, wurde nach positiven und negativen Erlebnissen aus der gesamten Bildungsbiografie gefragt. Den Forschenden war es wichtig, Diskriminierungserfahrungen nicht explizit und separiert, sondern in einem biografisch gesetzten Kontext zu betrachten (vgl. ebd.: 11). Scherr/​Breit werden durch die Ergebnisse in ihrer Annahme bestätigt und schlussfolgern, dass Diskriminierungserfahrungen keineswegs einzeln betrachtet werden sollten, da strukturgebundene Faktoren auf die Erfahrungen einwirken und einen „subjektiven Erfahrungszusammenhang“ (ebd.: 227) hervorbringen. Ein bedeutsames Ergebnis ist, dass sich die Befragten der Untersuchung insbesondere als handlungsfähig beschrieben, sobald sie sich im Selbstverständnis als ein gleichwertiges Mitglied der Gesellschaft betrachteten. Die Schlussfolgerung der Autor*innen ist, dass dadurch den Menschen, die im Rahmen eines institutionellen Auftrags agieren, eine hohe Verantwortung in der Gleichbehandlung aller zugeschrieben wird. Damit sind unter anderem Polizist​*​innen, aber auch Sozialarbeitende und Lehrkräfte angesprochen (vgl. ebd.: 231 f.). Durch den gleichwertigen Umgang der genannten Personengruppen mit den Betroffenen wird ihre Handlungssicherheit geprägt, was sie wiederum zu handlungsfähigen Individuen macht.

Darüber hinaus haben Scherr/​Breit im Rahmen ihrer Fallanalyse drei Interviews von kopftuchtragenden Frauen ausgewertet und deren Umgang mit Diskriminierung genauer untersucht (vgl. ebd.: 136–180). Sowohl die Zielgruppenspezifizierung als auch das Erkenntnisinteresse decken sich mit den Forschungsinteressen meiner Arbeit. Die Autor*innen führen aus, dass im Vergleich zu biologisch-rassistischer Diskriminierung kopftuchbezogene Diskriminierung in der Gesellschaft mehr Akzeptanz findet, weshalb sie offener kommuniziert wird (vgl. ebd.: 180). Gleichzeitig ist zu bedenken, dass in Bezug auf das Kopftuch keineswegs von „einer durchgängigen und gesellschaftseinheitlichen Diskriminierung gesprochen werden kann, sondern dass sich jeweilige Kontexte diesbezüglich unterscheiden“ (ebd.). Während Scherr/​Breit überwiegend biografische Ereignisse als Begründungszusammenhang für die Ausprägung der Umgangsweisen anführen, möchte ich insbesondere den Erklärungszugang über kontextuelle Bedingungen fokussieren. Dies ist nicht als eine Abwertung der Forschung zu verstehen, im Gegenteil. Die hier vorliegende Forschung ist als eine ergänzende Erklärungsmöglichkeit zu betrachten, um das Phänomen der Schützenden Bewältigung, die aus den Ergebnissen der Untersuchung heraus entwickelt wurde, umfassender greifbar zu machen. Das gilt grundsätzlich für alle hier angeführten Studien der Forschenden.Footnote 23

Mit Blick auf die eigene Forschungsfrage wurde in der Arbeit von Scherr/​Breit ebenfalls die Bewältigung von Diskriminierungserfahrungen näher beleuchtet. Hierzu fassten sie drei Bewältigungsformen – (1) defensiv, (2) pragmatisch und (3) offensiv – zusammen (vgl. ebd.: 35 f.). Bei allen drei Formen unterscheiden sie zwischen Deutungs- und Handlungsmuster. Die Autor*innen weisen explizit darauf hin, dass es sich hierbei um ein sensibilisierendes Konzept handle, welches keine festen Vorannahmen zulasse und somit Abstand zu einer personenbezogenen Typologisierung nehme (vgl. ebd.).

