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1 Einleitung: Ein neues Instrument der Innenentwicklung – ermöglicht durch den Einsatz der Planspielmethode

Auch wenn die langfristige Vorteilhaftigkeit der Innen- im Vergleich zur Außenentwicklung vielen kommunalen Akteuren im ländlichen Raum bewusst ist, ist sie doch kurzfristig oftmals mit höheren Kosten verbunden. Diese fallen nicht nur an, wenn ein Abriss der vorhandenen Bausubstanz notwendig wird, sondern auch wenn die Mobilisierung innerörtlicher Flächenpotenziale erschwert ist. Dies kann beispielsweise durch fehlende Kooperationsbereitschaft bzw. nicht marktkonforme Wertvorstellungen des Eigentümers oder der Eigentümerin einer leerstehenden Immobilie oder durch baurechtliche Vorgaben über die zulässige Nutzungsart hervorgerufen werden (Kötter 2009; Stemmle 2009). Darüber hinaus kann eine nachhaltige Siedlungsentwicklung einer gesamten Region nur dann erreicht werden, wenn Innenentwicklung interkommunal gedacht wird und sich Gemeinden zu diesem Zweck zusammenschließen.

Diesbezüglich war das Ziel des Forschungsprojekts „Kommunaler Innenentwicklungsfonds“ (kurz: KIF), die Voraussetzungen für einen Fonds zu untersuchen, welcher finanzielle Anreize für die Innenentwicklung setzt und dabei auf der interkommunalen Zusammenarbeit der Gemeinden einer Region aufbaut. Der KIF stellt einen innovativen Ansatz dar, nicht zuletzt weil er auf die Solidargemeinschaft der Kommunen aufbaut: Die Finanzierung des Fonds erfolgt durch die Städte und Gemeinden, die gleichzeitig auch als Antragstellerinnen auftreten und mit ihren Innenentwicklungsprojekten, die zueinander im Wettbewerb stehen, um die gemeinsamen Finanzmittel konkurrieren. Die Gründung eines solchen Verbundes auf freiwilliger Basis ist dabei nur möglich, wenn die Zielfindung und die Entwicklung des Fonds gemeinsam erfolgen und diesbezüglich ein Konsens unter den beteiligten Akteuren hergestellt werden kann. Zu diesem Zweck wurden im Forschungsprojekt zwei Planspiele eingesetzt, bei denen ein solcher Fonds in den beiden niedersächsischen Landkreisen Nienburg/Weser und Gifhorn simuliert wurde. Im Anschluss kam es im Landkreis Nienburg/Weser zu einer Implementierung des KIF in die kommunale Praxis. Das zuvor durchgeführte Planspiel bildete hierfür eine entscheidende Grundlage, da die Akteure das Instrument hier erproben und an ihre Bedarfe anpassen konnten.

Der Einsatz der Planspiele im Forschungsprojekt und die damit gemachten Erfahrungen als Methode der gemeinsamen Zielfindung und Instrumentenentwicklung bilden die Grundlage für diesen Beitrag. Zu diesem Zweck wird im Abschn. 2 zunächst erörtert, was unter einem Planspiel zu verstehen ist und welche Möglichkeiten und Grenzen mit der Methode einhergehen. Das Abschn. 3 stellt das Forschungsprojekt kurz vor und geht darauf ein, unter welchen Rahmenbedingungen die Planspiele in den beiden Landkreisen stattgefunden haben und wie erfolgreich sie waren. Um das theoretisch skizzierte Konzept der Planspiele plastisch zu machen, werden hier exemplarisch die Konzeption und der Ablauf des KIF-Planspiels im Landkreis Nienburg/Weser beschrieben.

Innerhalb des Forschungsprojektes wurde diskutiert, ob der Fonds, welcher durch die Städte und Gemeinden finanziert wird, private Antragsteller*innen und damit auch zivilgesellschaftliche Akteure bedienen und einbinden soll. Da diese oftmals Eigentümer*innen von Grundstücken und Immobilen sind, die sich besonders für eine Innenentwicklung eignen, war diese Diskussion naheliegend. Im Projekt stellte sich jedoch heraus, dass die politischen Akteure divergierende Einschätzungen zur Vorteilhaftigkeit einer gemeinsamen Fondslösung hatten, weswegen sich bei der Entwicklung des Fonds zunächst gegen die Einbindung weiterer Akteursgruppen ausgesprochen wurde. Der gegründete KIF im Landkreis Nienburg/Weser sieht zukünftig jedoch vor, auch private Akteure einzubinden, was die Anpassung des Instruments auch an die Bedürfnisse der Zivilgesellschaft erforderlich macht. In diesem Zusammenhang diskutiert der Beitrag im letzten Kapitel, inwieweit sich Planspiele als Instrument der Koproduktion, im Sinne einer gemeinschaftlichen Zielfindung und Instrumentenentwicklung zwischen Kommunalpolitik und Zivilgesellschaft, eignen. Diesbezüglich wird am Beispiel der Innenentwicklung aufgezeigt, welche Potenziale Planspiele für Koproduktionen bieten und wo ihre Grenzen liegen.

2 Das Planspiel – eine kommunikative Planungsmethode

2.1 Ursprung, Anwendungsgebiete, Begriffsbestimmung und allgemeiner Ablauf

Planspiele sind keinesfalls ein neues Phänomen, sondern haben Ihren Ursprung bereits im 18. und 19. Jahrhundert und wurden zunächst für militärische Zwecke eingesetzt, um Kriegsstrategien und deren möglichen Ausgänge erfahrbar zu machen (Capaul und Ulrich 2010, S. 15). Die Entwicklung des modernen Planspiels setzte nach dem Zweiten Weltkrieg ein, indem die Methode zunächst auf den Unternehmenskontext übertragen und weiterentwickelt wurde, um Entscheidungssituationen für Manager abzubilden (Vagt 1983, S. 15 ff.; Blötz 2015, S. 15). Bis heute hat sich die Methode im wirtschaftswissenschaftlichen Kontext stark ausdifferenziert, sodass beispielsweise Börsenplanspiele oder Planspiele zur Personalentwicklung existieren, welche zu Fort- und Weiterbildungszwecken in Wissenschaft und Praxis zur Anwendung kommen (Graf 1992, S. 95 ff.). Darüber hinaus hat sich die Methode in einer Vielzahl weiterer Bereiche, allen voran in der politischen Bildung, etabliert. Hierbei wird sie sowohl im schulischen wie außerschulischen Bereich angewandt und thematisiert unterschiedlichste Politikebenen und -bereiche (Petrik und Rappenglück 2017). Planspiele im politischen Bereich beschränken sich dabei nicht nur auf die Vermittlung von Wissen, wie etwa den Ablauf eines Gesetzgebungsverfahrens, sondern nehmen zunehmend auch die Vermittlung von Kompetenzen in den Fokus, um die Partizipationsfähigkeit der Zivilgesellschaft zu erhöhen (Raiser et al. 2015).

Eine eindeutige Definition und Abgrenzung der Methode des Planspieles existieren in der Literatur nicht, was daran liegt, dass sie heutzutage in verschiedenen Fachdisziplinen mit jeweils unterschiedlichen Zielen zum Einsatz kommt und dabei jeweils verschieden interpretiert und angewendet wird (Meßner et al. 2018, S. 14). Neben der inhaltlichen Dimension können Planspiele zudem verschiedenste Formen aufweisen und sich so beispielsweise hinsichtlich der Rolle eines*r Planspielleiter*in, der Interaktion der Teilnehmenden, der Komplexität der abgebildeten Entscheidungssituation oder des Spielortes (virtuell oder in Präsenz) unterscheiden (Capaul und Ulrich 2010, S. 24 f.; Blötz 2015, S. 13).

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich, sofern nicht anders angegeben, auf Kriz (2009), der einen umfangreichen Überblick über die Methode liefert. Denn auch wenn in der Fachliteratur keine einheitliche Definition besteht, weisen alle Planspiele einige Gemeinsamkeiten auf: So wird im Planspiel eine Simulation der Realität vorgenommen, die oftmals komplexe Situationen vereinfacht darstellt und auf wesentliche Konflikt- und Entscheidungssituationen beschränkt, um damit die Systemabläufe erfahrbar zu machen. Dabei wird versucht, die Simulation so anzulegen, dass sie reale Zusammenhänge möglichst nah abbildet. Darüber hinaus ist den Planspielen gemein, dass sie immer auch eine spielerische Komponente mit entsprechenden Spielregeln aufweisen. Diese Regeln legen fest, was im Planspiel erlaubt oder nicht erlaubt ist und strukturieren so auch die Abläufe. Die beiden Dimensionen Simulation und Spiel sind somit wesentliche Elemente eines jeden Planspiels. Merkmal des klassischen Planspiels ist zudem, dass die Teilnehmenden eine Rolle übernehmen. Im Gegensatz zum Rollenspiel werden die Spieler des Planspiels in einer simulierten Umwelt aktiv dazu aufgefordert, bestimmte Handlungen und Aktionen durchzuführen. Die Simulation der Realität und die Entscheidungsprozesse der Spielenden sind im Planspiel, anders als im Rollenspiel, daher von zentraler Bedeutung. Allgemein gesprochen sind in der Planspielmethode Elemente der Simulation, des Regel- und des Rollenspiels enthalten.

