Überblick
„Politischer Journalismus ist mehr als Politikjournalismus“, so beginnen Lünenborg und Sell (2018, S. 3) einen Überblick über das Forschungsfeld. Wie der Begriff der politischen Kommunikation, so ist auch die Definition des politischen Journalismus abhängig vom jeweiligen Verständnis des Politischen (Abschn. 1.1.1).
„Nicht die Ressortstruktur von Redaktionen gilt als konstituierend für das hier behandelte Forschungsfeld, sondern ein Verständnis des Politischen, bei dem Journalismus stets Beobachter und Akteur, Beschreibender und Gestaltender zugleich ist. Indem Journalismus der Gesellschaft Diskurse des Politischen zur Verfügung stellt, bringt er diesen Diskursraum und seine Grenzen zugleich selbst hervor. Journalismus gestaltet noch immer wesentlich den Raum des politisch Sagbaren, auch wenn unter Bedingungen von Social-Media-Kommunikation zunehmend Artikulationen jenseits des professionellen Journalismus in den Diskurs eingespeist werden und diesen mitgestalten“ (Lünenborg und Sell 2018, S. 3).
Generell lässt sich (politischer) Journalismus auf den verschiedenen theoretischen Ebenen betrachten, die in Abschn. 2.1 unterschieden wurden:
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Auf der Mikroebene bezeichnet Journalismus die Tätigkeit von Individuen – nicht nur Journalistinnen und Journalisten, sondern im weitesten Sinne auch von Verlegerinnen und Verlegern oder anderen Publizistinnen und Publizisten. In der Mikroperspektive stehen Fragen nach den Merkmalen der Individuen im Vordergrund, ihren subjektiven Einstellungen und Werthaltungen, ihrem Rollenverständnis etc. (Abschn. 8.1).
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In der Mesoperspektive wird die Frage der Organisiertheit des Journalismus angesprochen. Hier geht es um die Organisationen, in denen Journalismus betrieben wird (Redaktionen, Agenturen, Medienunternehmen etc.) sowie um Strukturen innerhalb dieser Organisationen wie Kompetenzverteilungen, Arbeitsorganisation, Routinen etc. Von Bedeutung sind hier auch die redaktionelle Linie eines Blattes sowie die Frage nach dem Ausmaß der Orientierung an Kolleginnen und Kollegen im Journalismus (Abschn. 8.2).
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In der Makroperspektive lässt sich Journalismus als ein System fassen, das innerhalb der Gesellschaft eine bestimmte Funktion erfüllt und in seiner Verfasstheit durch die Gesellschaft beeinflusst wird (Abschn. 8.3). Dabei spielt auch die Frage eine Rolle, wo die Grenze des Systems Journalismus verläuft und wie es sich von anderen Systemen wie etwa der Politik abgrenzen lässt (zum Theorievergleich im Journalismus vgl. Scholl 2016).
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Donges, P., Jarren, O. (2022). Akteure politischer Kommunikation II: Journalismus. In: Politische Kommunikation in der Mediengesellschaft. Studienbücher zur Kommunikations- und Medienwissenschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37079-4_8
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