Während Melter, Scharathow, Karabulut und Scherr/​Breit Jugendliche und/​oder junge Erwachsene nach ihren Rassismus- bzw. Diskriminierungserfahrungen befragten, führte Karim Fereidooni eine Untersuchung im schulischen Bereich durch, wobei er nicht Schüler*innen, sondern Lehrer*innen und Referent*innen mit MigrationshintergrundFootnote 24 zu ihren Rassismuserfahrungen befragte. In seiner Dissertation aus dem Jahr 2016 beschreibt der Autor seine qualitativ-quantitative Studie. Im Fokus der Untersuchung standen die Diskriminierungserfahrungen der Befragten, ob sie und durch wen sie diese am Arbeitsplatz machen. Auch Fereidooni beabsichtigte in seiner Forschung, die Bewältigungsstrategien der Befragten herauszuarbeiten (vgl. Fereidooni 2016: 16). Im quantitativen Teil der Erhebung verwendete er einen standardisierten Fragebogen, wovon ihm letztlich 159 zur Auswertung vorlagen (vgl. ebd.: 69).Footnote 25 Für den qualitativen Teil führte er zehn problemzentrierte Interviews mit Personen durch, die sich im Fragebogen zu einem Interview bereit erklärt hatten. Unter diesen hatten fünf Personen angegeben, dass sie Diskriminierungserfahrungen am Arbeitsplatz gemacht haben. Die Auswahl der Einzelinterviews begründete der Autor damit, auf diese Weise die „subjektiven Begründungszusammenhänge“ (ebd.: 16) herausarbeiten zu können.

Fereidooni führt als ein zentrales Ergebnis – welches für die hier angeführte Forschungsfrage von Bedeutung ist – an, dass fünf Erklärungs- und Umgangsstrategien der Befragten abgeleitet werden konnten: „(1) Blame the victim. (2) Verharmlosung. (3) Verleugnung. (4) Unsicherheit. (5) Eingeständnis“ (ebd.: 292 f.). Er sieht Parallelen zu den Distanzierungsmustern, die Messerschmidt vorformulierte.Footnote 26 Die überwiegend selbsterklärenden Umgangsstrategien von Fereidooni brauchen an dieser Stelle nicht näher ausgeführt werden. Ein viel wichtigerer Punkt ist, dass bisher alle angeführten Untersuchungen die Umgangsweisen mit Rassismus- bzw. Diskriminierungserfahrungen thematisieren. Dabei werden diese mit unterschiedlichen Begriffen bezeichnet, wie etwa Umgangsweisen oder Bewältigungsstrategien. Nach meiner Auffassung wird dabei der Betrachtungsweise, wie sich ein Umgang mit Rassismuserfahrung auf lange Sicht gestalten kann, wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Eine Erfahrung ist etwas, was sich nicht nur in der zu ereignenden Situation vollzieht und dort von Relevanz ist, im Gegenteil. Menschen können sich auch noch lange Zeit nach dem eigentlichen Ereignis mit den jeweiligen Erfahrungen auseinandersetzen. Und wie die Betroffenen das letztendlich tun, interessiert mich insbesondere, weshalb ich diesen Aspekt mit in mein Erkenntnisinteresse aufgegriffen habe.