Die im Forschungsprojekt zur Anwendung gekommenen Planspiele stellen dabei eine Sonderform der eben skizzierten Methode dar, weil hier bewusst auf das Element der Rolle verzichtet wurde, den Teilnehmenden also keine „fremden“ Rollen zugeschrieben wurden. Die Teilnehmenden durchspielen die Simulation somit in den Rollen, die sie aus ihrem natürlichen (Arbeits-)Alltag kennen. So nimmt beispielsweise ein*e ehrenamtliche*r Bürgermeister*in einer Gemeinde genau in dieser Funktion am Spiel teil, wird hier jedoch mit einer Simulation und mit Spielregeln konfrontiert, die so aus der natürlichen Umgebung (noch) nicht bekannt sind. Diese Form der Planspielmethode, bei der das Erlernen bestimmter Handlungskompetenzen für den Alltag der Teilnehmenden vordergründig ist, wird als performance simulation bezeichnet.

Der Planspielprozess gliedert sich in drei Phasen: Briefing (Instruktionsphase), Spieldurchführung (Spiel-/Simulationsphase) und Debriefung (Auswertungs- und Reflexionsphase) (Birgmayer 2011, S. 43). Gerade das Debriefing sollte beim Einsatz der Planspielmethode unbedingt durchgeführt werden, um die Erkenntnisse aus dem Planspiel in die (kommunale) Praxis zu übertragen und sie langfristig verwertbar zu machen (Peters und Vissers 2004; Pastor 2015). Die Simulation- bzw. Spielphase selbst besteht meist aus mehreren (Spiel-)Runden, in denen unterschiedliche Entscheidungssituationen abgebildet werden. Dabei sind gewisse Spielregeln gesetzt, welche die Spieldurchführung zwar strukturieren, jedoch den Planspielteilnehmenden ausreichend Handlungsspielraum geben, um ihre Präferenzen in den Verhandlungen und Entscheidungen der Simulationsphase einzubinden.

Eine für den Forschungszweck passende Beschreibung eines typischen Planspiels, liefern Capaul und Ullrich (2010), welche die Prozesshaftigkeit der Methode sowie die Relevanz der Auswertungs- und Reflexionsphase deutlich machen:

„Das Planspiel versetzt die Teilnehmerinnen in eine fiktive Situation, die ein vereinfachtes Abbild einer speziell ausgewählten, realen oder hypothetischen Situation ist. Während mehrerer Spielrunden machen sich die Teilnehmerinnen mit dem Szenario vertraut, sie analysieren die Ausgangslage und die Ziele, führen Verhandlungen und fällen konkrete Entscheidungen. Daraus wird mithilfe des Planspielmodells die Ausgangslage für die nächste Spielrunde ermittelt. […] Während der anschließenden Transferphase werden die Erfahrungen aus dem Planspiel mit der Realität verbunden. Während dieser Reflexionsarbeit entwickeln die Teilnehmerinnen ihre handfesten Erfahrungen aus dem Planspiel zu praxiswirksamen Handlungswissen weiter.“ (Capaul und Ulrich 2010, S. 16)

2.2 Möglichkeiten und Grenzen der Planspielmethode

Die kommunikativen Planungsmethoden, zu denen das Planspiel zählt, haben den Konsens der beteiligten Akteure zum Ziel. Die Kommunikation ist daher so zu gestalten, dass eine Einigkeit bei der Ziel- und Instrumentenentwicklung herbeigeführt werden kann. Sind politische Entscheidungen Gegenstand eines Planspiels, so ist das Ergebnis stets offen und nicht vorhersehbar, da die Konsensfindung vorrangig ist (Duke 2011). Die Ergebnisse der kommunikativen Planungsmethoden werden in der Folge als gerechter und stabiler wahrgenommen, da die unterschiedlichen Präferenzen der Akteure berücksichtigt werden. Zudem führt die Einbindung der relevanten Akteure und ihrer Wissensbestände dazu, dass das jeweilige Entscheidungsproblem genauer definiert werden kann und die Lösungen eine höhere Qualität aufweisen. Zu diesen Ergebnissen kommen Innes und Booher (1999) und identifizieren in diesem Zusammenhang eine Reihe weiterer Ergebnisse, die mit einer Konsensentscheidung einhergehen können (vgl. Tab. 1).

Tab. 1 Mögliche Ergebnisse von Konsensentscheidungen

Die möglichen Ergebnisse von Konsensentscheidungen und den darauf hinzielenden Prozessen geben Anhaltspunkte für die Vorteile, die sich durch den Einsatz der Planspielmethode ergeben können. Jedoch muss hierbei kritisch bemerkt werden, dass diese sich nur dann einstellen, wenn das Planspiel tatsächlich eine Konsensentscheidung unter den Teilnehmenden hervorruft. Darüber hinaus können nur die Ergebnisse erster Ordnung als mögliche Vorteile der Methode im engeren Sinn angesehen werden, da der Konsens im Planspiel nicht bindend für die Praxis ist und sich somit die Ergebnisse zweiter und dritter Ordnung während des Planspiels weniger stark bis gar nicht ausprägen können. Diese Ergebnisse treten erst dann in Erscheinung, wenn die Konsensentscheidung des Planspiels im Nachgang in die kommunale Praxis überführt wird.

Die Planspielmethode bringt jedoch weitere Vorteile mit sich, die unabhängig von der Konsensentscheidung an sich sind und im Folgenden beispielhaft skizziert werden: Ein wesentlicher Vorteil der Methode liegt darin, dass komplexe oder intrasparente Entscheidungssituationen aus der Realität im Planspiel vereinfacht dargestellt und somit von den Akteuren besser nachvollzogen werden können (Blötz 2015, S. 14). Diese notwendige Reduktion der Realität kann sich jedoch bei einer starken Dekontextualisierung auch nachteilig auswirken, da die Ergebnisse hierdurch nur eine begrenzte Aussagekraft haben und nur unter Beachtung der Rahmenbedingungen interpretiert werden können (Ebert 1992, S. 38). Oftmals wird dabei kritisiert, dass die im Planspiel gemachten Entscheidungen wenig Aussagekraft für die Realität haben, da diese in einem geschützten Raum ohne reale Konsequenzen getroffen werden. Dies führt jedoch umgekehrt dazu, dass die Teilnehmenden ihre Kritikpunkte offen und schnell benennen können, gerade weil sie keine Konsequenzen zu befürchten haben.

Zudem ist es in Planspielen möglich, Entscheidungssituationen abzubilden, die in der Praxis noch nicht in Erscheinung getreten sind, weshalb sich die Methode gerade für die Entwicklung neuer Instrumente eignet. Dabei liegt ein zentraler Vorteil darin, dass die im Planspiel geschaffene Lernumgebung Fehler ohne schwerwiegende Konsequenzen zulässt und so auch Strategien und Handlungen ausprobiert werden können, die in der Realität, etwa aufgrund zu hoher Kosten, nicht durchführbar sind (Kriz 2009, S. 574; Engartner et al. 2015, S. 197). Diesbezüglich bietet die Methode auch die Möglichkeit, Langzeiteffekte durch Zeitraffungen erfahrbar zu machen.

Planspiele bilden eine gute Lernumgebung ab, in der es möglich ist, eigene Entscheidungen und deren Auswirkungen selbst zu erleben. Hiermit wird ein sogenanntes erfahrungsbasiertes Lernen ermöglicht, wodurch neues (Fach-)Wissen generiert wird, welches in realen Handlungssituation gut abgerufen und angewendet werden kann (Capaul und Ulrich 2010, S. 37 f.). Der kurzfristige Wissenserwerb durch Planspiele ist vielfach belegt, jedoch ist der langfristige Lernerfolg der Methode noch unzureichend erforscht (Schedelik 2018, S. 79). Die Lernumgebung kann neben der Aneignung von neuem Wissen zudem den Erwerb und Ausbau methodisch-strategischer sowie sozial-kommunikativer Kompetenzen fördern (Engartner et al. 2015, S. 197; Kaiser 1992, S. 73 ff.).

