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1 Einleitung

Diese Einleitung widmet sich zwei grundlegenden Fragen, deren Beantwortung den Boden für die nachfolgenden Kapitel unseres Handbuchs bereitet. Die erste Frage ist, warum es überhaupt ein Handbuch zur Außenpolitik Österreichs braucht. Als Beweggründe für dieses Projekt führen wir an, dass die Rolle Österreichs in der Weltpolitik, die sich wandelnden Rahmenbedingungen seiner Außenpolitik und die sich ebenso verändernden Ausrichtungen dieser Politik, einer ausführlichen Analyse bedürfen. Hinzu kommt, dass dieses Buch darauf abzielt, die öffentliche Debatte zur Außenpolitik zu beleben, und es bisher schlicht und ergreifend noch kein Handbuch zur österreichischen Außenpolitik gibt.

Aufbauend auf dieser Darstellung der Beweggründe legen wir die Ziele und Zielgruppen dar, die wir mit der Veröffentlichung des Handbuchs erreichen wollen. Dabei ist es uns bereits an dieser Stelle wichtig zu betonen, dass sich das Handbuch an eine breite Leser*innenschaft innerhalb und außerhalb der Wissenschaft richtet. Es soll also Forscher*innen und Studierende in gleichem Maße ansprechen wie Praktiker*innen in Politik und Verwaltung sowie Verteter*innen der Zivilgesellschaft und der Medien, und insgesamt eine solide Grundlage für eine intensivere und informiertere Auseinandersetzung mit der Außenpolitik der Zweiten Republik bieten. Diesem Ziel ist auch die Entscheidung geschuldet, das gesamte Handbuch im open-access Format frei verfügbar zu machen.

Die zweite grundlegende Frage ist, wie sich die Außenpolitik Österreichs wissenschaftlich durchdringen lässt. Zur Beantwortung dieser Frage beschäftigen wir uns zunächst mit „Außenpolitik“ als Gegenstand des Handbuchs und geben eine kurze Übersicht der analytischen Zugänge der Außenpolitikforschung. Um diese Übersicht zu strukturieren, greifen wir auf das Schema der Analyseebenen (siehe hierzu Temby 2015; Hudson und Day 2019) zurück und skizzieren Erklärungen für außenpolitisches Verhalten auf den Ebenen i) des Umfelds, in das ein Staat eingebettet ist, ii) des Staates, iii) der innerstaatlichen Verwaltungsapparate und Gruppen sowie iv) des Individuums, also der außenpolitischen Entscheidungsträger*innen. Von dieser Übersicht der analytischen Zugänge der Außenpolitikforschung leiten wir im letzten Teil der Einleitung schließlich die erkenntnisleitenden Fragen für die nachfolgenden Kapitel des Handbuchs ab und stellen dessen inhaltlichen Aufbau vor.

2 Beweggründe für das Handbuch

Ein erster Beweggrund für dieses Handbuch ist der Befund, dass Österreich ein relevanter Akteur der Weltpolitik ist. Als neutraler KleinstaatFootnote 1 ging es nicht auf Distanz zu weltpolitischen Entwicklungen, sondern verfolgte seit Beginn der Zweiten Republik eine aktive und engagierte Außenpolitik. Durch diese konnte Österreich in vielen Bereichen prägend auf Strukturen und Prozesse der Weltpolitik einwirken. Dieses Prägen der Weltpolitik gelang Österreich einerseits direkt, etwa durch eine aktive Nachbarschaftspolitik, die Teilnahme an friedenserhaltenden und humanitären Missionen und das Engagement in internationalen Organisationen wie der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE, später Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE) oder den Vereinten Nationen. Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist die führende Rolle Österreichs in der sogenannten „Humanitären Initiative“, die zum Vertrag über das Verbot von Kernwaffen (Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons, TWPN) führte (siehe hierzu im Detail Kmentt 2021).

Andererseits verstand es Österreich auch, indirekt Einfluss auf die Weltpolitik zu nehmen, indem es sich als Standort für internationale Organisationen und als Ort diplomatischer Verhandlungen etablierte. So haben mehr als 60 internationale Organisationen ihren Sitz oder eine Niederlassung in Österreich (Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten 2019). Darunter befinden sich der Sitz der Organisationen erdölexportierender Länder (OPEC), der Sitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und, allen voran, einer der vier Hauptsitze der Vereinten Nationen. Neben Einrichtungen der Vereinten Nationen befinden sich am Vienna International Centre auch die Internationale Atomenergie Organisation (IAEO) und die Vorbereitungskommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO PrepCom) als autonome internationale Organisationen. Zudem hat Österreich mehrfach als Austragungsort richtungsweisender internationaler Konferenzen und Verhandlungen gedient – so etwa für die beiden Konferenzen in den Jahren 1968 und 1969, die zum Abschluss des Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (Vienna Convention on the Law of Treaties) führten, oder für Verhandlungen über die Begrenzung des iranischen Nuklearprogrammes.