Zum Schluss möchte ich die Untersuchung von Jukschat/​Lehmann aufgreifen, die nicht unerwähnt bleiben darf. Die Daten wurden im Rahmen des Verbundprojektes Radikalisierung im digitalen Zeitalter – Risiken, Verläufe und Strategien der Prävention (RadigZ) erhoben (vgl. Jukschat/​Lehmann 2020: 293). In einem Zeitschriftenartikel aus dem Jahr 2020 stellen sie ihre qualitativen Forschungsergebnisse vor, für deren Gewinnung sie 13 biografisch-narrative Interviews und eine Gruppendiskussion auswerteten. Unter den Befragten befanden sich elf muslimische Frauen und zwei muslimische Männer, die zwischen 16 und 33 Jahre alt waren. Darunter waren sechs von ihnen Konvertit*innen. Eine Mehrheit der Befragten stellten Studierende dar (vgl. ebd.: 294), sodass gewissermaßen eine homogene Gruppe befragt wurde. Das Forschungsinteresse bestand darin, herauszufinden, „inwieweit Muslim/​innen in Deutschland mit stigmatisierenden Zuschreibungen und Diskreditierungen konfrontiert sind“ (ebd.: 293). Zusätzlich untersuchten sie auch mögliche Umgangsweisen mit den gemachten Diskriminierungserfahrungen. Die Autorinnen arbeiteten zwei Typen von Umgangsweisen aus, die sie als (1) Selbstermächtigung und (2) Identifikation mit der Opferrolle beschreiben. Den einzelnen Typen weisen sie mehrere Strategien zu (vgl. ebd.: 300 f.). Hierbei werden ausführlicher die Umgangsweisen mit den gemachten Diskriminierungserfahrungen beschrieben. Weniger wird darauf eingegangen, wie sie direkt auf Diskriminierung reagieren. Dabei wird die untersuchte muslimische Gruppe eher als homogen und abgegrenzt der Mehrheitsgesellschaft gegenübergestellt, was problematisch ist. Einen weiteren Kritikpunkt sehe ich darin, dass die Autorinnen den Personen einen ausgearbeiteten Typus zuschreiben. Meiner Ansicht nach verkürzt diese Betrachtungsweise die Handlungsmöglichkeiten der Akteur*innen und erweckt den Anschein, dass Personen einem Typus zugewiesen und dadurch ihre Handlungsmöglichkeiten eindeutig bestimmt werden können. Handlungen entstehen in dynamischen und komplex eingebundenen Strukturen. Eine Typenbildung, die nicht personen-, sondern situationsgebunden charakterisiert ist, erscheint meiner Ansicht nach dem Phänomen der Diskriminierungserfahrung und somit gegenstandsgerechter zu sein. Die Autorinnen führen zum Schluss an, dass es weiterführender Untersuchungen bedarf, die den intersektionalen Blick intensiver berücksichtigen (vgl. ebd.: 310). Die hier vorliegende Forschung setzt an diese Forderung an, weshalb sie das Konzept der Intersektionalität miteinbezieht.

2.3 Studien mit dem Schwerpunkt von sozialen Berufen

Die bisher angeführten Untersuchungen weisen kaum Bezüge zu Sozialer Arbeit bzw. Sozialarbeitenden mit Diskriminierungserfahrungen auf. Wird ein Blick in dieses Feld gewagt, ist die ernüchternde Feststellung zu machen, dass es nur wenige Arbeiten hierzu gibt. Einige Untersuchungen stellen Überschneidungspunkte dar, die aber die Diskriminierung(serfahrungen) randständig und nicht in vollen Umfang bearbeiten (siehe hierzu Marburger et al. 1998; Braun 2010; Akbaş/​Leiprecht 2015). Die Arbeit von Lutz sei hier als ein Beispiel angeführt. Sie befasst sich mit der Thematik der kulturellen Identität und befragt hierzu Menschen mit Migrationshintergrund in den Niederlanden und in Deutschland, die in sozialen Einrichtungen als sogenannte Mittlerinnen angestellt sind. Unter Mittlerinnen versteht Lutz „Migrantinnen, die in der Regel einen höheren Schulabschluss haben und in unterschiedlichen Institutionen des deutschen und niederländischen Sozialbetreuungssystems für Landsleute arbeiten, und zwar in bezahlter Berufsarbeit“ (Lutz 1991: 33). Ihre Datengrundlage bilden 28 biografische Interviews. Ergänzend hierzu wurden berufsspezifische Materialien zur Analyse hinzugezogen. Von den 28 Interviews handelte es sich bei 14 Frauen um Kinder von sogenannten Arbeitsmigrant*innen. Die restlichen 14 Personen waren Frauen, die eigenständig die Entscheidung trafen, zu migrieren (vgl. ebd.: 59). Ein Ergebnis der Untersuchung war, dass die Befragten wiederkehrend im Rahmen ihrer Tätigkeiten mit Meinungen und Einschätzungen, die sich auf die Herkunft der Mittlerinnen bezogen, konfrontiert sahen (vgl. ebd.: 228 f.). Des Weiteren stellte Lutz fest, dass die Befragten sich in einer Rolle sahen, Aufklärung in ihrer Gemeinschaft zu betreiben und wurden oftmals mit Ausgrenzung bestraft (vgl. ebd.: 264). Anhand dessen ist zu erkennen, dass die Mittlerinnen mit Herausforderungen sich befassen mussten, mit denen sich Nicht-Migrant​*​innen in sozialen Arbeitsfeldern nicht auseinandersetzen müssen. Lutz stellte fest, dass eine fortschreibende Dichotomisierung zwischen sozialen Gruppen stattfindet. Dabei bildet Kultur die Differenzkategorie. Für die Befragten bildete sowohl bei der Eigen- als auch bei der Fremdwahrnehmung die kulturelle Identität den Kernaspekt. Weitere Aspekte, die die Identität ebenfalls ausmachen könnte, verlieren entweder an Bedeutung oder werden der kulturellen Identität untergeordnet (vgl. ebd.: 262). Dadurch wird den Frauen die Möglichkeit entzogen, sich selbst definieren zu können. Die Fixierung auf Kultur und insbesondere auf kulturelle Differenzen stellt rassifizierende Prozesse dar, die zu Diskriminierungserfahrungen führen.

