Eine junge Frau und ein junger Mann stehen in der Warteschlange an der Kasse einer bekannten Supermarktkette in Deutschland. Die junge Frau weist trotz ihrer Geburt in Deutschland eine Migrationsgeschichte auf, denn ihre Eltern kamen vor etwa 25 Jahren als Geflüchtete nach Deutschland. Der junge Mann dahingegen hat eine Migrationserfahrung und kam vor drei Jahren als Arbeitsmigrant in die Bundesrepublik. Beide weisen unterschiedliche Herkunftsverläufe auf und sind aufgrund äußerlicher Merkmale als Person of ColourFootnote 1 wahrzunehmen. Ihre Gemeinsamkeit ist, dass sie beide in einem ländlichen Gebiet wohnen und immer wieder mal zusammen einkaufen gehen. Vor und hinter ihnen warten weitere Kund*innen an der Kasse. Als sie an der Reihe sind, werden sie als einzige dazu aufgefordert ihre Taschen vorzuzeigen. Daraufhin interpretieren beide Negativbetroffenen die Aufforderung als eine diskriminierende Handlung. Die erlebte Erfahrung wird mit verschiedenen Menschen aus ihrem sozialen Umfeld geteilt. Die Resonanz der Zuhörer*innen ist vielfältig: Einige sind der Meinung, dass die Handlung der Verkäuferin gerechtfertigt sei und sie nur ihre Arbeit gemacht habe. Andere wiederum setzen direkt an dem Diskriminierungsverständnis der Betroffenen an und raten dazu, nicht allzu sensibel zu sein: Eine Aufforderung zur Taschenkontrolle sei nicht gleich eine Diskriminierung. Die wenigen Personen dürfen hier nicht unerwähnt bleiben, die den Betroffenen gegenüber Verständnis zeigten. Der Unterschied zwischen der Mehrheit, die die Erfahrung als diskriminierend anzweifeln, und der Minderheit, die den Betroffenen ihr Verständnis entgegenbringen, ist der gemeinsame Erfahrungsraum.Footnote 2 Denn die Minderheit macht ähnliche Erfahrungen wie die Betroffenen selbst, weshalb sie die ihnen zugetragene Erfahrung nachvollziehen kann.Footnote 3

Das Beispiel zeigt auf, dass Diskriminierungserfahrung zu thematisieren eine große Herausforderung für die Betroffenen darstellt. Diskriminierungserfahrungen sind subjektiv interpretierte Vorgänge von Individuen (vgl.Footnote 4 Scherr/​Breit 2020: 47 f.). Die Außenperspektive, ob es sich hier tatsächlich um eine Diskriminierung bspw. nach einem juristischen Verständnis handelt oder nicht, ist zunächst unbedeutend (vgl. ebd.: 37). Menschen machen aufgrund ihrer sozialen Merkmale und den damit einhergehenden Zuschreibungen unterschiedliche Erfahrungen im Alltag. So sind Erfahrungen anderer schwieriger nachzuvollziehen, wenn sie nicht Teil des eigenen Erfahrungsraums sind. Beim Rassismus spielen noch weitere Mechanismen mit hinein. So werden rassistische Verhältnisse, die in Sozialisierungsprozessen eingeschrieben sind, zunächst ohne Weiteres internalisiert. Sie bleiben so lange unhinterfragt, bis Irritationen entstehen. Eine Form der Irritation sind Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen. Im Alltag der Betroffenen zeigt sich dies in der stetigen Auseinandersetzung mit Othering-Praktiken. Othering als Konzept stammt aus den postkolonialen Studien. Damit werden Handlungen von Menschen beschrieben, indem kontinuierliche Grenzziehungen zwischen der Eigen- und Fremdgruppe vorgenommen werden (vgl. Riegel 2018: 226). Ergänzend hierzu kann der Gedanke von Velho aufgegriffen werden: „Die Normalität des Otherings schafft und klassifiziert erst die, die als anormal gelten“ (Velho 2010: 116). Weiter weist sie darauf hin, dass durch die Othering-Praktiken die als Andere Konstruierten immer wieder sichtbar gemacht werden, wohingegen die Konstruierenden „unmarkiert bleiben“ (ebd.). Die gesellschaftliche Position der Unmarkierten – also derer, die keine RassismuserfahrungFootnote 5 machen – bezeichne ich in der vorliegenden Arbeit als WeißeFootnote 6. Die hier beschriebenen Praktiken können sowohl auf eine massive als auch auf eine subtile Art und Weise erfolgen.

