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BreakBeat Science in Erinnerung an Hanau, den 19. Februar 2020

Über Zeitregimes und Zeitregie lehren – ein Seminarkonzeptionsbericht

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HipHop im 21. Jahrhundert

Zusammenfassung

On February 19, 2020, nine people were killed in Hanau (Germany) by an attacker, motivated by his racist world view. Shortly thereafter, a group of rappers from Germany got together to pay tribute to those murdered by releasing a benefit track in their memory. These two respective moments – the attack in Hanau and the benefit track – led me to re-design my seminar concept for the following semester, in which I wanted to teach university students the history of BreakBeats and the basics of beat making, while using the browser-based digital audio workstation audiotool.com. Outlined in this contribution are conceptual considerations on the connection of artistic memory work against the background of the histories of racism (in music), as well as cultural knowledge in music scenes and music machines.

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Notes

  1. 1.

    „Audiotool is a collaborative online music production studio right in your browser“ (https://www.audiotool.com, access 10.09.2020). In der Software können verschiedene „Devices“, wie virtuelle Drum Machines, Sampler, Synthesizer mit virtuellen Mischpulten, Effektgeräten etc. verkabelt werden, um elektronische Musik produzieren zu können. An den „Devices“ editierte „Pattern“ können in einer „Timline“-Ansicht zu einem Stück arrangiert werden. Der Grund für die Auswahl von audiotool.com für eine Lehrveranstaltung an der Universität liegt darin, dass die Software kostenfrei bereitgestellt wird, die wesentlichen DAW-typischen Funktionen angeboten werden und User*innen sich gegenseitig zum synchronen und asynchronen Basteln zu eigenen Musikproduktionsprojekten einladen können bzw. sich online gegenseitig unterstützen können. Es gibt auch einen Community Bereich, über den fertige Tracks veröffentlicht werden und für Remixes angeboten werden können.

  2. 2.

    Die ausführlichen, sehr positiven, Rückmeldungen der Studierenden bezeugen eine deutliche innere Bewegtheit auf diversen Ebenen. In den Foren und im direkten E-Mail-Austausch ist eine seminarinterne Vertraulichkeit entstanden, die nicht öffentlich auszubreiten ist.

  3. 3.

    Schon beim Aufschreiben der Namen der am 19. Februar 2020 in Hanau ermordeten, werden konflikthafte gesellschaftliche Verhältnisse und ungleiche Machtverhältnisse erkennbar. Das deutschsprachige Textverarbeitungsprogramm, das ich verwende, macht es mir nicht gerade leicht, diese Namen aufzuschreiben (obwohl einige der Namen schon in lateinische Schriftzeichen übersetzt sind). Der Name ‚Rathjen‘ wird von der Rechtschreibkontrolle nicht markiert. Der Name ‚Saraçoğlu‘ wird als ‚falsch‘ mit roter Schlängellinie unterstrichen.

  4. 4.

    „In mei’m Herzen ist Dein Name drin. Wahnsinn!“ (Manuellsen in „BIST DU WACH?“).

  5. 5.

    Termini, die ich von audiotool.com übernehme, werden im Folgenden zur besseren Lesbarkeit des Fließtextes nicht in Anführungszeichen gesetzt, sondern kursiv.

  6. 6.

    Zum Begriff „MusikmachDing“ siehe Ismaiel-Wendt, J. 2016: 3.

  7. 7.

    „Celo 3-8-5, deutsches Kulturerbe, wenn ich sterbe“ (Celo in „BIST DU WACH?“).

  8. 8.

    In der TAZ vom 06.03.2020 finden sich unter der Überschrift „Diese Tat ändert nichts daran, wer wir sind und woran wir glauben“ Stellungnahmen und Nachrufe von Angehörigen und Freund*innen der Ermordeten vom 19. Februar 2020 in Hanau. Zur Verbindung junger Menschen in Hanau zu den Ermordeten siehe auch den Bericht von Jugendzentrum-Mitarbeiter Kugler, Günther (29.03.2020).

  9. 9.

    Eine Geschichte, die als Nachweis gezielter Verdrängung von Frauen aus HipHop-Kulturen nachzulesen ist, ist die über den Ausschluss von Kate Schellenbach von den Beastie Boys, obwohl sie zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe gehörte. Diese Geschichte ist besonders vielaussagend, denn sie beschreibt eine inklusions-exklusions Dynamik der frühen Jahre mit Rap in New York, in denen einerseits „weiße“ Rapper durch den Produzenten Rick Rubin einen Karriereweg geebnet bekommen, unter der scheinbar notwendigen Bedingung des Ausschlusses des weiblichen Mitglieds (Schellenbach 2018: 346–349).

  10. 10.

    ‚Tresillo‘ und ‚Clave‘ sind rhythmische ‚Guidelines‘. Ich werde an dieser Stelle die Bedeutung nicht weiter ausführen und möchte lediglich auf Wikipedia-Einträge oder Youtube-Videos zu den Stichworten ‚Tresillo’ und ‚Clave‘ hinweisen. Wenn auch unterschiedlich benannt, sind ‚Tresillo‘ und ‚Clave‘ in ihrer Form für viele Musiken der Welt so grundlegend, wie ein Verständnis über Taktarten und Betonungen in der sogenannten europäischen Musiktheorie. Eine Tresillo-Figur in einem geraden Takt kann sich zum Beispiel so vorgestellt werden, dass im Loop die Silben „Bass Drum Sound, Bass Drum Sound, Bass Drum“ gedacht werden. Wird jeweils „Bass“ laut ausgesprochen ergibt sich eine rhythmische Figur, in der ein Loop oder Takt durch drei Akzente ungleichmäßig geteilt wird.

  11. 11.

    Auch die Reime in den Raps von „BIST DU WACH?“ sind von Tresillo- und Clave-Guidelines geprägt („Limburg, Fulda, Kassel, Hanau oder Halle“ (Azzi Memo in „BIST DU WACH?“) oder der Text ist beispielsweise als dreisilbig gruppiert über den Viervierteltakt zu hören („Sind Herzen/verschlossen/wie N S/U Akten/Sie wollen/die Hoffnung/Wir wollen/die Fakten“ (Credibil in „BIST DU WACH?“)).

  12. 12.

    Kultur- und Musikwissenschaftlich sowie -geschichtlich orientierten wir uns über einen Exkurs zu Dub vor allem entlang des Kapitels „Starship Africa. The Acoustics of Diaspora and the Postcolony“ in Michael E. Veals Buch Dub. Soundscapes & Shattered Songs in Jamaican Raggae (2007: 196–219).

  13. 13.

    Vgl. zu dieser Thematik auch Ismaiel-Wendt (2018: 183).

  14. 14.

    Der Terminus „akute Zeitdimension“ ist in Anlehnung an der Aussage Aleida Assmanns (2001: 1) gebildet: „Anders als beim mechanischen Speichern wird beim psychischen Erinnern die Zeitdimension akut“.

Literatur

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Ismaiel-Wendt, J.S. (2022). BreakBeat Science in Erinnerung an Hanau, den 19. Februar 2020. In: Wilke, T., Rappe, M. (eds) HipHop im 21. Jahrhundert. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36516-5_10

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