Im Rahmen eines studentischen Forschungsprojektes in 2018/​2019 an der Technischen Hochschule Nürnberg wurde eine Fallanalyse zum Thema Professionelle mit Migrationshintergrund durchgeführt (vgl. Hasirci et al. 2019: 39). In einem Zeitschriftenartikel beschreiben die Autor*innen die Ergebnisse der vier narrativen Interviews. Hier sehen die Befragten ihren Migrationshintergrund als eine Ressource, gleichzeitig aber auch als eine Herausforderung im Rahmen ihrer Profession. Eine zusätzliche Sprache zu beherrschen empfinden sie als eine Zusatzkompetenz. Zudem beschreiben sich die Befragten in einer Vermittlungsfunktion zwischen Klientel und Kollegium (vgl. ebd.: 41 f.). Die kritische Anmerkung der Autor*innen zielt in die Richtung der interkulturellen Kompetenz. Während die beschriebenen Gesichtspunkte wesentliche Merkmale der interkulturellen Kompetenz darstellen, werden sie bei den Professionellen mit Migrationshintergrund als gegeben erachtet. Die positiv konnotierte Zuschreibung birgt daher Gefahren und kann auf die Betroffenen belastend und einschränkend wirken. Die Herausforderung besteht darin, Professionelle mit Migrationshintergrund nicht auf ihre (Migrations-)Erfahrung zu reduzieren, sondern diese als einen Teil „des professionellen Handlungsrepertoires“ (ebd.: 44) zu betrachten, der nicht bei allen von vornherein vorhanden sein muss.

Die Pädagogin Hanna Hoa Anh Mai hat in ihrer Dissertation Pädagog*innen of Color. Professionalität im Kontext rassistischer Normalität, die im Jahr 2020 veröffentlicht wurde, einen Fokus auf das Wissen der Pädagog*innen of Color über Rassismus gelegt. Anhand der gewonnenen Daten wollte Mai die Bedeutung für die pädagogische Professionalität ausarbeiten. Sie verweist auf vorhandene empirische Arbeiten im schulischen Bereich und benennt den außerschulischen Bereich als ein Desiderat (vgl. Mai 2020: 10), womit meine eingangs angeführte Annahme bekräftigt wird. So wie ich es in meiner Arbeit beabsichtigte, untersucht Mai zudem auch den Umgang, sobald Rassismus und Professionalität zusammenwirken. Dabei beschränkt sie sich ausschließlich auf die rassismusrelevanten Erfahrungen, die im Rahmen des professionellen Kontexts eine Bedeutung haben. Hierfür stehen die Erfahrungen der Pädagog*innen of Color im Mittelpunkt (vgl. ebd.: 43). Mai zog zehn leitfadengestützte narrative Interviews zur Datenauswertung hinzu und wertete sie mithilfe der Methodologie der Grounded Theory aus (vgl. ebd.: 120, 130). Ein Ergebnis von Mais Arbeit war, dass Pädagog*innen of Color die Auseinandersetzung mit Rassismuserfahrungen außerhalb des beruflichen Rahmens vornehmen (vgl. ebd.: 261). Anhand der Daten entwickelte Mai hierzu das Konzept der positionierten Professionalität, das einen Überblick darüber gibt, „auf welche Weise für Pädagog*innen of Color die Auseinandersetzung mit der eigenen sozialen Positionierung Bestandteil von Professionalität und Professionalisierung ist“ (ebd.: 259). In welchem Zusammenhang professionelles Handeln und eigene Rassismuserfahrungen stehen, beschreibt Mai als ein Forschungsdesiderat. Die Autorin erkennt das Potenzial biografisch-professionellen Wissens, das sich mithilfe rassismuskritischer Ansätze in das professionelle Handeln integrieren lässt (vgl. ebd.: 262).