Während es bereits zahlreiche Arbeiten dazu gibt, inwieweit Diskriminierung beim Menschen in der Einstellung verankert ist (u. a. Zick/​Küpper 2021; Decker/​Brähler 2018; Zick et al. 2016; Heitmeyer 2011), gibt es nur einige wenige Untersuchungen, die sich umfassend mit Diskriminierungserfahrungen auseinandersetzen. Wenn Diskriminierung in Gänze betrachtet werden soll, müssen die daraus resultierenden Diskriminierungserfahrungen miteinbezogen werden.

1.1 Problemaufriss und Fragestellung

Aus eigener sozialarbeiterischer Praxis machte ich immer wieder die Erfahrung, wie wenig Fachkräfte sich mit Themen wie etwa Rassismus auskennen und dadurch Gefahr laufen, rassistische Praktiken im Rahmen ihrer professionellen Handlung zu reproduzieren und zu übersehen. Das Aberkennen oder Relativieren von rassistischen Diskriminierungserfahrungen anderer ist eine dieser Praktiken. Auf diese Weise wird nicht anerkannt, dass Rassismus allgegenwärtig ist und Rassismuserfahrungen ein Teil der Lebensrealitäten ausgewählter sozialer Gruppen darstellen können. Ein weiteres Problem ist, dass in der Diskussion um Rassismus und Soziale Arbeit eine einheitliche Einteilung zwischen wesentlichen Gruppen vorgenommen wird: Zum einen gibt es die weiß positionierten Fachkräfte der Sozialen Arbeit, die soziale Ungleichheit und somit Unrechtserfahrung (vgl. Staub-Bernasconi 2009: 136) zu bekämpfen versuchen. Zum anderen gibt es die Klientel der Sozialen Arbeit, die direkt von sozialer Ungleichheit und deren Folgen betroffen ist. Hierzu zählt ebenso die alltägliche Auseinandersetzung mit Diskriminierungs- und Rassismuserfahrung. Mithilfe einiger empirischer Befunde kann bereits dieser Einteilung widersprochen werden. Dadurch wird das professionelle Handeln von Fachkräften kritisch reflektiert betrachtet. Melter bspw. konnte anhand seiner qualitativen Untersuchung aus dem Feld der Jugendhilfe darlegen, dass Fachkräfte sich rassistischer Praktiken bedienen, sobald es um die Auseinandersetzung mit den Rassismuserfahrung ihrer Klientel geht (vgl. Melter 2006).Footnote 7 Zu den bisher genannten Punkten kommt die Problematik hinzu, dass bei der Dichotomisierung zwischen weißen Fachkräften und Klientel mit Diskriminierungserfahrung eine weitere Personengruppe unbeachtet bleibt: Fachkräfte mit Diskriminierungserfahrung. Nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Verhältnisse in der Sozialen Arbeit verändern sich durch Zuwanderung. Migration beeinflusst also die gesellschaftliche Struktur auf allen Ebenen. So gibt es immer mehr Fachkräfte of Colour, zu denen ich mich selbst zähle.Footnote 8 Diese soziologische Veränderung bedarf genauerer Untersuchungen. Es ist u. a der Frage nachzugehen, mit welchen Herausforderungen Fachkräfte of Colour im Zusammenhang mit Diskriminierungserfahrung konfrontiert sind. Auf diese Veränderung möchte ich mit meiner Arbeit reagieren. Die qualitativ-rekonstruktivFootnote 9 ausgerichtete Forschungsarbeit soll mehr Auskunft über den Umgang mit Diskriminierungserfahrung von Fachkräften of Colour aus der Sozialen Arbeit geben. Da Diskriminierungserfahrungen im Allgemeinen und vor allem bei Fachkräften of Colour wenig erforscht sind, wähle ich eine methodologische Ausrichtung der Arbeit nach der Grounded Theory (GT). Mithilfe der Grounded Theory-Methodologie (GTM) können Phänomene untersucht werden, die wenig erforscht sind. Mit diesem Ansatz soll möglichst eine offene Herangehensweise sichergestellt werden mit dem Ziel, eine gegenstandsverankerte Theorie zu generieren. In der vorliegenden Arbeit wird die Theorie der Schützenden Bewältigung entwickelt und diese nach und nach erläutert. Das Phänomen der Schützenden Bewältigung hilft zu verstehen, unter welchen Bedingungen Diskriminierte in diskriminierende Situation eine Reaktion wählen. Nicht nur das: Sie gibt ebenfalls Auskunft darüber, welche Umgangsformen gewählt werden können, um mit der gemachten Erfahrung den Alltag zu bewältigen. Gewinnbringend hierbei ist die Sicht auf das Phänomen selbst. Im Rahmen der Theorie der Schützenden Bewältigung werden Nicht-Handlungen als eine Handlung miteingeschlossen. Dadurch werden die Betroffenen nicht länger als ohnmächtige oder handlungsunfähige Subjekte betrachtet, im Gegenteil: Ihre Handlungsauswahl kann nun in einen größeren Kontext gesetzt betrachtet werden, wodurch Erklärungsmöglichkeiten für ihre Handlungen geboten werden.

