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Max Webers Bürokratiemodell

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Organisationstheorien von Weber bis Weick
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Zusammenfassung

Max Webers Bürokratiemodell repräsentiert nur einen Teil der von ihm bearbeiteten Fragestellungen der Wissenschaftstheorie, Sozialökonomie, Soziologie (insbesondere der Rechts- und Religionssoziologie) sowie Universalgeschichte. Er hat Prozesse der Bürokratisierung jedoch tiefgründiger erfasst als die meisten Sozialwissenschaftler vor und nach ihm. Die Weise, wie er diese Prozesse verstand, hängt dabei eng mit seiner Persönlichkeit und Lebensthematik, auf die das Kapitel abschließend eingeht, zusammen.

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Notes

  1. 1.

    Die vier Länder werden hier in der Rangfolge von Alter und Stabilität ihrer demokratischen Institutionen aufgeführt. Danach hat Großbritannien als erstes Land und am kontinuierlichsten einen parlamentarisch regierten Rechtsstaat verwirklicht, Deutschland nach dem Misslingen der Revolution von 1848 und den von Bismarck und Wilhelm II sehr eigenmächtig gehandhabten Institutionen des 1871 gegründeten Deutschen Reiches am spätesten. Nach Wirtschaftskraft pro Einwohner geordnet, lautete die Rangfolge um 1870: Großbritannien, USA, Frankreich, Deutschland, nur vier Jahrzehnte später um 1910 aber: USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich (nach Landes 1983).

  2. 2.

    Es ist, als ob für Weber das oben erwähnte Dilemma seichter Breite und schmaler Tiefe (s. Abschn. 4.3) nicht gegolten hätte. Unter Sozialwissenschaftlern kommt ihm hierin der ebenfalls äußerst belesene Niklaus Luhmann wohl am nächsten. Anders als Luhmann aber, der die von ihm erfassten, nicht selten sehr entlegenen Quellen des Wissens regelmäßig nur (und öfters ziemlich gewaltsam) als Belege für die ihn über alles interessierende Systemtheorie interpretiert, diskutiert Weber seine interdisziplinär gewonnenen Belegstellen stets in Begriffen und unter Verwendung der Standards der Fachwissenschaft, der er sie entnommen hat. Sinologen, Indologen, Althistoriker, Theologen, Musikwissenschaftler, Psychologen usw. können deshalb mit Webers Beiträgen zu ihren Disziplinen etwas anfangen, ohne zuvor – wie es bei Luhmann unumgänglich ist – den Standpunkt eines fachfremden theoretischen Ansatzes einnehmen zu müssen.

  3. 3.

    Ibid. S. 4 ff.; zu dieser Protestantismus-These Webers, die neben seinem Bürokratiemodell, dem Wertfreiheitspostulat und der idealtypischen Methode sein am besten bekanntes Lehrstück ist, vgl. im übrigen v. a. Weber 1920. Dabei gilt es zu beachten, dass wir uns als Angehörige der wissenschaftlich entzauberten, säkularisierten Welt des 19. und 20. Jahrhunderts kaum noch vorzustellen vermögen, wie stark einst die „lebensumwälzende Macht“ religiöser „Heilsprämien“ wirkte (im Falle der protestantischen Wirtschaftsethik prämierten sie ein methodisch rationales Berufs- und Privatleben, vgl. ibid., Anm. S. 40). Weber zufolge erschwert vor allem dies ein angemessenes Verständnis des von der Protestantismus-These entdeckten Zusammenhangs, dass einer „der konstitutiven Bestandteile des modernen kapitalistischen Geistes“, nämlich „die rationale Lebensführung auf Grundlage der Berufsidee, […] aus dem Geist der christlichen Askese“ geboren ist: „Die innerweltliche protestantische Askese […] wirkte […] mit voller Wucht gegen den unbefangenen Genuss des Besitzes […] Dagegen […] sprengte [sie] die Fesseln des Gewinnstrebens, indem sie es […] direkt als gottgewollt ansah“ (ibid. S. 202, 190).

  4. 4.

    Weber berücksichtigt frauenemanzipatorische Forderungen sprachlich zwar kaum – nicht anders als so gut wie alle seine zeitgenössischen Kollegen. Die beruflichen Aktivitäten seiner Frau Marianne Weber, die in der bürgerlichen Frauenbewegung mit bedeutenden eigenen Werken hervortrat, oder seiner Lieblingsschülerin Else Jaffé – von Richthofen unterstützte er jedoch vorbehaltlos und uneigennützig.

