Zusammenfassung
Wild Cards, Vorstellungen von wenig wahrscheinlichen, doch wirkungsstarken künftigen Ereignissen, erwecken Emotionen. Sie können verunsichern, erzeugen als Ausdruck von Befürchtungen Ängste, drücken bisweilen auch offene oder verborgene Hoffnungen aus. Und wenn ein derartiges Ereignis eintritt, überrascht es in der Regel die Betroffenen. Am Beispiel der Generierung und Formulierung von Wild Cards wird aus Sicht eines Praktikers das Wechselspiel von Kognition und Emotion in Zukunftsstudien untersucht. Bei der Arbeit mit Wild Cards kommt es darauf an, auch das Unwahrscheinliche und auf den ersten Blick wenig Plausible zuzulassen und mit Ungewissheit produktiv umzugehen. Die dabei wirksamen emotionalen Aspekte werden sowohl aus der Perspektive von Teilnehmenden von Workshops zur Generierung von Wild Cards als auch aus Perspektive der Moderation dargestellt und analysiert. Während Wild Cards als Gedankenspiel eine emotionale Distanzierung von ihren Inhalten erlauben, entsteht während der konkreten Imagination von Wild Cards als reale Möglichkeit in Form von Miniatur-Szenarios auch eine persönliche Betroffenheit.
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Notes
- 1.
Gemäß der Chatham House-Regel dürfen die Inhalte eines Meetings zwar weitergegeben, aber nicht einer bestimmten Person oder Personengruppe zugeschrieben werden.
- 2.
STEEP = Society, Technology, Economy, Environment, Politics.
- 3.
Bisweilen ist es aber schon spannend – für mich, der ich ja auch Autor von Science-Fiction bin – wer gerade SF-typische Wild Cards wie „Alien Invasion“ einbringt.
- 4.
„Thinking about the Unthinkable“ (1962) ist einer der bekanntesten Buchtitel des amerikanischen Futurologen.
- 5.
- 6.
Allein schon die häufig genutzte Charakterisierung als Störereignis impliziert eine negative Wertung. Jede Störung ist mit Unsicherheit und Verlusten verbunden.
- 7.
Wie etwa im Falle der „Risikoanalyse Bevölkerungsschutz Bund: Pandemie durch Virus ‚Modi-SARS‘“ aus dem Jahr 2012 – Deutscher Bundestag (2013).
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Steinmüller, K. (2022). Wilde Zukünfte. In: Schäfer, K., Steinmüller, K., Zweck, A. (eds) Gefühlte Zukunft. Zukunft und Forschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35890-7_13
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