Neben der Relevanz Österreichs als Akteur der Weltpolitik stellt der Wandel in den Rahmenbedingungen der österreichischen Außenpolitik den zweiten Beweggrund für dieses Handbuch dar. Dieser Wandel betrifft vor allem das Sicherheitsumfeld Österreichs, die politische Integration Europas und die zunehmende Komplexität der Weltpolitik. Während des Ost-West-Konfliktes war Österreichs Außenpolitik vor allem durch die exponierte Position zwischen den rivalisierenden Machtblöcken geprägt. Dieses Sicherheitsumfeld wandelte sich mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes, der Annäherung der mittel- und osteuropäischen Staaten an die Europäische Gemeinschaft (EG, später Europäische Union, EU) und das Atlantische Bündnis (North Atlantic Treaty Organization, NATO) sowie mit den Balkankriegen der 1990er-Jahre. Seit 2004 ist Österreich zwar von EU/NATO-Staaten sowie der ebenfalls neutralen Schweiz und Liechtenstein umgeben, jedoch hat sich die Sicherheitslage durch die zunehmenden Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland sowie durch Konflikte im Umfeld Europas und sicherheitspolitische Herausforderungen wie den transnationalen Terrorismus oder Angriffe im digitalen Raum einmal mehr gewandelt.

Eine weitere, zentrale Rahmenbedingung österreichischer Außenpolitik ist die politische Integration Europas. Der Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 1995 und ihre fortschreitende Integration in der Außenhandelspolitik, der Finanz- und Währungspolitik, der globalen Umweltpolitik, der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, aber auch im Bereich der inneren Sicherheit und der justiziellen Zusammenarbeit gingen und gehen mit Herausforderungen und Möglichkeiten für Österreichs Außenpolitik einher. Einerseits ist die europäische Integration eine Herausforderung für den Status und das Selbstverständnis Österreichs als neutraler Staat. Zudem verengte sich durch die Notwendigkeit zur Koordination innerhalb der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der außenpolitische Handlungsspielraum Österreichs. Gleichzeitig eröffneten sich durch den EU-Beitritt jedoch auch Möglichkeiten, die Prozesse der europäischen Integration und (Ost)Erweiterung sowie das Handeln Europas in verschiedenen Politikbereichen mitzugestalten und in der Außenpolitik das zusätzliche Gewicht der Europäischen Union zu nutzen.

Eine dritte Rahmenbedingung ist schließlich die zunehmende Komplexität der Weltpolitik. Diese manifestiert sich in der Zunahme von Politikbereichen, die sich aus dem innerstaatlichen Bereich immer mehr in den zwischenstaatlichen Bereich verschoben haben. Seit vielen Jahrzehnten trifft dies in immer höherem Maße auf Handels- und Finanzpolitik zu. Aber auch Politikbereiche, die der Nationalstaat länger als sein Prärogativ erachtete, werden immer mehr internationalisiert. Hierzu zählen unter anderem Umwelt, Migration und Gesundheit. Die Zeiten, in denen internationale Politik primär Sicherheitspolitik war, sind also vorüber. Sicherheitspolitik ist nach wie vor von großer Bedeutung, steht aber in immer komplexeren Beziehungen mit anderen internationalisierten Politikbereichen.

Mit dieser Multiplikation von Politikbereichen – und ihrer steten Ausdifferenzierung – geht auch eine Multiplikation von Akteur*innen einher. Auf dem diplomatischen Parkett bewegen sich schon lange nicht mehr nur Vertreter*innen von Außenministerien, sondern auch von anderen Ministerien, die für einen bestimmten Politikbereich relevante Expertise haben wie Verteidigungs-, Wirtschafts-, Umwelt-, und Gesundheitsministerien. Internationale Organisationen entsenden Expert*innen und Entscheidungsträger*innen auf dieses Parkett, sub-staatliche Akteur*innen aus Städten und Bundesländern beschäftigen sich mit Außenpolitik, und viele nichtstaatliche Organisationen, von multinationalen Konzernen bis hin zu Zivilgesellschaften, versuchen, Einfluss auf die Weltpolitik zu nehmen (Bjola und Kornprobst 2018).

Für einen Staat wie Österreich ergeben sich aus dieser Vervielfachung der Politikbereiche und Akteur*innen Risiken und Chancen. Auf der einen Seite hat ein kleinerer Staat weniger Ressourcen zur Verfügung, um die vielen Politikbereiche adäquat zu bespielen und kann in der Interaktion mit den vielen anderen Akteur*innen leicht marginalisiert werden. Auf der anderen Seite ergeben sich völlig neue Dimensionen und Möglichkeiten der Netzwerkdiplomatie (Metzl 2001). Aus dem geschickten Knüpfen von Verbindungen – und dafür bedarf es weder formidabler Militärmacht noch formidabler Wirtschaftsmacht (dies kann sogar kontraproduktiv sein) – ergeben sich neue Einflussmöglichkeiten.

