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Einleitung

Gesunde Bewegung, im Sinne regelmäßiger und moderat-intensiver körperlicher Aktivität, ist über die gesamte Lebensspanne betrachtet eine wesentliche Ressource zur Stärkung der Gesundheit im ganzheitlichen Sinn (2018 Physical Activity Guidelines Advisory Committee, 2018). Es ist auch nie zu spät dafür, um einen Nutzen für die Gesundheit davon zu tragen. Wie sich zeigte, kann auch in höherem Alter das Mortalitätsrisiko durch einen Anstieg des Bewegungsausmaßes noch reduziert werden (Stessman et al., 2009). Diese präventive Praxis in der Bevölkerung zu etablieren kann als eine Aufgabe der Gesundheitsförderung und Public Health gesehen werden.

Mithilfe der Informationskommunikationstechnologie (IKT) soll der Zugang zu personalisierten Bewegungsprogrammen sowie die Implementierung gesundheitswirksamer Bewegung (= präventive Praxis) im Alltag von Menschen höheren Alters (60+ Jahre) unterstützt und gefördert werden (Ring-Dimitriou et al., 2018; Schneider et al., 2022 in diesem Band).

In diesem Beitrag geben wir einen Einblick in die Konzeption und Wirkung des IKT-basierten Bewegungsprogramms ILSE auf das subjektiv wahrgenommene, gesundheitswirksame Bewegungsausmaß von Menschen höheren Alters.Footnote 1

Gesundheitswirksame Bewegung als präventive Praxis im Alter

Aktuelle empirische Studien belegen, dass bereits moderate bis anstrengende Bewegung von kurzer Dauer (<10 min mehrmals am Tag), so oft wie möglich in der Woche, sowohl die physische, als auch die psychische und soziale Gesundheit fördern (2018 Physical Activity Guidelines Advisory Committee, 2018; Granacher et al., 2018).

Betrachtet man den Belastungsmodus, eine Kombination aus Belastungsdauer, -intensität, -häufigkeit und Trainingsform, genauer, so konnte bei Erwachsenen (50 Jahre und älter) gezeigt werden, dass 10-min dauernde kraftbeanspruchende Trainingseinheiten, kombiniert mit Gleichgewichtsübungen, zweimal pro Woche bereits ausreichen, um die Muskelkraft und das Gleichgewichtsvermögen signifikant zu verbessern (Granacher et al., 2018; Hortobagyi et al., 2015). Es muss auch nicht immer sehr intensiv belastet werden. Bereits moderate Laufbelastungen an drei Tagen pro Woche reichen aus, um die Herzkreislauffitness um 16 % zu steigern und die Konzentration der Blutfette, ein Marker für das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, zu senken (Ring-Dimitriou et al., 2007; Skinner et al., 2003).

Intensive Belastungsintensitäten werden auch für Personen höheren Alters empfohlen, sind jedoch mit einer geringeren Teilnahmerate verbunden und tragen nicht substantiell zur Verbesserung der Fitness im Alter bei (Huang et al., 2015; Stamatakis et al., 2019).

Im Alter meint gemeinhin die Betrachtung einer Lebensphase von Menschen, die sich bereits am Übergang in die nachberufliche Phase (55 bis 65 Jahre) befinden oder diese bereits angetreten haben (Kolland et al., 2018). Die in diesem Beitrag betrachteten Personen im Alter von 60 Jahren oder älter befinden sich in dieser Übergangsphase und möchten meist noch Änderungen ihre Lebensweise betreffend vornehmen (Kolland et al., 2018; Richter, 2020; WHO, 2016).

Hinsichtlich ihres kalendarischen Alters, handelt es sich um Personen, die in den Jahren 1943 bis 1959 geboren wurden und erst im mittleren Erwachsenenalter mehr oder weniger mit dem „Computer“ als erster verbreiteter Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in Kontakt gekommen sind. In der einschlägigen Literatur spricht man von jener Generation, die mit neuer und vor allem leistbarer Haushaltstechnologie konfrontiert wurde, wie z. B. dem Farbfernseher oder dem Wäschetrockner (Claßen, 2012; Sackmann & Winkler, 2013).

Ein Blick auf die Altersgruppe zeigt, dass Personen am Übergang in die Pension bereits regelmäßig das Internet nutzen (75 % Frauen und 81 % Männer). Bei Personen in der Ruhestandsphase, d. h. im Alter von 65 bis 75 Jahren, zeigt die aktuelle Datenlage, dass insbesondere Frauen das Internet signifikant weniger monatlich nutzen, nämlich nur noch 46 %, gegenüber immer noch 75 % in der Gruppe der Männer (STATISTIK AUSTRIA, 2020)! Die Beobachtung des Geschlechterunterschieds in den älteren Kohorten wurde auch von anderen berichtet (König et al., 2018). Es handelt sich also bei den in unserer Studie untersuchten Frauen und Männern um Personen, die bisher sehr unterschiedliche Erfahrungen mit der Nutzung des Internets und somit auch mit dem Computer als IK-Technologie gemacht haben.