Hinsichtlich verschiedener Lernbedürfnisse und Ausgangsvoraussetzungen der Teilnehmenden kann sich die Methode flexibel anpassen, sodass unterschiedliche Zielgruppen am gleichen Planspiel partizipieren und jeweils einen Mehrwert für sich erzielen können. Solange kein hochwissenschaftliches Fachwissen und spezielle Erfahrungen notwendig sind, gilt das Planspiel demnach als relativ offene Methode, die unterschiedliche Akteure gleichermaßen einbinden kann.

Planspiele weisen jedoch auch eine Reihe von Nachteile auf, welche die Grenzen der Methode verdeutlichen und hier ebenfalls nur skizziert werden können: Die Konzeption, Durchführung und Auswertung eines Planspiels ist sehr zeitaufwendig und erfordert zudem eine Reihe methodischer Kompetenzen in allen drei Phasen (Kriz 2009, S. 575). So ist für einen erfolgreichen Einsatz der Methode eine geschulte Planspielleitung essentiell, die neben inhaltlichem Wissen über den Planspielgegenstand auch weitere Kompetenzen, wie etwa kommunikative oder soziale Fähigkeiten, mitbringen muss (Blötz 2015, S. 46; Kriz 2018, S. 44 ff.). Auch der Ergebnistransfer in die Realität, welcher ein wesentliches Erfolgskriterium darstellt, ist größtenteils von den Kompetenzen der Planspielleitung abhängig, welche den Prozess des Debriefings anleitet und moderiert. Der Einsatz der Planspielmethode sollte daher immer fachlich durch externe Expert*innen begleitet werden.

Ein weiterer Nachteil der Methode ist, dass sich die Ergebnisse eines Planspiels nur schwer replizieren lassen und somit nicht unmittelbar auf andere Akteursgruppen übertragen werden können. Dass der Ausgang ein und desselben Planspiels variiert, hängt neben der Motivation und Dynamik der Teilnehmenden auch von der Planspielleitung und dem äußeren Umfeld (Stellenwert der behandelten Thematik, vorgelagerte Ereignisse usw.) ab (Capaul und Ulrich 2010, S. 32 f.). Die Vielzahl an Variablen und Beziehungen, die zum Teil nicht zu ermitteln sind, macht es zudem schwierig, die Ergebnisse klar zu kommunizieren. Diese beiden Aspekte führen in der Wissenschaft zu einer geringen Akzeptanz der Methode, da die Ergebnisse nur schwer überprüft und nachvollzogen werden können (Kriz 2009, S. 575).

Obwohl die Methode der Planspiele bei öffentlichen Verwaltungen und privaten Institutionen, die sich mit Themen der Raumplanung beschäftigen, durchaus bekannt ist, kommt Sie in der kommunalen Praxis nur äußerst selten zum Einsatz. Ein möglicher Grund für diese Diskrepanz ist, dass die Methode von den meisten Akteuren als nicht besonders effizient (zeitlicher/finanzieller Aufwand im Verhältnis zum Nutzen) eingestuft wird (Diller 2009, S. 47). Es sollte daher von Fall zu Fall entschieden werden, ob sich der vergleichsweise hohe Aufwand für die Erreichung eines gesetzten Ziels lohnt. Planspiele eignen sich daher nur unter bestimmten Voraussetzungen, um gemeinsam neue Ziele und Instrumente zu entwickeln. Nachfolgend soll daher mithilfe der beiden Planspiele des Forschungsprojekts KIF beispielhaft aufgezeigt werden, unter welchen Bedingungen der Einsatz der Methode zu Ergebnissen führen kann, die einen deutlichen Mehrwert für die kommunale Praxis bieten.

3 Die Planspiele im Rahmen des Forschungsprojektes KIF

3.1 Das Forschungsprojekt „Kommunaler Innenentwicklungsfonds“

Der eingangs erwähnte Fonds existierte vor Beginn des Forschungsprojektes „Kommunaler Innenentwicklungsfonds“, welches durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „Kommunen innovativ“ gefördert wurde, noch nicht. Ziel war es daher, die Voraussetzungen für die Einrichtung eines auf freiwilliger Basis eigenverantworteten und selbst organisierten Innenentwicklungsfonds zu untersuchen, um eine Implementation in die kommunale Praxis vorzubereiten. Das Forschungsprojekt wurde von der Georg-August-Universität Göttingen und den beiden niedersächsischen Landkreisen Nienburg/Weser und Gifhorn von Juli 2016 bis November 2019 in enger Zusammenarbeit mit kommunalen Akteuren aus den beiden Landkreisen durchgeführt.

Der Fonds kann als freiwilliges Instrument der regionalen Entwicklung angesehen werden, das darauf abzielt, finanzielle Anreize für eine Innenentwicklung zu setzen. Die Freiwilligkeit an einer späteren Teilnahme an einem KIF stellte das Projekt dabei vor die Herausforderung, den Fonds so auszugestalten, dass die unterschiedlichen Bedarfe der beteiligten Städte und Gemeinden berücksichtigt werden, gleichzeitig jedoch ein Konsens zwischen ihnen hergestellt werden musste. Um dies bei der Entwicklung des Fonds zu gewährleisten, wurden in den beiden Landkreisen Nienburg/Weser und Gifhorn Planspiele durchgeführt. Diese standen jedoch nicht am Beginn des Projektes, sondern waren in eine Reihe weiterer Veranstaltungen und Interviews eingebettet. Hierbei wurden die kommunalen Akteure immer wieder für das Thema Innenentwicklung sensibilisiert und konnten ihre Bedarfe und Anforderungen an einen solchen Fonds äußern. Um dann jedoch einen Konsens zwischen den Akteuren herzustellen und den bis dahin erarbeiteten Fondsansatz auf seine Praxistauglichkeit zu testen, wurde im Herbst 2018 jeweils ein Planspiel in den beiden Landkreisen durchgeführt.

Das Planspiel im Landkreis Nienburg/Weser hat es den kommunalen Akteuren ermöglicht, ein neues Instrument zu entwickeln, welches im Nachgang eine Änderung in der kommunalen Praxis hervorgerufen hat. Die Implementierung des Fonds im Frühjahr 2020 kann als Folge des erfolgreichen Einsatzes der Planspielmethode angesehen werden. Hierfür spricht, dass der Großteil der im Planspiel erarbeiteten und getroffenen Vereinbarungen von den Akteuren auch bei der Gründung des Fonds übernommen wurde. So sind beispielsweise das Antrags- und Bewertungsverfahren wie auch die Zusammensetzung des Entscheidungsgremiums so umgesetzt, wie es im Planspiel zur Anwendung kam. Misst man den Erfolg der KIF-Planspiele also daran, ob das neu entwickelte Fondsinstrument im Anschluss in die kommunale Praxis überführt wurde, kann dieser Erfolg im Landkreis Nienburg/Weser verbucht werden. Im Landkreis Gifhorn hingegen dauern die Gespräche zu einer Umsetzung noch an und es kam bislang noch zu keiner Umsetzung. Grund für den unterschiedlichen Erfolg der Methode sind vermutlich die ungleichen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen, die sich in beiden Landkreisen feststellen ließen. Diese sollen am Ende des Kapitels nochmals thematisiert und diskutiert werden. Um jedoch zunächst das zuvor skizzierte Konzept der Planspiele greifbar zu machen, werden zunächst der Prozess und der Ablauf des KIF-Planspiels Nienburg/Weser erörtert.

3.2 Ziele der Planspiele

Im Kontext des Forschungsvorhabens dienten die Planspiele vor allem der partizipativen Entwicklung und Erprobung des bis dahin erarbeiteten Fondsmodells. Diesbezüglich sollten sowohl Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse als auch die Langzeitwirkung des Fonds untersucht werden. Dabei sollte der Fonds im Rahmen der Planspiele so an die Bedarfe der politischen Akteure angepasst werden, dass eine Implementation in die kommunale Praxis ermöglicht wird. Hierfür war es auch nötig, Konsensentscheidungen herbeizuführen. Ziel war somit, die Voraussetzungen für die Reife- und Praxistauglichkeit zu identifizieren, indem spezifische Erfolgsbedingungen untersucht wurden.