Den dritten Beweggrund für das vorliegende Buch stellt der Wandel im Wesen der österreichischen Außenpolitik dar. Während man nach dem Abzug der alliierten Truppen im Jahr 1955 zunächst die Sicherung der neu erlangten Souveränität durch die schrittweise Reintegration in die internationale Gemeinschaft anstrebte, versuchte die österreichische Außenpolitik unter Bruno Kreisky (SPÖ) als Außenminister und Bundeskanzler dieses Ziel in weiterer Folge durch eine pro-aktive Neutralitätspolitik mit globalen Ambitionen zu erreichen. Österreich positionierte sich als neutraler Vermittler zwischen West und Ost, als Ansprechpartner für Staaten des globalen Südens und als Bereitsteller guter diplomatischer Dienste. Auf diese Phase einer „Globalisierung österreichischen Außenpolitik“ (Kramer 2006) folgte schließlich eine Phase der Re-orientierung auf das regionale Umfeld ab den 1980er Jahren und der Integration in die Europäische Union. Nach dem Beitritt Österreichs zur EU begann schließlich wiederum eine neue Phase der Außenpolitik. Kritische Stimmen kommen für diese Phase zu dem Befund, dass sich Österreich als Mitglied der EU zusehends von einer aktiven und global ausgerichteten Außenpolitik verabschiedet (Kramer 2010) und sich in der europäischen Außenpolitik auf die Rolle eines „pragmatischen Beobachters“ (Müller und Maurer 2016) beschränkt habe.

Den vierten Beweggrund für dieses Buch bildet der Befund, dass Fragen der österreichischen Außenpolitik im öffentlichen Raum wenig bis gar nicht präsent sind. In der medialen Berichterstattung erhalten die außenpolitischen Aktivitäten Österreichs, abgesehen von sporadischen Berichten über Besuchsdiplomatie oder die Beteiligung des Österreichischen Bundesheeres an Auslandseinsätzen, wenig Aufmerksamkeit. Auch öffentliche Debatten über außenpolitische Prozesse und Inhalte sind eine Randerscheinung und überwiegend auf das Thema der österreichischen Neutralität begrenzt. Politische Bildung im Bereich der Außenpolitik ist jenseits der Vermittlung rudimentärer Fakten nahezu inexistent. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das Interesse der Bevölkerung an außenpolitischen Fragen trotz dieser schwierigen Bedingungen von den 1980er- bis in die frühen 2000er-Jahre zugenommen hat (Kramer 2006, 824). Neuere Daten zum Interesse der Bevölkerung und zu ihrer Informiertheit in außenpolitischen Belangen sind gegenwärtig aber nicht verfügbar.

Der fünfte und letzte Beweggrund für dieses Projekt ist schließlich, dass zwar eine umfangreiche Literatur existiert, die sich mit der Außenpolitik Österreichs beschäftigt, aber bis dato kein Handbuch, das die Außenpolitik der Zweiten Republik in ihrer Gesamtheit und Vielfältigkeit erschließt. In der bestehenden Literatur zur Außenpolitik Österreichs seit 1945Footnote 2 lassen sich vier Perspektiven auf diesen Gegenstand identifizieren.

Die erste Perspektive ist jene der außenpolitischen Praxis. Sie umfasst Schilderungen und Chronologien von Personen, die an der Gestaltung und Umsetzung von Außenpolitik beteiligt waren oder sind (z. B. Bielka et al. 1983; Cede und Prosl 2015, 2021; Hinteregger 2008; Moser 2011). In diesem Zusammenhang ist auch auf den Außen- und Europapolitischen Bericht zu verweisen, der jährlich vom Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten veröffentlicht wird.Footnote 3 Zweitens wird die österreichische Außenpolitik aus einer rechtswissenschaftlichen Perspektive erforscht, wobei rechtliche Fragen der Neutralität einen Schwerpunkt innerhalb dieser Perspektive bilden (z. B. Hilpold 2019; Hummer 2007; Neuhold 1981; Öhlinger 2018; Schilchegger 2011; Schreiner 2018). Die dritte Perspektive umfasst historische Arbeiten, die sich mit den Wesensmerkmalen und dem historischen Wandel der Außenpolitik auseinandersetzen (z. B. Rathkolb 2006; Röhrlich 2009). Einen Meilenstein in dieser geschichtswissenschaftlichen Perspektive stellt Michael Gehlers zweibändiges Werk zu Österreichs Außenpolitik der Zweiten Republik (Gehler 2009a, b) dar.

Die vierte Perspektive ist schließlich jene der Politikwissenschaft. Diese beinhaltet Beiträge, die verschiedene Phasen der Außenpolitik unterscheiden und deren Bestimmungsfaktoren herausarbeiten (z. B. Höll 2009; Kramer 2016, 2006), sowie eine breite Palette von Beiträgen zu Teilbereichen und -aspekten der österreichischen Außenpolitik. Exemplarisch lässt sich an dieser Stelle auf Arbeiten zur Neutralität (z. B. Bischof et al. 2001; Gärtner 2018; Luif 1986; Kovács und Wodak 2003)Footnote 4, der Kleinstaatlichkeit Österreichs (Gebhard 2013) und seiner Abhängigkeit vom internationalen Umfeld (Kramer 1983; Höll 1983), der EU Mitgliedschaft und ihrer Wirkung auf die Außenpolitik (Müller und Maurer 2016; Alecu de Flers 2014; Sonnleitner 2018), der Rolle des Föderalismus in der Außenpolitik (Kicker 1988, 1992) und der Außenpolitik Österreichs gegenüber einzelnen Staaten (z. B. Hödl 2004; Suppan 2009)Footnote 5 verweisen.

