Zusammenfassung
Die Soldatin bildete im 17. Und 18. Jahrhundert in mehrfacher Hinsicht eine ambigue Persona: Sie verkörperte die Transgression einer Norm und eignete sich gleichzeitig zur Implementierung von Normen; sie konnte als deviante Figur mit maximaler entehrender Sanktion bestraft oder als patriotische Heldin gefeiert werden, sie existierte als reale wie als imaginäre Figur. Nach den realen wie imaginären Vorbildern weiblicher Kriegerinnen werden zunächst prekäre Lebensläufe von Frauen vorgestellt, deren Geschlechtertausch hart sanktioniert wurde. Dem folgen Beispiele von Aneignungen, durch die Frauen temporäre Handlungsspielräume erfolgreich nutzten. Als normale Ausnahmen trugen die Soldatinnen insgesamt eher zur Festigung traditioneller Geschlechterrollenzuweisungen als zu deren Subversion bei, da sie als Ausnahme stets normativ auf das ‚Normale‘ verwiesen.
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Notes
- 1.
- 2.
- 3.
Die soziale Fallhöhe lässt sich durch einen Blick in die prekäre Praxis der Leichenbeschaffung in der zeitgenössischen Anatomie ermessen; vgl. Kloth und Aumüller (2018, S. 79–82).
- 4.
- 5.
- 6.
- 7.
- 8.
- 9.
Vgl. Daston (2003).
- 10.
‚Frauen in Uniform‘ bezieht sich hier auf Frauen einfacher sozialer Herkunft, die unerkannt unter männlicher Identität Solddienst leisteten, nicht auf adelige Frauen oder Regentinnen, die sich in Uniform porträtieren ließen, „weibliche Regimentschefs“ Weißbrich (2016) oder Frauen, die als Frauen an der Verteidigung einer Stadt mitwirkten. Über die „Vernetzung“ innerhalb der Regimenter jenseits kameradschaftlicher Anerkennung fehlen bei der hier analysierten Personengruppe auch schlicht die Quellen, vgl. auch Anmerkung 72. Zu den Netzwerken der Gelehrtenrepublik vgl. Füssel (2019).
- 11.
Vgl. Greenblatt (1980).
- 12.
De Certeau (1988, S. 89).
- 13.
Ebd.
- 14.
- 15.
- 16.
- 17.
Zitiert nach: Steinberg (2001, S. 87).
- 18.
Zitiert nach: Hein (1914, S. 42, 48–50).
- 19.
Vgl. Berkovich (2017, S. 128–164).
- 20.
Zu den Motiven vgl. Dekker und van de Pol (1990, S. 41–65).
- 21.
Von Beust (1743, S. 307).
- 22.
Von Beust (1756, S. 753).
- 23.
Vgl. Burkhardt (1997).
- 24.
Vgl. Dekker und van de Pol (1990, S. 11 und 136–142).
- 25.
Vgl. Füssel (2018b).
- 26.
Vgl. Engelen (2005, S. 361).
- 27.
Vgl. Wilson (1996, S. 152 f.).
- 28.
- 29.
Rustaing de Saint-Jory (1736, S. 101).
- 30.
Vgl. Fietze (1996).
- 31.
- 32.
- 33.
Vgl. Dekker und van de Pol (1990, S. 84 f.).
- 34.
Ebd., S. 86.
- 35.
Ebd., S. 100.
- 36.
Ebd., S. 87.
- 37.
Vgl. Kersteman (1988).
- 38.
Vgl. Steidele (2004).
- 39.
Vgl. ebd., S. 7–44.
- 40.
Vgl. ebd., S. 51 f.
- 41.
Ebd., S. 49 f.
- 42.
Ebd., S. 148.
- 43.
Vgl. ebd., S. 131–134.
- 44.
Anders verlief die autobiographische Selbstvermarktung bei der Britin Hannah Snell 1723–1792, die 1750 eine von einem Ghost-Writer verfasste Lebensbeschreibung publizierte, und bei der in ihre Fußstapfen tretenden Amerikanerin Deborah Sampson 1760–1827, deren von Herman Mann geschriebene Memoiren 1797 erschienen, vgl. Füssel (2011, S. 172–176).
- 45.
- 46.
Préchac (1727, S. 3).
- 47.
Ebd., S. 8.
- 48.
Vgl. ebd., S. 495–500.
- 49.
Vgl. Tranchant und Ladimir (1866, S. 293–310).
- 50.
Vgl. Lynn II (1997, S. 344).
- 51.
[Anonym] (1703).
- 52.
[Anonym] (1702).
- 53.
Ebd., S. 325.
- 54.
Ebd., S. 326 f.
- 55.
- 56.
[Abelinus und Merian] (1707, S. 77).
- 57.
Ebd.
- 58.
Vgl. Laffin (1968, S. 25 f.).
- 59.
Ebd.
- 60.
Lynn II (2002, S. 76–79).
- 61.
von Fleming (1726 [1967], S. 493).
- 62.
Ebd.; Mercurii Relation (1700).
- 63.
[Anonym] (1833, S. 614 f.).
- 64.
Von Duncker (1893, S. 231–234).
- 65.
Vgl. Reisinger (2001, S. 59–73).
- 66.
Keinen Eingang fanden die ‚Soldatinnen‘ bezeichnenderweise in Gauhe 1716. Mit Jeanne d’Arc, der Judith des Alten Testaments und der Böhmin Wlasta bleibt der Kreis der Heldinnen darin trotz des Titels ziemlich überschaubar. Aus den Forschungen des einschlägigen Freiburger SFBs 948 „Helden-Heroisierungen-Heroismen“ vgl. zum Thema u.a. Hauck (2018).
- 67.
- 68.
Zur Amazone in der zeitgenössischen höfischen Festkultur vgl. Watanabe-O’Kelly (2009, S. 127–147).
- 69.
In der Universitätsbibliothek Altdorf präsentierte man das Skelett eines Croaten, den die Altdorfer während des Dreißigjährigen Krieges im Wald erschlagen hatten, das auf dem ebenfalls skelettierten Pferd des Winterkönigs saß. Vgl. Will (1795, S. 170).
- 70.
Vgl. Füssel (2011, S. 174, 176).
- 71.
Vgl. Link (2013).
- 72.
Die für militärische Verbände typische Kleingruppen-Kohäsion von Männern gleicher lokaler Herkunft muss auf Grund der Rekrutierungsmechanismen bei Soldatinnen als unwahrscheinlich gelten, das schloss „cameradschaftliches“ Verhalten etwa der Bindung an die ‚Zeltgemeinschaft‘ von fünf bis acht Personen nicht aus (dem bereits antiken „contubernium“), kann aber kaum als ‚Vernetzung‘ in einem ‚Netzwerk‘ gewertet werden. Bei den in Unteroffiziersränge aufgestiegenen Frauen ist eine deutlichere Vernetzung zweifellos denkbar, aber in der Überlieferung kaum greifbar. Zu Netzwerken in der preußischen Armee des 18. Jahrhunderts vgl. Winkel (2013), zur Semantik der „Cameradschaft“, S. 31.
- 73.
Das galt für viele männliche Domänen, die während eines Krieges auch Frauen zugänglich wurden, vgl. Füssel (2020).
- 74.
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Füssel, M. (2022). Zwischen Devianz und Heldentum: Die ‚Soldatin‘ als eine ambigue Persona des 17. und 18. Jahrhunderts. In: Dziudzia, C., Klimek, S. (eds) Gelehrte Frauen der Frühaufklärung. Frauen in Philosophie und Wissenschaft. Women Philosophers and Scientists. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35296-7_6
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