Einige Wissenschaftler betrachten das Altern als eine Krankheit, die insbesondere mit einem epigenetischen Informationsverlust in Verbindung gebracht wird (Sinclair, 2020). Das bedeutet andererseits, dass durch vorbeugende und therapeutische Maßnahmen, wie z. B. durch einen lebenslangen körperlich aktiven Lebensstil, das Erleben der Lebensspanne von mindestens 100 Jahren für immer mehr Menschen möglich scheint (Sinclair, 2020).

Biologisch betrachtet wird Altern daher als ein lebenslang andauernder, dynamischer Prozess definiert, d. h. ob man sich alt fühlt oder nicht ist immer auch mit dem persönlichen Gesundheitsstatus, im Sinne eines bio-psycho-sozialen Zustandes, verbunden (Lepperdinger, 2018; WHO, 2016).

Neben der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung führte auch die Weiterentwicklung des öffentlichen Gesundheitswesens im vergangenen Jahrhundert, wie etwa ein erleichterter Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, gesetzlich verankerte Krankenversicherung und der Ausbau präventiver Gesundheitsangebote, zu einem Anstieg der Lebensjahre in Gesundheit (Ladurner et al., 2011; STATISTIK AUSTRIA & Prammer-Waldhör, 2019) und zu einem späteren Beginn, jenseits der 80 Jahre, von Gebrechlichkeit (1989; vgl. in Kolland et al., 2018). Je besser der objektiv erfassbare Gesundheitsstatus, desto positiver wird das Altern von den Menschen erlebt (Gale & Cooper, 2018; Richter, 2020).

Gesundheitlich betrachtet profitieren jedoch nicht Alle von dieser Entwicklung, da sozioökonomische Determinanten wie Bildung und Einkommen das Ausmaß der Ungleichheit in Bezug auf die Inanspruchnahme der Gesundheitsdienstleistungen und den Gesundheitsstatus im Allgemeinen verstärken (Foster & Walker, 2021; Lepperdinger, 2018; OECD, 2019). So ist der Pflegebedarf bei Personen mit geringerem sozioökonomischen Status deutlich höher als bei Personen mit höherem Bildungsniveau und Einkommen (OECD, 2019; Richter, 2020).

Altern ist somit nicht nur biologisch konnotiert, sondern ein soziokulturell verhandelter Begriff, wie z. B. Geschlecht, und dient im Verlauf des Lebens als Strukturierungsmerkmal zur Ableitung sozialer Rollen (Foster & Walker, 2021; Kolland et al., 2018; Schroeter, 2012).

Aktives Altern mit IKT

Nicht mehr mobil sein zu können, d. h. selbstbestimmt und ohne Hilfe aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können und technische Neuerungen ausprobieren zu können, ist für Menschen am Übergang in die Nacherwerbsphase eine häufig geäußerte Sorge in Bezug auf das Altern (Foster & Walker, 2021; Kolland et al., 2018).

Vor diesem Hintergrund bekommt das Konzept des aktiven Alterns im Lebenslauf seine Bedeutung in der Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention durch Bewegung und Sport (Foster & Walker, 2021; Granacher et al., 2018; Sinclair, 2020).

Aktives Altern wird definiert als so lange wie möglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu können, sich in der Freizeit in gesellschaftliche Belange wie Freiwilligentätigkeit oder Nachwuchsförderung einbringen zu können, sowie autonom und in Würde so lange wie möglich leben zu können (European Council, 2010).

In diesem Beitrag soll jedoch nicht der moralische Imperativ zur aktiven Lebensführung in Bezug auf wirtschaftliche Produktivität bis ins hohe Alter im Vordergrund stehen, sondern die Rahmenbedingungen, wie z. B. IKT unterstützte Bewegungsprogramme, welche die Aneignung einer aktiven und somit selbstbestimmten Lebensführung ermöglichen diskutiert werden.

Foster und Walker verstehen darunter Bedingungen, die z. B. körperlich aktive und das psychosoziale Wohlbefinden fördernde Freizeittätigkeiten in den Mittelpunkt rücken, da sie zusätzlich ein hohes Potenzial haben Inklusivität, Diversität und intergenerationelle Solidarität zu stärken. Diese Bedingungen umfassen die aktive Erwerbstätigkeit, soziale Teilhabe und ein Leben in Würde. Auf diese Weise soll das Bild von der „Bürde des Alters“ abgebaut werden und Menschen im gesamten Lebenslauf ermächtigt werden sich aktiv in gesellschaftspolitische Prozesse einzubringen (Foster & Walker, 2021).

IKT-Lösungen und Internetbasierte Anwendungen bzw. Applikationen (kurz: App), wie Gesundheits- und Fitness-Apps, sollen den Zugang, die Inanspruchnahme und die eigenständige Umsetzung von gesundheitsfördernden Dienstleistungen im persönlichen Lebensumfeld erleichtern und auf diese Weise einen Beitrag zur aktiven Teilhabe leisten (OECD, 2019; WHO, 2016).