Schlussendlich fasst Mai das Wissen über Rassismus nicht nur als eine professionelle Ressource für Pädagog*innen of Color auf, sondern auch als eine selbstschützende Ressource (vgl. ebd.), die eng mit einem Prozess der Selbstverwirklichung zusammenhängt. Ein angemessener Umgang mit Emotionen, die aufgrund von Rassismuserfahrungen aufkommen, ist unverzichtbar, um sich als Pädagog​*​innen mit Rassismuserfahrungen in den Handlungsfeldern „sicher bewegen und kompetent [.] im Sinne der eigenen professionellen Vorstellungen handeln zu können“ (ebd.: 258).

2.4 Entwicklung der Forschungsfrage und Erkenntnisinteresse

Die quantitativen Studien in Abschnitt 2.1, die eingangs beispielhaft aufgeführt wurden, dienten dazu, die Relevanz der Thematik hervorzuheben. Diskriminierungserfahrungen sind Teil der Lebensrealität ausgewählter Personengruppen. Die subjektiv erlebten Diskriminierungserfahrungen sind nicht nur vorhanden, sie wirken ebenfalls in die Alltagsgestaltung der Betroffenen hinein. Es ist ein Phänomen, das empirisch erfasst und dargelegt werden konnte. Die statistische Betrachtungsweise hilft den Menschen dabei, dieses Phänomen genauer zu betrachten und greifbar zu machen. Darüber hinaus kann sie auch aufzeigen, dass insbesondere muslimische Frauen eine vulnerable Personengruppe darstellen. Antimuslimische Diskriminierung findet derzeit eine gewisse Akzeptanz in der Gesellschaft (vgl. Scherr/​Breit 2020: 180), sodass Betroffene sich mit großer Wahrscheinlichkeit mit entsprechenden Diskursen und Praktiken auseinandersetzen müssen (vgl. Scharathow 2017: 108). Hinzu kommt, dass insbesondere kopftuchtragende Frauen in der Öffentlichkeit als Musliminnen sichtbar sind, sodass sie folglich zur Zielscheibe antimuslimischer Diskriminierung werden. Antimuslimische Diskriminierung, die das Kopftuch als Ausgangspunkt hat, umfasst bspw. neben den sozialen Kategorien ‚Rasse‘, ‚Herkunft‘ und ‚Religion‘ auch die Kategorie des ‚Geschlechtes‘, die in diesem Zusammenhang selbst von den Betroffenen häufig unbeachtet bleibt (vgl. Beigang et al. 2017: 169). Dies wiederum deutet auf eine intersektionale Perspektive hin, die in diesem Kontext unerlässlich erscheint. Daher folgt die vorliegende Untersuchung einem intersektionalen Forschungsansatz.Footnote 27

Nachdem nun feststeht, dass Diskriminierungserfahrungen Bestandteil des Alltags von ausgewählten sozialen Gruppen sind, sind tiefergehende Analysen notwendig, um mehr über die Zusammenhänge und Wechselwirkungen von Diskriminierungserfahrungen zu erfahren. Dies gelingt mithilfe von qualitativen Forschungsmethoden. Während in Abschnitt 2.2 und 2.3 qualitative Studien vorgestellt wurden, die einen starken Bezug zu Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen von Jugendlichen und/​oder von Adressat*innen der Sozialen Arbeit aufweisen, möchte ich in der hier vorliegenden Forschung eine andere Zielgruppeneingrenzung vornehmen. Meine Forschung richtet sich auf eine bislang unbeachtete Zielgruppe im Zusammenhang mit Diskriminierungserfahrungen: Fachkräfte der Sozialen Arbeit mit Diskriminierungserfahrungen. Mai (2020) setzt in ihrer Arbeit den professionellen Rahmen als Kontext und befragt hierzu Pädagog*innen of Color zu ihren Erfahrungen. Meine Untersuchung möchte hier anknüpfen und gleichzeitig den Rahmen erweitern, indem Fachkräfte der Sozialen Arbeit zu ihren Diskriminierungserfahrungen befragt werden, mit denen sie sich sowohl innerhalb als auch außerhalb des Arbeitskontextes auseinandersetzen müssen. An dieser Stelle möchte ich ein Zitat von Staub-Bernasconi anführen, das an den Entstehungshintergrund der Profession erinnert:

„[D]ie Entstehung und Legitimation von Professionen entstand, historisch betrachtet, im Zusammenhang mit Schmerz-, Leid-, Sinnlosigkeitserfahrungen, sozialen Nöten, ge- oder zerstörten Lernprozessen und sozialen Beziehungen, aber vor allem auch Unrechtserfahrung“ (Staub-Bernasconi 2009: 136).

Hier wird deutlich, welche Rolle Unrechtserfahrungen, wozu auch Diskriminierungs- und Rassismuserfahrung zählen, bereits bei der Entstehung der Profession gespielt haben. Da Unrechtserfahrungen traditionell den Adressat*innen der Sozialen Arbeit zugeschrieben wurden und weniger den Fachkräften der Sozialen Arbeit, gilt meine Aufmerksamkeit jenen, die sich in sozialen Berufsfeldern bewegen und mit Diskriminierungserfahrungen aus einer benachteiligten Position auseinandersetzen müssen. Es wurde bereits an diversen Stellen angedeutet, dass insbesondere muslimische Frauen eine vulnerable Gruppe darstellen, weshalb ich mich mit dieser sozialen Gruppe befassen möchte. Es geht mir darum, zu verstehen, inwieweit eine Bewältigung der gemachten Diskriminierungserfahrungen lebensbereichsübergreifend wirkt. Aus diesem Grund verwende ich die Bezeichnung des Alltags. Unter Alltag werden hier alle Lebensbereiche des Menschen verstanden, indem sich die Menschen bewegen und mit anderen Menschen interagieren. Dies können das Einkaufen, die Behördengänge, die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, aber auch Beratungsgespräche mit Klient*innen oder kollegialer Austausch sein. Es geht hier noch um vielmehr: „Der Alltag ist die Schnittstelle von Verhältnissen und Verhalten, von objektiven und subjektiven Faktoren“ (Thiersch 2020: 27). Mich interessieren insbesondere die soziologischen Verhältnisse und sämtliche soziale Kategorien, die in den sozialen Situationen des Alltags in Zusammenhang von Diskriminierungserfahrung zusammenlaufen. Um das Phänomen der Diskriminierungserfahrung weitläufig abzudecken, erfolgte der Einstieg zu Beginn meiner Untersuchung mit der Forschungsfrage „Welche Rolle spielen Diskriminierungserfahrungen im Alltag muslimischer Frauen, die in der Sozialen Arbeit tätig sind?“. Auf der Grundlage der Analyseergebnisse wurde der Theorieentwurf der Schützenden Bewältigung konzipiert. Erst durch die weitgefasste Fragestellung konnte das Augenmerk auf das Phänomen der Schützenden Bewältigung gelenkt werden. Während grundsätzlich in der Forschungstradition Fragen mit ihren Unterfragen vorformuliert werden, war es hier zielführender, sich nach den Prinzipien der Grounded Theory (vgl. Strauss/​Corbin 1996) und dem Prinzip der Offenheit (vgl. Witzel 2000; Mayring 2016: 68) in das Forschungsfeld zu begeben. Auf diese Weise konnte ich die Anforderungen meiner qualitativ-interpretativ angelehnten Untersuchung gerecht werden. Das Prinzip der Offenheit prägt mehrere Phasen meiner Studie. Nach der Herangehensweise der Methodologie der Grounded Theory konnten neben der übergeordneten Forschungsfrage folgende Teilfragen zusammengefasst werden:

  • Wie wird in den Diskriminierungssituationen unmittelbar reagiert?

  • Unter welchen Bedingungen wird sich für eine unmittelbare Reaktionsform entschieden?

  • Welche Handlungsmuster werden von den Betroffenen benannt, die zur Bewältigung der gemachten Erfahrung dienen?

  • In welchem Zusammenhang stehen Diskriminierungserfahrungen und der sozialarbeiterische Arbeitskontext?

