Zusammenfassungen
Der Beitrag thematisiert die 1950 erstmals erschienene und seitdem als Handbuch mehrfach erweiterte Dissertation Armin Mohlers mit dem Titel Die Konservative Revolution in Deutschland 1918–1932. Mohlers Werk ist nicht nur ein grundlegender Schlüsseltext für die ‚Neue Rechte‘, sondern wurde auch darüber hinaus breit rezipiert und ist nachhaltig wirkmächtig. Indem er die unterschiedlichsten nationalistischen und antiliberalen Strömungen der Zwischenkriegszeit in Deutschland als vermeintlich eigenständige Bewegung einer ‚Konservativen Revolution‘ ausgab, schuf Mohler eine neue rechte Traditionslinie. Durch die dezidierte Abgrenzung vom Nationalsozialismus bis hin zur Zuschreibung eines Opferstatus oder gar genuinen Widerstandsrolle entlastete er diese kurz nach Ende der nationalsozialistischen Herrschaft und ihrer Verbrechen zudem pauschal und massiv. Unter tatkräftiger Mitwirkung Mohlers selbst schloss insbesondere die entstehende sogenannte ‚Neue Rechte‘ in Inhalten und Selbstverständnis dezidiert und nahezu nahtlos an das Konstrukt einer ‚Konservativen Revolution‘ an. Vor allem die entlastende Abgrenzung vom Nationalsozialismus wird dabei strategisch genutzt um das übernommene völkische Denken als unproblematisch auszuweisen und ist damit essenziell für die Inszenierung als ‚neu‘. Da die der erfundenen Traditionslinie zugeordneten Personen aber gerade in ihrer Weltanschauung mindestens wegbereitend für den Nationalsozialismus wirkten, sollte Mohlers ‚Konservative Revolution‘ nicht nur als politischer Mythos, sondern tendenziell geschichtsrevisionistisches Konstrukt verstanden werden.
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Notes
- 1.
Auch wenn es sie gab, ist klar festzustellen, dass der Anteil nicht-männlicher Personen verschwindend gering war. In der ausführlichsten Bibliografie – der über 300 Seiten starken von Armin Mohler – finden sich weniger als zehn Namen auf zusammen gerade mal drei Seiten.
- 2.
„Das Einzelne, dessen Zeit vorbei ist, soll nicht, wie der Reaktionär das täte, krampfhaft festgehalten werden. Es soll vielmehr fallen, und dem hilft man nach“ (Mohler 1994: 116).
- 3.
Schon sein Doktorvater Karl Jaspers nannte die Dissertation Mohler zufolge eine „groß angelegte Entnazifizierung“ (zit. n. Weiß 2017: 46).
Literatur
Primärquellen
Dobrindt, Alexander (2018): „Wir brauchen eine bürgerlich-konservative Wende“. WELT vom 04.01.2020. https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus172133774/Warum-wir-nach-den-68ern-eine-buergerlich-konservative-Wende-brauchen.html (01.11.2021).
Mohler, Armin (1994): Die Konservative Revolution in Deutschland 1918–1932. Ein Handbuch (4. Aufl.). Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Sekundärliteratur
Brauner-Orthen, Alice (2001): Die Neue Rechte in Deutschland. Antidemokratische und rassistische Tendenzen. Opladen: Leske + Budrich.
Breuer, Stefan (1993): Anatomie der Konservativen Revolution. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Fraenkel, Ernst (1984): Der Doppelstaat. Recht und Justiz im „Dritten Reich“. Frankfurt a.M.: Fischer.
Kellershohn, Helmut (2005): Zwischen Wissenschaft und Mythos. Einige Anmerkungen zu Armin Mohlers „Konservative Revolution“. In: Kellershohn, Helmut/Kauffmann, Heiko/Paul, Jobst (Hrsg.): Völkische Bande: Dekadenz und Wiedergeburt – Analysen rechter Ideologie. Münster: Unrast-Verlag, S. 66–89.
Salzborn, Samuel (2017): Angriff der Antidemokraten. Die völkische Rebellion der Neuen Rechten. Weinheim: Beltz Juventa.
Salzborn, Samuel (2018): Rechtsextremismus. Erscheinungsformen und Erklärungsansätze. (3. Aufl.). Baden-Baden: Nomos.
Sontheimer, Kurt (1978): Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. 3. Aufl. 1992. München: Deutscher Taschenbuch Verlag.
Weiß, Volker (2015): Die „Konservative Revolution“. Geistiger Erinnerungsort der „Neuen Rechten“. In: Langebach, Martin/Sturm, Michael (Hrsg.): Erinnerungsorte der extremen Rechten. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 101–120.
Weiß, Volker (2017): Die autoritäre Revolte. Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes. Bonn: Bundeszentrale für Politische Bildung.
Weiterführende Literatur
Kellershohn, Helmut (2016): Das Institut für Staatspolitik und das jungkonservative Hegemonieprojekt. In: Braun, Stephan/Geisler, Alexander/Gerster, Martin (Hrsg.): Strategien der extremen Rechten. Hintergründe – Analysen – Antworten. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 439–467.
Kellershohn, Helmut (2018): Dobrindt, die Achtundsechziger und die neue „konservative Revolution“. In: DISS-Journal 35. https://www.diss-duisburg.de/2018/07/dobrindt-die-achtundsechziger/ (01.11.2021).
Pfahl-Traughber, Armin (1998): Konservative Revolution und Neue Rechte. Rechtsextremistische Intellektuelle gegen den demokratischen Verfassungsstaat. Opladen: Leske+Budrich.
Willms, Thomas (2004): Armin Mohler. Von der CSU zum Neofaschismus. Köln: PapyRossa Verlag.
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Stapper, J. (2022). Armin Mohler: Die Konservative Revolution in Deutschland 1918–1932. In: Meiering, D. (eds) Schlüsseltexte der ‚Neuen Rechten‘. Edition Rechtsextremismus. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36453-3_3
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Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
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