Aus den Planspielen ergaben sich Hinweise darauf, unter welchen Bedingungen die Städte und Gemeinden freiwillig zu einem solchen Zusammenschluss bereit waren. Gleichzeitig konnten die Teilnehmenden eine klarere Vorstellung davon entwickeln, welche Innenentwicklungsmaßnahmen von einem solchen Fonds gefördert werden könnten und auf welcher Grundlage die Bewertung und damit die Priorisierung von konkurrierenden Anträgen erfolgen kann. Damit sollten die Funktionsweise des Fonds und der damit einhergehende Mehrwert für die Gemeinschaft erfahrbar gemacht werden.

3.3 Der gesamte Planungsprozess: Von der Vorarbeit über die Konzeption bis zur Ergebnisverwertung

Ein Planspiel ist keine Methode, welche zu Beginn eines Planungsprozesses angewandt werden sollte. Die Stärke der Methode liegt in der Zielfindung und Instrumentenentwicklung, weshalb sie erst eingesetzt werden sollte, wenn ein Problem von den Akteuren hinreichend erkannt worden ist und benannt werden kann. Auch sollte im Vorfeld bereits eine erste Bestandsaufnahme der aktuellen Situation zu einem Planspiel durchgeführt worden sein. Im Forschungsprojekt wurden daher zu Beginn erste Kennzahlen zu den Regionen erhoben und eine Startveranstaltung mit den kommunalen Akteuren durchgeführt. Hier wurden die gemeinsamen Problemlagen und Bedarfe in Zusammenhang mit der Innenentwicklung identifiziert. Diese wurden anschließend in Einzelinterviews mit den Hauptverwaltungsbeamt*innen und Ortsbürgermeister*innen der am Planspiel beteiligten Einheits- und Samtgemeinden vertieft. Die Universität Göttingen erstellte im Vorfeld ein einfaches und transparentes Bewertungsverfahren, um Innenentwicklungsmaßnahmen zu bewerten. Dieses wurde in den Interviews mit den Akteuren besprochen und angepasst. Ein gemeinsamer Workshop mit diesen Akteuren führte die Erkenntnisse zusammen und ermöglichte einen offenen Diskurs über die gemeinsame Problemlage im Vorfeld des Planspiels.

Das eigentliche Planspiel wurde so konzipiert, dass es der Entscheidungsrealität der Teilnehmenden möglichst nahe kam. Ein Aspekt dabei war, dass bewusst auf die Zuschreibung fremder Rollen verzichtet und sich damit für eine performance simulation entschieden wurde. Dies war wichtig, da die Teilnehmenden auch für die spätere Implementation in die kommunale Praxis verantwortlich sind. Um auch inhaltlich die Problemlagen vor Ort im Planspiel abzubilden, wurden mithilfe eines modelhaft erarbeiteten Antragsverfahrens realitätsnahe, geplante Innenentwicklungsmaßnahmen der kommunalen Akteure eingeholt und in das spätere Planspiel integriert. Der Ablauf des Planspiels wird im nachfolgenden Abschnitt genauer beschrieben.

Aufbauend auf den Beobachtungen des Planspiels fand wenige Wochen nach der Durchführung eine Ergebnisrückmeldung statt. In einem weiteren Workshop im Landkreis Nienburg/Weser wurden die Ergebnisse mit den kommunalen Akteuren diskutiert und daraus Eckpunkte für eine Zweckvereinbarung und Förderrichtlinie herausgearbeitet. Hierdurch wurden konkrete Handlungsempfehlungen für die politische Umsetzungspraxis erarbeitet, die im Landkreis Nienburg/Weser in die tatsächliche Gründung des Fonds mündeten.

3.4 Ablauf des KIF-Planspiels im Landkreis Nienburg/Weser

Das Planspiel im Landkreis Nienburg/Weser wurde im Herbst 2018 über eineinhalb Tage durchgeführt. Es haben insgesamt 29 Vertreter*innen aus der Kommunalpolitik und -verwaltung der Städte und Gemeinden, des Landkreises sowie des Kreistages daran teilgenommen. Dabei waren aus jeder Einheits- oder Samtgemeinde des Landkreises Vertreter*innen anwesend, sodass der Großteil aller relevanten Akteure eingebunden war. Im Planspiel wurden die Einzahlungs- und die Auszahlungsseite eines KIF erprobt und entwickelt. Insgesamt gliederte es sich in sechs aufeinander folgende Phasen, die der Abb. 1 entnommen werden können.

Abb. 1
figure 1

(Quelle: Eigene Darstellung)

Ablauf des Planspiels KIF.

Die Phasen 2 bis 5 stellen dabei die eigentliche Durchführung des Planspiels und damit die Simulationsphase dar, der eine Briefingphase vorausging und auf die eine Debriefingphase folgte. Nachfolgend werden die sechs Phasen des Planspiels im Einzelnen kurz skizziert.

3.4.1 Einführung und Organisatorisches (Briefingphase)

Um alle Teilnehmenden auf den gleichen Wissensstand zu bringen, wurden zunächst die bisherigen Ergebnisse des Forschungsprojektes dargelegt und die grundsätzliche Idee des KIF skizziert. Anschließend wurden die allgemeinen Regeln des Planspiels benannt. Dazu zählte u. a., dass jede*r Teilnehmende seine/ihre Rolle aus dem „echten Leben“ behält. Da es im KIF-Planspiel darum ging, ein neues, in der Realität unbekanntes Instrument gemeinsam mit den kommunalen Akteuren zu entwickeln, wäre eine fremde Rollenzuschreibung kontraproduktiv gewesen, weil die Einbindung des personengebundenen (Fach-)wissens über die örtlichen Bedarfe und Gegebenheiten in das Planspiel dadurch erschwert gewesen wäre. Eine weitere Regel war, dass die Entscheidungen aus dem Planspiel nicht bindend für die Wirklichkeit sind, weshalb es sich bei dem Planspiel um einen geschützten Raum handelt, in dem jede*r frei diskutieren und entscheiden kann. Die Teilnehmenden wurden jedoch darauf hingewiesen, die Inhalte und Entscheidungen ernst zu nehmen, da aus den Ergebnissen Empfehlungen für die kommunale Praxis abgeleitet werden.

Den Teilnehmenden wurde in diesem Zusammenhang auch deutlich gemacht, dass die Rahmenbedingungen des Planspiels zunächst gesetzt sind (beispielsweise die Vorgabe des vorher abgestimmten Bewertungsbogens), sie jedoch im gesamten Verlauf des Planspiels die volle Entscheidungsgewalt haben und in letzter Konsequenz auch die Rahmenbedingung gemeinschaftlich ändern können.

3.4.2 Einzahlungsseite des Fonds

Da die Idee des KIF ist, dass die Gemeinden gemeinsam den Fonds finanzieren, stellte die Festlegung der Einzahlungsbeträge den Beginn der Simulationsphase dar. Für die Einzahlungsseite waren unterschiedliche Einzahlungsschlüssel denkbar, die im Vorfeld mit den Planspielteilnehmenden diskutiert wurden. Auf der Basis dieser Gespräche wurde eine Beschlussvorlage formuliert und zur Abstimmung gestellt, welche die Einzahlungen für die jeweiligen Gemeinden anhand der beiden Größen „Einwohner*innenzahl“ und „Steuerkraft“ vorsah. Die Abstimmung wurde geheim durchgeführt, und unabhängig von der jeweiligen Rolle sowie dem Einzahlungsbetrag hatte jede*r genau eine Stimme. Auch wenn die Abstimmungen über die Gründung eines solchen Fonds in der Praxis in politischen Gremien gefällt werden, war es im Planspiel unerlässlich, eine derart gestaltete Wahl durchzuführen, um einen Konsens aller Planspielteilnehmenden über die Höhe des Fonds zu erhalten. Dieser Betrag stellte den Ausgangspunkt für die Auszahlungsseite dar, der pro Förderjahr für die Finanzierung der eingereichten Innenentwicklungsmaßnahmen zur Verfügung stand.

3.4.3 Auszahlungsseite des Fonds (Simulation von drei Förderjahren)

Wesentlicher Teil des Planspiels war die Entscheidung darüber, welche der in das Planspiel eingebrachten Innenentwicklungsmaßnahmen aus dem Fonds gefördert werden sollen und welche nicht. Um diese unterschiedlichen Maßnahmen zu bewerten und zu priorisieren, wandten die Teilnehmenden das vorab entwickelte Antrags- und Bewertungsverfahren an. Dabei war es jederzeit möglich, das erlernte Verfahren an die Präferenzen der Teilnehmenden anzupassen: Neue Zielkriterien konnten hinzugezogen, andere nicht mehr beachtet werden, Zielgewichtungen konnten verändert werden.

