Zusammenfassung
Der Zweite Weltkrieg hat vielerorts in Europa ein verheerendes Ausmaß der Zerstörung hinterlassen und so einen abrupten Wandel der Stadträume ausgelöst. Mit dem gebauten Erbe sind auch Erinnerungsorte der kollektiven kulturellen Vergangenheit aus den historischen Zentren verschwunden. In Hildesheim und Riga haben zwei solcher Orte nach mehr als vierzig Jahren ihren Weg zurück ins Stadtbild gefunden. Unterstützt von Stimmen aus der Bevölkerung wurden das Knochenhaueramtshaus und das Schwarzhäupterhaus nach historischem Vorbild rekonstruiert. Doch was steckt hinter dem späten Wiederaufbau? Bei einer näheren Betrachtung der historischen, politischen und soziokulturellen Rahmenbedingungen seit Kriegsende zeigen sich in beiden Städten trotz zahlreicher Unterschiede auch gewisse Parallelen: es fand in beiden Fällen nicht nur ein räumlicher Wandel statt, sondern ebenso ein politischer und soziokultureller. Angesichts der Tatsache, dass sich die Lebenswelt der Stadtgesellschaften umfassend veränderte, schien ihre Sehnsucht nach Stabilität, Orientierung und Kontinuität zu steigen. So kann der Wunsch zum Wiederaufbau eines historischen Bauwerks möglicherweise als Versuch gedeutet werden, eine ins Wanken geratene Identität wiederherzustellen und sich in einer rasant verändernden Lebenswelt ein Stück Beständigkeit zu verschaffen.
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Al-Alawi, S. (2022). Das historische Zentrum im Wandel. In: Altrock, U., Kunze, R., Kurth, D., Schmidt, H., Schmitt, G. (eds) Baukultur in der Stadterneuerung. Jahrbuch Stadterneuerung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35827-3_6
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