In dieser umfangreichen Literatur fehlt jedoch ein Handbuch, das eine umfassende Bestandsaufnahme und Analyse der Außenpolitik in der Zweiten Republik bietet.Footnote 6 Einen Vorläufer für ein solches stellt das 1983 erschienene Werk Außenpolitik und Demokratie in Österreich von Renate Kicker, Andreas Khol und Hanspeter Neuhold (1983) dar. Aus Sicht seiner Herausgeber*innen konnte dieses Werk jedoch lediglich „ansatzweise ein Handbuch der österreichischen Außenpolitik“ sein, da es aus einem thematisch enger umrissenen Forschungsprojekt zur außenpolitischen Partizipation der Bevölkerung hervorging. Das vorliegende Handbuch soll nun zum ersten Mal diese Lücke in der Literatur schließen.

3 Zielsetzungen des Handbuchs

Die Veröffentlichung dieses Handbuchs soll drei Zielen dienen und mehrere Zielgruppen erreichen. Erstens soll es ein Referenzwerk für die Forschung sein. Die nachfolgenden Kapitel werden daher jeweils den aktuellen Stand der Forschung zu den einzelnen Themenbereichen reflektieren sowie auf Fragen hinweisen, die einer wissenschaftlichen Bearbeitung bedürfen. Das Handbuch soll also einen Beitrag zur Verbesserung des wissenschaftlichen Kenntnisstandes über die Außenpolitik Österreichs im Speziellen und die Rolle von Kleinstaaten in der Weltpolitik im Allgemeinen (siehe hierzu etwa Hey 2003; Archer et al. 2014; Cooper und Shaw 2015; Thorhallsson 2018) leisten.

Zweitens soll das Handbuch ein Einführungswerk für die Lehre sein. Als solches soll es Studierenden der Politikwissenschaft und benachbarter Disziplinen einen systematischen Einstieg in die Außenpolitik der Zweiten Republik sowie die Möglichkeit der Vertiefung in einzelne Themenbereiche geben und damit bestehende Überblicks- und Einführungswerke zum politischen System Österreichs (Dachs 2006; Gärtner und Hayek 2022; Helms und Wineroither 2017; Ucakar et al. 2017; Pelinka und Rosenberger 2007) ergänzen. Wir hoffen, dass ein eigenständiges und im open-access Format verfügbares Werk zur Außenpolitik Österreichs unter Studierenden ein verstärktes Bewusstsein und größere Kompetenz in außenpolitischen Fragen herstellen kann, und es damit längerfristig wieder mehr – dringend benötigte (Stachowitsch und Günay 2020) – Expertise für die Gestaltung österreichischer Außenpolitik gibt.

Drittens soll das Handbuch ein Nachschlagewerk für politische Entscheidungsträger*innen und Vertreter*innen der öffentlichen Verwaltung sowie für Vertreter*innen der Medien, der Zivilgesellschaft und eine breitere Öffentlichkeit sein. Angesichts der Komplexität an Strukturen, Akteuren, Prozessen und Inhalten staatlicher Außenpolitik kann das Handbuch als Orientierungs- und Entscheidungshilfe für Personen dienen, die an der Formulierung von Außenpolitik beteiligt sind. Zudem kann die kritische Bewertung der außenpolitischen Teilbereiche in den einzelnen Kapiteln auf Notwendigkeiten und Möglichkeiten des Wandels in der österreichischen Außenpolitik hinweisen. Für Vertreter*innen der Medien und der Zivilgesellschaft sowie für eine breitere Bevölkerung soll das Handbuch eine erste Anlaufstelle für Fragen zur Außenpolitik Österreichs sein. Längerfristig soll, so hoffen wir, das Handbuch dabei helfen, das Schattendasein außenpolitischer Themen im öffentlichen Raum zu beenden.

4 Außenpolitik und Außenpolitikanalyse

Wie lässt sich die Außenpolitik Österreichs nun wissenschaftlich analysieren? Um diese Frage zu beantworten, bedarf es zunächst einer Klärung des Begriffs der „Außenpolitik“, bevor wir uns der Außenpolitikanalyse als der systematischen und interdisziplinären Beschäftigung mit diesem Gegenstand zuwenden.