Das Hauptziel der Arbeit ist es, mithilfe der entwickelten Theorie das entdeckte Phänomen umfassend zu beschreiben und die Bedeutung für das sozialarbeiterische Handeln auszuarbeiten. Auf diese Weise können wichtige Erkenntnisse zusammengeführt werden, die sowohl für das pädagogische Handeln als auch für die konzeptionellen Überlegungen weiterer Ansätze relevant sein können im Umgang mit Diskriminierung(serfahrung). Um die Komplexität der Ergebnisse der Untersuchung komprimiert und verständlich wiedergeben zu können, wurde anhand der Kernaussagen ein Theoriemodell entwickelt. Die Theorie der Schützenden Bewältigung verfolgt einen ressourcenorientierten Ansatz und soll in der hier vorliegenden Arbeit umfassend beschrieben werden.

Die Zielgruppe, die im Rahmen der empirischen Erhebung befragt wurde, bestand ausschließlich aus Musliminnen, die im Kontext der Sozialen Arbeit als Fachkräfte tätig waren. Die Eingrenzung der Zielgruppe wurde aus verschiedenen Gründen vorgenommen. Zum einen konnte ein Zuwachs antimuslimischer Ressentiments empirisch beobachtet werden (vgl. Decker/​Brähler 2018), der inzwischen leicht zurückgegangen ist (vgl. ebd. 2020). Diese Feststellung zeigt, dass antimuslimischer Rassismus gegenwärtig ist und dadurch eine Bedeutung für die Wissenschaft erlangt. Zum anderen ist die Religionszugehörigkeit einiger muslimischer Frauen – ganz anders als bei muslimischen Männern – durch das Kopftuchtragen nach außen hin sichtbar. Dadurch laufen sie eher Gefahr, rassistische Ausgrenzungserfahrung zu machen. Aufgrund des Kopftuchtragens stellen Musliminnen daher eine potenziell vulnerable Gruppe für Diskriminierungserfahrung dar, zumal religiöse Diskriminierung durch verbale und körperliche Gewalt erfahren wird. Muslimische Frauen sind vielfältig, und nicht alle Musliminnen sind von Beginn als solche wahrzunehmen. Aus diesem Grund wird mithilfe des Theoretical SamplingsFootnote 10 auf die Vielfalt und somit die Heterogenität der Zielgruppe reagiert. Der Genderbezug in dieser Arbeit kann darüber hinaus mehr Aufschluss über das Zusammenwirken mehrerer Kategorien wie ‚Rasse‘ und Geschlecht geben.Footnote 11 Auch wenn sowohl die subtilen als auch die massiven DiskriminierungserfahrungenFootnote 12 der Befragten subjektiv und individuell erscheinen mögen, sind anhand von Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten und Kontinuitäten bestimmte Handlungsmuster zu erkennen, die herausgearbeitet werden. Die Erfahrungen sind zwar komplex und  verschieden, dennoch können sie nicht individualisiert werden. Sie verweisen auf gesellschaftliche Verhältnisse (vgl. Scharathow/​Leiprecht 2011: 123), wodurch Positionen sichtbar gemacht werden können, die die Betroffenen auf eine je ähnliche Weise einnehmen. Musliminnen werden hier als Vertreterinnen ihrer Personengruppe und zugleich auch ihrer Berufsgruppe befragt.