Um eine ausführliche Auseinandersetzung und Diskussion der Teilnehmenden zu ermöglichen und die Dynamik des Planspiels zu erhöhen, wurden die Teilnehmenden für die Auszahlungsseite in drei Gruppen eingeteilt, die miteinander interagierten. Zwei Gruppen stellten dabei Antragsgruppen dar, deren Aufgabe darin bestand, aus den unterschiedlichen Innenentwicklungsmaßnahmen eine Vorauswahl zu treffen und diese dem Entscheidungsgremium, der dritten Gruppe, zu übermitteln. In den beiden Antragsgruppen saßen die ehrenamtlichen Bürgermeister*innen der Gemeinden, da diese auch bei einer möglichen Praxisumsetzung des Fonds antragsberechtigt wären. Ihnen zur Seite standen die Bauamtsleiter*innen der jeweils zugehörigen Samtgemeinden, da diese bei Fragen der Innenentwicklung über Fachwissen verfügen und auch in der Realität eine Art Beratungsfunktion ausüben können. Eine Aufteilung dieser Akteure auf die beiden Gruppen erfolgt lediglich aufgrund der geografischen Lage, sodass Vertreter*innen der südlichen und nördlichen (Samt-)Gemeinden jeweils zusammen eine Gruppe bildeten. Die dritte Gruppe war das Entscheidungsgremium, dessen Aufgabe darin bestand, die eingereichten Maßnahmen untereinander zu diskutieren und zu bewerten, um schließlich die Förderentscheidung vorzunehmen. Mitglieder dieser Gruppe waren die Hauptverwaltungsbeamt*innen der Gemeinden (Samtgemeindebürgermeister*innen, Bürgermeister*innen der Einheitsgemeinden), Kreistagsabgeordnete, der Landrat und die Leiterin des Fachbereichs Bauen des Kreises. Diese Zuordnung fand statt, da die Mehrheit der Gruppenmitglieder auch in der kommunalen Praxis als Entscheider*innen fungieren soll.

Insgesamt wurden drei Förderjahre im Planspiel simuliert. In jedem Jahr übermittelten die beiden Antragstellergruppen jeweils zwei Maßnahmen an das Entscheidungsgremium, so dass zwölf Innenentwicklungsmaßnahmen diskutiert und bewertet wurden. Die Gruppenbewertung des Entscheidungsgremiums mündete in einer für das Planspiel bindenden Förderentscheidung, die per „Pressemitteilung“ planspielöffentlich kommuniziert wurde. Finanzmittel des Fonds, die in einer Runde bzw. einem Jahr nicht abgerufen worden waren, standen in der nächsten Runde zur Verfügung. Eingereichte, jedoch abgelehnte Projekte konnten von der Antragstellergruppe überarbeitet und erneut eingereicht werden.

Während dieser Phase des Planspiels fand eine intensive Auseinandersetzung mit dem Antrags- und Bewertungsverfahren statt, wodurch eine kritische Bewertung des Verfahrens vorgenommen wurde. Um Änderungswünsche einzubringen, erfolgte in jeder Gruppe am Ende einer jeden Förderperiode eine Diskussion über das angewandte Verfahren, welches dann modifiziert werden konnte.

3.4.4 Test des entwickelten Antrags- und Bewertungsverfahrens

Nach der Simulation der drei Förderjahre wurde das (im Planspiel durch die kommunalen Akteure tatsächlich geänderte) Antrags- und Bewertungsverfahren einem Test unterzogen. Zu diesem Zweck wurden die beiden Antragstellergruppen aufgefordert, sogenannte „Kreativprojekte“ zu generieren. Vorgabe für diese Aufgabe war, ein Projekt anzulegen, von dem die Teilnehmenden sich wünschten, dass dies unbedingt durch den Fonds gefördert werden solle. Die beiden Kreativprojekte wurden anschließend vom Entscheidungsgremium diskutiert und bewertet.

3.4.5 Wiederholung der Einzahlungsseite des Fonds

Am Ende der Simulationsphase wurde eine erneute Wiederholung der Einzahlungsseite durchgeführt. Abermals fand eine geheime Abstimmung über die am ersten Tag vorgelegte Beschlussvorlage statt. Hiermit sollte überprüft werden, ob die Erfahrungen mit der simulierten Auszahlungsseite einen Einfluss auf die Bereitschaft zur Gründung eines Fonds haben.

3.4.6 Reflexion (Debriefingphase)

Direkt im Anschluss an die Simulationsphase fand das Debriefing statt, um die unmittelbaren Erfahrungen der beteiligten Akteure einzubeziehen. Hierbei wurden der Ablauf und die Handlungen des Planspiels mittels einer Gruppendiskussion und einer schriftlichen Abschlussevaluation reflektiert. Auch wurden die in dem Planspiel gemachten Entscheidungen in Handlungsempfehlungen für die politische Praxis übersetzt, indem ein Entwurf für eine gemeinsame Förderrichtlinie vorgestellt wurde. Diese fasste die im Konsens gefundenen Ergebnisse zusammen.

3.5 Ergebnisse des KIF-Planspiels im Landkreis Nienburg/Weser

Im Forschungsprojekt stellte sich das Planspiel im Landkreis Nienburg/Weser als geeignete Methode dar, eine gemeinsame Zielfindung und Instrumentenentwicklung voranzutreiben. Im Folgenden werden die Planspielergebnisse vorgestellt, die diese Aussage untermauern.

Die Eignung der Methode für die gemeinsame Instrumentenentwicklung wird dadurch deutlich, dass im Planspiel gemeinschaftlich eine Reihe von Änderungen am Fondsmodell vorgenommen wurde. Zwar baute das ins Planspiel eingebrachte Modell auf den im Vorfeld geführten Interviews mit den kommunalen Akteuren auf, allerdings ließ sich das neue Instrument erst im Planspiel richtig entwickeln. Zum einen konnten erst hier die zum Teil unterschiedlichen Präferenzen der Akteure zusammengebracht und ein Austausch darüber ermöglicht werden. Zum anderen brachte erst die Simulation des Fonds die Schwächen in der Anwendung hervor, die einer Modifizierung bedurften. So wurden beispielsweise neue Regelungen hinsichtlich der Förderquote getroffen oder eine maximale Fördersumme festgelegt, die eine Kommune innerhalb eines Förderjahrs erhalten kann.

Zwar ist das übergeordnete Ziel des KIF, die Stärkung der Innenentwicklung, bereits vor dem Planspiel bekannt gewesen, allerdings lassen sich in der Innenentwicklung unterschiedliche Schwerpunkte setzten, die mit unterschiedlichen Zielen einhergehen. Dass die Methode auch für eine gemeinsame Zielfindung geeignet ist, zeigen daher die Festlegungen und Modifikationen der Zielkriterien und -gewichtungen des Bewertungsverfahrens: Einigkeit herrschte darüber, dass unterschiedlichste Innenentwicklungsmaßnahmen gefördert werden sollen, weshalb an den Zielkriterien für die vier Handlungsfelder Wohnen, Soziale Infrastruktur, Lokale Wirtschaft und Freiraum festgehalten wurde. Auch die beiden übergeordneten Kriterien Kooperationsprojekt und Nutzung innerörtlicher Flächenpotenziale wurden von den Akteuren als zielführend angesehen und daher beibehalten. Das Ziel, mit den Maßnahmen strukturellen Leerstand zu beseitigen, ging den Akteuren nicht weit genug, weshalb es modifiziert wurde und nun nicht nur strukturellen, sondern auch potenziellen Leerstand berücksichtigt. Die Hälfte der zum Planspielstart eingebrachten übergeordneten Zielkriterien stellten sich in der Anwendung als ungeeignet heraus und wurden gestrichen, da diese von den Teilnehmenden als zu unhandlich oder zu unkonkret wahrgenommen wurden. Hierzu zählten der Erhalt der orts- und landschaftstypischer Baukultur, die Einbindung in übergeordnete Zielkonzepte und die Überörtliche Wirksamkeit. Neu hinzu kam hingegen das Zielkriterium Überörtliche Beispielhaftigkeit.