Diverse technische Geräte, wie z. B. Personalcomputer, Mobiltelefon, Smart-TV, Tablet oder Wearable (Activity Tracker, Fitnesstracker), fungieren als Interface und ermöglichen die Nutzung von Apps, die z. B. Informationen über das Bewegungsverhalten erfassen (Monitoring von Bewegungsminuten bei bestimmten körperlichen Aktivitäten wie Gehen, Laufen, Wandern, Radfahren, Schwimmen u. ä. m.). Diese können auf das Endgerät (Computer, Tablet, Mobiltelefon) übertragen und mithilfe der App gespeichert sowie der Informationsgehalt vor dem Hintergrund der gesundheitsfördernden Bedeutung erläutert werden. Man unterscheidet dabei zwischen web- und wearbales-basierten Bewegungsprogrammen.

Bei web-basierten Bewegungsprogrammen wird zusätzlich in elektronisch (e-Health-Programme, Computer oder Internet-TV-Gerät) und mobil (m-Health-Programme, Mobiltelefon oder Tablet) vermittelte Bewegungsprogramme differenziert (Gomez Quiñonez et al., 2016). Die hier auf ihre Wirksamkeit überprüfte Fitness- und Bewegungs-App ILSE ist beiden Programm-Strategien zuzuordnen, da mit der App ein Smart-TV, Tablet und Wearable miteinander zum Einsatz kommen.

Erste Vergleichsstudien zur Steigerung des Bewegungsausmaßes zeigen, dass über den Computer vermittelte Bewegungsfeedbacks hinsichtlich der Annahme und Nutzung des Programms gegenüber Feedbacks, die über das Mobiltelefon bereitgestellt werden, überlegen sind (Gomez Quiñonez et al., 2016; Peels et al., 2013). Auch die Forscher*innen der 2019 veröffentlichten MyHeartCounts Studie zeigten, dass die über das Endgerät Computer vermittelten stündlichen Aufforderungen, 10.000 Schritte zu absolvieren und das Sitzen zu unterbrechen, besser umgesetzt werden konnten als mithilfe der Handy-App. Personen, die am Computer die Empfehlungen lesen und ausdrucken konnten, haben im Vergleich zur Handy-Gruppe die tägliche Schrittzahl signifikant erhöht. Dementsprechend war das computergestützte Coaching (e-Health) dem mobile-gestützten Coaching (m-Health) überlegen (Shcherbina et al., 2019).

Den eben zitierten Studien gemeinsam ist, dass meist nur ein Informationskanal, z. B. verschriftlichte Bewegungsempfehlungen (= Instruktion als Print-Version) oder Übungsvideos, genutzt wurde um das Bewegungsausmaß zu verändern.

Gesunde Bewegung als präventive Praxis

Bei der Implementierung der gesundheitswirksamen Bewegung als präventive Praxis im Alltag handelt es sich um eine Innovation, die mithilfe der IKT (Kommunikationskanäle) in diese Gruppe erst diffundieren muss.

Einen theoretischen Rahmen zur Verbreitung dieser, für das Individuum neuen, präventiven Praxis (Verhaltensweise) bietet die Theorie der Diffusion präventiver Innovationen von Everett Rogers (Rogers, 2002). In unserem Beispiel dient das IKT-basierte Bewegungsprogramm ILSE als Innovation. Ziel ist die Diffusion eines gesundheitswirksamen Bewegungsverhaltens mithilfe der Kommunikationskanäle von ILSE, die die Informationen zur Durchführung regelmäßiger Bewegung, wie z. B. Kraftübungen in den eigenen vier Wänden, bereithalten.

Die Diffusion wird im Kontext der Gesundheitsförderung als sozialer Prozess verstanden, der mithilfe unterschiedlicher Kommunikationskanäle über eine bestimmte Zeit in einer bestimmten Gruppe der Gesellschaft gestaltet wird (Glanz et al., 2008; Rogers, 2002). Die Geschwindigkeit, mit der sich die gewünschte präventive Praxis in der Zielgruppe verbreitet, wird vom wahrgenommenen Vorteil der Innovation, von der Übertragbarkeit in den Alltag, von der Komplexität und der Durchführbarkeit der Innovation im Rahmen der Anwendung sowie der Sichtbarkeit der präventiven Praxis für Andere beeinflusst (Rogers, 2002).

Dieses theoretische Konzept knüpft damit an das sozio-ökologische Modell der Gesundheitsförderung in Bezug auf einen körperlich aktiven Lebensstil an (Sallis et al., 2006). Neben der Verhaltensänderung auf individueller Ebene mit Hilfe von Strategien zur Verbesserung der Selbstregulationsfähigkeit (vgl. Schneider et al., 2022 in diesem Band), zielt die Diffusionstheorie auf die interpersonelle Ebene, unter Nutzung interpersoneller Informations-/Kommunikationskanäle, ab (Glanz et al., 2008; Rogers, 2002).

Bei der Translation dieses theoretischen Ansatzes in die Praxis treten daher interpersonelle Kommunikationskanäle in den Vordergrund der Maßnahmengestaltung, um den Diffusionsprozess nachhaltig zu fördern. In wissenschaftlichen Studien konnte bereits gezeigt werden, dass die Präventionsstrategie ein Verhalten, viele Kommunikationskanäle, sich gut zur Implementierung der präventiven Praxis – hier gesundheitswirksame Bewegung – in den Alltag eignet (Owen et al., 2006).

