Zusammenfassung
In diesem Buch haben wir verschiedene Wege betrachtet, wie Wahlrechte für Denizens erweitert worden sind. Zunächst haben wir uns mit dem Begriff „Denizenwahlrecht“ beschäftigt und die Varianten kennengelernt, wie dies in verschiedenen Ländern umgesetzt wurde. Dabei konnten wir einen wachsenden, demokratieübergreifenden Trend der Ausweitung der Rechte auf Denizens feststellen, der aber sehr heterogen verläuft.
„The case of alien suffrage is typically supported by versions of liberalism premised on equality and autonomy with a splash of cosmopolitanism (i.e. the putative international right to democracy) and the desire to bring voting rights to a continuum of inclusion rather than confine them to the dichotomies of membership (i.e. yes/no, in/out).“ – Jo Shaw (2003).
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Notes
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So wird einerseits kritisiert, dass in einigen Demokratien das demokratische Repräsentationsdefizit schlichtweg ignoriert würde (sprich es keine Bestrebungen für ein Denizenwahlrecht gäbe, obwohl man sie aufgrund universeller postnationaler Einflüsse erwarten müsste). Andererseits ist es aus Sicht des Postnationalismus erklärungsbedürftig, warum Wahlrechte für Denizens meist auf die lokale Ebene beschränkt bleiben, obwohl nach postnationaler Auffassung Veränderungen doch insbesondere auf nationaler Ebene zu erwarten wären. Aus meiner Sicht ist Soysals Ansatz in dieser Hinsicht mehrdeutig. Es wird keineswegs gesagt, dass Änderungen nur auf nationaler Ebene stattfinden müssten. Im Gegenteil, der Trend zu einer postnationalen Mitgliedschaft führt zu Kontroversen auf verschiedenen Ebenen – auch der lokalen – und zu Diskussionen über die Bedeutung nationaler Zugehörigkeit. Die Ausweitung des Wahlrechts auf Denizens ist ein Beispiel, wie Rechte mehr und mehr an die Person (als ein Menschenrecht) gebunden werden, unabhängig vom Nationalstaat.
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Sicherlich impliziert das Prinzip „Integration durch Einbürgerung“ nicht unbedingt Homogenitätsanforderungen oder einen Exklusivitätsanspruch an die sich Einbürgernden, allerdings ist es in der Praxis häufig so, dass entweder ein Verzicht auf andere Staatszugehörigkeiten verlangt wird (Exklusivität) oder gewisse Integrationskurse mit dazugehörigen Prüfungen usw. erforderlich sind (um eine gewisse Homogenität bzw. Kompatibilität sicherzustellen).
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Man sollte denken, dass – wie im Fall von Kanada, wo die Einbürgerung einfach geregelt ist und doppelte Staatsbürgerschaft weitgehend toleriert wird – eine Ausweitung des Wahlrechts auf Denizens eigentlich überflüssig ist. Allerdings sollte man Einbürgerung nicht mit Integration gleichsetzen und nicht die grundsätzliche Notwendigkeit demokratischer Legitimität übersehen. Bei der Ausweitung des Wahlrechts auf Denizens geht es nicht darum, die nationale Identifikation zu erhöhen, sondern die demokratische Legitimation. In Bezug auf Kanada hat Munro z. B. angemerkt, dass sich US-Amerikaner*innen im Vergleich zu anderen Migrant*innen aus weiter entfernten Regionen seltener einbürgern lassen, was allerdings nicht gleichbedeutend damit ist, dass sie sich weniger für das kanadische Gemeinwesen interessieren oder einsetzen würden (2008, S. 73).
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Aleinikoff und Klusmeyer verweisen in diesem Zusammenhang auch darauf, dass die Teilnahme an Wahlen Nichtstaatsbürger*innen die politische Kultur nahebringen und ein Zugehörigkeitsgefühl vermitteln könne, was ihnen die Einbürgerungsentscheidung erleichtern könne (2002, S. 43). Allerdings denke ich angesichts der allgemeinen Zurückhaltung in Bezug auf doppelte Staatsbürgerschaft z. B. in Deutschland, dass es weiterhin eine Zumutung ist, von ansässigen Migrant*innen zu erwarten, dass sie sich einbürgern lassen sollten. Es heißt letzten Ende nichts anderes, als von ihnen zu erwarten, ein großes Opfer zu bringen für etwas, auf das sie, meiner Meinung nach, aufgrund ihres Beitrags, den sie zu der Gesellschaft leisten, in der sie lange leben, ohnehin einen Anspruch haben. Schließlich ist zu bedenken, dass die Entscheidung für eine Einbürgerung auch bedeutet, dass man auf viele andere Dinge verzichtet, die viele weitere wichtige Punkte im Leben berühren: Investitionen, zukünftige Mobilität und Identität. In Großbritannien schlug einst Lord Goldsmith vor, den Status einer dauerhaften Aufenthaltsberechtigung abzuschaffen und die Ausländer*innen dazu zu bringen, die britische Staatsbürgerschaft zu erwerben. Für Menschen aus Ländern, die keine doppelte Staatsbürgerschaft erlauben, sollte eine sogenannte assoziierte Staatsbürgerschaft eingeführt werden, für die man sich mit einem Integrationstest qualifizieren und zu der man sich in einer (leicht modifizierten) Einbürgerungszeremonie bekennen sollte (2007, S. 78 f.).
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Dies war etwa lange Zeit in Lateinamerika der Fall. Hier wurden Bürger*innen generell eher lokalen Gemeinschaften zugeordnet als der Nation. Entscheidend waren die Nachbarschaften, in denen die Menschen wohnten. Hier wurde auch von Angesicht zu Angesicht entschieden, wer mitwählen durfte und wer nicht (vgl. Herzog 2007, S. 165 und Przeworski 2009, S. 8). Derartige Praktiken ließen natürlich viel Raum für Willkür und Diskriminierung. Auch in einigen Kantonen der Schweiz wurden bis vor kurzen Kandidat*innenlisten für Einbürgerung von den Bürger*innen vor Ort selbst entschieden (Helbling 2010, S. 797; Argast 2009, S. 519).
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Pedroza, L. (2022). Denizenwahlrecht, Staatsbürgerschaft und Migrationspolitik. In: Staatsbürgerschaft neu definiert. Studien zur Migrations- und Integrationspolitik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34972-1_8
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