Das Erkenntnisziel bestand darin, mithilfe einer differenzierten Betrachtungsweise kontextbezogene Bedingungen zu erkennen, die Einfluss auf die Handlungs- bzw. Umgangsformen mit Diskriminierungserfahrungen haben. Darüber hinaus wird der Erfahrungsbereich weitgefasst, um wechselwirkende Beziehungen zwischen einzelne Lebensbereiche zu erkennen. Auf diese Weise werden Erfahrungswerte nicht ausgeschlossen oder begrenzt betrachtet.

Am Schluss der Untersuchung soll eine Handlungstheorie entstehen, die nachzuvollziehen hilft, wie Betroffene Diskriminierungserfahrungen begegnen und diese bewältigen. Die Herausforderung liegt darin, die Komplexität der Handlungen, die in sozialen Wirklichkeiten zustande kommen, umfassend zu betrachten und anhand der rekonstruierten Erfahrungen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den jeweiligen Deutungs- und Handlungsmuster zu erkennen. Dabei soll die Theorie die Vielfalt von Handlungsmöglichkeiten, die an Bedingungen geknüpft sind, nicht außer Acht lassen. Handlungen sind hier als motiviert zu verstehen und weniger als affektiv.

Die Untersuchungsergebnisse sollen zum einen die Weiterentwicklung entsprechender Konzepte in der Sozialen Arbeit veranlassen, die sowohl ihrer Zielgruppe als auch den Professionellen dient. Zum anderen sollen die Erkenntnisse grundsätzlich zum Nachdenken darüber anregen, wie zusätzlich Verhältnisse auf der Ebene der Profession geschaffen werden können, die einen angemessenen Umgang mit Diskriminierungserfahrungen zulassen, wie es etwa durch rassismuskritische Ansätze (vgl. Melter/​Mecheril 2011) beabsichtigt wird.

Für die angestrebte Untersuchung ließen sich zwei grundsätzliche Kriterien festlegen: Erstens sollten – ihrem Selbstverständnis nach – muslimische Frauen befragt werden. Zweitens sollten die Befragten in einem Feld der Sozialen Arbeit tätig sein. Dabei spielte es keine Rolle, ob sie eine typisch sozialarbeiterische Ausbildung absolviert hatten.Footnote 28 Von der Kinder- und Jugendhilfe bis hin zur Altenfürsorge deckt Soziale Arbeit alle Altersgruppen mit ihren individuellen Lebenswelten bzw. -lagen ab. Die Arbeits- und Handlungsfelder der Sozialen Arbeit sind verschieden. Doch was macht überhaupt ein sozialarbeiterisches Arbeits- bzw. Handlungsfeld aus? Dieser Frage ist bereits der Sozialpädagoge Werner Thole nachgegangen:

„Sind Arbeitsfelder dann solche der Sozialen Arbeit, wenn in ihnen SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen, Diplom-PädagogInnen mit einem sozialpädagogischen Profil und Erzieher​Innen arbeiten? Oder wird ein Berufsbereich einfach durch die Tatsache, dass die sozialpädagogische Fachdiskussion es [sic!] als ‚sozialpädagogisch‘ codiert und qualifiziert, zum Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit?“ (Thole 2012: 25).

Die formulierten Fragen bieten erste Ansatzmöglichkeiten zur Bestimmung der Arbeitsfelder an. Insgesamt kann von einem sozialpädagogischen Arbeits- und Handlungsfeld gesprochen werden, „wenn [.] öffentlich organisierte, soziale, unterstützende beziehungsweise pädagogische Hilfen und Dienste zur sozialen Lebensbewältigung oder Bildung angeboten oder organisiert werden“ (ebd.: 26). Letztendlich handelt es sich hier um gesellschaftlich organisierte Hilfen, die durch den sozialen Wandel stark geprägt wurden und werden.

Nachdem das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit anhand verschiedener Studien mit unterschiedlichen Designs abgeleitet und begründet wurde, müssen zunächst wesentliche theoretische Grundlagen geklärt werden. Dadurch wird eine Basis für die eigene Untersuchung geschaffen, die zur Beantwortung und Einordnung der Forschungsfrage notwendig sind.