Der Begriff der Außenpolitik bezeichnet zum einen die Gesamtheit aller Entscheidungen und Handlungen, die ein Staat gegenüber dem Raum jenseits seiner Grenzen tätigt,Footnote 7 also politische Inhalte. Im Gegensatz zur Innenpolitik, die auf den Raum im Inneren des Staates gerichtet ist, wirkt die Außenpolitik in den Raum jenseits des staatlichen Souveränitätsbereiches. Staaten versuchen in diesem Raum das Verhalten anderer staatlicher und nicht-staatlicher Akteure sowohl direkt als auch indirekt über die Struktur des Raumes – etwa durch das Setzen von Normen oder den Abschluss völkerrechtlicher Verträge – zu beeinflussen. Außenpolitik ist demnach die bewusste Einflussnahme eines Staates auf das äußere Umfeld. Damit kann Außenpolitik sowohl von spontanen, zufälligen Auswirkungen innenpolitischer Entwicklungen auf das Umfeld (Hudson und Day 2019, 4) als auch vom Handeln nicht-staatlicher (transnationaler) Akteure über staatliche Grenzen hinweg abgegrenzt werden.

Als bewusste Einflussnahme besteht die Außenpolitik aus Entscheidungen und Handlungen. Diese Unterscheidung mag auf den ersten Blick als Pedanterie erscheinen, ist aber wichtig, da nicht selten Diskrepanzen zwischen Entschlüssen und tatsächlichen außenpolitischen Handlungen, also Unwägbarkeiten in der Implementierung außenpolitischer Entscheidungen, bestehen (Hudson und Day 2019, 5). Außenpolitik ist schließlich die Gesamtheit solcher Entscheidungen und Handlungen, die ein Staat in verschiedenen Politikbereichen wie etwa in der Sicherheitspolitik oder in der Menschenrechtspolitik sowie gegenüber verschiedenen Staaten und nicht-staatlichen Akteuren tätigt. Die Entscheidungen und Handlungen in einzelnen Teilbereichen der Außenpolitik existieren also nicht in Isolation, sondern sind in vielfältiger Weise verbunden und beeinflussen einander wechselseitig.

Zum anderen bezeichnet der Begriff der Außenpolitik aber auch politische Prozesse. In diesem Sinn meint Außenpolitik also das Zusammenwirken von Strukturen und Akteuren im Äußeren und Inneren eines Staates, das letztlich zu politischen Inhalten in Form von Entscheidungen und Handlungen führt. Für diese außenpolitischen Prozesse ist auch die Begrifflichkeit des außenpolitischen Entscheidungs- oder Willensbildungsprozesses geläufig.Footnote 8

Die Außenpolitikanalyse als wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Außenpolitik,Footnote 9 die stark interdisziplinär geprägt ist und auf Ansätze aus der (Sozial)Psychologie, Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft, Geschichtswissenschaften, Soziologie und den Wirtschaftswissenschaften zurückgreift, lässt sich ebenfalls anhand dieser Unterscheidung zwischen politischen Inhalten und politischen Prozessen kategorisieren. Die beschreibende Außenpolitikanalyse „versucht, die Inhalte der Außenpolitik eines Landes insgesamt oder einzelne Phasen davon, einzelne Außenpolitikbereiche oder auch einzelne außenpolitische Entscheidungen darzustellen“ (Peters 2007, 815). Um jedoch außenpolitische Inhalte systematisch zu analysieren, etwa dahingehend, ob sich Perioden mit unterschiedlichen Akzenten identifizieren lassen, benötigt die beschreibende Außenpolitikanalyse Referenzpunkte, die für eine vergleichende Analyse herangezogen werden können (Morin und Paquin 2018, 18). So lässt sich die Außenpolitik als Ganzes oder in ihren Teilbereichen etwa hinsichtlich ihrer Ziele, ihrer Instrumente und Ressourcen sowie ihrer Ergebnisse (vergleichend) analysieren (Morin und Paquin 2018, 18).

Die erklärende Außenpolitikanalyse blickt hingegen auf außenpolitische Prozesse. Sie „untersucht systematisch, wovon die Inhalte staatlicher Außenpolitik beeinflusst werden“ (Peters 2007, 815). In der Untersuchung dieser Einflüsse geht die erklärende Außenpolitikanalyse zunächst von der Annahme aus, dass außenpolitisches Handeln stets multifaktoriell ist, also nicht auf einen einzelnen kausalen Faktor reduziert werden kann. Sie versucht demnach jenes Bündel an Faktoren zu identifizieren, die zu einem außenpolitischen Inhalt geführt haben, und sie sucht diese Faktoren auf mehreren Ebenen, den sogenannten Analyseebenen (Temby 2015; Hudson und Day 2019). Diese reichen von der Ebene des Umfelds eines Staates, über die Ebene des Staates und die Ebene von Verwaltungsapparaten und Gruppen innerhalb des Staates bis zur Ebene des Individuums, also der außenpolitischen Entscheidungsträger*innen.