Als Kommunikationskanäle dienen Medien aller Art (soziale Medien, Printmedien, Rundfunkmedien u. ä. m.), Präsenzveranstaltungen (z. B. Vorträge, On-site-Schulungen, Training u. ä. m.) und schließlich die Internetkommunikation zur Verbreitung der Innovation. Dabei unterstützen heute Internetportale und diverse Apps die individuelle Gestaltung von Bewegungsprogrammen, wie z. B. Health-, Fitness- und Activity-Apps.

Rogers nennt folgende Strategien, die den Diffusionsprozess unterstützen oder gar beschleunigen könnten und die bei der Gestaltung eines IKT-basierten Bewegungsprogramms berücksichtigt werden sollten (in Anlehnung an Rogers, 2002):

  • Kosten-Nutzen Aspekt der neuen präventiven Praxis verständlich und deutlich machen: ‚Was bringt es mir, wenn ich mich mehr bewege?‘

  • Soziale Unterstützung etwas breiter gedacht im Präventionsprogramm adressieren:

    • Einen Champion als Akteur im Bewegungsprogramm aufnehmen, der seinen persönlichen Einfluss geltend macht, um die Einführung der gesundheitsfördernden Praxis in den Alltag zu fördern. Vielfach sind das bekannte Personen in der Öffentlichkeit mit Bezug zur Zielgruppe.

    • Auch Gleichgesinnte/Gleichrangige aus der Zielgruppe, die die Rolle des Vermittlers übernehmen, d. h. die Vor- und Nachteile der gesundheitsfördernden Praxis aus der eigenen Erfahrung heraus vermitteln können (Vorbildrolle).

    • Peer-Netzwerke etablieren, um der Idee – hier gesunde Bewegung – durch Erzählen und Austausch von Erfahrungen eine Bedeutung zu geben (Sinnstiftung). Die sogenannte Community-Funktion in Apps versucht den Austausch Gleichgesinnter zu verstärken, wenn z. B. Rad- oder Laufstreckenprofile geteilt werden (interpersonelle Ebene).

  • Unterhaltung als Strategie die präventive Praxis spielerisch und freudvoll zu vermitteln. Im IKT-Kontext sprechen wir von Gamifizierung (Vaziri et al., 2016).

Diese technischen Entwicklungen, wie z. B. Apps für Fitnessübungen und Wearbles zur Dokumentation des eigenen Bewegungsverhaltens (Activity Tracker, Fitnesstracker), haben auch die Zielgruppe 55+ erreicht und bringen so Bewegung und Sport auf die Agenda dieser Altersgruppe. So liegt der Umsatz mit Fitness-Apps in Österreich aktuell bei ca. 40 Mio. Euro, wobei der Anteil der Nutzer*innen höheren Alters (55–64 J.) ca. 9 % beträgt (Statista, 2019). Vor dem Hintergrund der globalen Digitalisierungsoffensive und der möglichen Überalterung der österreichischen Gesellschaft (STATISTIK AUSTRIA & Prammer-Waldhör, 2019) kann angenommen werden, dass der Anteil älterer Personen, die eine Fitness-App nutzen, in Zukunft steigen wird.

Inwieweit Fitness-Apps das Bewegungsausmaß positiv beeinflussen können wird nachfolgend anhand der Bewegungsinterventionsstudie ILSE berichtet.

Die IKT-gestützte Bewegungsintervention ILSE

Fit-mit-ILSE ist ein IKT-basiertes Programm (ILSE-App), dass das gesundheitswirksame Bewegungsausmaß durch Fitnessübungen für zu Hause, Bewegungsaufgaben im Freien sowie durch Informationen zu „gesunder Bewegung“, „Verhaltensänderung“ und zum „richtigen Trainieren“ verbessern sollte (Ring-Dimitriou et al., 2018; Schneider et al., 2022; Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Die vier Funktionen bzw. Kommunikationskanäle der ILSE-App

Um das Konzept viele Informationskanäle, ein Verhaltensbereich zur realisieren (Glanz et al., 2008; Rogers, 2002), wurde die ILSE-App mit vier Funktionen (interpersonelle Kommunikationskanäle) ausgestattet (Ring-Dimitriou et al., 2018; Schneider et al., 2022):

  • Fit zu Hause, ein videobasiertes und vertontes personalisiertes Programm mit Fitnessübungen und Coach-Funktion, d. h. es können Nachrichten an den Trainer/die Trainerin geschickt werden, der/die sich dann mit Trainingsanweisungen zurückmeldet.

  • Fit unterwegs, eine Wearable basierte Feedbackfunktion zur Erfassung von zurückgelegten Schritten sowie Wander- oder Radstrecken in Minuten und in Metern.

  • Fit durch Wissen, ein edukatives Programm, bestehend aus eLearning-Kursen zu den Themen Selbstregulation, Gesunde Bewegung, Richtig Trainieren, Transportaktivitäten und Entspannung. Dabei wurden Quizz-Fragen am Ende jedes Kapitels der eLearning-Kurse implementiert und auf diese Weise die Teilnehmer*innen animiert sich mit dem jeweiligen Thema auseinanderzusetzen.

