Zusammenfassung
Das Projekt der europäischen Integration ist in eine ernsthafte Krise geraten: Wie schon zuvor im Fall der Flüchtlingsmigrationswelle des Jahres 2015 zeigte sich auch nach dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie Anfang des Jahres 2020 eine eklatante Kluft zwischen der vielfach konstatierten Notwendigkeit gemeinsam abgestimmten Handelns und der unilateralen Krisenreaktion der Mitgliedstaaten. Dazu gesellen sich die Sorgen vor einer Marginalisierung der supranationalen Ebene durch einen „neuen Intergouvernementalismus“, der sich primär im Aufbau intergouvernementaler Parallelstrukturen infolge der Krise des Euro-Systems äußerte, bis hin zur Befürchtung eines vollständigen Zerfalls der Europäischen Union, sollte die britische Entscheidung zum Austritt aus der Gemeinschaft Nachahmer finden. Den globalen Kontext dieser Krisenerscheinungen bildet ein Diskurs über eine „Abkehr vom Multilateralismus“ und eine Rückbesinnung auf rein nationale Nutzenerwägungen, der vor allem seit der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika an Dynamik gewonnen hat.
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Notes
- 1.
Zum 1. Juli 2020 wurde das NAFTA durch das Nachfolgeabkommen USMCA abgelöst. Aufgrund der weithin unveränderten Struktur des Abkommens, insbesondere in Bezug auf den hier im Mittelpunkt stehenden Energiesektor, erscheint es aber legitim, von einem Freihandelsabkommen zu sprechen.
- 2.
Dafür hat in den vergangenen Jahren die Zahl wirtschaftswissenschaftlicher Arbeiten zu den Effekten des Systems merklich zugenommen (Joltreau u. Sommerfeld 2019; Daskalakis 2018; Koch u. Basse Mama 2019).
- 3.
Auf die Fülle an Arbeiten, die die einzelstaatliche Politikformulierung im Kontext des europäischen Rahmens und damit verbundene Wechselwirkungen zwischen nationaler und supranationaler Ebene analysieren, (etwa Assmann (2016); Lüpke u. Wietschel (2021); Mez (2016); Newbery (2017) sowie Saerbeck u. Jörgens (2021)) kann hier nicht umfassend eingegangen werden.
- 4.
Anhaltspunkte für die Kontroversität der einzelnen verhandelten Aspekte bot neben in der Presseberichterstattung oder offiziellen Dokumenten wiedergegebenen Äußerungen beteiligter Individuen insbesondere der Zeitpunkt der Einigung: Grundsätzlich wurde davon ausgegangen, dass eine Bestimmung umso umstrittener war, je später im Entscheidungsprozess sich alle beteiligten Akteure auf sie einigten oder sie ablehnten.
- 5.
Hierbei ist anzumerken, dass die Verfügbarkeit von Dokumenten der Organe der Europäischen Gemeinschaft vor allem für die ersten Jahre des Analysezeitraums prekär ist. Insbesondere Dokumente des Rates konnten häufig auch auf Anfrage nicht beschafft werden. Auch die Nutzbarkeit der Dokumente für den Analysezweck variiert erheblich: Während gerade Protokolle der Plenar- und Ausschusssitzungen des Europäischen Parlaments Aufschluss über die interne Meinungsbildung geben, ist dies bei Dokumenten des Rates nur sehr eingeschränkt der Fall, da hier Sitzungsprotokolle nicht öffentlich zugänglich sind.
- 6.
Um eine gewisse Vergleichbarkeit der Aussagen zu gewährleisten, wurden jeweils einige an den forschungsleitenden Hypothesen orientierte Rahmenfragen allen befragten Akteuren gestellt. Darüber hinaus orientierte sich der jeweilige Interviewleitfaden an den nach Analyse der verfügbaren Dokumente verbleibenden Erkenntnislücken. Aufgrund der erwähnten Unterschiede in der generellen Verfügbarkeit von Dokumenten war der Bedarf an Interviews in Bezug auf die Entscheidungsprozesse in Nordamerika deutlich größer als in Bezug auf die Europäische Union.
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Haas, S. (2021). Einleitung: Transnationale Koordination im Energiesektor als Gegenstand der Politikforschung. In: Transnationale Klima- und Energie-Governance. Energiepolitik und Klimaschutz. Energy Policy and Climate Protection. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35570-8_1
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