Das Umfeld eines Staates besteht sowohl aus der lokalen, regionalen und globalen Umgebung, in der sich ein Staat befindet, also auch aus den Politikbereichen wie der Umweltpolitik oder der Handelspolitik, in denen er handelt. Um die Beschaffenheit und damit in weiterer Folge die Wirkung des Umfelds auf die Außenpolitik eines Staates zu untersuchen, bedient sich die Außenpolitikanalyse der Theorien internationaler Beziehungen und deren Annahmen über die Struktur des Raumes, in dem Staaten interagieren.Footnote 10 Dementsprechend kann sie den analytischen Fokus beispielsweise auf die Verteilung materieller Ressourcen und Machtmittel (Realismus, Marxismus und Weltsystemtheorie), internationale Institutionen und Organisationen (Regimetheorie und Institutionalismus) oder inter-subjektive Normen und Ideen (Konstruktivismus) legen. Schließlich ist es in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig zu erwähnen, dass nicht alle Staaten in allen Dimensionen des Umfelds handeln wollen oder können. Gerade kleineren Staaten mangelt es an Möglichkeiten dies zu tun, weshalb sie ihre Außenpolitik auf Teilbereiche des Umfeldes fokussieren.Footnote 11

Auf Ebene des Staates hat die Außenpolitikanalyse ebenfalls eine Reihe von Einflussfaktoren herausgearbeitet. Die Geographie eines Staates, genauso wie seine demographische Zusammensetzung und seine wirtschaftlichen Rahmenbedingungen können Faktoren sein, die sein Außenverhalten beeinflussen (Carlsnaes 2008, 86). Staaten, deren multi-ethnische Zusammensetzung zu inneren Spannungen führt und die wirtschaftlich stark abhängig sind von Entwicklungen im Umfeld, haben ein kleineres Handlungsrepertoire zur Verfügung als Staaten, die gefestigte gesellschaftliche Strukturen vorweisen können und die wirtschaftlich prosperieren. Nicht zuletzt können aber auch Rollenkonzepte oder Identitäten die Außenpolitik von Staaten prägen (z. B. Holsti 1970a, b; Laffey 2000; Telhami und Barnett 2002). So kann das Selbstverständnis der USA als „beacon of freedom and liberty“ (Whitcomb 1998) ebenso maßgeblich für die US-amerikanische Außenpolitik sein wie jenes der „Zivilmacht“ (Maull 2014) für das auswärtige Verhalten der Bundesrepublik Deutschland.

Solche Selbstverständnisse können Außenpolitik unmittelbar oder mittelbar – über außenpolitische Strategien – beeinflussen. Die neuere  Literatur betont bei diesen Strategien vor allem die sogenannten „grand strategies“. Eine solche Gesamtstrategie definiert die Ziele und Mittel der Außenpolitik stets vor dem Hintergrund der Frage, welche Herausforderungen prägend für die Weltpolitik einer bestimmten Ära sind, und der Rolle, die der eigene Staat bei der Bewältigung dieser Herausforderungen spielen sollte (Brands 2015; Gaddis 2018; Kornprobst 2015; Neumann und Heikka 2005).

Nicht zuletzt spielen auch das politische System und die (in)formelle Organisation des außenpolitischen Willensbildungsprozesses eine entscheidende Rolle. Wer ist überhaupt befugt, außenpolitische Entscheidungen zu treffen und wer kann diesen Prozess darüber hinaus an welcher Stelle und wie beeinflussen? Dabei beschränkt sich die innenpolitische Arena außenpolitischer Entscheidungsfindung nicht nur auf das Zusammenspiel von Parlamenten und Regierungen, sondern umfasst selbstverständlich auch Interessensgruppen, die außenpolitische Präferenzbildungen zu beeinflussen versuchen (Moravcsik 1997; Mearsheimer und Walt 2008), wie es die liberale Theorie internationaler Beziehungen betont. So zeigte sich zum Beispiel im Vorfeld der US-Intervention im Irak 2003, wie zahlreiche Aktionsgruppen und Exilorganisationen versuchten, die Entscheidung der US-Administration in Richtung eines Krieges zu lenken (Mazarr 2007; Vanderbush 2009). Aber auch die Bevölkerung kann im Zusammenspiel mit Medien und deren Fähigkeiten, außenpolitische Themen zu setzen und inhaltlich zu rahmen, Einfluss auf Außenpolitik ausüben (z. B. Everts und Isernia 2001; Robinson 2008; Potter und Baum 2010; Schultz 2001).

Neben diesen Faktoren, die auf Ebene des gesamten Staates auf die Formulierung von Außenpolitik wirken, nimmt die Außenpolitikanalyse auch die substaatliche Ebene in den Blick und setzt dabei den Schwerpunkt auf Verwaltungsapparate sowie Gruppen von Expert*innen und Berater*innen, die Entscheidungsträger*innen beeinflussen können. Verwaltungsapparate handeln häufig auf Grundlage standardisierter Vorgehensweisen (sogenannten „standard operating procedures“), die Wahrnehmungen und Handlungen im Bereich der Außenpolitik vorstrukturieren. Was in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Rolle spielt, ist das Phänomen der „bureaucratic politics“, also der Umstand, dass unterschiedliche Verwaltungsapparate außenpolitische Handlungsoptionen oft vor dem Hintergrund eines für die eigene Organisation opportunen Kosten-Nutzen-Kalküls betrachten. Sie haben dabei weniger die Effizienz von Entscheidungen oder das übergeordnete nationale Interesse im Auge, sondern handeln im Hinblick auf ihren eigenen Vorteil (Allison und Zelikow 1999).

