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Kreativität, Hard Skills und Soft Skills in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur

Rainer Merkels Das Jahr der Wunder

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Arbeit – Job – Beruf

Zusammenfassung

In geradezu verblüffender Vollständigkeit lassen sich in Rainer Merkels Roman Das Jahr der Wunder (2001) diejenigen Anforderungen an die Qualifikation von Arbeitenden nachweisen, die sich durch die Entwicklungen der New Economy und den damit einhergehenden Entgrenzungen von Arbeit ergeben haben. Bereits 1998 bemerkt Günter G. Voß in einem Beitrag zum Wandel von Arbeit und Arbeitswelten, in dem er auf die Frage der beruflichen Eignung von Arbeitnehmern eingeht, Folgendes.

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Notes

  1. 1.

    Rainer Merkel: Das Jahr der Wunder. Frankfurt a. M. 2003. Der Roman erschien zuerst 2001. – Der vorliegende Beitrag ist eine leicht überarbeitete, an manchen Stellen gekürzte und um einige weitere Aspekte ergänzte Version der Auseinandersetzungen mit Merkels Roman in: Iuditha Balint: Erzählte Entgrenzungen. Narrationen von Arbeit zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Paderborn 2017, S. 95–113.

  2. 2.

    Günter G. Voß: Die Entgrenzung von Arbeit und Arbeitskraft. Eine subjektorientierte Interpretation des Wandels der Arbeit. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 31 (1998) H. 2, S. 473–487, hier S. 475.

  3. 3.

    Cornelia Koppetsch: Das Ethos der Kreativen. Eine Studie zum Wandel von Arbeit und Identität am Beispiel der Werbeberufe. Konstanz 2006, S. 57.

  4. 4.

    Anke Biendarra: Germans Going Global. Contemporary Literature and Cultural Globalization. Berlin [u. a.] 2012, S. 108.

  5. 5.

    Dieser sakrale Charakter bestätigt sich insb. in seiner Negation, wenn in Merkel: Das Jahr der Wunder (wie Anm. 1), S. 155 explizit herausgestellt werden muss: „Wir sind keine Sekte“. Die Bedeutung sakraler Motivik in der Selbstinszenierung von Wirtschaftsunternehmen thematisiert Roger Behrens: Wissen als Design. Anmerkungen zum fortschreitenden Zerfall des Individuums am Ende der Arbeitsgesellschaft. In: Arbeit als Lebensstil. Hg. v. Alexander Meschnig und Matthias Stuhr. Frankfurt a. M. 2003, S. 133–146, insb. S. 136.

  6. 6.

    Die Endung „PD“ erinnert an die US-amerikanischen Police Departments. (Für diesen Hinweis danke ich Jens Tuider.) Diese erinnern wiederum an das Gefängnis, das nach Foucault eine der paradigmatischen disziplinargesellschaftlichen Institutionen ist. Auch die Raumaufteilung in GFPD gibt Hinweise auf disziplinargesellschaftliche Strukturen, indem es einem Panoptikum ähnelt. Zum Raum vgl. Susanne Heimburger: Kapitalistischer Geist und literarische Kritik. Arbeitswelten in deutschsprachigen Gegenwartstexten. München 2010, S. 178; Annemarie Matthies, Alexander Preisinger: Literarische Welten der Ökonomisierung. Gouvernementale Schreibweisen im Gegenwartsroman. In: Omnia vincit labor? Narrative der Arbeit – Arbeitskulturen in medialer Reflexion. Hg. v. Torsten Erdbrügger, Ilse Nagelschmidt und Inga Probst. Berlin 2013 (= Literaturwissenschaft 32), S. 137–150, insb. S. 142–146.

  7. 7.

    Merkel: Das Jahr der Wunder (wie Anm. 1), S. 8 f.

  8. 8.

    Ebd., S. 10.

  9. 9.

    Den Roman durchzieht eine subtil gestaltete, untersuchenswerte Oppositionsbeziehung zwischen dem bürgerlichen und dem Start-up-Milieu, auf die im Rahmen dieser Untersuchung nur am Rande eingegangen wird. Diese Beziehung manifestiert sich in den Charaktermerkmalen und dem Habitus der jeweils repräsentativen Figuren, aber auch in Raumsemantiken. Der Protagonist Schlier oszilliert zunächst zwischen den beiden Polen, verschreibt sich aber letztlich ganz dem Start-up-Unternehmertum.

  10. 10.

    Auch die Anzahl der erarbeiteten und zur Auswahl stehenden Konzepte variiert in den Aussagen des Protagonisten.

  11. 11.

    Merkel: Das Jahr der Wunder (wie Anm. 1), S. 14.

  12. 12.