Um das Erkenntnisinteresse zunächst grob einzugrenzen und gleichzeitig einer offenen Herangehensweise gerecht zu werden, wurde zu Beginn der Erhebung folgender Forschungsfrage nachgegangen: Welche Rolle spielen Diskriminierungserfahrungen im Alltag muslimischer Frauen, die in der Sozialen Arbeit tätig sind? Es wird bewusst der Begriff Alltag gewählt, da auf diese Weise Diskriminierungserfahrungen aus allen Lebensbereichen eingeschlossen werden. Hierzu zählen insbesondere die Ausgrenzungserfahrungen, die sich im Rahmen der beruflichen Tätigkeit ereignen. Durch eine iterative Vorgehensweise, in der zwischen Datenerhebung und -analyse hin- und hergependelt wurde, wurden weitere Teilfragen zum zu untersuchenden Forschungsgegenstand eruiert.Footnote 13

Die vorliegende Forschungsarbeit möchte nicht aufzeigen, welche traumatischen Erlebnisse die Betroffenen erleben, um das Ausmaß an Diskriminierungserfahrung darzulegen. In erster Linie möchte die Arbeit einen Überblick über die Prozesshaftigkeit von Diskriminierungserfahrung bieten und vor allem das Phänomen der Schützenden Bewältigung beschreiben. Die zusammengetragenen Forschungsergebnisse sollen das Wissen über Diskriminierung, Diskriminierungserfahrung und ihren Umgang mit diesen erweitern, damit in einem nächsten Schritt pädagogische Konzepte entwickelt werden können. Die Ergebnisse sollen in die Praxis überführt werden und zu einer Verbesserung von (sozialarbeiterischen) Verhältnissen beitragen. Gleichzeitig ermöglicht ein Verständnis, wie Diskriminierungserfahrung und ihre Bewältigung funktionieren, den jeweiligen Betroffenen mehr Handlungssicherheit.

1.2 Aufbau der Arbeit

Im ersten Teil der Arbeit wird in Kapitel 2 die Forschungsarbeit disziplinär verortet. Hierzu werden sowohl qualitative als auch quantitative Studien hinzugezogen, die thematische Bezüge zum Forschungsgegenstand ‚Diskriminierungserfahrung‘ aufweisen. Dadurch, dass verschiedene Untersuchungen genauer angeschaut werden, können Forschungslücken aufgezeigt und anhand dieser die eigene Arbeit legitimiert werden. Um eine strukturierte Vorgehensweise zu sichern, werden in Abschnitt 2.1 ausschließliche quantitative Studien zum Thema ‚Diskriminierungserfahrung‘ betrachtet. Danach werden in Abschnitt 2.2 die qualitativen Untersuchungen hierzu zusammengeführt und diskutiert. Da die eigene Untersuchung eine spezifische Zielgruppe der Sozialen Arbeit in den Fokus nimmt, werden in Abschnitt 2.3 einige wenige Arbeiten mit dem Schwerpunkt sozialer Berufe benannt und kurz erläutert. Der Bezug zur Diskriminierungserfahrung wird zu jedem Zeitpunkt hergestellt. Zuletzt wird in Abschnitt 2.4 die Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit unter Anbetracht des Forschungsstands erneut aufgegriffen und das Erkenntnisinteresse umfassender dargelegt.