Das Bewertungsverfahren des KIF ist von zentraler Bedeutung für die Akzeptanz und somit für den Erfolg des Modells. Die Förderentscheidung, die auf das Ergebnis des Bewertungsverfahrens aufbaut, muss von der Mehrheit der Akteure mitgetragen werden, damit die Solidargemeinschaft auf Dauer Bestand hat. Ob die Zielkriterien und die Zielgewichtung ein solches Ergebnis hervorbringen, lässt sich jedoch erst feststellen, wenn es auch zur Anwendung kommt, weshalb ein Testlauf in einem Planspiel zwingend erforderlich war. Gefragt wurden die Teilnehmenden, ob das Bewertungsverfahren geeignet sei, diejenigen Innenentwicklungsmaßnahmen zu identifizieren, die der KIF ihrer Meinung nach vorrangig unterstützen soll. Die Zustimmung zu dieser Aussage war zwar bereits nach der ersten Spielrunde groß, konnte jedoch durch die Modifikation nochmals deutlich gesteigert werden. Gaben zu Beginn noch über 30 % an, der Aussage nur teils/teils zuzustimmen, lag dieser Wert am Ende des Planspiels bei unter 10 %. Alle anderen stimmten der Aussage dabei jeweils „eher zu“ oder „stark zu“.

Die große Mehrheit der Teilnehmenden gab an, dass sie ihre Argumente in die Diskussionen einbringen konnte. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Entscheidungen zur Ausgestaltung des Fonds größtenteils im Konsens vollzogen wurden. Hierfür lassen sich darüber hinaus weitere Hinweise finden. So waren die Mitglieder der beiden Antragstellergruppen mit der Auswahl der Projekte, die an das Entscheidungsgremium überreicht wurden, in allen drei Runden mehrheitlich zufrieden. Die Mitglieder des Entscheidungsgremiums wiederum waren mit der gemeinschaftlichen Förderentscheidung stets mehrheitlich zufrieden. Diese große Zustimmung kann als Indiz dafür gesehen werden, dass die Konsensentscheidungen des Planspiels unterstützt werden und stabil sind. Hierfür sprechen auch die Antworten auf die offene Frage der Abschlussevaluation „Was hat Ihnen am Planspiel besonders gefallen?“. So werden das „sehr gute“ bzw. „konstruktive Miteinander“ lobend erwähnt. „Zielführende Kriterienentwicklung/-anpassung; ergebnisorientiert, dialogstark, hat die Konsensfähigkeit befördert“, lautet eine weitere Antwort. Auch bei der offenen Frage, welche neuen Erkenntnisse aus dem Planspiel gewonnen wurden, lassen sich Indizien für Konsensentscheidungen und, damit einhergehend, ein gestiegenes Sozialkapital erkennen: „gutes Miteinander, wenig Egoismus“; „positiver Eindruck von den Einstellungen der Spielpartner aus den anderen Gemeinden“.

Am Ende des Planspiels gaben über 90 % der Teilnehmenden an, dass genügend Realitätsbezug vorhanden war. Bei der offenen Frage, was am Planspiel besonders gefallen habe, wurde der Praxis- bzw. Realitätsbezug oft genannt, wobei besonders die praxisnahe Entwicklung und Überprüfung der Bewertungskriterien hervorgehoben wurde.

Damit kann folgendes Ergebnis festgehalten werden: Weisen Planspiele einen hohen Realitätsbezug auf und geben sie die Möglichkeit, Konsensentscheidungen hervorzubringen, können hierdurch das Interesse an einer Thematik gefördert und, mehr noch, eine Änderung in der Realität angestoßen werden. So gaben rund 92 % an, dass das Planspiel ihr Interesse am Thema KIF gefördert habe. 75 % der Teilnehmenden gaben an, dass das Planspiel die Einstellung zur Gründung eines KIF verbessert habe. Diese hohe Zustimmung lässt sich auch aus einer Antwort auf die offene Frage, welche neuen Erkenntnisse aus dem Planspiel gewonnen wurden, herauslesen: „Nach [dem] Planspiel habe ich meine Meinung geändert und stehe dem KIF positiv gegenüber.“ Allerdings müssen für den erfolgreichen Einsatz gewisse Rahmenbedingen erfüllt sein, die jenseits der eigentlichen Planspielmethode liegen und abschließend erläutert werden sollen.

3.6 Rahmenbedingungen und Bewertung der beiden KIF-Planspiele

Wie eingangs erwähnt, waren die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen in den beiden Landkreisen bereits vor und während des Forschungsprojektes unterschiedlich. Dies führte dazu, dass auch die Planspiele unterschiedlich konzipiert werden mussten. Schon die grundsätzliche Bereitschaft, am Forschungsprojekt und damit auch an der Gestaltung eines solchen Fonds mitzuwirken, war bei den kommunalen Vertreter*innen der Landkreise sehr unterschiedlich. Waren im Landkreis Nienburg/Weser Vertreter*innen aller Städte und Gemeinden dazu bereit, konnten im Landkreis Gifhorn nur 9 der 41 Städte und Gemeinden als sogenannte „Praxispartner“ gewonnen werden. Zwar ließen sich bis zum Planspiel in Gifhorn zwei weitere Gemeindevertreter*innen für die Thematik des KIF begeistern, allerdings kann nicht davon gesprochen werden, dass die Notwendigkeit der Innenentwicklung als gemeinsame Aufgabe von allen relevanten Akteuren des Landkreises erkannt worden ist. Im Landkreis Nienburg/Weser hatten demgegenüber die meisten Teilnehmenden ein Verständnis darüber, dass Innenentwicklung der einzelnen Gemeinden als regionale Aufgabe verstanden werden muss. Auch war hier bereits die interkommunale Zusammenarbeit stärker erprobt, und so bestand ein grundsätzliches Vertrauen zwischen den Akteuren im Landkreis Nienburg/Weser. Zusätzlich war hier ein großes Engagement des Landkreises festzustellen, wodurch der Entwicklungsprozess insgesamt sehr gestärkt wurde.

Auch wenn die am Forschungsprojekt partizipierenden Akteure alle eine grundsätzliche Bereitschaft mitbrachten, für die gemeinsame Innenentwicklung ein passendes, neues Instrument zu erarbeiten, einzusetzen und langfristig zu nutzen, muss festgehalten werden, dass die Akteure des Landkreises Nienburg/Weser hier ein stärkeres Interesse mitbrachten. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass hier die Problemlage hinsichtlich der Innenentwicklung insgesamt größer und homogener war und damit von fast allen ein Handlungsdruck wahrgenommen wurde. Bei den teilnehmenden Gemeinden aus Gifhorn ließ sich dagegen ein unterschiedlich starker Handlungsdruck zwischen den verschiedenen Akteuren identifizieren, was nicht zuletzt auf die unterschiedlichen Siedlungsentwicklungen der Gemeinden zurückzuführen ist.

Festgestellt werden konnte im Nachgang zum Planspiel auch, dass die Akteure des Landkreises Nienburg/Weser einen stärkeren Bedarf hatten, die Ergebnisse des Planspiels in konkrete politische Handlungsempfehlung zu überführen. So kam es nur im Landkreis Nienburg/Weser zu einem weiteren Workshop, bei dem die Planspielergebnisse in eine Zweckvereinbarung und Förderrichtlinie überführt wurden. Diese bildeten die Grundlage für die spätere Implementierung des Fonds.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass beide Planspiele für das Thema sensibilisiert haben. In beiden Landkreisen haben die Teilnehmenden erkannt, dass das neue Instrument der Innenentwicklung funktioniert und sinnvoll ist. Jedoch ist es nur im Planspiel des Landkreises Nienburg/Weser gelungen, dass die Teilnehmenden an einer konkreten und passgenauen Ausgestaltung des Instruments gearbeitet haben. Dies liegt vor allem an den besseren Rahmenbedingungen. So waren hier u. a. der gesamte Prozess schon fortgeschrittener, die Zusammenarbeit schon eingeübt und der Handlungsdruck stärker ausgeprägt. Hiermit ergeben sich wichtige Hinweise, unter welchen Bedingungen Planspiele sinnvoll eingesetzt werden können, um neue Instrumente zu entwickeln.

4 Koproduktion durch Planspiele am Beispiel der Innenentwicklung

Das oben beschriebene Planspiel hat Akteure der kommunalen Politik und Verwaltung eingebunden, jedoch aufgrund der Ausgangslage weitere Akteure der Wirtschaft oder Zivilgesellschaft nicht adressiert. Der 2020 implementierte Fonds im Landkreis Nienburg/Weser sieht jedoch vor, dass zukünftig auch zivilgesellschaftliche Akteure als Antragsteller auftreten können. Es stellt sich somit die Frage, inwieweit Planspiele auch hier ein sinnvolles Instrument sein können, um eine gemeinsame Zielfindung und Weiterentwicklung des Fonds gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Akteuren zu erreichen. Abschließend soll daher erörtert werden, welches Potenzial Planspiele bieten, um Koproduktionen zwischen kommunalen und zivilgesellschaftlichen Akteuren zu ermöglichen.