    Ebd., S. 143. – Hinsichtlich des Titels verweist Biendarra auf John Drydens Gedicht über den Großen Brand Londons von 1666, das dem Dichter zu literarhistorischem Ruhm verhalf. Vgl. Biendarra: Germans Going Global (wie Anm. 4), S. 108. Es könnte sich in der Tat um einen intertextuellen Verweis auf Drydens Annus Mirabilis handeln. Genauso gut könnte der Titel aber auch auf das Jahr 1905 rekurrieren, in dem Einstein einige seiner wichtigsten physikalischen Thesen und Theorien veröffentlicht. Seither bezeichnet die Physik das Jahr 1905 als annus mirabilis. Da Merkels Protagonist ausgerechnet sein Physikum nicht bestanden hat, liegt diese Interpretation ebenfalls nahe. Zudem – oder alternativ – würde die blaue Hintergrundfarbe des Einbands, kombiniert mit dem Titel des Romans, ein blaues Wunder ergeben, das etymologisch auf Lüge und Täuschung verweist.

  13. 13.

    Merkel: Das Jahr der Wunder (wie Anm. 1), S. 33.

  14. 14.

    Ebd., S. 115. Zur Auseinandersetzung mit der Familien- und Freundschaftsidylle in GFPD vgl. Kapitel 3.7.1 in Balint: Erzählte Entgrenzungen (wie Anm. 1). Vgl. zudem Susanne Heimburger: Kapitalistischer Geist und literarische Kritik. Arbeitswelten in deutschsprachigen Gegenwartstexten. München 2010 (= Forschungen zur deutschsprachigen Literatur nach 1945), S. 164–168.

  15. 15.

    Im Vorstellungsgespräch ist es Schlier, der die Gehaltsfrage nicht besprechen will. Und vor der Verhandlung über weitere 5000 DM heißt es in Merkel: Das Jahr der Wunder (wie Anm. 1), S. 185: „Wosch weigert sich, mir mehr Geld zu geben. Er weigert sich drei Tage lang, obwohl mein Stundenlohn schon so weit gesunken ist, dass ich weniger verdiene als bei meinem ersten Ferienjob.“

  16. 16.

    Ebd., S. 14.

  17. 17.

    Den entsprechenden Hintergrund der Figuren fasst Heimburger zusammen: „Christian Schlier ist gescheiterter Medizinstudent, Titus hat an der HdK und Margit Schöller hat Philosophie studiert, Wosch hat ein abgebrochenes BWL-Studium aufzuweisen, Grassi war früher Texter bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben und Molberger war nach seinem Hispanistik-Studium PR-Mitarbeiter bei einem Eishockey-Club“. Heimburger: Kapitalistischer Geist (wie Anm. 6), S. 153.

  18. 18.

    Merkel: Das Jahr der Wunder (wie Anm. 1), S. 274.

  19. 19.

    Vgl. Jorge Luis Borges: Deutsches Requiem. In: ders.: Labyrinthe. Erzählungen, übertragen aus dem Spanischen von Karl August Horst. München 1959, S. 72–80, hier S. 73.

  20. 20.

    Merkel: Das Jahr der Wunder (wie Anm. 1), S. 17 f.

  21. 21.

    Einige Mitarbeiter werden konkret in ihrer Funktion als Konzepter oder Grafiker eingeführt – oder es erschließt sich aus dem Handlungszusammenhang, welche Funktion sie erfüllen. Bei vielen bleibt dies jedoch unklar. So auch im Fall der fest angestellten Marit Schöller, die schnell zum Kernteam der Agentur gehört, aber auch im Fall ihres Vorgängers, der aufgrund seines „fehlenden ‚Schnittstellenbewusstsein[s]‘“ entlassen wurde, Merkel: Das Jahr der Wunder (wie Anm. 1), S. 230.

  22. 22.

    Ebd., S. 27.

  23. 23.

    Ebd., S. 111.

  24. 24.

    Ebd., S. 37.

  25. 25.

    Ebd., S. 64.

  26. 26.

    Ebd., S. 88.

  27. 27.

    Ebd., S. 90.

  28. 28.

    Ebd., S. 88 f.

  29. 29.

    Vgl. ebd., S. 91.

  30. 30.

    Alexander Meschnig: Das Dispositiv der New Economy und seine nachhaltigen Auswirkungen auf die Gesellschaftsstruktur. In: Die Ich-Ressource. Zur Kultur der Selbst-Verwertung. Hg. v. Jan Verwoert. München 2003, S. 67–85, hier S. 75.

  31. 31.

    Vgl. Merkel: Das Jahr der Wunder (wie Anm. 1), S. 11, 71, 88, 89.

  32. 32.

    Vgl. ebd., S. 86–91, 119, 241.

  33. 33.

    Vgl. ebd., S. 18, 37, 65.

  34. 34.

    Vgl. ebd., S. 23 f., 71, 73.

  35. 35.

    Ebd., S. 37.