  • Erreichtes, eine Feedbackfunktion in Form einer Bewegungsübersicht und Auszeichnungen. Die Teilnehmer*innen erhalten auf diese Weise ein persönliches Feedback über die erbrachte Leistung in Form von Sternen für absolvierte Fitnesseinheiten und als Wochenmedaille für die Umsetzung der Bewegungsempfehlung.

Entscheidend hierbei war, dass mithilfe aller Kommunikationskanäle die Innovation gesundheitswirksame Bewegung (präventive Praxis) adressiert wurde. Für die inhaltliche Gestaltung der Funktionen, d. h. die Visualisierung des Bewegungsausmaßes in der ILSE-App, wurden die aktuellen österreichischen Bewegungsempfehlungen zur Förderung der physischen und mentalen Gesundheit herangezogen (Titze et al., 2012). Mithilfe des eLearning-Kurses Gesunde Bewegung wurden die Empfehlungen in Wort und Bild ausführlich erläutert und als Maßnahme umgesetzt (Ring-Dimitriou, et al., 2018). Sie lauteten:

„Bewegungsempfehlungen für fit4AAL-Testpersonen

Mindestens 75 min pro Woche Bewegung, gesammelt in 10 min Trainings-/Bewegungseinheiten zu Hause oder unterwegs, z. B. 8 × 10 min.

Moderat („sprechen und singen können“) bis anstrengende Bewegungsformen („gerade noch sprechen, aber nicht singen können“), wie Fitnessübungen zu Hause oder schnelles Gehen und Radfahren für unterwegs.

Zusätzlich zum Bewegungsausmaß in Minuten können auch die gesundheitswirksamen Schritte am Tag herangezogen werden, die 7000 Schritte pro Tag ausmachen sollten und damit einer Gehstrecke von ca. 5 km bzw. 1 Stunde Dauer entspricht.

Die Wirksamkeit von fit4AAL wird erhöht, wenn eine Kombination aus „Fit zu Hause“ und „Fit unterwegs“ vorgenommen wird.“

Die Feedbackfunktionen dienten mit Bezug auf Rogers (2002), um die präventive Praxis sichtbar zu machen und um die Teilnehmer*innen der TG zu animieren, so oft wie möglich die Funktionen zu nutzen und das Fitnessprogramm Fit zu Hause in den eigenen vier Wänden durchzuführen.

Basierend auf einem Fitnesstest zu Beginn der Bewegungsintervention (t0) wurden die Fitnessübungen dem Leistungsniveau entsprechend in 10-min, 20-min oder 30-min Einheiten in der ILSE-App vorgeschlagen (vgl. Jungreitmayr, im Erscheinen, 2022 in diesem Band).

Auf diese Weise konnten die Teilnehmer*innen der TG auch mehrmals am Tag oder an unterschiedlichen Tagen in der Woche eine Fitnesseinheit je nach Vorlieben durchführen (vgl. Jungreitmayr, im Erscheinen, 2022 in diesem Band).

Untersuchungsdesign

Mit einem prospektiven Warteliste-Kontrollgruppendesign wurde untersucht, ob die Teilnahme am 14-Wochen dauernden (April bis Juli 2019) IKT-basierten „Fit mit ILSE-Programm“ zu einer Änderung des subjektiv wahrgenommenen Bewegungsausmaßes führt.

Dabei wurden selbstständig zu Hause lebende Personen im Alter von 60 bis 75 Jahren mit Unterstützung der Österreichischen Pensionsversicherungsanstalt (PVA), sowie den Seniorenorganisationen use it in Wien und 50plus in Salzburg, eingeladen, an der Studie Fit-mit-ILSE teilzunehmen.

Um bei der Studie mitmachen zu können, mussten potenzielle Teilnehmer*innen über einen eigenen Heimcomputer mit Internetzugang, eMail und ein Fernsehgerät verfügen. Dies wurde bei der Anmeldung auf der Projekthomepage mit Hilfe von Screeningfragen überprüft und es wurde via eMail Rückmeldung gegeben, ob die Person an der Studie teilnehmen kann (Trukeschitz et al., 2019). Erst nach schriftlichem Einverständnis wurden die Personen zum ersten Untersuchungstermin (t0) in den jeweiligen Seniorenorganisationen eingeladen.

Auf diese Weise wurden 261 Personen, n = 125 für die Testgruppe (TG, 50 % aus Wien) und n = 136 für die Warte- bzw. Kontrollgruppe (KG, 54 % aus Wien), für die erste Feldtestphase gewonnen. Die Wartegruppe konnte in der zweiten Feldtestphase die adaptierte ILSE-App mit der Coach-Funktion nutzen. Der Anteil der Frauen an der Gesamtstichprobe von n = 261 betrug 78 % und entsprach der Grundgesamtheit der registrierten PVA-Versicherten zum Zeitpunkt der Einladung zur Studie (Trukeschitz et al., 2019).