4.1 Anwendungsbeispiele – Planspiele unter Beteiligung der Zivilgesellschaft, der Kommunalverwaltung und -politik im Kontext kommunaler Entwicklung

Voraussetzung dafür, dass Planspiele Koproduktionen befördern, ist, dass Akteure aus den unterschiedlichen Bereichen (Kommunalpolitik, kommunale Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft) daran partizipieren. Planspiele, die gleichermaßen kommunale und zivilgesellschaftliche Akteure einbinden, sind jedoch nicht weit verbreitet, weshalb zunächst auch auf Planspiele eingegangen wird, die nicht alle diese Akteursgruppen gleichermaßen adressieren. Im Zusammenhang mit dem eben vorgestellten Planspiel KIF liegt der Fokus dabei auf Planspielen, die sich vorrangig der kommunalen Entwicklung widmen.

Der Großteil der Planspiele, die sich an die Zivilgesellschaft richten und Kommunalentwicklung thematisieren, sind dem Bereich der politischen Bildung zuzuordnen und vorrangig für Schüler*innen konzipiert (Tischner 2010; Saaro und Lehmann 2017; Heil et al. 2018; Rappenglück 2018). Ziel solcher Planspiele ist es, das Interesse an der Kommunalpolitik zu fördern, um politische Beteiligung anzustoßen. Planspiele können aber auch für Studierende der Stadt- und Raumplanung eingesetzt werden, um sich mit Handlungsfeldern und Akteuren einer integrierte Stadtentwicklung vertraut zu machen, wodurch Fachwissen für die Planungspraxis erlangt werden kann (Jarass et al. 2018).

Da eine Gesetzesfolgenabschätzung vor Einführung neuer Regelungen sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene vorgeschrieben ist, werden auch hier Planspiele unter Beteiligung kommunaler Verwaltungsakteure eingesetzt. Gesetzesnovellen können somit unter realitätsnahen Bedingungen getestet werden, was den besonderen Vorteil mit sich bringt, dass Praxisakteure ihre Expertise in das Gesetzgebungsverfahren einbringen können, indem sie sich intensiv mit den neuen Vorschriften und Handlungssituationen auseinandersetzten (Führ et al. 2018, S. 84). Planspiele bringen somit deutlich fundiertere Ergebnisse hinsichtlich neuer Gesetze hervor als reine Anhörungsverfahren (ebd.). In diesem Zusammenhang wurde 2012 auch das „Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts“ in einem Planspiel getestet, bei dem Akteure aus unterschiedlichen Kommunen und Verwaltungsbereichen teilnahmen (Deutsches Institut für Urbanistik – Difu 2012). Planspiele mit unterschiedlichen Akteuren der Kommunalverwaltung kommen jedoch auch zum Einsatz, wenn neue Handlungsstrategien, etwa der Siedlungsrückzug als effektive Hochwasservorsorge (Greiving et al. 2018), oder neue Instrumente, wie der Einsatz von Flächenzertifikaten zur Reduzierung des Flächenverbrauchs und Stärkung der Innenentwicklung (Umweltbundesamt 2019), vor ihrem Einsatz getestet werden.

Das „Planspiel Innenstadt“, welches 2000/2001 vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in den Städten Celle und Halle (Saale) zum Einsatz kam, stellt nach jetzigem Kenntnisstand das einzige Planspiel dar, welches sich im Themenfeld kommunale Entwicklung bzw. Innenentwicklung verorten lässt und gleichsam kommunale, wirtschaftliche sowie zivilgesellschaftliche Akteure einbindet (Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung 2001). Ziel war es dabei, Strategien für eine nachhaltige Innenstadtentwicklung auf ihre Praxistauglichkeit zu testen. Dabei haben Bürger*innen und zivilgesellschaftliche Organisationen gemeinsam mit kommunalen Akteuren Projektideen erarbeitet und Planungs- und Umsetzungsvorschläge eingebracht. Dabei konnten u. a. folgende Ergebnisse erzielt werden (vgl. ebd. S. 15 ff.): Sensibilisierung für stadtentwicklungspolitische Zusammenhänge; Initiierung und Förderung der Bürger*innenmitwirkung; Erarbeitung eines Innenstadtentwicklungsprogramms sowie konfliktfreie und zeitlich beschleunigte Erarbeitung von Projektvorschlägen. Auf der Grundlage der Erfahrungen aus den KIF-Planspielen und den Ergebnissen des „Planspiel Innenstadt“ sollen im Hinblick auf Koproduktionen abschließend Möglichkeiten und Grenzen der Planspielmethode diskutiert werden.

4.2 Möglichkeiten und Grenzen am Beispiel der Innenentwicklung

Im Hinblick auf zivilgesellschaftliche Akteure können Planspiele die politische Partizipation fördern, indem Kennnisse über Partizipationsmöglichkeiten sowie Fähigkeiten vermittelt und, mehr noch, die Bereitschaft zur Partizipation ausgebaut werden (Engartner et al. 2015, S. 208). Ob sich hierdurch die politische Partizipation in der Realität erhöht, ist jedoch stark davon abhängig, wie bürgernah und einfach die Partizipationsmöglichkeiten im Planspiel präsentiert werden bzw. tatsächlich sind und ob sich die Teilnehmenden der Zivilgesellschaft die Partizipation auch zutrauen. Im Extremfall kann das Ergebnis eines Planspiels sein, dass diese Akteure zu dem Schluss kommen, dass eine Mitgestaltung zu viele Kompetenzen und Ressourcen benötigt, weshalb sie allein den politischen Akteuren überlassen werden sollte (Petrik 2018, S. 126 f.). An diesem Aspekt zeigt sich sehr gut, dass ein Planspiel auf die Bedürfnisse und Vorerfahrungen der Teilnehmenden zugeschnitten werden muss, wenn es Partizipation und mehr noch Koproduktion fördern will.

Eine notwendige Bedingung für das Hervorbringen von Koproduktionen durch Planspiele ist, dass sowohl kommunale, als auch zivilgesellschaftliche und/oder wirtschaftliche Akteure gemeinsam daran partizipieren. Die bloße Teilnahme kommunaler und zivilgesellschaftlicher Akteure führt jedoch nicht zwangsläufig auch zu Koproduktionen, im Sinne einer gemeinsamen Entscheidung, Planung und Bewertung in der Praxis. Um zivilgesellschaftliche Organisationen aktiv in kommunalpolitische Entscheidungs- und Planungsprozesse einzubeziehen und damit neue Formen der Zusammenarbeit zu fördern, müssen Planspiele daher gut organisiert sein und Koproduktionen aktiv als Ziel verfolgen.

Das „Planspiel Innenstadt“ hat gezeigt, dass Planspiele zur Thematik der Innenentwicklung zwar grundsätzlich dafür geeignet sind, Koproduktion hervorzurufen, diese jedoch unterschiedliche stark in Erscheinung treten oder auch gar nicht erst befördert werden können. Dabei können folgende vier Ziele eines Planspiels zur Innenentwicklung identifiziert werden, die sich in Hinblick auf eine Koproduktion unterschiedlich stark auswirken:

  1. 1.

    Sensibilisierung für die Thematik Innenentwicklung

    (keine Koproduktion)

  2. 2.

    Fähigkeiten und Bereitschaft zur Partizipation verbessern/Zusammenarbeit stärken (z. B. durch das Kennenlernen von Förderprogrammen und Instrumenten der Innenentwicklung)

    (Koproduktion durch verbesserte Zusammenarbeit)

  3. 3.

    Gemeinsame Entwicklung von Innenentwicklungsmaßnahmen

    (Koproduktion von Ideen/Maßnahmen)

  4. 4.

    Gemeinsame Entwicklung oder Modifizierung von (bestehenden) Instrumenten der Innenentwicklung (z. B. KIF)

    (Koproduktion von Innovationen)

Die Auswahl des jeweiligen Ziels ist dabei nicht nur von der Planerin bzw. vom Planer oder der Gemeinde abhängig, die ein entsprechendes Planspiel anstößt, sondern maßgeblich auch von den Akteuren, die eingebunden werden sollen. Je nachdem wie groß die Vorerfahrungen, emotionale Verbundenheit zur Thematik und die Motivation sind, können unterschiedliche Ziele in einem Planspiel gesetzt und erreicht werden.