Damit eine fachliche Auseinandersetzung mit dem Thema ‚Diskriminierungserfahrung‘ sichergestellt werden kann, ist eine theoretische Einführung unumgänglich. Dafür werden im nachstehenden Kapitel 3 wesentliche Theoretisierungen wichtiger Begrifflichkeiten und Konzepte vorgenommen. In Abschnitt 3.1 wird mit den relevanten Begriffen Diskriminierung, Rassismus, Diskriminierungs- und Rassismuserfahrung begonnen. Diese und alle weiteren Begriffe, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind, werden hier genauer definiert. Es ist zudem wichtig, dass der Fokus aus forschungsrelevanten Gründen insbesondere auf antimuslimischen Rassismus gelegt wird. Im weiteren Verlauf wird unter Abschnitt 3.2 der Entstehungshintergrund des Konzepts der Intersektionalität dargelegt. Anhand dessen wird die Bedeutung von Intersektionalität herausgearbeitet. Ebenso wird kurz darauf eingegangen, wie der praktische Transfer des theoretischen Konzepts aussehen kann. Da Diskriminierungsmechanismen nicht unabhängig von der Kategorie Geschlecht betrachtet werden können, werden in Abschnitt 3.3 die Geschlechterverhältnisse im Kontext von Rassismus erläutert. Dadurch soll ein Überblick geschaffen werden, wie Geschlecht und ‚Rasse‘ letztendlich zusammenwirken und zum Ausdruck kommen. Wie in dem vorangegangenen Kapitel wird auch hier der Bezug zum antimuslimischen Rassismus genommen. So werden rassistische Konstruktionen der muslimischen Frau ins Zentrum der Diskussion gestellt. Nachdem die wichtigsten Begriffe und Konzepte erläutert wurden, wird in Abschnitt 3.4 die sozialarbeiterische Bedeutung im Umgang mit Diskriminierung(serfahrung) beschrieben. Hier wird geklärt, warum Fachkräfte der Sozialen Arbeit gleichzeitig zu Reproduzierende von Ungleichheitsverhältnisse werden können und inwieweit Reflexion dabei hilft, Ungleichheitsverhältnissen bewusster entgegenzutreten. Zum Schluss werden sowohl die Konzepte ‚Antirassismus‘ als auch ‚Rassismuskritik‘ aufgegriffen. Rassismuskritische Soziale Arbeit hat eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für die Dekonstruktion von rassistischen Verhältnissen. Auf diese und weitere Punkte wird in diesem Teil kritisch eingegangen.

Das Kapitel 4 soll einen theoretischen Bezugsrahmen darstellen. So werden ausgewählte Theorien, die zur Wahrnehmung und Bewältigung von Diskriminierung(serfahrung) passen könnten, vorgestellt. Da es das Ziel der Arbeit ist, die eigene Theorie der Schützenden Bewältigung zu umschreiben, wird nur komprimiert auf die flankierenden Theorien eingegangen. Gleichzeitig wird dargelegt, welche Stärken und Schwächen die vorgestellten Theorien aufweisen. Anhand der Nachteile soll die Notwendigkeit einer gesonderten Theorie begründet werden.

Nachdem die eigene Untersuchung verortet und der theoretische Rahmen gesetzt wurden, widmet sich das Kapitel 5 den methodologischen und methodischen Ansätzen der Forschungsarbeit. Hierzu wird im ersten Teil die Methodologie der Grounded Theory deskriptiv dargestellt. Bei der Beschreibung werden die Merkmale und Eigenschaften der Methodologie benannt und erläutert. In den darauffolgenden drei Unterkapiteln 5.1.1 bis 5.1.3 werden die hermeneutischen Kodierverfahren kurz umschrieben. Den Schlussteil dieses Kapitels bildet Abschnitt 5.2 mit der inhaltlichen Ausführung der Erhebungsmethode der Daten – dem problemzentrierten Interview. Da die Grounded Theory keine eigenen Datenerhebungsverfahren umfasst, muss auf weitere Methoden wie die Interviewführung zurückgegriffen werden. In dem gesamten Kapitel geht es nur um die Beschreibung der Methodologie bzw. Methodik.