Aber nicht nur Verwaltungsapparate können, angeleitet durch Eigeninteressen, außenpolitische Entscheidungen und Handlungen beeinflussen. Von besonderem Interesse sind auch enge Berater*innenkreise rund um Staats- und Regierungschefs (Hermann und Hermann 1989; Hermann und Hagan 1998; Hermann 2001), zu denen informelle Gremien wie „Küchenkabinette“ sowie formelle Gremien wie der Nationale Sicherheitsrat in den USA zählen. Diese sind in der Lage, Handlungsoptionen vorzuselektieren und damit die Stoßrichtung der Außenpolitik eines Staates vorzuzeichnen (Hart et al. 1997b).Footnote 12 Wie Janis (1982) und andere (Hart 1994; Hart et al. 1997a) in ihren Arbeiten zu groupthink jedoch zeigen, kann es gerade in solchen Gruppen zu Dynamiken kommen, die den außenpolitischen Entscheidungsprozess beeinträchtigen können.

Die vierte und letzte Ebene außenpolitischer Analyse ist schließlich jene des Individuums, also die Ebene einzelner politischer Entscheidungsträger*innen. Dabei rücken Aspekte der Kognition und der individuellen Veranlagung (Prädispositionen) von Entscheidungsträger*innen in den Vordergrund. So kann die Sichtweise auf das politische Umfeld (Konflikt vs. Harmonie) und daraus abgeleitet die Handlungsempfehlungen für Akteure (Konfrontation vs. Kooperation) – die so genannten „operational codes“ (Leites 1951; George 1969; Malici und Malici 2005; Holsti 1970a, b) – genauso bestimmend für außenpolitisches Handeln sein wie Analogien (Brunk 2008; Dyson 2006; Hemmer 1999; Houghton 1996; Khong 1992), die helfen, neuartige Situationen einzuordnen und Handlungsoptionen zu erarbeiten. Aber auch Eigenschaften wie die Fähigkeit zu komplexem Denken oder der Grad an persönlichem Vertrauen oder Misstrauen gegenüber dem politischen Umfeld (Hermann et al. 2001) können außenpolitisches Handeln von Menschen nachhaltig prägen.

5 Erkenntnisleitende Fragen und Aufbau des Handbuchs

Aus dieser knappen Darstellung des analytischen Zugangs der Außenpolitikforschung lassen sich nunmehr die erkenntnisleitenden Fragen ableiten, die den Rahmen für die nachfolgenden Kapitel dieses Handbuchs abstecken. Der erste Teil des Handbuchs setzt sich zunächst mit der Frage auseinander, wie die Prozesse der außenpolitischen Willensbildung und Umsetzung beschaffen sind. Die Beiträge in diesem Teil beschäftigen sich mit den Rahmenbedingungen österreichischer Außenpolitik und mit den Akteuren, die formell und informell an der Gestaltung und Umsetzung der Außenpolitik beteiligt sind. Dabei untersuchen diese Beiträge, wie und warum sich die Gestaltungs-, Einfluss- und Handlungsmöglichkeiten dieser außenpolitischen Akteure im Laufe der Zweiten Republik entwickelt haben.

Der erste Teil des Handbuchs beginnt mit einer Darstellung des Wesens und Wandels der Neutralität als Grundlage der österreichischen Außenpolitik (Martin Senn). Darauf folgen zwei Beiträge, die sich mit der Rolle des Bundespräsidenten, der Bundesregierung und des Parlaments (Reinhard Heinisch & Christoph Konrath) sowie mit den Positionen der politischen Parteien in der Außenpolitik (Laurenz Ennser-Jedenastik) beschäftigen. Von der Ebene der Bundespolitik wandert der analytische Fokus daraufhin auf die Ebene der Bundesverwaltung und ihrer Rolle in der Außenpolitik (Raoul Kneucker) sowie auf die Ebene der Bundesländer und ihrer vielfältigen außenpolitischen Aktivitäten (Peter Bußjäger). In weiterer Folge beschäftigt sich der erste Teil mit dem Auswärtigen Dienst (Sandra Sonnleitner) und dem Österreichischen Bundesheer (Johann Frank) und schließlich mit medialer Berichterstattung (Moritz Moser) sowie mit Forschung und Lehre zu österreichischer Außenpolitik (Emil Brix).

Der zweite und dritte Teil des Handbuchs sind der Außenpolitik Österreichs in Politikfeldern sowie gegenüber Staaten, Regionen und internationalen Organisationen gewidmet. Beiträge in diesen Teilen beschäftigen sich mit der beschreibenden Frage, wie sich der jeweilige Teilbereich österreichischer Außenpolitik seit 1945 entwickelt hat. Hierbei liegt der Fokus auf einem Vergleich der Ziele, Instrumente und Ergebnisse, um verschiedene Phasen der Außenpolitik unterscheiden zu können. Neben der Beschreibung wenden sich die Beiträge auch der erklärenden Frage zu, warum sich dieser Teilbereich der Außenpolitik wie beschrieben entwickelt hat. Sie identifizieren also Faktoren auf unterschiedlichen Ebenen, die auf die Prozesse und damit in weiterer Folge auf die Inhalte dieses Teilbereichs gewirkt haben.