Die unterschiedlichen Ziele der Planspiele zur Innenentwicklung machen deutlich, dass die gemeinsame Einbindung kommunaler und zivilgesellschaftlicher Akteure nicht per se auch als Methode der Koproduktion angesehen werden kann. Vielmehr ist entscheidend, ob im Planspiel eine verbesserte Zusammenarbeit gefördert wird oder Konzepte, Maßnahmen oder gar Instrumente gemeinschaftlich entwickelt werden. Planspiele, die kommunalpolitische sowie zivilgesellschaftliche Akteure gleichberechtigt einbinden, zeigen jedoch, dass hieraus innovative Projekte und Ideen für die Entwicklung von Kommunen generiert werden und zugleich neue Formen der Zusammenarbeit und damit kommunale Netzwerke aufgebaut werden können (Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung 2001; Mayer et al. 2004). In diesem Sinne wäre auch ein KIF-Planspiel grundsätzlich geeignet, zukünftig zivilgesellschaftliche Akteure aktiv und gleichberechtigt einzubinden, um damit Koproduktionen anzustoßen. So könnten beispielsweise Innenentwicklungsmaßnahmen gemeinsam erarbeitet (Koproduktion von Ideen/Maßnahmen) und der KIF damit auf seine Praxistauglichkeit hinsichtlich zivilgesellschaftlicher Projektanträge getestet werden. Auf diese praxisnahen Erfahrungen aufbauend, könnte der Fonds folglich an die Bedarfe der Zivilgesellschaft angepasst werden (Koproduktion von Innovationen).

Da Planspiele auch immer zu einer Perspektivenvielfalt verhelfen (Kriz 2009, S. 574), sind sie für Koproduktionen besonders geeignet. Zudem können die unterschiedlichen Akteursgruppen verschiedene Alternativen einer Problemlösung einbringen und ausprobieren (ebd.). Dies eignet sich gerade dann, wenn sich die Lösungsansätze der kommunalen und zivilgesellschaftlichen Akteure stark voneinander unterscheiden und ein Konsens in der Realität erschwert ist.

Ein erfolgreicher Einsatz der Methode zur Förderung von Koproduktionen ist jedoch nur dann möglich, wenn aufseiten der kommunalen Vertreter*innen die Bereitschaft zur gemeinschaftlichen Entwicklung und Umsetzung neuer Ideen oder innovativer Instrumente besteht. Denn auch wenn sich die unterschiedlichen Akteursgruppen im Planspiel auf Augenhöhe begegnen, liegt die Entscheidungs- und Umsetzungsgewalt in der Praxis (zunächst noch) bei den kommunalen Akteuren. Auf der Seite der Zivilgesellschaft muss hingegen eine Grundbereitschaft bestehen, sich aktiv beteiligen und einbringen zu wollen, damit die Planspielmethode sinnvoll eingesetzt werden kann. Allerdings können Planspiele auch dazu verhelfen, die Partizipationsbereitschaft selbst zu fördern, indem Partizipationsmöglichkeiten überhaupt erst sichtbar werden oder die Teilnehmenden Kompetenzen erwerben, die für eine erfolgreiche Mitarbeit notwendig sind.

Planspiele erfordern einen sehr hohen Planungs-, Durchführungs- und Auswertungsaufwand. Der Einsatz der Methode setzt also einen starken Willen der kommunalen Akteure und entsprechende Ressourcen voraus, um diesen Aufwand zu betreiben und somit Koproduktion zu ermöglichen. Je nach Ziel und Vorerfahrung der Beteiligten ist auch die bloße Teilnahme am Planspiel mit hohem Aufwand verbunden (bei KIF z. B. anderthalb Tage pro Teilnehmendem), weshalb der Mehrwert der Methode im Vorfeld deutlich kommuniziert werden muss. In diesem Zusammenhang sollte auch abgewogen werden, ob das Planspiel grundsätzlich für alle zivilgesellschaftlichen Akteure zugänglich gemacht werden soll oder nur ausgewählte Personen und Organisationen daran beteiligt werden. Während sich bei den bisherigen KIF-Planspielen die angesprochenen Akteure klar definieren ließen, ist dies bei offenen Strukturen der Zivilgesellschaft weniger gut möglich. Der Einsatz der Planspielmethode kann hier dennoch sinnvoll sein, um einerseits Bedarfe der Zivilgesellschaft zu integrieren und um andererseits die zivilgesellschaftlichen Akteure zur Teilhabe in der kommunalen Praxis zu befähigen. Allerdings muss hierbei beachtet werden, dass die Planspielergebnisse vermutlich nur weniger stark verbindlich sein können. Grund hierfür ist, dass die (weiter)entwickelten Instrumente so ausgestaltet werden müssen, dass sie im Sinne einer partizipationsfördernden Politik auch jene zivilgesellschaftlichen Akteursgruppen adressieren, die am Planspiel selbst nicht mitgewirkt haben.

Trotz all dieser Grenzen liegt der große Mehrwert der Methode in der aktiven Beteiligung der Zivilgesellschaft bei kommunalpolitischen Entscheidungen. Hierdurch ergibt sich eine Reihe von Vorteilen (Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung 2001, S. 22): Das zivilgesellschaftliche Interesse an der Kommunalpolitik kann gestärkt und damit können Distanzen zwischen den beiden Akteursgruppen abgebaut werden. Kommunalpolitische Entscheidungen werden durch die Beteiligung der Zivilgesellschaft legitimiert und Entscheidungsprozesse transparenter gemacht. Die offene und diskussionsfreudige Planspielmethode fördert zudem innovative Ideen und Lösungsstrategien. Der offene Austausch baut ein wechselseitiges Verständnis und Vertrauen unter den Akteuren auf, stärkt damit die Kooperationsbereitschaft und begünstigt Konsensentscheidungen.

Kritisch anzumerken ist abschließend jedoch, dass viele dieser Vorteile auch durch kostengünstigere Formate, wie etwa Bürgerforen, erreicht werden können. Es sollte daher im Vorfeld gut abgewogen werden, ob ein Planspiel und die damit einhergehenden Kosten notwendig sind, um die entsprechenden Ziele zu erreichen. Wie bereits erläutert, liegt die Stärke der Planspielmethode in der gemeinsamen Zielentwicklung, -anpassung und der Entwicklung von Alternativen, sodass sie sich besonders bei neuen Instrumenten und Lösungen eignet. Sie sollte jedoch niemals zu Beginn eines Planungsprozesses eingesetzt werden, da auch hier andere, weniger aufwendigere Formate wie z. B. Workshops oder Bürgerforen zunächst zweckdienlicher sind. Das KIF-Planspiel aus dem Landkreis Gifhorn hat dabei gezeigt, dass die Methode eher ungeeignet ist, wenn ein Problem noch nicht von allen relevanten Akteuren gleichermaßen erkannt ist und es zunächst um eine (erste) Problemdefinition und Bestandsaufnahme für ein bestimmtes Thema gehen soll. Darüber hinaus haben die KIF-Planspiele aus Nienburg verdeutlicht, dass die Methode umso erfolgreicher ist, je besser sich die Akteure untereinander kennen und je eingeübter die Zusammenarbeit schon vor dem eigentlichen Planspiel ist. Dieser Aspekt kann den Einsatz der Planspielmethode mit zivilgesellschaftlichen Akteuren zusätzlich limitieren. Sind sich die unterschiedlichen Akteure noch wenig bekannt und vertraut, sollte auch hier (zunächst) auf andere Formate zurückgegriffen werden, bevor ein Planspiel durchgeführt wird.

„An das Thema [KIF] muss unbedingt durch so einen Workshop herangeführt werden“, lautete das Fazit eines Teilnehmers in der Abschlussevaluation des Planspiels in Nienburg/Weser. Hiermit wird deutlich, dass vor allem neue Instrumente einen offenen Raum des Ausprobierens benötigen und erfahrbar gemacht werden sollten, bevor sie in die kommunale Praxis überführt werden. Planspiele, die auf den jeweiligen Kontext zugeschnitten sind und eine gleichberechtigte Teilhabe unterschiedlicher Akteursgruppen berücksichtigen, können unter bestimmten Voraussetzungen Koproduktionen initiieren und damit eine Reihe positiver Effekte für die beteiligten Akteure hervorbringen. Dabei beschränkt sich der Einsatzbereich nicht nur auf Fragen der Innenentwicklung. Die Methode lässt sich auf viele weitere Themen und Handlungsfelder der Kommunalpolitik übertragen, in denen neue Formen der Zusammenarbeit angestoßen werden sollen.