Die Fragestellung wurde schließlich mit folgender Forschungshypothese überprüft: Die Teilnehmer*innen der Testgruppe (TG) zeigen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe (KG) nach der 14-Wochen dauernden ILSE-Intervention (t2) ein höheres, subjektiv berichtetes, gesundheitswirksames Bewegungsausmaß in der Woche (HEPA, Tage/Woche), als zum Zeitpunkt der Erstbefragung (t0) bzw. als direkt vor Beginn der Intervention (t1).

In Anlehnung an die österreichische Gesundheitsbefragung aus dem Jahr 2014 (STATISTK AUSTRIA, 2014) sowie den Global Physical Activity Questionnaire (WHO, 2017) wurde HEPA mit der Testfrage An wie vielen Tagen einer gewöhnlichen Woche bewegen Sie sich derzeit in Summe pro Tag mindestens 30 min – und zwar so, dass diese Bewegungen zu einem leichten Anstieg der Atem- und Herzfrequenz führen? erhoben (vgl. Wanner et al., 2013). Die Befragten konnten aus acht Antwortmöglichkeiten (0 Tage, 1 Tag, … bis 7 Tage) eine Möglichkeit auswählen. Es handelte sich somit um eine subjektive Angabe zum gesundheitswirksamen Bewegungsausmaß in Tagen pro Woche (Tage/Woche).

Die Testfrage war Teil einer Online-Umfrage (LimeSurvey, Softwareversion der WU Wien, in Trukeschitz et al., 2020), die zu t0 (Februar–März 2019), t1 (April–Mai 2019) und t2 (Juli–August 2019) bei den Teilnehmer*innen der TG und KG durchgeführt wurde.

Die subjektiven HEPA-Angaben (Tage/Woche) wurden in einem ersten Schritt auf Extremwerte überprüft und gegebenenfalls im Rohdatenfile korrigiert, sofern der Originalwert schriftlich vorlag, oder als fehlender Wert kodiert.

Im nächsten Schritt wurde die Normalverteilungsprüfung mit Shapiro–Wilk’s Test sowie die Berechnung der Mittelwertunterschiede zwischen der TG und KG zu t0 und t1 (= Baseline-Unterschiede) durchgeführt, um etwaige Störvariablen (z. B. das Alter, Bundesland) sowie den Effekt der Wartesituation vor Beginn der eigentlichen Fit-mit-Ilse Intervention zu detektieren.

Die Auswertung der intervallskalierten Daten (HEPA, Tage pro Woche) erfolgte mittels Varianzanalyse mit Messwiederholung (ANOVA) und wurde bzgl. Alter in Jahren und Geschlecht (Kovariaten) korrigiert (ANCOVA), da Altersunterschiede zwischen Frauen und Männern in beiden Gruppen bereits zu t0 vorlagen.

In die statistische Analyse ging der Faktor Gruppe (TG vs. KG, Zwischensubjektfaktor, Haupteffekt) als unabhängige Variable, HEPA (Tage pro Woche) als abhängige Variable und die Zeit (t0, t1, t2) als Messwiederholungsfaktor (Innersubjektfaktor) ein und wird in tabellarischer Form im Ergebnisteil dargestellt. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Varianzanalyse mit Messwiederholung, die Homogenität der Fehlervarianzen (Levene Test) und die Sphärizität (Mauchly’s Test für ANCOVA), waren gegeben.

Für alle Analysen wurde ein Signifikanzniveau von p < .05 angenommen und die Effektgröße als partielles Eta-Quadrat (part. η2, eta2) bestimmt. Ein kleiner Effekt liegt bei eta2 = .01, ein mittlerer bei eta2 = .06 und ein starker Effekt bei eta2 = .14 vor (Bühner, 2006).

Wie viele Personen in der jeweiligen Gruppe die Bewegungsempfehlungen erfüllten (HEPA ≥ 5 Tage/Woche), wurde mit Hilfe der Häufigkeitsanalyse (Chi-Quadrat-Test) untersucht. Dabei wurde die abhängige Variable in eine dichotome umgewandelt (gesundheitswirksames Bewegungsausmaß erfüllt/nicht erfüllt), indem die Angabe Tage pro Woche mit 30 min multipliziert und überprüft wurde, ob die jeweilige Person 150 min pro Woche erreicht hatte (= 0) oder nicht (= 1).

Das Studiendesign des Projektes Fit-mit-ILSE (Schneider et al., 2022; Trukeschitz et al., 2019) wurde von der Ethikkommission der Universität Salzburg geprüft und positiv beurteilt (EK-GZ: 09/2018).

Ergebnisse

Insgesamt wurden in dieser Substudie die Datensätze von n = 203 von 261 Personen für die statistische Analyse herangezogen (TG = 80, KG = 123), da von n = 58 Personen keine Fitnesstests zu t0 vorlagenFootnote 2 (Ring-Dimitriou et al., 2020).