Die Politikbereiche, die im zweiten Teil des Handbuchs abgedeckt werden, spannen einen breiten Bogen von Bereichen, in denen Österreich seit vielen Jahren engagiert ist, bis hin zu Politikbereichen, in denen das Engagement jüngerer Natur ist. Dieser Teil beinhaltet Beiträge zur Außenwirtschaftspolitik (Lisa Lechner und Melanie Martinz), Amtssitzpolitik (Jodok Troy) und Auslandskulturpolitik (Andreas Stadler), zur Sicherheitspolitik (Franz Eder) und Friedenspolitik (Thomas Roithner), zur Rüstungskontrollpolitik (Alexander Kmentt), Umwelt- und Klimapolitik (Viktoria Jansesberger & Gabriele Spilker) und Gesundheitspolitik (Bernhard Fattinger & Doris Dialer) sowie zur Entwicklungspolitik (Michel Obrovsky), Menschenrechtspolitik (Sieglinde Rosenberger) und Gleichstellungspolitik (Ursula Werther Pietsch).

Der dritte Teil zur Außenpolitik Österreichs gegenüber ausgewählten Staaten, Regionen und Organisationen beschäftigt sich zunächst mit der österreichischen Nachbarschaftspolitik. Vier Beiträge analysieren das außenpolitische Verhalten der Zweiten Republik gegenüber Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein (Otmar Höll), gegenüber Italien (Günther Pallaver) sowie gegenüber den Staaten Mitteleuropas (David Wineroither) und des Balkans (Gerhard Jandl). Nach einem Beitrag zu Österreichs Außenpolitik gegenüber Russland (Franz Cede & Gerhard Mangott) analysieren die nachfolgenden Beiträge das außenpolitische Handeln in verschiedenen Regionen der Welt: im Mittleren Osten (Gudrun Harrer) und Afrika (Belachew Gebrewold), in Nordamerika (Günter Bischof & David Wineroither) und Lateinamerika (Julia Mourão Permoser) sowie in Asien (Michael Reiterer). Den Abschluss des dritten Teils bilden schließlich Beiträge, die Österreichs Engagement in inter- und supranationalen Organisationen untersuchen. Diese Beiträge beschäftigen sich mit den Vereinten Nationen (Sandra Gintsberger, Karina Karik, Melanie Petrov & Markus Kornprobst), der Europäischen Union (Andreas Maurer), der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (Wolfgang Zellner), der NATO (Carmen Gebhard) sowie mit dem Europarat (Sarah Weiler).

Um uns dem interdisziplinären, multiperspektivischen Zugang der Außenpolitikforschung anzunähern, haben wir uns bei der Zusammenstellung der Autor*innen bemüht, Vertreter*innen verschiedener Wissenschaftsdisziplinen (v. a. aus der Politikwissenschaft, der Rechtswissenschaft und der Geschichtswissenschaft) sowie Praktiker*innen in diesem Handbuch zu versammeln. Es ist uns aber bewusst, dass weiterführende Forschung zur österreichischen Außenpolitik stärker darauf achten muss, diese Perspektiven in der Bearbeitung wissenschaftlicher und praktischer Fragestellungen auch tatsächlich zu integrieren.

Wir haben uns bei der Zusammenstellung dieses Handbuchs zudem bemüht, möglichst viele Aspekte und Bereiche der österreichischen Außenpolitik abzudecken. Trotzdem bleiben auch in einem Buch mit insgesamt 35 Beiträgen noch Leerstellen. So müsste man das außenpolitische Interesse und das Informationsniveau der Bevölkerung betrachten, die Sichtbarkeit von Außenpolitik in der politischen Bildung untersuchen und die Rolle der Bevölkerung sowie der Zivilgesellschaft im Außenpolitikprozess analysieren. Man müsste weitere Politikbereiche erschließen, in denen sich Österreich im Laufe der Zweiten Republik engagiert hat, wie etwa im Bereich der Rechtssetzung zur Nutzung des Weltraums, oder weitere bilaterale Beziehungen (etwa zu Großbritannien oder Frankreich) und weitere internationale Organisationen (etwa der Internationalen Atomenergiebehörde, IAEA) betrachten, in denen sich Österreich im Laufe der Zweiten Republik engagiert hat. Diese Lücken zu schließen wird Anlass für eine zweite, erweiterte Auflage dieses Handbuchs bieten und Aufgabe für weitere Forschung sein. Das vorliegende Handbuch ist letztlich nicht mehr als ein erster Versuch, sich der Vielfältigkeit der österreichischen Außenpolitik in einem Werk anzunähern, der Forschung neue Impulse zu geben und außenpolitischen Fragen im öffentlichen Raum zu mehr Präsenz zu verhelfen.