  36. 36.

    Vgl. ebd., S. 11, 26, 31, 40, 121.

  37. 37.

    Vgl. ebd., und zwar durchgängig. Anschaulich in Form eines Vergleichs mit einem Gecko auf S. 255.

  38. 38.

    Vgl. ebd., S. 119 (hier in Verbindung mit Flow und Rhythmus), 157–161, 249.

  39. 39.

    Vgl. ebd., zusätzlich zur zitierten Verkaufsgesprächspassage S. 83 und 249.

  40. 40.

    Ebd., S. 232.

  41. 41.

    Ebd.

  42. 42.

    Vgl. ebd., S. 18, 31, 78.

  43. 43.

    Vgl. ebd., S. 40, 44, 137.

  44. 44.

    Vgl. ebd., S. 25, 65, 121, 230, 237, 249.

  45. 45.

    Ebd., S. 249.

  46. 46.

    Vgl. ebd., S. 163.

  47. 47.

    Ebd., S. 230. Schnittstellenbewusstsein bezeichnet die Fähigkeit, im Rahmen eines Arbeitsprozesses Verknüpfungen zwischen verschiedenen Kernprozessen, Domänen oder überhaupt (Fach-)Bereichen herzustellen.

  48. 48.

    Ebd., S. 64 f.

  49. 49.

    Ebd., S. 270–272.

  50. 50.

    Doch nicht nur im Hinblick auf ihren Körper steht Beatrice als Teil für das Ganze. Denn kurz nach seiner Anstellung als freier Mitarbeiter bei GFPD leiht Beatrice Schlier Geld, das sie selbst in der Agentur verdient, und macht sich somit implizit zu seiner Ernährerin. Ob Schlier ihr den Betrag zurückgibt, bleibt unklar.

  51. 51.

    Merkel: Das Jahr des Wunders (wie Anm. 1), S. 20.

  52. 52.

    Ebd., S. 92.

  53. 53.

    Ebd., S. 230.

  54. 54.

    Ebd., S. 122.

  55. 55.

    Ebd., S. 134.

  56. 56.

    Auch die Agentur, für die Beatrices Körper stellvertretend steht, wird schließlich von einem größeren Unternehmen aufgekauft und in dessen Strukturen integriert; insofern handelt es sich hierbei um eine Vorausdeutung qua Analogie.

  57. 57.

    Merkel: Das Jahr des Wunders (wie Anm. 1), S. 133.

  58. 58.

    Ebd., S. 15. Für weitere konkrete Thematisierungen des unbedingten persönlichen Einsatzes vgl. ebd., S. 27, 28, 66, 80.

  59. 59.

    Vgl. Ulrich Bröckling: Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform. Frankfurt a. M. 2007.

  60. 60.

    Klaus Schönberger, Stefanie Springer: Handlungsräume subjektivierter Arbeit in der Wissensökonomie: Eine Einführung. In: Subjektivierte Arbeit. Mensch, Organisation und Technik in einer entgrenzten Arbeitswelt. Hg. v. dens. Frankfurt a. M. 2003, S. 7–20, hier S. 10. Kratzer und Sauer bemerken weiter, dass durch die Einbringung der „je subjektiven Ressourcen“ der Mitarbeiter in die Arbeit „[m]it der Person und ihren Eigenschaften […] auch das private Leben ins betriebliche Spiel“ hineinkommt. Nick Kratzer, Dieter Sauer: Andere Umstände – Neue Verhältnisse: Ein Orientierungsversuch für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik. In: WSI Mitteilungen 10 (2003), S. 578–584, hier S. 582.

  61. 61.

    Vgl. Merkel: Das Jahr der Wunder (wie Anm. 1), S. 125.

  62. 62.

    Ebd., S. 136 f.

  63. 63.

    Ebd., S. 67 (Hervorhebung im Original). Die Worte werden Grassi zugeschrieben, dem dadurch „im Foucault-Kontext“, wie Preisinger hervorhebt, „der Status des wissenden Akteurs zu[kommt]“, während für den Protagonisten Foucault ein „Geheimnis“ bleibt. Alexander Preisinger: Neoliberale Ökonomie erzählen. Eine narratologisch-diskursanalytische Untersuchung der Kapitalismuskritik in der deutschsprachigen Literatur der 2000er-Jahre. Heidelberg 2015, S. 161. Auch der Leser muss sich, wenn er mit Foucault (sowie den anderen erwähnten Autoren und Werken) nicht vertraut ist, auf Spurensuche begeben.

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Balint, I. (2022). Kreativität, Hard Skills und Soft Skills in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. In: Dick, M., Freund, S., Ohlbrecht, H., Unger, T. (eds) Arbeit – Job – Beruf. Magdeburger Forschungen zu Bildungs-, Kultur- und Sozialwissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36320-8_7

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