Das Alter der Teilnehmer*innen in der Testgruppe (TG) unterschied sich zu Beginn der Studie (t0) nicht von jenen in der Kontrollgruppe (KG). Es lag für die gesamte Stichprobe im Mittel bei 66 ± 2 Jahren. Insgesamt waren jedoch die teilnehmenden Männer (65–73 J.) sowohl in der TG als auch in der KG um vier Jahre älter als die teilnehmenden Frauen (62–71 J.). Daher wurde das Alter als Kovariate berücksichtigt (Tab. 1).

Tab. 1 Altersangaben der Teilnehmer*innen zu t0.

Die Anzahl der Tage pro Woche mit 30 min oder mehr moderater bis höher intensiver Bewegung (HEPA) nahm in beiden Gruppen zu. HEPA war am Ende der ILSE-Intervention (t2) in der TG um gerundet einen Tag höher als in der KG (Tab. 2).

Tab. 2 Deskriptive Statistik für HEPA (Tage/Woche) zu t0, t1 und t2 in der Gesamtstichprobe und den Gruppen.

Die Varianzanalyse mit Messwiederholung bestätigt einen signifikanten Zeiteffekt (p < .001) und weist zudem einen überzufälligen Interaktionseffekt in Bezug auf die Gruppenzugehörigkeit aus (p < .01; Tab. 3). Demnach führte die Teilnahme am 14-wöchigen Fit-mit-ILSE Bewegungsprogramm in beiden Gruppen zu einem subjektiven Anstieg von HEPA (Tage/Woche).

Tab. 3 Kennwerte der Varianzanalyse mit Messwiederholung für HEPA (Tage/Woche).

Unter Berücksichtigung des Alters und Geschlechts weist die Kovarianzanalyse mit Messwiederholung nun keinen Haupteffekt mehr für die Zeit auf. Der signifikante Interaktionseffekt Zeit* Gruppe blieb durch die Aufnahme der Kovariaten erhalten, wobei das Alter einen zusätzlichen Einfluss auf die Interaktion im Vergleich zum Faktor Geschlecht hatte (Tab. 4).

Tab. 4 Ergebnis der Kovarianzanalyse mit Messwiederholung für HEPA (Tage/Woche).

Die Teilnahme an ILSE führte insgesamt zu einem höheren subjektiven Bewegungsausmaß in der TG als in der KG (Tab. 4 und 2). Einzelpaarvergleiche (nicht tabellarisch ausgewiesen), korrigiert mittels Bonferroni-Test, ergaben, dass der Zeiteffekt durch einen signifikanten Anstieg von t0 bzw. t1 auf t2 zustande kam (p < .01), nicht jedoch durch Veränderungen von t0 auf t1 (p > .05). Das bedeutet die Intervention ILSE, die zwischen t1 und t2 stattfand, hat zu einer Änderung im Bewegungsausmaß geführt. Die Werte der TG zu t2 sind dabei signifikant höher als in der KG (p < .01) (vgl. Tab. 2).

Die Deskriptiva der nach Alter und Geschlecht korrigierten Werte für den Interaktionseffekt Zeit*Gruppe der Kovarianzanalyse sind der Übersichtlichkeit halber auch in Tab. 2 ausgewiesen. Das Ergebnis der Einzelpaarvergleiche ändert sich auch mit der ANCOVA nicht. Die Werte der TG zu t2 bleiben tendenziell höher als in der KG (p = .06).

Die Häufigkeitsanalyse über die gesamte Stichprobe ergab, dass der Anteil jener Personen, die HEPA erfüllten, von 15 % zu t0 auf 25 % zu t2 zunahm. Zwischen t0 und t1 traten keine nominellen Unterschiede auf. Der prozentuale Anteil lag zu t2 in der TG mit 31 % auch deutlich höher als in der KG mit 21 % (Tab. 5). Der Unterschied ist jedoch nicht statistisch signifikant.

Tab. 5 Anteil der Personen, die das gesundheitswirksame Bewegungsausmaß (HEPA) in der Woche erfüllt bzw. nicht erfüllt hatten.

Hat ILSE 60+ bewegt?

Mit Hilfe eines prospektiven Wartelisten-Kontrollgruppen-Studiendesigns wurde ein signifikanter Interaktionseffekt nachgewiesen, d. h. die Teilnahme am Projekt Fit-mit-ILSE hat insbesondere in der TG zu einer Zunahme des subjektiven Bewegungsausmaßes von t0 bzw. t1 zu t2 geführt.

Beide Gruppen wurden zu t0 über den Ablauf der Studie und die Funktionen der ILSE-App aufgeklärt. Die KG wusste ab diesem Zeitpunkt, dass sie die ILSE-App erst in der zweiten Feldtestphase, d. h. ein halbes Jahr später benutzen kann und wurde angehalten das Bewegungsverhalten in der Wartephase nicht zu ändern. Ein Blick auf die Daten zeigt, dass dieses zu allen drei Zeitpunkten jeweils drei Tage HEPA/Woche betrug.

Bevor die TG die ILSE-App für 14 Wochen erhalten hatte, wurde das Bewegungsausmaß nochmals in beiden Gruppen nach zwei Monaten Projektstart abgefragt, um einen möglichen Lerneffekt bzgl. der Testfrage festzustellen (Ronaldson et al., 2014). In beiden Gruppen konnte keine signifikante Änderung festgestellt werden. In der KG stieg und in der TG fiel der Wert jeweils um eine Nachkommastelle.