  5. 5.

    Mit dem gleichen Prinzip erschloss sich Weber die ihm aufregend neuartige Welt der Vereinigten Staaten, in denen er zusammen mit Marianne Weber vom August bis Dezember 1904 weilte: „Sein heftiges Interesse an der neuen Welt lässt ihn den Mangel gewohnter Annehmlichkeiten kaum bemerken, […] er will alles liebend verstehen, sich möglichst viel einverleiben […] [So] lehnt er alle aus der Fremdheit stammende Kritik des Neuen erst einmal ab – er nimmt seine Partei, verwandelt sich gleichsam hinein, um ihm gerecht zu werden […] er findet dank seines Temperaments und wohl auch seines überschauenden Wissens und wissenschaftlichen Interesses erstmal grundsätzlich alles schön und besser als bei uns – die Kritik kommt dann erst später […] [Er ärgert sich] über die deutschen Mitreisenden, die nach 1½ Tagen New York über Amerika stöhnen […]“ (Marianne Weber 1926, S. 294 f.).

  6. 6.

    Das um 1990 erneut sehr modisch gewordene „ganzheitliche Denken“ in der organisatorischen Theorie und Praxis wäre von Weber wahrscheinlich als eine solche zu einem illusorischen Ganzen sich aufblähende „Zusammennahme aller möglichen Einseitigkeiten“ kritisiert worden.

  7. 7.

    Das harte Urteil, das vor einigen Jahren Dirk Käsler über das „Lebensbild“ Marianne Webers, der ihr Gatte angeblich „im Grunde ‚fremd‘ blieb“, gefällt hat (Käsler in Weiss 1989, S. 32), ist m. E. völlig verfehlt.

  8. 8.

    Auch der weit weniger puritanische Ernst Bloch hat übrigens einmal die Ehe, nicht „die Landabenteuer der Liebe“, mit einer „großen Schifffahrt“ verglichen („Prinzip Hoffnung“, Kap. 21).

  9. 9.

    Dieses Schema gibt einen Überblick über die den Weber-Kreis betreffenden Beziehungsgeschichten, die M. Green veröffentlicht hat (1976). Else Jaffé-v. Richthofen, Gattin des wohlhabenden Gelehrten und linksorientierten Politikers Edgar Jaffé, Freundin Marianne Webers und Webers letzte Geliebte, war danach vorübergehend mit Otto Gross, der mit ihr ein Kind zeugte, sowie (vor allem nach dem Tode Edgar Jaffés im Jahre 1921) mit Max Webers Bruder Alfred Weber liiert. Otto Gross hatte außerdem eine für ihn besonders wichtige Liebschaft mit der unglücklich verheirateten Frieda Weekley-v. Richthofen, Elses Schwester, die im Übrigen als „Liebesgöttin“ und spätere Ehefrau des Schriftstellers D.H. Lawrence prominent wurde. Über Lawrence ließen sich die vom Schema angedeuteten Privataffairen auch mit der ungefähr gleichzeitigen erotischen Emanzipationsbewegung des englischen Bloomsbury-Kreises verknüpfen, über Otto Gross mit derjenigen in der Münchner Bohème, in Wien und in Zürich/Ascona (über die St.Galler Dichterin Regina Ullmann, deren zusammen mit Otto Gross gezeugte Tochter Camilla zeitweise von Else Jaffé in Heidelberg betreut wurde, verlaufen sich feine Zeitgeistfäden dieser Art sogar bis in die Ostschweiz). – Im allgemeinen zuverlässig informieren über diese Zusammenhänge vor allem Marianne Weber 1926, Green 1976, Baumgarten 1977, Hurwitz 1978, 1979, Schwentker 1988 und Roth 1989. Einseitig positiv für Gross und negativ gegen Weber voreingenommen ist Sombart 1976 (vgl. dazu als wichtige Korrektive Baumgarten 1977 und Hurwitz 1979); Sombarts psychohistorische Untersuchungen (1987, 1991) wirken dennoch anregend.

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Walter-Busch, E. (2021). Max Webers Bürokratiemodell. In: Organisationstheorien von Weber bis Weick. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35125-0_5

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

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  • Online ISBN: 978-3-658-35125-0

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