Darauf aufbauend wird in Kapitel 6 die forschungspraktische Umsetzung der zuvor beschriebenen Methodologie und Methodik ausgeführt. Hier wird der gesamte Anwendungsprozess offengelegt. Dabei werden insbesondere die Herausforderungen, die während der Erhebungs-, Aufbereitungs- und Auswertungsphase der Daten entstanden sind, benannt und die jeweiligen methodischen Modifizierungen aufgeführt. Zum Forschungsverlauf werden der Forschungszugang, die Auswahl der zu Befragenden mit der Methode des Theoretical Samplings, die Interviewdurchführung, die Anfertigung von Transkriptionen und die analytischen Vorgänge wie Kodier- und Interpretationsverfahren gezählt. Abgerundet wird das Kapitel mit einer Anmerkung zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Forschungsverlauf.

Den Hauptteil der vorliegenden Arbeit bildet das Kapitel 7 mit der Ergebnispräsentation. In diesem Teil wird die gegenstandsverankerte Theorie der Schützenden Bewältigung ganzheitlich umschrieben. Im Fokus steht das Theoriemodell, das hierzu konzipiert wurde. Das Kapitel ist analog zu den drei Phasen der Theorie strukturiert. So wird nach einer allgemeinen Beschreibung des dynamischen Prozesses von Diskriminierungserfahrungen zunächst in Abschnitt 7.1.1 die erste Phase, die Situationsanalyse, mit ihren kategorialen Bedingungen erläutert. Anschließend daran folgt in Abschnitt 7.1.2 die Auseinandersetzung mit der zweiten Phase, der unmittelbaren Reaktion. In diesem Teil wird eine typologische Einteilung situationsgebundener Reaktionen vorgenommen, die beschreiben soll, unter welchen Bedingungen die Betroffenen sich in diskriminierenden Situationen für eine der Reaktionsformen entscheiden. Die letzte Phase von Schutz und Stärkung wird in Abschnitt 7.1.3 präsentiert. In dieser Phase werden vier Umgangsweisen erörtert, die der Bewältigung der gemachten Diskriminierungserfahrung dienen. Wie die Auswahl der Reaktionsformen geschieht auch die Auswahl der Umgangsweisen in Anbetracht der Schützenden Bewältigung. Anschließend daran wird in Abschnitt 7.1.4 eine letzte Ergänzung zum Theoriemodell vorgenommen. Hier wird die emotionale und diskursive Rahmung der Phasen expliziert. Nachdem das Theoriemodell ausführlich dargelegt wurde, werden weitere Teilergebnisse aus der Forschung präsentiert. In Abschnitt 7.2 werden die Bedeutungen von Diskriminierungserfahrungen in sozialarbeiterischen Kontexten zusammengeführt. Hierzu wurden vier konkrete Ergebnisse formuliert, die sich in der Struktur der Unterkapitel widerspiegeln. Zuletzt wird in Abschnitt 7.3 auf die intersektionale Perspektive auf den Forschungsgegenstand eingegangen. Hierzu wird die Forderung nach einer weiteren Analysekategorie Mutter begründet. Um die Forderung mithilfe der Daten zu begründen, werden drei Fallbeispiele aufgegriffen und analytisch erläutert.

Da die Darlegung der Theorie anhand eines konzipierten Theoriemodells erfolgt und die Arbeiten mit der Grounded Theory grundsätzlich einem nicht-klassischen Strukturaufbau der Ergebnispräsentation entsprechen, wähle ich auch hier eine unkonventionelle Strukturierung der Ergebnisdarstellung. Bezugnehmend auf Przyborski/​Wohlrab-Sahr werde ich ausgehend von meinem Theoriemodell die Ergebnisse präsentieren und gleichzeitig rekonstruieren, wie ich zu den Befunden gelangt bin: „Das hat zwar den Nachteil, dass die Präsentation empirischer Daten und deren Interpretation tendenziell subsumtionslogisch wirkt, erleichtert aber die Ordnung der Befunde“ (Przyborski/​Wohlrab-Sahr 2014: 408).

Zum Schluss der Arbeit ist ein Fazit vorgesehen, das die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung zusammenführt. Hierzu werden die Forschungsfrage und das Erkenntnisinteresse erneut aufgegriffen und final beantwortet. Des Weiteren werden offen gebliebene Fragen und Forschungsdesiderate formuliert. Eine kurze Schlussbetrachtung auf die Bedeutung der Untersuchung von Diskriminierungserfahrung beschließt die Arbeit.