Nach 14 Wochen wurden wiederum beide Gruppen befragt. Korrigiert auf die ungleiche Verteilung des Geschlechts und Alters ergab die Kovarianzanalyse, dass die TG, also jene Personen, die die ILSE-App bereits nutzen konnten, ein überzufällig höheres Bewegungsausmaß gegenüber der KG hatte. Dabei scheint das kalendarische Alter den Effekt schwach zu moderieren.

Die Analyse der tatsächlichen Zugriffe pro TG-PersonFootnote 3 auf die ILSE-App am Tablet zeigte, dass die App durchschnittlich 5-mal pro Testwoche, weniger an Wochenendtagen und hauptsächlich zwischen 7:00 bis 10:00 Uhr genutzt wurde (Neuwirth et al., 2019). Der Median-Wert lag bei vier Besuchen pro TG-Person in einer Testwoche und insgesamt nahm die Nutzung mit 7-mal pro Testwoche auf 4-mal/Woche ab (Neuwirth et al., 2019).

Von allen vier Funktionen wurde Fit zu Hause am häufigsten je Testwoche, 40 % der Besuche, aufgerufen. Gefolgt von der Funktion Fit unterwegs mit dem Wearable (Fitnessuhr) 28 %, Erreichtes 20 % und Fit durch Wissen 14 % (Neuwirth et al., 2019). Von den 80 Testpersonen, die die ILSE-App ausgehändigt und zu t0 erklärt bekommen hatten, haben 52 Personen die Funktion Fit zu Hause einmal pro Woche ca. 30 min ausgeführt und von diesen 23 Personen (29 %) das Fitnessprogramm mindestens zweimal in der Woche genutzt (vgl. Jungreitmayr, im Erscheinen, 2022 in diesem Band). D. h. mehr als ein Drittel scheint die Funktion nicht benutzt zu haben. Ob diese Nicht-Nutzer das Wearable genutzt haben wurde bisher nicht im Detail analysiert.

Dieser Befund erklärt vermutlich, warum der Interaktionseffekt Zeit*Gruppe mittel und nicht stark nach dieser langen Interventionszeit ausfiel.

Zusätzlich gaben die teilnehmenden Personen in beiden Gruppen mit durchschnittlich 1,5 h pro Woche bereits zu Beginn der Studie ein hohes Bewegungsausmaß an. Das gesundheitswirksame Bewegungsausmaß von 2,5 h pro Woche erreichten jedoch nur 15 % zu t0. Nach 14 Wochen lag der Anteil der Personen mit HEPA-Bewegungsausmaß bei 25 % in der Gesamtstichprobe und sogar bei 31 % in der TG gegenüber 21 % in der KG.

Das in der ILSE-Studie erfasste Bewegungsausmaß entspricht jedenfalls den Ergebnissen der österreichischen Gesundheitsbefragung, wonach ca. 25 % der Personen im Alter von 60 Jahren und älter die Bewegungsempfehlungen von 2,5 h pro Woche moderate bis anstrengende körperliche Aktivität (HEPA) erreichten (Griebler et al., 2017).

Aktuelle, objektiv – mittels dreidimensionaler Akzelerometrie – gemessene Daten einer etwas jüngeren Alterskohorte von 50- bis 60-jährigen Personen (Paracelsus 10.000 Studie, n = 737 Personen; Pühringer et al., 2020) ergaben sogar, dass 35 % der untersuchten Frauen (n = 122 von n = 354) und 46 % der untersuchten Männer (n = 177 von n = 383) das international empfohlene HEPA-Ausmaß erreichten (Bito, 2021). Die Validität des Testverfahrens wurde mittels Akzelerometrie objektiv überprüft und eine signifikante Übereinstimmung in den Bewegungsminuten festgestellt (Wanner et al., 2013).

Das hier berichtete Ergebnis deutet auch darauf hin, dass bereits körperlich aktive Personen durch die Nutzung der ILSE-App das Bewegungsausmaß tendenziell noch steigern konnten.

Dass web-basierte Bewegungsprogramme zur Steigerung des subjektiv wahrgenommenen Bewegungsausmaßes führen können, wurde bereits gezeigt (Gomez Quiñonez et al., 2016; Peels et al., 2014; Shcherbina et al., 2019). Das Besondere der ILSE-App sind die unterschiedlichen Kommunikationskanäle, die in Summe diesen mittleren Interaktionseffekt bewirkten. Welchen Einfluss die Nutzung einzelner Funktionen oder diverser Kombinationen der Kommunikationskanäle auf den Effekt im Bewegungsausmaß hatten, ist noch Gegenstand weiterer wissenschaftlicher Analysen.

Die Strategie „viele Kommunikationskanäle und ein Verhalten“ zur Aneignung der präventiven Praxis „gesunde Bewegung“ scheint jedoch praktikabel und sollte bei der Entwicklung von Fitness- und Gesundheits-Apps weiterhin Berücksichtigung finden.